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Samstag, 14. Dezember 2024

Ruiz Zafón, Carlos "Der Gefangene des Himmels"

Ruiz Zafón, Carlos "Der Gefangene des Himmels" (Spanisch: El Prisionero del Cielo) - The Prisoner of Heaven - 2011
(Der Friedhof der vergessenen Bücher/El cementerio de los libros olvidados #3) 

Das dritte Buch in der Reihe der Geschichten rund um den Friedhof der vergessenen Bücher und die Buchhandlung Sempere & Sons nach "Der Schatten des Windes" (The Shadow of the Wind) und "Das Spiel des Engels" (The Angel's Game). Wir sehen einige bekannte Gesichter wieder und gehen weiter zurück in die Vergangenheit, aber auch weiter nach vorn. Wir treffen Daniel Sempere aus ersterem und David Martín aus letzterem, aber auch ihren gemeinsamen Freund Fermín Romero de Torres, der die Hauptfigur dieses Romans ist und dessen Geschichte vor der Begegnung mit Daniel erzählt wird.

Wie die beiden anderen Bücher ist dies eine fantastische Geschichte. Sie bringt die Charaktere aus den beiden vorherigen zusammen und schafft die Verbindung von einem zum anderen. Das hat mir sehr gut gefallen.

Ich hätte mir jedoch mehr Besuche auf dem Friedhof der vergessenen Bücher gewünscht. 

Buchbeschreibung:

"In seinem jüngsten Roman stürzt Carlos Ruiz Zafón den Leser erneut in ein großes Abenteuer in Barcelona, das geheimnisvolle Herz seiner Bücher. Mit unglaublicher Sogkraft und Humor schildert er die Geschichte von Fermín, der 'von den Toten auferstanden ist und den Schlüssel zur Zukunft hat'. Fermíns Lebensgeschichte gehört in denselben erzählenden Kosmos wie 'Der Schatten des Windes' und 'Das Spiel des Engels' und steht doch für sich. 'Der Gefangene des Himmels' ist ein Meisterwerk, das die Leser rund um die Welt in seinen Bann zieht.."

Carlos Ruiz Zafón ist innerhalb weniger Jahre zu einem meiner Lieblingsautoren geworden. Schade, dass es keine weiteren Bücher von ihm geben wird.

Aber ich muss besser Spanisch lernen, damit ich seine Bücher im Original lesen kann. Und ich würde gerne nach Barcelona fahren und alle Orte besuchen. Eines Tages werde ich das tun und dann werde ich darüber berichten. Bleibt dran. ;-)

Freitag, 13. Dezember 2024

Dostojewskij, Fjodor "Die Brüder Karamazow"

Dostojewskij, Fjodor "Die Brüder Karamazow" (Russisch: Братья Карамазовы/Brat'ya Karamazovy) - The Brothers Karamazov - 1879-80

Ich habe schon immer gern russische Autoren gelesen. Dostojewskij ist da keine Ausnahme. Und dieser Roman hatte mehr als 1.200 Seiten, also das richtige Buch für mich.

Dies ist nicht das erste Buch, das ich von diesem Autor lese, und er hat mich bisher nicht enttäuscht. Brillant geschrieben, das Setting ist immer außergewöhnlich, die Art und Weise, wie sich die Geschichte entfaltet, die vielen verschiedenen Charaktere, die er detailliert beschreibt. Alles ist so gut gemacht. Man ist von der ersten Seite an gefesselt, bis man fertig ist. Was für ein Buch!

Und das Buch ist vollgepackt mit philosophischen und religiösen Fragen, Fragen zur menschlichen Existenz. Die drei Brüder Karamasow vertreten alle eine andere Seite, alle haben unterschiedliche Antworten. Dmitri oder Mitja ähnelt am meisten dem älteren Fjodor. Er ist Soldat und führt ein zügelloses Leben. Ivan hat die Universität besucht und ist ein eher aufgeklärter, geistig orientierter, atheistischer Intellektueller. Alexei oder Aljoscha, der Protagonist, ist ein religiöser Mann, er ist Novize in einem Kloster.

Dann gibt es noch einen vierten, unehelichen Bruder, der als Diener im Haus des Vaters arbeitet.

Wir entdecken die russische Gesellschaft durch diese verschiedenen Männer und ihr Leid. Die Geschichte ist fesselnd, nicht die einfachste Lektüre, aber sicherlich eine der lohnendsten. Es ist sowohl ein philosophisches als auch ein spirituelles Drama, ein Bericht über ein Land, das im Begriff ist, sich in die Moderne zu verwandeln, und was das mit seinen Bewohnern macht. Eine Geschichte, die uns noch sehr lange im Gedächtnis bleiben wird.

Nach "Schuld und Sühne" (Crime and Punishment), "Der Spieler" (The Gambler") and "Der Jüngling" (The Adolescent) ist dies mein vierter Roman dieses fantastischen Autors. Ich bin sicher, es wird nicht der letzte sein.

Buchbeschreibung:

"'Die Brüder Karamasow',das letzte große Werk von Fjodor Dostojewskij, ist nicht nur eine dramatische Familiengeschichte aus dem Russland des 19. Jahrhunderts und eine unerbittliche moralische Erkundung im Gewand eines Kriminalromans, sondern auch ein gewaltiger Spiegel der gesamten dichterischen Welt Dostojewskijs."

Dostojewskij, Fjodor "Schuld und Sühne"

Dostojewskij, Fjodor "Schuld und Sühne" (Russisch: Преступление и наказание = Prestupleniye i nakazaniye) - Crime and Punishment - 1866

Ich kann es nicht oft genug erwähnen. Ich liebe klassische Romane und ich liebe russische Autoren. Die Art, wie sie jede Situation, jedes kleine Detail beschreiben, ist unbezahlbar und einzigartig.

In "Schuld und Sühne" gelingt es Dostojewski, so viele verschiedene Themen einzubringen. Es ist ein klassischer Kriminalroman, aber auch ein historischer Roman und auch ein psychologisches und philosophisches Werk. Kein Wunder, dass er rund 800 Seiten braucht, um ein Verbrechen und seine Sühne zu beschreiben.

Man fühlt sich immer wie der Protagonist oder eine der anderen Figuren im Roman, man kann so denken wie sie. Der Autor ist einfach so großartig. Diese Geschichte wirft viele Fragen über den Sinn des Lebens, über die Gesellschaft und darüber auf, wie wir alle miteinander umgehen. Im Laufe der Jahrhunderte gab es viele Antworten, da bin ich mir sicher, aber jeder muss seine eigenen Lösungen, seine eigenen Antworten finden.

Buchbeschreibung:

"Unter den fünf meisterhaften Romanen des großen russischen Dichters ist 'Schuld und Sühne' neben 'Die Brüder Karamasow' der wohl berühmteste und wirkungsmächtigste. In berauschender Sprache und ergreifenden Bildern erzählt der 'größte Kriminalroman aller Zeiten' (Thomas Mann) die atemberaubende Geschichte des mittellosen Studenten Raskolnikow, der in fortschrittsgläubiger Verblendung einen Doppelmord begeht - und daran zerbricht. Er, der Verbrecher, sehnt sich fortan nach Strafe, um seine Untat zu sühnen, doch wahrhafte Rettung verspricht ihm allein seine Liebe zu der Prostituierten Sonja."

Montag, 25. November 2024

Ruiz Zafón, Carlos "Mitternachtspalast"

Ruiz Zafón, Carlos "Mitternachtspalast" (Spanish: El Palacio de la Medianoche) - The Midnight Palace - 1994 (Niebla 2)

Noch ein Jugendbuch von Carlos Ruiz Zafón, das auch von Erwachsenen gelesen werden sollte.

Nachdem ich einige Bücher dieses Autors über seine geliebte Heimatstadt Barcelona gelesen hatte, war ich überrascht, dass diese Geschichte in Indien spielt. Als ich jedoch mit dem Lesen begann, verstand ich, warum er diesen Ort gewählt hatte. Vieles in der Geschichte wäre in Europa nicht so plausibel gewesen. Nicht, dass die Geschichte selbst plausibel gewesen wäre, aber die wahre Geschichte war in Indien glaubwürdiger als in Spanien.

Wie immer hat Carlos Ruiz Zafón eine wunderbare Geschichte geschrieben, die mich das ganze Buch über in Atem hielt. Sie erinnerte mich mehr an ein Märchen als an Fantasy, vielleicht mag ich deshalb seinen Schreibstil, obwohl ich kein Fan von Fantasy an sich bin. Er hält sich eher an die südamerikanischen Autoren und ihren magischen Realismus, auch wenn er diesmal ziemlich übertreibt.

Die Schönheit dieser Geschichte liegt nicht nur in der Erzählung selbst, sondern in den Charakteren, acht jungen Menschen, die die besten Freunde sind, jeder von ihnen ein Held oder eine Heldin für sich, einige Erwachsene, die auch sehr "gut" sind. Viele Wendungen sorgen für Spannung, und wer anfängt, dieses Buch zu lesen, möchte es vielleicht nicht mehr weglegen, bevor man es beendet hat.

Erzählt mir nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.

Buchbeschreibung:

"'Der Mitternachtspalast' erzählt von den Zwillingen Ben und Sheere, die sich nach sechzehn Jahren endlich wiederbegegnen. Doch die Freude währt nicht lang. Der Schrecken der Vergangenheit holt sie wieder ein. Direkt nach ihrer Geburt in Kalkutta wären die Zwillinge beinahe einem Auftragsmord zum Opfer gefallen. Um die Kinder vor dem unbekannten Verfolger zu verbergen, wachsen sie getrennt auf: Ben in einem Waisenhaus, Sheere bei ihrer Großmutter, mit der sie durch ganz Indien irrt. Doch als sie sechzehn werden, spürt eine unheimliche Macht sie auf. Es kommt zu mysteriösen Todesfällen. Ben vermutet eine Verbindung zu ihrem Vater, der bei einem tragischen Unglück ums Leben kam. Auf der Suche nach der Wahrheit geraten die beiden immer tiefer in die düstere Unterwelt Kalkuttas. Es beginnt ein grausiges Spiel um Leben und Tod - mit einem Widersacher, dessen Wahn alles Vorstellbare übersteigt."

Weitere Bücher über diesen großartigen Autor sind hier (in deutsch) und hier (in englisch)

Donnerstag, 21. November 2024

Faulkner, William "Licht im August"

Faulkner, William "Licht im August" (Englisch: Light in August) - 1932

Was für ein Buch. Das könnte siebzig Jahre später eine Fortsetzung von "Vom Winde verweht" (Gone With the Wind) sein. Ein Buch über den tiefen Süden, über das Landleben, Familien, harte Arbeit, Rassismus, Kriminalität, Religion, Moral, alles, was eine Geschichte über diese Region und Zeit haben sollte.

Faulkner hat eine brillante Art zu schreiben, ich mag seinen Stil, auch wenn er von Zeit zu Zeit hin und her springt, folgt er immer noch seinem Weg und man kann ihm gut folgen, ohne dass es zu Verwirrungen kommt. Es gibt ein paar Hauptgeschichten mit mehreren Nebenhandlungen, aber William Faulkner schafft es, sie alle auf eine Weise zu erzählen, dass es nicht schwer ist, ihnen zu folgen. Eine zugängliche Geschichte mit sowohl sympathischen als auch unsympathischen Charakteren.

Es überrascht mich nicht, dass er den Pulitzer-Preis für zwei seiner Werke erhielt, "Eine Legende" (A Fable) und "Die Spitzbuben" (The Reivers), die beide auf meiner Wunschliste stehen.

Buchbeschreibung:

"Mit sinnlicher Leidenschaft entrollt Faulkner in diesem Klassiker der Literatur des 20. Jahrhunderts drei Lebenswege in der weiten Landschaft des Mississippi: Lena Grove, eine junge Schwangere auf einer fremden Landstraße, sucht ihren Geliebten. Am Ende hat sich ihr Schicksal in der Begegnung mit einem anderen Mann erfüllt, aber das Chaos sündhafter Verstrickung entlässt sie wieder fast unberührt. Joe Christmas, ein Wanderarbeiter, der sich seiner Rassenzugehörigkeit nicht sicher ist, findet hingegen keinen anderen Ausweg aus seinem Dilemma, als selbst zum Mörder zu werden. Der Geistliche Gail Hightower durchschaut das Gewebe aus religiösem und rassischem Fanatismus, kann sich aber nicht aus seiner Verklärung der 'glorreichen' Südstaatenvergangenheit befreien ...

Faulkners zwingende Modernität, sein multiperspektivischer, psychologischer Stil machten '
Licht im August', 1932 geschrieben, bereits 1935 bei Rowohlt veröffentlicht, zu einem der wirkungsmächtigsten Romane des 20. Jahrhunderts - hierzulande vor allem nach dem Krieg, als er in einer rororo-Zeitungsausgabe einem breiten Publikum zugänglich wurde."

William Faulkner erhielt den Nobelpreis für Literatur 1949 "für seine kraftvolle und künstlerisch selbständige Leistung in Amerikas Romanliteratur."

Ich wirke an dieser Seite mit: Read the Nobels, und Ihr könnt alle meine Blog-Einträge über Nobelpreisträger und ihre Bücher hier finden.

Donnerstag, 24. Oktober 2024

Briley, John "Schrei nach Freiheit"

Briley, John "Schrei nach Freiheit" (Englisch: Cry Freedom: The Legendary True Story of Steve Biko and the Friendship that Defied Apartheid) - 1987

Ich habe den Film "Schrei nach Freiheit" nie gesehen, aber er stand schon ewig auf meiner Wunschliste. Jetzt setze ich ihn ganz nach oben. Dies ist ein Buch, das nach dem Film geschrieben wurde – eine ziemliche Seltenheit. Eine interessante Geschichte über einen Mann, der versuchte, Freiheit für sein Volk zu fordern, Gleichbehandlung, egal welche Hautfarbe man hat, das Ende der Apartheid. Er wollte das alles friedlich und zahlte den höchsten Preis. Ich glaube nicht, dass das ein Spoiler ist, denn Steve Biko ist seit über vierzig Jahren tot.

Aber es ist auch die Geschichte eines anderen Mannes, der in Privilegien hineingeboren wurde, in einem Land, in dem es einen großen Unterschied macht, wer die Vorfahren sind, geboren mit dieser Art von Einstellung, die sie glauben lässt, sie hätten dieses Privileg aus irgendeinem seltsamen Grund verdient. Als Donald Woods Steve Biko trifft, entwickelt sich eine Freundschaft. John Briley, der Autor, beschreibt dies auf sehr subtile Weise, man kann sich vorstellen, wie sich die Freundschaft langsam aber sicher entwickelte.

Das Leben von Donald Woods ist wahrscheinlich genauso interessant wie das von Steve Biko. Die Geschichte über ihre Freundschaft beschreibt die Geschichte Südafrikas, die Geschichte der Apartheid. Ich habe ziemlich viele Bücher über die Menschen in diesem Land gelesen und es schockiert mich immer wieder, wie so etwas überhaupt passieren konnte, wie die Menschen das akzeptieren konnten. Ich bezweifle, dass ich es jemals verstehen werde, aber ich fordere alle auf, darüber zu lesen und dafür zu sorgen, dass so etwas nicht noch einmal passiert, weder in Ihrem eigenen Land noch anderswo.

Eine brillante Geschichte.

Buchbeschreibung (übersetzt von mir von der englischen Ausgabe):

"Sie sagten, Steve Biko sei ein Mann der Gewalt; warum sprach er dann von Frieden? Sie sagten, er wolle eine Revolution; warum sprach er dann von Freundschaft? Sie sagten, er sei verhungert; warum war sein Körper gebrochen und verletzt? Dies ist die Geschichte des Kampfes eines Mannes gegen die Regierung Südafrikas. Es ist die Geschichte aller Menschen, die die Wahrheit der Lüge vorziehen. Es ist die Geschichte aller Menschen, die nach 'Freiheit' rufen und keine Angst vor dem Tod haben."

Donnerstag, 19. September 2024

Carey, Peter "Die wahre Geschichte von Ned Kelly und seiner Gang"

Carey, Peter "Die wahre Geschichte von Ned Kelly und seiner Gang" (Englisch: True History of the Kelly Gang) - 2001

Da ich nicht aus einem Commonwealth-Land komme, hatte ich noch nie von der Kelly Gang gehört. Als ich dieses Buch sah, sah es interessant aus. Und das war es auch. Der Stil ist einzigartig, das Buch ist so geschrieben, als wären es verschiedene Bruchstücke aus Briefen oder Notizen, die Kelly an seine Tochter geschrieben hat. Ich fand die Informationen über diesen Teil der australischen Geschichte interessant, besonders, weil sie angeblich wahr sind.

Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig, da er kaum Zeichensetzung verwendet und auch nicht sehr auf Grammatik und Rechtschreibung achtet (wie gesagt, als hätte er es selbst geschrieben) und die Sprache ist ziemlich umgangssprachlich (um es milde auszudrücken). Aber - das trägt nur zur Schönheit der Geschichte bei.

Mir hat dieses Buch wirklich gefallen.

Buchbeschreibung: 
 
"In seinem Roman lässt Peter Carey den 1855 geborenen australischen Outlaw Ned Kelly selber zu Wort kommen:

Er ist zwölf, als sein Vater verschwindet, mit vierzehn kommt er zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt. Dann geht seine Karriere steil bergauf, Pferdediebstahl, Sabotage, Banküberfälle, Schießereien mit der Polizei.

Er ist großzügig zu den Armen und neigt bei seinen Überfällen zu Maskerade und Farce. Doch unter der Verkleidung verbirgt sich ein anderer Ned Kelly. Sein ungewöhnlicher Lebensbericht, den er für seine Tochter aufschreibt, ist gekennzeichnet von seiner Sehnsucht nach einem Zuhause. Am Ende sitzen er und seine Gang in der Falle: Ned flieht und kehrt in seiner eisernen Rüstung zurück...
"

Für dieses Buch gewann Peter Carey 2001 den Booker-Preis.

Mir hat auch "Oscar and Lucinda" (Oscar und Lucinda) vom selben Autor sehr gut gefallen.

Freitag, 2. August 2024

Clarke, Marcus "Lebenslänglich"

Clarke, Marcus "Lebenslänglich" (Englisch: For the Term of His Natural Life) - 1870-72

Dieser Roman wurde mir von einer meiner australischen Freundinnen empfohlen. Er beschreibt das Leben eines Sträflings von seiner Verurteilung über die Reise auf den neuen Kontinent bis hin zu seinem restlichen Leben. Die Geschichte ist sehr fesselnd und der Autor hat eine großartige Art, das Leben dieser armen Geschöpfe zu beschreiben. Mir wäre es allerdings lieber gewesen, wenn es ein "normaler" Sträfling gewesen wäre, jemand, der einen kleinen Diebstahl begangen hat, aber zu arm war, um sich zu verteidigen, es sei denn, der durchschnittliche Sträfling war von edler Geburt und hatte in seinem Leben nichts Unrechtes getan. Mir gefiel auch nicht, wie am Ende alles zusammenkam, einfach ein bisschen zu glatt für meinen Geschmack.

Allerdings war die Beschreibung des Lebens der Gefangenen sehr interessant und ich habe sicherlich kein Buch zu diesem Thema gelesen, das so detailliert ist. Was für ein schreckliches Leben diese armen Menschen führen mussten. Kein Wunder, dass diejenigen, die all diese Torturen überstanden haben, die besten Nachkommen haben, die es je gab. Ich habe viele Australier kennengelernt, und sie sind alle sehr warmherzig und freundlich. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich mehr über ihre Geschichte lesen möchte.

Dies ist nicht mein erstes Buch über Australien und seine ersten Siedler. Kate Grenvilles "The Secret River" (Der verborgene Fluss) ist ebenfalls brillant, und dann gibt es noch "English Passengers" (Englische Passagiere) von Matthew Kneale und "The Floating Brothel" (Das Freudenschiff) von Siân Rees, die beide ebenfalls sehr lesenswert sind. Ich suche immer noch nach einem Buch, das ich vor langer Zeit über jemanden gelesen habe, der zu den ersten Sträflingen gehörte, die freigelassen wurden und sich auf dem Land niederließen, als die Aborigines nicht in der Gegend waren, und sich ihnen dann stellen mussten, als sie zurückkehrten. Wenn jemand einen Vorschlag für den Titel dieses Buches hat, wäre ich sehr dankbar.

Buchbeschreibung:

"Im Jahr 1834 wird die Strafkolonie Vandiemensland, die 'natürliche Besserungsanstalt' Seiner Britischen Majestät, zum Schauplatz eines aufsehenerregenden Geschehens. Zehn Gefangene bemächtigen sich in einem tollkühnen Handstreich der Brigg Osprey und suchen mit ihr das Weite, nachdem sie Mrs. Vickers, die Frau des Kommandanten von Macquarie Harbour, ihre zwölfjährige Tochter Sylvia und die beiden Schiffsoffiziere an der unbewohnten Küste ausgesetzt haben. Die schwerktanke Frau stirbt; in Sylvia, die tagelang in tiefer Bewußtlosigkeit liegt, ist jede Erinnerung an gute und böse Erlebnisse ausgelöscht. Wie der entflohene Sträfling Rufus Dawes zu der kleinen Gemeinschaft stieß, welche Rolle er spielte und wer den Bau des rettenden Bootes bewerkstelligte, das zu erklären, bleibt Leutnant Frere vorbehalten, den alle Welt als den heldenmütigen Retter der kleinen Sylvia feiert."

Dienstag, 11. Juni 2024

Kröger, Theodor "Das vergessene Dorf"

Kröger, Theodor "Das vergessene Dorf. Vier Jahre Sibirien. Ein Buch der Kameradschaft" [The Forgotten Village] - 1934

Eine Geschichte über Russland, von einem Nicht-Russen geschreiben. Es ist nicht sicher, ob es sich hier tatsächlich um eine Autobiographie des Autoren handelt, aber wann ist man sich da schon hundertprozentig sicher.

Auf jeden Fall schafft er es, die Weiten und die Härte Sibiriens zu bschreiben, wie es schon im normalen Leben nicht so einfach ist, aber wenn man ganz von der übrigen Welt abgeschnitten ist, wird es noch furchtbarer.

Das Buch ist sehr mitreißend, sehr bewegend, man fühlt dermaßen mit den Protagonisten mit, dass einem fast selbst kalt dabei wird.

Es ist schon eine Weile her, seitdem ich dieses Buch gelesen habe, aber ich werde es nie vergessen.

Buchbeschreibung:

"10. August 1914. Beim Versuch, über die russisch-finnische Grenze zu fliehen, wird Theodor Kröger verhaftet. Von diesem Augenblick an ist er der Zaristischen Kriegsjustiz unentrinnbar ausgeliefert. Die Anklage lautet auf Mord und Spionage. Trotz härtester Verhörmethoden und systematischer Folterungen gelingt es nicht, ihm ein Geständnis abzuringen. Er wird zum Tode verurteilt. Einflußreichen Freunden im Hintergrund verdankt er jedoch seine Begnadigung zu lebenslänglicher Verbannung nach Sibirien. Hier erwarten ihn neue Abenteuer und Gefahren. Da sind die Mißstände in der kleinen Urwaldstadt Nikitino und die grausame Lage der in der Nähe internierten Kriegsgefangenen - aber auch Fayme, das schöne Tartarenmädchen, das sich seiner Liebe mit zarter und tiefer Leidenschaft öffnet, einer Liebe, die wie ein heiteres Abschiednehmen aus der Bitterkeit des Vergangenen seinem Leben einen neuen, glücklichen Sinn verheißt... So außergewöhnlich die Situationen sind und so entlegen die sibirische Landschaft für unser westliches Auge, die Kröger mit brillanter Schärfe und großer menschlicher Einfühlung beschreibt, so faszinierend gelingt es ihm, den Leser hinter dem Einzigartigen des Erlebten und Erlittenen jene Spur wieder aufnehmen zu lassen, die seine Odyssee durch Sibirien als einen Leidensweg für die vielen, die vor und nach ihm dorthin verbannt wurden, markiert hat."

Montag, 18. März 2024

Harris, Robert "Vaterland"

Harris, Robert "Vaterland" (Englisch: Fatherland) - 1992

Was für ein schrecklicher Gedanke. Hitler bzw. die Nazis hätten den Krieg gewonnen. Ich sage immer: Die Deutschen haben den Krieg nicht verloren, das waren die Nazis. Die Deutschen haben den Krieg faktisch gewonnen. In diesem Buch (und in mehreren anderen, wie meinem Lieblingsbuch "The Children's War" [Der Krieg der Kinder]) können wir alle verstehen, warum.

Die Geschichte selbst konzentriert sich auf einen bestimmten Fall. Ein Polizist, der kein Nazi-Fan ist, für seinen Job aber dennoch seine Uniform tragen muss, versucht, dem Geheimnis eines Mordes auf die Spur zu kommen. Und damit könnte er die ganze Welt verändern.

Wir brauchen überall solche Menschen, Menschen, die nicht einfach blind irgendwelchen Diktatoren folgen, auch wenn es für sie ein Vorteil ist.

Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dieses Buch noch einmal zu lesen. Gerade jetzt, wo die Rechte in vielen, vielen Ländern auf dem Vormarsch ist. Zu viele, wenn man mich fragt. Wie können Menschen vergessen, was es war? Auch wer den Krieg nicht miterlebt hat, und seien wir ehrlich, die meisten von uns haben ihn nicht erlebt. Meine Eltern wären neunzig geworden, wenn sie noch gelebt hätten. Und als die Nazis gewählt wurden, waren fünf Jahre alt, also muss jeder, der für das Regime verantwortlich ist, mindestens hundert sein. Nicht viele von ihnen leben mehr. Aber wir müssen uns daran erinnern, was unsere Eltern oder Großeltern uns erzählt haben, und sehen, wohin wir gehen, wenn wir diese Idioten wählen, die uns sagen, die Ausländer seien unsere Feinde. Nein, diejenigen, die unsere hart erkämpfte Demokratie abschaffen wollen, sind es.

Wir sollten alle froh sein, dass der Krieg so endete, wie er endete. Dieses Buch zeigt uns, was hätte sein können, wenn es anders gewesen wäre.

Buchbeschreibung:

"Hitler hat den Krieg gewonnen. Großdeutschland, das vom Rhein bis zum Ural reicht, dominiert Europa. Ständige Partisanenkämpfe und der Kalte Krieg mit den USA zermürben das Reich. In Berlin geschieht ein brutaler Mord an einem Parteibonzen - und Kripo-Sturmbannführer March gerät im Zuge seiner Ermittlungen gefährlich nah an die Wahrheit."

Samstag, 26. August 2023

Schlink, Bernhard "Der Vorleser"

 
Schlink, Bernhard "Der Vorleser" - The Reader - 1994

Ich habe das vor ein paar Jahren mit meinem ehemaligen Lesekreis gelesen. Ich habe andere Literatur/Romane zum Holocaust gelesen und glaube nicht, dass dieser zu den besseren gehört. Zum Teil ist es interessant, aber irgendwann wird es wirklich langweilig, das war zumindest mein Eindruck. Die Beschreibung der Charaktere und ihrer Gefühle geht einfach nicht tief genug, um einen guten Überblick über die Fakten selbst zu gewinnen. Vielleicht trägt auch der Grund dazu bei, dass der Autor normalerweise Kriminalromane schreibt (die nicht so mein Ding sind).

Buchbeschreibung:

"Sie ist reizbar, rätselhaft und viel älter als er... und sie wird seine erste Leidenschaft. Eines Tages ist sie spurlos verschwunden. Erst Jahre später sieht er sie wieder - als Angeklagte im Gerichtssaal. Die fast kriminalistische Erforschung einer sonderbaren Liebe und bedrängenden Vergangenheit.

Auf dem Nachhauseweg gerät der fünfzehnjährige Michael Berg in eine heikle Situation. Eine Frau, Mitte dreißig, kümmert sich um ihn. Später kommt der Junge mit einem Blumenstrauß, um sich zu bedanken. Und er kommt wieder. Hanna ist die erste Frau, die er begehrt. Eine heimliche Liebe beginnt. Doch es ist etwas Düsteres, Reizbares um Hanna. Seine Fragen, wer sie war und ist, weist sie schroff zurück. Eines Tages ist sie verschwunden. Aus Michaels Leben, nicht aus seinem Gedächtnis. Als Jurastudent sieht er Hanna im Gerichtssaal wieder. Der junge Mann erleidet einen Schock. Er hat eine Verbrecherin geliebt. Vieles an Hannas Verhalten im Prozess ergibt keinen Reim. Bis es ihm wie Schuppen von den Augen fällt: Sie hat nicht nur eine grauenhafte Tat zu verantworten, sie hat auch ihr verzweifelt gehütetes Geheimnis. Die Vergangenheit bricht auf - die seiner Liebe und die deutsche Vergangenheit. Michael muss erleben, dass er von beiden Vergangenheiten nicht loskommt. Eine Frauengestalt, mit der man auch als Leser nicht einfach fertig wird. Und das Dilemma einer Generation.
"

Montag, 13. Februar 2023

Tellkamp, Uwe "Der Turm"

  

Tellkamp, Uwe "Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land" - The Tower - 2008

Ich fand dieses Buch hervorragend und kann es wirklich all meinen Freunden empfehlen. Lest es.

Uwe Tellkamp beschreibt das Leben in der DDR in den 1980er Jahren. Ich bin im Westen des Landes aufgewachsen und hatte - wie die meisten von uns - keine Kontakte in den Osten. Das bedeutet, dass ich nicht für die Genauigkeit der abgebildeten Leben bürgen kann. Aber ich habe das Gefühl, dass es ziemlich nah dran ist, nicht unbedingt für alle, vielleicht nur für diejenigen, die aufgrund ihrer Position ein privilegierteres Leben geführt haben.

Die Länge des Buches ermöglichte es dem Autor, auf so viele Details von so vielen verschiedenen Charakteren einzugehen. Ohne das hätte er sich auf weniger Personen oder eine oberflächlichere Beschreibung beschränken müssen.


Christian Hoffmann ist der Protagonist, er ist hervorragend dargestellt. Aber mein Lieblingscharakter ist Meno Rohde, weil er am "lebendigsten" wirkt.

Ich möchte auf jeden Fall mehr von diesem Autor und mehr von anderen DDR-Autoren lesen. Letztes Jahr wurde die Fortsetzung veröffentlicht, "Der Schlaf in den Uhren". Natürlich, wie üblich in deutschen Verlagen, wurde es noch nicht als Taschenbuch herausgegeben, aber da ich jetzt schon vierzehn Jahre warte, kommt es auf ein paar Jahre mehr auch nicht mehr an.

Buchbeschreibung
:

"Hausmusik, Lektüre, intellektueller Austausch: Das Dresdner Villenviertel, vom real existierenden Sozialismus längst mit Verfallsgrau überzogen, schottet sich ab. Resigniert, aber humorvoll kommentiert man den Niedergang eines Gesellschaftssystems, in dem Bildungsbürger eigentlich nicht vorgesehen sind. Anne und Richard Hoffmann, sie Krankenschwester, er Chirurg, stehen im Konflikt zwischen Anpassung und Aufbegehren: Kann man den Zumutungen des Systems in der Nische, der 'süßen Krankheit Gestern' der Dresdner Nostalgie entfliehen wie Richards Cousin Niklas Tietze - oder ist der Zeitpunkt gekommen, die Ausreise zu wählen? Christian, ihr ältester Sohn, der Medizin studieren will, bekommt die Härte des Systems in der NVA zu spüren. Sein Weg scheint als Strafgefangener am Ofen eines Chemiewerks zu enden. Sein Onkel Meno Rohde steht zwischen den Welten: Als Kind der 'roten Aristokratie' im Moskauer Exil hat er Zugang zum seltsamen Bezirk 'Ostrom', wo die Nomenklatura residiert, die Lebensläufe der Menschen verwaltet werden und deutsches demokratisches Recht gesprochen wird."

Montag, 9. Januar 2023

Ulitzkaja, Ljudmila "Das grüne Zelt"

Ulitzkaja, Ljudmila "Das grüne Zelt" (Russisch: Zelenyi shater/Зеленый шатер) - Imago oder The Big Green Tent - 2010

Ich liebe russische Literatur. Dies ist eine neue, moderne Autorin, din ich entdeckte, als ich das Buch fand. Ein brillantes Buch. Es beschreibt das Leben in der Sowjetunion und beginnt mit dem Tod Stalins und was er für die Menschen bedeutete und wie ihr Leben danach weiterging. Ich glaube nicht, dass es ich zuviel verrate, wenn ich sage, dass es nicht besser wird.

Wir erfahren etwas über das Leben einer Gruppe von Freunden, drei Jungen, die einen brillanten Literaturlehrer haben, und wie er den Rest ihres Lebens beeinflusst, wie sie mit den Zufällen leben oder nicht leben, die ihnen das Regime ihres Landes auferlegt. Die Jungs kommen aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen, aber ihr Leben in der Sowjetunion bringt ihnen alle die gleichen Probleme. Und auch drei Mädchen, ihr Weg kreuzt sich später im Leben mit dem der Jungen, wenn sie älter sind.

Sie alle lieben es zu lesen und es gibt viele tolle Bücher, die im Roman erwähnt werden (Liste folgt am Ende). Die meisten davon finde ich wirklich lesenswert.

Egal, ob man dicke Wälzer (fast 600 Seiten) oder Kurzgeschichten mag, dies ist eine Kombination aus beidem, obwohl die Kurzgeschichten miteinander verknüpft sind. Eine brillante Schriftstellerin, die Außenstehenden, uns, das Leben unter dem KGB erklärt. Eine großartige Geschichte, sorgfältig beschriebene Charaktere, sogar jeder kleinere Charakter wird lebendig und bringt seine eigene Tragödie mit sich.

Ich bin immer auf der Suche nach neuen Autoren, die ich liebe, und hier habe ich ein echtes Juwel gefunden. Eine Geschichte, die man nicht aus der Hand legen kann und die uns für immer begleiten wird. Ein brillantes Belletristikbuch, das Geschichte so erklärt, wie es kein Sachbuch kann.

Buchbeschreibung:

"Leben in gestohlener Luft

Schicksale, die man nie mehr vergisst: Ljudmila Ulitzkaja erzählt von drei Freunden, die in der Sowjetunion aus Liebe zur Literatur zu Dissidenten werden. Ilja, der Fotograf, wird schon früh zum Chronisten der regimekritischen Bewegung. Erst Jahre später stellt sich heraus, dass er auch für den Geheimdienst KGB tätig war, und er muss fliehen. Eine Tragödie für seine Frau Olga, die ihn bei seinem Tun unterstützt hat. Für sie bleibt er die große Liebe ihres Lebens, auch als er im Westen längst mit einer anderen zusammenlebt. Auch Micha und Sanja geraten in Konflikt mit der Staatsmacht ...
"

Sie nennt auch so viele andere Bücher - einige davon habe ich gelesen, andere habe ich auf meine Wunschliste gesetzt - und Autoren, die es sicherlich wert sind, angesehen zu werden:

Aksakow, Sergei Timofejewitsch " Childhood Years of Bagrov Grandson" (Детские годы Багрова-внука/Detskie gody Bagrowa-wnuka)
Arzhak, Nikolay (real name: Yuli Markovich Danie) "Report from Moscow" (Говорит Москва)
Dostoevsky, Fyodor "Crime and Punishment" - Schuld und Sühne
Herzen, Alexander
Kropotkin, Pyotr "Memoirs of a Revolutionist" (Записки революционера)
Nabokov, Vladimir (called Sirin in the novel) "Glory" (Podvig)
Pasternak, Boris "Doctor Zhivago" - Doktor Schiwago
Tolstoy, Leo "Anna Karenina" - Anna Karenina
Tolstoy, Leo "Childhood", "Boyhood", and "Youth" (Детство, Отрочество, Юность)
Tolstoy, Leo "War and Peace" - Krieg und Frieden
Yerofeyev, Venedikt "Moscow-Petushki" (or Moscow to the End of the Line, Moscow Stations, and Moscow Circles) (Москва - Петушки)
Zamyatin, Yevgeny "We" (Мы/роман)

Donnerstag, 26. Mai 2022

Lamb, Wally "Die Stunde, in der ich zu glauben begann"

Lamb, Wally "Die Stunde, in der ich zu glauben begann" (Englisch: The Hour I First Believed) - 2008

Columbine High School, Littleton, Colorado, 1999. Caelum Quirk ist Lehrer an dieser Schule, seine Frau arbeitet dort als Schulkrankenschwester. Er ist in Connecticut und besucht seine Tante nach ihrem Schlaganfall, während sich seine Frau in der Schule versteckt, in der Hoffnung, nicht von den beiden Schülern getötet zu werden, die sich auf dem Kriegspfad zu befinden.

Dieses Buch handelt nicht von den unglücklichen Schülern und Lehrern, die an diesem schrecklichen Tag getötet wurden, es handelt von den "Glücklichen", die überlebt haben, denen, die davongekommen sind. Wenn man sich das Leben ansieht, das diese Menschen nach dem Angriff führten, könnte man sich fast wünschen, bei einem solchen Ereignis zu sterben. Auch wenn der Tag beschrieben wird, die Schießereien nicht allzu detailliert sind, der Autor sich nicht mit jedem Detail aufhält, ist dies kein entsetzlicher Thriller, der gerne grausame Taten zeigt.

Dies ist mein drittes Buch von Wally Lamb und ich finde sie alle hervorragend. Der Autor findet immer eine großartige Art, die Gefühle der Menschen zu beschreiben, er nimmt nach und nach jede Situation auseinander. Ich liebe seinen Stil. Er hat eine großartige Art, eine Geschichte zu erzählen. Einige Kritiker nannten ihn einen modernen Dostojewski, sicherlich ein großes Lob, aber nicht zu viel für diesen fantastischen Geschichtenerzähler und guten Psychologen. In diesem Buch steckt so viel Menschlichkeit, dass es trotz vieler negativer Ereignisse immer noch ein Buch der Hoffnung und Liebe ist. Die Charaktere sind sehr menschlich, nicht übertrieben, realistisch. Wir haben auch gelernt, dass Menschen ein Produkt ihrer Umstände sind, besonders wenn eins auf das andere folgt.

Der Roman handelt nicht nur von Columbine und der Schießerei, er kombiniert so viele andere Themen, Wally Lamb hätte den Stoff in drei Büchern verarbeiten können. Es war großartig, über diese Charaktere zu lesen, die immer versuchen, sich aufzurappeln, nachdem sie hingefallen sind. Mir hat dieses sehr anschauliche Buch wirklich gut gefallen.

Es kam die Frage auf, woran wir dachten, was er "zu glauben begann"? Einige entschieden sich für "Hoffnung", andere für "Gott". Der niederländische Titel "Vleugelslag" (Flügelschlag) spielt auf den Schmetterlingseffekt an.


Buchbeschreibung:

"Gibt es eine göttliche Vorsehung? Oder wird die Welt vom Chaos regiert? Als ein un-begreifliches Gewaltverbrechen über Caelum und seine Frau Maureen hereinbricht, gerät ihr Leben vollkommen aus den Fugen. In einer Welt, die scheinbar jeglichen Sinn verloren hat, schickt Wally Lamb seine Figuren auf eine Reise, von der sie erst durch einen ungeheuren Akt der Hoffnung erlöst werden. Erst vor Kurzem sind Caelum und seine Frau Maureen nach Colorado gezogen. Doch was ein Neubeginn für ihre Ehe sein soll, findet durch den Amoklauf an der Columbine Highschool ein abruptes Ende. Mitten in dem blutigen Massaker: Maureen, die den Anschlag versteckt in einem Wandschrank überlebt. Traumatisiert flüchtet sie in eine eigene Welt - und zwingt so auch Caelum, sich seinen Ängsten zu stellen und jenes dunkle Rätsel seiner Herkunft zu lösen, vor dem seine Tante ihn zu schützen versuchte. Eine Tour de force durch die Abgründe der menschlichen Seele, mit der Wally Lamb sein erzählerisches Können und sein Gespür für die großen Themen des Lebens unter Beweis stellt."

Ich habe das englische Original gelesen und hoffe, die Übersetzung ist genauso gut.

Wir haben dieses Buch in unserem internationalen Lesekreis im Januar 2010 besprochen.

Mittwoch, 27. April 2022

Boschwitz, Ulrich Alexander "Der Reisende"

Boschwitz, Ulrich Alexander "Der Reisende" - The Passenger/The Fugitive - 1939

Ich hatte noch nie von diesem Autor gehört, als ich das Buch in einer Buchhandlung fand. Aber die Beschreibung klang interessant, ein Buch, das man lesen musste. Also kaufte ich es. Offenbar wurde dieser Roman zuerst als Übersetzung ins Englische als "The man who took trains" (Der Mann, der Züge nahm) in Großbritannien und "The Fugitive" (Der Flüchtling) in den USA unter dem Pseudonym John Grane veröffentlicht. Posthum. Weil sein Schicksal auch eine interessante Geschichte abgeben würde. Wie so viele Juden konnte er nicht fliehen, er war Jude in Deutschland und Nazi in anderen Ländern. Also internierten ihn die Briten als "enemy alien" (feindlicher Ausländer) und schickten ihn nach Australien. Als er nach Europa zurückkehrte, wurde sein Schiff torpediert und sank, und mit ihm der Autor und sein letztes Manuskript. Denken wir an Menschen wie ihn, wenn wir Flüchtlinge nicht willkommen heißen.

Man sieht, wie sich der Protagonist mit den Umständen verändert, in denen er sich befindet. Wie er zunächst glaubt, dass seine arischen Freunde ihm helfen werden, wie er dann denkt, mit dem Geld, das ihm bleibt, kann er entkommen, wie er immer wieder versucht, Deutschland zu verlassen und das Schicksal eines sicheren Todes.

Ulrich Alexander Boschwitz war erst 23 Jahre alt, als er dieses Buch schrieb, aber ich denke, man merkt, dass er weise über sein Alter hinaus war, wahrscheinlich für all die Ereignisse, die er gesehen und durchleben musste.

Das Buch "verschwand" für mehrere Jahrzehnte. Ich bin froh, dass es wieder gefunden wurde.

Unbedingt lesenswert!

Buchbeschreibung:

"Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst.

Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, wird in Folge der Novemberpogrome aus seiner Wohnung vertrieben und um sein Geschäft gebracht. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Zunächst glaubt er noch, ins Ausland fliehen zu können. Sein Versuch, illegal die Grenze zu überqueren, scheitert jedoch. Also nimmt er Zuflucht in der Reichsbahn, verbringt seine Tage in Zügen, auf Bahnsteigen, in Bahnhofsrestaurants. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. Noch nie hat man die Atmosphäre im Deutschland dieser Zeit auf so unmittelbare Weise nachempfinden können. Denn in den Gesprächen, die Silbermann führt und mithört, spiegelt sich eindrücklich die schreckenerregende Lebenswirklichkeit jener Tage.
"

Dienstag, 26. April 2022

Laube, Günter "Gefangener Nummer 343"

Laube, Günter "Gefangener Nummer 343" [Prisoner No. 343] - 2016

Von der Buchbeschreibung habe ich einen Roman erwartet, der von einer Flüchtlingsfamilie handelt. Wie und warum sie ihr Land verlassen haben, wie sie in Deutschland angekommen sind, welche Nachwirkungen der Bürgerkrieg in ihrem Land hat, was die Protagonistin in ihrem Heimatland vorfindet, als sie es wieder besucht.

Leider war davon in dem Buch nichts zu finden. Die Beschreibung war spannender als das Buch. Bestimmt mein letztes Buch von diesem Autor.

Buchumschlag:

"Maryam floh im Alter von sieben Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Schon als Kind hatte sie lebhafte Träume, und als Teenager wurden die Träume so intensiv, dass die Familie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste. Nach dem Abitur in Berlin verbrachte sie ein Jahr als Entwicklungshelferin im Ausland, in ihrer alten Heimat. In dem Land herrschte nach jahrelangem Bürgerkrieg das Chaos, und Hilfe wurde mehr denn je gebraucht.

Nach ihrer Rückkehr beginnt sie ein Lehramtsstudium für Arabisch, Deutsch und Englisch. Doch im dritten Semester sind die Träume wieder da: intensiver und lebendiger als je zuvor! Sie ist Sophia Fernández, eine Sonderermittlerin der Vereinten Nationen, die ein neues Hochsicherheitsgefängnis überprüfen soll. Bei Gesprächen mit verschiedenen Insassen eröffnen sich ihr Einblicke in eine andere Welt. Doch welche Rolle spielt Gefangener Nummer 343 in ihren Träumen und in ihrem Leben?
"

Und dann war da noch der Fehler auf Seite 166: "Mehr viel mir erst einmal nicht ein …" Ja, mir fällt dazu auch nichts ein.

Sonntag, 20. Juni 2021

Lenz, Siegfried "Landesbühne"

Lenz, Siegfried "Landesbühne" [Province Stage] - 2009

Während einer Theateraufführung im Gefängnis, beschließen ein paar Gefangene, mitsamt des Theaterwagens auszubrechen. Sie enden in einem kleinen Ort, in dem sie die Gesellschaft verändern.
Aber es geht hier nicht nur um die Gefangenen, auch nicht um die Bürger des Ortes, es geht vielmehr um den Sinn des Lebens. Zumindest wenn man genau hinsieht. Eine Novelle, die sehr nachdenklich stimmen kann. Einer der ganz großen Autoren.

Klappentext: 

"Rätselhafte Dinge geschehen im Gefängnis Isenbüttel. Während einer Theateraufführung verlassen Häftlinge ungehindert das Gelände. Und kurz darauf feiert ein idyllisches Städtchen talentierte Schauspieler - die gar keine sind. Mit dem Hereinbrechen der Kunst und angetrieben von Gefühl, Leidenschaft und Phantasie entdeckt ein ganzes Gemeinwesen seine Möglichkeiten zu Größerem.
Und niemand scheint Verdacht zu schöpfen. Oder sind alle - der Intendant der Landesbühne, der Gefängnisdirektor, der Bürgermeister und die Bürger von Grünau - Teil einer grandiosen Inszenierung? Die Ausreißer selbst scheinen keine Ahnung zu haben. Werden Sie zurückkehren in ihre Zellen?
"

Siegfried Lenz hat 1988 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten.