Mittwoch, 30. September 2009

Wanted: Eine schöne Herbstjacke

Rosencord und Knopfauswahl

Eine Herbstjacke, die gleichzeitig hübsch und praktisch ist, fehlt seit Jahren in meinem Kleiderschrank. Nähversuch I, die schröckliche Fleecejacke, wir hatten das Thema, wäre sicherlich praktisch, wenn ich mich nur überwinden könnte sie anzuziehen. Nähversuch II, eine schwarze Walkjacke von 2007, trage ich sehr gerne, aber die hausinterne Bezeichnung „das Napoleonjäckchen“ deutet schon an, dass diese Jacke ein klein wenig praktischer, sprich: länger sein könnte.

Nähversuch III startet jetzt und umfasst folgenden Plan:

Als Grundlage dient der Burdaschnitt 115 aus Heft 2/ 2008, eine hüftlange Jacke mit Raglanärmeln und bauschigem Kragen. Statt Reißverschluss möchte ich aber Knöpfe, außerdem wird die Jacke gefüttert. Die Zierfalten im Vorderteil fallen weg, das funktioniert bei meinem Material nicht.
Da die Jacke unbedingt über Pullover passen soll, wird es ein Probemodell geben.

Der Stoff ist ein alles andere als dezenter Feincord mit blau-grün-türkisen Rosen (von einem der bekannten Hersteller, leider weiß ich nicht mehr von welchem). Die Belege, Taschenklappen, der Kragen und die Ärmelaufschläge sollen aus einfarbig schwarzem Cord genäht werden. Über die Knöpfe bin ich mir noch völlig unschlüssig – auf dem Foto liegen einige Beispiele aus meiner Knopfkiste, allerdings habe ich von keiner Sorte genügend da. Ich stelle mir die zukünftige Jacke edel-folkloristisch-verspielt vor (und hoffe dass es nicht stattdessen bunt-kindisch-peinlich wird). Ach ja, und praktisch, praktisch natürlich auch.

Freitag, 25. September 2009

Cut, die zweite



Ein Wochenende, das Freitag Nachmittag zusammengerollt mit einer schönen dicken Zeitschrift auf dem Sofa beginnt, kann doch nur ein gutes Wochenende werden, finde ich. Wenn diese Zeitschrift die zweite Ausgabe des Nähmagazins Cut ist, dann umso mehr. Ein wenig hatte ich ja gezittert und gebangt, ob es dieses Magazin noch ein zweites Mal geben würde, nachdem Monate verstrichen und sich auf der Webseite fast nichts tat - bis dann letzte Woche der Titel in einigen Blogs auftauchte.

Die zweite Ausgabe gefällt mir fast noch besser als das erste Heft. Wieder fast ein kleines Buch (144 Seiten), aus schönem dickem Papier, wieder sehr sorgfältig mit vielen verspielten Ideen gestaltet. Sogar der Grafik- und Layoutfreak an meiner Seite war sehr angetan und und wollte die Zeitschrift gar nicht mehr hergeben.
Den Texten über vier ganz unterschiedliche Designer, über die Gratwanderung zwischen Kopie und Inspiration im Modegeschäft, über die interessanten Ecken von Bukarest und die Wiederkehr des Grunge merkt man dankenswerter Weise an, dass sie von denkenden Menschen geschrieben wurden, die genau hingesehen, nachgefragt und zugehört haben - keine Übername von PR-Sprechblasen, keine versteckten Kaufempfehlungen, sondern einfach gute Geschichten, und dieses Mal fehlt auch der Spritzer Ironie nicht, den ich in Zeitschriften sonst so vergeblich suche.

Hier näht die Designerin noch selbst

Zum Selbernähen mit Schnittbogen und bebilderten Anleitungen gibt es dieses Mal eine Laptophülle, eine Weste und ein Hängerkleidchen aus Jersey, letzteres entworfen von Sarah Elbo, deren neues Label Bo van Melskens weit mehr als Mode umfasst. Besonders charmant: Bei dem Kleid sieht man in Schritt-für-Schritt-Fotos, wie die Designerin selbst Hand anlegt, und auch die Anleitung hat sie selbst geschrieben - sehr ermutigend, man merkt, das ist alles keine Hexerei (aber der Stoffbruch ist wichtig!).

T-Shirt-Chirurgie mit Cut

Ab sofort lässt sich Cut auch im Abo beziehen - das aktuelle und das nächste Heft für 16 Euro. Das ist nicht nur eine gute Nachricht für alle, die etwas ländlicher leben, sondern auch wichtig für den Verlag, denn Abonnentenzahlen sind ein gewichtiges Argument gegenüber möglichen Werbekunden. Sobald es also ein Abo für das nächste und übernächste (und überübernächste...) Heft gibt, werde ich auch eins abschließen. Cut könnte unter den Nähheften das werden, was brandeins für die Wirtschaftszeitschriften ist, und das ist alle Unterstützung wert.

Samstag, 19. September 2009

Leinen (Lila I)

Leinen auf Leinen

Immer noch im Beutelrausch. Die Häkelornamente von hier und ein violettes Teil von hier wurden mal wieder zu einer Einkaufstasche.



Der selbstgezeichnete Schnitt bekommt durch vier Abnäher am Boden etwas mehr Raum, zugleich ist er sehr einfach zu nähen und macht doch ein bißchen was her.
Die Häkelrosetten bestehen aus "Sari-naturell Leinenmischzwirn" aus dem VEB Vereinigte Baumwollspinnereien, Betrieb Glauchau, den ich aus einem im Februar ertauschten Karton Handarbeitsgarn habe. Das ist ein interessantes Garn - ungebleicht, etwas spröde und widerspenstig, mit einem eigenen Kopf. Die Garnstruktur, obwohl kein reines Leinen, erinnert noch ein wenig an die Pflanze, aus der sie hervorgegangen ist. Es war daher gar keine Frage, dass die Rosetten unbedingt auf einen gröberen, leicht unregelmäßigen dunkelbraunen Leinenstoff aufgenäht werden mussten.



Auch wenn Leinen, wie man es heute kaufen kann, wohl in den meisten Fällen in riesigen Fabriken verarbeitet wird und nur noch wenig mit seinen bäuerlichen Grundlagen zu tun hat, eine Ahnung davon, was es einst bedeutete, Flachs zu säen, zu ernten und zu verarbeiten, wie viele Arbeitsgänge dazu nötig sind, die ganze Tradition, die hängt für mich unausgesprochen immer noch an dieser Faser, dadurch erhält sie für mich einen Wert. Das ist glaube ich auch der Grund für mein Unbehagen gegenüber Fleece und anderen sogenannten "Funktionsstoffen", die in einer Chemiefabrik scheinbar einfach so, ohne Erde, Wasser, Licht aus einer Maschine plumpsen. Da ist keine Bedeutung dahinter, kein kultureller Kontext, nur ein Stoff, der wärmt, aber nicht schmückt, praktisch und ökonomisch.

Über Bauernleinen schrieb Griselda hier einen interessanten Beitrag, in dem sie auch einige ihrer Schätze zeigte. Und schaut euch mal die Leinenkissen von Anette an: Ganz viele verschiedene Webarten und verschiedene Töne ungebleichten Leinens zu einem Kissen vereint.

Donnerstag, 17. September 2009

Namhafte Stoffe

Leben im Einkaufsparadies und trotzdem mit dem Angebot unzufrieden - das nennt man wohl Jammern auf hohem Niveau. Oder den Fluch des Internets, da man in Onlineshops und Blogs die ganzen schönen amerikanischen und japanischen Stoffe sieht und die dann auch gerne in einem Laden befühlen würde - das sollte in der Hauptstadt doch kein Problem sein, oder?

Nun, bei zwei Stoffkategorien klafft im Berliner Stoffangebot tatsächlich eine Lücke, nämlich bei allen diesen Stoffen, die einen Namen haben – seien es die bunten holländischen Kinderstoffe der Hersteller Stenzo, Hilco und BBG, oder die Designer-Patchworkstoffe zum Beispiel von Anna Maria Horner, Amy Butler und Konsortinnen.

Holländische Stoffe gibt es in großer Auswahl immerhin vier Mal im Jahr auf dem Stoffmarkt in Potsdam (auch morgen!). Patchworkstoffe von Free Spirit (darunter fallen Stoffe von Joel Dewberry, Tina Givens, Erin McMorris, Anna Maria Horner, Heather Bailey, Jennifer Paganelli und Jane Sassaman) werden in Deutschland seit einiger Zeit durch die Firma Coats vertrieben, was meine Hoffnung keimen ließ, sie nun auch im lokalen Einzelhandel vorzufinden, denn schließlich dürfte dies die Order sehr vereinfachen. Einen großen Laden, in dem man in diesen und den vielen anderen Serien schwelgen könnte, gibt es trotzdem nicht, dafür aber mehrere kleine, die sich punktuell ein paar Stoffe herauspicken. Sucht man also einen ganz bestimmten Stoff, muss man wohl im Internet bestellen, für inspirierte Spontankäufe ist aber immerhin ein wenig gesorgt.

Twinkle, twinkle little star...

Twinkletwinkle in der Kollwitzstraße ist eine der Adressen der Händlerliste bei Coats und für Spontankäufe aller Art sehr geeignet. Kein Stoffladen, sondern ein für die Gegend typisches Geschäft, in dem es so allerlei kleinen Einrichtungsklimbim wie Geschirr, pastellige Korbwaren, nostalgisches Kinderspielzeug, Möbelknäufe aus Porzellan, hübsche Kissenbezüge und Quilts und eben auch Stoffe gibt. Geschätzt etwa 30 bis 40 verschiedene, meist mit eher kindlichen Mustern und in sanften Farben – Michael Millers Raumfahrer und Äpfelchen, einige Westfalenstoffe, einiges von Moda, Rosen von (oder wie von) Cath Kidston. Die Webseite erwähnt auch noch Lecien und Alexander Henry. Dazu einige wenige Bänder aus der Bandweberei Kafka, gemusterte Schrägbänder und niedliches Nähzubehör wie altmodische Nadelsortimente im Pappmäppchen und sehr süße Nadelkissen mit Tieren von Rice. Das Stoffangebot wechselt immer mal - wenn ein Ballen zuende ist, kommt meistens etwas anderes. Ein sehr sympathischer Laden zum Stöbern, aber Stoffe spielen hier nicht die Hauptrolle.

Me & my mum

Laden Nummer zwei, Me and my mum, befindet sich nur ein paar Ecken weiter in der Marienburger Straße und sieht von außen so wenig nach Stoff aus, dass ich prompt vorbeigelaufen bin - Kindersachen werden im Gegensatz zu Einrichtungsklimbim nicht von meinem Schaufensterradar erfasst. Tatsächlich aber gibt es dort neben Kinderkleidung zweieinhalb große Regale, gut gefüllt mit Stoffen, die ich euch gerne gezeigt hätte, aber ich durfte drinnen nicht fotografieren.

Im Angebot ist sozusagen von jedem etwas – ein paar Stoffe von Hilco konnte ich wiedererkennen, ein paar Tildastoffe, etwas Amy Butler, ein bißchen Punkte, etwas Vichykaro, ein wenig Rosen, etwas Pilze, Rotkäppchen, Äpfel und so weiter, aber auch einige schöne japanische Stoffe, die ich so noch nirgends gesehen habe. Fast ausschließlich Baumwoll-Webstoffe, wenig Cord oder Velvet und fast kein Jersey (dafür aber einen ganz niedlichen bedruckten von Kokka). Zubehör wie bunte Webbänder, Schrägband, Zackenlitze und Anorakkordel gibt es auch. Muster und Farben sind größtenteils mädchenhaft-pastellig und kindgeeignet, ähnlich wie bei twinkletwinkle. Für Rosa-Verächterinnen wie mich also ein wenig unbefriedigend, aber ich habe noch einige Läden auf der Liste, und wenn ich es schaffe, sie nach und nach "abzuarbeiten", dann werde ich hier jeweils berichten.

Twinkletwinkle
Kollwitzstraße 52
10405 Berlin

Mo-Fr 12-20.00, Sa 11-17.00
Haltestelle: Senefelderplatz (U2)


Me and my mum
Marienburger Str. 2
10405 Berlin

Mo-Fr 11-18.00, Sa 11-16.00
Haltestelle: Marienburger Str. (M2) oder Senefelderplatz (U2) wie oben und knapp 10 Minuten Fußweg

Mittwoch, 9. September 2009

Fieser Fleece, eine Schmähung

Hier stimmt wirklich gar nichts: die Jacke ist dunkelblau.

Viele Leute nähen aus Fleece schöne Dinge und ziehen sie auch gerne an – ich finde Fleece fies. Oder zumindest den Fleece dieser Jacke, die ich gerade beim Sortieren des Kleiderschranks (wegen Herbst und so) wiederfand. Genäht wurde sie im August und September 2006, sogar gefüttert ist sie! Trotzdem nur dreimal getragen im Wald beim Pilzesuchen.

Nach dieser Jacke beschloss ich: Nie wieder Fleece!
Ich finde er verarbeitet sich äußerst bescheiden - jaja ich weiß, man muss nichts versäubern, aber dafür lassen sich die Nähte auch nicht ausbügeln, er lässt sich nicht verstürzen, nicht absteppen, es sei denn mit michelinmännchenähnlichen Wülsten. Das Tragegefühl finde ich auch bescheiden - jaja ich weiß, praktisch und so, aber dafür elektrisiert er die Haare, zieht Staub und Fusseln an wie ein Mikrofaserwischmopp, gibt ein wirklich nur fies zu nennendes Knirschgeräusch von sich und erinnert mich abwechselnd an gewalzte Watte oder an ein Plastikrecyclingprodukt. Von der stilistischen Nähe von Fleece zu Sportbekleidung und Verwandtem ganz zu schweigen. Einfach nicht mein Fall.

Weil ich gerade so schön in Fahrt bin, schmähe ich auch noch den Schnitt, Nr. 129 aus Burda 9/2003:
Die Jacke ist nicht tailliert, auch wenn die Schnittzeichnung danach aussieht.
Der große Kragen ist zu hoch und zu eng - er ließe sich nur bei einem Giraffenhals mit dem Reißverschluss bis oben schließen, halboffen und einmal umgeschlagen sitzt er auch nicht.
Die Taschen in den vorderen Teilungsnähten sind so klein, dass meine Hand nicht mal zur Hälfte reinpasst - soll das ein Witz sein, Frau Burda?

Diese Jacke wird hier nur noch so lange überleben, bis ich mir die geplante schöne Herbstjacke aus Cord genäht habe (ich ziehe das schröckliche Fleeceteil zwar nicht an, hebe es aber aus diversen "man weiß ja nie"-Gründen vorerst auf).

Ist es eigentlich fair, ein Material ein für alle Mal zu verdammen? Da so viele Menschen Fleece tragen, muss an dem Zeug doch etwas dran sein, das sagt ja die Logik. Nur was? Habe ich bisher einfach Pech gehabt? Was sagen denn die Fleece-Liebhaberinnen dazu? (Fleece-Kritikerinnen dürfen natürlich auch was sagen und fleißig mitschmähen.)

Montag, 7. September 2009

Sinfonie in Lila



Beim Nähen am Sonntagnachmittag fiel mein Blick auf den Wäscheständer, auf dem die jüngsten Projekte in verschiedenen Stadien der Vollendung lagen - und da fiel mir etwas auf...
Von meiner Vorliebe für Lila wusste ich bisher noch gar nichts. Muss ich mir Sorgen machen? Mehr Lila demnächst hier in diesem Theater.

Freitag, 4. September 2009

"Das ist ja mal Wasandres..."

Ein altes handgenähtes Knopfloch

... war immer die lobende Aussage meiner Oma, wenn sie mit neuen, noch etwas ungewohnten, aber für gut befundenen Dingen konfrontiert war, die sie nicht so schnell in Worte fassen konnte. SoWasandres ist auch diese famose Tasche aus einem Kaffeesack mit dem schicken Aufdruck "Thalia Extra", die mir Frauke im Tausch gegen das Mai-Blumenbild schickte (und eine Tüte Kaffee und eine gehäkelte Blumenkette und eine selbst gezeichnete Karte).

Besonders entzückt hat mich, dass ich im rotkarierten Futter ein altes handgenähtes Knopfloch entdecken konnte. Hier hatte Frauke geschrieben, dass dieser Stoff ursprünglich eine Bettwäschegarnitur war - als Hobby-Stoffarchäologin würde ich ja gerne mehr über die Geschichte dieser Bettwäsche erfahren. Jemand muss sie selbst genäht haben, der keine Nähmaschine mit Zickzackstich in Reichweite hatte und der sich die Mühe machte, Knopfloch für Knopfloch mit dickem weißem Baumwollgarn zu umnähen. Wer mag wohl alles darin geschlafen haben, und unter welchen Lebensumständen? Frauke hat die Knopfleiste jetzt ganz clever in das Taschendesign integriert, dahinter ist ein kleines Fach mit einem blau karierten Schlüsselband.

Das Blumenbild hats glaube ich viel besser bei Frauke als bei mir und ich hab jetzt eine wirklich sehr geräumige und stabile Tasche zum Einkaufen - vielen Dank Frauke!