Vorher: Ein mausgrauer Spind aus den Siebzigern und die Hoffnung, das es ein Nachher geben wird. Ja weiss man`s  denn vorher immer so genau? Sehen`se ;o)


Der Spind war ein echter Schnapper und um vieles günstiger, als ein Sonntagsbrunch für eine vierköpfige Familie. Nein, über den Preis konnte man hier wirklich nicht meckern. Einen Wagen plus Anhänger hatte ich schnell organisiert. Erwachsene Söhne zu haben macht sich irgendwann im Leben bezahlt.

"Wo willst du den denn noch hinstellen?" ... "Ins Wohnzimmer ..." "WOHIN?" Hüstel. "Also er soll ins Wohnzimmer. ER SOLL INS WOHNZIMMER! An die Wand hinter dem langen Sofa. Da passt er nämlich genau hin, ich habe es ausgemessen. Jawohl, ich habe es genau ausgemessen."
Ich konnte durch seine Stirn hindurch sehen. Ich konnte unter seinen pulsierenden Adern beinahe sehen wie es da oben ratterte. Sein erster Gedanke war, wann und wie wir am Besten den Durchbruch in das Wohnzimmer der Nachbarn stemmen. (Als ob alle Mütter im Ausmessen und Kopfrechnen schwach wären!) Jaaahaaaa, wie mein Kind sich gefreut hat. Ihr glaubt`s gar nicht. Und um es gleich vorweg zu nehmen. Ich habe richtig gemessen.


Als ich mit dem Spind alleine war, kamen mir schnell erste Zweifel. Der Spind und ich, wir vertrugen uns nämlich nicht gleich. Ich setzte mich still vor ihn hin und meinte beinahe vorwurfsvolle Blicke von ihm zu spüren. Ich musste dringend an seinem Erscheinungsbild arbeiten. Daran bestand kein Zweifel. Denn Schmutz und Rost von Jahrzehnten versammelten sich in seinem Inneren. Aufkleber der verschiedensten Brauereien auf dem Äußeren. Sie erzählten nicht nur von allerbester Bierqualität und erfrischendem Wasser aus tiefsten Quellen. Sie sprachen auch von geselligen Abendrunden im Werkstattschuppen eines Hobbyhandwerkers. Jupp war scheinbar ihr erster Vorsitzende. Sein Name tauchte mehrfach auf.
Ich begann mit der Restauration in homöopathischen Dosen, wischte dem Spind den Staub von der Seele. Ich schüttete sein phantasieloses Grau mit dem Putzwasser in den Ausguss und verpasste ihm einen neuen Anstrich. Und weisst du was? Ich bin schwer verliebt in das Nachher, in sein Ombre und seine Männlichkeit.







Heute trägt der Himmel beinahe das gleiche Grau wie mein neuer Mitbewohner und es regnet schon den ganzen Tag. Die schönste Zeit, um mit euch noch mein Sonntagswaffelrezept zu teilen. Mein all times favorit. Schmeckt prima mit frischem Obst oder einfach nur mit einem feinen Nebel aus Puderzucker.

Sonntagswaffeln (Rezept by kitchenaid)

3 Eier
3 Essl Zucker (oder Honig)
1 Päckchen Vanillzucker
125 g Butter
2oo ml Milch
25o g Mehl
1/2 Päckchen Backpulver

Alle Zutaten zu einem zähflüssigen Teig verrühren, im Waffelautomat ausbacken und auf einem Kuchengitter auskühlen lassen.

Die Giottos und die Milch mit dem Rührgerät cremig schlagen. Dann die restlichen Zutaten dazugeben und zu einem Teig verarbeiten. Den Teig in die Förmchen füllen und ca. 1o bis 15 Minuten bei 2oo Grad backen. Die Gugls kurz abkühlen lassen und aus der Form nehmen.
Ich habe sie hauchdün mit einem Zitronenguss überzogen.

TIPP: Wenn du die Förmchen nach dem Einfetten kurz in den Kühlschrank stellst, lässt sich das Gebäck später ganz einfach aus seiner Form lösen.

Solange die Abende noch zu dunkel und frisch sind um sie draußen zu verbringen, gibt es Dinge auf die ich mich nach Feierabend ganz besonders freue. Natürlich gehört auch das Abtauchen in die Lieblingsecke des Wohnzimmer dazu. Dieser Rückzugsort ist nach einem langen Arbeitstag die schönste Entschuldigung, um in Büchern zu stöbern oder sich eine neue Folge von Chief Inspektor Barnaby anzuschauen. Ein guter Mordfall schreit immer nach einem guten Bordeaux in der Farbe von altem Granatschmuck. Schreit nach einem düsteren, staubigen englischen Herrenhaus auf dem Land. Nach dicken Ledersessel, karierten Kissen, Plüschpantoffeln und einem gemauerten Kamin ...

In meiner Lieblingsecke des Wohnzimmers hingegen herrscht eine leichtere, freundlichere und entspanntere Atmosphäre. Eine stoische Ruhe und Gelassenheit. Der Focus liegt hier nur auf den wenigen Dingen die man zum Abschalten wirklich braucht. Weiche Kissen, einem Stapel Bücher, weißen Kerzen. Von allem etwas, aber davon darf es niemals zu viel sein. Simlicity, mit einem weichen Fell. Very british, very classy ;o)
  


Alte Schätze dürfen hier ruhig mit neuen Sachen kombiniert werden. Der Wohnzimmertisch ist ein Erbstück meiner Großmutter und der Kaminumbau stammt von einem Holländischen Markt. Es müssen nicht immer die teuren Möbelstücke sein, die die Einrichtung besonders machen.

Den Kaminleuchter habe ich aus Resten zusammengebaut. Vielleicht laienhaft,  aber eins meiner absoluten Lieblingsstücke. Nicht nur in meiner Lieblingsecke.
   

Ich bescheinige dem April seine Güte und Milde, trotz seiner manchmal rauen Oberfläche. Er schenkte uns für seine Jahreszeit bemerkenswert warme Tage. Ich spürte die erste, warme Luft und Sonne in meinem Gesicht. Ich beobachtete das Blattgrün, wie es langsam an den Spitzen des Kirschbaumes hervorkroch. Ich überprüfte beinahe täglich die ersten Triebe der Pfefferminze in meinem winzigen Gartenbeet und schenkte meine ganze Aufmerksamkeit der Welt und der Natur, die sich allmählich und mit einer tiefen Vertrautheit um mich herum öffnete.
  
Es war mir ein Vergnügen, mit euch im April über Punkte und Kuchenrezepte zu philosophieren. Gemeinsam und leichtfüßig über dicke Teppiche aus goldenem Löwenzahn zu laufen. Um zu hause den süßesten Honig daraus zu kochen. Ich schenkte euch eine Eintrittskarte zu einem Krimidinner. Die Vorstellung war schnell ausverkauft und bis auf den letzten Platz an meinem Esstisch besetzt. Vielen, vielen Dank für euren rauschenden Applaus. Auch euch Lieben auf den hinteren Rängen. Er war berauschend, und so schön wie der warme Mairegen vor`m Küchenfenster.










Auch wenn in den Aprilnächten noch häufig der Frost durch die Gärten zog und vielen von euch sogar noch wenige Zentimenter Neuschnee bescherten. Er war ein ehrlicher Gast und unterstrich mir konsequent und kurz vor Schluss das Erwartete. Der April war zum dreimal küssen schön. Mindestens!