gt16 Busch
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• Zur Konzeption von Sprache und Sprechen
– traditionelle Konzeptionen
– Multifunktionalität von Sprachhandlungen
– Multimodalität von Sprachhandlungen
– Dialogizität und Heteroglossie
– über Kategorisierungen
• Sprachrepertoire
• Spracherleben
• Sprachideologien
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Alltagsverständnis und traditionelle Konzeptionen von Mehrsprachigkeit
• L1 + L2 + L3 + …… Ln
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Grundannahmen – Multifunktionalität von Sprache
Jakobsons Modell
KONTEXT
(referentielle Funktion)
BOTSCHAFT
(poetische Funktion)
SENDER EMPFÄNGER
(emotive Funktion) KONTAKT (konative Funktion)
(phatische Funktion)
KODE
(metasprachl. Funktion)
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Grundannahmen – Multimodalität und Leiblichkeit
„Sprache und Worte tragen also in sich eine erste Bedeutungsschicht, die ihnen
unmittelbar anhängt, den Gedanken aber nicht so als begriffliche Aussage, sondern als
Stil, als affektiven Wert, als existentielle Gebärde mitteilt“ (Merleau-Ponty 1966: 216)
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Grundannahmen – Dialogizität, Heteroglossie
"Jedes Verstehen ist dialogisch. Das Verstehen steht der Äußerung gegenüber wie eine
Replik des anderen im Dialog. Das Verstehen sucht für das Wort des Sprechenden ein
Gegenwort." (Vološinov 1975: 167)
„Die Kategorie einer einheitlichen Sprache ist der theoretische Ausdruck der historischen
Prozesse sprachlicher Vereinheitlichung, ein Ausdruck der zentripetalen Kräfte der
Sprache. Die einheitliche Sprache ist nicht gegeben, sondern immer ein Projekt und steht
in jedem Augenblick des sprachlichen Lebens der tatsächlichen Redevielfalt
gegenüber.“ (Bachtin 1979: 164)
Heteroglossie (Redevielfalt):
• Multidiskursivität [raznorečie] – Verweise auf verschiedenartig konstruierte
sozioideologische Welten
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Sprachrepertoire
Sprachenportrait von Peter (ca. 17 J.)
• Ein Fuß ist deutsch und ein Fuß ist slowenisch, das sind die
beiden Säulen.
• Das Braune ist der Kärntner Dialekt und das Grüne mein
Heimatdialekt, also selsko. Es ist auch eins Mutter, eins
Vater. Beide Dialekte sind auch im Herzen.
• Und was hab ich noch? Eigene Kreationen und so, eigene
Mischungen, Imitationen, Kabarett (rechter Arm).
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Sprachrepertoire
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Spracherleben
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Spracherleben
– Zugehörigkeit/Ausgrenzung
– Sprachmacht/Ohnmacht
“Es war eine sehr hierarchisch strukturierte Klasse, die meisten Schülerinnen kamen
aus eher ,höheren Schichten‘ und gegenüber manchem ,landeshauptstädtischen
Hochdeutsch‘ kam ich mir mit meiner ländlichen Umgangssprache sehr unsicher und
ein wenig defizitär vor.”
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Spracherleben
– Zugehörigkeit/Ausgrenzung
– Sprachmacht/Ohnmacht
“Es war eine sehr hierarchisch strukturierte Klasse, die meisten Schülerinnen kamen
aus eher ,höheren Schichten‘ und gegenüber manchem ,landeshauptstädtischen
Hochdeutsch‘ kam ich mir mit meiner ländlichen Umgangssprache sehr unsicher und
ein wenig defizitär vor.”
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Spracherleben
– Zugehörigkeit/Ausgrenzung
– Sprachmacht/Ohnmacht
“Es war eine sehr hierarchisch strukturierte Klasse, die meisten Schülerinnen kamen
aus eher ,höheren Schichten‘ und gegenüber manchem ,landeshauptstädtischen
Hochdeutsch‘ kam ich mir mit meiner ländlichen Umgangssprache sehr unsicher und
ein wenig defizitär vor.”
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Spracherleben – leiblich-emotionale Dimension
„J’ai honte de moi tel que j’apparais à autrui. Et par l’apparition même d’autrui, je suis
mis en mesure de porter un jugement sur moi-même comme sur un objet, car c’est
comme objet que j’apparais à autrui.“ (J-P. Sartre (1943), L’être et le néant)
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Sprachideologien
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Sprachideologien – positioniert werden, sich positionieren
• wir werden als Subjekte konstituiert durch Diskurse, die uns ansprechen/anrufen und
uns sagen „wer wir sind“ (Macht der Kategorisierung)
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Niemand ist einsprachig …
• Einsprachigkeitsideologie
– „Sprachen“ konzipiert als voneinander getrennte Einheiten
– Sprecher_innen können einzelnen Sprachen zugeordnet werden
– Dichotomie „Erstsprache“ vs. „Zweitsprache“, „Herkunftssprache“ vs.
„Zielsprache“ etc.
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Sprachenportrait, Sprachrepertoire, Spracherleben
Italienisch
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belastende und bedro-
hende Sprachen:
• “Farsi“ - Krieg und Unruhe
(Iran)
• Türkisch (Genozid 1915/1916)
Alltagssprachen:
• “Persisch“
• Deutsch
Sprachen der Zuflucht und
Entlastung:
• Armenisch
• “Afghanisch“ (Dari)
• Arabisch
• Italienisch
• Religion, Literatur, Gefühle
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„Mehrsprachigkeit und Resilienz“
eine transdisziplinäre explorative Pilotstudie
Martin Aigner
Brigitta Busch
Luise Reddemann
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– Amati Mehler, J., et al. (2010). Das Babel des Unbewussten. Muttersprache und Fremdsprachen in der
Psychoanalyse. Gießen, Psychosozial-Verlag.
– Bachtin, M. M. (1979). Das Wort im Roman (1934-35). Ästhetik des Wortes. Hrsg. von Rainer Grübel.
Frankfurt/Main, Suhrkamp: 154-300.
– Bourdieu, P. (1990). Was heißt sprechen? Die Ökonomie des sprachlichen Tausches. Wien,
Braumüller.
– Busch, B. (2013). Mehrsprachigkeit Wien, UTB / Facultas.
– Derrida, J. (1997). Die Einsprachigkeit des Anderen oder die Prothese des Ursprungs. Die Sprache der
Anderen. A. Haverkamp. Frankfurt am Main, Fischer Taschenbuch Verlag: 15-41.
– Foucault, M. (2007). Subjekt und Macht. Ästhetik der Existenz. Schriften zur Lebenskunst. M. Foucault.
Frankfurt/Main, Suhrkamp: 81-104.
– Fuchs, T. (2011). Body Memory and the Unconscious. Founding Psychoanalysis. Phenomenological
Theory of Subjectivity and the Psychoanalytical Experience. D. Lohmar and D. J. Brudzinska. Berlin et
al., Springer: 86–103.
– Jakobson, R. (1979). Poetik. Frankfurt, Suhrkamp.
– Kristeva, J. (2002). From One Identity to an Other (1975). The Portable Kristeva. Updated Edition. Ed.
by Kelly Oliver. New York, Columbia University Press: 93-115.
– Merleau-Ponty, M. (1966). Phänomenologie der Wahrnehmung. Berlin, Walter de Gruyter.
– Sartre, J.-P. (1943). L’être et le néant. Paris, Gallimard.
– Silverstein, M. (1979). Language Structure and Linguistic Ideology. The Elements: A Parasession on
Linguistic Units and Levels. R. Cline, W. Hanks and C. Hofbauer. Chicago, Chicago Linguistic Society:
193-247.
– Spitzmüller, J. (2013). "Metapragmatik, Indexikalität, soziale Registrierung. Zur diskursiven
Konstruktion sprachideologischer Positionen." Zeitschrift für Diskursforschung 3: 263–287.
– Vološinov, V. (1975 [1929]). Marxismus und Sprachphilosophie. Grundlegende Probleme der
soziologischen Methode in der Sprachwissenschaft. Frankfurt/Main, Ulstein.
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