This article proposes that the eighteenth-century novel Siebenkäs contains the formulation of an aesthetic theory that embraces same-sex desire. The novel's author, Jean Paul Friedrich Richter, still relatively unknown among literary...
moreThis article proposes that the eighteenth-century novel Siebenkäs contains the formulation of an aesthetic theory that embraces same-sex desire. The novel's author, Jean Paul Friedrich Richter, still relatively unknown among literary scholars today, uses the myth of Narcissus as an aesthetic blueprint for the novel. In doing so, he appears to comply with the aesthetic conventions espoused by his German Romantic peers, many of whom considered self-contemplation to be a prerequisite for gaining access to the Absolute, a term that designates an unconditioned totality that was dear to authors, artists and philosophers at the time. However, the article suggests that Jean Paul's true purpose is to employ the myth to subversive ends. In particular, the author builds upon the myth's homoerotic underpinnings-largely (but not entirely) forgotten in the eighteenth century-to articulate a theory of aesthetics that no longer seeks to efface homosexual desire. The aesthetic worldview that emerges from this process is one that foregrounds imitation as a fundamental building-block of queer aesthetics and that, in contraposition to some of the dominant aesthetic thinking of the age, advocates the legitimacy of an aesthetics that celebrates desire rather than suppressing it. In diesem Artikel wird vorgeschlagen, dass der im achtzehnten Jahrhundert erschienene Roman Siebenkäs eine ästhetische Theorie darstellt, die gleichgeschlechtliches Begehren einbezieht. Der Autor Jean Paul-der in der Literaturwissenschaft bis heute relativ unbekannt ist-, verwendet den Mythos von Narziss als ästhetischen Entwurf für den Roman. Damit scheint er den ästhetischen Konventionen zu entsprechen, die von seinen Zeitgenossen*innen aus der deutschen Romantik vertreten wurden, von denen viele die Selbstbesinnung als Voraussetzung für den Zugang zum Absoluten betrachteten-d. h. zu jener unbedingten Totalität, die den Literatur-und Kunstschaffenden der damaligen Zeit am Herzen lag. Dieser Artikel legt jedoch nahe, dass Jean Pauls wahre Absicht darin besteht, den Mythos für subversive Zwecke einzusetzen. Insbesondere baut der Autor auf den homoerotischen Hintergrund des Mythos auf, der im achtzehnten Jahrhundert weitgehend (aber nicht vollständig) vergessen war, um eine Theorie der Ästhetik zu formulieren, die nicht mehr versucht, homosexuelles Begehren auszulöschen. Die ästhetische Weltanschauung, die aus diesem Prozess hervorgeht, ist eine, die die Nachahmung als grundlegenden Baustein einer queeren Ästhetik in den Vordergrund stellt und die-im Gegensatz zu einem Teil des vorherrschenden ästhetischen Denkens der Zeit-für die Legitimität einer Ästhetik eintritt, die das Begehren feiert, anstatt es zu unterdrücken.