The Causative Voice in Hungarian and Croatian Language
The Causative Voice in Hungarian and Croatian Language
The Causative Voice in Hungarian and Croatian Language
Einer der vielfältigsten Problemkomplexe der verbalen Morphosyntax betrifft die in der
ungarischen sprachwissenschaftlichen Fachliteratur traditionell als Aktionsart bezeichneten
sogenannten Diathese, d. h. das Genus Verbi (gr. διάθεσις, engl. voice), die sich durch den
Rektionsrahmen des Verbs auch auf den syntaktischen Aufbau des Satzes auswirkt und
gleichzeitig dessen Transformationsfähigkeit umfasst. Die Kategorie Genus verbi einer
Verbform oder einer Verbalphrase kodiert das Verhältnis zwischen den semantischen und
grammatischen Rollen der verbalen Ergänzungen in der jeweiligen Satzkonstruktion; oder,
nach der Definition der akademischen Grammatik1, bezeichnet die Diathese das Verhältnis
zwischen dem Verb und dem sogenannten Agens. Im Hintergrund verbirgt sich ein
universales sprachliches Phänomen, nämlich dass der Agens bzw. der Patiens eines verbalen
Vorgangs/Zustands oder Geschehens nicht unbedingt als Subjekt realisiert werden, sondern
auch andere morphosyntaktische Formen erhalten können (Objekt, Adverb), bzw. dass,
andersherum betrachtet, das grammatische Subjekt des Satzes nicht unbedingt agieren muss,
sondern ihm auch andere, mit dem verbalen Inhalt verbundene, funktionale (thematische)
Rollen zukommen können (z. B.: A ház el lett adva. A kérdés megizzasztotta Lacit. A főnök
megvárakoztatta a munkásokat. Jutka a szomszéddal ásatja fel a kertet. [(›Das Haus wurde
verkauft.‹ ›Die Frage brachte Laci in Schweiß.‹ ›Der Chef ließ die Arbeiter warten.‹ ›Jutka
ließ den Garten vom Nachbarn umgraben.‹])). 2
Die Sprachen der Welt kennen insgesamt etwa 8 bis 9 Klassen der Diathese,3 von denen
jedoch nicht alle Typen in allen Sprachen vertreten sind. Darüber hinaus kann sich eine
gegebene Verbartfunktion in den einzelnen Sprachen auch in verschiedenen strukturellen
Formen manifestieren (z. B. wird eine der typischsten Formen der Passivkonstruktion im
heutigen Ungarischen und in den meisten indoeuropäischen Sprachen durch
1
Keszler 2000, 84.
2
Die Problematik der Diathese ist dadurch eindeutig mit den sogenannten thematischen Rollen der verbalen
Valenz verbunden (Agens, Thema, Experiens, Patiens usw.), die von Fillmore 1968 ausführlich herausgearbeitet
wurden.
3
Marković 2012, 205 gibt im Hinblick auf die Verbarten zusammenfassend folgende Kategorien an: passive,
antipassive, pseudopassive, mediale, reflexive, applikative, zirkumstantielle, faktitive, kausative usw.
Zusammensetzung aus der Kopulaform des Verbs sein und einer infiniten Form des
Hauptverbs gebildet, während die Passivform des Verbs im Lateinischen auch durch das
synthetische Verfahren der Derivation zustande kommen kann.) Dies hat weitreichende
Folgen für die syntaktischen und morphologischen Eigenschaften von Sätzen, die die gleiche
Bedeutung und die gleiche Verbart aufweisen, jedoch in unterschiedlichen Sprachen zustande
kommen. Aus dem oben Erörterten folgt, dass die Unterschiede zwischen solchen Sätzen je
nach Sprache auch dann ziemlich groß ausfallen können, wenn es sich um um Sprachen
handelt, die zu derselben Sprachfamilie oder zu demselben Sprachtyp gehören. Für die
angewandte Sprachwissenschaft bedeutet dies, dass die Genera Verbi in allen Bereichen des
Fremdsprachenunterrichts und der Übersetzungsarbeit eine große Herausforderung bereiten,
aber gleichzeitig auch zahlreiche wertvolle Forschungsthemen für theoretisch angelegte
Forschungen, wie für die kontrastive Sprachbeschreibung oder die Sprachtypologie bieten.
Die vorliegende Forschungsarbeit fokussiert auf ein (im Kontext der indoeuropäischen
Sprachen ziemlich einzigartiges) Genus Verbi der ungarischen Sprache, nämlich auf die
kausativen und faktitiven Verben. Dabei wird mit der kontrastiven Methode der Frage
nachgegangen, auf welche Art und Weise in einer begrenzten Verbgruppe kausative und
faktitive Bedeutungsinhalte in eine Sprache (in diesem Fall ins Kroatische) übersetzt werden
können, in der diese Aktionsart nicht vorhanden ist. Für die vorliegende Fallstudie wurde die
kroatische Übersetzung des Romans Die Glut von Sándor Márai mit dem Originalen
verglichen, wobei die Ausdrücke mit kausativen und faktitiven Verben bzw. ihre kroatischen
Entsprechungen analytisch erfasst worden sindwurden. Die aus der Ausgangssprache
gewonnenen und in einem Korpus erfassten kausativen und faktitiven Verben wurden nach
Abaffy4 in vier Klassen unterteilt, und die entsprechenden kroatischen Verbgefüge anhand
dieser Typologie analysiert. Unsere Arbeitshypothese, die einzelnen Untergruppen der
ungarischen faktitiven und kausativen Verben (also die mit direktem und diejenigen mit
indirektem Objekt) könnten auf unterschiedliche Weise ins Kroatische übersetzt werden, wird
durch die Ergebnisse bestätigt. Zweck der Arbeit war es vor allem, diese Entsprechungen je
nach Untergruppen darzulegen und zu typisieren, und dadurch ein detailreicheres Bild über
die kontrastiven Unterschiede der Funktionsweise beider Sprachsysteme im Bereich der
Kausativität bzw. Faktitivität zu gewinnen.
1.1 Die in der ungarischen Grammatik als Veranlassen oder Einwirken bezeichnete Kategorie
wird in der internationalen Forschungsliteratur (und nach ihr in der ungarischen generativen
4
Abaffy (1977.)
Sprachwissenschaft, wie z. B. bei Kiefer5) vorwiegend aus einem semantischen bzw.
logischen Ansatz heraus behandelt und dem Phänomen der Kausativität zugeordnet, die
wiederum in der Regel innerhalb der noch allgemeineren grammatischen Kategorie der
Transitivität behandelt wird. Die Kausativität wird dadurch eindeutig mit der Variabilität der
Verbvalenz verbunden6, da es z. B. im Englischen zahlreiche Beispiele dafür gibt, wie ein
ursprünglich monovalentes (intransitives) Verb durch Satztransformation (durch die
Einfügung eines Objektarguments) ohne morphologische Veränderungen kausativ gemacht
werden kann (They marched to the station → John marched them to the station.). Neben der
Erweiterung der Argumentstruktur werden in der Forschungsliteratur auch die transitiven
Formen als eine wichtige Erscheinungsform der Kausativität erwähnt, die ein suppletives
Verbpaar mit intransitiven Verbformen von ähnlicher Bedeutung bilden (dazu gehört z. B. das
letztere Glied des oft zitierten Verbpaars to die – to kill)7. Andere Autoren 8 behandeln bei der
Behandlung zusammen mit der Kausativität auch die Verben mit zwingender bzw.
manipulativer Bedeutung (sie umfassen den Bedeutungsgehalt: ›befehlen‹, ›verlangen‹, ›jm.
zu etwas ›bewegen‹ usw.), die praktisch als aktive Verben semantisch explizieren, wie das
Subjekt auf den das tatsächlichen Agens einwirkt, während das Verb für das eigentliche
Ereignis (je nach Struktur der jeweiligen Sprache) als Infinitiverweiterung oder in einem
untergeordneten Nebensatz (z. B. in der semantischen Struktur ›er/sie hat ihn/sie gebeten,
etwas zu machen‹) realisiert wird.
In der ungarischen Sprache können die kausativen und faktitiven Verben offensichtlich nur
mit einiger Mühe in diese Rahmen eingesetzt werden, und zwar nicht nur unbedingt wegen
ihres charakteristischen, agglutinationsbedingten Suffixsystems. Auch wenn nämlich einige
der oben erwähnten Verfahren im Ungarischen angewandt werden (Verbgefüge mit
manipulativen Verben sind ja möglich), bilden diese kein systematisches Paradigma, so wie
es beim ausgesprochen produktiven und automatisierten Bildungsmechanismus der verbalen
Kausativität mit dem Suffix –(t)At der Fall ist.9 Darüber hinaus postulieren die ungarischen
Veranlassungsverben (insbesondere die tatsächlichen Veranlassungsverben10) ein viel
spezifischeres Verhältnis zwischen dem grammatischen Subjekt und der Handlung, da bei
5
Kiefer (2007, :226–-230.)
6
u. a. Lyons (1977,: 488-–494).
7
Lyons (1977, :489.)
8
Batistić (1978, :76-–79).
9
Übrigens wird bei den oben erwähnten Verfahren zur Bildung kausativer Bedeutungsinhalte (z. B. den
Konstruktionen mit manipulativen Verben vom Typ »X führt Y herbei«) das Veranlassen nicht durch Elemente
ausgedrückt, die speziell für diese Rolle grammatikalisiert wurden, sondern durch ein nicht schematisiertes
Lexem mit vollem Begriffswert, das in einer semantisch motivierten Beziehung zum Hauptverb steht.
10
Vgl. MMNyR. (1961:2002)
ihnen das Subjekt nicht aktiv an der Handlung beteiligt ist, sondern vielmehr nur motivierend
und impulsgebend fungiert (im Gegensatz zum englischen Verb kill, das – bei einem Subjekt
mit dem semantischen Merkmal [+lebendig] – die aktive Beteiligung des Subjekts am
Grundereignis kodiert).
Drittens kommen kausative Bedeutungsinhalte im Ungarischen durch ein grammatisches
Morphem zustande, das die oben erwähnte »Nichthandlung« des Subjekts rein schematisch
kodiert, jedoch kein begrifflich erfassbares Element der Motivierung detailliert darstellt,
während die zwingend-manipulativen Verben als autosemantische, aktive Verben die Art des
Einwirkens des Impulsgebers auf den das Agens auch begrifflich vereindeutlichen. Daraus ist
also ersichtlich, dass die internationale Fachliteratur auch eine Vielzahl von Verben als
kausative bzw. faktitive Verben einstuft, die in der ungarischen grammatikwissenschaftlichen
Tradition als rein aktive transitive Verben und nicht kausative oder faktitive Verben (sogar
nicht einmal als Kausativaen) definiert werden. Dementsprechend definiert auch Batistić 11
Kausativität/Faktitivität in einem weiten Sinne, indem er nur den Objektbezug der Handlung
(also die Transitivität) bzw. ihren absichtlichen Charakter als Grundkriterien festlegt, und die
»Nichthandlung« des Subjektes, traditionell eines der wichtigsten Kriterien des Begriffs der
Kausativität bzw. Faktitivität im Ungarischen, überhaupt nicht betont.
1.2 Aus funktional-semantischer Sicht stellen die ungarischen kausativen und faktitiven
Verben zusammengesetzte Ereignisse dar, d. h. sie drücken die Verursachung eines
kompakten, abgeschlossenen Ereignisses durch einen nicht beteiligten Initiator aus. 12
Konstruktionen mit kausativer/faktitiver Verbform gelten also logisch als eigenartige
Ausdrücke mit zwei AgentenAgens, in denen der das tatsächliche Agens (das logische
Subjekt) in Akkusativ oder Ablativ steht, während der Initiator der Aktion zum
grammatischen Subjekt des Satzes erhoben wird. Obwohl die ungarischen
Grammatiklehrbücher die Suffixe -–(t)At als wichtigste Instrumente zur Bildung kausativer
und faktitiver Verben betrachten, sind sich die Theoretiker der Forschung einig, dass
Kausativität bzw. Faktitivität auf der semantisch-funktionellen Ebene zu deuten sind, und
keinesfalls nach morphologischen Kriterien (nach dem Vorhandensein bzw. nicht
Vorhandensein der Suffixe -(t)At).13 Der Grund hierfür ist, dass sich unter den kausativen und
faktitiven Verben auch solche befinden, die nicht mit den Suffixen -–(t)At gebildet werden,
bzw. dass nicht unbedingt alle mit diesen Suffixen gebildeten Verben als tatsächlich kausativ
oder faktitiv gelten. Das heißt, auch die Grenzen der Kausativität und Faktitivität sind (ebenso
11
Batistić (1978,: 75.)
12
Komlósy (2000, :217.)
13
Ebd., Komlósy (2000:23).
wie bei mehreren anderen Genera Verbi), keine festen Isoglossen, sondern vielmehr
verschwommene Übergänge,14 da zahlreiche Verben, bei denen die zur Bildung der
kausativen und faktitiven Verben erforderlichen Suffixe isoliert werden können, semantisch
nicht als kausative bzw. faktitive, sondern als einfache aktive Verben gelten (vgl. ung.
nyomtat (›drucken‹), tolat (›rückwärts fahren‹). Unter anderem trägt auch diese Assymmetrie
zwischen Form und Funktion dazu bei, dass einem in der ungarischen Grammatikographie
verschiedene Klassifikationen begegnen, die je nach Studie unterschiedliche Aspekte zu
dieser Frage (wie z. B. die Transitivität des Grundverbs, den Charakter des Initiators oder die
Art des Grundverbs usw.) berücksichtigen. 15
1.2.1 Die in den letzten Jahrzehnten erschienenen Grammatiken des heutigen Ungarischen
unterscheiden grundsätzlich vier verschiedene Aktionsarten (die aktive, die mediale, die
reziproke und die kausative), wobei in sprachhistorischem Kontext auch auf die zu Beginn
des vergangenen Jahrhunderts untergegangene Passivform hingewiesen wird. All diese vier
Verbarten kommen der Agglutination entsprechend durch Derivation zustande.16 Die heutige
Standardform des Kroatischen bietet hingegen eine ganz andere Skala von Aktionsarten an.
Außer den aktiven und medialen Verben gibt es zwar reziproke und passive Verbformen, die
Bildung der beiden letzteren zeigt jedoch eine starke morphologische Verflechtung. Hierzu
kommt, dass kausative und faktitive Verben im Kroatischen komplett fehlen. Dies legt bereits
den Schluss nahe, dass die Vermittlung der ungarischen kausativen und faktitiven Verben in
kroatischem Kontext auf mehreren Ebenen des Lernprozesses schwierig ist, und dass auch bei
Übersetzungen die gleichen Probleme auftauchen. Kausativität/Faktitivität werden übrigens
auch in den meisten europäischen Sprachen sehr verschieden ausgedrückt, und auch im
Vergleich zum Ungarischen zeigt sich ein abweichendes Bild. Im Lateinischen sowie in den
14
Zu den Überschneidungen zwischen den einzelnen Genera Verbi bzw. zur Polyfunktionalität der in den
einzelnen Verbartfunktionen typisierten Suffixe vgl. die praktisch angelegte Zusammenfassung von: Hegedűs
(2006).
15
Die Verflechtung zwischen faktitiven, kausativen und reinen transitiven Verben zeigt sich bereits in den
Terminologien in den Arbeiten, die im vergangenen Jahrhundert zur Kausativität/Faktitivität vorgelegt wurden
und die eine Vielzahl an Abstufungen berücksichtigten (vgl. dazu ausführlich: Abaffy 1977:, 9-–12). Móricz
Szilasi (1894:, 187-–191) sprach bereits vor der Jahrhundertwende von perfekten und nicht perfekten kausativen
und faktitiven Verben und reinen transitiven Verben, während die akademische Grammatik ein halbes
Jahrhundert später die Veranlassungswörter, zwar nach anderen Kriterien, ebenfalls drei Gruppen zuordnete:
(tatsächliche, nicht perfekte und scheinbare Kausativaen/Faktitivaen). (MMNyR 1960, :202-–203). Die
akademische deskriptive Grammatik (Keszler 2000:86) folgt einem anderen Konzept, indem sie feststellt, dass
von den Verben mit den Ableitungssuffixen –at/-et, -tat/-tet nur diejenigen als kausative/faktitive Verben gelten,
die aus aktiven Verben gebildet wurden.
16
Eine Ausnahme stellt die passive Diathese dar, die gerade weil die Derivation allmählich in den Hintergrund
rückt, durch ein Verbgefüge zustande kommt. Gegebenfalls können auch transitive aktive Verben (3. Person
Plural) mit unpersönlicher Satzstruktur (wie eine Art Parenthese) an der Passivbildung beteiligt sein. (z. B.
Ellopták a kocsimat.[ ›mein Auto wurde gestohlen‹, wortwörtlich ›sie haben mein Auto gestohlen‹]).
neolateinischen und germanischen Sprachen gibt es aus grammatikalisierten Verben oder
Hilfsverben auf analytischem Wege gebildete Verbgefüge wie z. B. er ließ sie einsperren oder
wir heißen sie aushalten, engl. she had/made tha car repaired, lat. fecit renovari usw., ihre
Anwendung und Distribution jedoch weichen von denen der ungarischen kausativen und
faktitiven Verben ab. Die meisten slawischen Sprachen drücken hingegen die Kausativität
anders aus, durch die enge genetische Verwandtschaft bedienen sie sich jedoch ähnlicher
Lösungen. Bei diesen Sprachen ist die die Kausativ- und Faktitivbildung nicht einmal in dem
Maße paradigmatisch wie in den oben erwähnten anderen indoeuropäischen Sprachen, d. h.
sie verfügen über keine distinktiven grammatischen Elemente (Suffixe bzw. Hilfsverben), die
gezielt dem Ausdrücken der Kausativität/Faktitivität dienen würden. In zahlreichen Fällen
bleibt die kausative bzw. faktitive Bedeutung auf der Oberfläche sogar völlig unmarkiert,
wobei nur aus den übrigen lexikalischen Elementen des Satzes aus dem Kontext oder anhand
pragmatischer Kenntnisse darauf geschlossen werden kann, dass das Subjekt des Satzes nicht
unmittelbar agiert.17 Auf die Kausativität/Faktitivität kann zwar im Kroatischen in
vereinzelten Fällen auch ein grammatikalisiertes Hilfsverb hinweisen, das vom Verb ›geben‹
(kroat. dati) abgeleitet ist (dali smo oprati tepih – wortwörtlich ›wir gaben [jemandem] den
Teppich zum Auswaschen‹), aber diese Ausdrucksart wird im Kroatischen nur sehr
geringfügig verwendet, und die Anzahl von Verben, die geeignet sind, mit dem obigen
Verfahren Kausativität/Faktitivität auszudrücken, ist sehr eingeschränkt.18 Da die slawischen
Sprachen strukturell sehr ähnlich funktionieren, werden bei der Untersuchung der
Kausativität/Faktitivität auch bei anderen slawischen Sprachen vermutlich ähnlich
komplizierte Zusammenhänge dargelegt.
1.2.2. Aus diesem Grund bildete die Frage, wie die Kausativität/Faktitivität des Ungarischen
in anderen Sprachen wiedergegeben werden kann, bereits füher den Gegenstand von
Forschungen. In der vorliegenden Arbeit soll nur auf die Arbeiten mit slawistischen Bezügen
hingewiesen werden. Árpád Mihalovics 19 legte zweimal eine detaillierte Analyse zu
russischen (und französischen) Entsprechungen der faktitiven und kausativen Verben vor,
17
Z. B. lautet die wortwörtliche Übersetzung des kroatischen Satzes U rujnu sam operirao nos [›ich operierte
mir die Nase im September‹], d. h. es handelt sich formal um eine aktive Diathese, wobei der Zuhörer das
Prädikat aufgrund der eigenen pragmatischen Kenntnisse doch in faktitiver Bedeutung dekodiert: Man lässt sich
ja in der Regel in einer speziellen Einrichtung von einem Experten operieren und tut es nicht selbst. Mihalovics
(1977, 1980) und Arsenijević (2010) führen zahlreiche ähnliche Beispiele aus dem Russischen und dem
Serbischen an.
18
Zur funktionalen Verteilung der dati+Infinitiv-Konstruktionen vgl. Žagar Szentesi (2011).
19
Mihalovics (1977, 1980.)
während Nada Arsenijević 20 die Möglichkeiten ihrer Wiedergabe im Serbischen unter die
Lupe nahm. Diese Studien beruhen auf ähnlichen, aufgrund belletristischer Texte erstellten
Korpora, folgen jedoch in der Analyse einem formalen Prinzip, indem sie alle mit den
Suffixen -–(t)At gebildeten ungarischen Verben und ihre Entsprechungen nach den gleichen
Kriterien untersuchen, wobei die sehr relevante grammatische und funktionale Verteilung der
ungarischen Verformen außer Acht gelassen wird. In der vorliegenden Arbeit wird diese
Frage einerseits aus funktionaler Sicht betrachtet, d. h. die funktional zwar
kausativen/faktitiven, semantisch aber vollkommen lexikalisierten Ausdrücke, bei denen die
kausative/faktitive Funktion für das heutige Sprachgefühl nicht mehr zu erkennen ist (wie
z. B. das Verb mulat (›sich amüsieren‹, ›sich unterhalten‹)), werden nicht berücksichtigt – der
Übersetzungsprozess besteht ja in der Äquivalenzfindung für die semantischen Inhalte der
Ausdrücke, und ein Vergleich ausschließlich nach formalen Merkmalen würde logischerweise
kein glaubwürdiges Bild zur statistischen Häufigkeit einzelner übersetzerischer Operationen
liefern. Andererseits werden dabei die ungarischen Verbformen, die tatsächlich Einwirken
oder Veranlassen ausdrücken, einer feineren Kategorisierung unterworfen, indem sie in zwei
Untergruppen, nämlich in kausative und faktitive Verben geteilt und die Möglichkeiten der
zielsprachlichen Wiedergabe je nach Gruppen untersucht werden. Wir sind davon
ausgegangen, dass sich die Wahl zwischen den Übersetzungsverfahren nach der jeweiligen
Untergruppe der kausativen/faktitiven Verben richtet, Ddie gewonnenen Ergebnisse scheinen
diese Arbeitshypothese zu bestätigen. Unseres Erachtens kann dadurch auch die systematische
kontrastive Untersuchung der Kausativität auf einer zuverlässigeren Basis durchgeführt
werden.
1.3 Die »Inkonsequenz« zwischen Form und Bedeutung bei der Kausativität in der
ungarischen Sprache macht die Frage der untersuchten Aktionsart an sich schon kompliziert.
Aus diesem Grunde müssen vor einem kontrastiven Vergleich diese inhärenten
Vielfältigkeiten und inneren Widersprüche erfasst und erörtert werden.
Die Kausativität/Faktitivität im Ungarischen ist ein transparent funktionierendes Paradigma,
das in der Regel »voraussagbar« ist, d. h. in pragmatisch begründeten Fällen erscheint auch
auf der Ausdrucksebene ein gut abgrenzbares Wortbildungselement (in der Regel die Suffixe
-–[(t])At, seltener –-Aszt oder -ít), die nur die eine Funktion haben, dem Verb ( beim Suffix –-
ít meistens dem Adjektiv) die kausative/faktitive Bedeutung zu verleihen. Da jedoch das
20
Arsenijević (2010).
System, wie bereits erwähnt, durch viele innere Assymmetrien und Komplexitäten durchsetzt
ist, werden zu Beginn der Arbeit diese zu behandeln sein.
a) Wie bereits oben erwähnt, sind die Morpheme zum Ausdrücken der
Kausativität/Faktitivität im heutigen Ungarischen auch in Verbformen aufzufinden, deren
heutige Bedeutung sehr weit entfernt von der Kausativität ist (z. B. vágtat, mulat, tolat
([›galoppieren‹, ›sich amüsieren‹, ›rückwärtsfahren‹)]). Der semantische Gehalt folgt also
nicht aus der Bedeutung und Funktion der Morphemelemente, das Vorhandensein der
Suffixe der Kausativität/Faktitivität ist nur formal, und die Bedeutung der Verbform hat
sich als ihre aktive Diathese lexikalisiert. Zu dieser Gruppe gehören auch die für das
heutige Sprachgefühl als aktiv empfundenen Verbformen, bei denen nur das Suffix
transparent ist, der Verbstamm jedoch, dessen Bedeutung schon längst verblasst ist,
alleine nicht gebraucht wird zaklat, firtat (›belästigen‹, ›nachhaken/bohren‹).
b) Die kausativen bzw. faktitiven Verbformen können im Ungarischen mit verschiedenen
Suffixen gebildet werden, und für Nichtmuttersprachler ist es nicht leicht zu
prognostizieren, wann welche Suffixen zu verwenden sind (z. B. wieso beim Verbstamm
nő (›wachsen‹, u.i.a.) die Form növeszt (›wachsen‹, u. h. a.) und nicht *növet richtig ist,
oder wieso aus dem Verbstamm áll (›stehen‹) beim Einwirken oder Verursachen von
außen állít (›stellen‹) und nicht die zwar vermeintlich paradigmatische, jedoch unrichtige
Form *áll(t)at zustande kommt.
c) Wie wir später noch sehen werden, gibt es im Ungarischen aus logisch-semantischer
Sicht zwei Arten der Kausativität (Faktitivität und Kausativität), deren typische Suffixe
innerhalb derselben Verbform sogar gleichzeitig auftauchen können (fagy+aszt+at
[(›einfrieren lassen‹]), ébr+eszt+et ([›wecken lassen‹)], híz+lal+tat ([mästen lassen)]). Aus
aktiven Verben (fagyaszt, hízlal ([›frieren‹, o. h. o., ›mästen‹)]), die aus medialen
Verbformen (fagy, hízik ([›frieren‹ o. i.o, ›masten‹)]) gebildet wurden, kann also durch
eine weitere Ableitung das in den älteren Grammatiklehrbüchern als authentisches
Kausativ genannte Faktitiv gebildet werden. Dies macht das System der kausativen bzw.
faktitiven Verben für Nichtmuttersprachler sehr kompliziert.
Zur Komplexität der Frage tragen zusätzlich die Verbformen bei, die, je nach den
semantischen Merkmalen des Arguments, entweder eine kausative oder aber eine faktitive
Bedeutung haben. Dies erfordert u. a. beim Übersetzen viel Aufmerksamkeit, weil die
unterschiedlichen Konzepte in der Zielsprache möglicherweise unterschieldliche
Lösungen erfordern (leülteti a vendégeket (›er bittet die Gäste, Platz zu nehmen‹) ~
leülteti a féléves kisbabát (›er setzt das sechs Monate alte Baby hin‹), sarokba állította
Petit (›er stellte Peti in die Ecke‹) ~ állítsd a sarokba a vázát (›stelle die Vase in die
Ecke‹)).
1. Um die durch die Übersetzungsanalyse des Romans Die Glut von Sándor Márai
gewonnenen Korpusdaten systematisieren zu können, müssen anhand der Studie von
Abaffy 21 zur Kausativität/Faktitivität im Ungarischen zunächst die Untergruppen der mit
den Suffixen -–(t)At gebildeten Verben behandelt werden, die eine tatsächliche
Kausativität ausdrücken. Dabei wird auch darauf eingegangen, nach welchen Kriterien
diese Untergruppen voneinander abgegrenzt werden können.
Der Ausgangspunkt für Abaffy war die umfassende Studie von Sándor Károly 22 zur
Transitivität des Verbs, deren Typologie in vervollkommneter Form zur Basis seiner bis
heute aktuellen Klassifizierung der transitiven Verben wurde. Einer der Vorteile von
Abaffys Typologie ist, dass durch sie endlich alle Verbtypen berücksichtigt werden
konnten, die im Ungarischen traditionell zu dieser Aktionsart gerechnet werden.
Die folgende Tabelle veranschaulicht Abbaffys Typologie:
Wie die Tabelle zeigt, unterscheidet Abaffy zwischen Veranlassungsverben mit direkter und
indirekter Transitivität. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen besteht darin, dass
21
Abaffy (1972.)
22
Károly (1967).
beim ersteren das Subjekt nicht aktiv an der Aktion beteiligt ist, während bei der direkten
Transitivität irgendeine Subjektaktivität nachzuweisen ist. Darüber hinaus werden in beiden
Hauptgruppen weitere Untergruppen je nach Faktitivität und Kausativität aufgestellt.
Die zwei beiden Hauptgruppen unterscheiden sich durch den semantischen Charakter des
Grundverbs: das Grundverb der indirekten Kausativität ist ein transitives oder transitiv
verwendetes Verb, das eine beabsichtigte Handlung (ír ~ -írat ([›schreiben‹ – ›schreiben
lassen‹)]) bzw. eine automatische Wahrnehmung (sejt ~ -sejtet ([›ahnen‹ –- ›ahnen lassen‹)])
bedeuten kann. Das Grundverb der direkten Kausativaen hingegen ist jeweils ein intransitives
aktives oder mediales Verb (fut ~ futtat, ég ~ éget [(›laufen‹- ›laufen lassen‹, ›brennen-
verbrennen‹])). Aus aktiven Verben werden also, wie aus der Tabelle ersichtlich, immer
Faktitivaen gebildet, und aus den medialen Verben, die ein Geschehen ausdrücken,
Kausativaen. (Diese Typologie kann durch weitere satzsemantische und syntaktische Faktoren
wie den grammatischen Kasus des Subjekts des Grundverbs oder ob das Subjekt lebendig
oder nicht lebendig ist, verfeinert werden. Für unsere Korpusanalyse sind diese Aspekte
jedoch irrelevant).
3.2.1. Bei der Übersetzung der indirekten faktitiven Verben ins Kroatische (vgl. írat –
›schreiben lassen‹, d. h. Faktitivbildung aus intentionalen, aktiven transitiven Verben) wandte
die Übersetzerin vier Übersetzungssverfahren an:
a) dati + Infinitivkonstruktion: bezáratta ~ dao ju je zatvoriti (er ließ es einschließen bzw.
zum Einschließen übergeben;) es wurde zum Einschließen übergeben)
b) Der Verbstamm ist von gleicher oder sehr ähnlicher Bedeutung, aber das Verb hat eine
aktive (und kausative) Diathese: neveltettem ~ uzgajao sam (ich habe ihn/sie erzogen),
c) Untergeordneter Nebensatz, mit einem Befehlsverb im entsprechenden Hauptsatz, das die
Art des Einwirkens/Initialisierens ausdrückt, das Hauptverb wird mit einem konjunktiven
Bindewort (mit der Bedeutung ›dass‹) in den Nebensatz versetzt: megeskette ~ tražio je da se
zakune (er/sie bat ihn/sie, dass er/sie schwört.),
d) Eine vom ungarischen Textoriginal abweichende lexikalisch-syntaktische Konstruktion:
nem tudtam hozatni ~ nisam uspjela naručiti (es gelang mir nicht, zu bestellen).
(4) sokáig neveltettem itt (...) ezt a (...) növényt ~ dugo sam uzgajao ovdje (...) tu (...)
biljku
(5) ezt a könyvet (...) te hozattad és adtad kölcsön Krisztinának ~ kako si tu knjigu (...)
ti donio i dao Kristini
(6) te vagy az, aki hangjegyeket másoltattál apjánál ~ ti si prepisivao note njezinu ocu
Trotz des identischen semantischen Charakters der Grundverben wird sich die Übersetzerin in
den ersten zwei Beispielen aus ästhetisch-stilistischen Gründen entschlossen haben, das
Hilfsverb dati, durch das die Faktitivität eindeutig zum Ausdruck gekommen wäre,
wegzulassen. Im Beispielsatz (4) handelt es sich um einen mehrfach zusammengesetzten Satz,
den die Einfügung eines zusätzlichen Hilfsverbs in den prädikativen Teil des betroffenen
Nebensatzes unnötig verkomplizieren würde. Im Beispielsatz (5) finden wir ein mehrfaches
Prädikat, dessen erste Komponente (donio si) der Bedeutung »bringen lassen« entspricht,
während das andere (dati, d. h. geben) in der Bedeutung »borgen« verwendet wird. Es handelt
sich hier also um die ursprüngliche volle Bedeutungsfunktion derselben Verbform, aus der
sich durch Grammatikalisierung die Hilfsverbbedeutung entwickelte, die dem Ausdruck der
Faktitivität dient. Die Übersetzerin nahm also, um Wortwiederholungen zu vermeiden, das
Weglassen der faktitiven Bedeutung in Kauf, was jedoch einen Bedeutungsverlust zur Folge
hatte. Ferner sind die Entsprechungen unter (6) bemerkenswert. Hier handelt es sich nämlich
um ein weniger überlegtes Weglassen des faktitiven Bedeutungsgehalts, dem womöglich ein
Interpretationsfehler zugrunde liegt und, anders als im Beispielsatz (5), zu einer drastischen
Änderung der ursprünglichen Bedeutung des Ausdruckes führt.
Im ungarischen Satz ist das Subjekt typischer Initiator, d. h. er kopiert nicht in der Werkstatt
seiner zukünftigen Frau, sondern er lässt es jemand anderen tun, was wie folgt ins Kroatische
übersetzt wurde: ›du hast Noten für ihren Vater kopiert‹. Hier wurde die Handlungssstruktur
unbegründet vereinfacht, wobei außer Acht gelassen wurde, dass das Subjekt nicht selbst
agierte, und dass der Vater nicht der Benefizient, sondern ein zirkumstanzieller Akteur ist (das
Kopieren erfolgt zwar in seiner Werkstatt, aber nicht für ihn!). Das Beispiel ist auch aus
sprachwissenschaftlicher Sicht interessant, weil es deutlich vor Augen führt, dass die
morphosyntaktischen Veränderungen bzw. die Umstrukturierung der prädikativen
Erweiterungen, die sich durch die Verwendung von kausativen bzw. faktitiven Verben
ergeben, zu massiven Interpretationsstörungen führen können. Darauf gilt es u.a. im
Sprachunterricht näher einzugehen.
Bei den indirekten faktitiven Verben ist das Modell c) (Befehlsverb + untergeordneter
Nebensatz) durch ein einziges Beispiel vertreten:
(8) Mintha hetvenöt éven át nem csináltatott volna új ruhát. ~ Kao da je sedamdeset
pet godina nosila uvijek istu odjeću.
(9) nem tudtam a városból hozatni ~ nisam uspjela naručiti iz grada
In der kroatischen Übersetzung des Beispielsatzes (8) bekommt der Bedeutungsgehalt des
ungarischen Satzes einen nicht nur grammatisch, sondern auch konzeptuell radikal
abweichenden Charakter: die im Ungarischen vermittelte Bedeutung ›nem csináltatott új
ruhát‹ (›sie ließ sich kein neues Kleid anfertigen‹) wird im Kroatischen als ›sie trug dasselbe
Kleid‹ ausgedrückt. Selbstverständlich werden bei der Übersetzung von belletristischen
Texten andere Äquivalenzprinzipien geltend gemacht als bei nicht-belletristischen Narrativen,
und meistens kann die Übersetzung (sogar die eines einzigen Satzes) nur unter
Berücksichtigung der allgemeineren sprachlichen Beschaffenheit des Textes, seiner Motive
und seiner kompositorischen Merkmale als »zutreffend« gewertet werden. Dies bedeutet also,
dass sich die Bedeutung von Ausdrücken in Folge einer übersetzerischen Entscheidung unter
Umständen in dem Maße ändern kann, wie das auch im Beispielsatz (8) der Fall ist,
vorausgesetzt, dieses Verfahren fügt sich harmonisch in das Gesamtkonzept der
Textproduktion ein. Betrachten wir jedoch das obige Satzpaar ohne den Kontext, sehen wir,
dass sich der ungarische und der kroatische Satz in ihren Bedeutungen stark unterscheiden24,
was vor allem auf das Weglassen der Faktitivität zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass den
faktitiven Verbformen in der Welt des ausgewählten Romans eine wichtige Funktion
zukommt, handelt es sich doch um ein aristokratisches Milieu, in dem die kausativen und
faktitiven Verbformen über ihre rein erzählende Funktion hinaus auch zur Charakterisierung
der Figuren beitragen, eine Möglichkeit, die im zielsprachlichen Beispielsatz genutzt worden
ist.
Im Satz (9) erscheint die semantische Modifizierung der Verbalphrase etwas gerechtfertigter.
Die Verwendung des Verbgefüges mit dati, was den Stil des Textes schon sowieso
umständlich, wenn nicht holperig macht, wäre hier schon wegen des Vorhandenseins des
Modalverbs tudott (›konnte‹) keine glückliche Wahl gewesen, da die zwei Hilfsverben die
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Bereits aus dem Grund, dass die kroatische Übersetzung den Bedeutungsinhalt wiedergibt, sie hätte dasselbe
Kleid 75 Jahre lang getragen, während das Original vermittelt, dass der Agens des Satzes sich 75 Jahre lang kein
neues Kleid anfertigen ließ, was auch die Möglichkeit offen lässt, dass das Subjekt nur die vorhandenen Kleider,
aber nicht unbedingt ein einziges benutzte. Diese Interpretation ist auch deshalb richtig, weil es im Roman
tatsächlich darum geht.
Informationsstruktur des Satzes überlastet und zum Stilbruch geführt hätten. Trotz der
abweichenden Übersetzung konnte die Übersetzerin das faktitive Moment im Verb hozatni
(›bringen lassen‹) augenscheinlich durch die Verwendung des aktiven Verbs naručiti
(›bestellen‹) rüberbringenvermitteln. Dieses Verb impliziert durch seine Bedeutung und seine
dreifache Valenz von vornherein mehrere Aktanten, was bereits ankündigt, dass das Subjekt
am Vollzug der Zielaktion (d. h. an der Anlieferung der im vorangegangenen Satz erwähnten
Krebse) nicht beteiligt sein wird.
3.2.2. Bei den aus intransitiven aktiven Verben gebildeten Faktitivaen mit direktem Objekt
bewegen sich die kroatischen Übersetzungsvarianten auf einer engeren Skala. Der auffälligste
Unterschied ist, dass die Übersetzungslösung mit dem Hilfsverb dati beinahe vollständig fehlt
(vgl. Modell a) bei der vorangegangenen Verbgruppe). Dies ist darauf zurückzuführen, dass
die direkte Faktitivität im Gegensatz zur indirekten schon von vornherein der aktiven verbalen
Diathese nahesteht, da es hier kein faktitives Subjekt gibt, sondern auch das grammatische
Subjekt des Satzes ist in irgendeiner Form an der von ihm veranlassten Handlung beteiligt ist.
Da die Faktitivität dieser Ausdrücke wenig ausgeprägt ist, bedarf es in der kroatischen
Übersetzung keiner (ohnehin umständlichern) Hilfsverbgefüge.
Bei der Mehrheit der acht Beispiele dieser Gruppe lassen sich die Bedeutungen der
ungarischen faktitiven Verbformen gewissermaßen schon als lexikalisiert betrachten, es
handelt sich dabei vorwiegend um stark transitive Vrerbinhalte, die sich jedoch vom Begriff
der Faktitivität bereits entfernt haben. Demnach sind die Bedeutungen, die sich aus dem
Grundverb und dem Suffix der Faktitivität ergeben, nicht vollständig transparent, sie spiegeln
die ursprünglichen Bedeutungen dieser Elemente höchstens nur geringfügig wider. Für eine
sprachliche Interpretation (und so auch für den Übersetzer) ist natürlich nur der finale
semantische Gehalt des Verbs relevant, so dass das faktitive Moment auch aus der kroatischen
Entsprechung der Verbkonstruktion weggelassen werden kann, ohne dass die Satzbedeutung
beeinträchtigt wird.
Die angewandten Übersetzungsverfahren lassen sich grundsätzlich in zwei Schemata
gruppierenzuordnen: bei dem einen wird ein Grundverb mit abweichender Bedeutung
verwendet, das den Satz nicht selten auch semantisch umstrukturiert, bei dem anderen wird
eine Hypotaxe mit einem Befehlsverb konstruiert.
a) Einige Beispiele für die Übersetzung direkter faktitiver Verbformen mit abweichender
lexikalisch-syntaktischer Struktur:
(10) megvitatja mindazokkal, akik idejuttatták ~ raspraviti sa s vima koji su ga
dotjerali do toga
(11) Szemembe nézett, mintha vallatna. ~ Gledala me u oči, kao da me ispituje.
(12) Hasztalan járatta az európai folyóiratokat. ~ Uzalud su mu stizali europski
časopisi.
Im Beispielsatz (10) wird das Verb idejuttatták (›in diese Lage bringen‹) mit dem Verb
dotjerali (›treiben‹, fig. ›zu etwas bewegen‹) übersetzt, das auf tjerati (›treiben, jagen‹)
zurückgeht; im Beispielsatz (11) wird das ungarische Verb vallat (›verhören‹), mit dem Verb
ispituje (›befragen‹, ›ermitteln‹) wiedergegeben, das seinerseits aus dem Substantiv ispit
gebildet wurde. Die Bedeutung der ungarischen und kroatischen Verbformen ist identisch, der
Unterschied zwischen den zwei beiden Sprachen besteht in der Art der Konzeptualisierung
der einzelnen Bedeutungen: im Ungarischen entsteht die lexikalisierte Bedeutung in beiden
Fällen durch die Ergänzung eines medialen Verbs mit den Suffixen –-(t)At, während es sie
sich im Kroatischen um ein anderes Derivationsverfahren (Präfigierung bzw. verbalisierte
Substantive) erfolgtergibt. Beispielsatz (12) zeigt eine radikalere Änderung, die sich auch auf
die Syntax auswirkt: Der Ausdruck lapokat járat (›Zeitschriften abonniert haben‹) wird im
Kroatischen mit einem Konstrukt mit der Bedeutung ›es kamen für ihn Zeitschriften an‹
wiedergegeben , d. h. ein formal faktitives ungarisches Verb wird mit einem Zustandsverb mit
medialer Diathese ins Kroatische übersetzt. Im Gegensatz zum Beispielsatz (8) wurde hier die
Informationsstruktur des Satzes trotz der scheinbar ebenfalls massiven lexikalisch-
syntaktischen Umstrukturierung nicht wesentlich verändert. Zwar wird einerseits das Subjekt
im Originaltext durch das Verb járat (›abonniert haben‹, wortwörtlich ›regelmäßig kommen
lassen‹) aktiver, als Initiator eines Vorgangs, postuliert, aufgrund unserer Kenntnisse über die
Wirklichkeit wissen wir jedoch, dass es sich hier um eine recht einfache und nicht besonders
dynamische Handlung handelt. Andererseits stellt die in der Übersetzung erfolgte
Transformation, die dieselbe Person als einfachen Benefizienten ausweist, ebenfalls eine sehr
ähnliche Geschehnisstruktur dar, zumal der Ausdruck stizali mu časopisi (›es kamen für ihn
Zeitschriften an‹) in diesem Kontext auch voraussetzt, dass der Vorgang von einem Initiator
mit dem semantischen Merkmal ›lebend‹ bereits früher eingeleitet worden ist. Auf der
Rezeptionsebene der Leser taucht also sowohl in der Original-, als auch der Zielsprache eine
Ereignisreihe mit doppelter Komponentenstruktur auf, die aus einem Herbeiführen (dem
Abonnieren, Bestellen der Zeitschriften) und einem Folgevorgang (dem regelmäßigen
Eintreffen der Zeitschriften) besteht.
b) Bei den faktitiven Verben des Originaltextes mit direktem Objekt lässt sich ein
hypotaktischer Satzbau mit einem Befehlsverb nur an einer Stelle belegen:
(13) Konrád megeskette Henriket, hogy tisztán élnek. ~ Konrad je tražio od Henrika
da zakune da će oni živjeti čisto.
Der hervorgehobene kroatische Ausdruck bedeutet: ›Konrad bat Henrik dass er schwört / zu
schwören‹, d. h. die Übersetzerin verzichtete nicht auf das explizite Ausdrücken der
Faktitivität, sie gab sogar die Art der Motivation an. In diesem Falle ist es also die kroatische
Übersetzung, die mehr Zusatzinformationen über den Ablauf der Geschehnisse enthält.
Relevant ist dieses Mehr an Informationen jedoch trotzdem nicht, setzen doch auch die
ungarischen Leser aufgrund ihrer pragmatischen Vorkenntnisse in ihrer Interpretation eine
vorangehende Handlung im Sinne von ›bitten‹ seitens des Subjektes voraus.
3.2.3. Bei den 27 kausativen Verben des Korpus zeugen die Übersetzungslösungen von einer
noch geringeren typologischen Vielfalt, indem da sie sich sich im Grunde genommen auf
zwei Kategorien beschränken. Der eine Grund dafür ist, dass alle ausgangssprachlichen
Verben dieses Typs eine direkte Kausativität ausdrücken (d. h. Kausativaen des Typs sejtet
(›ahnen lassen‹) sind im Korpus praktisch nicht vertreten). Dementsprechend ist diese Gruppe
auch inputseitig homogener als die unter 3.2.1. und 3.2.2. behandelten Faktitivaen.
Beide Typen der Übersetzungsverfahren sind uns bereits bei den faktitiven Verben begegnet:
bei dem einen haben die kroatischen Entsprechungen die gleiche Bedeutung wie die
Ausdrücke des Originaltextes, allerdings ohne faktitiven Gehalt; beim anderen Verfahren
handelt es sich hingegen um Ausdrücke, die sich sowohl lexikalisch als auch syntaktisch
wesentlich vom Original abweichen.
a) Bei den meisten Kausativaen im Korpus wird das erste Verfahren angewendet, indem
die entsprechenden ungarischen Verformen trotz ihrer –-(t)At-Suffixe funktional eher
als aktive transitive Verben gelten. Daher liegt es also nahe, dass die kroatische
Übersetzung auch mit solchen Verben arbeitet, wie auch folgende Stellen belegen:
4. 1. Zusamenfassend lässt sich feststellen, dass die drei Typen von Kausativaen und
Faktitivaen im Roman von Sándor Márai mittels vier Verfahren ins Kroatische übertragen
wurden: a) Hilfsverb dati+Infinitiv; b) Hypotaxe mit einem sogenannten Befehlsverb im
Hauptsatz; c) Verb mit identischem lexikalischem Stamm ohne kausativen/faktitiven
Bedeutungsgehalt; d) eine von der ungarischen abweichende lexikalisch-syntaktische
Struktur. Im Hinblick auf das ganze Korpus kommt zweifelsohne das Verfahren c) am
häufigsten zum Einsatz d. h. die Übersetzung mit einem Verb mit identischem oder sehr
ähnlichem lexikalischem Stamm, jedoch ohne kausativen/faktitiven Bedeutungsgehalt.
Allerdings dominiert dieses Verfahren dort am deutlichsten, wo im Ausgangssatz ein
Kausativ mit direktem Objekt vorhanden ist (mozgat ›bewegen‹, szellőztet ›belüften‹, usw.).
Von den vier Modellen wurde am wenigsten von der dati+Infinitiv-Konstruktion Gebrauch
gemacht. Da einerseits diese Konstruktion mit ihrer strukturellen Komplexität den Satz leicht
unnötig verkomplizieren kann, und andererseits auch im Standardkroatischen sehr selten zur
Verwendung kommt, ist die Zurückhaltung der Übersetzerin, was diese Form betrifft,
durchaus verständlich. Alle drei Übersetzungslösungen mit dem Hilfsverb dati kommen bei
den ungarischen Faktitivaen mit indirektem Objekt, die die stärkste Stufe der Faktitivität
darstellen, vor; in diesen Fällen hat sich die Übersetzerin trotz der komplizierteren Struktur
für die funktional eindeutigste Art und Weise der Wiedergabe der Faktitivität entschieden.
Ebenfalls sehr geringfügig vertreten sind die Lösungen mit einem Befehlsverb (auch sie
lassen sich ebenfalls nur dreimal belegen). Der Grund dafür dürfte sein, dass hierbei die Art
und Weise, wie das kausative/faktitive Subjekt auf den das tatsächlichen Agens einwirkt, in
der Zielsprache eindeutig expliziert ist, so dass solche Sätze zwingenderweise zusätzliche
Informationen tragen müssen, was jedoch für eine korrekte Übersetzung nicht immer
erwünscht ist.
Im Vergleich zu den drei anderen Verfahren zeigen die vom Ungarischen abweichenden
lexikalisch-syntaktischen Strukturen nur eine mittlere Häufigkeit, sind jedoch gleichmäßig auf
die Untergruppen der Veranlassungswörter verteilt: sie kommen im Korpus sowohl als
Entsprechungen von Faktitivaen mit indirektem und direktem Objekt als auch als
Entsprechungen von Kausativena mit direktem Objekt vor.
4.2. Für die einzelnen Abaffyschen Untergruppen der Kausativität bzw. Faktitivität und die
entsprechenden typischen Übersetzungsverfahren lässt sich feststellen, dass die Verben, die
im Ungarischen als Faktitivaen mit indirektem Objekt gelten, die vielfältigsten
Übersetzungsmuster hervorrufen. Wie unsere Korpusdaten zeigen, sind bei diesen
ausgangssprachlichen Verben alle vier Übersetzungsverfahren beinahe gleichmäßig vertreten.
Bei den wenigen Faktitivaen mit direktem Objekt dominieren eindeutig die Übersetzungen
mit abweichenden lexikalisch-syntaktischen Strukturen. Bei den faktitiven Verben mit
direktem Objekt kommt jedoch das Verfahren c), also die Übersetzung mit einem ähnlichen
lexikalischen Stamm ohne kausativen/faktitiven Bedeutungsgehalt am häufigsten zum
Einsatz.
Obwohl bei der Übersetzung belletristischer Texte einerseits zum Teil andere
Äquivalenzprinzipien gelten als bei umgangssprachlichen Texten, und ferner in diesen Texten
die Häufigkeit der einzelnen grammatischen Formen nicht unbedingt mit ihrer
umgangssprachlichen Frequenz übereinstimmen muss, können die Ergebnisse solcher
Übersetzungsanalysen zur weiteren Erschließung fremdsprachlicher Entsprechungen von
einzelnen grammatischen Strukturen beitragen.
Siglen:
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MNy = Magyar Nyelv (Zeitschrift)
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