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Roemische Bibliotheken

Gymnasium 88, 1981, 298-329

An griechischen oder römischen Bibliotheken ist uns eigentlich nur eine einzige erhalten geblieben, wenn man unter einer Bibliothek mehr versteht, als die Ruine ihres Gebäudes, womit sich ein Archäologe ja schon zufrieden gibt. Eine richtige Bibliothek mit mehr als 1800 Schriftrollen wurde bereits 1754 in der Villa des L. Calpurnius Piso Caesoninus bei Herculaneum gefunden'. Johann Joachim Winckelmann war zwar nicht selbst an der Grabung betei-* Vorbemerkung: Für Abkürzungen gelten die Regeln der Archäologischen Bibliographie und des Archäologischen Anzeigers. Im Text wurde die Vortragsform beibehalten. Eine auch nur halbwegs vollständige Darstellung des komplexen Gegenstandes ist im gegebenen Rahmen nicht möglich. Deswegen sei die neuere Literatur aufgeführt, welcher der Verfasser viel verdankt, ohne ihr im einzelnen immer zu folgen: Ch. Callmer, Antike Bibliotheken, OpArch 3, 1944, 145-193, im folgenden: Callmer (Kritische Aufarbeitung des damaligen archäologischen Kenntnisstandes, freilich mit einigen verfehlten Identifikationen). C. Wendel, Geschichte der Bibliotheken. Das griechisch-römische Altertum, bearbeitet von W. Göber. Hdb. d. Bibliothekswiss. III 1 2(1955) 51-145, im folgenden Wendel-Göber (Ausgezeichnete Gesamtdarstellung mit Quellen und Literatur). J. Platthy, Sources on the Earliest Greek Libraries with the Testimonia (1968) 203 S., im folgenden: Platthy (Nützliche Quellensammlung zu griechischen und römischen Bibliotheken, allerdings beschränkt auf Griechenland, Kleinasien und Syrien). C. Wendel, Kleine Schriften zum antiken Buch-und Bibliothekswesen, hrsg. von W. Krieg (1974) 240 S., im folgenden: Wendel (darin besonders S. 144-164: Die bauliche Entwicklung der antiken Bibliothek). J. Tonsberg, Offentlige biblioteker i Romerriget i det 2. ärhundrede e. Chr. (with a Summary) (1976) 151 S., im folgenden: Tonsberg (Gründliche Darstellung kaiserzeitlicher Bibliotheken, leider nur auf Dänisch erschienen). ElAieta Makowiecka, The Origin and Evolution of Architectural Form of Roman Library (Studia antiqua, 1978) 111 S., im folgenden: Makowiecka (Entwicklungsgeschichte der Bauform römischer öffentlicher Bibliotheken, freilich ohne Kenntnis neuerer Literatur und mit einigen fragwürdigen Deutungen). D. Comparetti -G. De Petra, La Villa Ercolanese dei Pisoni. I suoi monumenti e la sua biblioteca (1883, Nachdruck 1972). Katalog der 1826 Rollen und Fragmente: M. Gigante (Hrsg.), Catalogo dei Papiri Ercolanesi (1979). Zum Besitzer der Villa: H. Bloch, AJA 44, 1940, 490ff.; J. H. D'Arms, Romans on the Bay of Naples (1970) 173f. Zur Ausstattung der Villa: D. Pandermalis, AM 86, 1971, 173-209. Römische Bibliotheken 299 ligt, berichtete aber als einer der ersten darüber. Mir als klassischem Archäologen mag es anstehen, meinen Vortrag mit einem Zitat des Gründerheros meines Fachs zu beginnen. Winckelmann schreibt: "Der Ort, wo dieselben [nämlich die Schriftrollen] zum Vorschein kamen, war ein kleines Zimmer in der oben gemeldeten Herculanischen Villa, welches zween Menschen mit ausgestreckten Armen überreichen konnten. Rundherum an der Mauer waren Schränke, wie in den Archiven zu sein pflegen, in Manneshöhe, und in der Mitte im Zimmer stand ein anderes solches Gestelle für Schriften auf beiden Seiten, so daß man frei umhergehen konnte" 2• Die Beschreibung ist uns darum so wertvoll, weil wir den Fundort heute nicht mehr betreten können. Die ausgedehnte Villa, die viele Meter hoch von versteinertem Lavaschlamm bedeckt ist, wurde damals mit Hilfe unterirdischer Gänge ausgegraben oder vielmehr ihres reichen Skulpturenschmucks und eben der in verkohltem Zustand angetroffenen Schriftrollen beraubt und wieder zugeschüttet. Bis heute ist es nicht gelungen, die wichtige und vielleicht noch immer fündige Anlage freizulegen. Jedenfalls wurde damals von einem Schweizer Architekten ein exakter Grundriß angefertigt, in dem man auch das Bibliothekszimmer als unscheinbaren Raum seitlich des kleinen Peristyls entdecken kann. Nach Winckelmanns Beschreibung und nach der vergleichsweise geringen Größe dieses Raumes handelt es sich nur um das Magazin der Schriftrollen, die in Holzregalen längs der Wände und in der Mitte des Raumes untergebracht waren. Wir werden später sehen, daß eigentlich das ganze Peristyl als Bibliothek anzusehen ist, insofern man in den Wandelgängen sitzend oder gehend die Rollen studierte oder besprach. Diese Funktion des Peristyls wird durch die dort aufgestellten Skulpturen antiker Dichter unterstrichen. Wertvoll ist Winckelmanns Bericht auch, weil er die Lagerung der Rollen beschreibt. Eine antike Papyrusrolle, die ja erst im Laufe der Kaiserzeit allmählich durch Pergamentcodices verdrängt wurde, hat gewöhnlich eine Länge von rund 30 cm und eine Dicke von 5 cm. Diese Rollen, an denen ein Schildchen mit dem Namen des Autors hing, wurden liegend, ja in mehreren Reihen übereinander, in den Fächern von Schränken oder offenen Regalen (armaria oder loculamenta) aufgeschichtet. Ein solches Häuflein von Rollen wird in der Literatur gelegentlich nidus, ein Nest genannt'. 2 Sendschreiben von den Herculanischen Entdeckungen (1762), zitiert nach der Ausgabe Dresden 1792, S. 63. 3 T. Birt, Die Buchrolle in der Kunst (1907); Wendel 64-92 (Der antike Bücherschrank). 300 Volker Michael Strocka Nicht ein offenes Gestell, sondern einen richtigen Bücherschrank sehen wir auf dem Relief des Sarkophages eines Arztes aus Rom (Abb. 1)4, der in einem Lehnstuhl sitzt und in einer Schriftrolle liest, während seine ärztlichen Instrumente auf dem Schrank aufgestellt sind. Dieser Schrank (armarium) zeigt geöffnete Türflügel und drei Fächer. Auf dem obersten erkennt man insgesamt acht Rollen, die in drei Reihen aufgeschichtet sind. So ähnlich wie auf diesem Relief, mehr oder minder prächtig geschmückt und zahlreicher, manchmal in die Wände eingelassen, wird man sich die Schränke in den Privatbibliotheken reicher oder gelehrter Römer vorstellen dürfen, wie sie gelegentlich in der lateinischen Literatur erwähnt werden. Eine weitere Privatbibliothek, wohl weniger eines Gelehrten als eines reichen Mannes, zu dessen Lebensstil es gehört haben muß, eine Bibliothek zu besitzen, nicht anders als in der Villa der Pisonen, scheint in der Casa del Menandro in Pompeji (I 10, 4) erhalten zu sein (Taf. XIII a.b) 5 . Das Haus besaß in den letzten Jahren vor der Zerstörung Pompejis, also vor 79 n. Chr., ein gewisser Quintus Poppaeus Sabinus, der zu derselben sehr begüterten Familie gehörte wie Poppaea, die Frau des Kaisers Nero. In dieser ausgedehnten Domus liegt hinter dem Atriumteil das rechteckige Peristyl, an das sich rechts ein Badetrakt und links eine Folge offizieller Empfangsräume anschließt. In der Südostecke befinden sich die Wirtschaftsräume und Stallungen. An der Südseite des Peristyls, also zwischen den Empfangsräumen und dem Bade, öffnen sich mehrere Nischen, sogenannte Exedren, und eine Kammer auf den Säulengang. Diese Kammer Nr. 21, die im 1. Jh. v. Chr. nach der Bodengliederung ein Cubiculum mit zwei Ruhebetten gewesen sein muß, wurde in der letzten Phase mit Holzregalen ausgestattet, deren Befestigungslöcher noch erhalten sind (Taf. XIIIa). Amedeo Maiuri hat die ansprechende Vermutung geäußert, es handle sich hier nicht um eine apotheca, einen Lagerraum, sondern um das Magazin einer kleinen Hausbibliothek. Dies wird besonders nahegelegt durch die Ausmalung der mittleren der anschließenden Exedren, die, wie auch anderswo üblich, der ungestörten Lektüre dienen konnten'. 4 E. Petersen, RM 15, 1900, 171 Abb. 5. 5 A. Maiuri, La Casa del Menandro e il suo tesoro di argenteria (1933) 84ff.; E. La Rocca -M. und A. de Vos, Guida archeologica di Pompei (1976) 175ff. 182f. 6 L. Richardson, jr., Archaeology 30, 1977, 397ff. m. Abb., verkennt anscheinend das Datum der spätneronischen Fresken, wenn er glaubt, die viel älteren Bettstellen in Raum 21 seien Aussparungen für große (viel zu tiefe) Bücherschränke gewesen, der Raum sei dann in der letzten Zeit Pompejis mit Regalen versehen und als Abstellkammer benutzt worden.

Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg VOLKER MICHAEL STROCKA Römische Bibliotheken Mit Tafeln XIII - XXIV Originalbeitrag erschienen in: Gymnasium : Zeitschrift für Kultur der Antike und humanistische Bildung 88 (1981), S. [298] - 329 Gymnasium 88, 1981 VOLKER MICHAEL STROCKA FREIBURG I. BR. Römische Bibliotheken* Mit Tafeln XIII-XXIV An griechischen oder römischen Bibliotheken ist uns eigentlich nur eine einzige erhalten geblieben, wenn man unter einer Bibliothek mehr versteht, als die Ruine ihres Gebäudes, womit sich ein Archäologe ja schon zufrieden gibt. Eine richtige Bibliothek mit mehr als 1800 Schriftrollen wurde bereits 1754 in der Villa des L. Calpurnius Piso Caesoninus bei Herculaneum gefunden'. Johann Joachim Winckelmann war zwar nicht selbst an der Grabung betei* Vorbemerkung: Für Abkürzungen gelten die Regeln der Archäologischen Bibliographie und des Archäologischen Anzeigers. Im Text wurde die Vortragsform beibehalten. Eine auch nur halbwegs vollständige Darstellung des komplexen Gegenstandes ist im gegebenen Rahmen nicht möglich. Deswegen sei die neuere Literatur aufgeführt, welcher der Verfasser viel verdankt, ohne ihr im einzelnen immer zu folgen: Ch. Callmer, Antike Bibliotheken, OpArch 3, 1944, 145-193, im folgenden: Callmer (Kritische Aufarbeitung des damaligen archäologischen Kenntnisstandes, freilich mit einigen verfehlten Identifikationen). C. Wendel, Geschichte der Bibliotheken. Das griechisch-römische Altertum, bearbeitet von W. Göber. Hdb. d. Bibliothekswiss. III 1 2 (1955) 51-145, im folgenden Wendel-Göber (Ausgezeichnete Gesamtdarstellung mit Quellen und Literatur). J. Platthy, Sources on the Earliest Greek Libraries with the Testimonia (1968) 203 S., im folgenden: Platthy (Nützliche Quellensammlung zu griechischen und römischen Bibliotheken, allerdings beschränkt auf Griechenland, Kleinasien und Syrien). C. Wendel, Kleine Schriften zum antiken Buch- und Bibliothekswesen, hrsg. von W. Krieg (1974) 240 S., im folgenden: Wendel (darin besonders S. 144-164: Die bauliche Entwicklung der antiken Bibliothek). J. Tonsberg, Offentlige biblioteker i Romerriget i det 2. ärhundrede e. Chr. (with a Summary) (1976) 151 S., im folgenden: Tonsberg (Gründliche Darstellung kaiserzeitlicher Bibliotheken, leider nur auf Dänisch erschienen). ElAieta Makowiecka, The Origin and Evolution of Architectural Form of Roman Library (Studia antiqua, 1978) 111 S., im folgenden: Makowiecka (Entwicklungsgeschichte der Bauform römischer öffentlicher Bibliotheken, freilich ohne Kenntnis neuerer Literatur und mit einigen fragwürdigen Deutungen). D. Comparetti - G. De Petra, La Villa Ercolanese dei Pisoni. I suoi monumenti e la sua biblioteca (1883, Nachdruck 1972). Katalog der 1826 Rollen und Fragmente: M. Gigante (Hrsg.), Catalogo dei Papiri Ercolanesi (1979). Zum Besitzer der Villa: H. Bloch, AJA 44, 1940, 490ff.; J. H. D'Arms, Romans on the Bay of Naples (1970) 173f. Zur Ausstattung der Villa: D. Pandermalis, AM 86, 1971, 173-209. Römische Bibliotheken 299 ligt, berichtete aber als einer der ersten darüber. Mir als klassischem Archäologen mag es anstehen, meinen Vortrag mit einem Zitat des Gründerheros meines Fachs zu beginnen. Winckelmann schreibt: „Der Ort, wo dieselben [nämlich die Schriftrollen] zum Vorschein kamen, war ein kleines Zimmer in der oben gemeldeten Herculanischen Villa, welches zween Menschen mit ausgestreckten Armen überreichen konnten. Rundherum an der Mauer waren Schränke, wie in den Archiven zu sein pflegen, in Manneshöhe, und in der Mitte im Zimmer stand ein anderes solches Gestelle für Schriften auf beiden Seiten, so daß man frei umhergehen konnte" 2• Die Beschreibung ist uns darum so wertvoll, weil wir den Fundort heute nicht mehr betreten können. Die ausgedehnte Villa, die viele Meter hoch von versteinertem Lavaschlamm bedeckt ist, wurde damals mit Hilfe unterirdischer Gänge ausgegraben oder vielmehr ihres reichen Skulpturenschmucks und eben der in verkohltem Zustand angetroffenen Schriftrollen beraubt und wieder zugeschüttet. Bis heute ist es nicht gelungen, die wichtige und vielleicht noch immer fündige Anlage freizulegen. Jedenfalls wurde damals von einem Schweizer Architekten ein exakter Grundriß angefertigt, in dem man auch das Bibliothekszimmer als unscheinbaren Raum seitlich des kleinen Peristyls entdecken kann. Nach Winckelmanns Beschreibung und nach der vergleichsweise geringen Größe dieses Raumes handelt es sich nur um das Magazin der Schriftrollen, die in Holzregalen längs der Wände und in der Mitte des Raumes untergebracht waren. Wir werden später sehen, daß eigentlich das ganze Peristyl als Bibliothek anzusehen ist, insofern man in den Wandelgängen sitzend oder gehend die Rollen studierte oder besprach. Diese Funktion des Peristyls wird durch die dort aufgestellten Skulpturen antiker Dichter unterstrichen. Wertvoll ist Winckelmanns Bericht auch, weil er die Lagerung der Rollen beschreibt. Eine antike Papyrusrolle, die ja erst im Laufe der Kaiserzeit allmählich durch Pergamentcodices verdrängt wurde, hat gewöhnlich eine Länge von rund 30 cm und eine Dicke von 5 cm. Diese Rollen, an denen ein Schildchen mit dem Namen des Autors hing, wurden liegend, ja in mehreren Reihen übereinander, in den Fächern von Schränken oder offenen Regalen (armaria oder loculamenta) aufgeschichtet. Ein solches Häuflein von Rollen wird in der Literatur gelegentlich nidus, ein Nest genannt'. Sendschreiben von den Herculanischen Entdeckungen (1762), zitiert nach der Ausgabe Dresden 1792, S. 63. 3 T. Birt, Die Buchrolle in der Kunst (1907); Wendel 64-92 (Der antike Bücherschrank). 2 300 Volker Michael Strocka Nicht ein offenes Gestell, sondern einen richtigen Bücherschrank sehen wir auf dem Relief des Sarkophages eines Arztes aus Rom (Abb. 1) 4 , der in einem Lehnstuhl sitzt und in einer Schriftrolle liest, während seine ärztlichen Instrumente auf dem Schrank aufgestellt sind. Dieser Schrank (armarium) zeigt geöffnete Türflügel und drei Fächer. Auf dem obersten erkennt man insgesamt acht Rollen, die in drei Reihen aufgeschichtet sind. So ähnlich wie auf diesem Relief, mehr oder minder prächtig geschmückt und zahlreicher, manchmal in die Wände eingelassen, wird man sich die Schränke in den Privatbibliotheken reicher oder gelehrter Römer vorstellen dürfen, wie sie gelegentlich in der lateinischen Literatur erwähnt werden. Eine weitere Privatbibliothek, wohl weniger eines Gelehrten als eines reichen Mannes, zu dessen Lebensstil es gehört haben muß, eine Bibliothek zu besitzen, nicht anders als in der Villa der Pisonen, scheint in der Casa del Menandro in Pompeji (I 10, 4) erhalten zu sein (Taf. XIII a.b) 5 . Das Haus besaß in den letzten Jahren vor der Zerstörung Pompejis, also vor 79 n. Chr., ein gewisser Quintus Poppaeus Sabinus, der zu derselben sehr begüterten Familie gehörte wie Poppaea, die Frau des Kaisers Nero. In dieser ausgedehnten Domus liegt hinter dem Atriumteil das rechteckige Peristyl, an das sich rechts ein Badetrakt und links eine Folge offizieller Empfangsräume anschließt. In der Südostecke befinden sich die Wirtschaftsräume und Stallungen. An der Südseite des Peristyls, also zwischen den Empfangsräumen und dem Bade, öffnen sich mehrere Nischen, sogenannte Exedren, und eine Kammer auf den Säulengang. Diese Kammer Nr. 21, die im 1. Jh. v. Chr. nach der Bodengliederung ein Cubiculum mit zwei Ruhebetten gewesen sein muß, wurde in der letzten Phase mit Holzregalen ausgestattet, deren Befestigungslöcher noch erhalten sind (Taf. XIIIa). Amedeo Maiuri hat die ansprechende Vermutung geäußert, es handle sich hier nicht um eine apotheca, einen Lagerraum, sondern um das Magazin einer kleinen Hausbibliothek. Dies wird besonders nahegelegt durch die Ausmalung der mittleren der anschließenden Exedren, die, wie auch anderswo üblich, der ungestörten Lektüre dienen konnten'. E. Petersen, RM 15, 1900, 171 Abb. 5. A. Maiuri, La Casa del Menandro e il suo tesoro di argenteria (1933) 84ff.; E. La Rocca - M. und A. de Vos, Guida archeologica di Pompei (1976) 175ff. 182f. 6 L. Richardson, jr., Archaeology 30, 1977, 397ff. m. Abb., verkennt anscheinend das Datum der spätneronischen Fresken, wenn er glaubt, die viel älteren Bettstellen in Raum 21 seien Aussparungen für große (viel zu tiefe) Bücherschränke gewesen, der Raum sei dann in der letzten Zeit Pompejis mit Regalen versehen und als Abstellkammer benutzt worden. 4 5 Römische Bibliotheken 301 'illttglA)111; 1 4 . Abb. 1 Römisches Sarkophagrelief Auf der westlichen Schmalseite der rechteckigen Exedra sieht man das große Gemälde des lesenden Dichters Menander, der durch eine Namensbeischrift und entsprechende Buchstaben auf seiner Rolle zweifelsfrei bezeichnet ist. Ihm gegenüber saß ein anderer Dichter auf einem Lehnstuhl, von dem nur der Umriß der Lehne und des bekränzten Kopfes erhalten geblieben ist. Neben ihm ist an der Hauptwand ein Tisch mit drei tragischen Masken dargestellt, neben Menander ein Tisch mit komischen Masken, dazwischen eine fast ganz verschwundene sitzende Gestalt, vielleicht Bacchus. Wegen der recht häufigen Gegenüberstellung Menanders als des bekanntesten griechischen Komödiendichters mit Euripides, dem meistgelesenen Dramatiker, möchte ich in seinem Gegenüber Euripides erkennen'. Vgl. K. Schefold, Die Wände Pompejis (1957) 41f.; S. Charitonidist — L. Kahil — R. Ginouves, Les mosaiques de la maison du Menandre ä Mytilene (1970) 100. 302 Volker Michael Strocka Die beiden Bilder weisen deutlich darauf hin, was in einer literarischen Bibliothek auch im Hause eines Römers zu finden war: Vor allem griechische Literatur oder ihre lateinische Nachahmung. Ja auch die Bibliothek als private oder öffentliche Einrichtung ist bei den Römern ganz nach griechischen Vorbildern angelegt. Wir wissen aus verstreuten Erwähnungen, daß bereits die Peisistratiden im Athen des 6. Jhs. v. Chr. Bücher sammelten'. Von Platon hören wir, daß er eine Privatbibliothek besaß 9 . Strabo nennt allerdings Aristoteles den ersten, der eine systematische Bibliothek aufbaute, und zwar in seiner Philosophenschule, dem Lykeion 1° . Die berühmteste aller antiken Bibliotheken ist freilich diejenige im Museion von Alexandria". Gegründet wurde sie durch Ptolemaios I. Soter (322-283) und ausgebaut durch seine Nachfolger, vor allem Ptolemaios Philadelphos (283-246). Sie besaß zur Zeit des Dichters Kallimachos im mittleren 3. Jh. bereits 400 000 Rollen, nach späteren Nachrichten soll sie bis zu 700 000 Rollen umfaßt haben. Wir wissen mehr über die Organisation dieser größten Bibliothek des Altertums und die Fülle seltener Texte als über die Baulichkeiten, in denen die Rollen untergebracht waren. Strabo gibt folgende Beschreibung des Museions (XVII 1,8 C 793f.): Tiim & f3acrt,Xeiosv p.ipos 1ŒTì, Kai, Tö MIYUCTEZOV, gX0V 'TTEIÜTTaTOV K(Xi, W8paV Kai, 11E") UV , £V () Tö CrUCTOiTt,OV T(7)V pLETEX&I T(.0V T0i) MOUOTi3O1) quXoXirytov 6tv8pciw. „Im Königspalast befindet sich auch das Museion, das einen Säulenumgang, eine Exedra und einen großen Saal umfaßt, in dem die gemeinsamen Mahlzeiten der zum Museion gehörigen Philologen stattfinden". Es wird auffälligerweise nur der Säulenumgang, die Exedra als der ruhige Platz für Lektüre oder Unterricht und ein großer Saal genannt, in dem die Gelehrtensymposien und wohl auch die Festreden und Streitgespräche stattfanden. Nichts erfahren wir über die Aufbewahrung der umfangreichen Bücherschätze. Man muß wohl annehmen, daß die Rollen in einer Anzahl kleiner Räume längs der Säulenhallen untergebracht waren. Diese Vermutung wird ja bereits durch die beiden vorgeführten Privatbibliotheken späterer Zeit bestätigt. Ein noch besser entsprechendes Bild geben die Reste der zweitgrößten antiken Bibliothek, der Rivalin von Alexandria, in Pergamon (Abb. 2) 12 . Bei 0.‘,KOV , , 9 Wendel-Göber 58; Platthy 121ff. 8 Wendel-Göber 55; Platthy 97ff. 1 0 Strab. XIII 1,54 p. 608; Wendel-Göber 59ff.; Platthy 126ff.; Callmer 146f. 11 Callmer 148; Wendel-Göber 63ff.; Wendel 172; E. A. Parsons, The Alexandrian Library (1952). 12 Callmer 148ff.; Wendel-Göber 82ff.; Wendel 18ff. 144f. Römische Bibliotheken w 0 11 303 M Abb. 2 Pergamon, Bibliothek im Athenabezirk den deutschen Ausgrabungen vor 100 Jahren' wurden hinter einer zweischiffigen Stoa auf der Nordseite des Athena-Bezirks die Grundmauern mehrerer Räume des Obergeschosses dieser an den Hang gelehnten Anlage aufgedeckt, die aus verschiedenen Gründen für die berühmte Bibliothek in Frage kommen: Athena ist die Schutzherrin der Wissenschaften, und in ihrem Bezirk auf der Akropolis von Pergamon unmittelbar neben den Palästen der Könige ist der beste Platz für die Einrichtung der Bibliothek, die von Attalos I. (241-197) gegründet und besonders von Eumenes II. (197-159) ausgebaut wurde. Von demselben Eumenes II. stammt die gesamte Anlage. In der Mitte des größten Raumes befindet sich ein Podium, auf dem eine weit überlebensgroße hellenistische Athena Parthenos stand. Daran schließt sich an drei Seiten umlaufend ein bankähnliches Podium an, auf dem man sich weitere Statuen etwa von Gelehrten oder Dichtern vorstellen muß. Tatsächlich wurden im Bereich der Ruine, freilich in späteren Mauern verbaut, die Basen von Bronzestatuen mehrerer antiker Dichter und Historiker ge3 A. Conze, SBBerlin 1884,1259-1270; R. Bohn, AvP 2 (1885) 56-75. 304 Volker Michael Strocka funden 14 . Der 16 m lange und 13,50 m breite Hauptraum entspricht zweifellos dem Festsaal, den Strabo im Museion von Alexandria erwähnt. Vor ihm erstreckte sich das Obergeschoß der zweischiffigen Halle, das genug Platz bot zum Wandeln, Lehren und Lesen. Die drei kleineren Räume neben dem Saal und hinter dem Peripatos sind jeweils 13,50 m lang und 7 bzw. 10 m breit. Es muß sich uni die Magazine der 200 000 Schriftrollen handeln, die uns für Pergamon überliefert sind. Tatsächlich hat man das Fassungsvermögen dieser Räume, eine enge, magazinartige Lagerung in Holzregalen die bis zur Decke reichen, vorausgesetzt, auf 136 000 bis, wie erwünscht, 200 000 Rollen errechnet'. Diesen Bautyp einer griechischen Bibliothek mit Säulenhalle, Lesenischen (Exedren), Festsaal (Oikos) und Magazinräumen wird man auch für die vielen anderen kleineren hellenistischen Bibliotheken voraussetzen dürfen, die uns literarisch oder inschriftlich nur dem Namen nach bekannt sind. Wir werden dem Bautypus auch später noch begegnen. Aus Inschriften wissen wir, daß jedes größere griechische Gymnasion eine kleine Büchersammlung besaß, ja daß die dort ausgebildeten Epheben, etwa in Athen, jährlich 100 Rollen', die sie vielleicht zuvor selbst abschreiben mußten, in die Bibliothek ihres Gymnasions zu stiften hatten. Es mag sein, daß wir in so mancher Gymnasionsruine auch Bibliotheksräume vor uns haben; doch besitzen wir keine sicheren Indizien, die bescheidenen Magazinräume als Bibliothek zu identifizieren. Noch in der mittleren Kaiserzeit findet sich dieser Typus der hellenistischen Bibliothek, etwa im konservativen Athen. Bei den amerikanischen Ausgrabungen der Agora kam in den letzten Jahrzehnten eine kleine Bibliothek südlich der bekannten wiederaufgebauten Attalosstoa zum Vorschein (Abb. 3 und Taf. XIVa) 17 . Sie liegt an der Straßenecke, die aus dem panathenäischen Weg und der zur römischen Agora führenden Straße gebildet wird. An Ort und Stelle freilich findet man wenig mehr als die spätrömische Befestigungsmauer, die z. T. aus den Quadern der Bibliothek errichtet worden ist. Vgl. T. Lorenz, Galerien von griechischen Philosophen- und Dichterbildnissen bei den Römern (1965) 3f. 15 Callmer 152f. Wendel-Göber bemerken mit Recht, daß der im mittleren 1. Jh. v. Chr. erreichte Bestand von 200000 Rollen keinerlei Argument für die Größe des 200 Jahre älteren Gebäudes darstellt. 16 IG' 1009. 1029. 1041. 1042; vgl. Wendel 8. 17 Travlos, Athen 432ff. Abb. 549-553; H. A. Thompson - R. E. Wycherley, Agora XIV (1972) 114-116 mit Lit.; T. L. Shear, Jr., Hesperia 42, 1973, 145f. Taf. 30 a.b; 385-389 Abb. 6; The Athenian Agora. A Guide to the Excavation and Museum (1976) 131ff. Nr. 47. 14 Römische Bibliotheken Abb. 3 Athen, Agora, Bibliothek des Pantainos (47) 305 306 Volker Michael Strocka Auf dem in dieser Mauer verbauten Türsturz des Bibliothekseingangs befindet sich eine vollständige Inschrift', aus der wir erfahren, daß unter Kaiser Traj an und zwar, wie aus seiner damals gültigen Titulatur hervorgeht, vor dem Jahre 102 n. Chr. diese Bibliothek von Titos Phlavios Pantainos gestiftet worden ist. Pantainos bezeichnet sich als „Priester der weisheitsliebenden Musen", eine mehr poetische als wirkliche Amtsbezeichnung. Sein Vater war nach derselben Inschrift Phlavios Menandros, der als Diadochos bezeichnet wird, was in Athen das Oberhaupt einer philosophischen Schule bedeutet. Besonders wird erwähnt, daß die Stiftung die äußeren Hallen, das Peristyl, die Bibliothek und die Bücher sowie die gesamte Ausstattung des Gebäudes umfaßt. Die Aufzählung der einzelnen Teile ist deswegen so aufschlußreich, weil hier außer den nach außen gekehrten und mehr zum Straßenverkehr als zur Bibliothek gehörenden Hallen an erster Stelle das Peristyl als Kern des Gebäudes und Aufenthaltsraum der Benutzer der Bibliothek genannt wird, dann aber auch die Bibliothek selbst mit den Büchern. Die sehr schlecht erhaltenen Grundmauern, aus denen man gerade noch den Plan des Gebäudes ermitteln konnte, ergeben zwei kleine und einen großen zum Peristyl geöffneten Raum, nicht mehr. Vielleicht waren die Bücher in den beiden kleineren Räumen verwahrt, während der größere als Oikos, als Versammlungs- und Festsaal, zu bezeichnen ist. Als sehr aktuell empfindet man die dort gefundene, wahrscheinlich am Eingang angebrachte Marmorinschrift (Taf. XIVb) 19 : f343Xi.ov °in< EvexeficreTat, LYTEi. c'oliöo atiev. äviryficreTatCiTri) pas irpc;Yriris I.A4pt, gKT1S, die besagt: „Kein Buch wird hinausgetragen, weil wir es geschworen haben. Öffnungszeit von der ersten bis zur sechsten Stunde." Am römischen Forum von Philippi in Nordgriechenland findet sich noch immer derselbe einfache Bautyp': Eine Stoa mit hier nur drei aufgereihten Räumen, offenbar zwei Büchermagazinen und einem größeren Saal mit umlaufendem Podium, vielleicht der Oikos, der Festsaal dieser durch eine Inschrift' gesicherten, etwa in der Mitte des 2. Jhs. n. Chr. gegründeten Stadtbibliothek. - T. L. Shear, Hesperia 4, 1935, 330ff. Abb. 119; A. W. Parson, Hesperia Suppl. 8 (1949) 268ff. 19 T. L. Shear, Hesperia 5, 1936, 42 Abb. 40; R. E. Wycherley, Agora III (1957) 150 Nr. 464. " P. Collart, Philippes, ville de Macedoine (1937) 338f. 349f. Taf. 44; 47,1; Callmer 178ff.; Tonsberg 87f. 21 P. Collart, BCH 57, 1933, 316ff. Abb. 5.6. 18 Römische Bibliotheken 307 Bisher haben wir griechische oder zu römischer Zeit im griechischen Osten gelegene Bibliotheken betrachtet, die ihre hellenistische Tradition nicht verleugneten. Wie war es im Westen des Reiches, wie sahen vor allem die Bibliotheken der Hauptstadt Rom aus? Die erste Bibliothek, von der wir überhaupt wissen, kam durch Aemilius Paullus nach Rom. Es war die Palastbibliothek des von ihm 168 v. Chr. überwundenen Königs Perseus von Makedonien, die er als Beute seinen eigenen Söhnen schenkte'. Weiter wissen wir von Privatbibliotheken im Besitz des Sulla, der sie in Athen erbeutet, des Lucullus, der sich diejenige seines Gegners Mithridates angeeignet hatte, wir lesen von den durch gezielte Käufe und Abschriften zusammengebrachten Gelehrtenbibliotheken eines Cicero, Atticus oder Varro'. Ihre Anlage wird man sich nicht viel anders als die fast gleichzeitige zu Anfang gezeigte Bibliothek der Pisonen-Villa vorstellen. Es ist bezeichnend, daß Cicero das Peristyl seiner Villa „Lyceum" oder auch „Gymnasium" nennt. Das Bücherzimmer wird an diesem Peristyl gelegen haben. Cäsar war es, der die erste öffentliche Bibliothek für Rom plante und dafür den berühmten Gelehrten Varro gewann'. Es sollte eine repräsentative Büchersammlung sein, in der eine lateinische Abteilung erstmals einer griechischen gegenübergestellt war. Doch der Plan kam wegen Cäsars Ermordung nicht zur Ausführung. Er wurde erst 39 v. Chr. durch Asinius Pollio im sogenannten Atrium Libertatis verwirklicht. Der Bau muß in der Nähe der Kurie gelegen haben, wir wissen aber nichts über sein Aussehen und die besondere architektonische Ausbildung der zweiteiligen Bibliothek'. Die älteste erhaltene Bibliothek in Rom befindet sich bei dem von Augustus auf dem Palatin in unmittelbarer Nähe seines eigenen Hauses errichteten Apollontempel und wurde um 28 v. Chr. fertig. Der heutige Zustand muß allerdings eine Erneuerung domitianischer Zeit sein (Abb. 4) 26 . Erhalten hat sich ohnehin nur sehr ' Callmer 154; Wendel-Göber 88ff.; Platthy 140. 23 Callmer 154f.; Wendel-Göber 114f. ' Callmer 156f.; Wendel-Göber 119; Wendel 176. 25 R. Thomsen, OpArch 2, 1941, 206ff.; Callmer 156f; E. Welin, Studien zur Topographie des Forum Romanum (1953) 179ff.; Ch. Callmer, OpRom 7, 1969, 278. 282f. ' Callmer 157f. Abb. 6.7; Wendel-Göber 119; Tonsberg 22ff. Abb. 5-13; Makowiecka 29ff. Nach den neuesten Ausgrabungen G. Carettonis (ILN Nr. 6792 vom 4. X. 69, S. 24) befinden sich die erhaltenen Reste auf einer rund 7 m höheren domitianischen Aufschüttung. Wenn die augusteischen Bibliotheken an derselben Stelle lagen, dann jedenfalls sehr viel tiefer als der Apollotempel. Ob Domitian ihre bauliche Gestalt wiederholen ließ, muß bis zu weiteren Ausgrabungen offen bleiben. 308 Volker Michael Strocka Abb. 4 Rom, Palatin, Doppelbibliothek wenig. Aus den im Bild tiefschwarz gezeichneten Resten lassen sich. immerhin zwei parallele große Säle erschließen, die an einer Portikus gelegen haben und sich durch eine große Anzahl von Nischen für Wandschränke auszeichnen. In der Achse beider Räume befindet sich eine besonders große Statuennische. Alle Nischen waren durch ein Podium verbunden, das über Treppchen, die vor jedem Schrank angelegt waren, zugänglich ist. Diese Konzeption, die Schränke mit den Rollen dem großen Saal einzuverleiben, ist anscheinend neu und dürfte, da sie im griechischen Osten nicht nachweisbar ist, in Rom bei diesem Gebäude zum ersten Male verwirklicht worden sein'. Büchermagazin und Festsaal sind also 27 So Callmer 159. Vorausgesetzt wird auch von mir, daß die domitianische Anlage die augusteische im wesentlichen wiederholte. In dem nordwestlich an den Apollontempel anstoßenden Haus des Augustus gibt es zwar zwei symmetrisch zum Hauptoikos liegende Räume mit je einer breiten Mittelnische in der Rückwand und zweimal drei 93 cm breiten, rechteckigen Wandnischen in den Längswänden, jedoch können diese Räume keine Bibliotheken sein (G. Carettoni, RendPontAcc 39, 166/67, 63 Abb. 3; ILN Nr. 6790 vom 20. IX. 69, S. 24): Die Nischen beginnen ohne Podium 1,65 m über dem Boden, waren also unzugänglich, und sind mit Inkrustationsmalerei bedeckt, was Holzschränke ausschließt. Vielmehr wird es sich uni Nischen für Skulpturen oder Vasen handeln, deren geringe Tiefe von 35 cm durch eine ursprünglich vorkragende Solbank vergrößert wurde. Gibt es somit in Rom keinen archäologischen Beweis für die geäußerte Theorie, daß Wandschränke in Bibliotheken bereits in augusteischer Zeit aufkamen, so könnte ihn der stark westlich beeinflußte, etwa gleichzeitig von Herodes dem Großen gebaute Nordpalast von Masada am Toten Meer liefern. Hier hat man auf der mittleren Terrasse südlich der Fundamente einer Tholos einen ursprünglich gedeck- Römische Bibliotheken 309 verschmolzen. Dazu kommt die auffällige Verdoppelung der Anlage, die auf eine auch hier vorgenommene Zweiteilung in eine griechische und eine lateinische Bibliothek hinweist. Daß die Schriftrollen nun in Schränken und nicht in Regalen verwahrt sind und die 1,80 m breiten, 3,80 m hohen und den Rollen entsprechend 60 cm tiefen Schranknischen in monumentaler Reihe die Wandgliederung des Saales bestimmen, ist eine folgenreiche Konzeption. Wie eine Statuengalerie von opera nobilia paradieren die mit gewiß kostbaren Türen verschlossenen und wahrscheinlich mit Indextäfelchen der in ihnen aufbewahrten geistigen Reichtümer versehenen Schränke und demonstrieren so den geistigen Besitz etwas aufdringlich, aber wirkungsvoll. Von weiteren stadtrömischen Bibliotheken wissen wir nur aus knappen Erwähnungen. Sie waren eingerichtet in der Porticus Octaviae zum Gedächtnis des 23 v. Chr. verstorbenen Marcellus, beim Tempel des göttlichen Augustus, im Palast des Tiberius und wohl auch im Goldenen Haus des Nero, sind aber alle spurlos verschwunden'. Auch im Forum Pacis des Vespasian, aus der Beute des Jüdischen Krieges errichtet, soll sich eine Bibliothek befunden haben. Die ganze Anlage ist noch ungenügend erforscht und im wesentlichen nur aus dem Marmorplan der Forma Urbis bekannt". Ob die vielleicht auch zweiteilige Bibliothek beiderseits des Hauptsaales, des eigentlichen Templum, lag oder eher im südlichsten Saal, an den der Saal mit dem eben genannten severischen Marmorplan anstieß, läßt sich bisher nicht sicher feststellen. Wichten Raum gefunden, seinen Zweck aber bisher nicht zu benennen gewußt. Die rund 5,10 m breite, 2,40 m tiefe Exedra öffnete sich in voller Breite zur Tholos, während ihre Rückseite durch fünf 60 cm über dem Boden aufgemauerte Nischen gegliedert ist, die alle 70 cm breit, 50 cm tief und 2,50 m hoch sind (M. Avi-Yonah u. a., IsrExplJ 7, 1957, 29ff. Abb. 12. 18 Taf. 7 CD.; Y. Yadin, IsrExplJ 15, 1965, 18ff. Taf. 2 4A, Y. Yadin, Masada [1967, 3 1969] 58f. m. Abb. S. 58.73). Die Wandpfeiler erfüllen keinen statischen Zweck: Sie bilden Nischen für fünf Wandschränke, die sicher Holzborde hatten und wohl auch Türen davor. Da es keinen Grund gibt, die Tholos auf der mittleren Palastterrasse als Heiligtum zu deuten, sie viel eher ein Ruheplatz und Aussichtspunkt ist, werden auch die Schränke nicht Kultobjekte, wie vorgeschlagen, oder sonstige Utensilien, für die es einen östlich anschließenden Raum gab, sondern Buchrollen enthalten haben, die gerade hier erwünscht waren. ' Quellen bei Wendel-Göber 120f. und Tonsberg 35ff. Abb. 14, vgl. Makowiecka 36ff. 41f. Die von Callmer nach de Gregori wiederholte Deutung eines Raumes der Domus Aurea (ebd. Abb. 8) ist abzulehnen, da die nur sechs rechteckigen Nischen ohne Podium mehr als 1 m über dem Boden beginnen und also nicht Bücherschränke, sondern Statuennischen gewesen sein müssen. 29 Callmer 161f.; A. M. Colini, BullCom 65, 1937, 7ff.; F. Castagnoli - L. Cozza, BullCom 76, 1956-58, 119ff. bes. 141 Abb. 15 und Taf. 1; G. Carettoni - A. M. Colini - L. Cozza - G. Gatti, La pianta marmorea di Roma antica (1960) 73 Taf. 20; Nash, Rom I 439; Tonsberg 39ff. Abb. 15-19; Makowiecka 42ff. 310 Volker Michael Strocka 1? ? 15 2 0 25 30 m Abb. 5 Rom, Trajansforum, Bibliotheken tig ist jedenfalls, daß zu jedem größeren Forum oder Tempelkomplex anscheinend eine öffentliche Bibliothek gehörte 30 . Besser bekannt ist die doppelte Bibliothek' des Trajansforums (Abb. 5), dessen riesige Anlage nordwestlich des Augustus- und Cäsar-Forums Kaiser Traj an am 1. I. 112 eröffnete, während die Einweihung der Säule und wohl auch der sie rahmenden Bibliotheken am 12. V. 113 erfolgte'. Durch den Plan der Forma Urbis und leider noch nicht gut publizierte Ausgrabungen der zwanziger Jahre sind wir über den gewaltigen Komplex leidlich unterrichtet 33 . Die Bezeichnung Libertatis im Stadtplan-Fragment mit der östlichen Apsis der großen quer zur Forumachse liegenden Basilica Ulpia hat vermuten lassen, daß das wohl hier gelegene Atrium Libertatis abgerissen und in die neue Basilica überführt worden sei. Dann wären allerdings auch seine Archive und die Bibliothek des Asinius Pollio auf das Forum gekommen. Eine Möglichkeit, die dadurch Wahrscheinlichkeit gewinnt, daß die Bibliothek des Trajansforums sehr bald als eine der wichtigsten in Rom galt 34 . Der Grundriß zeigt, daß die beiden 27 x 17 m messenden Säle weit voneinander getrennt sind und den kleinen Hof, in dem die noch heute aufrechte Trajanssäule steht, flankieren. In beiden Sälen, die spiegelbildlich angelegt sind, laufen Podien an drei Wänden herum, die in der Achse von einer Statuennische unterbrochen werden. Wieder sind die Podien durch breite, auf die einzelnen Schränke zuführende Wendel 148ff. Callmer 162ff. Abb. 9-11; Wendel 150ff.; Tonsberg 45ff. Abb. 20-26, wo Abb. 22 zeigt, daß links und rechts der Mittelnische zwei Schranknischen sitzen und nicht wie im hier Abb. 5 wiedergegebenen Grundriß nur je eine. Richtig schon das Modell, hier Taf. XV b. Makowiecka 53ff. Fasti Ostienses: G. Calza, NSc 1932, 196. 201. 203. 232 Taf. 2 mit Vorblatt. 33 Nash, Rom I 450ff.; P. Zanker, AA 1970, 499-544; Ch. Leon, Die Bauornamentik des Trajansforums (1971). Wendel-Göber 123; Wendel 150ff.; E. Welin a. 0. 179ff. (s. o. Anm. 25). 31 Römische Bibliotheken 311 Treppen zugänglich. Die Schranknischen sind mit zwei Metern sehr breit und haben eine Tiefe von 65 cm, ihre Höhe ist nicht erhalten. Die Nischen beginnen erst 45 cm oberhalb des Podiums. Die auf dem Podium zwischen den Schränken stehenden Säulen beweisen ein oberes Geschoß mit einer wohl umlaufenden Galerie, also einer zweiten Reihe von Schranknischen, damit einer Verdoppelung der jeweils 18 Schränke in einem Stockwerk. Die schlichte Fassade der beiden Bibliotheken läßt sich nach dem Modell des Museo della Civiltä romana in Rom vorstellen (Taf. XVa). Die Innenansicht desselben Modells (Taf. XVb) mag einen Eindruck der sehr monumentalen Wirkung der Wandgliederung vermitteln. Repräsentation ist offenbar, zumal auf einem Kaiserforum, eine wichtige Funktion einer öffentlichen Bibliothek. Der Kaiser unterstreicht, daß er das geistige Leben in seinem zweisprachigen Reich fördert und in der geistigen Welt Apolls und der Musen, nicht zuletzt in der schriftlichen Erinnerung der Menschen seine Unsterblichkeit sucht. Deswegen sah Traj an sein Grab in der Säule vor, die zwischen den beiden Bibliotheken steht'. Auch in den Thermen, den vielleicht größten und meist frequentierten öffentlichen Gebäuden Roms, sind Bibliotheken errichtet worden. In den am 22. Juni 109 n. Chr. eröffneten Traj ansthermen (Abb. 6.7 und Taf. XVI) 36 befinden sich zwei halbrunde, überkuppelte Exedren, die man nicht ohne Grund schon lange für Bibliotheken hielt. Jedenfalls finden sich noch heute in der westlichen Exedra zwei Geschosse von Wandnischen, jeweils fünf seitlich einer größeren Mittelnische, sowie Balkenlöcher für das auf Säulen ruhende Galeriegeschoß. Erst kürzlich 37 konnte der Beweis geliefert und durch Sondagen ein konzentrisch umlaufendes Podium von 60 cm Höhe und rund 1,40 m Breite nur 15 cm unterhalb der unteren Schrankreihe (H 4,45 m, B 2,06 m, T 73 cm) festgestellt werden. Drei rund 1 m breite Stufen führten ebenfalls konzentrisch vom Boden des Saales zum Podium hinauf und dienten wohl gleichzeitig als Auditorium, was an die althergebrachte Funktion der Exedra erinnert. Der Bibliothekssaal mit Säulengalerien auf Podien vor den Schrankwänden ist offensichtlich eine stadtrömische Bauform, die ' Zanker a. 0. 531 ff. Nash, Rom II 472ff.; Tonsberg 52ff. Abb. 27. 28; Fasti Ostienses: G. Calza, NSc 1932, 194 Taf. 2 mit Vorblatt. 37 K. de Fine Licht, Untersuchungen an den Trajansthermen zu Rom (AnalRom 7, 1974) 5ff. 13ff. Abb. 10-24 Tal*. 1. 36 312 Volker Michael Strocka Abb. 6 Rom, Trajansthermen, Exedra L, Ausschnitt mit Rekonstruktion der Säulengalerie (nach K. de Fine Licht) Römische Bibliotheken 313 Abb. 7 Rom, Trajansthermen, Exedra L, Grundriß und Aufriß (nach K. de Fine Licht) aber nicht auf Rom beschränkt blieb. Es liegt nahe, daß bei einer besonders repräsentativen Privatbibliothek, nämlich der Bibliothek des Kaisers Hadrian in seiner bevorzugten Villa bei Tivoli dieser monumentale Typ gewählt wurde (Abb. 8) 38 . Der Grundriß des etwa quadratischen Saales ist mit seinem Podium vor den Schrank" H. Winnefeld, Die Villa des Hadrian bei Tivoli (3. Ergh. JdI 1895) 88. 91 Taf. 8; G. Lugli, BullCom 55, 1927, 177 Abb. 18 Taf. 3; Callmer 176; Tonsberg 63ff. Abb. 39. 42. 314 Volker Michael Strocka * Allert _Mn als 7 fte eete llie 4, Abb. 8 Tivoli, Villa Adriana, Bibliothek (C) ligeeeMiti Römische Bibliotheken 315 nischen und der Säulenstellung, die hier aber kein Obergeschoß getragen haben kann, eindeutig genug. In der Achse befindet sich eine Apsis, offenbar für eine Statue. Der kleine Raum, der ganz das Aussehen einer öffentlichen Bibliothek hat, wurde mit einiger Phantasie in dem schon genannten Museo della Civiltä romana nachgebaut und vermittelt so einen besonders anschaulichen Eindruck (Taf. XVIIIa.b)". In der Provinz gab es, zumindest im 2. Jh. n. Chr., offenbar allenthalben Bibliotheken nach dem Muster der Hauptstadt. Einige sind uns aus Inschriften italischer Städte, jedoch nicht aus ihren Überresten bekannt. Bezeugt sind für das 1. oder 2. Jh. inschriftlich Bibliotheken in Comum, Dertona, Suessa Aurunca, Tibur und Volsinii'. Nur bei Centumcellae (Civitavecchia) hat man eine zu einer Therme oder großen Villa gehörige Bibliothek mit den üblichen Schranknischen oberhalb eines Podiums ausgegraben'. Auffällig ist die Querlage des rechteckigen Saales, die auf die alte Form der Exedra anzuspielen scheint. Ins Riesenhafte gesteigert wird dieser Typ des quergelagerten Saales in den beiden Bibliotheken der Caracallathermen in Rom (Abb. 9 und Taf. XVII), die wohl erst unter Alexander Severus errichtet wurden'. Sie befinden sich wie diejenigen der Traj ansthermen weit getrennt an der Umfassungsmauer der gesamten Anlage, hier jedoch an den Enden derselben Südwestseite. Beide sind heutzutage völlig überwuchert und unzugänglich. Freigelegt und kurz beschrieben hat man nur die westliche Bibliothek'. Der 36,30 m mal 21,90 m messende Saal besitzt ein umlaufendes, durch Treppen zwischen den Säulenbasen zugängliches Podium und im unteren Geschoß 16 Schränke. Wir wüßten gerne etwas über die Literaturauswahl, die in solchen Thermen-Bibliotheken angeboten wurde. Vermutlich handelt es sich hier neben den obligaten Klassikern wie Homer, Hesiod, Euripides, " Museo della Civiltä romana. Catalogo (1958) 557f. Nr. 15. ' Callmer 183; Tonsberg 68f. 41 C. Bastianelli, NSc 1942, 235ff., bes. 250 Abb. 11. 12; M. Torelli, EAA Suppl. (1970) 234 s. v. Civitavecchia, vermutet in dem Komplex nicht wie bisher die Terme Taurine, sondern die von Plinius d. J. (Ep. VI 31, 15) erwähnte Villa des Kaisers Traj an. 42 E. Ghislanzoni, NSc 1912, 311f.; Callmer 164f. Abb. 12; Nash, Rom II 434ff.; Tonsberg 55 Abb. 29-32. 43 Der Plan Abb. 9 wurde ohne die Möglichkeit einer Überprüfung am Ort aus den jeweils unvollständigen Plänen von S. A. Iwanoff, Architektonische Studien, Heft 3 (1898) Taf. 1, Ghislanzoni, NSc 1912, 311f. Abb. 1, de Gregori bei Callmer Abb. 12 und nach Angaben bei Tonsberg 55 zusammengezeichnet. Für seine Mühe danke ich C. Haase. Volker Michael Strocka 316 ,migult ..eitorgeliermeige"5901 " egirmiling"'"In , , :... Abb. 9 Rom, Caracallathermen, westliche Bibliothek Menander und Vergil um auch recht triviale Schullektüre und Unterhaltungsliteratur. Bibliotheken gab es offenbar auch weit außerhalb Italiens im westlichen Teil des Reiches, selbstverständlich nach stadtrömischem Muster. 1901 wurde von den Franzosen in Timgad, im römischen Numidien, eine Bibliothek freigelegt, deren Grundmauern gut erhalten sind (Taf. XIXa.b)'. Eine lateinische Inschrift erläu' H. F. Pfeiffer, MemAmAc 9, 1931, 157-165 Tag. 16-19; Callmer 181f. Tonsberg 106ff. Abb. 60. 61; Makowiecka 86ff. Römische Bibliotheken 317 tert die Umstände dieser, wie so häufig, privaten Stiftung: Aus der ins 3. Jh. n. Chr. gehörenden Inschrift erfahren wir, daß ein sonst nicht bekannter reicher Bürger der Stadt, Julius Quintinianus Flavius Rogatianus, seinem Vaterland den Bau der Bibliothek durch eine Spende von 400000 Sesterzen ermöglicht hat. Der originelle Grundriß füllt eine Insula und öffnet sich mit einem Hof, den auf drei Seiten eine Säulenhalle umgibt. In der Achse liegt der Hauptsaal, der einen etwas gelängten Halbkreis bildet und beiderseits fünf Schranknischen oberhalb eines Podiums sowie in der Mitte eine Statuennische aufweist. Aus statischen Gründen ist ein zweites Geschoß kaum annehmbar, so daß die hier wiedergegebene Rekonstruktion mit einer niedrigen Halbkuppel die wahrscheinlichste Lösung ist (Taf. XIXb). Dieser repräsentative und nach der geringen Zahl seiner Schränke eine Bibliothek eher vorschützende Festsaal wird ergänzt von zwei anschließenden Zimmern, die vielleicht Buchmagazine oder Personalräume darstellen, sowie vier kleineren, durch sehr große Türöffnungen auffällig gut belichteten Räumen längs der Flügel des Säulenganges. Diese exedra-ähnlichen Gemächer wird man als Lese- bzw. Schulräume für den anzunehmenden Studienbetrieb ansprechen dürfen. Auf vorgelagerte Säulenhallen hatten die stadtrömischen Bibliotheken sowenig verzichtet wie schon die griechischen. Hier zieht sich die dreiseitige Portikus zu einem Vorhof zusammen, um die Wirkung des Hauptsaals vorzubereiten, der an die halbkreisförmigen, kuppelgewölbten Exedren der Traj ansthermen erinnert. In der Provinz kehren also die Bauformen der Hauptstadt in Varianten immerzu wieder. Spätere Bibliotheken der römischen Welt sind archäologisch noch nicht nachweisbar, obwohl es deren zahlreiche gegeben haben muß. Es ist uns überliefert, daß Rom im 4. Jh. n. Chr. 28 öffentliche Bibliotheken besaß'. Im neuen Rom, in Konstantinopel, wurde 357 die große, später so bedeutende Bibliothek eröffnet, von der nichts, nicht einmal der Grundriß erhalten ist'. Ebensowenig sind mit Sicherheit die bei jeder Bischofskirche befindlichen kirchlichen Bibliotheken des sich ausbreitenden Christentums identifiziert. Es wird sich freilich in der Regel um unscheinbare Räume mit Holzschränken bzw. Regalen gehandelt haben. Für die repräsentative stadtrömische Bauform der öffentlichen Bibliothek war hier kein Bedarf'. ' Callmer 167. ' Wendel 46-63. ' Wendel 159f. 178-199. 318 Volker Michael Strocka Wenden wir uns zum Schluß noch einmal in den griechischen Osten des Reiches, wo auffälligerweise trotz der starken eigenen Traditionen an einigen bezeichnenden Orten Bibliotheken im stadtrömischen Typus, also mit Wandschränken über Podien und Säulengalerien davor, errichtet worden sind: Sehr bekannt und verhältnismäßig gut erhalten ist die Hadrians-Bibliothek in Athen, die vermutlich 131/32 gegründet worden ist (Abb. 10 und Taf. XX) 48 . Ein Teil ihrer prunkvollen Hauptfassade im Westen, nicht weit übrigens von der vorhin erwähnten Pantainos-Bibliothek, steht noch heute aufrecht. Im Grundriß entspricht die Anlage auffällig dem bereits erwähnten Forum Pacis in Rom. Ein riesiges Peristyl von 100 Säulen, die ausdrücklich von Pausanias (I 18, 9) als besonders sehenswert und aus phrygischem Marmor bestehend bezeichnet werden, umschließt einen großen Garten mit langgestrecktem künstlichen See. Hinter den Säulenhallen der Längsseiten befinden sich je drei große Exedren, die dem Studienbetrieb dienten. Daß es sich zweifelsfrei um die Bibliothek des Hadrian und zugleich um die von ihm in Athen gegründete Universität handelt, beweisen die Räume auf der Ostseite des Komplexes: In der Mitte und deutlich hervorgehoben befindet sich der Bibliothekssaal. Zu seinen beiden Seiten symmetrisch zwei weitere große Exedren und links und rechts außen je ein Hörsaal mit ansteigenden Sitzreihen (Abb. 11). Vom Bibliothekssaal sind heute noch zwei der mit großer Wahr scheinlichkeit zu ergänzenden drei Stockwerke erhalten. Über einem 1,60 m hohen und 2,50 m tiefen umlaufenden Podium befinden sich die 1,20 m breiten und 2,80 m hohen, 50 cm tiefen Schranknischen. Der heutige Zustand ist durch verschiedene Ausbrüche der Wand unklar, doch erkennt man die Reste der Wandnischen und darüber die Ausnehmungen für das Gebälk der Galerie, deren Säulen auf dem Podium standen. Insgesamt muß es in den drei Stockwerken 66 Wandschränke gegeben haben, die gut 20 000 Rollen hätten aufnehmen können!' Es wundert nicht, daß diese Gründung Hadrians in der von ihm bevorzugten Stadt nach der gesamten Anlage und auch der besonderen Gestaltung des Hauptraumes rein stadtrömische Züge trägt. Mit einer Bibliothek lokalen, nämlich hellenististischen Typus', wie etwa der Pantainos-Bibliothek, hätte er sich nicht zufrieden gegeben. Zu sehr war dieses GeTravlos, Athen 244f. Abb. 314-320; M. A. Sisson, BSR 11, 1929, 50-72 Taf. 17-24; Callmer 172ff. Abb. 17; Platthy 113f.; Tonsberg 82ff. Abb. 52; Makowiecka 67ff. B. Götze, JdI 52, 1937, 242 vermutet 22000 Rollen. 319 Römische Bibliotheken 0 10 20 30 ijo 4, „ Abb. 10 Athen, Hadriansbibliothek, Grundriß Volker Michael Strocka 320 11A Ji II 1111 III II III IIII Hl. ,1 11:211[ 1 11 1 1,11,11 " .-. I 1111111111111 mummt "etnmin- / .rs 1111111111111 111111 „„ 1 44 inissinimmilimmouirig IVAP.,..e.e...e 3› 1,74;r e elf ..egee 1 - niket.g“ czwer LOOK,i0 tA, 7 Abb. 11 Athen, Hadriansbibliothek, Schnitte durch Bibliotheksgebäude und Hof bäude Demonstrationsobjekt kaiserlicher Fürsorge und öffentlicher Wohlfahrt. Aber auch in kleineren Dimensionen wird der stadtrömische Typus im griechischen Osten aufgegriffen: Im Asklepieion von Pergamon, dem im 2. Jh. n. Chr. so bedeutend gewordenen Kurort, ist bei den deutschen Ausgrabungen ein Raum entdeckt worden, der zweifellos als Bibliothek bezeichnet werden kann (Abb. 12 und Taf. XXI)". Er liegt seitlich des monumentalen Eingangstores und des anschließenden, dem Pantheon in Rom nachgebauten Zeus-Asklepios-Tempels. Ein Tor des Saales öffnet sich auf den Platz, ein anderes auf die Nordhalle des Komplexes. In der Achse des nun wieder leicht längsrechteckigen Raumes befindet sich die Statuennische, vor der eine Statue des Hadrian gefunden wurde, gestiftet von einer reichen Dame, Flavia Melitine, die in einer anderen Inschrift des Heiligtums wegen der Stiftung der Bibliothek besonders geehrt wird'. In den Wänden, mit Ausnahme der Eingangswand, finden sich jederseits der Apsis acht Nischen von 65 cm Tiefe, die freilich ohne ein Podium 1,75 m über dem Boden beginnen. Aus gewissen 51 Callmer 175f. Abb. 18; Tonsberg 98ff. Abb. 59. Ch. Habicht, AvP VIII 3 (1969) 29f. Nr. 6 Taf. 2; 84f. Nr. 38 Taf. 13. Römische Bibliotheken ZEUSASKLEPI OS T EMPEL Abb. 12 Pergamon, AsIdepieion, Bibliothek 321 322 Volker Michael Strocka Indizien hat sich schließen lassen, daß hier ein Holzpodium anzunehmen ist, ohne das ein Zugang zu den Schränken natürlich unmöglich wäre. Das besterhaltene aller Bibliotheksgebäude habe ich mir zum Schluß aufgespart: Es ist etwas älter als die Stiftung der Flavia Melitine und steht gleichfalls in Kleinasien, nämlich in Ephesos. Ich meine die bereits vor rund 80 Jahren von den Österreichern ausgegrabene Celsus-Bibliothek, so genannt nach dem durch viele Inschriften bekannten Stifter Tiberius Julius Celsus Polemaeanus 52 . Taf. XXII gibt das freigelegte Gebäude, das südlich der Agora von Ephesos an einem eigenen Platz gelegen ist, in dem Zustand wieder, der bis 1972 bestand. Der quergelagerte Bau ist über eine durchlaufende Freitreppe zu betreten. Noch die wenigen aufrecht stehenden Reste der Fassade zeigten, wie prunkvoll dieser Bau ausgestattet gewesen sein muß. Zwischen den drei Durchgängen zum Lesesaal fanden sich vier Nischen für Idealstatuen, deren Namen auf die Basen eingemeißelt sind: die vier Tugenden des Stifters, Ioqpi,a, 'Aperii, ("Evvot,a) 53 und 'Errau'rinisl. Durchschreitet man die Reste der Marmorfassade, betritt man einen Raum, der auch ohne inschriftliche Sicherung durch sein Podium und die Wandschränke eindeutig als Bibliothek stadtrömischen Typus' erkennbar wäre. Der Grundriß (Abb. 13) zeigt sehr klar, daß dieser mit rund 16 x 11 m nicht besonders große Saal in der Mittelachse von einer Apsis beherrscht wird, zu deren Seiten sich über einem 1 m hohen und 1,20 m tiefen Podium zehn Wandschränke aufreihen. Sie sind nur einen Meter breit und 2,80 m hoch. Auf dem Podium haben sich die Aufschnürungen für die Säulenstellung der Galerie erhalten, die selbst längst verschwunden ist, aber noch durch die Reste von Wandnischen im oberen Geschoß bewiesen werden kann. Wegen der rekonstruierbaren Raumhöhe ist sogar, wie schon Wilhelm Wilberg angenommen hat, ein weiteres Galeriegeschoß, also insgesamt 30 Wandschränke, wahrscheinlich (Abb. 14). Im Grundriß fallen die scheinbar doppelten Mauern hinter den Schränken ins Auge, die man sehr häufig als bewußte Vorkehrung zur TrockenW. Wilberg, öJh 11, 1908, 118ff.; W. Wilberg - M. Theuer - F. Eichler - J. Keil, FiE V 1: Die Bibliothek (1944, 2 1953); F. Hueber - V. M. Strocka, AW 6, 1975 Heft 4, 3ff.; F. Hueber, Proceedings of the Tenth Internat. Congress of Classical Archaeology 1973, 11 (1978) 979ff. Taf. 307. 308. Eine Neupublikation der Celsusbibliothek von F. Hueber und V. M. Strocka ist in Vorbereitung. ' Die dritte Statuenbasis wurde gegen 400 n. Chr. im Zuge einer Restaurierung wohl nicht ohne Bezug auf die ursprüngliche Inschrift mit gvvota cik,XiArTrou beschrieben (FiE V 1, 7(E). 52 Römische Bibliotheken 323 Abb. 13 Ephesos, Celsusbibliothek, Grundriß haltung der Wandschränke gedeutet hat. In Wirklichkeit stellen sie genau das Gegenteil dar, nämlich schmale Traufgassen, in welche das Regenwasser vom Dach der Bibliothek wie von den Dächern der angrenzenden Gebäude hinablief. Die Gänge haben Gefälle bis zu einem Punkt, wo sich Abflußkanäle für die Wassermassen finden. Es war hinter den Schränken also sogar besonders feucht. Die äußeren Mauern gehören eindeutig zu den benachbarten Gebäuden, und so zeigt sich, daß die Bibliothek in eine Baulücke gesetzt war. Die Fassade nutzt den engen Raum voll aus, um den Bau größer erscheinen zu lassen, als der eigentliche Saal tatsächlich sein kann. Im Podium unter der Apsis befinden sich zwei kleine Fenster, welche eine Krypta erleuchten, die über den nördlichen Gang zugänglich ist. Die Ausgräber Josef Keil und Rudolf Heberdey werden sehr erstaunt gewesen sein, als sie in dieser Krypta einen 324 Volker Michael Strocka Abb. 14 Ephesos, Celsusbibliothek, Schnitt unversehrten monumentalen Marmorsarkophag entdeckten, die Grablege des Stifters, der hier noch heute ruht'. Der Sarg muß während des Baus der Bibliothek in die enge Kammer eingelassen worden sein, weil es keinen anderen Zugang gibt als durch das später geschlossene Gewölbe. Eine Inschrift trägt er nicht, bedurfte ihrer auch nicht, weil er dem Publikum unzugänglich, die prunkvolle Fassade des Gebäudes aber mit Inschriften geradezu überhäuft war. Der Architekt Wilhelm Wilberg rekonstruierte sie auf dem Papier bereits 1908 aus den zahlreichen Trümmern des durch ein mittelalterliches Erdbeben niedergeworfenen Gebäudes (Abb. 15). Zwischen den drei Eingängen oberhalb der Freitreppe stehen vor der Wand vier Säulenpaare, über denen sich das Gebälk so vorFiE V 1, 40f. 43ff. Römische Bibliotheken 325 Abb. 15 Ephesos, Celsusbibliothek, Ansicht kröpft, daß Tabernakel entstehen, welche die vier Statuennischen mit den Tugenden des Stifters zu schützen scheinen. Im oberen Geschoß ist der Rhythmus umgekehrt. Nun stehen drei giebelgekrönte Ädikulen über den Eingängen, d. h. den Lücken zwischen den unteren Tabernakeln. Über der ersten und der achten Säule ragt im Obergeschoß je eine einzelne Säule, die ein detachiertes Gebälk trägt. Hinter den Giebeln des Obergeschosses schließt eine niedrige Attika-Zone die Fassade ab. Über den Eingängen befinden sich im Untergeschoß mit Marmorgittern versehene Öffnungen und im Obergeschoß große vergitterte Fenster, die von den Ädikulen beschattet werden. Über den unteren Tabernakeln standen im Ober- 326 Volker Michael Strocka geschoß vier Statuen auf hohen Basen, die sich durch deren Inschriften dreimal als der Stifter Celsus und einmal als der Erbauer, sein Sohn Tiberius Julius Aquila, erweisen. Auch sonst fehlt es an Inschriften nicht. Links und rechts der Treppe ist die gesamte Karriere des Tiberius Julius Celsus Polemaeanus in Latein bzw. Griechisch aufgezeichnet. Am Architrav des Untergeschosses läuft die eigentliche Bauinschrift, die sowohl die Stiftung der Bibliothek durch Celsus den Vater als auch die Errichtung durch seinen Sohn Aquila und die Vollendung durch die Erben und den Testamentsvollstrecker Tiberius Claudius Aristion bekanntgibt. Aus diesen Inschriften wissen wir bereits das Wichtigste über Leben und Bedeutung des Stifters'. Er war in Kleinasien geboren und in einer nur Söhnen sehr reicher Familien offenen Ämterlaufbahn als Jurist und Militär unter Vespasian bis in den römischen Senat gelangt und unter Domitian im Jahre 92 Suffektkonsul geworden, eine damals erst Kleinasiaten eröffnete Rangstellung. 105/6 oder 106/7 wurde er sogar Prokonsul der Provinz Asia mit Sitz in Ephesos. Dies war das höchte und letzte Amt, das ein römischer Senator erreichen konnte. Es war auf ein Jahr beschränkt. Celsus scheint danach noch einige Jahre, vermutlich in Ephesos, gelebt zu haben. Nach einer anderen Inschrift muß Celsus vor dem Jahre 114 verstorben sein. Sein Sohn Tiberius Julius Aquila, der 110 n. Chr. römischer Konsul geworden war, errichtete zu Ehren seines Vaters das Gebäude, starb aber noch vor der Vollendung. Als Gast der österreichischen Ausgrabungen von Ephesos, an denen ich von 1967 bis 1978 teilnahm, suchte ich, fasziniert von dieser Zeichnung, nach den Resten der Bibliothek, die Wilberg zu seiner Rekonstruktion gedient haben mußten. Bei der Bibliothek selbst fand sich fast nichts, um so mehr aber im großen Durcheinander auf der benachbarten Agora, teilweise überwuchert, teilweise verschüttet, wie sich zeigen sollte, darüber hinaus im Stadtgebiet und schließlich in Izmir, wohin nach der Ausgrabung die schönsten Stücke gelangt waren, ohne je im Museum aufgestellt zu werden. Als ich glaubte, genügend Stücke beisammen zu haben, machte ich mich auf die Suche nach einem Geldgeber für den Wiederaufbau dieser herrlichen Fassade. Ich hatte ungewöhnliches Glück, indem nicht nur der erforderliche Baukran von einer deutschen Firma geschenkt wurde, sondern sich auch in einem österreichischen Bauunternehmer der seltene Mäzen fand, der bereit war, die Kosten für " FiE V 1, 61ff. Römische Bibliotheken 327 den gesamten Aufbau aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Als Architekten, ohne den ich das Werk nicht einmal hätte beginnen können, gewann ich Herrn Dr.-Ing. Friedmund Hueber aus Wien. Von 1970 bis 1978 haben wir gemeinsam mit einer Schar von Restauratoren, Studenten und türkischen Arbeitern den Bau und seine rund 750 wiedergefundenen Fassadenfragmente genau untersucht und in langwieriger Arbeit aufgebaut. Das Ergebnis, wie es seit Herbst 1978 steht, mögen Sie selbst mit Wilbergs alter Zeichnung vergleichen. Unstreitig ist es nun die besterhaltene, vielleicht schönste Bibliothek römischer Zeit. Wir haben zwar keine neuen Erkenntnisse über die Funktion und den Inhalt dieser Bibliothek gewinnen können, doch ist das Gebäude nun eigentlich erst wieder vorhanden und seine Gestalt anschaulich geworden. So kann man zum Beispiel die Stiftungsinschrift über der ersten Nische links (Taf. XXIII) wieder Zeile für Zeile lesen und daraus etwa lernen, daß von den Zinsen des gestifteten Grundkapitals von 25 000 Denaren der Unterhalt des Baus, die Besoldung der Bibliotheksdiener und die Anschaffung neuer Bücher bestritten werden sollten, die Erben aber 2000 Denare vom Kapital nahmen, um den Bau ohne eigene Unkosten zu vollenden, ferner, daß am Geburtstage des Celsus seine Statuen zu bekränzen waren und dergleichen mehr. Auch auf der Rückseite der Fassade befanden sich lateinische Inschriften, von denen wenigstens ein kleines Bruchstück festgestellt und an der richtigen Stelle angebracht werden konnte. An dieser Rückseite, die eine glatte Marmorwand, vielleicht mit einem unterbrechenden Gesims darstellt, ist immerhin durch die gesicherte Höhe der originalen alten Balkenlöcher die Höhe des Raumes selbst gut abzuschätzen. Auch der Lesesaal ist nun anschaulicher geworden. Wir haben die Wände des zweiten Galeriegeschosses durch moderne, aber den römischen Ziegeln nachgebrannte Ziegelsteine erhöht, um auch den alten Mauerbestand zu konservieren, und den in Resten erhaltenen marmornen Fußbodenbelag in Kunststein nachgeahmt. Die Schranknischen dienen heute zur Aufnahme der Informationstafeln, die dem Besucher die Geschichte des Baues und seiner Wiedererrichtung erklären. Die Wirkung der Marmorfassade (Taf. XXIV) ist außerordentlich prachtvoll. Mit all ihren Inschriften und auf den Stifter bezüglichen Statuen und dem ganzen Prunk ist sie ohnehin für eine Bibliothek nicht sehr passend und stellt ja auch in Wahrheit weit mehr dar als diese, nämlich ein Mausoleum, das Ehrengrab des Stifters mitten in der Stadt, was ein unerhörtes Privileg war, das eigentlich nur Heroen oder eben sehr reiche, einflußreiche - 328 Volker Michael Strocka Leute genossen. Daß sich Celsus mit der Stiftung einer Bibliothek alleine sein Grab an dieser prominenten Stelle erwirkt hätte, ist wenig glaublich. Er und seine Familie müssen der Stadt Ephesos mehr bedeutet haben. Daß er sein Grab aber in eine Bibliothek verlegt, die zugleich öffentlichen Nutzen und dauernden Ruhm bringt, ist ein damals sehr aufgeklärter, moderner Gedanke gewesen, den unmittelbar zuvor Kaiser Traj an in seinem Forum verwirklicht hatte. Celsus, der nach seinem Konsulat auch die gewichtige Funktion eines Curator operum publicorum, also eines Vorsitzenden der obersten römischen Baubehörde bekleidet hatte, wußte wohl auch später genau, was in Rom vorging. Ich glaube nachweisen zu können, daß die Bauleute mit dem Architekten vorher in Rom an den Trajanischen Großbauten, vor allem der Erneuerung des Cäsar-Forums, tätig gewesen sind, da sich ganz eindeutige stadtrömische Elemente in den Ornamentdetails wie im Stil wiederfinden". Dazu kommt die in Kleinasien erstmalige Verwendung von Ziegelmauern für aufgehende Wände, was in Rom seit Augustus üblich war. Wie hervorragend das Bauwerk tatsächlich ist, mag die Entdekkung meines Kollegen Hueber beweisen: Die Fassade besaß eine Kurvatur, die man bisher nur von griechischen Tempeln kannte, d. h. nicht nur die Standfläche der Fassade war symmetrisch leicht aufgewölbt, sondern auch das Gebälk vollzog dieselbe gespannte Linie, die ein optisches Einsinken der Horizontale verhindern sollte und in der Tat die Plastizität und Wirkungssteigerung der Fassade sichert. Dazu kommt, daß die Säulen unterschiedlich lang und dick sind, indem sie nach außen hin kürzer und schmäler werden und so die Breitenwirkung der Fassade steigern. Wie fein die Gliederung der beiden Säulengeschosse aufeinander abgestimmt ist, daß die majestätische Entfaltung in die Breite die Waage hält zur steilen Höhenentwicklung und zur feinen, aber deutlichen Betonung der Mitte, mag erst die Betrachtung an Ort und Stelle ganz erschließen. Das Bauwerk und sein Stifter sind immerhin gewürdigt worden, Blickpunkt der von der Oberstadt hinabführenden Hauptstraße des antiken Ephesos zu sein und nun wiederum der von Hunderttausenden von Touristen bevölkerten Ruinenstadt. In der Tat ist eine der eindrucksvollsten Prunkfassaden der römischen Kaiserzeit wiedergewonnen. Daß es nur eine Fassade ist, mag enttäuschen. Als solche bestand sie aber seit dem 3. Jahrhundert weiter, als die Go56 V. M. Strocka, Proceedings of the Tenth Internat. Congress of Classical Archaeology 1973, II (1978) 893ff. Taf. 281-288. Römische Bibliotheken 329 ten die Bibliothek selbst eingeäschert hatten, bis ins hohe Mittelalter verwandelt in einen Brunnen; und eine Fassade ist diese Bibliothek eigentlich von Anfang an gewesen, indem die Bücher nur der Vorwand des eigentlichen Bauzwecks waren. Abbildungsverzeichnis Textabbildtingen: 1. Römisches Sarkophagrelief (E. Petersen, RM 15, 1900, 171 Abb. 5). - 2. Pergamon, Bibliothek im Athenabezirk (AvP II [1885] Taf. 3, Ausschnitt). - 3. Athen, Agora, Bibliothek des Pantainos (47) (The Athenian Agora. Guide 11976] Plan, Ausschnitt). - 4. Rom, Palatin, Doppelbibliothek (Ch. Callmer, OpArch 3, 1944, 158 Abb. 7). - 5. Rom, Traj ansforum, Bibliotheken (ebd. Abb. 9). 6. Rom, Trajansthermen, Exedra L, Ausschnitt mit Rekonstruktion der Säulengalene (K. de Fine Licht, Untersuchungen an den Trajansthermen zu Rom [1974] Abb. 22). - 7. Rom, Trajansthermen, Exedra L, Grundriß und Aufriß (nach K. de Fine Licht, ebd. Tat I 3.4). - 8. Tivoli, Villa Adriana, Bibliothek (C) (H. Winnefeld, Die Villa des Hadrian bei Tivoli. 3. Ergh. JdI [1895] Taf. 8). -9. Rom, Caracallathermen, westliche Bibliothek (Neuzeichnung C. Haase). - 10. Athen, Hadriansbibliothek, Grundriß (Travlos, Athen, Abb. 316). - 11. Athen, Hadriansbibliothek, Schnitte durch Bibliotheksgebäude und Hof (M. A. Sisson, BSR 11, 1929 Taf. 24). - 12. Pergamon, Asklepieion, Bibliothek (AvP XI 2 [1975] Taf. 84, Ausschnitt). - 13. Ephesos, Celsusbibliothek, Grundriß (FiE V 1 [1944] Abb. 3 [W. Wilberg]). - 14. Ephesos, Celsusbibliothek, Schnitt (ebd. Abb. 78 [W. Wilberg]). - 15. Ephesos, Celsusbibliothek, Ansicht (ebd. Taf. 2 [W. Wilberg]). Tafelabbildungen: XIIIa.b. Pompeji, Casa del Menandro (I 10,4), Bibliothek (?) im Südflügel des Peristyls (Photo Strocka). - XIVa. Athen, Agora, Pantainosbibliothek (Modell) - XIVb. Athen, Agora, Inschrift von der Pantainosbibliothek (a. b. H. A. Thompson - R. E. Wycherley, The Agora of Athens. Agora XIV [1972] Taf. 62 a.b). - XVa.b. Rom, Museo della Civiltä romana, Modell einer Bibliothek des Trajansforum, a. Fassade. b. Innenansicht (a. Inst. Neg. Rom 72.2617, b. Inst. Neg. Rom 72.2629). - XVI. Rom, Trajansthermen, Exedra L (Photo P. Monti [Inst. Rom Repro]). - XVII. Rom, Caracallathermen, westliche Bibliothek (Inst. Neg. Rom 80. 1683 [Repro nach 38. 1471]). - XVIIIa.b. Rom, Museo della Civiltä romana, Rekonstruktion einer römischen Bibliothek (nach Villa Adriana) (a. Inst. Neg. Rom 72.2613, b. Inst. Neg. Rom 72.2616). - XIXa. Timgad, Bibliothek (Modell der Ruine im Museo della Civiltä romana) (Inst. Neg. Rom 73.1127). - XIXb. Timgad, Bibliothek, Schnitt (H. F. Pfeiffer, MemAmAc 9, 1931 Taf. 18). - XX. Athen, Hadriansbibliothek, Ostwand (Ausschnitt) (Inst. Neg. Athen AT Baut. 603). - XXI. Pergamon, Asklepieion, Bibliothek (Inst. Neg. Istanbul. Pergamon-Grabung 80/177,1. Für die Neuaufnahme danke ich Frau E. Steiner herzlich). - XXII. Ephesos, Celsusbibliothek (1971) (Photo Roewer). - XXIII. Ephesos, Celsusbibliothek, Stiftungsinschrift (1978) (Photo Strocka). - XXIV. Ephesos, Celsusbibliothek, Fassade (1978) (Photo Strocka). TAFEL XIII STROCKA .01110.110111~1111111101 0. , effege *Ariterel, , CC; (4. TAFEL XIV e.« STROCKA STROCKA TAFEL XV TAFEL XVI STROCKA STROCKA TAFEL XVII TAFEL XVIII STROCKA 4,21y, y2 ; / „ • ......... A *019/%7 /(r. 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