Gruppentheorie: Benjamin Sambale Leibniz Universität Hannover Version: 20. August 2023

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Gruppentheorie

Vorlesung im Wintersemester 2020/21

Benjamin Sambale
Leibniz Universität Hannover
Version: 20. August 2023
Inhaltsverzeichnis

Vorwort 2

1 Untergruppen, Normalteiler und Faktorgruppen 3

2 Abelsche und auflösbare Gruppen 10

3 Kommutatoren und nilpotente Gruppen 17

4 p-Gruppen und die Frattinigruppe 22

5 Komplemente und Hallgruppen 29

6 Permutationsgruppen 39

7 Verlagerung und normale Komplemente 48

8 Erzeuger und Relationen 60

9 Zentralprodukte und die verallgemeinerte Fittinggruppe 65

10 Die Einfachheit von PSL(n, q) 74

11 Schur-Erweiterungen 78

Aufgaben 90

Anhang 102

Stichwortverzeichnis 108

Vorwort

Dieses Skript entstand aus Vorlesungen an der Technischen Universität Kaiserslautern (Wintersemester
2016/17) und an der Leibniz Universität Hannover (Wintersemester 2020/21). Diese Vorlesung richtet
sich hauptsächlich an Bachelor- und Master-Studierende der Mathematik. Es werden Kenntnisse
der Algebra 1 & 2 vorausgesetzt, wobei die wichtigsten Ergebnisse im ersten Kapitel ohne Beweise
wiederholt werden (Beweise findet man zum Beispiel in meinem Algebra-Skript). Nachträglich sind
einige Ergänzungen hinzugekommen: unter anderem Sätze von Gaschütz, Rose und Shemetkov über
Komplemente sowie Alperins Fusionssatz, Puigs Hyperfokalsatz und Tates Verlagerungssatz mit einem
relativ unbekannten Beweis von Brandis.

Ich danke Annika Bartelt, Luca Blaas, Jonathan Gruber, Gereon Koßmann, Julia Liebner und Scheima
Sara Obeidi für wertvolle Fehlerhinweise.

Literatur:

• H. Kurzweil, B. Stellmacher, Theorie der endlichen Gruppen, Springer, Berlin, 19981


1
2004 erschien eine englische Version, allerdings mit einigen Druckfehlern.

2
• G. Stroth, Endliche Gruppen, De Gruyter, Berlin, 20132

• B. Huppert, Endliche Gruppen I, Springer, Berlin, 19673

• I. M. Isaacs, Finite group theory, Amer. Math. Soc., R.I., 20084

• J. J. Rotman, An introduction to the theory of groups, 4th edition, Springer, New York, 1995

• D. Gorenstein, Finite groups, 2nd edition, Chelsea, New York, 1980

1 Untergruppen, Normalteiler und Faktorgruppen

Wir wiederholen in diesem Kapitel einige Ergebnisse der Algebra-Vorlesung.

Definition 1.1. Eine Gruppe G ist eine Menge zusammen mit einer Abbildung G×G → G, (x, y) 7→ xy,
sodass folgende Eigenschaften gelten:

• ∀x, y, z ∈ G : (xy)z = x(yz) (Assoziativität).

• ∃e ∈ G : ∀x ∈ G : ex = x (neutrales Element).

• ∀x ∈ G : ∃y ∈ G : yx = e (inverse Elemente).

Gilt zusätzlich

• ∀x, y ∈ G : xy = yx (Kommutativität),

so nennt man G abelsch. Die Ordnung von G ist die Mächtigkeit |G|.

Bemerkung 1.2.

(i) Im Folgenden sei G stets eine Gruppe.

(ii) Für x ∈ G existieren y, z ∈ G mit yx = e = zy. Es folgt

xy = e(xy) = (zy)(xy) = z(yx)y = z(ey) = zy = e

und xe = x(yx) = (xy)x = ex = x. Ist auch e′ ∈ G ein neutrales Element, so gilt e′ = e′ e = e.


Also ist e eindeutig bestimmt und wir schreiben e = 1G = 1. Sei nun y ′ ∈ G mit y ′ x = e. Dann ist
y ′ = y ′ e = y ′ (xy) = (y ′ x)y = ey = y. Somit hat x genau ein Inverses und wir schreiben y = x−1 .
Offenbar ist (x−1 )−1 = y −1 = z = x.

(iii) Achtung: Die Existenz der inversen  1Elemente


 1 1  ist nicht äquivalent zu ∀x ∈ G : ∃y ∈ G : xy =
e. Betrachte zum Beispiel G = 0
00 , 00 bzgl. Matrizenmultiplikation. Man muss also
„linksneutral + linksinvers“ oder „rechtsneutral + rechtsinvers“ fordern.

(iv) Für x, y ∈ G ist (xy)−1 = y −1 x−1 .


2
Ein kurzes Buch mit einigen fortgeschrittenen Themen.
3
Ein Klassiker mit fast 800 Seiten. Wegen Fraktursymbolen etwas schwer zu lesen.
4
Anfängerfreundlich mit sehr ausführlichen Beweisen. Für meinen Geschmack zu ausführlich – es bleiben keine eigenen
Aha-Effekte.

3
(v) Für x ∈ G und k ∈ Z definieren wir

falls k = 0,

1G

k
x := x . . . x (k Faktoren) falls k > 0,
falls k < 0.

 −1 −k
(x )

Sicher ist dann xm xn = xm+n und (xm )n = xmn für n, m ∈ Z. Man nennt inf{n ≥ 1 : xn = 1}
die Ordnung von x. Dabei sei inf ∅ = ∞. Besteht G aus Potenzen von x, so heißt G zyklisch. In
diesem Fall ist G auch abelsch. Elemente der Ordnung 2 nennt man Involutionen.

Beispiel 1.3.
(i) Die triviale Gruppe G = {1}. Wir schreiben dann auch G = 1.
(ii) Die ganzen Zahlen Z bilden bzgl. Addition eine abelsche Gruppe. Das neutrale Element ist dabei
0. Dagegen ist Z bzgl. Multiplikation keine Gruppe.
(iii) Die invertierbaren n × n-Matrizen über einen Körper K bilden bzgl. Matrizenmultiplikation die
allgemeine lineare Gruppe GL(n, K). Das neutrale Element ist die Einheitsmatrix 1n . Es gilt
GL(1, K) = K × = K \ {0}. Für n ≥ 2 ist GL(n, K) nichtabelsch. Falls |K| = q < ∞, so schreiben
wir GL(n, q) := GL(n, K) (dies ist wohldefiniert, da es bis auf Isomorphie nur einen Körper mit q
Elementen gibt).
(iv) Die Bijektionen einer Menge Ω bilden bzgl. Komposition von Abbildungen die symmetrische
Gruppe Sym(Ω) mit neutralem Element idΩ . Die Elemente von Sym(Ω) heißen Permutationen.
Für Ω = {1, . . . , n} schreiben wir Sn := Sym(Ω). Es gilt dann |Sn | = n!.
(v) Für jede nichtleere Familie von Gruppen (Gi )i∈I ist das direkte Produkt ×i∈I Gi eine Gruppe mit
(gi )i∈I (hi )i∈I := (gi hi )i∈I für (gi )i∈I , (hi )i∈I ∈ ×i∈I Gi . Für I = {1, . . . , n} schreibt man auch
G1 × . . . × Gn und Gn , falls G := G1 = . . . = Gn .

Definition 1.4. Eine nichtleere Teilmenge H ⊆ G mit xy −1 ∈ H für alle x, y ∈ H heißt Untergruppe
von G. Wir schreiben dann H ≤ G und H < G, falls H ̸= G. Die Mengen der Form gH := {gh : h ∈ H}
nennt man (Links)nebenklassen von H in G. Die Menge aller Linksnebenklassen ist G/H := {gH : g ∈
G} und |G : H| := |G/H| ist der Index von H in G.

Bemerkung 1.5. Man zeigt leicht, dass dann H mit der eingeschränkten Verknüpfung ebenfalls eine
Gruppe ist. Ist G abelsch, so auch H. Ist K ≤ H, so gilt auch K ≤ G.

Beispiel 1.6.
(i) Jede Gruppe G besitzt die Untergruppen 1 und G. Eine Untergruppe H < G heißt maximal , falls
keine Untergruppe K mit H < K < G existiert. Analog definiert man minimale Untergruppen.
(ii) Für Hi ≤ G ist i∈I Hi ≤ G.
T

(iii) Für U ⊆ G ist \


⟨U ⟩ := H≤G
U ⊆H≤G

die von U erzeugte Untergruppe. Offenbar besteht ⟨U ⟩ aus den Elementen der Form x±1 ±1
1 . . . xn
mit x1 , . . . , xn ∈ U (dies entspricht den Linearkombinationen in der linearen Algebra). Im Fall
⟨U ⟩ = G ist U ein Erzeugendensystem von G. Ist zusätzlich U = {x1 , . . . , xn }, so schreibt man

4
G = ⟨x1 , . . . , xn ⟩ statt ⟨U ⟩. In diesem Fall ist G endlich erzeugt. Ist |U | ≤ 1, so ist G zyklisch. Im
Allgemeinen ist |⟨x⟩| die Ordnung von x.
(iv) Für n ∈ Z ist nZ ≤ Z.
(v) Jede endliche Untergruppe der multiplikativen Gruppe eines Körpers K ist zyklisch (Algebra).
Für n ∈ N besitzt K × höchstens eine Untergruppe der Ordnung n; diese besteht aus den n-ten
Einheitswurzeln.
(vi) Die spezielle lineare Gruppe ist SL(n, K) := {A ∈ GL(n, K) : det(A) = 1} ≤ GL(n, K).
(vii) Die alternierende Gruppe Alt(Ω) := {σ ∈ Sym(Ω) : sgn(σ) = 1} ≤ Sym(Ω) für eine nichtleere,
endliche Menge Ω. Wir setzen An := Alt({1, . . . , n}) für n ≥ 1.

Satz 1.7 (Lagrange). Für eine Gruppe G und H ≤ G gilt

|G| = |G : H||H|.

Insbesondere sind |H| und |G : H| Teiler von |G|, falls |G| < ∞.

Beweis. Algebra.

Definition 1.8. Für X, Y ⊆ G sei XY := {xy : x ∈ X, y ∈ Y } und X −1 := {x−1 : x ∈ X}.

Lemma 1.9. Für U, V, W ≤ G gilt


(i) U ⊆ V =⇒ |G : U | = |G : V ||V : U |.
(ii) U V ≤ G ⇐⇒ U V = V U .

(iii) |U V ||U ∩ V | = |U ||V | (Produktformel ).

(iv) U ⊆ W =⇒ U V ∩ W = U (V ∩ W ) (Dedekind-Identität).
(v) |G : U ∩ V | ≤ |G : U ||G : V | (Poincaré).
(vi) Sind |G : U | und |G : V | endlich und teilerfremd, so ist |G : U ∩ V | = |G : U ||G : V | und G = U V .

Beweis. Aufgabe 2.

Satz 1.10. Ist G endlich erzeugt und H ≤ G mit |G : H| < ∞, so ist auch H endlich erzeugt.

Beweis. Sei X = X −1 ein endliches Erzeugendensystem von G und R ein Repräsentantensystem für
G/H mit 1 ∈ R. Für x ∈ X und r ∈ R existieren α(x, r) ∈ H und γ(x, r) ∈ R mit xr = γ(x, r)α(x, r).
Jedes Element in H hat die Form h = x1 . . . xn mit x1 , . . . , xn ∈ X. Dabei gilt

h = x1 . . . xn 1 = x1 . . . xn−1 γ(xn , 1)α(xn , 1) = x1 . . . xn−2 γ(xn−1 , γ(xn , 1))α(xn−1 , γ(xn , 1))α(xn , 1)


= . . . = γ(x1 , . . .)α(x1 , . . .) . . . α(xn , 1).

Wegen h ∈ H gilt dabei γ(x1 , . . .) = 1. Es folgt H = ⟨α(x, r) : x ∈ X, r ∈ R⟩.

Bemerkung 1.11. Der obige Beweis zeigt, dass man H mit |X||G : H| Elementen erzeugen kann. Der
Satz von Reidemeister-Schreier liefert die optimale Schranke |G : H|(|X| − 1) + 1 für die Anzahl der
Erzeuger (ohne Beweis).

5
Definition 1.12. Eine Untergruppe H ≤ G heißt Normalteiler von G, falls ghg −1 ∈ H für alle g ∈ G
und h ∈ H gilt. Man sagt auch: H ist normal in G. In diesem Fall schreiben wir H ⊴ G und H ◁ G,
falls H < G.

Bemerkung 1.13.
(i) Genau dann ist H ≤ G normal, wenn gH = Hg für alle g ∈ G gilt.
(ii) Für N ⊴ G wird G/N mittels (xN )(yN ) := xyN für x, y ∈ G zu einer Gruppe. Man nennt dann
G/N die Faktorgruppe von G nach N (obwohl „Quotientengruppe“ passender wäre). Ist G abelsch,
so auch G/N . Die Gleichheit xN = yN schreiben wir auch in der Form x ≡ y (mod N ).

Beispiel 1.14.
(i) Untergruppen von abelschen Gruppen sind stets normal. Insbesondere ist nZ ⊴ Z und Z/nZ ist
zyklisch der Ordnung n, falls n > 0.
(ii) Untergruppen mit Index 2 sind normal (Aufgabe 1).
(iii) Für H ≤ G ist H G := ⟨gHg −1 : g ∈ G⟩ der normale Abschluss von H in G. Dies ist der „kleinste“
Normalteiler von G, der H enthält. Analog ist HG := g∈G gHg −1 der Kern von H in G, d. h. der
T
„größte“ Normalteiler von G, der in H enthalten ist.
(iv) Für jede Familie von Normalteilern (Ni )i∈I von G ist i∈I Ni ⊴ G und ⟨Ni : i ∈ I⟩ ⊴ G. Für
T
N, M ⊴ G ist [ [
NM = xM = M x = M N = ⟨N, M ⟩ ⊴ G
x∈N x∈N

nach Lemma 1.9.


(v) S2 ⋬ S3 , denn (1, 3)(1, 2)(1, 3)−1 = (2, 3) ∈
/ S2 .

Definition 1.15. Eine Abbildung f : G → H für Gruppen G und H heißt


(i) Homomorphismus, falls f (xy) = f (x)f (y) für x, y ∈ G gilt.
(ii) Monomorphismus, falls f ein injektiver Homomorphismus ist.
(iii) Epimorphismus, falls f ein surjektiver Homomorphismus ist.
(iv) Isomorphismus, falls f ein bijektiver Homomorphismus ist.
(v) Endomorphismus, falls f ein Homomorphismus mit G = H ist.
(vi) Automorphismus, falls f ein bijektiver Endomorphismus ist.

Beispiel 1.16.
(i) Der triviale Homomorphismus G → H, g 7→ 1 und der triviale Automorphismus idG .
(ii) Für H ≤ G ist die Inklusionsabbildung H → G, h 7→ h ein Monomorphismus.
(iii) Ist f : G → H ein Homomorphismus und U ≤ G, so ist auch die Einschränkung f|U : K → H ein
Homomorphismus.
(iv) Für N ⊴ G gibt es den kanonischen Epimorphismus G → G/N , g 7→ gN .

6
Bemerkung 1.17.
(i) Für einen Homomorphismus f : G → H gilt offenbar f (1G ) = 1H und f (x−1 ) = f (x)−1 für x ∈ G.
Ist g : H → K ein weiterer Homomorphismus, so ist auch g ◦ f : G → K ein Homomorphismus.
Für U ≤ G und V ≤ H ist f (U ) ≤ H und f −1 (V ) := {x ∈ G : f (x) ∈ V } ≤ G. Für U ⊴ G ist
f (U ) ⊴ f (G), aber nicht unbedingt f (U ) ⊴ H! Für V ⊴ H ist hingegen stets f −1 (V ) ⊴ G (in der
Analysis sind Urbilder offener Mengen unter stetigen Abbildungen wieder offen, aber Bilder nicht
unbedingt). Insbesondere ist f (G) ≤ H und Ker(f ) = f −1 (1) ⊴ G (Kern von f ). Genau dann ist
f injektiv, wenn Ker(f ) = 1 gilt.
(ii) Ist f : G → H ein Isomorphismus, so auch f −1 : H → G. Man sagt dann G und H sind isomorph
und schreibt G ∼= H. Offenbar ist die Isomorphie von Gruppen eine Äquivalenzrelation. Da
isomorphe Gruppen die gleichen Eigenschaften haben, interessiert man sich in der Regel nur für
Gruppen bis auf Isomorphie.
(iii) Nach (ii) bilden die Automorphismen von G eine Untergruppe Aut(G) ≤ Sym(G). Man nennt
Aut(G) die Automorphismengruppe von G. Für x ∈ G ist die Abbildung fx : G → G, g 7→ xgx−1
ein innerer Automorphismus von G. Wegen fx ◦ fy = fxy für x, y ∈ G ist f : G → Aut(G), x 7→ fx
ein Homomorphismus mit Bild Inn(G) := f (G). Für α ∈ Aut(G) und g, x ∈ G gilt

(α ◦ fx ◦ α−1 )(g) = α(xα−1 (g)x−1 ) = α(x)gα(x)−1 = fα(x) (g).

Daher ist Inn(G) ⊴ Aut(G). Man nennt Out(G) := Aut(G)/Inn(G) die äußere Automorphismen-
gruppe von G.

Satz 1.18.
(i) (Homomorphiesatz) Für einen Homomorphismus f : G → H gilt G/Ker(f ) ∼
= f (G).

(ii) (Korrespondenzsatz) Für N ⊴G induziert der kanonische Epimorphismus G → G/N eine Bijektion
zwischen der Menge der Untergruppen H ≤ G mit N ≤ H und der Menge der Untergruppen von
G/N .
(iii) (1. Isomorphiesatz) Für H ≤ G und N ⊴ G gilt N ⊴ HN ≤ G, H ∩ N ⊴ H und

HN/N ∼
= H/(H ∩ N ).

(iv) (2. Isomorphiesatz ) Für N ⊴ G und N ≤ H ≤ G ist H ⊴ G genau dann, wenn H/N ⊴ G/N .
Gegebenenfalls ist G/H ∼= (G/N )/(H/N ).

Beweis. Algebra.

Definition 1.19. Eine Operation (engl. action) von G auf einer nichtleeren Menge Ω ist eine Abbildung
G × Ω → Ω, (x, ω) 7→ x ω mit folgenden Eigenschaften:
• ∀ω ∈ Ω : 1 ω = ω.
• ∀x, y ∈ G, ω ∈ Ω : x (y ω) = xy ω.
Man sagt dann auch G operiert auf Ω oder Ω ist eine G-Menge. Die Mächtigkeit |Ω| ist der Grad der
Operation. Sofern die Operation im Kontext klar ist, werden wir im Folgenden manchmal Eigenschaften
von Operationen auch den entsprechenden Gruppen zuordnen (z. B. der Grad von G).

7
Bemerkung 1.20.
(i) Operiert G auf Ω, so ist die Abbildung fx : Ω → Ω, ω 7→ x ω für x ∈ G eine Bijektion, d. h.
fx ∈ Sym(Ω). Außerdem ist die Abbildung f : G → Sym(Ω), x 7→ fx ein Homomorphismus.
Sei nun umgekehrt ein Homomorphismus f : G → Sym(Ω) gegeben. Dann erhält man durch x ω :=
(f (x))(ω) offenbar eine Operation. Operationen sind also nichts anderes als Homomorphismen
in die symmetrische Gruppe. Die Operation heißt treu (bzw. trivial ), falls Ker(f ) = 1 (bzw.
Ker(f ) = G) gilt.
(ii) Durch
α ∼ β :⇐⇒ ∃x ∈ G : x α = β (α, β ∈ Ω)
erhält man eine Äquivalenzrelation auf Ω. Die Äquivalenzklassen heißen Bahnen (engl. orbits).
Für eine Bahn ∆ ⊆ Ω ist |∆| die Länge von ∆. Für ω ∈ Ω sei G ω die Bahn, die ω enthält. Existiert
nur eine Bahn, so ist die Operation transitiv .
(iii) Für ω ∈ Ω ist
Gω := {x ∈ G : x ω = ω} ≤ G
der Stabilisator von ω in G. Für g ∈ G gilt dabei

Gg ω = {x ∈ G : xg ω = g ω} = {x ∈ G : g −1 xg ∈ Gω } = gGω g −1 .

Beispiel 1.21.
(i) Jede Untergruppe H ≤ G operiert auf G durch Linksmultiplikation, d. h. h g := hg für g ∈ G,
h ∈ H. Die Bahnen Hg heißen Rechtsnebenklassen. Analog operiert H von rechts durch h g := gh−1
und man erhält Linksnebenklassen gH. Wegen gH = (gHg −1 )g ist jede Linksnebenklasse auch
eine Rechtsnebenklasse, wenn auch nicht unbedingt zur gleichen Untergruppe.
(ii) Seien H, K ≤ G. Dann operiert H × K durch (h,k) g := hgk −1 auf G. Die Bahnen haben die
Form HgK und heißen Doppelnebenklassen von G nach (H, K). Ist H (bzw. K) normal, so ist
HgK = gHK eine Linksnebenklasse (bzw. Rechtsnebenklasse). Im Allgemeinen ist |HgK| =
|H(gKg −1 )| = |H : H ∩ gKg −1 ||K| kein Teiler von |G|.
(iii) G operiert auf sich selbst durch Konjugation x g := xgx−1 für x, g ∈ G. Die Bahnen heißen dabei
Konjugationsklassen und der Stabilisator von x ∈ G ist der Zentralisator

CG (x) := {g ∈ G : gx = xg}.

Zwei Elemente in der gleichen Konjugationsklasse nennt man konjugiert. Der Kern der Operation
ist das Zentrum Z(G) := {x ∈ G : ∀y ∈ G : xy = yx} von G und das Bild ist Inn(G). Nach dem
Homomorphiesatz ist
G/Z(G) ∼
= Inn(G) ≤ Aut(G) ≤ Sym(G).

(iv) Analog operiert G durch Konjugation auf der Menge der Untergruppen von G. Die Bahnen heißen
auch hier Konjugationsklassen und der Stabilisator von H ≤ G ist der Normalisator

NG (H) := {x ∈ G : xHx−1 = H}.

Die Bahnen der Länge 1 entsprechen den


T Normalteilern. Allgemeiner operiert NG (H) durch
Konjugation auf H mit Kern CG (H) := h∈H CG (h). Insbesondere ist NG (H)/CG (H) zu einer
Untergruppe von Aut(H) isomorph.

8
Satz 1.22. Für eine Operation von G auf Ω und ω ∈ Ω ist die Abbildung G/Gω → G ω, xGω 7→ x ω
wohldefiniert und bijektiv. Insbesondere ist |G/Gω | = |G ω|. Ist |G| < ∞, so ist also jede Bahnenlänge
ein Teiler von |G|. Ist G zusätzlich transitiv, so ist |Ω| ein Teiler von ||G|.

Beweis. Wohldefiniertheit und Injektivität:


−1 x −1 x
xGω = yGω ⇐⇒ y −1 x ∈ Gω ⇐⇒ y ω = ω ⇐⇒ x ω = y (y ω) = y ω.

Die Surjektivität ist offensichtlich. Die letzten beiden Aussagen folgen nach Lagrange.

Bemerkung 1.23. Sind (ωi )i∈I Repräsentanten für die Bahnen von G auf Ω, so gilt die Bahnengleichung

X X
|Ω| = |G ωi | = |G : Gωi |.
i∈I i∈I

Im Spezialfall der Konjugationsoperation erhält man die Klassengleichung


X
|G| = |G : CG (xi )|,
i∈I

wobei (xi )i∈I ein Repräsentantensystem für die Konjugationsklassen von G ist. Ist J := {i ∈ I : xi ∈
/
Z(G)}, so gilt auch
X
|G| = |Z(G)| + |G : CG (xj )|. (1.1)
j∈J

Satz 1.24 (Frattini-Argument). Gegeben sei eine Operation von G auf Ω und H ≤ G. Operiert H
transitiv auf Ω, so gilt G = HGω für alle ω ∈ Ω.

Beweis. Sei g ∈ G beliebig. Dann existiert ein h ∈ H mit g ω = h ω. Also ist h−1 g ∈ Gω und
g = h(h−1 g) ∈ HGω . Umgekehrt ist sicher auch HGω ⊆ G.

Bemerkung 1.25. Hat jedes nicht-triviale Element in G unendliche Ordnung, so heißt G torsionsfrei.
Hat hingegen jedes Element endliche Ordnung, so ist G eine Torsionsgruppe. Sind die Ordnungen der
Elemente zusätzlich beschränkt, so ist G periodisch und

exp(G) := min{k ≥ 1 : ∀x ∈ G : xk = 1}

ist der Exponent von G. Burnside hat 1902 gefragt, ob jede endlich erzeugte periodische Gruppe
endlich ist (Burnside Problem). Man weiß heute, dass dies im Allgemeinen falsch ist. Tatsächlich gibt es
unendliche Gruppen, in denen sogar jede echte Untergruppe Ordnung p hat für eine sehr große Primzahl
p (Tarski-Monster ). Andererseits weiß man nicht, ob jede Gruppe mit zwei Erzeugern und Exponent 5
endlich ist. Gelöst (durch Zelmanov) ist hingegen das eingeschränkte Burnside-Problem: Für d, e ∈ N
gibt es nur endlich viele endliche Gruppen mit d Erzeugern und Exponent e.

9
2 Abelsche und auflösbare Gruppen

Lemma 2.1. Sei x ∈ G mit n := |⟨x⟩| < ∞. Dann ist


n
|⟨xk ⟩| =
ggT(n, k)

für k ∈ Z. Insbesondere ist xk = 1 genau dann, wenn n | k. Für y ∈ CG (x) mit m := |⟨y⟩| < ∞ und
ggT(n, m) = 1 gilt |⟨xy⟩| = mn.

k
Beweis. Für l := n
ggT(n,k) ≥ 1 gilt (xk )l = (xn ) ggT(n,k) = 1. Also ist s := |⟨xk ⟩| ≤ l. Umgekehrt ist
xks = 1. Division mit Rest liefert a ∈ Z und 0 ≤ r < n mit ks = an + r. Es folgt xr = xr (xn )a =
xan+r = xks = 1 und r = 0. Also ist n | ks. Nun ist l ein Teiler von ggT(n,k)
k
s, aber teilerfremd zu
ggT(n,k) . Dies zeigt l | s und l = s.
k

Dies impliziert
xk = 1 ⇐⇒ n = ggT(n, k) ⇐⇒ n | k.
Sei nun y ∈ CG (x) wie angegeben. Wegen xy = yx ist (xy)mn = (xn )m (y m )n = 1 also s := |⟨xy⟩| ≤ mn.
Nach dem euklidischen Algorithmus existieren α, β ∈ Z mit αn + βm = 1. Es gilt dann x = xαn+βm =
xαn xβm = xβm = xβm y βm = (xy)βm ∈ ⟨xy⟩. Lagrange zeigt n = |⟨x⟩| | s und analog m = |⟨y⟩| | s.
Wegen ggT(n, m) = 1 ist auch nm | s und s = mn.

Definition 2.2. Wir bezeichnen eine zyklische Gruppe der Ordnung n ∈ N ∪ {∞} mit Cn .

Bemerkung 2.3.
(i) Für G = ⟨g⟩ ∼
= Cn ist die Abbildung Z → G, i 7→ g i ein Epimorphismus mit Kern nZ nach
Lemma 2.1. Dies zeigt Cn ∼
= Z/nZ und C∞ ∼
= Z.
(ii) Aus Lemma 2.1 folgt Cn × Cm ∼
= Cnm , falls ggT(n, m) = 1 (Chinesischer Restsatz ).

Satz 2.4.
(i) Für jedes d | n besitzt Cn genau eine Untergruppe (bzw. Faktorgruppe) der Ordnung d. Diese ist
zu Cd isomorph.
(ii) Aut(Cn ) ∼
= (Z/nZ)× . Insbesondere ist Aut(Cn ) abelsch der Ordnung φ(n).

Beweis. Sei ⟨x⟩ ∼


= Cn .
(i) Für d | n ist ⟨xn/d ⟩ eine Untergruppe der Ordnung d nach Lemma 2.1. Sei umgekehrt H ≤ ⟨x⟩
mit 1 < d = |H| n. Nach Lagrange gilt xn/d H = (xH)|⟨x⟩/H| = H und xn/d ∈ H. Dies zeigt
H = ⟨xn/d ⟩. Wegen ⟨x⟩/H = ⟨xH⟩ ∼ = Cn/d ist auch die Behauptung über Faktorgruppen klar.
(ii) Für α ∈ Aut(⟨x⟩) ist α(x) = xi mit i ∈ Z. Im Fall ggT(n, i) > 1 wäre ⟨xi ⟩ < ⟨x⟩ nach Lemma 2.1.
Man erhält somit eine Abbildung Φ : Aut(⟨x⟩) → (Z/nZ)× , α 7→ i + nZ. Für β ∈ Aut(⟨x⟩) mit
β(x) = xj gilt α(β(x)) = α(xj ) = α(x)j = xij . Dies zeigt, dass Φ ein Homomorphismus ist. Gilt
i + nZ = 1 + nZ, so ist α(x) = xi = x und α = 1. Also ist Φ injektiv. Hat man umgekehrt
i + nZ ∈ (Z/nZ)× gegeben, so sieht man leicht, dass die Abbildung x 7→ xi ein Automorphismus
von ⟨x⟩ induziert. Also ist Φ ein Isomorphismus.

10
Lemma 2.5. Für N, M ⊴ G mit N ∩ M = 1 gilt xy = yx für alle x ∈ N und y ∈ M . Dies gilt
insbesondere, wenn ggT(|N |, |M |) = 1.

Beweis. Für x ∈ N und y ∈ M gilt


∈N
z }| {
xyx−1 y −1 ∈ N ∩ M = 1,
| {z }
∈M

d. h. xy = yx. Nach Lagrange ist |N ∩ M | ein Teiler von ggT(|N |, |M |). Daher folgt die zweite Aussage
aus der ersten.

Definition 2.6. Man nennt G eine direkte Summe von Normalteilern N1 , . . . , Nk ⊴ G, falls folgende
Aussagen gelten:
• G = N1 . . . Nk .
• Ni ∩ N1 . . . Ni−1 = 1 für i = 2, . . . , k.
Wir schreiben in diesem Fall G = N1 ⊕ . . . ⊕ Nk .

Lemma 2.7. Es gilt N1 ⊕ . . . ⊕ Nk ∼


= N1 × . . . × Nk .

Beweis. Wir zeigen, dass die Abbildung

F : N1 × . . . × Nk → G,
(x1 , . . . , xk ) 7→ x1 . . . xk

ein Isomorphismus ist. Nach Voraussetzung gilt Ni ∩ Nj ⊆ Ni ∩ l̸=i Nl = 1 für i ̸= j. Lemma 2.5 zeigt
Q
xy = yx für x ∈ Ni und y ∈ Nj . Seien nun xi , yi ∈ Ni für i = 1, . . . , k. Dann gilt

F (x1 , . . . , xk )F (y1 , . . . , yk ) = x1 . . . xk y1 . . . yk = x1 y1 x2 y2 . . . xk yk = F ((x1 , . . . , xk )(y1 , . . . , yk )).

Also ist F ein Homomorphismus. Wegen G = N1 . . . Nk ist F surjektiv. Sei (x1 , . . . , xk ) ∈ Ker(F ).
Angenommen es existiert 1 ≤ l ≤ k mit xl ̸= 1. Sei l maximal. Dann wäre x−1 l = x1 . . . xl−1 ∈
Nl ∩ N1 . . . Nl−1 = 1. Also ist Ker(F ) = 1 und F ist auch injektiv.

Bemerkung 2.8.
(i) Offenbar ist G1 ⊕ G2 = G2 ⊕ G1 . Sei nun G = G1 ⊕ G2 ⊕ G3 . Dann ist sicher G1 G2 = G1 ⊕ G2 ⊴ G
und G = (G1 ⊕ G2 ) ⊕ G3 . Sei nun umgekehrt G = (G1 ⊕ G2 ) ⊕ G3 . Dann ist G3 ⊆ CG (G1 G2 ). Dies
zeigt G1 , G2 ⊴ G und G = G1 ⊕ G2 ⊕ G3 . Direkte Summen sind also kommutativ und assoziativ.
(ii) Die Summanden einer direkten Summe sind in der Regel nicht eindeutig bestimmt. Zum Beispiel
ist
⟨(1, 2)⟩ ⊕ ⟨(3, 4)⟩ = ⟨(1, 2)⟩ ⊕ ⟨(1, 2)(3, 4)⟩.

Satz 2.9 (Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen). Für eine endlich erzeugte abelsche
Gruppe G gilt:
(i) Es existieren eindeutig bestimmte Zahlen s, t ≥ 0 und 1 < d1 | . . . | dt mit

G∼ s
= C∞ × Cd1 × . . . × Cdt .

11
(ii) Es existieren eindeutig bestimmte Primzahlpotenzen 1 < pa11 ≤ . . . ≤ pat t und ein s ≥ 0 mit

G∼ s
= C∞ × Cpa1 × . . . × Cpat .
1 t

Beweis.

(i) Schritt 1: Existenz.


Wir wählen ein minimales Erzeugendensystem x1 , . . . , xr , d.h. G lässt sich nicht durch r − 1
Elemente erzeugen. Da G abelsch ist, kann man jedes g ∈ G in der Form g = xn1 1 xn2 2 . . . xnr r
mit n1 , . . . , nr ∈ Z schreiben. Eine Gleichung der Form xn1 1 xn2 2 . . . xnr r = 1 nennt man Relation.
Gibt es nur die triviale Relation mit n1 = . . . = nr = 0, so wird der Homomorphismus Zr → G,
(n1 , . . . , nr ) 7→ xn1 1 xn2 2 . . . xnr r injektiv. Offenbar ist er auch surjektiv, und wir sehen, dass G
isomorph zu C∞ r ist.

Nehmen wir nun an, dass auch nicht-triviale Relationen existieren. Wir wählen x1 , . . . , xr unter
allen minimalen Erzeugendensystemen so, dass eine Relation mit minimalem positiven Exponenten
gilt. Sei d1 dieser minimale Exponent, und es gelte o. B. d. A. die Relation xd11 xn2 2 . . . xnr r = 1. Wir
zeigen d1 | n2 . Division mit Rest ergibt zunächst n2 = qd1 + u mit 0 ≤ u < d1 , und die Relation
wird zu
1 = xd11 xqd
2
1 +u
. . . xnr r = (x1 xq2 )d1 xu2 xn3 3 . . . xnr r . (2.1)

Da man jedes Element x1l1 . . . xlrr auch in der Form (x1 xq2 )l1 xl22 −ql1 xl33 . . . xlrr schreiben kann, ist
x1 xq2 , x2 , . . . , xr ebenfalls ein minimales Erzeugendensystem. Aus der Wahl von d1 sowie (2.1)
folgt u = 0 und damit d1 | n2 . Analog zeigt man d1 | n3 , . . . , d1 | nr , und wir können ni = qi d1
für i = 3, . . . , r schreiben. Setzt man nun z := x1 xq2 xq33 . . . xqrr , so ist z, x2 , . . . , xr wieder ein
minimales Erzeugendensystem, und die Relation wird zu 1 = z d1 . Damit hat z die Ordnung d1 ,
denn wäre 1 = z l = z l x02 . . . x0r mit 0 < l < d1 , so hätten wir einen Widerspruch zur Wahl vom d1 .
Setzt man nun H := ⟨z⟩ und G1 := ⟨x2 , . . . , xr ⟩, so folgt G = HG1 . Im Fall H ∩ G1 ̸= 1 gäbe es
l1 , . . . , lr ∈ Z mit 1 ̸= z l1 = xl22 . . . xlrr und 0 < l1 < d1 . Dann wäre aber z l1 x−l 2
2 . . . xr
−lr = 1 ein

Widerspruch zur Wahl von d1 . Folglich ist H ∩ G1 = 1 und G = H ⊕ G1 ∼ = H × G1 ∼ = Cd1 × G1 .

Nun kann man den Prozess mit G1 wiederholen und es gibt die Möglichkeiten G1 ∼ = C∞ r−1 oder

G1 ∼= Cd2 × G2 . Im ersten Fall ist dann G ∼ = C∞ r−1 × C , und wir sind fertig. Im zweiten
d1
∼ n′ n′
Fall ist G = Cd1 × Cd2 × G2 , wobei d2 als Exponent einer Relation y2d2 y3 3 . . . yr r = 1 mit
einem minimalen Erzeugendensystem y2 , . . . , yr von G1 auftritt. Nun ist z, y2 , . . . , yr offenbar
n′ n′
ein minimales Erzeugendensystem von G, und es gilt die Relation z d1 y2d2 y3 3 . . . yr r = 1. Wie
oben zeigt man dann d1 | d2 . Man iteriert nun den Prozess mit G2 . Da in jedem Schritt die
(endliche) Zahl der Erzeuger um eins reduziert wird, muss der Prozess terminieren, und am Ende
die gewünschte Form von G liefern.

Schritt 2: Eindeutigkeit.
Sei C∞s ×C ×. . .×C ∼ G ∼ C s′ ×C ×. . .×C
d1 dt = = ∞ e1 et′ mit d1 | . . . | dt und e1 | . . . | et′ . Die Elemente
endlicher Ordnung bilden eine Untergruppe H ≤ G mit Cd1 × . . . × Cdt ∼ =H∼ = Ce1 × . . . × Cet′ .
O. B. d. A. sei t ≥ t . Wir argumentieren durch Induktion nach |H|. Sei

K := {x ∈ H : xd1 = 1} ≤ H.

Dann ist K ∼
= Cdt 1 und wegen t′ ≤ t folgt d1 | e1 . Dies zeigt auch t = t′ . Nun ist

C d2 × . . . × C dt ∼
= H/K ∼
= C e1 × . . . × C et .
d1 d1 d1 d1

12
Induktion liefert di = ei für i = 1, . . . , t. Wir betrachten schließlich
s ∼ s′
G := G/H ∼
= C∞ = C∞ .

Für G2 := {x2 : x ∈ G} ≤ G ist 2s = |G/G2 | = 2s und s = s′ .
(ii) Ist di = pa1i1 . . . pakik die Primfaktorzerlegung von di , so gilt Cdi ∼
= Cpai1 × . . . × Cpaik nach
1 k
Bemerkung 2.3. Die Faktorisierung in (i) liefert also eine Faktorisierung in zyklische Gruppen
Cpaij mit a1j ≤ a2j ≤ . . . ≤ atj (wobei man aij = 0 zulässt). Umgekehrt kann man aus der
j
Zerlegung in (ii) die di in (i) zurückgewinnen.

Bemerkung 2.10. Aussage (i) in Satz 2.9 liefert eine Zerlegung in möglichst wenige zyklische Faktoren,
während (ii) eine Zerlegung in möglichst viele zyklische Faktoren darstellt. Die Eindeutigkeit der zweiten
Zerlegung wird später durch den Satz 3.26 von Krull-Schmidt verallgemeinert.

Beispiel 2.11. Es gilt C∞ × C2 × C6 × C18 ∼


= C∞ × C23 × C3 × C9 . Andererseits ist C4 ≇ C22 .

Definition 2.12.
(i) In der Situation von Satz 2.9 bilden die Elemente endlicher Ordnung von G eine zu Cd1 × . . . × Cdt
isomorphe Untergruppe, die man den Torsionsteil von G nennt. Die Gruppe C∞ s heißt freie

abelsche Gruppe vom Rang s. Offenbar ist diese Gruppe auch torsionsfrei.
(ii) Eine endliche abelsche Gruppe G heißt elementarabelsch, falls eine Primzahl p mit xp = 1 für alle
x ∈ G existiert.

Bemerkung 2.13. Nach Satz 2.9 hat jede elementarabelsche Gruppe E die Form Cpn für eine Primzahl
p und n ≥ 0. Man kann dann E als Vektorraum über Fp auffassen:

x + y := xy (x, y ∈ E),
k
(k + pZ) · x := x (k + pZ ∈ Z/pZ = Fp , x ∈ E).

Man nennt n = dimFp E den Rang von E. Jeder Automorphismus von E ist offenbar auch Fp -linear.
Dies zeigt Aut(E) ∼
= GL(n, p).

Definition 2.14.
• Eine Gruppe G ̸= 1 heißt einfach, falls 1 und G die einzigen Normalteiler von G sind (vgl.
Primzahl).
• Eine Subnormalreihe σ von G ist eine Folge von Untergruppe 1 = G0 ⊴ G1 ⊴ . . . ⊴ Gk = G (wir
verlangen nicht Gi ⊴ G). Dabei ist k die Länge von σ. Sind die Faktoren Gi /Gi−1 für i = 1, . . . , k
einfach, so ist σ eine Kompositionsreihe.
• Man nennt G auflösbar , falls eine Subnormalreihe mit abelschen Faktoren existiert.

Bemerkung 2.15. Jede endliche Gruppe G besitzt eine Kompositionsreihe, denn man kann die
Subnormalreihe 1 ≤ G stets zu einer Kompositionsreihe verfeinern.

Satz 2.16 (Jordan-Hölder). Seien 1 = Gk ⊴. . .⊴G0 = G und 1 = Hl ⊴. . .⊴H0 = G Kompositionsrei-


hen einer endlichen Gruppe G. Dann ist k = l und es existiert ein π ∈ Sk mit Gi−1 /Gi ∼ = Hπ(i)−1 /Hπ(i)
für i = 1, . . . , k. Man nennt G0 /G1 , . . . , Gk−1 /Gk die Kompositionsfaktoren von G.

13
Beweis. Induktion nach |G|: O. B. d. A. sei G ̸= 1. Im Fall G1 = H1 folgt die Behauptung mit Induktion.
Sei also G1 =
̸ H1 . Wegen G1 , H1 ⊴ G ist auch G1 H1 = H1 G1 ⊴ G. Da G/G1 einfach ist, gilt G = G1 H1 .
Der erste Isomorphiesatz zeigt

G/G1 = H1 G1 /G1 ∼
= H1 /H1 ∩ G1 , G/H1 = G1 H1 /H1 ∼
= G1 /G1 ∩ H1 . (2.2)

Sei 1 = Ks ⊴ . . . ⊴ K2 = G1 ∩ H1 eine beliebige Kompositionsreihe. Nach Induktion sind dann die


Kompositionsreihen Gk ⊴ . . . ⊴ G1 und Ks ⊴ . . . ⊴ K2 ⊴ G1 gleich lang (d. h. k = s) und ihre Faktoren
sind (bis auf die Reihenfolge) isomorph. Nun sind auch die Kompositionsreihen 1 = Kk ⊴ . . . ⊴ K2 ⊴ H1
und 1 = Hl ⊴ . . . ⊴ H1 gleich lang mit isomorphen Faktoren. Also ist k = s = l und nach (2.2) haben
die Kompositionsreihen
G

G1 H1

G2 G1 ∩ H1 H2
G k ⊴ . . . ⊴ G0 ,
Kk ⊴ . . . ⊴ K2 ⊴ G1 ⊴ G0 ,
G3 K3 H3
Kk ⊴ . . . ⊴ K2 ⊴ H1 ⊴ H0 ,
Hk ⊴ . . . ⊴ H0
Gk−1 Ks−1 Hl−1

1
isomorphe Faktoren.

Beispiel 2.17.
(i) Jede abelsche Gruppe G ist auflösbar mittels 1 = G0 ⊴ G1 = G.
(ii) Sei G auflösbar und einfach. Dann ist 1 ≤ G die einzige Subnormalreihe und G ∼ = G/1 ist abelsch.
Für x ∈ G \ {1} ist ⟨x⟩ ⊴ G, also G = ⟨x⟩, d. h. G ist zyklisch. Für jeden Teiler d von |G| existiert
nach Satz 2.4 ein Normalteiler der Ordnung d. Dies zeigt, dass |G| eine Primzahl ist. Umgekehrt
ist Cp für jede Primzahl p einfach.
(iii) Die Gruppe S3 besitzt nur eine Kompositionsreihe 1 ◁ A3 ◁ S3 .
(iv) C∞ besitzt keine Kompositionsreihe, denn nach (ii) wären die Kompositionsfaktoren endlich.
(v) Die Kompositionsfaktoren einer endlichen auflösbaren Gruppe haben Primzahlordnung.

Bemerkung 2.18.
(i) Nach Jordan-Hölder sind die einfachen Gruppen die „Primzahlen“ der endlichen Gruppentheorie.
Jede endliche einfache Gruppe gehört zu einer der folgenden Familien:
• Cp (p Primzahl),
• An für n ≥ 5 (Satz 6.38),
• Gruppen vom „Lie-Typ“ (PSL(n, q) (Satz 10.11), PSU(n, q) (Bemerkung 10.12), . . . , E8 (q)),

14
• 26 sporadische Gruppen, deren größte die Monstergruppe ist mit ca. 1054 Elementen.
Der Beweis der Klassifikation war mit über 10.000 Journalseiten von über 100 Mathematikern
eines der größten mathematischen Projekte überhaupt. Erst 2002 wurde die letzte bekannte(!)
Lücke im Beweis geschlossen.5
(ii) Um alle endlichen Gruppen zu klassifizieren, muss man Erweiterungen einfacher Gruppen untersu-
chen. Gibt man sich einfache Gruppen K1 , . . . , Kn vor, so gibt es stets eine endliche Gruppe mit
Kompositionsfaktoren K1 , . . . , Kn , nämlich K1 × . . . × Kn . Andererseits kann es nicht-isomorphe
Gruppen mit den gleichen Kompositionsfaktoren geben, zum Beispiel gibt es 49.487.365.422
Gruppen der Ordnung 210 mit den gleichen Kompositionsfaktoren (C2 mit Vielfachheit 10). Das
Erweiterungsproblem ist im Allgemeinen noch ungelöst.

Definition 2.19. Eine Normalreihe σ : 1 = G0 ⊴ G1 ⊴ . . . ⊴ Gk = G ist eine Subnormalreihe mit


Gi ⊴ G für i = 0, . . . , k. Sei zusätzlich G0 < . . . < Gk . Lässt sich σ nicht weiter verfeinern (d. h. zwischen
Gi und Gi+1 liegen keine Normalteiler von G), so ist σ eine Hauptreihe. Wie in Satz 2.16 zeigt man,
dass die Faktoren einer Hauptreihe bis auf Isomorphie und Reihenfolge eindeutig bestimmt sind (der
„oberste“ Faktor ist stets einfach). Dies sind die Hauptfaktoren von G.

Beispiel 2.20. Die Normalreihe 1 ◁ V4 ◁ A4 ist eine Hauptreihe von A4 , aber keine Kompositionsreihe,
da V4 ∼
= C22 nicht einfach ist.

Lemma 2.21. Sei H ≤ G und N ⊴ G. Ist G auflösbar, so auch H. Genau dann ist G auflösbar, wenn
N und G/N auflösbar sind.

Beweis. Sei 1 = G0 ⊴ . . . ⊴ Gk = G mit abelschen Faktoren. Dann ist 1 = G0 ∩ H ⊴ . . . ⊴ Gk ∩ H = H


mit

(Gi ∩ H)/(Gi−1 ∩ H) = (Gi ∩ H)/((Gi ∩ H) ∩ Gi−1 ) ∼


= (Gi ∩ H)Gi−1 /Gi−1 ≤ Gi /Gi−1 .

Also ist H auflösbar. Insbesondere ist auch N auflösbar. Außerdem gilt 1 = G0 N/N ⊴ . . . ⊴ Gk N/N =
G/N mit

(Gi N/N )/(Gi−1 N/N ) ∼


= Gi N/Gi−1 N = Gi (Gi−1 N )/Gi−1 N ∼ = Gi /(Gi ∩ Gi−1 N )

= (Gi /Gi−1 )/((Gi ∩ Gi−1 N )/Gi−1 ).

Somit ist auch G/N auflösbar.


Nehmen wir umgekehrt an, dass N und G/N auflösbar sind. Dann existieren 1 = N0 ⊴ . . . ⊴ Nk = N
und 1 = G0 /N ⊴ . . . ⊴ Gl /N = G/N mit abelschen Faktoren. Setzt man die Reihen aneinander, so
erhält man 1 = N0 ⊴ . . . ⊴ Nk = G0 ⊴ . . . ⊴ Gl = G mit Gi /Gi−1 ∼
= (Gi /N )/(Gi−1 /N ). Also sind alle
Faktoren dieser Reihe abelsch und G ist auflösbar.

Beispiel 2.22.
(i) Sind G und H auflösbar, so auch G × H.
(ii) Sind N, M ⊴ G auflösbar, so auch N M , denn N M/N ∼= M/M ∩ N . In einer endlichen Gruppe gibt
es daher einen eindeutig bestimmten größten auflösbaren Normalteiler, den man als auflösbares
Radikal bezeichnet.
5
Aktueller Stand: [Solomon, The Classification of Finite Simple Groups: A Progress Report, Notices of the AMS 65
(2018), 646–651, https://www.ams.org/journals/notices/201806/rnoti-p646.pdf]

15
Definition 2.23. Eine Untergruppe H ≤ G ist charakteristisch in G, falls α(H) = H für alle α ∈
Aut(G). Eine Gruppe G ̸= 1 heißt charakteristisch einfach, falls 1 und G die einzigen charakteristischen
Untergruppen sind.

Beispiel 2.24.

(i) Wegen Inn(G) ≤ Aut(G) ist jede charakteristische Untergruppe normal.

(ii) Offenbar ist Z(G) charakteristisch in G (Aufgabe 12).

(iii) In einer zyklischen Gruppe ist nach Satz 2.4 jede Untergruppe charakteristisch (Aufgabe 12).

Lemma 2.25. Sei H charakteristisch in N ⊴ G. Dann ist H ⊴ G. Ist zusätzlich N charakteristisch in


G, so ist H charakteristisch in G.

Beweis. Sei g ∈ G. Dann ist N → N , x 7→ gxg −1 ein Automorphismus von N . Also gilt gHg −1 = H.
Sei nun N charakteristisch in G und α ∈ Aut(G). Dann ist die Einschränkung von α auf N ein
Automorphismus von N . Daher gilt α(H) = H.

Satz 2.26. Eine endliche Gruppe G ist genau dann charakteristisch einfach, wenn G eine direkte
Summe von isomorphen einfachen Gruppen ist.

Beweis. Sei zunächst G charakteristisch einfach. Sei N ein minimaler Normalteiler von G. Für α ∈
Aut(G) ist dann auch α(N ) ein minimaler Normalteiler von G. Sei N e eine möglichst große direkte
Summe von Untergruppen der Form α(N ) (im Zweifel N = N ). Nehmen wir α(N ) ⊈ N
e e für ein
α ∈ Aut(G) an. Wegen α(N ) ∩ N e ⊴ G folgt α(N ) ∩ N
e = 1 aus der Minimalität von α(N ). Also
ist α(N )N = α(N ) ⊕ N im Widerspruch zur Wahl von N
e e e . Dies zeigt Ne = ⟨α(N ) : α ∈ Aut(G)⟩.
Insbesondere ist N
e charakteristisch in G. Da G charakteristisch einfach ist, folgt G = N
e . Somit ist G
eine direkte Summe von Gruppen, die zu N isomorph sind. Nehmen wir nun an, dass ein Normalteiler
1 ̸= M ⊴ N existiert. Für α ∈ Aut(G) mit α(N ) ̸= N ist α(N ) ≤ CG (N ) ⊆ NG (M ) nach Lemma 2.5.
Dies zeigt M ⊴ Ne = G und die Minimalität von N liefert M = N . Also ist N einfach.

Sei nun G = N1 ⊕ . . . ⊕ Nk mit isomorphen einfachen Gruppen N1 , . . . , Nk . Sei H ̸= 1 charakteristisch


in G. Wir betrachten zunächst den Fall, in dem die Ni abelsch sind. Dann ist G elementarabelsch und
Aut(G) ∼ = GL(k, p) für eine Primzahl p nach Bemerkung 2.13. Aus der linearen Algebra weiß man, dass
für x, y ∈ G \ {1} ein α ∈ Aut(G) mit α(x) = y existiert. Dies zeigt H = G. Sei nun Ni nichtabelsch
und 1 ̸= x1 . . . xk ∈ H mit xi ∈ Ni für i = 1, . . . , k. O. B. d. A. sei x1 ̸= 1. Wegen Z(N1 ) = 1 existiert
ein y ∈ N1 mit x1 y ̸= yx1 . Es gilt dann

1 ̸= yx1 y −1 x−1 −1
1 = y(x1 . . . xk )y (x1 . . . xk )
−1
∈ H ∩ N1 ⊴ N1 .

Da N1 einfach ist, folgt N1 ≤ H. Für jede Permutation σ ∈ Sk existiert ein α ∈ Aut(G) mit
α(Ni ) = Nσ(i) für i = 1, . . . , k. Dies zeigt Ni ≤ H für i = 1, . . . , k, d. h. H = G. Somit ist G
charakteristisch einfach.

Satz 2.27. Hauptfaktoren sind stets charakteristisch einfach. Jeder Hauptfaktor einer endlichen auflösba-
ren Gruppe G ist elementarabelsch. Insbesondere ist jeder minimale Normalteiler von G elementarabelsch.

16
Beweis. Sei N/M ein Hauptfaktor mit N, M ⊴ G, und sei K/M charakteristisch in N/M . Nach
Lemma 2.25 ist dann K/M ⊴ G/N und K ⊴ G. Dies zeigt K ∈ {N, M }. Also ist N/M charakteristisch
einfach. Sei nun G endlich und auflösbar. Jeder Hauptfaktor von G ist dann charakteristisch einfach und
auflösbar nach Lemma 2.21. Die zweite Behauptung folgt nun aus Satz 2.26. Da man jeden minimalen
Normalteiler zu einer Hauptreihe fortsetzen kann, ist auch die dritte Behauptung klar.

Bemerkung 2.28.
(i) Eine Normalreihe mit charakteristisch einfachen Faktoren ist nicht unbedingt eine Hauptreihe!
(ii) Besitzt G eine Normalreihe mit zyklischen Faktoren, so heißt G überauflösbar . Nach Satz 2.27
haben die Hauptfaktoren von G dann Primzahlordnung, falls |G| < ∞. Jede überauflösbare
Gruppe ist offenbar auflösbar, aber die Umkehrung ist falsch (Beispiel: A4 ). Nach Satz 2.9 sind
endlich erzeugte abelsche Gruppen überauflösbar (jede Kompositionsreihe ist eine Normalreihe).

3 Kommutatoren und nilpotente Gruppen

Definition 3.1. Für x, y ∈ G sei [x, y] := xyx−1 y −1 der Kommutator von x und y. Induktiv sei
[x1 , . . . , xn ] := [x1 , [x2 , . . . , xn ]] für x1 , . . . , xn ∈ G. Für X, Y ⊆ G sei analog

[X, Y ] := ⟨[x, y] : x ∈ X, y ∈ Y ⟩,
[X1 , . . . , Xn ] := [X1 , [X2 , . . . , Xn ]].

Insbesondere ist G′ := G(1) := [G, G] die Kommutatorgruppe von G. Wir setzen G′′ := (G′ )′ und
allgemeiner G(k) := (G(k−1) )′ für k ≥ 2. Außerdem sei G[1] := G und G[k] := [G[k−1] , G] für k ≥ 2.6

Bemerkung 3.2.
(i) Leichte Rechnungen zeigen

[x, y]−1 = [y, x], z


[x, y] = [z x, z y],
[x, yz] = [x, y] · y [x, z], [xy, z] = x [y, z][x, z].

Insbesondere ist [X, Y ] = [Y, X].


(ii) Für einen Homomorphismus f : G → H gilt f ([x, y]) = [f (x), f (y)]. Insbesondere ist [X, Y ]N/N =
[XN/N, Y N/N ] für N ⊴ G. Sind X, Y normal (bzw. charakteristisch) in G, so auch [X, Y ].
Insbesondere sind G(k) und G[k] charakteristisch in G.
(iii) Für x, y ∈ G gilt xyG′ = yx[x−1 , y −1 ]G′ = yxG′ . Also ist G/G′ abelsch. Sei nun N ⊴ G, sodass
G/N abelsch ist. Dann ist [x, y]N = xyx−1 y −1 N = 1 und [x, y] ∈ N für alle x, y ∈ G. Dies zeigt
G′ ⊆ N . Also ist G′ der kleinste Normalteiler mit abelscher Faktorgruppe. Insbesondere ist G
genau dann abelsch, wenn G′ = 1 gilt.

Lemma 3.3.
(i) Für X, Y ≤ G gilt [X, Y ] ⊴ ⟨X, Y ⟩.
(ii) Für k ≥ 2 gilt G[k] = ⟨[g1 , . . . , gk ] : g1 , . . . , gk ∈ G⟩.
6
Diese Bezeichnung ist in der Literatur nicht einheitlich. Man benutzt auch Gk (Verwechselung mit direktem Produkt),
Kk (G) oder γk (G).

17
Beweis.

(i) Sicher ist [X, Y ] ≤ ⟨X, Y ⟩. Für x, z ∈ X und y ∈ Y gilt z [x, y] = [zx, y][z, y]−1 ∈ [X, Y ] nach
Bemerkung 3.2. Dies zeigt X ≤ NG ([X, Y ]). Analog ist Y ≤ NG ([Y, X]) = NG ([X, Y ]).

(ii) Der Fall k = 2 folgt aus der Definition. Sei k ≥ 3, x ∈ G und y ∈ G[k−1] . Nach Induktion ist y
ein Produkt von Kommutatoren [g2 , . . . , gk ]. Für y = y1 y2 gilt [x1 , y1 y2 ] = [x1 , y1 ] · y1 [x1 , y2 ] =
[x1 , y1 ][y1 x1 , y1 y2 ]. Daraus folgt leicht die Behauptung.

Satz 3.4. Genau dann ist G auflösbar, wenn ein k ∈ N mit G(k) = 1 existiert.

Beweis. Sei 1 = G0 ⊴ . . . ⊴ Gk = G mit abelschen Faktoren. Wir argumentieren durch Induktion nach
k. Der Fall k = 0 ist klar. Sei also k ≥ 1. Da G/Gk−1 abelsch ist, gilt G′ ⊆ Gk−1 . Nach Induktion
(l)
existiert ein l ∈ N mit G(l+1) = (G′ )(l) ⊆ Gk−1 = 1.

Sei nun umgekehrt G(k) = 1. Dann ist 1 = G(k) ⊴ G(k−1) ⊴ . . . ⊴ G′ ⊴ G eine (Sub)normalreihe mit
abelschen Faktoren. Also ist G auflösbar.

Bemerkung 3.5.

(i) Das kleinste k ≥ 1 mit G(k) = 1 nennt man Auflösbarkeitsstufe (engl. derived length) von G.
Im Fall G′′ = 1 heißt G metabelsch. Gruppen G mit G′ = G heißen perfekt. Offenbar ist jede
nichtabelsche, einfache Gruppe perfekt.

(ii) Für X, Y, Z ≤ G gilt [X, Y, Z] = [X, Z, Y ], aber nicht unbedingt [X, Y, Z] = [Y, X, Z] (Aufgabe 22).
Das nächste Lemma gibt eine Beziehung zwischen den Kommutatoren dreier Untergruppen.

Lemma 3.6 (3-Untergruppen-Lemma). Seien X, Y, Z ≤ G mit [X, Y, Z] = [Y, Z, X] = 1. Dann ist


[Z, X, Y ] = 1.

Beweis. Es genügt, [z, x, y] = 1 für z ∈ Z, x ∈ X und y ∈ Y zu zeigen. Dafür verifizieren wir die
Hall-Witt-Identität 7
y
[x, y −1 , z] · z [y, z −1 , x] · x [z, x−1 , y] = 1. (3.1)

Es gilt y [x, y −1 , z] = yx[y −1 , z]x−1 [z, y −1 ]y −1 = yxy −1 zyz −1 x−1 zy −1 z −1 . Die linke Seite von (3.1) ist
also
yxy −1 zy z −1 x−1 zy −1 z −1 · zyz −1 xz x−1 y −1 xz −1 x−1 · xzx−1 yx y −1 z −1 yx−1 y −1 = 1.
| {z }| {z }
=1 =1

Definition 3.7. Sei Z0 (G) := 1 und Zi (G)/Zi−1 (G) := Z(G/Zi−1 (G)) für i ≥ 1. Existiert ein k ≥ 0
mit Zk (G) = G, so heißt G nilpotent. Das kleinste k mit dieser Eigenschaft ist die (Nilpotenz)klasse von
G. Ggf. ist 1 = Z0 (G) < . . . < Zk (G) = G die obere Zentralreihe von G.

Beispiel 3.8.

(i) Abelsche Gruppen sind nilpotent mit Klasse ≤ 1.


7
vgl. Jacobi-Identität für Lie-Algebren

18
(ii) Nilpotente Gruppen sind auflösbar, denn die obere Zentralreihe hat abelsche Faktoren. Da
zentrale Untergruppen stets normal sind, lässt sich die obere Zentralreihe zu einer Normalreihe
mit zyklischen Faktoren verfeinern, falls G endlich ist. Endliche nilpotente Gruppen sind daher
sogar überauflösbar. Merke:

Primzahlordnung =⇒ zyklisch =⇒ abelsch =⇒ nilpotent =⇒ überauflösbar =⇒ auflösbar

Satz 3.9. Genau dann ist G ̸= 1 nilpotent mit Klasse k, falls G[k] > G[k+1] = 1 gilt.

Beweis. Sei G nilpotent mit Klasse k. Wir zeigen induktiv G[i+1] ⊆ Zk−i (G) für i ≥ 0. Dies ist klar für
i = 0. Sei also i ≥ 1. Nehmen wir an, dass die Behauptung für i − 1 gilt. Dann ist

G[i+1] Zk−i (G)/Zk−i (G) = [G[i] , G]Zk−i (G)/Zk−i (G) = [G[i] Zk−i (G)/Zk−i (G), G/Zk−i (G)]
⊆ [Zk−i+1 (G)/Zk−i (G), G/Zk−i (G)] = [Z(G/Zk−i (G)), G/Zk−i (G)] = 1,

d. h. G[i+1] ⊆ Zk−i (G). Insbesondere ist G[k+1] ⊆ Z0 (G) = 1.


Nehmen wir nun umgekehrt G[l] = 1 für ein l ≥ 1 an. Wir zeigen induktiv G[l−i] ⊆ Zi (G) für i ≥ 0. Da
dies für i = 0 gilt, dürfen wir voraussetzen, dass die Behauptung für i − 1 ≥ 0 stimmt. Dann ist

[G[l−i] Zi−1 (G)/Zi−1 (G), G/Zi−1 (G)] = [G[l−i] , G]Zi−1 (G)/Zi−1 (G) = G[l−i+1] Zi−1 (G)/Zi−1 (G) = 1

und G[l−i] Zi−1 (G)/Zi−1 (G) ≤ Z(G/Zi−1 (G)) = Zi (G)/Zi−1 (G). Also ist G[l−i] ⊆ Zi (G) und Zl−1 (G) =
G. Dies zeigt, dass G nilpotent mit Klasse höchstens l − 1 ist. Die Behauptung folgt.

Bemerkung 3.10.
(i) Ist G nilpotent mit Klasse k, so nennt man 1 = G[k+1] < . . . < G[1] = G die untere Zentralreihe
von G (wie im obigen Beweis ist G[i+1] ⊆ Zk−i (G)). Die untere und obere Zentralreihe sind also
zwei Normalreihen der gleichen Länge.
(ii) Sei G nilpotent mit Klasse k und H ≤ G sowie N ⊴ G. Dann ist H [k+1] ≤ G[k+1] = 1 und
(G/N )[k+1] = G[k+1] N/N = 1. Daher sind auch H und G/N nilpotent, wobei die Klasse jeweils
durch k beschränkt ist. Sind umgekehrt N ⊴ G und G/N nilpotent, so muss G nicht unbedingt
nilpotent sein! Ein Beispiel ist G = S3 mit N = A3 .

Lemma 3.11. Für n, m ≥ 1 gilt [G[n] , G[m] ] ⊆ G[n+m] .

Beweis. Induktion nach n: Im Fall n = 1 ist [G, G[m] ] = [G[m] , G] = G[m+1] . Sei also n ≥ 2 und die
Aussage für n − 1 bereits bewiesen. Für G := G/G[n+m] gilt nach Induktion
[n−1] [m] [n+m−1] [n+m]
[G, G ,G ] ⊆ [G, G ]=G =1
[n−1] [m] [n−1] [m+1] [n+m]
und [G ,G , G] = [G ,G ]⊆G = 1. Lemma 3.6 impliziert daher
[m] [n] [m] [n−1]
[G[m] , G[n] ]G[n+m] /G[n+m] = [G , G ] = [G , G, G ] = 1.

Dies zeigt die Behauptung.

̸ 1, so ist die Auflösbarkeitsstufe von G höchstens log2 (k)+1.


Satz 3.12. Ist k die Nilpotenzklasse von G =

19
i
Beweis. Wir zeigen G(i) ⊆ G[2 ] durch Induktion nach i ≥ 1. Im Fall i = 1 gilt Gleichheit. Sei also i ≥ 1
i−1 i−1 i
und die Behauptung für i−1 bereits bewiesen. Dann ist G(i) = [G(i−1) , G(i−1) ] ⊆ [G[2 ] , G[2 ] ] ⊆ G[2 ]
l
nach Lemma 3.11. Für l := ⌊log2 (k)⌋ + 1 ≥ log2 (k + 1) ist nun G(l) ⊆ G[2 ] ⊆ G[k+1] = 1.

Beispiel 3.13. Es gibt metabelsche Gruppen mit beliebig hoher Nilpotenzklasse (Diedergruppen der
Form D2n , siehe Aufgabe 14).

Satz 3.14. Sei G nilpotent, H < G und 1 ̸= N ⊴ G. Dann ist H < NG (H), [G, N ] < N und
N ∩ Z(G) ̸= 1.

Beweis. Sei k ≥ 1 minimal mit G[k] ⊆ H. Wegen H < G ist k ≥ 2. Es gilt [G[k−1] , H] ⊆ [G[k−1] , G] =
G[k] ⊆ H. Für x ∈ G[k−1] und h ∈ H ist also xhx−1 h−1 ∈ H und xhx−1 ∈ H. Dies zeigt G[k−1] ⊆ NG (H).
Andererseits gilt G[k−1] ⊈ H wegen der Minimalität von k.
Sei N1 := N und Ni+1 := [G, Ni ] ≤ N für i ≥ 1. Induktiv sieht man leicht Ni ⊆ G[i] . Es gibt also
ein k ≥ 1 mit Nk = 1. Insbesondere ist [G, N ] = N2 < N1 , denn anderenfalls wäre N3 = [G, N2 ] =
[G, N ] = N , N4 = N usw. Für die letzte Aussage wählen wir l ≥ 1 maximal mit Nl ̸= 1. Dann ist
[G, Nl ] = Nl+1 = 1 und Nl ⊆ N ∩ Z(G).

Satz 3.15 (Fitting). Sind N und M nilpotente Normalteiler von G, so ist auch N M nilpotent. Hat
N Klasse n und M Klasse m, so hat N M höchstens Klasse n + m.

Beweis. Für beliebige Normalteiler X, Y, Z ⊴ G und x ∈ X, y ∈ Y und z ∈ Z gilt

[x, yz] = [x, y] · y [x, z] ∈ [X, Y ][X, Z]

nach Bemerkung 3.2. Dies zeigt [X, Y Z] ⊆ [X, Y ][X, Z] ⊆ [X, Y Z] und somit [X, Y Z] = [X, Y ][X, Z].
Analog ist [XY, Z] = [X, Z][Y, Z]. Daher ist (N M )[n+m+1] ein Produkt von Normalteilern der Form
[X0 , . . . , Xn+m ] mit X0 , . . . , Xn+m ∈ {N, M }. O. B. d. A. können wir annehmen, dass N mindestens
n + 1 Mal unter den Xi auftritt (anderenfalls tritt M mindestens m + 1 Mal auf). Wir zeigen durch
Induktion nach n + m, dass dann [X0 , . . . , Xn+m ] ⊆ N [n+1] gilt. Ist X0 = M , so gilt induktiv bereits
[X1 , . . . , Xn+m ] ⊆ N [n+1] und die Behauptung folgt. Gilt hingegen X0 = N , so ist [X1 , . . . , Xn+m ] ⊆
N [n] und [X0 , . . . , Xn+m ] ⊆ [N, N [n] ] = N [n+1] . Die Behauptung folgt nun aus Satz 3.9.

Definition 3.16. Die Fittinggruppe F(G) einer endlichen Gruppe G ist das Produkt aller nilpotenten
Normalteiler von G. Nach Satz 3.15 ist F(G) der größte nilpotente Normalteiler von G (dies entspricht
dem auflösbaren Radikal).

Bemerkung 3.17. Offenbar ist F(G) charakteristisch in G.

Beispiel 3.18. Sei N ein minimaler Normalteiler einer endlichen auflösbaren Gruppe G. Nach Satz 2.27
ist N (elementar)abelsch und daher nilpotent. Dies zeigt F(G) ̸= 1. Beispielsweise ist F(S3 ) = A3 .

Satz 3.19. Ist G endlich und auflösbar, so gilt CG (F(G)) ≤ F(G).

Beweis. Sei C := CG (F(G)) ⊴ G. Wir nehmen indirekt C := C/Z(F(G)) = C/C ∩ F(G) ̸= 1 an. Da C
auflösbar ist, gilt N/Z(F(G)) := F(C) ̸= 1. Dabei ist Z(F(G)) ≤ N ∩ Z(C) ≤ Z(N ) und N/Z(N ) ∼ =
(N/Z(F(G)))/(Z(N )/Z(F(G))) ist nilpotent. Also ist auch N nilpotent. Da Z(F(G)) charakteristisch in
F(G) ist, gilt Z(F(G)) ⊴ G nach Lemma 2.25. Außerdem ist F(C) charakteristisch in C ⊴ G/Z(F(G)).
Dies zeigt N ⊴ G und man erhält den Widerspruch N ≤ F(G) ∩ C = Z(F(G)).

20
Bemerkung 3.20. Für endliche, auflösbare Gruppen G gilt G/Z(F(G)) = NG (F(G))/CG (F(G)) ≤
Aut(F(G)) und G/F(G) ≤ Out(F(G)) nach Satz 3.19.

Definition 3.21.
(i) Eine Gruppe G ̸= 1 heißt unzerlegbar , falls G nicht die direkte Summe von echten Untergruppen
ist.
(ii) Sei End(G) die Menge der Endomorphismen von G.
(iii) Ein α ∈ End(G) heißt normal , falls gα(x)g −1 = α(gxg −1 ) für alle g, x ∈ G gilt. Die Menge der
normalen Endomorphismen bezeichnen wir mit Endn (G) (analog Autn (G)).
(iv) Man nennt α, β ∈ End(G) addierbar , falls α + β ∈ End(G) mit (α + β)(g) := α(g)β(g) für g ∈ G.

Lemma 3.22. Seien α, β, γ ∈ End(G). Dann gilt


(i) α + β ∈ End(G) ⇐⇒ [α(G), β(G)] = 1 =⇒ α + β = β + α.
(ii) α + β ∈ End(G) =⇒ α ◦ γ + β ◦ γ = (α + β) ◦ γ ∈ End(G).
(iii) α + β ∈ End(G) =⇒ γ ◦ α + γ ◦ β = γ ◦ (α + β) ∈ End(G).
(iv) α, β ∈ Endn (G) =⇒ α ◦ β ∈ Endn (G).
(v) Sind α, β ∈ Endn (G) addierbar, so ist α + β ∈ Endn (G).
(vi) α ∈ Autn (G) =⇒ α−1 ∈ Autn (G).

Beweis.
(i) Es gilt

α + β ∈ End(G) ⇐⇒ α(g)α(h)β(g)β(h) = α(gh)β(gh) = α(g)β(g)α(h)β(h) ∀g, h ∈ G


⇐⇒ α(h)β(g) = β(g)α(h) ∀g, h ∈ G ⇐⇒ [α(G), β(G)] = 1 =⇒ α + β = β + α

(ii)–(vi) Trivial.

Lemma 3.23 (Fitting). Ist G endlich und α ∈ Endn (G), so existiert ein k ≥ 1 mit G = Ker(αk ) ⊕
αk (G).

Beweis. Es gilt α(G) ⊇ α2 (G) ⊇ . . .. Wegen |G| < ∞ existiert ein k ≥ 1 mit αk (G) = αk+1 (G) = . . ..
Nach dem Homomorphiesatz gilt dann auch Ker(αk ) = Ker(αk+1 ) = . . .. Sei x ∈ Ker(αk ) ∩ αk (G).
Dann existiert ein g ∈ G mit x = αk (g) und 1 = αk (x) = α2k (g). Dies zeigt g ∈ Ker(α2k ) = Ker(αk )
und x = 1. Also ist Ker(αk ) ∩ αk (G) = 1. Da α normal ist, gilt αk (G) ⊴ G (Ker(αk ) ⊴ G gilt sowieso).
Außerdem ist |G/Ker(αk )| = |αk (G)|. Dies zeigt die Behauptung.

Definition 3.24. Man nennt α ∈ End(G) nilpotent, falls ein k ≥ 0 mit αk = 0 existiert, d. h. αk (g) = 1
für alle g ∈ G.

Lemma 3.25. Sei G endlich und unzerlegbar und seien α, β ∈ Endn (G) mit α + β ∈ Aut(G). Dann
ist α ∈ Autn (G) oder β ∈ Autn (G).

21
Beweis. Sei α′ := (α + β)−1 ◦ α ∈ Endn (G) und β ′ := (α + β)−1 ◦ β ∈ Endn (G) (Lemma 3.22). Dann
ist α′ + β ′ = (α + β)−1 (α + β) = idG . Für g ∈ G gilt daher

α′ (β ′ (g)) = α′ (α′ (g −1 )α′ (g)β ′ (g)) = α′ (α′ (g −1 )g) = α′ (α′ (g −1 ))α′ (g)
= α′ (α′ (g −1 ))(α′ + β ′ )(α′ (g)) = α′ (α′ (g −1 ))α′ (α′ (g))β ′ (α′ (g)) = β ′ (α′ (g)).

Dies zeigt α′ ◦ β ′ = β ′ ◦ α′ . Ist die Behauptung falsch, so sind α′ und β ′ nicht bijektiv. Da G
unzerlegbar ist, sindP
α′ und β′ nilpotent nach Lemma 3.23. Sei k ≥ 0 mit (α′ )k = (β ′ )k = 0. Dann ist
idG = (α + β ) = 2k
′ ′ 2k 2k ′ i
i=0 i (α ) ◦ (β )
′ 2k−i = 0 nach Lemma 3.22. Widerspruch.

Satz 3.26 (Krull-Schmidt). Sei G endlich und G = G1 ⊕ . . . ⊕ Gs = H1 ⊕ . . . ⊕ Ht mit unzerlegbaren


Gruppen G1 , . . . , Gs , H1 , . . . , Ht . Dann ist s = t und bei geeigneter Nummerierung gilt Gi ∼
= Hi für
i = 1, . . . , s.

Beweis. Induktion nach max{s, t}: Der Fall s = t = 1 ist klar. Sei also max{s, t} ≥ 2. Wir dürfen
annehmen, dass |H1 | ≥ |Gi | für i = 1, . . . , s gilt. Die Endomorphismen αi : G → G, g1 . . . gs 7→ gi
(gj ∈ Gj ) sind offenbar normal und paarweise addierbar mit α1 + . . . + αs = idG . Sei β : G → H1 ,
h1 . . . ht 7→ h1 (hi ∈ Hi ). Dann ist

idH1 = β ◦ (α1 + . . . + αs )|H1 = β ◦ (α1 )|H1 + . . . + β ◦ (αs )|H1 .

Die Endomorphismen β ◦ (αi )|H1 von H1 sind offenbar auch paarweise addierbar und normal. Nach
Lemma 3.25 existiert ein i ∈ {1, . . . , s} mit β ◦ (αi )H1 ∈ Aut(H1 ). Sei o. B. d. A. i = 1. Dann ist (α1 )|H1
injektiv und H1 ∼
= α1 (H1 ) = G1 nach Wahl von H1 . Für x ∈ H1 ∩G2 . . . Gs ist α1 (x) ∈ α1 (G2 . . . Gs ) = 1
und daher x = 1. Es gilt also G = H1 ⊕ G2 ⊕ . . . ⊕ Gs und G2 ⊕ . . . ⊕ Gs ∼ = G/H1 ∼ = H2 ⊕ . . . ⊕ Ht .
Die Behauptung folgt nun mit Induktion.

Bemerkung 3.27. Da die meisten Gruppen unzerlegbar sind, hat der Satz von Krull-Schmidt für
Gruppen weniger Relevanz als beispielsweise für Moduln.

4 p-Gruppen und die Frattinigruppe

Bemerkung 4.1. Ab jetzt sei G stets eine endliche Gruppe. Bekanntlich existiert nicht zu jedem Teiler
d von |G| eine Untergruppe der Ordnung d (A4 hat keine Untergruppe der Ordnung 6). Ist d jedoch
eine Primzahlpotenz, so gibt es Untergruppen der Ordnung d. Diese Tatsache ist von fundamentaler
Bedeutung für die Gruppentheorie.

Definition 4.2. Sei π eine Menge von Primzahlen. Ein Element x ∈ G heißt π-Element, falls jeder
Primteiler von |⟨x⟩| in π liegt. Ist jedes Element in G ein π-Element, so nennt man G eine π-Gruppe.
Ist π = {p}, so spricht man von p-Elementen und p-Gruppen. Die Menge der Primzahlen, die nicht in
π liegen, wird mit π ′ bezeichnet (analog p′ ).

Satz 4.3 (Sylow). Sei |G| = pa m für eine Primzahl p ∤ m. Dann gilt:
(i) G besitzt eine Untergruppe P der Ordnung pa . Man nennt P eine p-Sylowgruppe von G. Die
Menge der p-Sylowgruppen sei Sylp (G).
(ii) Jede p-Untergruppe von G ist in einer p-Sylowgruppe enthalten.
(iii) Je zwei p-Sylowgruppen von G sind konjugiert.

22
(iv) Für P ∈ Sylp (G) gilt |Sylp (G)| = |G : NG (P )| ≡ 1 (mod p).

Beweis.

(i) Induktion nach |G|: Für G = 1 ist P = 1 eine p-Sylowgruppe (mit a = 0). Sei also G ̸= 1. Nehmen
wir zunächst an, dass |Z(G)| durch p teilbar ist. Nach dem Hauptsatz über endlich erzeugte
abelsche Gruppen existiert eine nicht-triviale p-Untergruppe Z ≤ Z(G). Nach Induktion besitzt
G/Z eine p-Sylowgruppe P/Z. Wegen |G : P | = |G/Z : P/Z| ist dann P ∈ Sylp (G).

Sei nun |Z(G)| ̸≡ 0 (mod p). Die (verfeinerte) Klassengleichung (1.1) liefert ein x ∈ G \ Z(G) mit
p ∤ |G : CG (x)|. Wegen x ∈
/ Z(G) ist CG (x) < G und nach Induktion existiert P ∈ Sylp (CG (x)).
Offenbar ist dann auch P ∈ Sylp (G).

(ii) Sei U ≤ G eine p-Untergruppe. Die Bahnenlängen der Operation von U auf G/P durch Linksmul-
tiplikation (siehe Aufgabe 4) sind dann Teiler von |U |, also p-Potenzen. Wegen p ∤ m = |G : P |
existiert ein Fixpunkt xP ∈ G/P von U , d. h. U x ⊆ U xP = xP und U ⊆ xP x−1 . Als Bild von P
unter einem inneren Automorphismus ist xP x−1 ∈ Sylp (G).

(iii) Dies folgt aus dem Beweis von (ii).

(iv) Nach (iii) operiert G transitiv auf Sylp (G) durch Konjugation. Der Stabilisator von P ist NG (P ).
Also folgt |Sylp (G)| = |G : NG (P )| aus Satz 1.22. Für die Kongruenz betrachten wir die Operation
von P auf Sylp (G) durch Konjugation. Sei Q ∈ Sylp (G) ein Fixpunkt, d. h. P ≤ NG (Q). Wegen
P, Q ∈ Sylp (NG (Q)) existiert nach (iii) ein x ∈ NG (Q) mit P = xQx−1 = Q. Also besitzt P genau
einen Fixpunkt auf Sylp (G) und die Bahnengleichung zeigt |Sylp (G)| ≡ 1 (mod p).

Folgerung 4.4 (Cauchy). Für jeden Primteiler p von |G| besitzt ein Element der Ordnung p.

Beweis. Man wähle 1 ̸= x ∈ P ∈ Sylp (G). Nach Lagrange ist |⟨x⟩| = pn mit n ≥ 1. Nach Lemma 2.1
n−1
hat y := xp ∈ G Ordnung p.

Beispiel 4.5.

(i) Seien p < q Primzahlen mit q ̸≡ 1 (mod p) (zum Beispiel pq = 15). Sei G eine Gruppe der
Ordnung pq. Nach Sylow ist |Sylp (G)| ein Teiler von pq und gleichzeitig kongruent zu 1 modulo p.
Dies zeigt |Sylp (G)| = 1 und analog |Sylq (G)| = 1. Sei P ∈ Sylp (G) und Q ∈ Sylq (G). Dann sind
P, Q ⊴ G (sogar charakteristisch) und P ∩ Q = 1 nach Lagrange. Wegen |P Q| = |P ||Q| = pq = |G|
ist G = P ⊕ Q ∼ = Cp × Cq ∼= Cpq (alternatives Argument: Wegen |P ∪ Q| = p + q − 1 < pq muss
G Elemente der Ordnung pq besitzen).

(ii) In der Algebra zeigt man, dass alle Gruppen der Ordnung < 60 auflösbar sind. Ein „schwieriger“
Fall ist |G| = 30 = 2 · 3 · 5. Man kann hier induktiv annehmen, dass G einfach ist. Nach Sylow
gilt dann Syl5 (G) = {P1 , . . . , P6 }. Wegen |P1 ∪ . . . ∪ P6 | = 1 + 6 · 4 = 25 ist nur noch Platz für
höchstens zwei 3-Sylowgruppen. Nach Sylow folgt |Syl3 (G)| = 1 im Widerspruch zur Einfachheit
von G.

Bemerkung 4.6.

(i) Nach Lagrange und Cauchy ist G genau dann eine π-Gruppe, falls jeder Primteiler von |G| in π
liegt.

23
(ii) Für π-Normalteiler N, M ⊴ G ist auch N M ⊴ G ein π-Normalteiler, denn |N M | |N ||M |. Es
gibt also einen größten π-Normalteiler Oπ (G), den man π-Kern oder π-Radikal nennt. Für
π = {p} schreibt man Op (G). Für H ≤ G ist H ∩ Oπ (G) ein π-Normalteiler von H und es folgt
H ∩ Oπ (G) ≤ Oπ (H).

(iii) Sind N, M ⊴ G mit π-Faktorgruppen G/N und G/M , so ist auch G/(N ∩ M ) eine π-Gruppe,
denn
|G/(N ∩ M )| = |G/N ||N/(N ∩ M )| = |G/N ||N M/M | |G/N ||G/M |.
Es gibt daher einen kleinsten Normalteiler Oπ (G) mit π-Faktorgruppe G/Oπ (G). Man nennt Oπ (G)
das π-Residuum von G (analog Op (G)). Offenbar liegt jedes π ′ -Element in Oπ (G). Umgekehrt
erzeugen alle π ′ -Elemente von G einen Normalteiler mit π-Faktorgruppe. Dies zeigt Oπ (G) =
⟨g ∈ G : g π ′ -Element⟩. Für H ≤ G ist H/(H ∩ Oπ (G)) ∼ = HOπ (G)/Oπ (G) ≤ G/Oπ (G) eine
π-Gruppe und es folgt Oπ (H) ≤ Oπ (G).

(iv) Für P ∈ Sylp (G) und N ⊴ G ist p ∤ |P N : P | = |N : N ∩ P | und p ∤ |G : P N | = |G/N : P N/N |.


Dies zeigt P ∩ N ∈ Sylp (N ) und P N/N ∈ Sylp (G/N ).

(v) Sei N ⊴ G und P ∈ Sylp (N ). Dann operiert G auf Sylp (N ) durch Konjugation und N operiert
transitiv. Das Frattini-Argument zeigt also G = N NG (P ).


und Op (G) = ⟨P : P ∈ Sylp (G)⟩.
T
Satz 4.7. Es gilt Op (G) = P ∈Sylp (G) P

Beweis. Offenbar ist ein p-Normalteiler und daher in Op (G) enthalten. Nach Sylow
T
P ∈Sylp (G) P
existiert umgekehrt ein P ∈ Sylp (G) mit Op (G) ≤ P . Für g ∈ G ist Op (G) = gOp (G)g −1 ≤ gP g −1 . Da
alle p-Sylowgruppen konjugiert sind, folgt die erste Behauptung.

Nach Bemerkung 4.6 wird Op (G) von allen p-Elementen erzeugt. Jedes p-Element liegt in einer
p-Sylowgruppe. Dies zeigt die zweite Behauptung.

Satz 4.8. Jede p-Gruppe ist nilpotent.

Beweis. Sei P eine p-Gruppe. Wir argumentieren durch Induktion nach |P |. Sei o. B. d. A. P ̸= 1.
Betrachtet man die Klassengleichung modulo p, so erhält man |Z(P )| ≡ 0 (mod p). Insbesondere ist
Z(P ) ̸= 1. Nach Induktion ist P/Z(P ) nilpotent und daher auch P .

Bemerkung 4.9. Aus statistischer Sicht sind fast alle Gruppen p-Gruppen. Unter den Gruppen der
Ordnung ≤ 2000 haben beispielsweise über 99% die Ordnung 210 (siehe Tabelle im Anhang). Die Anzahl
der Gruppen der Ordnung 211 ist unbekannt (siehe Bemerkung 2.18).

Satz 4.10. Die folgenden Aussagen sind äquivalent:

(1) G ist nilpotent.

(2) Für alle H < G ist H < NG (H).

(3) Jede maximale Untergruppe von G ist normal.

(4) Für jede Primzahl p enthält G genau eine p-Sylowgruppe.

(5) G ist die direkte Summe seiner Sylowgruppen.

24
Beweis.
(1)⇒(2): Satz 3.14.
(2)⇒(3): Trivial.
(3)⇒(4): Sei P ∈ Sylp (G). Ist NG (P ) < G, so liegt NG (P ) in einer maximalen Untergruppe H < G.
Nach (iii) ist H ⊴ G. Aus Bemerkung 4.6 folgt nun der Widerspruch G = HNG (P ) = H.
(4)⇒(5): Seien p1 , . . . , pn die Primteiler von |G| und Sylpi (G) = {Pi }. Dann ist Pi ⊴G und |P1 . . . Pn | =
|P1 | . . . |Pn |. Es folgt leicht G = P1 ⊕ . . . ⊕ Pn .
(5)⇒(1): Nach Satz 4.8 ist jede Sylowgruppe nilpotent und daher auch G (Satz 3.15).
L
Satz 4.11. Es gilt F(G) = p | |G| Op (G).

Beweis. Die rechte Seite ist ein nilpotenter Normalteiler und daher in F(G) enthalten. Nach Satz 4.10
ist F(G) = Q1 ⊕ . . . ⊕ Qn mit Qi ∈ Sylpi (F(G)). Als einzige pi -Sylowgruppe von F(G) muss Qi
charakteristisch in F(G) sein. Nach Lemma 2.25 ist also Qi ⊴ G und somit Qi ≤ Opi (G).

Definition 4.12. Die Frattinigruppe Φ(G) ist der Durchschnitt aller maximalen Untergruppen von G.8
Für G = 1 setzt man Φ(G) = 1.

Bemerkung 4.13. Für G ̸= 1 ist sicher Φ(G) < G. Außerdem ist Φ(G) charakteristisch in G.

Lemma 4.14. Für H ≤ G und N ⊴ G gilt:


(i) G = HΦ(G) =⇒ G = H.
(ii) N ≤ Φ(H) =⇒ N ≤ Φ(G).
(iii) Φ(N ) ⊴ Φ(G).
(iv) Φ(G)N/N ≤ Φ(G/N ).
(v) N ≤ Φ(G) =⇒ Φ(G/N ) = Φ(G)/N .

Beweis.
(i) Im Fall H < G liegt H in einer maximalen Untergruppe M < G. Nach Definition ist aber auch
Φ(G) ≤ M und man erhält den Widerspruch G = HΦ(G) ≤ M .
(ii) Im Fall N ⊈ Φ(G) existiert eine maximale Untergruppe M < G mit N ⊈ M und daher G = M N .
Nach Dedekind ist H = N M ∩H = N (M ∩H) = Φ(H)(M ∩H). Nach (i) ist also H = M ∩H ≤ M
und man hat den Widerspruch N ≤ M .
(iii) Da Φ(N ) charakteristisch in N ist, gilt Φ(N ) ⊴ G. Man kann also (ii) mit Φ(N ) statt N und N
statt H anwenden. Die Behauptung folgt.
(iv) Ist M/N eine maximale Untergruppe von G/N , so ist auch M maximal in G. Dies zeigt
Φ(G)N/N ⊆ M N/N und die Behauptung folgt.
(v) Nach (iv) müssen wir nur Φ(G/N ) ≤ Φ(G)/N zeigen. Ist M < G maximal, so ist N ≤ Φ(G) ≤ M
und M/N < G/N ist ebenfalls maximal. Dies zeigt Φ(G/N ) ≤ M/N und die Behauptung
folgt.
8
vgl. Jacobson-Radikal in der Ringtheorie

25
Satz 4.15 (Frattini). Es gilt:

(i) Φ(G) ist nilpotent.

(ii) Ist G/Φ(G) nilpotent, so auch G.

(iii) G′ ∩ Z(G) ≤ Φ(G).

Beweis.

(i) Sei P ∈ Sylp (Φ(G)). Nach Bemerkung 4.6 ist G = Φ(G)NG (P ) und Lemma 4.14 zeigt G = NG (P ),
d. h. P ⊴ G. Dann ist auch P ⊴ Φ(G) und die Behauptung folgt aus Satz 4.10.

(ii) Für P ∈ Sylp (G) ist P Φ(G)/Φ(G) ∈ Sylp (G/Φ(G)). Nach Satz 4.10 ist P Φ(G)/Φ(G) ⊴ G/Φ(G)
und somit P Φ(G) ⊴ G. Wegen P ∈ Sylp (P Φ(G)) ist G = NG (P )P Φ(G) = NG (P )Φ(G) nach
Bemerkung 4.6. Lemma 4.14 zeigt nun G = NG (P ) und P ⊴G. Die Behauptung folgt mit Satz 4.10.

(iii) Ist D := G′ ∩ Z(G) ⊈ Φ(G), so existiert eine maximale Untergruppe M < G mit D ⊈ M ,
also G = DM . Wegen D ≤ Z(G) ist M ⊴ G. Nach Cauchy muss |G/M | eine Primzahl sein.
Insbesondere ist G/M abelsch und daher D ≤ G′ ≤ M . Widerspruch.

Satz 4.16 (Wielandt). Genau dann ist G nilpotent, wenn G′ ≤ Φ(G) gilt.

Beweis. Ist G nilpotent, so ist jede maximale Untergruppe M < G normal in G (Satz 4.10). Insbesondere
ist |G/M | eine Primzahl und G/M ist abelsch. Dies zeigt G′ ≤ M und daher G′ ≤ Φ(G).

Sei nun umgekehrt G′ ≤ Φ(G). Dann ist G/Φ(G) abelsch und daher nilpotent. Die Behauptung folgt
nun aus Satz 4.15.

Satz 4.17. Für jede p-Gruppe P ist Φ(P ) = P ′ ⟨xp : x ∈ P ⟩. Insbesondere ist P/Φ(P ) elementarabelsch.
Ist N ⊴ P mit elementarabelscher Faktorgruppe P/N , so gilt Φ(P ) ≤ N . Also ist Φ(P ) der kleinste
Normalteiler mit elementarabelscher Faktorgruppe.

Beweis. Nach Wielandt ist P ′ ≤ Φ(P ). Für jede maximale Untergruppe M < P ist M ⊴ P und daher
|P/M | = p. Dies zeigt ⟨xp : x ∈ P ⟩ ≤ M und es folgt P ′ ⟨xp : x ∈ P ⟩ ≤ Φ(P ). Sei nun N ⊴ P , sodass
P/N elementarabelsch ist. Nehmen wir Φ(P ) ⊈ N an. Dann existiert ein x ∈ Φ(P ) \ N . Insbesondere
ist 1 ̸= xN ∈ P/N . Wie üblich ist P/N ein Vektorraum über Fp . Wir können also xN zu einer Basis
xN, x2 N, . . . , xr N von P/N ergänzen. Offenbar ist dann

P = ⟨x, x2 , . . . , xr ⟩N = Φ(P )⟨x2 , . . . , xr ⟩N.

Es folgt P = ⟨x2 , . . . , xr ⟩N und P/N = ⟨x2 N, . . . , xr N ⟩. Dies widerspricht der Wahl von x2 , . . . , xr .
Also ist Φ(P ) ≤ N . Offenbar ist N := P ′ ⟨xp : x ∈ P ⟩ ein Normalteiler mit elementarabelscher
Faktorgruppe. Daher gilt auch Φ(P ) ≤ P ′ ⟨xp : x ∈ P ⟩.

Satz 4.18 (Burnsides Basissatz). Für eine p-Gruppe P gilt P = ⟨x1 , . . . , xn ⟩ genau dann, wenn
P/Φ(P ) = ⟨x1 Φ(P ), . . . , xn Φ(P )⟩. Ist also |P/Φ(P )| = pr , so lässt sich P mit r Elementen erzeugen,
aber nicht mit weniger als r.

26
Beweis. Es gilt

P = ⟨x1 , . . . , xn ⟩ ⇐⇒ P = ⟨x1 , . . . , xn ⟩Φ(P ) ⇐⇒ P/Φ(P ) = ⟨x1 Φ(P ), . . . , xn Φ(P )⟩.

Die zweite Aussage ergibt sich, indem man P/Φ(P ) wieder als Vektorraum über Fp auffasst.

Satz 4.19. Sei α ∈ Aut(G) mit ggT(|⟨α⟩|, |Φ(G)|) = 1 und α(x) ≡ x (mod Φ(G)) für alle x ∈ G.
Dann ist α = idG .

Beweis. Sei x1 , . . . , xn ∈ G ein Erzeugendensystem von G und Ω := x1 Φ(G) × . . . × xn Φ(G). Nach


Voraussetzung operiert ⟨α⟩ komponentenweise auf Ω. Für ω = (y1 , . . . , yn ) ∈ Ω gilt dabei G =
⟨y1 , . . . , yn ⟩Φ(G) = ⟨y1 , . . . , yn ⟩ und ⟨α⟩ω = 1 (Stabilisator). Die Bahnengleichung liefert nun |⟨α⟩|
|Ω| = |Φ(G)|n . Wegen ggT(|⟨α⟩|, |Φ(G)|) = 1 ist α = idG .

Bemerkung 4.20. Sei P eine p-Gruppe und α ein nicht-trivialer p′ -Automorphismus von P . Dann
besagt Satz 4.19, dass α nicht-trivial auf P/Φ(P ) operiert. Insbesondere ist der Kern des kanonischen
Homomorphismus Aut(P ) → Aut(P/Φ(P )) eine p-Gruppe.

Beispiel 4.21. Sei P eine nichtabelsche p-Gruppe der Ordnung p3 . Dann ist 1 ̸= P ′ ≤ Φ(P ) < P
und |P : Φ(P )| = p2 nach Satz 4.18. Dies zeigt P ′ = Φ(P ). Nach Satz 3.14 ist P ′ ≤ Z(P ) und nach
Aufgabe 8 ist P/Z(P ) nicht zyklisch. Also gilt P ′ = Φ(P ) = Z(P ). Wir werden diese Gruppen später
vollständig klassifizieren (Satz 9.9). Sei nun α ∈ Aut(P ) ein p′ -Automorphismus. Nach Bemerkung 4.20
operiert α treu auf P/Φ(P ). Wir können also α ∈ Aut(P/Φ(P )) ∼ = GL(2, p) annehmen. Wegen

|GL(2, p)| = (p2 − 1)(p2 − p) = (p − 1)2 p(p + 1)

ist |⟨α⟩| ein Teiler von (p − 1)2 (p + 1).

Satz 4.22. Seien p, q Primzahlen und n ≥ 1. Dann ist jede Gruppe der Ordnung pn q auflösbar.

Beweis. Sei G ein minimales Gegenbeispiel. Sicher ist dann p ̸= q. Sei P ∈ Sylp (G). Im Fall P ⊴ G
wäre G auflösbar, da P und G/P auflösbar sind (Lemma 2.21). Also ist NG (P ) = P . Wir wählen
Q ∈ Sylp (G) \ {P }, sodass |P ∩ Q| möglichst groß ist. Nehmen wir zunächst P ∩ Q = 1 an. Dann
schneiden sich je zwei p-Sylowgruppen trivial und es gibt

1 + (|P | − 1)|G : NG (P )| = |G| − q + 1

viele p-Elemente in G. Somit ist nur noch Platz für eine q-Sylowgruppe, die dann normal sein muss. Dann
wäre aber G wieder auflösbar. Also ist D := P ∩ Q = ̸ 1. Sei N := NG (D). Ist N in einer p-Sylowgruppe
S von G enthalten, so hat man D < NP (D) ≤ P ∩ S und D < NQ (D) ≤ Q ∩ S nach Satz 4.10. Die
Wahl von P und Q liefert dann den Widerspruch P = S = Q. Also enthält N eine q-Sylowgruppe T
von G. Aus Ordnungsgründen ist G = P T . Für jedes g ∈ G existieren daher x ∈ P und y ∈ T ≤ N mit
g = xy und gDg −1 = xyDy −1 x−1 = xDx−1 ≤ P . Folglich ist K := DG = ⟨gDg −1 : g ∈ G⟩ ≤ P und
K ⊴ G. Nach Wahl von G sind K und G/K auflösbar. Also ist auch G auflösbar.

Lemma 4.23. Sei N ⊴ G mit nilpotenter Faktorgruppe G/N . Dann gilt:


(i) Es existiert eine nilpotente Untergruppe H ≤ G mit G = HN .
(ii) Ist auch N nilpotent, so existiert eine nilpotente Untergruppe H mit G = HN und NG (H) = H.

27
Beweis.
(i) Ist N ≤ Φ(G), so ist H = G nilpotent nach Frattini. Sei also M < G maximal mit N ⊈ M .
Dann ist G = M N und M/(M ∩ N ) ∼ = G/N ist nilpotent. Durch Induktion nach |G| können wir
annehmen, dass eine nilpotente Untergruppe H ≤ M mit M = H(M ∩ N ) existiert. Es gilt nun
G = M N = H(M ∩ N )N = HN .
(ii) Wir wählen H wie in (i), sodass |H| möglichst groß ist. Nach Dedekind ist NG (H) = HN ∩NG (H) =
HNN (G). Nach Voraussetzung sind H und NN (H) nilpotente Normalteiler von NG (H). Also ist
auch NG (H) nilpotent nach Fitting. Die Maximalität von |H| zeigt NG (H) = H.

Definition 4.24. Eine nilpotente Untergruppe C ≤ G heißt Cartergruppe von G, falls NG (C) = C
(selbstnormalisierend ).

Beispiel 4.25.
(i) In einer nilpotenten Gruppe G ist G nach Satz 4.10 die einzige Cartergruppe.
(ii) Die 2-Sylowgruppen von S4 sind Cartergruppen.
(iii) Sei C eine Cartergruppe von G = A5 . Da G keine Elemente der Ordnung 6, 10 oder 15 besitzt,
muss C eine p-Gruppe sein. Nach Sylow und Satz 4.10 ist C sogar eine p-Sylowgruppe von G.
Die Fälle p ∈ {3, 5} sind wegen |G : NG (C)| = |G : C| ̸≡ 1 (mod p) ausgeschlossen. Sei also
C = V4 . Dann wäre aber A4 ≤ NG (C) = C. Somit besitzt A5 keine Cartergruppe. Der folgende
Satz impliziert, dass A5 nicht auflösbar ist.

Satz 4.26 (Carter). Jede auflösbare Gruppe besitzt genau eine Cartergruppe bis auf Konjugation.

Beweis. Wir argumentieren durch Induktion nach |G| und wählen einen minimalen Normalteiler N ⊴ G.
Nach Satz 2.27 ist N eine (elementar)abelsche p-Gruppe.
Nach Induktion besitzt G/N eine Cartergruppe K/N . Lemma 4.23 liefert eine nilpotente Untergruppe
C ≤ K mit K = CN und NK (C) = C. Es folgt
NG (C)N/N ≤ NG (CN )/N = NG/N (CN/N )NG (K)/N ≤ NG/N (K/N ) = K/N
und NG (C) = NK (C) = C. Also ist C eine Cartergruppe von G.
Sei umgekehrt D ≤ G eine Cartergruppe von G. Dann ist DN/N nilpotent und im Fall DN = G
auch selbstnormalisierend in G/N . Sei nun DN < G. Nach Induktion sind dann die Cartergruppen
von DN konjugiert. Das Frattini-Argument liefert NG (DN ) = NG (D)N = DN . Also ist DN/N in
jedem Fall eine Cartergruppe von G/N . Nach Induktion sind CN und DN konjugiert. O. B. d. A. sei
CN = G = DN . Ist G nilpotent, so gilt C = G = D nach Satz 4.10. Sei also C, D < G. Da N abelsch
ist, gilt G = CN ≤ NG (C ∩ N ). Die Minimalität von N ergibt C ∩ N = 1 = D ∩ N . Da G nicht
nilpotent ist, existiert ein Primteiler q ̸= p von |C| = |D|. Sei Q ∈ Sylq (C) ⊆ Sylq (G). Da C nilpotent
ist, folgt C ≤ NG (Q). Im Fall Q ⊴ G ist Q ≤ D. Als Cartergruppen von G/Q sind dann C/Q und D/Q
konjugiert nach Induktion. Sei also NG (Q) < G. Wegen G = CN ≤ NG (NN (Q)) ist NN (Q) = 1 und
NG (Q) = C. Analog existiert R ∈ Sylq (G) mit NG (R) = D. Nach Sylow sind Q und R sowie NG (Q)
und NG (R) konjugiert.

Bemerkung 4.27. Mit der Klassifikation der einfachen Gruppen hat Vdovin bewiesen, dass jede Grup-
pe höchstens eine Cartergruppe bis auf Konjugation besitzt. Die p-Sylowgruppen einer beliebigen Gruppe
können also nur für höchstens eine Primzahl p selbstnormalisierend sein. Besitzt G selbstnormalisierende
p-Sylowgruppen für p > 3, so ist G auflösbar nach einem Satz von Guralnick-Malle-Navarro.

28
5 Komplemente und Hallgruppen

Bemerkung 5.1. Als Verallgemeinerung von Sylow zeigen wir, dass in auflösbaren Gruppen G stets
eine Untergruppe der Ordnung d existiert, sofern d und |G|/d teilerfremd sind. Für überauflösbare
Gruppen existiert sogar für jeden Teiler d von |G| eine Untergruppe der Ordnung d.

Definition 5.2. Sei N ≤ G. Eine Untergruppe H ≤ G mit G = N H und H ∩ N = 1 nennt man


Komplement von N in G.

Bemerkung 5.3.
(i) In diesem Kapitel interessieren wir uns nur für den Fall N ⊴ G. In Abschnitt 7 suchen wir hingegen
normale Komplemente H ⊴ G.
(ii) Man beachte, dass ein Komplement im obigen Sinn kein mengentheoretisches Komplement ist!
(iii) Ist H ein Komplement von N ⊴ G, so lässt sich jedes Element g ∈ G eindeutig in der Form
g = xh mit x ∈ N und h ∈ H schreiben. Ist nämlich auch g = x′ h′ mit x′ ∈ N und h′ ∈ H, so
folgt (x′ )−1 x = h′ h−1 ∈ N ∩ H = 1.
(iv) Eine exakte Folge ist eine Folge von Gruppenhomomorphismen
αi αi+1
· · · −→ Gi −→ Gi+1 −→ Gi+2 −→ · · ·

mit αi (Gi ) = Ker(αi+1 ) für alle i. Eine kurze exakte Folge hat die Form

α β
1 −→ N −→ G −→ H −→ 1.

Es gilt dann N ∼ = α(N ) = Ker(β) ⊴ G und G/N = G/Ker(β) ∼ = β(G) = H (α ist injektiv und β
ist surjektiv). Die Folge zerfällt, falls ein Homomorphismus γ : H → G mit β ◦ γ = idH existiert.
Ggf. ist γ(H) ∼ = H mit γ(H) ∩ Ker(β) = 1 und G = Ker(β)γ(H).
(v) Hat N ⊴ G ein Komplement H, so erhält man durch Einbettung eine zerfallende exakte Folge
1 → N ,→ G ↠ H → 1.

Beispiel 5.4.
(i) Sei K ein Komplement von N ⊴ G und N ≤ H ≤ G. Dann ist H ∩ K ein Komplement von N in
H, denn (H ∩ K)N = H ∩ KN = H. Ist M ⊴ G mit M ≤ N , so ist KM/M ein Komplement
von N/M , denn N ∩ KM = (N ∩ K)M = M nach Dedekind.
(ii) In einer direkten Summe N ⊕M ist N ein Komplement von M und umgekehrt. Nach Bemerkung 2.8
sind Komplemente also im Allgemeinen nicht eindeutig bestimmt.
(iii) In einer elementarabelschen Gruppe hat jede Untergruppe (Normalteiler) ein Komplement (lineare
Algebra).
(iv) Nach Satz 4.10 hat jede Sylowgruppe einer nilpotenten Gruppe ein Komplement.
(v) Nach Aufgabe 21 hat jeder vollständige Normalteiler ein Komplement.
(vi) S2 ist ein Komplement von A3 in S3 .
(vii) Die Untergruppe C2 von C4 besitzt kein Komplement, denn C4 ∼
̸= C22 .

29
Satz 5.5 (Rose). Für jede endliche Gruppe G sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(1) Z(G) = 1 und Inn(G) besitzt ein Komplement in Aut(G).
(2) Ist G ein Normalteiler einer endlichen Gruppe H, so besitzt G ein Komplement in H.

Beweis.
(1)⇒(2): Für N := CH (G) ⊴ H ist G ∩ N = Z(G) = 1 und Inn(G) ∼
= GN/N ⊴ H/N ≤ Aut(G). Also
existiert K/N ≤ H/N mit H = GK und GN ∩ K = N . Es folgt G ∩ K ≤ G ∩ GN ∩ K = G ∩ N = 1.
(2)⇒(1): Angenommen |Z(G)| ist durch eine Primzahl p teilbar. Sei x ∈ Z(G) mit Ordnung p und sei
pn die maximale Ordnung eines p-Elements in G. Sei C = ⟨y⟩ ∼= Cpn+1 und
n
Z := ⟨(x−1 , y p )⟩ ≤ Z(G × C).

Wir definieren H := (G × C)/Z (ein Zentralprodukt, siehe Definition 9.14). Offenbar ist f : G → H,
g 7→ (g, 1)Z ein Monomorphismus. Nach Voraussetzung besitzt f (G) ein Komplement K ≤ H.
Nach Konstruktion ist [f (G), K] = 1 und H = f (G) × K. Wegen |K| = |H|/|G| = pn besitzt H
kein Element der Ordnung pn+1 . Andererseits ist aber C → H, y 7→ (1, y)Z ein Monomorphismus.
Dieser Widerspruch zeigt Z(G) = 1. Nun besitzt Inn(G) ∼ = G ein Komplement in Aut(G).

Bemerkung 5.6. Im Folgenden betrachten wir Homomorphismen der Form G → Aut(H), wobei G
und H Gruppen sind. Wegen Aut(H) ≤ Sym(H) operiert dann G auf H. Für g ∈ G und x, y ∈ H gilt
dabei g (xy) = (g x)(g y).

Lemma 5.7. Sei φ : H → Aut(N ) ein Homomorphismus für Gruppen H, N . Dann wird G := N × H
mittels

(x, g) ∗ (y, h) := (x(g y), gh) (x, y ∈ N, g, h ∈ H).

zu einer Gruppe.

Beweis. Für x, y, z ∈ N und g, h, k ∈ H gilt

((x, g) ∗ (y, h)) ∗ (z, k) = (x(g y), gh) ∗ (z, k) = (x(g y)(gh z), ghk) = (x(g (y(h z))), ghk)
= (x, g) ∗ (y(h z), hk) = (x, g) ∗ ((y, h) ∗ (z, k)).

Also ist G assoziativ. Außerdem ist (1, 1) ∗ (x, g) = (x, g) und (1, 1) ist neutrales Element. Schließlich ist
−1 −1 −1 −1
(g (x−1 ), g −1 )(x, g) = (g (x−1 )(g x), 1) = (g (x−1 x), 1) = (1, 1).

Definition 5.8. Man nennt G das semidirekte Produkt von N mit H und schreibt G = N ⋊φ H.

Bemerkung 5.9.
(i) Im Gegensatz zum direkten Produkt kann man beim semidirekten Produkt die Faktoren nicht
vertauschen.
(ii) Ist die Operation φ im Kontext klar oder unwesentlich, so schreibt man auch N ⋊ H. Insbesondere
wählt man im Fall H ≤ Aut(N ) oft die Inklusionsabbildung φ : H ,→ Aut(N ).
(iii) Ist φ trivial, so ist offensichtlich N ⋊φ H ∼
= N × H.

30
(iv) Wir beweisen nun die nicht-kommutative Version von Lemma 2.7.

Lemma 5.10. Sei N ⊴G mit Komplement H ≤ G. Dann ist G ∼ = N ⋊H. Ist umgekehrt ein semidirektes
Produkt G = N ⋊φ H gegeben, so existiert ein Normalteiler N ⊴ G mit Komplement H
e e ≤ G, sodass
e∼
N = N und He ∼
= H gilt.

Beweis. Sei φ : H → Aut(N ) die Konjugationsabbildung. Wir zeigen, dass die Abbildung

F : G → N ⋊φ H, xh 7→ (x, h) (x ∈ N, h ∈ H)

ein Isomorphismus ist. Für x, y ∈ N und h, k ∈ H gilt

F (xh · yk) = F (x(hyh−1 ) · hk) = (x(hyh−1 ), hk) = (x(h y), hk) = (x, h) ∗ (y, k) = F (xh) ∗ F (yk).

Also ist F ein Homomorphismus. Offenbar ist F auch bijektiv.


Für die zweite Behauptung betrachten wir die kurze exakte Folge
x7→(x,1) (x,h)7→h
1→N −→ G −→ H → 1

Nach Bemerkung 5.3 genügt es zu zeigen, dass diese Folge zerfällt. Dies sieht man mit dem Homomor-
phismus H → G, h 7→ (1, h).

Beispiel 5.11.
(i) Nach Aufgabe 3 besitzt jede abelsche Gruppe A den Automorphismus x 7→ x−1 (x ∈ A). Ist
φ : C2 → Aut(A) der entsprechende Homomorphismus, so kann man A ⋊φ C2 konstruieren. Für
n ≥ 3 nennt man D2n := Cn ⋊φ C2 die Diedergruppe der Ordnung 2n (vgl. Aufgabe 6). Offenbar ist
dann φ nicht-trivial und D2n ist nichtabelsch. Andererseits ist D2n
′ ≤ C und D
n 2n ist metabelsch.

(ii) Nach Aufgabe 21 gibt es einen Isomorphismus φ : S3 → Aut(S3 ) mit S3 ⋊φ S3 ∼ = S3 × S3 . Semidi-


rekte Produkte lassen sich also nicht ohne Weiteres durch die entsprechenden Homomorphismen
klassifizieren.

Satz 5.12. Sei |G| = pq mit Primzahlen p ≤ q. Dann gilt einer der folgenden Aussagen:
(i) G ∼
= Cpq .
(ii) G ∼
= Cp2 .
(iii) p | q − 1 und G ∼
= Cq ⋊ Cp .

Beweis. Im Fall p = q ist G abelsch zum Beispiel nach Satz 4.18. Dann folgt die Behauptung aus
Satz 2.9. Sei nun also p < q. Nach Beispiel 4.5 können wir q ≡ 1 (mod p) annehmen. Nach Sylow besitzt
G eine normale q-Sylowgruppe Q. Offenbar ist P ∈ Sylp (G) ein Komplement von Q, d. h. G = Q ⋊ P .
Wegen Aut(Q) ∼ = Cq−1 existiert ein nicht-trivialer Homomorphismus φ : P → Aut(Q). Man erhält eine
nichtabelsche Gruppe vom Typ G ∼ = Cq ⋊ Cp (der Isomorphietyp dieser Gruppe ist durch p und q
eindeutig bestimmt).

Lemma 5.13. Sei N ⊴ G und H ≤ G minimal bzgl. der Eigenschaft G = HN . Dann ist H ∩ N ≤ Φ(H).

Beweis. Im Fall H ∩ N ⊈ Φ(H) existiert eine maximale Untergruppe M < H mit M (H ∩ N ) = H


(beachte H ∩ N ⊴ H). Dann wäre aber G = HN = M N ein Widerspruch zur Wahl von H.

31
Satz 5.14. Sei A das Produkt aller abelschen minimalen Normalteiler von G. Dann sind die folgenden
Aussagen äquivalent:
(1) Jeder abelsche Normalteiler von G besitzt ein Komplement.
(2) A besitzt ein Komplement.
(3) Φ(G) = 1.

Beweis.
(1)⇒(2): Für zwei abelsche minimale Normalteiler B, C ⊴ G gilt [B, C] ≤ B ∩ C = 1. Daher ist A
abelsch und (2) folgt.
(2)⇒(3): Sei G = A ⋊ K und indirekt Φ(G) ̸= 1. Sei N ≤ Φ(G) ein minimaler Normalteiler von
G. Da Φ(G) nilpotent ist, gilt N ≤ A. Als Produkt von (vertauschbaren) elementarabelschen
Gruppen ist A ein direktes Produkt von Gruppen von Primzahlordnung. Insbesondere ist Φ(A) = 1
nach Aufgabe 20. Daher existiert eine maximale Untergruppe B < A mit A = N B. Nun ist
G = AK = N BK = Φ(G)BK = BK im Widerspruch zu |BK| = |B||K| < |A||K| = |G|.
(3)⇒(1): Sei 1 ̸= N ⊴ G abelsch und H ≤ G wie in Lemma 5.13. Dann gilt H ∩ N ⊴ H und H ∩ N ⊴ N ,
da N abelsch ist. Dies zeigt H ∩ N ⊴ HN = G. Aus Lemma 4.14 folgt H ∩ N ≤ Φ(G) = 1, d. h. H
ist ein Komplement von N in G.

Bemerkung 5.15. Im Folgenden untersuchen wir, wann ein fest gewählter Normalteiler ein Komplement
besitzt. Jedes Komplement von H ≤ G ist offenbar ein Repräsentantensystem für G/H. Wir werden
umgekehrt Komplemente konstruieren, indem wir beliebige Repräsentantensystem „glätten“.

Definition 5.16. Sei A ⊴ G abelsch und A ≤ H ≤ G. Sei K ein Komplement von A in H. Für
x, y ∈ G mit xH = yH existiert genau ein κx,y ∈ K mit x−1 yA = κx,y A. Sei R die Menge der
Repräsentantensysteme für G/H. Für R, S ∈ R sei
Y
(R|S) := rκr,s s−1 ∈ A
(r,s)∈R×S
rH=sH

(da A abelsch ist, spielt die Reihenfolge der Faktoren keine Rolle).

Lemma 5.17. Für R, S, T ∈ R, g ∈ G und a ∈ A gilt


(i) (R|R) = 1 und (R|S)−1 = (S|R).
(ii) (R|S)(S|T ) = (R|T ).
(iii) gR, gS ∈ R und (gR|gS) = g(R|S)g −1 .
(iv) (aR|S) = a|G:H| (R|S).

Beweis.
(i) Aus κr,r A = A folgt (R|R) = 1. Wegen κ−1
r,s A = (r s) A = s rA = κs,r A gilt
−1 −1 −1

Y Y
(R|S)−1 = (rκr,s s−1 )−1 = sκs,r r−1 = (S|R).
(r,s)∈R×S (r,s)∈R×S
rH=sH rH=sH

32
(ii) Aus κr,s κs,t A = r−1 ss−1 tA = r−1 tA = κr,t A folgt
Y Y Y
(R|S)(S|T ) = rκr,s s−1 sκs,t t−1 = rκr,t t−1 = (R|T ).
(r,s)∈R×S (s,t)∈S×T (r,t)∈R×T
rH=sH sH=tH rH=tH

(iii) Für x, y ∈ R gilt gxH = gyH ⇔ xH = yH ⇔ x = y. Dies zeigt gR, gS ∈ R. Wegen κgr,gs A =
(gr)−1 gsA = r−1 sA = κr,s ist
Y  Y 
(gR|gS) = grκgr,gs s−1 g −1 = g rκr,s s−1 g −1 = g(R|S)g −1 .
(gr,gs)∈gR×gS (r,s)∈R×S
grH=gsH rH=sH

(iv) Es gilt κar,s A = (ar)−1 sA = r−1 sA = κr,s A. Da A abelsch ist, kann man a aus den |G : H|
Faktoren herausziehen:
Y Y
(aR|S) = arκar,s s−1 = a|G:H| rκr,s s−1 = a|G:H| (R|S).
(ar,s)∈aR×S (r,s)∈R×S
arH=sH rH=sH

Bemerkung 5.18. Für x, y ∈ G schreiben wir im Folgenden xy := y −1 xy und x−y := (xy )−1 . Offenbar
gilt x1 = x, (xy )z = xyz und (xy)z = xz y z für x, y, z ∈ G.

Definition 5.19. Seien H ≤ G endliche Gruppen. Eine Abbildung α : G → H mit α(xy) = α(x)y α(y)
für alle x, y ∈ G heißt verschränkter Homomorphismus. Wie üblich sei Ker(α) := {x ∈ G : α(x) = 1}.

Lemma 5.20. Für jeden verschränkten Homomorphismus α : G → H gilt Ker(α) ≤ G.

Beweis. Aus α(1) = α(1 · 1) = α(1)1 α(1) = α(1)2 folgt α(1) = 1. Für x, y ∈ Ker(α) gilt α(xy) =
α(x)y α(y) = 1y 1 = 1, also xy ∈ Ker(α).

Satz 5.21 (Gaschütz). Sei A ⊴ G abelsch und A ≤ H ≤ G mit ggT(|A|, |G : H|) = 1. Dann gilt
(i) Besitzt A ein Komplement in H, so auch in G.
(ii) Sind L1 , L2 Komplemente von A in G mit H ∩ L1 = H ∩ L2 , so sind L1 und L2 in G konjugiert.
(iii) Sind je zwei Komplemente von A in H konjugiert, so sind auch je zwei Komplemente von A in G
konjugiert.

Beweis (Brandis).
(i) Sei K ein Komplement von A in H und R ∈ R mit den Bezeichnungen aus Definition 5.16. Für
x ∈ G sei α(x) := (x−1 R|R) ∈ A. Nach Lemma 5.17 gilt

α(xy) = (y −1 x−1 R|R) = (y −1 x−1 R|y −1 R)(y −1 R|R) = (x−1 R|R)y (y −1 |R) = α(x)y α(y)

für x, y ∈ G. Also ist α ein verschränkter Homomorphismus und L := Ker(α) ≤ G nach


Lemma 5.20. Für a ∈ A gilt α(a) = (a−1 R|R) = a−|G:H| (R|R) = a−|G:H| . Wegen ggT(|A|, |G :
H|) = 1 ist die Einschränkung α|A ein Automorphismus von A. Insbesondere ist L ∩ A = 1.
Für g ∈ G existiert außerdem ein a ∈ A mit 1 = α(g)α(a) = α(g)a α(a) = α(ga). Dies zeigt
g = (ga)a−1 ∈ LA. Also ist L ein Komplement von A in G.

33
(ii) Nach Beispiel 5.4 ist K := H ∩ Li ein Komplement von A in H. Wir konstruieren (R|S) bzgl. K.
Seien R1 , R2 ∈ R mit Ri ⊆ Li . Für i = 1, 2 konstruieren wir αi wie in (i) mit Hilfe von Ri . Für
x ∈ Li und r, s ∈ Ri gilt

xrH = sH =⇒ (xr)−1 s ∈ H ∩ Li = K =⇒ κxr,x = (xr)−1 s.

Dies zeigt Y
αi (x−1 ) = (xRi |Ri ) = xrκxr,s s−1 = 1
(xr,s)∈xR1 ×R1
xrH=sH

und Li ≤ Ker(αi ). Nach (i) ist |Li | = |Ker(αi )|, also Li = Ker(αi ) für i = 1, 2.
Sei nun a := (R1 |R2 ) ∈ A und x ∈ G. Nach (i) existiert b ∈ A mit α2 (b) = a. Es gilt
5.17
α1 (x) = (x−1 R1 |R1 ) = (x−1 R1 |x−1 R2 )(x−1 R2 |R2 )(R2 |R1 ) = ax α2 (x)a−1
(i) −1
= α2 (b)x α2 (x)α2 (b)−1 = α2 (bx)α2 (b−1 ) = α2 (bx)b α2 (b−1 ) = α2 (bxb−1 ).

Es folgt L2 = Ker(α2 ) = bKer(α1 )b−1 = bL1 b−1 .


(iii) Seien L1 , L2 Komplemente von A in G. Dann sind H ∩ L1 , H ∩ L2 Komplemente von A in H.
Nach Voraussetzung existiert h ∈ H mit H ∩ hL1 h−1 = h(H ∩ L1 )h−1 = H ∩ L2 . Die Behauptung
folgt nun aus (ii).

Satz 5.22. Sei A ⊴ G abelsch. Genau dann besitzt A ein Komplement in G, wenn jede Sylowgruppe
von A ein Komplement in einer Sylowgruppe von G besitzt.

Beweis. Sei K ein Komplement von A in G und Kp ∈ Sylp (K). Sei Kp ≤ P ∈ Sylp (G). Da A abelsch
ist, ist A ∩ P = Op (A) ⊴ G die einzige p-Sylowgruppe von A und (A ∩ P ) ∩ Kp ≤ A ∩ K = 1. Wegen
|A ∩ P ||Kp | = |A|p |K|p = |G|p = |P | ist Kp ein Komplement von A ∩ P in P .
Die Umkehrung beweisen wir durch Induktion nach der Anzahl der Primteiler p1 , . . . , ps von |A|. Sei
P1 ∈ Sylp1 (G). Dann besitzt A ∩ P1 = Op1 (A) ⊴ G ein Komplement in P1 und nach Gaschütz auch
ein Komplement K1 in G. Sei also s ≥ 2. Für i ≥ 2 sei Pi ∈ Sylpi (K1 ) ⊆ Sylpi (G). Dann besitzt
(A ∩ K1 ) ∩ Pi = A ∩ Pi ein Komplement in Pi . Nach Induktion besitzt A ∩ K1 ein Komplement K in
K1 . Es gilt nun G = (A ∩ P1 )K1 = (A ∩ P1 )(A ∩ K1 )K ≤ AK und A ∩ K = A ∩ K1 ∩ K = 1.

Satz 5.23. Sei A ⊴ G. Für je zwei Komplemente K, L ≤ G von A existiert ein α ∈ Aut(G) mit
α(K) = L und αA = idA .

Beweis. Wegen K ∼ = G/A ∼ = L existiert ein Isomorphismus φ : K → L mit φ(x) ≡ x (mod A) für alle
x ∈ K. Da A abelsch ist, gilt φ(x)aφ(x)−1 = xax−1 für alle x ∈ K und a ∈ A. Offenbar ist α : G → G,
xa 7→ φ(x)a für x ∈ K und a ∈ A eine wohldefinierte Bijektion. Für x, y ∈ K und a, b ∈ A gilt

α(xa · yb) = α(xy · y −1 ayb) = φ(xy)y −1 ayb = φ(x)φ(y)φ(y)−1 aφ(y)b = φ(x)aφ(y)b = α(xa)α(yb).

Also ist α ∈ Aut(G) mit α(K) = φ(K) = L und αA = idA .

Satz 5.24. Sei G eine endliche Gruppe mit elementarabelschen Sylowgruppen (für jede Primzahl ).
Dann besitzt jeder Normalteiler von G ein Komplement.

34
Beweis. Sei N ⊴ G. Wir argumentieren durch Induktion nach |N |. Angenommen N besitzt eine
nicht-normale p-Sylowgruppe P . Nach Bemerkung 4.6 ist G = N NG (P ) und NN (P ) < N . Nach
Induktion besitzt NN (P ) ein Komplement K in NG (P ). Es gilt G = N NG (P ) = N NN (P )K = N K
und N ∩ K = N ∩ NN (P ) ∩ K = 1. Wir können daher annehmen, dass N nilpotent ist (Satz 4.10).
Nach Voraussetzung ist N sogar abelsch und jede Sylowgruppe von N besitzt ein Komplement in einer
(elementarabelschen) Sylowgruppe von G (Beispiel 5.4). Die Behauptung folgt nun aus Satz 5.22.

Bemerkung 5.25. Die einfache Gruppe A6 (siehe Satz 6.38) mit 2-Sylowgruppe D8 zeigt, dass die
Umkehrung von Satz 5.24 falsch ist.

Satz 5.26. Für jede auflösbare Gruppe G sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(1) Jeder Normalteiler von G besitzt ein Komplement.
(2) Für alle N ⊴ G gilt Φ(G/N ) = 1.

Beweis.
(1)⇒(2): Sei M/N := Φ(G/N ) ⊴ G/N . Sei K ≤ G ein Komplement von M in G. Dann gilt

G/N = M K/N = Φ(G/N ) · KN/N = KN/N

also G = KN . Es folgt M = KN ∩ M = N (K ∩ M ) = N , d. h. Φ(G/N ) = 1.


(2)⇒(1): Induktion nach |G|: Sei 1 ̸= N ⊴ G. Sei M ≤ N ein minimaler Normalteiler von G. Da G
auflösbar ist, ist M (elementar)abelsch. Wegen Φ(G) = Φ(G/1) = 1 besitzt M nach Satz 5.14
ein Komplement H in G. Wegen H ∼ = G/M überträgt sich die Voraussetzung von G nach H mit
dem zweiten Isomorphiesatz. Nach Induktion besitzt H ∩ N ⊴ H ein Komplement K in H. Es gilt
G = HM = K(H ∩ N )M ≤ KN und K ∩ N = K ∩ H ∩ N = 1, d. h. K ist ein Komplement von
N in G.

Satz 5.27 (Schur-Zassenhaus). Sei N ⊴G mit ggT(|N |, |G/N |) = 1. Dann besitzt N ein Komplement
in G. Ist N oder G/N auflösbar, so sind je zwei Komplemente von N in G unter N konjugiert.

Beweis.
Schritt 1: Existenz.
Induktion nach |G|: Wir dürfen sicher 1 < N < G annehmen. Sei 1 ̸= P ∈ Sylp (N ). Dann ist
NN (P ) ⊴ NG (P ) und

NG (P )/NN (P ) = NG (P )/NG (P ) ∩ N ∼
= NG (P )N/N ≤ G/N.

Im Fall NG (P ) < G besitzt NN (P ) nach Induktion ein Komplement K in NG (P ). Nach Bemerkung 4.6
ist G = N NG (P ) = N NN (P )K = N K und N ∩ K = N ∩ NG (P ) ∩ K = NN (P ) ∩ K = 1. Wir können
also P ⊴ G annehmen. Nach Satz 4.8 und Lemma 2.25 ist auch 1 ̸= Z(P ) ⊴ G. Nach Induktion besitzt
N/Z(P ) ein Komplement K/Z(P ) in G/Z(P ). Dann ist G = N K und N ∩ K = Z(P ). Es genügt also
zu zeigen, dass Z(P ) ein Komplement in K hat. Wir können daher annehmen, dass N abelsch ist. Dann
folgt die Behauptung aus Gaschütz mit N = A = H.
Schritt 2: Eindeutigkeit.
Fall 1: N auflösbar.
Induktion nach |N |: Ist N abelsch, so folgt die Behauptung aus Gaschütz mit N = A = H. Sei
also 1 < N ′ < N . Seien K1 und K2 Komplemente von N in G. Dann sind K1 N ′ /N ′ und K2 N ′ /N ′

35
Komplemente von N/N ′ in G/N ′ . Nach Induktion existiert ein x ∈ N mit xK1 x−1 N ′ = xK1 N ′ x−1 =
K2 N ′ . Also sind xK1 x−1 und K2 Komplemente von N ′ in K2 N ′ . Nach Induktion existiert ein y ∈ N ′
mit yxK1 x−1 y −1 = K2 .

Fall 2: G/N auflösbar.


Induktion nach |G/N |: Seien K1 und K2 Komplemente von N in G. Dann ist K1 ∼ = G/N ∼= K2
auflösbar. Sei M1 ein minimaler Normalteiler von K1 . Nach Satz 2.27 ist M1 eine elementarabelsche
p-Gruppe. Im Fall M1 = K1 sind K1 und K2 nach Sylow in G konjugiert. Wegen G = N K1 = K1 N
sind K1 und K2 dann auch unter N konjugiert. Sei also M1 < K1 und M2 := K2 ∩ N M1 ⊴ K2 . Nach
Dedekind ist
N M2 = N (K2 ∩ N M1 ) = N K2 ∩ N M1 = N M1 .
Induktion liefert ein x ∈ N mit xM1 x−1 = M2 . Insbesondere ist xK1 x−1 ≤ xNG (M1 )x−1 = NG (M2 )
und K2 ≤ NG (M2 ). Nach Dedekind sind xK1 x−1 /M2 und K2 /M2 Komplemente von NN (M2 )M2 /M2
in NG (M2 )/M2 . Nach Induktion existiert also ein y ∈ NN (M2 ) mit yxK1 x−1 y −1 /M2 = K2 /M2 . Die
Behauptung folgt.

Bemerkung 5.28.

(i) Aus der Bedingung ggT(|N |, |G/N |) = 1 folgt, dass |N | oder |G/N | ungerade ist. Nach dem
tiefliegenden Satz von Feit und Thompson (Gruppen ungerader Ordnung sind auflösbar) ist die
Auflösbarkeitsbedingung in Satz 5.27 also eigentlich überflüssig (der Beweis hat 250 Seiten).

(ii) Im Gegensatz zu Schur-Zassenhaus ist der Satz von Gaschütz für nichtabelsche Normalteiler A
im Allgemeinen falsch.9

Folgerung 5.29. Für N ⊴ G existiert ein H ≤ G mit G = N H, sodass |H| und |G/N | die gleichen
Primteiler haben.

Beweis. Wähle H wie in Lemma 5.13 (notfalls H = G). Angenommen H ∩ N enthält eine nicht-triviale
p-Sylowgruppe P von H. Da H ∩ N ≤ Φ(H) nilpotent ist, gilt P ⊴ H. Nach Schur-Zassenhaus besitzt
P ein Komplement K in H. Damit folgt der Widerspruch H = P K ≤ Φ(H)K = K. Also ist jeder
Primteiler von |H| auch ein Teiler von |H : H ∩ N | = |HN/N | = |G/N |.

Bemerkung 5.30. Offenbar verallgemeinert Folgerung 5.29 den Satz von Schur-Zassenhaus. In Satz 7.47
lernen wir eine weitere Verallgemeinerung kennen.

Definition 5.31. Sei π eine Menge von Primzahlen. Eine Untergruppe H ≤ G heißt (π-)Hallgruppe
von G, falls H eine π-Gruppe ist und kein Primteiler von |G : H| in π liegt. In diesem Fall ist
ggT(|H|, |G : H|) = 1.

Beispiel 5.32.

(i) Die p-Hallgruppen sind genau die p-Sylowgruppen.

(ii) Ist G nilpotent, so ist Oπ (G) die einzige π-Hallgruppe von G (Satz 4.10).

(iii) A5 besitzt keine {3, 5}-Hallgruppe, denn eine solche Hallgruppe wäre zyklisch der Ordnung 15
(Beispiel 4.5). Der folgende Satz impliziert daher (erneut), dass A5 nicht auflösbar ist.
9
Ein Gegenbeispiel ist das Zentralprodukt (siehe Definition 9.14) G = SL(2, 3) ∗ C4 mit A ∼
= Q8 und H = Q8 ∗ C4 .

36
Satz 5.33 (Hall). Sei G auflösbar und π eine Primzahlmenge. Dann gilt

(i) G besitzt eine π-Hallgruppe.

(ii) Je zwei π-Hallgruppen sind in G konjugiert.

(iii) Jede π-Untergruppe von G liegt in einer π-Hallgruppe.

Beweis. Wir können annehmen, dass alle Primzahlen in π die Gruppenordnung |G| teilen. Wir schreiben
|G| = rs mit ggT(r, s) = 1, wobei π die Menge der Primteiler von r ist. Wir zeigen zunächst (iii)
durch Induktion nach |G|. Offenbar dürfen wir G = ̸ 1 annehmen. Sei U ≤ G mit |U | r. Sei M ein
minimaler Normalteiler von G. Da G auflösbar ist, ist |M | = pn für eine Primzahlpotenz pn > 1. Sei
zunächst pn | r und r′ := r/pn . Dann ist |G/M | = r′ s und Induktion zeigt U M/M ≤ K/M ≤ G/M
mit |K/M | = r′ . Sicher ist dann U ≤ K und |K| = r. Wir können nun pn | s voraussetzen. Dann
ist nach Induktion wieder U M/M ≤ K/M ≤ G/M mit |K/M | = r. Also hat man |K| = pn r und
Schur-Zassenhaus liefert ein L ≤ K mit |L| = r. Offenbar ist

M (L ∩ U M ) = M L ∩ U M = K ∩ U M = U M

und damit |L ∩ U M | = |U |. Wieder nach Schur-Zassenhaus (angewendet auf M ⊴ M U ) existiert ein


g ∈ M mit U = g(L ∩ U M )g −1 ≤ gLg −1 . Damit ist (iii) bewiesen und mit U = 1 ergibt sich (i).

Seien nun H und K Untergruppen von G der Ordnung r. Nach Induktion sind HM/M und KM/M
in G/M konjugiert. Insbesondere existiert ein g ∈ G mit gHg −1 ≤ KM . Nach Schur-Zassenhaus sind
dann auch gHg −1 und K (in KM ) konjugiert. Damit folgt (ii).

Bemerkung 5.34.

(i) Man kann umgekehrt zeigen, dass G auflösbar ist, falls p′ -Hallgruppen für jeden Primteiler p von
|G| existieren. Dies verallgemeinert Burnsides pa q b -Satz (siehe Charaktertheorie).

(ii) Gross hat im Fall 2 ∈ / π bewiesen, dass je zwei π-Hallgruppen einer beliebigen endlichen Gruppe
konjugiert sind. Der Beweis benutzt die Klassifikation der endlichen einfachen Gruppen. Allge-
meiner lässt sich die Existenz von π-Hallgruppen an den Kompositionsfaktoren ablesen. Sind
beispielsweise alle Kompositionsfaktoren π-Gruppen oder π ′ -Gruppen (man nennt G dann π-
separabel ), so gelten die Aussagen von Hall für π. Der Beweis benötigt allerdings Schur-Zassenhaus
ohne Auflösbarkeitsbedingung (vgl. Bemerkung 5.28).

Satz 5.35. Sei G überauflösbar der Ordnung n. Dann besitzt G für jeden Teiler d von n eine Untergruppe
der Ordnung d.

Beweis. Sei N ein minimaler Normalteiler von G. Als Hauptfaktor hat N Primzahlordnung |N | = p.
Durch Induktion nach |G| können wir annehmen, dass G/N zu jedem Teiler eine entsprechende
Untergruppe besitzt. Daher besitzt G zu jedem Teiler d mit p | d eine Untergruppe der Ordnung d.
Nach Hall besitzt G eine p′ -Hallgruppe H. Indem man eine Normalreihe von G mit H schneidet, erhält
man eine Normalreihe von H (vgl. Lemma 2.21). Also ist auch H überauflösbar. Nach Induktion besitzt
H (und G) zu jedem Teiler d von n mit p ∤ d eine Untergruppe der Ordnung d.

Satz 5.36 (Hall-Higman-Lemma). Sei jeder Kompositionsfaktor von G eine π-Gruppe oder eine
π ′ -Gruppe. Gilt Oπ (G) = 1, so ist CG (Oπ′ (G)) ≤ Oπ′ (G).

37
Beweis. Sei N := Oπ′ (G). Dann ist CG (N )N/N ⊴ G/N . Im Fall CG (N ) ⊈ N existiert ein minimaler
Normalteiler M/N ⊴ G/N mit M ≤ CG (N )N . Als Hauptfaktor ist M/N eine direkte Summe von
isomorphen Kompositionsfaktoren (Satz 2.27). Wegen Oπ′ (G/N ) = 1 muss M/N nach Voraussetzung
eine π-Gruppe sein. Nach Schur-Zassenhaus ist M = N ⋊H mit H ≠ 1. Da CG (N )N/CG (N ) ∼= N/Z(N )
eine π -Gruppe ist, gilt H ≤ CG (N ) und M = N × H. Dann wäre aber H ≤ Oπ (M ) ≤ Oπ (G) = 1.

Satz 5.37 (Galois). Sei N ein minimaler Normalteiler der auflösbaren Gruppe G mit CG (N ) ≤ N .
Dann besitzt N ein Komplement in G und je zwei Komplemente sind in G konjugiert.

Beweis. Bekanntlich ist N eine elementarabelsche p-Gruppe für eine Primzahl p. Wir können N < G
annehmen. Sei M/N ein minimaler Normalteiler von G/N . Dann ist M/N eine elementarabelsche
q-Gruppe für eine Primzahl q. Nehmen wir zunächst q = p an. Dann ist M ein p-Normalteiler von G
und M operiert durch Konjugation auf N . Die Bahnengleichung liefert

0 ≡ |N | ≡ |CN (M )| (mod p).

Insbesondere ist 1 ̸= CN (M ) ⊴ G. Da N minimal ist, folgt CN (M ) = N und M ⊆ CG (N ) = N . Dieser


Widerspruch zeigt q ̸= p. Sei Q ∈ Sylq (M ). Dann ist M = QN und

G = NG (Q)M = NG (Q)QN = NG (Q)N

nach Bemerkung 4.6. Offenbar ist NN (Q) = NG (Q)∩N ⊴NG (Q). Da N abelsch ist, gilt auch NN (Q)⊴N .
Insgesamt ist also NN (Q) ⊴ G. Die Minimalität von N zeigt NN (Q) ∈ {1, N }. Nehmen wir an, dass der
Fall N ⊆ NG (Q) eintritt. Wie oben ist dann G = NG (Q)N = NG (Q), also Q ⊴ G. Aus Ordnungsgründen
ist N ∩ Q = 1 und damit Q ⊆ CG (N ) = N (Lemma 2.5). Widerspruch. Also ist NN (Q) = 1 und NG (Q)
ist ein Komplement von N .

Sei nun K ≤ G ein beliebiges Komplement von N in G. Dann ist L := K ∩ M ⊴ K und M = N K ∩ M =


N (K ∩ M ) = N L nach Dedekind. Wegen L ∩ N ⊆ K ∩ N = 1 ist |L| = |M : N | = |Q|. Nach Sylow
existiert ein x ∈ M mit xQx−1 = L. Es folgt K ≤ NG (L) = NG (xQx−1 ) = xNG (Q)x−1 . Wegen
|K| = |NG (Q)| ist K zu NG (Q) konjugiert. Dies zeigt die zweite Behauptung.

Bemerkung 5.38. Der folgende Satz ist nützlich für die Konstruktion von minimalen Gegenbeispielen.

Satz 5.39 (Schmidt). Sei jede echte Untergruppe von G nilpotent, aber G selbst nicht. Dann ist
G∼= Q ⋊ Cpn mit Q ∈ Sylq (G) für Primzahlen p, q und n ≥ 1.

Beweis. Induktion nach |G|: Nehmen wir zunächst an es existiert ein echter Normalteiler N ̸= 1. Nach
Voraussetzung ist N nilpotent. Für U/N < G/N ist U < G nilpotent und damit auch U/N . Nach
Induktion ist also G/N auflösbar. Daher ist auch G auflösbar. Nehmen wir nun an, dass G nichtabelsch
und einfach ist. Seien M1 und M2 zwei verschiedene maximale Untergruppe von G, sodass D := M1 ∩M2
möglichst groß ist. Nehmen wir D ̸= 1 an. Nach Satz 4.10 ist dann

D < NMi (D) ≤ NG (D) < G

für i = 1, 2. Nun liegt NG (D) in einer maximalen Untergruppe M3 < G. Wegen NMi (D) ≤ Mi ∩ M3
ist dann Mi = M3 nach Wahl von M1 und M2 . Dies liefert aber den Widerspruch M1 = M3 = M2 .
Also ist D = 1, d. h. je zwei verschiedene maximale Untergruppen von G schneiden sich trivial. Sei

38
M1 , . . . , Ms ein Repräsentantensystem für die Konjugationsklassen von maximalen Untergruppen.
Wegen NG (Mi ) = Mi hat Mi genau |G : Mi | viele Konjugierte. Es gilt daher
s s
X X |G| |G|
|G| = 1 + (|Mi | − 1)|G : Mi | = 1 + s|G| − |G : Mi | ≥ 1 + s|G| − s =1+s
2 2
i=1 i=1

und s = 1. Dann ist aber |G| = 1 + |G| − |G : M1 | und M1 = G. Dieser Widerspruch zeigt schließlich,
dass G auflösbar ist.
Sei nun |G| = pa11 . . . pamm die Primfaktorzerlegung von |G|. Da G nicht nilpotent ist, gilt m ≥ 2.
Sei N ein maximaler Normalteiler von G. Dann ist G/N einfach und auflösbar. Also ist |G/N | eine
Primzahl, sagen wir |G/N | = p1 =: p. Nach Voraussetzung ist N nilpotent und besitzt daher normale
Sylowgruppen Pi ∈ Sylpi (N ) für i = 2, . . . , m. Offenbar ist dann Pi ∈ Sylpi (G). Außerdem ist Pi
charakteristisch in N und damit normal in G. Sei außerdem P1 ∈ Sylp (G). Nehmen wir indirekt m ≥ 3
an. Für i = 2, . . . , m ist dann P1 Pi < G nilpotent. Dies zeigt Pi ≤ NG (P1 ) und P1 ⊴ G. Dann wäre aber
G nilpotent. Also ist m = 2 und wir können Q := P2 setzen. Nehmen wir schließlich an, dass P1 nicht
zyklisch ist. Für x ∈ P1 gilt dann ⟨x⟩P2 < G und P2 ≤ CG (x). Dann ist aber P2 ≤ CG (P1 ) und wieder
P1 ⊴ G. Folglich muss P1 zyklisch sein und die Behauptung ist bewiesen.

Satz 5.40 (Wielandt). Sei H ≤ G eine nilpotente Hallgruppe und U ≤ G mit |U | |H|. Dann
existiert ein g ∈ G mit gU g −1 ≤ H. Insbesondere sind alle Untergruppen der Ordnung |H| zu H
konjugiert und daher nilpotent.

Beweis. Induktion nach |U |. O. B. d. A. sei U ̸= 1. Jede echte Untergruppe von U ist dann zu einer
Untergruppe von H konjugiert. Insbesondere ist jede echte Untergruppe von U nilpotent. Nach Satz 5.39
existiert eine Zerlegung U = Q ⋊ P mit 1 ̸= P ∈ Sylp (U ) und Q ⊴ U (auch wenn U nilpotent ist). Analog
ist H = H1 ⊕ H2 mit H1 ∈ Sylp (H) ⊆ Sylp (G). Nach Induktion existiert ein x ∈ G mit xQx−1 ≤ H und
damit xQx−1 ≤ Op′ (H) = H2 . Es gilt dann ⟨H1 , xU x−1 ⟩ ≤ NG (xQx−1 ). Wegen H1 ∈ Sylp (NG (xQx−1 ))
existiert ein y ∈ NG (xQx−1 ) mit yxP x−1 y −1 ≤ H1 . Wegen yxQx−1 y −1 = xQx−1 ≤ H2 ist dann

yxU x−1 y −1 = (yxP x−1 y −1 )(yxQx−1 y −1 ) ≤ H1 H2 = H.

6 Permutationsgruppen

Definition 6.1. Eine Permutationsgruppe G ist eine Untergruppe von Sym(Ω) für eine nichtleere
Menge Ω. Dabei ist |Ω| der Grad von G.

Bemerkung 6.2.
(i) Operiert G treu auf Ω, so erhält man einen Monomorphismus f : G → Sym(Ω). Man kann also G
mit der Permutationsgruppe f (G) identifizieren. Umgekehrt operiert jede Permutationsgruppe
G ≤ Sym(Ω) treu auf Ω mittels G ,→ Sym(Ω).
(ii) Ist f : G → Sym(Ω) eine beliebige Operation, so wird G/Ker(f ) zu einer Permutationsgruppe.

Satz 6.3 (Cayley). Jede Gruppe operiert treu auf sich selbst und wird somit zur Permutationsgruppe.

Beweis. Wir betrachten die Operation f : G → Sym(G) durch Linksmultiplikation. Für x ∈ Ker(f ) gilt
1 = x 1 = x1 = x. Also ist f treu.

39
Satz 6.4 (Burnsides Lemma). Sei s die Anzahl der Bahnen einer Operation der endlichen Gruppe G
auf Ω. Sei f (g) := |{ω ∈ Ω : g ω = ω}| die Anzahl der Fixpunkte von g ∈ G. Dann gilt
1 X
s= f (g).
|G|
g∈G

Beweis. Im Fall s = ∞ ist auch f (1) = |Ω| = ∞ und die Gleichung gilt. Sei also s < ∞. Seien ω1 , . . . , ωs
Repräsentanten für die Bahnen von G. Für x ∈ G und ω ∈ Ω gilt Gx ω = xGω x−1 . Insbesondere hängt
|Gωi | nicht von der Wahl von ωi ab. Es gilt nun
X X s
X s
X
g G
f (g) = |{(g, ω) ∈ G × Ω : ω = ω}| = |Gω | = | ωi ||Gωi | = |G : Gωi ||Gωi | = s|G|.
g∈G ω∈Ω i=1 i=1

Beispiel 6.5. Wir wollen Halsketten mit sechs Perlen zählen, wobei Perlen in drei Farben zur Verfügung
stehen. Naiverweise gibt es zunächst 36 solche Halsketten, von denen jedoch einige identisch sind. Wir
ordnen die Halskette so an, dass die Perlen ein regelmäßiges 6-Eck bilden. Rotation um π/3 wird
die Halsketten nicht verändern. Ebenso können wir die Halskette im Raum drehen und dadurch eine
Spiegelung der 6 Eckpunkte realisieren. Zwei Halsketten sind also genau dann identisch, wenn sie in
der gleichen Bahn unter der Diedergruppe G := D12 liegen (siehe Aufgabe 6). Wir wenden Burnsides
Lemma auf die Menge Ω der 36 Halsketten an.
Sicher ist f (1) = 36 . Eine Drehung σ ∈ G um π/3 lässt nur die drei einfarbigen Halsketten fest,
d. h. f (σ) = 3. Die Drehung σ 2 um 2π/3 lässt die einfarbigen Halsketten und die Halsketten mit
alternierenden Farben fest. Davon gibt es f (σ 2 ) = 32 Stück. Analog zeigt man f (σ 3 ) = 33 . Außerdem
ist f (σ 4 ) = f (σ −2 ) = 32 , f (σ 5 ) = f (σ −1 ) = 3 sowie σ 6 = 1. Sei nun τ eine der drei Spiegelungen durch
zwei Seitenmittelpunkte. Dann ist f (τ ) = 33 . Ist schließlich ρ eine der drei Spiegelungen durch zwei
Eckpunkte, so gilt f (ρ) = 34 .

σ3 τ ρ
σ2

Nach Burnsides Lemma gibt es


1 6  1
3 + 2 · 3 + 2 · 32 + 33 + 3 · 33 + 3 · 34 = 34 (3 + 1) + 32 (1 + 3) + 2 + 6

12 4
= 81 + 9 + 2 = 92

verschiedene Halsketten.

Bemerkung 6.6. Burnsides Lemma ist immer dann nützlich, wenn |Ω| zu groß ist, um die Bahnen
explizit zu zählen. Beispielsweise gibt es 43.252.003.274.489.856.000 verschiedene Zustände des 3 ×
3 × 3-Zauberwürfels. Unter der Symmetriegruppe S4 × C2 des Würfels reduziert sich diese Zahl auf
901.083.404.981.813.616.

Definition 6.7. Zwei Operationen G → Sym(Ω) und G → Sym(Ω′ ) sind isomorph, falls es eine
Bijektion φ : Ω → Ω′ und ein α ∈ Aut(G) mit α(g) φ(ω) = φ(g ω) für g ∈ G und ω ∈ Ω gibt. Ggf. sind Ω
und Ω′ isomorphe G-Mengen. In den Anwendungen ist oft α = idG .

40
Bemerkung 6.8. Wie üblich haben zwei isomorphe Operationen die gleichen Eigenschaften (trivial,
treu, transitiv, . . . ). Man interessiert sich daher in der Regel nur für Operationen bis auf Isomorphie.

Satz 6.9. Sei ω1 , . . . , ωs ein Repräsentantensystem für dieFBahnen einer Operation f : G → Sym(Ω).
Dann ist f isomorph zu der Operation von G auf ∆ := si=1 G/Gωi (disjunkte Vereinigung) durch
Linksmultiplikation.

Beweis. Nach Satz 1.22 ist die Abbildung φ : ∆ → Ω, gGωi 7→ g ωi eine wohldefinierte Bijektion. Für
g ∈ G und xGωi ∈ ∆ gilt außerdem g φ(xGωi ) = g (x ωi ) = gx ωi = φ(gxGωi ) = φ(g (xGωi )).

Bemerkung 6.10. Man kann jede Operation von G also auch durch Angabe von Untergruppen
beschreiben (je eine Untergruppe pro Bahn).

Definition 6.11. Eine transitive Operation G → Sym(Ω) heißt regulär , falls |G| = |Ω| gilt.

Bemerkung 6.12. Sei f : G → Sym(Ω) regulär und sei ω ∈ Ω. Da f transitiv ist, gilt |G| = |Ω| = |G :
Gω |, d. h. Gω = 1. Insbesondere ist f treu. Nach Satz 6.9 ist f isomorph zu der Operation aus Satz 6.3.
Man kann also von „der“ regulären Operation von G sprechen.

Definition 6.13. Sei f : G → Sym(Ω) eine transitive, nicht-triviale Operation. Eine Teilmenge ∆ ⊆ Ω
mit 1 < |∆| < |Ω| heißt Block von f , falls für jedes g ∈ G die Mengen g ∆ und ∆ entweder gleich oder
disjunkt sind. Existieren Blöcke, so heißt f imprimitiv und anderenfalls primitiv .

Bemerkung 6.14.

(i) Sei ∆ ein Block einer Operation G → Sym(Ω) und sei x ∈ G. Dann ist sicher |x ∆| = |∆|. Für
−1
g ∈ G gilt g (x ∆) ∩ x ∆ = gx ∆ ∩ x ∆ = x (x gx ∆ ∩ ∆) ∈ {x ∆, ∅}. Daher ist auch x ∆ ein Block.
Da G transitiv auf Ω operiert, ist B := {g ∆ : g ∈ G} ein Partition von Ω. Insbesondere ist
|Ω| = |∆||B| und |∆| |Ω| |G|. Außerdem operiert G sicher transitiv auf B.

(ii) Beachte: Für nicht-transitive Operationen sind Blöcke nicht definiert!

Beispiel 6.15.

(i) Nach Bemerkung 6.14 ist jede transitive Operation mit Primzahlgrad primitiv.

(ii) Nach (i) sind die natürlichen Operationen von S2 , S3 und A3 primitiv. Sei nun n ≥ 4 und
∆ ⊆ {1, . . . , n} mit 1 < |∆| < n. Für verschiedene Elemente α, β ∈ ∆ existiert dann ein 3-Zyklus
g ∈ An mit g α = α und g β ∈ Ω \ ∆. Also ist ∆ kein Block und Sn und An sind primitiv.

(iii) Die Kleinsche Vierergruppe V4 := ⟨(1, 2)(3, 4), (1, 3)(2, 4)⟩ operiert regulär und imprimitiv auf
{1, 2, 3, 4} (jede 2-elementige Teilmenge ist ein Block).

Satz 6.16. Eine transitive Operation G → Sym(Ω) ist genau dann primitiv, falls Gω für ein (oder alle)
ω ∈ Ω eine maximale Untergruppe von G ist.

41
Beweis. Sei zunächst ∆ ein Block von G und ω ∈ ∆. Für g ∈ Gω ist ω = g ω ∈ ∆ ∩ g ∆ ̸= ∅ und damit
g ∆ = ∆. Dies zeigt G ≤ {g ∈ G : g ∆ = ∆} =: G
ω (∆) . Wegen |∆| > 1 ist Gω < G(∆) . Andererseits ist
G(∆) < G, da G(∆) intransitiv auf Ω operiert (∆ ̸= Ω). Also ist Gω nicht maximal. Sei nun ω ′ ∈ Ω
beliebig. Dann existiert ein g ∈ G mit g ω = ω ′ und Gω′ = gGω g −1 . Somit ist kein Stabilisator maximal.

Sei nun umgekehrt Gω nicht maximal für ein ω ∈ Ω. Im Fall Gω = G operiert G trivial und damit
nicht primitiv. Sei also Gω < H < G. Wir setzen ∆ := H ω. Wegen Gω < H ist |∆| > 1. Außerdem ist
|∆| = |H ω| = |H : Hω | = |H : Gω | < |G : Gω | = |Ω|. Sei nun g ∈ G mit δ ∈ ∆ ∩ g ∆. Dann existieren

h, h′ ∈ H mit δ = h ω = gh ω. Es folgt h−1 gh′ ∈ Gω ⊆ H und g ∈ H. Also ist g ∆ = ∆ und die Operation
ist imprimitiv.

Satz 6.17. Sei G → Sym(Ω) eine imprimitive Operation mit Block ∆, der maximal bzgl. Inklusion
gewählt ist. Dann ist die Operation von G auf B := {g ∆ : g ∈ G} primitiv.

S Nehmen wir indirekt an, dass ein Block C ⊆ B existiert. Wir können ∆ ∈ C annehmen. Setze
Beweis.
Γ := C∈C C. Dann ist |∆| < |∆||C| = |Γ| < |∆||B| = |Ω|. Sei g ∈ G und ω ∈ Γ ∩ g Γ. Dann existieren
x, y ∈ G mit ω ∈ x ∆ ∩ gy ∆. Also ist x ∆ = gy ∆ ∈ C ∩ g C und g C = C. Dies zeigt g Γ = Γ. Also ist Γ ein
Block von G, der ∆ echt enthält. Dies widerspricht aber das Maximalität von ∆.

Bemerkung 6.18.

(i) Sei G ̸= 1 eine Permutationsgruppe auf Ω. Nach Bemerkung 6.2 existiert ein Normalteiler N1 ⊴ G,
sodass G/N1 ̸= 1 eine transitive Permutationsgruppe (auf einer Bahn von Ω) ist. Weiter existiert
nach Satz 6.17 ein Normalteiler N2 /N1 ⊴ G/N1 , sodass (G/N1 )/(N2 /N1 ) ∼= G/N2 eine primitive
Permutationsgruppe ist. Da auch N2 treu auf Ω operiert, kann man diesen Prozess mit N2 statt
G wiederholen. Dies liefert eine Folge von Untergruppen 1 = G1 ⊴ G2 ⊴ . . . ⊴ Gk = G, sodass die
Faktoren Gi /Gi−1 primitive Permutationsgruppen sind. Im Unterschied zu Kompositionsfaktoren
oder Hauptfaktoren sind die Faktoren Gi /Gi−1 aber in keiner Weise eindeutig.

(ii) Sei G eine einfache Gruppe und M < G eine maximale Untergruppe. Nach Aufgabe 4 und
Satz 6.16 operiert G treu und primitiv auf G/M (M ist der Stabilisator der trivialen Nebenklasse).
Kennt man alle maximalen Untergruppen von einfachen Gruppen, so kann man mit dem Satz
von Aschbacher-O’Nan-Scott alle primitiven Permutationsgruppen klassifizieren. Zum Beispiel ist
jede primitive Permutationsgruppe vom Grad 34 zu A34 oder S34 isomorph. Die Bestimmung der
maximalen Untergruppe ist beispielsweise für die Monstergruppe noch nicht abgeschlossen. Im
Folgenden beschreiben wir die primitiven auflösbaren Gruppen.

Satz 6.19. Sei G → Sym(Ω) eine Operation und sei N ⊴ G regulär. Für ω ∈ Ω ist dann die Operation
von Gω auf Ω isomorph zur Operation auf N durch Konjugation.

Beweis. Nach Voraussetzung ist die Abbildung φ : N → Ω, x 7→ x ω eine Bijektion. Für g ∈ Gω und
−1 −1
x ∈ N gilt g φ(x) = gx ω = (gxg )g ω = gxg ω = φ(g x).

Satz 6.20. Sei G → Sym(Ω) eine primitive Operation und N ⊴ G. Dann operiert N trivial oder
transitiv auf Ω.

Beweis. Sei ∆ ⊆ Ω eine nicht-triviale Bahn von N (d. h. |∆| > 1). Für g ∈ G ist dann g ∆ eine Bahn von
gN g −1 = N . Also ist g ∆ ∩ ∆ ∈ {∆, ∅}. Die Primitivität von G liefert ∆ = Ω, d. h. N ist transitiv.

42
Satz 6.21. Sei G eine primitive Permutationsgruppe auf Ω und sei N ̸= 1 ein auflösbarer Normalteiler
von G. Dann besitzt G genau einen minimalen Normalteiler A. Dabei ist CG (A) = A und |Ω| = |A| = pn
für eine Primzahlpotenz pn . Schließlich ist G = A ⋊ Gω für ω ∈ Ω.

Beweis. Sei A := N (k) > N (k+1) = 1 (wobei N (0) := N ). Dann ist A abelsch und charakteristisch in N .
Also ist A ⊴ G. Nach Satz 6.20 operiert A transitiv. Für ω ∈ Ω gilt daher
\ \ \
Aω = aAω a−1 = Aa ω = Aα = 1.
a∈A a∈A α∈Ω

Also ist A regulär und |A| = |Ω|. Für jeden weiteren abelschen Normalteiler 1 ̸= B ⊴ G muss
ebenfalls |B| = |Ω| gelten. Insbesondere ist A minimal und |A| ist eine Primzahlpotenz. Außerdem ist
A ⊆ CG (A) =: C. Für ω ∈ Ω und a ∈ A gilt wie eben Cω = aCω a−1 = Ca ω . Daher ist auch C regulär
und A = C = CG (A). Gäbe es einen weiteren minimalen Normalteiler B ⊴ G, so wäre A ∩ B = 1
und B ≤ CG (A) = A. Also ist A der einzige minimale Normalteiler. Nach dem Frattini-Argument ist
G = AGω und A ∩ Gω = Aω = 1. Dies zeigt G = A ⋊ Gω .

Bemerkung 6.22.
(i) In der Situation von Satz 6.21 ist A ein n-dimensionaler Vektorraum über Fp . Wegen CG (A) = A
operiert Gω treu auf A, d. h. Gω ≤ GL(n, p). Da A minimal ist, operiert Gω irreduzibel auf A ∼
= Fnp ,
d. h. 1 und A sind die einzigen Gω -invarianten Untervektorräume von A.
(ii) Wir beschäftigen uns mit der Umkehrung von Satz 6.21. Sei V ∼= Fnp und H ≤ GL(n, p) irreduzibel
auf V . Wir wollen zeigen, dass dann G := V ⋊ H eine primitive Permutationsgruppe ist. Da H
treu auf V operiert, ist CG (V ) = V . Wir betrachten die Operation φ : G → Sym(G/H) durch
Linksmultiplikation. Für x ∈ Ker(φ) gilt H = 1H = xH und x ∈ H. Somit ist Ker(φ) ⊆ H
(vgl. Aufgabe 4). Wegen Ker(φ) ∩ V ≤ H ∩ V = 1 ist dann Ker(φ) ≤ CG (V ) ≤ V und
Ker(φ) = 1. Also ist G eine Permutationsgruppe auf G/H. Offenbar ist H der Stabilisator
der trivialen Nebenklasse 1H. Um zu zeigen, dass G primitiv ist, können wir nach Satz 6.16
beweisen, dass H maximal in G ist. Sei also H < M ≤ G. Dann ist 1 ̸= M ∩ V ⊴ M , denn
|M : M ∩ V | = |M V : V | = |G : V | = |V H : V | = |H|. Da V abelsch ist, gilt auch M ∩ V ⊴ V .
Insgesamt ist M ∩ V ⊴ V M = V H = G. Da H irreduzibel operiert, ist V ≤ M . Dann ist aber
G = V H ≤ M . Somit ist H maximal und G ist eine primitive Permutationsgruppe.

Beispiel 6.23.
(i) Sei V ∼= Cpn . Nach linearer Algebra operiert GL(n, p) irreduzibel auf V . Daher ist die affine
Gruppe
AGL(n, p) := V ⋊ GL(n, p)
primitiv vom Grad p . Für p = n = 2 erhält man AGL(2, 2) ∼
n
= V4 ⋊S3 ∼= S4 , denn S4 ist die größte
Permutationsgruppe vom Grad 4 und |AGL(2, 2)| = 24. Wir versuchen nun kleinere Gruppen zu
konstruieren. Dafür fassen wir V als additive Gruppe des Körpers Fpn auf. Für γ ∈ F×pn ist die
Abbildung fγ : V → V , v 7→ γv sicher linear und bijektiv. Also gibt es einen Monomorphismus
f : F× ∼
pn → Aut(V ) = GL(n, p), γ 7→ fγ mit Bild S. Bekanntlich ist

S∼
= F× ∼
pn = Cpn −1

(Algebra oder Satz 9.8). Sei s ∈ S ein Erzeuger. Da jede nicht-triviale Potenz von s nur den trivialen
Fixpunkt 0 auf V hat, entspricht s einem Zyklus der Länge pn −1 in Sym(V ). Insbesondere operiert
S transitiv auf V \ {0}. Daher ist S irreduzibel und V ⋊ S ist eine primitive Permutationsgruppe.
Man nennt S Singer-Zyklus. Im Fall n = 1 ist sicher V ⋊ S = AGL(1, p) ∼ = Cp ⋊ Cp−1 . Für

p = n = 2 erhält man V4 ⋊ C3 = A4 (die einzige Untergruppe mit Index 2 in S4 ).

43
(ii) Satz 6.21 zeigt, dass es keine primitive auflösbare Gruppe vom Grad 6 gibt. Insbesondere ist A6
nicht auflösbar.

(iii) Der nächste Satz zeigt, dass Sylows Satz optimal ist.

Satz 6.24 (McCarthy). Sei d ∈ N keine Primzahlpotenz. Dann existiert eine endliche Gruppe G,
deren Ordnung durch d teilbar ist und die keine Untergruppe der Ordnung d besitzt.


Beweis. Nach Voraussetzung besitzt d einen√Primteiler p mit d = pa n, p ∤ n und pa < d. Für die
Ordnung e von p + nZ ∈ (Z/nZ)× gilt pa < d < n < pe . Sei

G := AGL(1, pe ) ∼
= Fpe ⋊ F×
pe .

Dann ist d ein Teiler von |G| = pe (pe − 1). Angenommen H ≤ G hat Ordnung d. Mit G besitzt auch H
eine normale p-Sylowgruppe P . Wegen H/P ≤ F× e haben die Bahnen der Konjugationsoperation von
√ p
H auf P \ {1} die Länge n. Insbesondere ist d < n < |P | = pa . Widerspruch.

Satz 6.25 (Galois). Sei α ∈ Q[X] irreduzibel mit Primzahlgrad p. Dann sind folgende Aussagen
äquivalent:

(1) α ist durch Radikale auflösbar.

(2) Die Galoisgruppe von α liegt in AGL(1, p) ∼


= Cp ⋊ Cp−1 .

(3) Für je zwei verschiedene Nullstellen x, y ∈ C von α ist Q(x, y) ein Zerfällungskörper von α.

Beweis. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra besitzt α genau p paarweise verschiedene Nullstellen
x1 , . . . , xp ∈ C. Sei G := Gal(Q(x1 , . . . , xp )|Q) die Galoisgruppe von α. Da α irreduzibel ist, operiert G
treu und transitiv auf {x1 , . . . , xp }. Da p eine Primzahl ist, operiert G sogar primitiv.

(1)⇒(2): Mit α ist auch G auflösbar. Daher folgt (2) aus Satz 6.21.

(2)⇒(3): Sei G ≤ AGL(1, p). Da G transitiv operiert, ist p ein Teiler von |G|. Also gilt G = N ⋊ Gx
mit N ∼= Cp . Die Operation von Gx auf {x1 , . . . , xp } ist isomorph zur Operation auf N . Dies zeigt
Gx ∩ Gy = 1. Nach dem Hauptsatz der Galoistheorie gilt |Q(x1 , . . . , xp ) : Q(x, y)| = |Gx ∩ Gy | = 1,
d. h. Q(x1 , . . . , xp ) = Q(x, y).

(3)⇒(1): Wie oben gilt Gx ∩ Gy = 1. Dies zeigt |G| = |G : Gx ||Gx : Gx ∩ Gy | = pd mit d | p − 1.


Nach Sylow besitzt G eine normale p-Sylowgruppe. Nach Satz 6.21 ist G auflösbar. Also ist auch α
auflösbar.

Folgerung 6.26. Sei α ∈ Q[X] irreduzibel und auflösbar mit Primzahlgrad p > 2. Dann besitzt α
entweder eine oder genau p reelle Nullstellen.

Beweis. Da p ungerade ist, besitzt α nach dem Zwischenwertsatz mindestens eine reelle Nullstelle x ∈ R.
Ist auch y ∈ R eine Nullstelle, so liegen nach Satz 6.25 alle Nullstellen in Q(x, y) ⊆ R.

44
Definition 6.27. Seien G, H Gruppen und Ω eine G-Menge. Wie üblich ist H Ω := {f : Ω → H} eine
Gruppe mit (f f ′ )(ω) := f (ω)f ′ (ω) für f, f ′ ∈ H Ω und ω ∈ Ω (es gilt H Ω ∼
= H |Ω| ). Offenbar operiert G
−1
auf H durch ( f )(ω) := f ( ω) (nachrechnen). Wegen
Ω g g

−1 −1 −1
(g (f f ′ ))(ω) = (f f ′ )(g ω) = f (g ω)f ′ (g ω) = (g f )(ω)(g f ′ )(ω)

erhält man einen Homomorphismus φ : G → Aut(H Ω ). Man nennt

H ≀ G := H Ω ⋊φ G

das Kranzprodukt von H und G bzgl. Ω.

Bemerkung 6.28. Im Fall Ω = {1, . . . , n} identifizieren wir H Ω mit H n . Für Elemente (h1 , . . . , hn , g),
(h′1 , . . . , h′n , g ′ ) ∈ H ≀ G gilt dann

(h1 , . . . , hn , g) ∗ (h′1 , . . . , h′n , g ′ ) = (h1 h′g−1 1 , . . . , hn h′g−1 n , gg ′ ).

Außerdem ist |H ≀ G| = |H|n |G|.

Satz 6.29. Sei G eine imprimitive Permutationsgruppe auf Ω mit Block ∆. Sei H := {g ∈ G : g ∆ = ∆}
und sei φ : H → Sym(∆) die Operation auf ∆. Sei Γ := {g ∆ : g ∈ G} und sei ψ : G → Sym(Γ) die
Operation auf Γ. Dann ist G zu einer Untergruppe von φ(H) ≀ ψ(G) isomorph.

Beweis. Sei Γ = {∆ = ∆1 , . . . , ∆n }. Wir wählen gi ∈ G mit gi ∆


i = ∆ für i = 1, . . . , n. Für x ∈ G sei
x(i) . Dann ist
x∆ = ∆
i
gi xg −1
x −1 (i) ∆ = gi x ∆x−1 (i) = gi ∆i = ∆,

also gi xgx−1
−1 (i) ∈ H. Wir definieren fx ∈ φ(H)
Γ durch f (∆ ) := φ(g xg −1
x i i x−1 (i) ) und

F : G → φ(H) ≀ ψ(G), x 7→ (fx , ψ(x)).

Für x, y ∈ G gilt nun


−1
(fx · x fy )(∆i ) = φ(gi xgx−1
−1 (i) )fy (
x
∆i ) = φ(gi xgx−1
−1 (i) )fy (∆x−1 (i) )

= φ(gi xgx−1 −1 −1
−1 (i) )φ(gx−1 (i) ygy −1 x−1 (i) ) = φ(gi xyg(xy)−1 (i) ) = fxy (∆i ).

Dies zeigt

F (x) ∗ F (y) = (fx , ψ(x)) ∗ (fy , ψ(y)) = (fx · x fy , ψ(x)ψ(y)) = (fxy , ψ(xy)) = F (xy),

d. h. F ist ein Homomorphismus. Für x ∈ Ker(F ) gilt ψ(x) = 1, d. h. x operiert trivial auf Γ. Außerdem
−1
ist fx (∆i ) = 1, d. h. gi xgx−1 −1
−1 (i) = gi xgi operiert trivial auf ∆. Also operiert x trivial auf gi ∆ = ∆i
für i = 1, . . . , n. Insgesamt operiert x trivial auf Ω und es folgt x = 1. Daher ist F injektiv und die
Behauptung folgt.

Beispiel 6.30. Die Diedergruppe D8 operiert imprimitiv auf den vier Ecken des Quadrats (zwei
diagonal gegenüberliegende Ecken bilden einen Block). Satz 6.29 zeigt D8 ∼
= C2 ≀ C2 ∼
= C22 ⋊ C2 . Nach
Beispiel 5.11 ist auch D8 ∼
= C4 ⋊ C2 . Im Gegensatz zu direkten Produkten sind die Faktoren eines
semidirekten Produkts im Allgemeinen also nicht eindeutig bestimmt.

45
Definition 6.31. Eine Operation G → Sym(Ω) heißt k-transitiv , falls |Ω| ≥ k und für je zwei k-Tupel
(α1 , . . . , αk ), (β1 , . . . , βk ) ∈ Ωk von paarweise verschiedenen Elementen ein g ∈ G mit g αi = βi für
i = 1, . . . , k existiert.

Beispiel 6.32.
(i) Die 1-transitiven Operationen sind genau die transitiven Operationen.
(ii) Jede k-transitive Operation ist offenbar auch l-transitiv für 1 ≤ l ≤ k.
(iii) Sn ist n-transitiv (auf {1, . . . , n}).
(iv) Sei n ≥ 3 und k := n − 2. Für k-Tupel (α1 , . . . , αk ), (β1 , . . . , βk ) ∈ {1, . . . , n}k mit paarweise ver-
schiedenen Elementen sei {x, y} = {1, . . . , n}\{α1 , . . . , αk } und {x′ , y ′ } = {1, . . . , n}\{β1 , . . . , βk }.
Dann ist genau eine der beiden Permutationen
   
α1 · · · αk x y α1 · · · αk x y
oder
β1 · · · βk x′ y ′ β1 · · · βk y ′ x′

in An . Also ist An (n − 2)-transitiv.


(v) Für eine Primzahlpotenz q und n ≥ 2 operiert GL(n, q) 2-transitiv auf der Menge der eindimen-
sionalen Untervektorräume von Fnq (lineare Algebra).

Lemma 6.33. Sei φ : G → Sym(Ω) eine transitive Operation, ω ∈ Ω und k ≥ 2. Genau dann ist φ
k-transitiv, wenn Gω (k − 1)-transitiv auf Ω \ {ω} operiert.

Beweis. Sei G k-transitiv und seien (α1 , . . . , αk−1 ), (β1 , . . . , βk−1 ) ∈ (Ω \ {ω})k−1 mit paarweise ver-
schiedenen Elementen. Dann existiert ein g ∈ G mit g αi = βi für i = 1, . . . , k − 1 und g ω = ω. Also ist
g ∈ Gω und Gω ist (k − 1)-transitiv auf Ω \ {ω}.
Sei nun Gω (k−1)-transitiv auf Ω\{ω}. Seien (α1 , . . . , αk ), (β1 , . . . , βk ) ∈ Ωk mit paarweise verschiedenen
Elementen. Da φ transitiv ist, existieren x, y ∈ G mit x αk = ω = y βk . Dann sind x αi , y βi ∈ Ω \ {ω} für
i = 1, . . . , k − 1. Es existiert also ein h ∈ Gω mit hx αi = y βi für i = 1, . . . , k. Für g := y −1 hx ∈ G gilt
also g αi = βi für i = 1, . . . , k. Also ist G k-transitiv.

Lemma 6.34. Ist G → Sn k-transitiv, so ist n(n − 1) . . . (n − k + 1) |G|.

Beweis. Induktion nach k: Im Fall k = 1 ist G transitiv und die Bahnengleichung liefert n |G|. Sei
nun k ≥ 2. Dann ist G transitiv und nach Lemma 6.33 ist G1 (k − 1)-transitiv auf {2, . . . , n}. Nach
Induktion ist also (n − 1) . . . (n − k + 1) |G1 |. Wegen |G : G1 | = n folgt die Behauptung.

Satz 6.35. Jede 2-transitive Operation ist primitiv.

Beweis. Sei φ : G → Sym(Ω) eine 2-transitive Operation. Nehmen wir an, dass es einen Block ∆ ⊆ Ω
gibt. Seien α, β ∈ ∆ mit α =
̸ β und γ ∈ Ω \ ∆. Nach Voraussetzung existiert ein g ∈ G mit g α = α und
g β = γ. Insbesondere ist ∅ ̸= ∆ ∩ g ∆ ̸= ∆. Widerspruch.

Satz 6.36. Sei 1 ̸= N ⊴ G und φ : G → Sym(N \ {1}) die Operation durch Konjugation. Dann gilt:
(i) Ist φ transitiv, so ist N eine elementarabelsche p-Gruppe.
(ii) Ist φ sogar 2-transitiv, so ist p = 2 oder |N | = 3.

46
(iii) Ist φ sogar 3-transitiv, so ist |N | = 4.

(iv) φ ist nie 4-transitiv.

Beweis. Sei p ein Primteiler von |N | und x ∈ N ein Element der Ordnung p (Cauchy). Ist φ transitiv,
so ist jedes nicht-triviale Element von N zu x konjugiert. Insbesondere ist y p = 1 für alle y ∈ N . Also
ist N eine p-Gruppe und damit auflösbar. Außerdem ist N ein minimaler Normalteiler. Aus Satz 2.26
folgt (i).

Sei nun φ 2-transitiv und p = ̸ 2. Dann ist x−1 ̸= x. Sei y ∈ N \ {1, x}. Dann existiert ein g ∈ G mit
gxg = x und gx g = y. Dies zeigt y = x−1 und N = {1, x, x−1 }. Also gilt (ii). Ist φ 3-transitiv, so
−1 −1 −1

muss also p = 2 gelten, da |N \ {1}| ≥ 3. Sei U := {1, a, b, c} ≤ N . Dann ist c = ab. Für ein g ∈ G mit
g a = a und g b = b muss also auch g c = c gelten. Dies zeigt U = N und (iii) folgt. Wäre die Operation

4-transitiv, so wäre |N \ {1}| ≥ 4 im Widerspruch zu (iii).

Beispiel 6.37. Sei G = S4 und N = V4 . Bekanntlich operiert N regulär auf {1, 2, 3, 4}. Nach Satz 6.19
ist die Operation von G4 = S3 auf {1, 2, 3} isomorph zur Operation von G4 auf N \ {1}. Daher operieren
G4 und G tatsächlich 3-transitiv auf N \ {1}.

Satz 6.38. Für n ≥ 5 ist An einfach.

Beweis. Sei 1 ̸= N ⊴ G := An . Nach Beispiel 6.15 operiert An treu und primitiv auf Ω := {1, . . . , n}.
Daher operiert N transitiv auf Ω nach Satz 6.20. Wir argumentieren nun durch Induktion nach n. Sei
n = 5 (vgl. Beispiel 5.32). Dann ist 5 |N |. Da |G/N | nicht mehr durch 5 teilbar ist, muss N alle
Elemente der Ordnung 5 enthalten, d. h. alle 5-Zyklen. Jeder 5-Zyklus lässt sich eindeutig in der Form
(1, a, b, c, d) mit {a, b, c, d} = {2, 3, 4, 5} schreiben. Also gibt es genau 4! = 24 solche Elemente und wir
erhalten |N | ≥ 24. Wegen |N | |G| bleiben nur die Möglichkeiten |N | ∈ {30, 60}. Also ist |G/N | auch
nicht mehr durch 3 teilbar und N muss auch alle 3-Zyklen enthalten. Von diesen gibt es 53 · 2! = 20


Stück. Also ist |N | ≥ 24 + 20 = 44 und somit N = G.

Sei nun n ≥ 6 und die Behauptung für n − 1 bereits gezeigt. Der Stabilisator Gn = An−1 ist nach
Induktion einfach. Nach dem Frattini-Argument ist G = N Gn . Wir können also Gn ⊈ N annehmen.
Insbesondere ist N ∩ Gn ◁ Gn und damit Nn = N ∩ Gn = 1. Also operiert N regulär auf Ω und
|N | = n. Nach Beispiel 6.32 operiert Gn (n − 3)-transitiv auf Ω \ {n}. Nach Satz 6.19 ist diese Operation
isomorph zur Operation auf N \ {1} durch Konjugation. Satz 6.36 liefert nun n = 6 und |N | = 4. Dies
widerspricht aber |N | = n.

Satz 6.39. Für n ≥ 5 sind 1, An und Sn die einzigen Normalteiler von Sn . Insbesondere ist Sn′ = An .

Beweis. Sei 1 ̸= N ◁ Sn . Dann ist N ∩ An ⊴ An . Aus Satz 6.38 folgt N ∩ An ∈ {1, An }. Im zweiten
Fall ist N = An . Im ersten Fall ist |Sn | = |An N | = |An ||N | und |N | = 2. Dies widerspricht aber
Satz 6.20.

Satz 6.40. Ist G eine einfache Gruppe der Ordnung 60, so ist G ∼
= A5 .

47
Beweis. Wir konstruieren zunächst eine Untergruppe H ≤ G vom Index 5. Sei P ∈ Syl2 (G). Offenbar
ist NG (P ) < G. Im Fall |G : NG (P )| = 3 gäbe es einen nicht-trivialen Homomorphismus G → S3 im
Widerspruch zur Einfachheit von G. Wir können also NG (P ) = P annehmen (anderenfalls setze man
H := NG (P )). Schneiden sich je zwei verschiedene 2-Sylowgruppen trivial, so besitzt die Vereinigung aller
2-Sylowgruppen 46 Elemente. Andererseits muss es nach Sylow aber mindestens sechs 5-Sylowgruppen
geben, die sich ebenfalls trivial schneiden. Dieser Widerspruch zeigt, dass es ein Q ∈ Syl2 (G) mit
|P ∩ Q| = 2 gibt. Dann ist P, Q ≤ NG (P ∩ Q). Wie oben ist |G : NG (P ∩ Q)| = 3 ausgeschlossen. Man
kann also H := NG (P ∩ Q) wählen.
Die Operation auf den Nebenklassen G/H liefert nun einen Monomorphismus G → S5 . Da A5 die
einzige Untergruppe der Ordnung 60 in S5 ist (Satz 6.39), folgt G ∼
= A5 .

Bemerkung 6.41. Mit Hilfe der Klassifikation der endlichen einfachen Gruppen kann man zeigen,
dass jede 4-transitive Permutationsgruppe zu einer der folgenden Familien gehört:
(i) Sn mit n ≥ 4.
(ii) An mit n ≥ 6.
(iii) M11 , M12 , M23 , M24 (sporadisch einfache Mathieugruppen).

7 Verlagerung und normale Komplemente

Definition 7.1. Für eine Primzahl p heißt G p-nilpotent, falls ein p′ -Normalteiler N ⊴ G mit p-
Faktorgruppe G/N existiert.

Bemerkung 7.2.
(i) In der Situation von Definition 7.1 ist offenbar N = Op′ (G) = Op (G). Umgekehrt ist jede Gruppe
G mit Op′ (G) = Op (G) sicher p-nilpotent. Ist P ∈ Sylp (G), so gilt in diesem Fall G = Op′ (G)P
und Op′ (G) ∩ P = 1. Also ist G = Op′ (G) ⋊ P . Außerdem ist dann Op′ (G) die Menge der
p′ -Elemente von G.
(ii) Ist G p-nilpotent für ein p |G| =
̸ p, so ist G nicht einfach.

Beispiel 7.3. Wegen A3 ⊴ S3 ist S3 2-nilpotent, aber nicht 3-nilpotent. Andererseits ist A4 3-nilpotent,
aber nicht 2-nilpotent.

Satz 7.4. Genau dann ist G nilpotent, wenn G für jede Primzahl p p-nilpotent ist.

Beweis. Ist G nilpotent und p eine Primzahl, so ist Op′ (G) = q̸=p Oq (G) nach Satz 4.10. Also ist
L
G/Op′ (G) eine p-Gruppe und G ist p-nilpotent. Sei nun umgekehrt G p-nilpotent für jede Primzahl p.
Dann ist
D := × G/Op′ (G)
p||G|

nach Satz 4.10 nilpotent. Andererseits hat der Homomorphismus G → D, g 7→ (gOp′ (G))p||G| Kern
p||G| Op′ (G) = 1. Wegen |G| = |D| ist G zur nilpotenten Gruppe D isomorph.
T

Lemma 7.5. Untergruppen und Faktorgruppen p-nilpotenter Gruppen sind wieder p-nilpotent.

48
Beweis. Sei G p-nilpotent und H ≤ G. Dann ist Op′ (G) ∩ H ≤ Op′ (H) und

H/(H ∩ Op′ (G)) ∼


= HOp′ (G)/Op′ (G) ≤ G/Op′ (G)

ist bereits eine p-Gruppe. Also ist H p-nilpotent. Sei nun N ⊴ G. Dann ist Op′ (G)N/N ≤ Op′ (G/N )
und
(G/N )/(Op′ (G)N/N ) ∼
= G/Op′ (G)N ∼ = (G/Op′ (G))/(Op′ (G)N/Op′ (G))
ist eine p-Gruppe. Also ist auch G/N p-nilpotent.

Definition 7.6. Sei K ⊴ H ≤ G mit abelscher Faktorgruppe H/K und sei R ein Repräsentantensystem
für G/H. Für g ∈ G sei g ∈ R mit gH = gH. Die Abbildung
Y
VH/K : G → H/K, g 7→ (gr)−1 grK
r∈R

heißt Verlagerung (engl. transfer ) von G nach H/K. Da H/K abelsch ist, spielt die Reihenfolge der
Faktoren im Produkt keine Rolle.

Lemma 7.7. Die Verlagerung hängt nicht von der Wahl von R ab und ist ein Homomorphismus.

Beweis. Für Repräsentantensysteme R und S von G/H definieren wir


Y
(R|S) := s−1 rK ∈ H/K
(r,s)∈R×S,
rH=sH

ähnlich wie in Definition 5.16. Dann gilt VH/K (g) = (gR|R) für g ∈ G. Wie in Lemma 5.17 zeigt man

(gR|R) = (gR|gS)(gS|S)(S|R) = (R|S)(gS|S)(R|S)−1 = (gS|S).

Also hängt VH/K nicht von der Wahl von R ab. Für g, h ∈ G ist

VH/K (gh) = (ghR|R) = (g(hR)|hR)(hR|R) = (gR|R)(hR|R) = VH/K (g)VH/K (h).

Bemerkung 7.8. Wir wollen ein Repräsentantensystem R finden, sodass VH/K leicht zu berechnen
ist. Sei g ∈ G und seien x1 H, . . . , xn H Repräsentanten für die Bahnen von ⟨g⟩ auf G/H durch
Linksmultiplikation. Dann ist R := {g j xi : i = 1, . . . , n, j = 0, . . . , ti − 1} ein Repräsentantensystem für
G/H, wobei ti die Bahnenlänge von xi H unter ⟨g⟩ ist. Im Fall 0 ≤ j < ti − 1 ist (g(g j xi ))−1 g(g j xi ) = 1
(bzgl. R). Also ist
Y n
VH/K (g) = x−1 ti
i g xi K
i=1

mit t1 + . . . + tn = |G : H| und x−1 ti


i g xi ∈ H für i = 1, . . . , n.

Beispiel 7.9. Für g ∈ Z(G) ist also VH/K (g) = g |G:H| K. Außerdem erhält man für H = Z(G) und
K = 1 einen Homomorphismus G → Z(G), g 7→ g |G:Z(G)| .

Definition 7.10. Für H ≤ G nennt man

FocG (H) := [g, h] : g ∈ G, h, [g, h] ∈ H

die Fokalgruppe von H in G.

49
Bemerkung 7.11. Offenbar ist H ′ ≤ F := FocG (H) ≤ H ∩ G′ und F ⊴ H mit abelscher Faktorgruppe
H/F . Für g ∈ G und h ∈ H mit [g, h] ∈ H ist ghg −1 F = ghg −1 h−1 F h = [g, h]F h = F h = hF . Dies
zeigt VH/F (h) = h|G:H| F für alle h ∈ H nach Bemerkung 7.8.

Satz 7.12. Sei H ≤ G und F := FocG (H) mit ggT(|G : H|, |H : F |) = 1. Für N := Ker(VH/F ) ⊴ G
gilt dann
(i) H ∩ N = H ∩ G′ = F .
(ii) HN = G.
(iii) G/G′ = HG′ /G′ ⊕ N/G′ .

(iv) G/N ∼
= H/F.

Beweis.
(i) Da G/N zu einer Untergruppe der abelschen Gruppe H/F isomorph ist, gilt G′ ≤ N und
F ≤ H ∩ G′ ≤ H ∩ N . Für h ∈ H ∩ N ist 1 = VH/F (h) = h|G:H| F und h|G:H| ∈ F . Andererseits ist
auch h|H:F | ∈ F . Wegen ggT(|G : H|, |H : F |) = 1 existieren a, b ∈ Z mit a|G : H| + b|H : F | = 1.
Es folgt
h = ha|G:H|+b|H:F | ∈ F.
Somit gilt H ∩ N ≤ F .
(ii) Nach (i) ist |G/N | ≥ |HN/N | = |H/H ∩ N | = |H/F | ≥ |G/N | und daher G = HN .
(iii) Nach (ii) ist G/G′ = HN/G′ = (HG′ /G′ )(N/G′ ) und nach (i) ist HG′ ∩ N = G′ (H ∩ N ) =
G′ F = G′ .
(iv) Der Beweis von (ii) zeigt, dass VH/F surjektiv ist.

Bemerkung 7.13. Die Voraussetzung ggT(|G : H|, |H : F |) = 1 in Satz 7.12 ist zum Beispiel für π-
Hallgruppen H erfüllt. Nach Aufgabe 29 ist ggf. HG′ /G′ eine π-Hallgruppe von G/G′ . Nach Satz 7.12(iii)
ist dann N der kleinste Normalteiler mit abelscher π-Faktorgruppe. Dies zeigt N = Oπ (G)G′ .

Folgerung 7.14 (Higmans Fokalsatz). Für P ∈ Sylp (G) gilt FocG (P ) = G′ ∩ P ∈ Sylp (G′ ).

Beweis. Wähle H = P in Satz 7.12.

Satz 7.15 (Taunt). Sei H ≤ G mit ggT(|G : H|, |H : H ′ |) = 1. Dann ist G′ ∩ Z(G) ∩ H ≤ H ′ .

Beweis. Wie üblich liegt G′ im Kern von VH/H ′ . Für x ∈ G′ ∩ Z(G) ∩ H gilt daher VH/H ′ (x) = 1. Wegen
x ∈ Z(G) ist andererseits VH/H ′ (x) = x|G:H| H ′ nach Beispiel 7.9, also x|G:H| ∈ H ′ . Aus x ∈ H folgt

außerdem x|H:H | ∈ H ′ . Mit ggT(|G : H|, |H : H ′ |) = 1 ergibt sich x ∈ H ′ .

Satz 7.16 (Alperins Fusionssatz). Sei P ∈ Sylp (G). Sei P die Menge aller Untergruppen Q ≤ P mit
folgenden Eigenschaften:
(i) NP (Q) ∈ Sylp (NG (Q)),
(ii) Op (NG (Q)) = Q,
(iii) CP (Q) = Z(Q).

50
Dann gilt
G′ ∩ P = [NG (Q), Q] : Q ∈ P .

Beweis. Offensichtlich ist F := ⟨[NG (Q), Q] : Q ∈ P⟩ ≤ G′ ∩ P . Für die umgekehrte Inklusion zeigen
wir allgemeiner: Ist A ≤ P und g ∈ G mit g A ≤ P , so gilt

[g, A] := ⟨[g, a] : a ∈ A⟩ ≤ F.

Mit Higmans Fokalsatz folgt dann G′ ∩ P = FocG (P ) ≤ F .


Wir argumentieren durch Induktion nach |P : A|. Im Fall P = A ist g ∈ NG (P ) und die Behauptung
gilt wegen P ∈ P. Sei nun A < P . Nach Satz 3.14 ist A < NP (A) ≤ A1 ∈ Sylp (NG (A)). Nach Sylow
existiert x ∈ G mit x A1 ≤ P . Für Q := x A gilt einerseits
x
A1 ≤ x NG (A) ∩ P = NP (Q) ≤ NG (Q)

und andererseits x A1 ∈ Sylp (NG (Q)). Dies zeigt x NP (A) ≤ NP (Q) ∈ Sylp (NG (Q)). Also gilt (i) für Q
−1
und nach Induktion ist [x, A] ≤ [x, NP (A)] ≤ F . Wegen xg NP (g A) ≤ NG (Q) existiert y ∈ NG (Q) mit
−1
yxg N (g A) ≤ N (Q) nach Sylow. Man erhält [yxg −1 , g A] ≤ [yxg −1 , N (g A)] ≤ F nach Induktion.
P P P

Sind (ii) und (iii) für Q erfüllt, so gilt [y, Q] ≤ [NG (Q), Q] ≤ F nach Konstruktion. Sei nun

Q < Q̃ := Op (NG (Q)) ≤ NP (Q).

Dann ist y ∈ NG (Q̃) und induktiv folgt [y, Q] ≤ [y, Q̃] ≤ F . Sei schließlich Q̃ := QCP (Q) > Q.
Wegen CP (Q) = NP (Q) ∩ CG (Q) ∈ Sylp (CG (Q)) existiert z ∈ CG (Q) mit zy CP (Q) = CP (Q). Nun gilt
zy ∈ NG (Q̃) und [y, Q] ≤ [zy, Q̃] ≤ F nach Induktion. In jedem Fall ist somit [y, Q] ∈ F . Für a ∈ A
folgt
[g, a] = (gag −1 )a−1 ≡ y(xax−1 )y −1 a−1 ≡ xax−1 a−1 ≡ 1 (mod F ).

Satz 7.17 (Puigs Hyperfokalsatz). Für P ∈ Sylp (G) gilt

Op (G) ∩ P = [Op (NG (Q)), Q] : Q ≤ P = [g, x] : g ∈ G p′ -Element, x, [g, x] ∈ P .

Beweis. Sei

S := [Op (NG (Q)), Q] : Q ≤ P ⊴ P,


T := [g, x] : g ∈ G p′ -Element, x, [g, x] ∈ P ⊴ P.

Sei x ∈ Q ≤ P und g ∈ Op (NG (Q)). Nach Bemerkung 4.6 ist g ein Produkt von p′ -Elementen
g1 , . . . , gn ∈ NG (Q). Für n = 1 ist [g, x] ∈ T . Sei nun n ≥ 2 und [g2 . . . gn , x] ∈ T bereits gezeigt. Wegen
[g2 . . . gn , x] ∈ Q ≤ P ist [g1 , g2 . . . gn , x] ∈ T . Es folgt

[g, x] = g1 [g2 . . . gn , x][g1 , x] ≡ [g2 . . . gn , x][g1 , x] ≡ 1 (mod T ).

Dies zeigt S ≤ T .
Jedes p′ -Element g ∈ G liegt in Op (G). Für x, [g, x] ∈ P ist daher [g, x] = g(xg −1 x−1 ) ∈ Op (G) ∩ P .
Also gilt T ≤ Op (G) ∩ P und es bleibt Op (G) ∩ P ≤ S zu zeigen. Für H := Op (G) ist H ∩ P ∈ Sylp (H).
Für Q ≤ H ∩ P ist Op (NH (Q)) ≤ Op (NG (Q)) nach Bemerkung 4.6. Wir dürfen daher G = H annehmen.
Dann ist P ≤ G′ und Alperin zeigt

P = G′ ∩ P = ⟨[NG (Q), Q] : Q ∈ P⟩.

51
Für Q ∈ P gilt NP (Q) ∈ Sylp (NG (Q)) und NG (Q) = NP (Q)Op (NG (Q)). Für x ∈ Q, y ∈ NP (Q) und
g ∈ Op (NG (Q)) gilt

[yg, x] = y [g, x][y, x] = [y g, g x][y, x] ∈ [Op (NG (Q)), Q]P ′ ≤ SP ′ .

Insgesamt ist nun P = SP ′ = SΦ(P ) = S nach Lemma 4.14.

Satz 7.18 (Frobenius’ Verlagerungssatz). Sei P ∈ Sylp (G), sodass NG (Q)/CG (Q) für alle Q ≤ P
eine p-Gruppe ist. Dann ist G p-nilpotent.

Beweis. Nach Voraussetzung ist [Op (NG (Q)), Q] ≤ [CG (Q), Q] = 1 für alle Q ≤ P . Aus Puigs Satz
folgt Op (G) ∩ P = 1. Daher ist Op (G) ein normales Komplement von P .

Bemerkung 7.19.
(i) Es genügt in Satz 7.18, die Untergruppen Q ∈ P aus Alperins Fusionssatz zu berücksichtigen. Es
gilt dann nämlich G′ ∩ P = P ′ und die Behauptung folgt aus Satz 7.38.
(ii) Für p > 2 haben Thompson und Glauberman bewiesen, dass G bereits dann p-nilpotent ist, falls
NG (K(P ))/CG (K(P )) eine p-Gruppe ist, wobei K(P ) eine gewisse charakteristische Untergruppe
von P ist, deren Definition kompliziert ist. Die analoge Aussage für p = 2 gilt nicht, denn es
gibt einfache Gruppen G (wie PSL(2, 17), siehe Satz 10.11), sodass P ∈ Syl2 (G) eine maximale
Untergruppe ist. Für Q ⊴ P ist dann NG (Q) = P .

Satz 7.20 (Grüns erster Verlagerungssatz). Für P ∈ Sylp (G) gilt

G′ ∩ P = [NG (P ), P ]⟨P ∩ Q′ : Q ∈ Sylp (G)⟩.

Beweis. Sicher ist


7.14
H := [NG (P ), P ]⟨P ∩ Q′ : Q ∈ Sylp (G)⟩ ≤ P ∩ G′ = FocG (P ).

Nehmen wir H < P ∩ G′ an. Wegen P ′ ≤ H ist H ⊴ P . Sei x ∈ P ∩ G′ \ H mit minimaler Ordnung.
Zur Berechnung der Verlagerung VP/H (x) nach Bemerkung 7.8 zerlegen wir G in Doppelnebenklassen
der Form P yP . Offenbar ist P yP eine Vereinigung von Linksnebenklassen nach P und ⟨x⟩ operiert
durch Linksmultiplikation auf der Menge dieser Nebenklassen. Sei y = y1 , . . . , yn ∈ P y ein Repräsen-
tantensystem der entsprechenden Bahnen mit Bahnenlängen pa1 ≤ . . . ≤ pan (notfalls y durch ein yi
ersetzen). Die Bahnengleichung ergibt
n
X |P yP | |P yP y −1 |
pai = = = |P : P ∩ yP y −1 | =: pt .
|P | |P |
i=1
a a a
Es gilt xp i yi P = yi P also yi−1 xp i yi ∈ P und speziell y −1 xp 1 y ∈ P .
Fall 1: t > 0.
a
Die Bahn von yi P liefert in VP/H (x) den Beitrag zi H mit zi := yi−1 xp i yi ∈ P (Bemerkung 7.8). Es gilt
a a
zi−1 y −1 xp i y = yi−1 [x−p i , yi y −1 ]yi ∈ yi−1 P ′ yi .
a a
Wegen ai ≥ a1 ist y −1 xp i y eine Potenz von y −1 xp 1 y ∈ P . Dies zeigt
a
zi−1 y −1 xp i y ∈ P ∩ yi−1 P ′ yi ∈ H.

52
a
Man kann den Beitrag zi H in VP/H (x) also durch y −1 xp i yH ersetzen. All diese Beiträge liefern
t t t
zusammen y −1 xp yH. Wegen x ∈ G′ gilt y −1 xp y ∈ P ∩ G′ und die Wahl von x zeigt y −1 xp y ∈ H.
Diese Doppelnebenklassen liefern also keinen Beitrag zu VP/H (x).
Fall 2: t = 0.
Hier ist P = yP y −1 , also y ∈ NG (P ). Der Beitrag von yP = y1 P in VP/H (x) ist

y −1 xyH = x[x−1 , y −1 ]H = xH

(beachte: a1 = 0). Die Anzahl dieser Doppelnebenklassen P yP = yP ist k := |NG (P ) : P | ̸≡ 0 (mod p).
Insgesamt ergibt sich VP/H (x) = xk H. Bekanntlich gilt x ∈ G′ ⊆ Ker(VP/H ) und es folgt xk ∈ H. Da k
nicht durch p teilbar ist, erhält man den Widerspruch x ∈ H.

Satz 7.21 (Burnsides Verlagerungssatz). Sei P ∈ Sylp (G) mit NG (P ) = CG (P ). Dann ist G p-
nilpotent.

Beweis. Wegen P ≤ NG (P ) = CG (P ) ist P abelsch. Grüns Verlagerungssatz (oder Alperins Fusionssatz)


zeigt G′ ∩ P = [NG (P ), P ] = 1. Daher folgt die Behauptung aus Satz 7.12.

Satz 7.22. Sei p der kleinste Primteiler von |G|. Besitzt G eine zyklische p-Sylowgruppe, so ist G
p-nilpotent.

Beweis. Sei P ∈ Sylp (G) zyklisch der Ordnung pn . Dann ist |Aut(P )| = φ(pn ) = pn−1 (p − 1) nach
Satz 2.4. Bekanntlich ist NG (P )/CG (P ) zu einer Untergruppe von Aut(P ) isomorph. Wegen P ≤ CG (P )
ist daher |NG (P )/CG (P )| p−1. Nach Lagrange ist andererseits |NG (P )/CG (P )| |G|. Da p der kleinste
Primteiler von |G| ist, erhalten wir NG (P ) = CG (P ). Die Behauptung folgt nun aus Satz 7.21.

Beispiel 7.23.
(i) Sei |G| = 112 · 12. Wir wollen zeigen, dass G auflösbar ist. Sei P ∈ Syl11 (G). Im Fall P ⊴ G sind
P und G/P auflösbar und daher auch G. Sei also P ⋬ G. Nach Sylow ist |G : NG (P )| = 12 also
NG (P ) = P . Wegen |P | = 112 ist P abelsch und es folgt NG (P ) = P ≤ CG (P ) ≤ NG (P ). Nach
Satz 7.21 existiert ein N ⊴ G mit |N | = 12. Wieder sind N und G/N auflösbar und daher auch G.
(ii) Ist |G| nur einmal durch 2 teilbar, so ist G nach Satz 7.22 2-nilpotent. Nach Feit-Thompson ist G
sogar auflösbar.

Satz 7.24 (Zassenhaus). Sind alle Sylowgruppen von G zyklisch, so sind auch G′ und G/G′ zyklisch.
Insbesondere ist G metabelsch.

Beweis. Wir zeigen zunächst durch Induktion nach |G|, dass G auflösbar ist. Sei p der kleinste Primteiler
von |G|. Nach Satz 7.22 ist G/Op′ (G) eine p-Gruppe und damit auflösbar. Offenbar sind auch die
Sylowgruppen von Op′ (G) zyklisch. Nach Induktion ist also auch Op′ (G) auflösbar. Die Behauptung
folgt nun aus Lemma 2.21.
Nun ist G/G′ abelsch und alle Sylowgruppen von G/G′ sind zyklisch. Also ist auch G/G′ zyklisch. Mit
dem gleichen Argument genügt es zu zeigen, dass G′ abelsch ist. Nehmen wir indirekt G′′ ̸= 1 an. Ersetzt
man G durch G/G′′′ , so kann man annehmen, dass G′′ abelsch ist. Sicher ist dann G′′ zyklisch. Also
ist G/CG (G′′ ) ≤ Aut(G′′ ) ∼
= (Z/|G′′ |Z)× abelsch (Satz 2.4). Dies zeigt G′ ≤ CG (G′′ ) und G′′ ≤ Z(G′ ).
Da auch G /G zyklisch ist, muss schließlich G′ abelsch sein (Aufgabe 8(a)). Dies widerspricht aber
′ ′′

G′′ ̸= 1.

53
Bemerkung 7.25. Man kann in der Situation von Satz 7.24 weiter zeigen, dass G′ eine Hallgruppe ist.
Es gilt somit G ∼
= Cm ⋊ Cn mit ggT(n, m) = 1 nach Schur-Zassenhaus.

Beispiel 7.26. Gruppen quadratfreier Ordnung sind metabelsch.

Satz 7.27. Für jede abelsche Hallgruppe H ≤ G und N := NG (H) gilt:

(i) H = CH (N ) ⊕ [H, N ].

(ii) [H, N ] = FocG (H) = H ∩ Ker(VH/1 ).

(iii) CH (N ) = VH/1 (H).

Beweis. Wir fassen VH/1 als Abbildung nach H auf und schreiben VH := VH/1 . Sei g ∈ H und
VH (g) = ni=1 x−1 −1 ti
i g xi ∈ H wie in Bemerkung 7.8. Für i = 1, . . . , n ist dann g , xi g xi ∈ H und
ti ti
Q
⟨H, xi Hx−1
i ⟩ ≤ CG (g ), da H abelsch ist. Nach Satz 5.40 (Wielandt) sind die nilpotenten Hallgruppen
ti

H und xi Hxi in CG (g ti ) konjugiert. Sei also ci ∈ CG (g ti ) mit ci xi Hx−1


−1 −1
i ci = H für i = 1, . . . , n.
Dann ist ci xi ∈ N und
x−1 ti −1 −1 ti
i g xi = xi ci g ci xi = g [g
ti −ti
, (ci xi )−1 ]. (7.1)

Es folgt VH (g) ∈ g |G:H| [H, N ] und g |G:H| ∈ VH (H)[H, N ]. Wegen ggT(|H|, |G : H|) = 1 ist sogar
H = VH (H)[H, N ].

Offenbar ist

[H, N ] = ⟨[h, x] : h ∈ H, x ∈ N ⟩ ≤ FocG (H) ≤ H ∩ G′ ≤ H ∩ Ker(VH )

(beachte: G/Ker(VH ) ∼ = VH (G) ≤ H ist abelsch). Daher ist auch H = VH (H)(H ∩ Ker(VH )). Wegen
[H, N ] ≤ Ker(VH ) folgt VH (VH (g)) = VH (g)|G:H| aus (7.1) für g ∈ H. Dies liefert VH (H) ∩ Ker(VH ) = 1
und es folgt
H = VH (H) ⊕ (H ∩ Ker(VH )) = VH (H) ⊕ [H, N ].

Aus Ordnungsgründen ist dann auch [H, N ] = FocG (H) = H ∩ Ker(VH ). Dies zeigt (ii) und einen Teil
von (i).

Sei R ein beliebiges Repräsentantensystem für G/H und sei x ∈ N . Wie in Definition 7.6 wählen
wir g ∈ R mit gH = gH für g ∈ G. Es ist auch Rx ein Repräsentantensystem für G/H, denn aus
rxH = sxH folgt rHx = sHx und rH = sH für r, s ∈ R. Für g ∈ G sei ge ∈ Rx mit gH = geH. Es gilt
dann grxH = grHx = grHx = grxH = gg rxH und grx = gg
rx für r ∈ R. Dies zeigt

7.7
Y Y Y
x−1 VH (g)x = x−1 (gr)−1 grx = g rx)−1 grx =
(g e −1 gs = VH (g).
(gs)
r∈R r∈R s∈Rx

Also ist VH (H) ≤ H ∩ Z(N ) = CH (N ). Für g ∈ CH (N ) gilt umgekehrt VH (g) = g |G:H| nach (7.1). Dies
impliziert VH (H) = CH (N ) und wir sind fertig.

Bemerkung 7.28. In der Situation von Satz 7.27 gilt G/Ker(VH/F ) ∼ = H/F = ∼ CH (N ) mit F :=
FocG (H) nach Satz 7.12. Auf diese Weise kann man häufig Normalteiler konstruieren.

54
Beispiel 7.29. Sei P ∼
= C4 × C2 eine 2-Sylowgruppe von G und N := NG (P ). Nach Satz 4.17 ist

Φ(P ) = ⟨x2 : x ∈ P ⟩ ∼
= C2 .

Da Φ(P ) charakteristisch in P ist, ist Φ(P ) ⊴ N . Wegen |Φ(P )| = 2 ist sogar Φ(P ) ≤ P ∩ Z(N ) ̸= 1.
Nach Bemerkung 7.28 existiert ein K ⊴ G mit G/K ∼ = P ∩ Z(N ). Insbesondere ist G nicht einfach.
Sei 1 ̸= α ∈ Aut(P ) mit ungerader Ordnung. Nach Bemerkung 4.20 operiert α nicht-trivial auf
P/Φ(P ) ∼= C22 . Es gilt Aut(C22 ) ∼
= GL(2, 2) ∼
= S3 . Also muss α die drei maximalen Untergruppe von P
transitiv permutieren. Andererseits muss α die charakteristische Untergruppe {x ∈ P : x2 = 1} ∼ = C22
festhalten. Dieser Widerspruch zeigt, dass Aut(P ) eine 2-Gruppe ist. Daher ist auch N/CG (P ) eine
2-Gruppe. Wegen P ≤ CG (P ) ist sogar N = CG (P ). Nach Burnsides Verlagerungssatz ist G 2-nilpotent.

Satz 7.30. Jede auflösbare Untergruppe H ≤ G mit H ∩ gHg −1 = 1 für alle g ∈ G \ H besitzt ein
normales Komplement in G (vgl. Aufgabe 30).

Beweis (Shaw). Q Induktion nach |H|: Wir können H ̸= 1 annehmen. Dann ist H ′ < H. Sei h ∈ H
und VH/H ′ (h) = ni=1 x−1i h xi H wie in Bemerkung 7.8. Dabei können wir x1 = 1 annehmen. Wegen
ti ′

hx1 H = H = x1 H ist dann t1 = 1 und x−1 1 h x1 = h. Für i > 1 ist xi ∈


t1 / H und x−1 ti
i h xi ∈
−1
H ∩ xi Hxi = 1. Dies zeigt VH/H ′ (h) = hH ′ für alle h ∈ H. Insbesondere ist VH/H ′ (H) = H/H ′ und
Ker(VH/H ′ ) ∩ H = H ′ . Sei N := Ker(VH/H ′ ). Für g ∈ G existiert ein h ∈ H mit VH/H ′ (g) = VH/H ′ (h)
und g = hh−1 g ∈ HN . Also ist G = HN . Für g ∈ N \ H ′ = N \ H ist gH ′ g −1 ∩ H ′ ⊆ gHg −1 ∩ H = 1.
Nach Induktion besitzt H ′ ein normales Komplement K in N . Nach Aufgabe 30 sind H ′ und K
Hallgruppen von N . Insbesondere ist K charakteristisch in N und damit normal in G. Es gilt H ∩ K =
H ∩ N ∩ K = H ′ ∩ K = 1 und G = HN = HH ′ K = HK. Die Behauptung folgt.

Bemerkung 7.31. Frobenius hat gezeigt, dass die Auflösbarkeitsbedingung in Satz 7.30 überflüssig
ist. Man kennt dafür jedoch keinen Beweis, der ohne Charaktertheorie auskommt.

Satz 7.32. Sei G eine nichtabelsche einfache Gruppe und P ∈ Sylp (G) mit |P | = pn > 1. Dann gilt
eine der beiden folgenden Aussagen:
(i) ggT |NG (P ) : P |, (pn − 1)(pn−1 − 1) . . . (p − 1) ̸= 1.


(ii) n ≥ 3 und ggT |G : NG (P )|, (pn−1 − 1)(pn−2 − 1) . . . (p2 − 1) ̸= 1.




Beweis. Nehmen wir zuerst an, dass P abelsch ist. Nach Satz 7.21 ist dann P ≤ CG (P ) < NG (P ).
Sei g ∈ NG (P ) \ CG (P ). Da P die einzige p-Sylowgruppe in NG (P ) ist, ist g kein p-Element. Indem
man g durch eine geeignete Potenz ersetzt (Lemma 2.1), kann man annehmen, dass g Ordnung q s ̸= 1
für eine Primzahl q =
̸ p hat. Nach Bemerkung 4.20 operiert ⟨g⟩ nicht-trivial auf P/Φ(P ). Da P/Φ(P )
elementarabelsch ist, ist Aut(P/Φ(P )) ≤ GL(n, p) und q |GL(n, p)| = (pn − 1)(pn − p) . . . (pn − pn−1 ).
Wegen q ̸= p ist dann auch

q | ggT |NG (P ) : P |, (pn − 1)(pn−1 − 1) . . . (p − 1) ̸= 1.




Sei nun P nichtabelsch. Insbesondere ist dann n ≥ 3 und Φ(P ) ̸= 1. Nach Satz 7.18 existiert eine
Untergruppe Q ≤ P , sodass NG (Q)/CG (Q) keine p-Gruppe ist. Wir wählen wieder einen Primteiler
q ̸= p von |NG (Q)/CG (Q)|. Wegen |Q : Φ(Q)| ≤ pn−1 erhält man dann wie eben q | (pn−1 − 1)(pn−2 −
1) . . . (p2 −1)(p−1). Wegen p2 −1 = (p+1)(p−1) kann man dabei den Faktor p−1 weglassen. Außerdem
ist q |G : P |, da q ̸= p. Im Fall q |NG (P ) : P | gilt Aussage (i). Also können wir q |G : NG (P )|
annehmen. Somit gilt (ii).

55
Beispiel 7.33. Nach Satz 4.22 und Beispiel 7.26 ist die Ordnung einer nichtabelschen einfachen Gruppe
das Produkt von mindestens vier Primzahlen. Sei G eine einfache Gruppe der Ordnung pqrs mit
Primzahlen p ≤ q ≤ r ≤ s. Nach Satz 7.22 ist p = q und nach Satz 4.22 ist q < r. Außerdem ist
1 ̸= ggT(rs, (p2 − 1)(p − 1)) = ggT(rs, p + 1) nach Satz 7.32. Dies zeigt p = q = 2 und r = 3. Nehmen
wir s = 3 an. Nach Sylow gilt dann NG (S) = S für S ∈ Syl3 (G). Dies widerspricht aber Satz 7.21. Also
ist s ≥ 5. Sei S ∈ Syls (G). Dann ist |G : NG (S)| ein Teiler von 12 und |G : NG (S)| ≡ 1 (mod s) nach
Sylow. Es folgt 6 ≤ 1 + s ≤ |G : NG (S)| ∈ {6, 12}. Der Fall |G : NG (S)| = 12 widerspricht wie eben
Satz 7.21. Also ist s = 5 und G ∼= A5 nach Satz 6.40.

Satz 7.34 (Brandis). Sei G = HN mit H ≤ G und N ⊴ G. Sei K := H ∩ N und K ′ ≤ K0 ≤ K mit


K0 ⊴ H und ggT(|K/K0 |, |G : H|) = 1. Angenommen die Verlagerung V : N → K/K0 ist trivial. Dann
gilt H = KL mit L ≤ H und K ∩ L = K0 .

Beweis. Sei R ein Repräsentantensystem für N/K. Für x ∈ N sei x ∈ R mit xK = xK. Wir definieren
Y
α : H → K/K0 , x 7→ r−x rx K0
r∈R

(da K/K0 abelsch ist, spielt die Reihenfolge der Faktoren keine Rolle). Wegen K0 ⊴ H ist R = {rx :
r ∈ R}. Für x, y ∈ H gilt
Y Y −y Y
α(x)y α(y) = r−xy (rx )y K0 rx rxy K0 = r−xy rxy K0 = α(xy),
r∈R r∈R r∈R

d. h. α ist ein verschränkter Homomorphismus (Definition 5.19). Nach Lemma 5.20 ist L := Ker(α) ≤ H.
Für x ∈ K gilt rx K = x−1 rK und
7.6
Y Y
α(x) = x−1 r−1 xrx K0 = x−|N :K| r−1 xx−1 rK0 = x−|N :K| V (x−1 )−1 = x−|N :K| K0 .
r∈R r∈R

Wegen |N : K| = |N : N ∩ H| = |HN : H| = |G : H| und ggT(|K/K0 |, |G : H|) = 1 ist α|K


surjektiv und L ∩ K = K0 . Für h ∈ H existiert x ∈ K mit α(h) = α(x)−1 . Da K/K0 abelsch ist, gilt
α(hx) = α(h)α(x) = 1, d. h. hx ∈ Ker(α) = L. Dies zeigt h = (hx)x−1 ∈ LK und H = KL.

Folgerung 7.35. Sei P ∈ Sylp (G) und Q = P ∩ Op (G). Dann existiert R ≤ P mit P = QR und
Q ∩ R = Q′ .

Beweis. Sei H := P , N := Op (G), K := Q und K0 := Q′ in Satz 7.34. Sicher gilt G = HN und


ggT(|K/K0 |, |G : H|) = 1. Da Q′ charakteristisch in Q ⊴ H ist, gilt auch K0 ⊴ H. Wegen Op (N ) ⊴ G
ist Op (N ) = N . Insbesondere muss die Verlagerung N → K/K0 trivial sein. Nun folgt die Behauptung
aus Satz 7.34.

Satz 7.36 (Gaschütz). Sind die p-Sylowgruppen von Op (G) abelsch, so besitzt Op (G) ein Komplement
in G.

Beweis. In der Situation von Folgerung 7.35 ist Op (G) ∩ R = Q ∩ R = Q′ = 1 und G = P Op (G) =
RQOp (G) = ROp (G).

Bemerkung 7.37. Der nächste Satz ist eine Lokalisierung von Wielandts Satz 4.16.

56
Satz 7.38. Für P ∈ Sylp (G) sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(1) G ist p-nilpotent.
(2) G′ ∩ P ≤ Φ(P ).
(3) Op (G) ∩ P ≤ Φ(P ).
Gegebenenfalls ist G′ ∩ P = P ′ .

Beweis. Ist G p-nilpotent, so ist G′ ∩P ≤ P ′ Op′ (G)∩P = P ′ (Op′ (G)∩P ) = P ′ ≤ G′ ∩P nach Dedekind.
Insbesondere ist dann G′ ∩ P ≤ Φ(P ). Sei nun N = Op (G)G′ . Nach Satz 7.12 und Bemerkung 7.13 gilt
G′ ∩ P = N ∩ P . Aus G′ ∩ P ≤ Φ(P ) folgt daher Q := Op (G) ∩ P ≤ N ∩ P ≤ Φ(P ).
Sei schließlich Q ≤ Φ(P ). Nach Folgerung 7.35 existiert R ≤ P mit P = QR = Φ(P )R und Q ∩ R = Q′ .
Mit Lemma 4.14 ergibt sich P = R und Q = Q ∩ P = Q′ , also Q = 1. Somit ist G p-nilpotent.

Folgerung 7.39. Sei P ∈ Sylp (G), sodass je zwei in G konjugierte Elemente x, y ∈ P bereits in P
konjugiert sind. Dann ist G p-nilpotent.

Beweis. Sei g ∈ G und x, [g, x] ∈ P . Dann ist auch gxg −1 = [g, x]x ∈ P . Nach Voraussetzung existiert
z ∈ P mit gxg −1 = zxz −1 . Es folgt [g, x] = [z, x] ∈ P ′ und G′ ∩ P = FocG (P ) = P ′ . Die Behauptung
ergibt sich aus Satz 7.38.

Definition 7.40. Für eine Primzahl p sei

Ap (G)/Op (G) := (G/Op (G))′ , Ep (G)/Op (G) := Φ(G/Op (G)).

Bemerkung 7.41. Nach Satz 4.17 ist Ap (G) (bzw. Ep (G)) der kleinste Normalteiler von G mit
(elementar)abelscher p-Faktorgruppe. Für P ∈ Sylp (G) gilt G = P Op (G) und daher Ap (G) = P ′ Op (G)
sowie Ep (G) = P ′ ⟨xp : x ∈ P ⟩Op (G) = Φ(P )Op (G).

Satz 7.42 (Tates Verlagerungssatz). Sei H ≤ G mit p ∤ |G : H|. Dann sind folgende Aussagen
äquivalent:
(1) G/Op (G) ∼
= H/Op (H).
(2) G/Ap (G) ∼
= H/Ap (H).
(3) G/Ep (G) ∼
= H/Ep (H).

Beweis. Die Implikationen (1)⇒(2)⇒(3) sind trivial. Sei nun G/Ep (G) ∼
= H/Ep (H) und P ∈ Sylp (H).
Wegen p ∤ |G : H| ist P ∈ Sylp (G) und G = HO (G). Aus H/H ∩ O (G) ∼
p p
= HOp (G)/Op (G) = G/Op (G)
folgt Op (H) ≤ Op (G) und analog Ep (H) = Ep (G) ∩ H. Sei H := H/Op (H). Wir benutzen Satz 7.34 mit
N := Op (G), K := H ∩ N und K0 /Op (H) := Φ(K). Dann ist K/K0 ∼ = K/Φ(K) eine abelsche p-Gruppe
und die Verlagerung N → K/K0 trivial. Man erhält also H = KL mit L ≤ K und K ∩ L = K0 . Nach
Dedekind ist
4.14
H = LΦ(P )K = L(Φ(P )Op (G) ∩ H) = L(Ep (G) ∩ H) = LEp (H) = LΦ(H) = L.

Es folgt K = K ∩ L = K0 = Φ(K) = 1. Dies zeigt

G/Op (G) = HOp (G)/Op (G) ∼


= H/(H ∩ Op (G)) = H/K = H/Op (H).

57
Bemerkung 7.43.
(i) Satz 7.42 wurde von Tate 1964 mit kohomologischen Methoden bewiesen, während Thompson
1970 einen charaktertheoretischen Beweis vorlegte. Brandis’ gruppentheoretischer Zugang von
1978 ist weitgehend unbekannt. So schreibt etwa Isaacs 2008 in seinem Buch, dass es keinen
„einfachen“ Beweis zu geben scheint. Gagola und Isaacs gaben später einen gruppentheoretischen
Beweis, der jedoch deutlich aufwendiger als der obige Beweis ist.
(ii) Der Beweis von Satz 7.42 zeigt, dass die in (1)–(3) gelisteten Faktorgruppen bereits dann isomorph
sind, wenn ihre Ordnungen übereinstimmen. Nach Burnsides Basissatz bedeutet (3) dann, dass
G/Op (G) und H/Op (H) minimale Erzeugendensysteme der gleichen Mächtigkeit besitzen.
(iii) Gelten die äquivalenten Aussagen in Satz 7.42, so sagt man: H kontrolliert die Verlagerung in G.
Ggf. ist G genau dann p-nilpotent, wenn H p-nilpotent ist. Besonders interessant ist die Wahl
H := NG (P ), wobei P ∈ Sylp (G). Ist P abelsch, so gilt G′ ∩ P = [H, P ] ≤ H ′ ∩ P ≤ G′ ∩ P nach
Grün. Wegen G/Ap (G) ∼ = P/(G′ ∩ P ) ∼= H/Ap (H) (Satz 7.12) kontrolliert H in diesem Fall die
Verlagerung. Dies wird im nächsten Satz verallgemeinert.

Satz 7.44 (Grüns zweiter Verlagerungssatz). Sei P ∈ Sylp (G). Für alle g ∈ G mit g Z(P ) ≤ P sei
g Z(P ) = Z(P ). Dann kontrolliert N (Z(P )) die Verlagerung in G.
G

Beweis. Sei Z := Z(P ) und H := NG (Z). Da Z charakteristisch in P ist, gilt P ≤ NG (P ) ≤ H. Es


genügt G′ ∩ P ≤ H ′ ∩ P zu zeigen. Nach Grüns ersten Satz brauchen wir nur R := P ∩ Q′ ≤ H ′
für alle Q ∈ Sylp (G) zu beweisen. Sei g ∈ G mit g P = Q. Dann ist Z ≤ CG (P ) ≤ NG (R) und
g Z ≤ C (Q) ≤ N (R). Wir wählen P ∈ Syl (N (R)) und x ∈ N (R) mit Z ≤ P und xg Z ≤ P .
G G 1 p G G 1 1
Nach Sylow existiert y ∈ G mit y P1 ≤ P . Es folgt y Z ≤ P . Die Voraussetzung impliziert nun y ∈ H.
Analog ist yxg ∈ H und daher xg ∈ H. Dies zeigt R = x R ≤ P ∩ xg P ′ ≤ H ′ .

Bemerkung 7.45.
(i) Yoshidas Verlagerungssatz besagt, dass NG (P ) die Verlagerung kontrolliert, falls P keine zu Cp ≀ Cp
isomorphe Faktorgruppe besitzt (wobei Cp regulär auf sich selbst operiert). Insbesondere gilt dies,
falls |P | < |Cp ≀ Cp | = pp+1 oder falls die Nilpotenzklasse von P kleiner als p ist (Aufgabe 41).
(ii) Der nächste Satz hat Ähnlichkeit mit Lemma 5.13.

Satz 7.46 (Roquette). Sei G = HN mit H ≤ G und N ⊴G. Sei H ∩N ≤ Φ(H) und ggT(|H ∩N |, |G :
H|) = 1. Dann besitzt H ein normales Komplement in G.

Beweis. Wir können annehmen, dass N als Normalteiler bzgl. der Eigenschaft G = HN minimal ist. Sei
K := H ∩ N und π die Menge der Primteiler von |K|. Dann ist M := Oπ (N ) charakteristisch in N und
normal in G. Nun ist ggT(|K|, |N : K|) = ggT(|K|, |G : H|) = 1 und N = KM nach Lemma 1.9(vi).
Es folgt HM = HKM = HN = G und die Minimalität von N zeigt N = M . Also besitzt N keine
echten π-Faktorgruppen. Insbesondere ist die Verlagerung N → K/K ′ trivial. Satz 7.34 mit K0 = K ′
liefert L ≤ H mit H = KL und K ∩ L = K0 . Nach Voraussetzung ist H = KL = Φ(H)L = L und
daher K = K0 = K ′ . Nach Frattini ist Φ(H) und somit auch K nilpotent. Man erhält K = 1, d. h. N
ist ein normales Komplement von H.

Satz 7.47 (Shemetkov). Sei N ⊴ G. Sei π eine Menge von Primzahlen p mit folgender Eigenschaft:
Es existiert P ∈ Sylp (G), sodass P ∩ N abelsch ist und ein Komplement in P besitzt. Dann existiert
H ≤ G mit G = HN , sodass H ∩ N eine π ′ -Gruppe ist.

58
Beweis. Wir argumentieren durch Induktion nach |G| + |N | + |π|.
Fall 1: N ′ < N .
Sei p eine Primzahl mit M := Op (N ) < N . Im Fall M = 1 folgt die Behauptung mit G = H falls
p∈ / π oder mit Satz 5.22 falls p ∈ π. Sei also M ̸= 1 und G := G/M . Sei q ∈ π. Nach Voraussetzung
existiert eine q-Sylowgruppe Gq = Nq ⋊ R von G, wobei Nq ∈ Sylq (N ) abelsch ist. Offenbar sind
Nq ≤ Gq Sylowgruppen von N bzw. G und Nq ist abelsch. Wegen R ∩ N ≤ R ∩ Gq ∩ N = R ∩ Nq = 1
ist Nq M ∩ RM = (Nq M ∩ R)M = M und Gq = Nq ⋊ R. Nach Induktion existiert K/M ≤ G mit
G = KN , sodass (K ∩ N )/M eine π ′ -Gruppe ist.
Für q ̸= p ist jede q-Sylowgruppe von M auch eine q-Sylowgruppe von N und besitzt daher ein
Komplement in K. Sei nun q = p und Kp ∈ Sylp (K). Nach Satz 7.36 besitzt M = Op (Kp M ) ein
Komplement R in Kp M . Es gilt

|R| = |Kp M : M | = |Kp : Kp ∩ M | = |K : M |p .

Nach Sylow muss R eine p-Sylowgruppe von Mp von M normalisieren, denn deren Anzahl ist 1 modulo
p. Nun ist R ein Komplement von Mp in der Sylowgruppe Mp ⋊ R von K. Wegen M < N gilt die
Behauptung für M ≤ K nach Induktion, d. h. es existiert H ≤ K mit K = HM , sodass H ∩ M eine
π ′ -Gruppe ist. Dann ist G = KN = HM N = HN und wegen

(H ∩ N )/(H ∩ M ) ∼
= (H ∩ N )M/M = (K ∩ N )/M

ist auch H ∩ N eine π ′ -Gruppe.


Fall 2: N = N ′ .
Im Fall π = ∅ gilt die Behauptung mit H = G. Sei also p ∈ π und τ := π \ {p}. Nach Induktion existiert
K ≤ G mit G = KN , sodass K ∩ N eine τ ′ -Gruppe ist. Wir können annehmen, dass K ∩ N keine
π ′ -Gruppe ist, d. h. p teilt |K ∩ N |. Sei P ∈ Sylp (K ∩ N ). Nach Lemma 5.13 dürfen wir K ∩ N ≤ Φ(K)
voraussetzen. Insbesondere ist K ∩ N ⊴ K nilpotent und P = Op (K ∩ N ) ⊴ K ≤ NG (P ). Wir betrachten

L := KCN (P ) ≤ NG (P ).

Nach Voraussetzung existiert eine abelsche p-Sylowgruppe Np von N , die P enthält. Sicher ist Np ∈
Sylp (CN (P )) und Np besitzt ein Komplement in L. Sei nun q ∈ τ . Eine q-Sylowgruppe Kq von K
normalisiert ein CN (P )q ∈ Sylq (CN (P )). Da K ∩ N eine τ ′ -Gruppe ist, gilt Kq ∩ CN (P )q = 1 und
CN (P )q ⋊Kq ∈ Sylq (L). Nach Taunt gilt Np ∩Z(N ) = Np ∩Z(N )∩N ′ = 1. Insbesondere ist CN (P ) < N
und wir können Induktion auf CN (P ) ⊴ L anwenden. Dies liefert H ≤ L mit L = HCN (P ), sodass
H ∩ CN (P ) eine π ′ -Gruppe ist. Dann ist G = KN = KNN (P )N = LN = HN . Wegen |N : CN (P )| ̸≡ 0
(mod p) ist
(H ∩ N )/(H ∩ CN (P )) ∼
= (H ∩ N )CN (P )/CN (P )
eine p′ -Gruppe. Andererseits ist

(H ∩ N )CN (P )/CN (P ) ∼
= (K ∩ N )CN (P )/CN (P ) ∼
= (K ∩ N )/(K ∩ CN (P ))

eine τ ′ -Gruppe. Insgesamt ist H ∩ N eine π ′ -Gruppe.

Folgerung 7.48. Sei N ⊴ G. Für jeden Primteiler p von |G : N | besitze N eine abelsche p-Sylowgruppe
mit einem Komplement in einer Sylowgruppe von G. Dann besitzt N ein Komplement in G.

Beweis. Sei π die Menge aller Primteiler von |G : N |. Satz 7.47 liefert H ≤ G mit G = HN , sodass
H ∩ N eine π ′ -Gruppe ist. Mit Lemma 5.13 können wir andererseits erreichen, dass H ∩ N eine π-Gruppe
ist (siehe Beweis von Folgerung 5.29). Also ist H ∩ N = 1.

59
8 Erzeuger und Relationen

Wir lassen in diesem Kapitel wieder zu, dass G eine unendliche Gruppe ist.

Definition 8.1. Ein Alphabet sei eine beliebige Menge A, deren Elemente wie Buchstaben nennen.
Ein Wort w ist eine Folge der Form w = aϵ11 . . . aϵnn mit a1 , . . . , an ∈ A und ϵ1 , . . . , ϵn ∈ {±1}. Dabei ist
auch das leere Wort mit n = 0 zugelassen. Gilt ai = ̸ ai+1 oder ϵi = ϵi+1 für i = 1, . . . , n − 1, so heißt w
reduziert. Offenbar kann man jedes Wort w in ein reduziertes Wort w überführen, indem man Teile der
Form aa−1 oder a−1 a sukzessiv streicht (nach Aufgabe 54 ist w eindeutig bestimmt). Auf der Menge
W aller Wörter definiert w ∼ v :⇐⇒ w = v eine Äquivalenzrelation. Die Menge der Äquivalenzklassen
FA := {[w] : w ∈ W } bildet dann eine Gruppe bzgl. Konkatenation, d. h.

[w][v] := [wv] [w], [v] ∈ FA .

Das neutrale Element ist die Äquivalenzklasse des leeren Worts []. Das Inverse von [aϵ11 . . . aϵnn ] ist
n . . . a−ϵ1 ]. Man nennt F
[a−ϵ
n 1 A die freie Gruppe über dem Alphabet A.

Bemerkung 8.2.
(i) Mittels der Injektion A → FA , a 7→ [a] können wir A als Teilmenge von FA auffassen. Es gilt
dann FA = ⟨A⟩.
(ii) Für A = ∅ ist FA = 1. Im Fall |A| = 1 ist offenbar FA ∼
= Z. Für |A| ≥ 2 ist FA nichtabelsch,
denn aba−1 b−1 = aba−1 b−1 für a, b ∈ W , a ̸= b.
(iii) Sei w = aϵ11 . . . aϵnn ∈ FA \ {1} mit endlicher Ordnung. Nach eventueller Konjugation mit a−ϵ
1
1

ϵ1
können wir a1 ̸= a−ϵ n
n annehmen. Dann wären aber sämtliche Potenzen w n mit n ∈ N reduziert.

Dieser Widerspruch zeigt, dass FA torsionsfrei ist.

Satz 8.3 (Universelle Eigenschaft freier Gruppen). Jede Abbildung A → G lässt sich zu genau einem
Homomorphismus FA → G fortsetzen.

Beweis. Sei f : A → G gegeben. Für w = aϵ11 . . . aϵnn ∈ W definieren wir fb(w) := f (a1 )ϵ1 . . . f (an )ϵn ∈ G.
Offenbar ist fb(w) = fb(w). Somit induziert fb eine wohldefinierte Abbildung FA → G, die wir ebenfalls
mit fb bezeichnen. Wegen fb(wv) = fb(w)fb(v) für w, v ∈ W ist fb ein Homomorphismus. Wegen FA = ⟨A⟩
ist fb eindeutig durch f bestimmt.

Satz 8.4. Für endliche Alphabete A und B sind FA und FB genau dann isomorph, wenn |A| = |B| gilt.

Beweis. Sei zunächst f : A → B eine Bijektion. Wegen B ⊆ FB existiert eine homomorphe Fortsetzung
fb : FA → FB von f nach Satz 8.3. Analog hat auch f −1 eine homomorphe Fortsetzung fd−1 : F → F .
B A
Wegen FA = ⟨A⟩ und FB = ⟨B⟩ ist fb ◦ f −1 = 1 und f −1 ◦ fb = 1. Also sind FA und FB isomorph (die
d d
Endlichkeit von A und B wird für diese Richtung nicht benutzt).
Nehmen wir nun umgekehrt an, dass FA und FB isomorph sind. Da es genau 2|A| Abbildungen der Form
A → C2 gibt, existieren nach Satz 8.3 genau so viele Homomorphismen FA → C2 . Wegen FA ∼ = FB
existieren genau 2 Homomorphismen der Form FB → C2 . Dies zeigt |A| = |B|.
|A|

Definition 8.5. In der Situation von Satz 8.4 nennt man rk FA := |A| den Rang von FA . Eine freie
Gruppe vom Rang k ∈ N wird mit Fk bezeichnet.

60
Satz 8.6. Sei X ein Erzeugendensystem von G mit der Eigenschaft, dass jede Abbildung von X in eine
Gruppe H eine homomorphe Fortsetzung G → H besitzt. Dann ist G ∼ = FX .

Beweis. Nach Voraussetzung existiert ein Homomorphismus f : G → FX mit f (x) = x für x ∈ X. Nach
Satz 8.3 existiert auch ein Homomorphismus g : FX → G mit g(x) = x für x ∈ X. Offenbar ist dann
f ◦ g = idFX und g ◦ f = idG . Dies zeigt, dass f ein Isomorphismus ist.

Satz 8.7. Jede Gruppe G ist zu einer Faktorgruppe einer freien Gruppe F isomorph. Lässt sich G
durch n Elemente erzeugen, so kann man rk F = n wählen.

Beweis. Sei X ein Erzeugendensystem von G. Nach Satz 8.3 existiert ein Homomorphismus f : FX → G
mit f (x) = x. Offenbar ist f surjektiv und die Behauptung folgt aus dem Homomorphiesatz.

Bemerkung 8.8.
(i) Sei X ein Erzeugendensystem für G und f : FX → G mit f (x) = x wie in Satz 8.7. Die Elemente
in Ker(f ) nennt man Relatoren für G bzgl. X. Für xϵ11 . . . xϵnn ∈ Ker(f ) gilt also xϵ11 . . . xϵnn = 1 in
G. Eine Gleichung dieser Form heißt Relation für G bzgl. X.
(ii) Sei umgekehrt FA eine freie Gruppe und X ⊆ FA . Sei N := ⟨gXg −1 : g ∈ FA ⟩ ⊴ FA der normale
Abschluss von X in FA . Wir setzen

⟨A | X⟩ = ⟨A | {x = 1 : x ∈ X}⟩ := FA /N.

Man identifiziert Buchstaben a ∈ A oft mit ihren Nebenklassen aN ∈ ⟨A | X⟩ (im Allgemeinen


nicht injektiv!). Ist |A| + |X| < ∞, so nennt man ⟨A | X⟩ endlich präsentiert. Auf diese Weise lässt
sich jede Gruppe beschreiben, aber im Allgemeinen ist es schwierig die Eigenschaften von ⟨A | X⟩
zu bestimmen. Zum Beispiel existieren endlich präsentierte Gruppen, für man algorithmisch nicht
entscheiden kann, ob sie trivial sind!

Beispiel 8.9.
(i) ⟨A | ∅⟩ ∼
= FA .
(ii) ⟨x | xn ⟩ = ⟨x | xn = 1⟩ ∼
= Z/nZ ∼
= Cn .
(iii) Sei G := ⟨x, y, z | xyx−1 = y 2 , yzy −1 = z 2 , zxz −1 = x2 ⟩. Für a, b ∈ N gilt
a
xa y b = xa−1 xy b x−1 x = xa−1 y 2b x = xa−2 y 4b x2 = . . . = y 2 b xa .

Durch zyklische Vertauschung von x, y, z erhält man analoge Gleichungen. Es folgt

z 2 y 2 x = z 2 xy = x4 z 2 y = x4 yz = y 16 x4 z = y 16 zx2

und x = z −1 y −16 z 2 y 2 ∈ ⟨y, z⟩. Also ist G = ⟨y, z⟩. Wegen N := ⟨z⟩ ⊴ G und G/N = ⟨yN ⟩
ist G auflösbar. Andererseits ist y = xyx−1 y −1 ∈ G′ und analog x, z ∈ G′ . Dies zeigt G = 1
(anderenfalls wäre G = G′ < G).

Satz 8.10 (von Dyck). Seien G = ⟨xi : i ∈ I⟩ und H = ⟨yi : i ∈ I⟩ Gruppen, sodass für jede Relation
xϵi11 . . . xϵinn = 1 in G auch die Relation yiϵ11 . . . yiϵnn = 1 in H gilt. Dann existiert ein Epimorphismus
G → H mit f (xi ) = yi für i ∈ I.

61
Beweis. Nach Satz 8.3 existieren Epimorphismen fG : FI → G und fH : FI → H mit fG (i) = xi und
fH (i) = yi für i ∈ I. Nach Voraussetzung gilt Ker(fG ) ≤ Ker(fH ). Also ist

G∼
= FI /Ker(fG ) → (FI /Ker(fG ))/(Ker(fH )/Ker(fG )) ∼
= FI /Ker(fH ) ∼
=H

der gesuchte Epimorphismus.

Beispiel 8.11.
(i) Sei G := ⟨x1 , . . . , xn | [xi , xj ] = 1 ∀i, j⟩. Offenbar ist G abelsch und jedes Element in G hat die
Form xa11 . . . xann mit a1 , . . . , an ∈ Z. Sei nun H := ⟨y1 ⟩ ⊕ . . . ⊕ ⟨yn ⟩ ∼ n . Nach Satz 8.10 existiert
= C∞
ein Epimorphismus f : G → H mit f (xi ) = yi für i = 1, . . . , n. Offenbar ist f auch injektiv und
G∼ =H∼ = C∞ n . Dies erklärt den Begriff freie abelsche Gruppe. Im Allgemeinen ist jede abelsche

Gruppe offenbar zu einer Faktorgruppe von ⟨(xi )i∈I : [xi , xj ] = 1 ∀i, j ∈ I⟩ isomorph.
(ii) Sei G := ⟨x, y | xn = y 2 = (xy)2 = 1⟩ für n ≥ 2. Wegen xyxy = 1 und y 2 = 1 ist xy = y −1 x−1 =
yx−1 . Auf diese Weise kann man jedes Element in G in der Form xi y j mit i, j ∈ Z schreiben.
Wegen xn = y 2 = 1 kann man i ∈ {0, . . . , n − 1} und j ∈ {0, 1} annehmen. Insbesondere gilt
|G| ≤ 2n. Sei nun H ∼ = D2n . Dann existieren Elemente x
e, ye ∈ H mit H = ⟨e y ⟩. Insbesondere
x⟩ ⋊ ⟨e
ist x
e = ye = 1. Außerdem gilt yex
n 2 −1
eye = x e , also (e
−1 xye) = 1. Nach Satz 8.10 gibt es einen
2

Epimorphismus G → H. Wegen |H| = 2n ≥ |G| ist daher G ∼ =H∼= D2n .

Bemerkung 8.12 (Coxeter-Todd-Algorithmus). Um die Größe einer Gruppe G = ⟨X | R⟩ nach


oben abzuschätzen, sucht man zunächst eine „bekannte“ Untergruppe H ≤ G (zum Beispiel H = ⟨x⟩
für ein x ∈ X). Danach wählt man eine Liste L von Linksnebenklassen nach H, sodass G die Elemente
von L durch Linksmultiplikation permutiert. Da im Allgemeinen G transitiv auf G/H operiert, muss L
bereits alle Nebenklassen nach H enthalten. Dies zeigt |G| ≤ |L||H| (Nebenklassen dürfen mehrfach in
L auftauchen).

Satz 8.13 (Carmichael). Für n ≥ 2 gilt

An ∼
= ⟨x1 , . . . , xn−2 | x31 = · · · = x3n−2 = 1, (xi xj )2 = 1 (i ̸= j)⟩.

Beweis. Sei G die Gruppe auf der rechten Seite. Für n = 2 ist A2 = 1 = ⟨∅⟩ = G. Sei daher n ≥ 3
und m := n − 2. Sei H := ⟨x1 , . . . , xm−1 ⟩ ≤ G. Nach von Dyck ist H eine Faktorgruppe von An−1 .
Insbesondere ist |H| ≤ 12 (n − 1)!. Für i ̸= j gilt xi xj = (xi xj )−1 = x−1 −1
j xi = xj xi in G. Wir betrachten
2 2

die n Nebenklassen

L := {H, xm H, x2m H, x2m−1 xm H, x2m−2 xm H, . . . , x21 xm H}.

Für i, j < m mit i ̸= j gilt

xi H = H,
xi xm H = x2m x2i H = x2m H,
xi x2m H = xi x2m x2i H = x2i xm H,
xm x2i xm H = xm xi x2m H = x2i x4m H = x2i xm H,
xi x2j xm H = xi xj x2m H = x2j x2i x2m H = x2j xm H.

Dies zeigt, dass G durch Linksmultiplikation auf L operiert. Man erhält |G| ≤ n|H| ≤ n!/2.
Umgekehrt erfüllen die Elemente xi := (1, 2, i + 2) für i = 1, . . . , n − 2 in An die angegebenen Relationen,
denn xi xj = (1, i + 2)(2, j + 2) für i ̸= j. Nach Satz 8.10 existiert ein Isomorphismus G → An .

62
Satz 8.14 (Gauß). Für jede Primzahl p und n ≥ 1 gilt
(
C2 × C2n−2 falls p = 2 ≤ n,
Aut(Cpn ) ∼
=
Cpn−1 (p−1) sonst.

Beweis. Nach Satz 2.4 ist Aut(Cpn ) ∼


= (Z/pn Z)× =: G.
Sei zunächst p > 2. Wir müssen zeigen, dass G zyklisch ist. Im Fall n = 1 ist G = F×
p und die Behauptung
gilt (Algebra oder Satz 9.8). Sei nun n ≥ 2. Dann ist |G| = φ(pn ) = pn−1 (p − 1). Die kanonische
Abbildung Ψ : G → (Z/pZ)× , a + pn Z 7→ a + pZ ist offenbar ein Epimorphismus. Insbesondere ist
P := Ker(Ψ) ∈ Sylp (G) und G/P ∼ = Cp−1 . Nach Satz 2.9 genügt es zu zeigen, dass P zyklisch ist. Wir
zeigen genauer, dass P von 1 + p + pn Z ∈ P erzeugt wird. Dafür berechnet man
n−2 
pX
pn−2

pn−2
(1 + p) = pk ≡ 1 + pn−1 ̸≡ 1 (mod pn ).
k
k=0

Sei nun p = 2 und o. B. d. A. n ≥ 2. Dann ist |G| = 2n−1 . Wegen (−1 + 2n Z)2 = 1 + 2n Z genügt es,

G = ⟨−1 + 2n Z⟩ ⊕ ⟨5 + 2n Z⟩

zu zeigen. Der Fall n = 2 ist klar. Sei also n ≥ 3. Man berechnet


n−3 
2X
2n−3

2n−3 2n−3
5 = (1 + 4) = 22k ≡ 1 + 2n−1 (mod 2n ).
k
k=0

und
n−2
52 = (1 + 2n−1 )2 ≡ 1 (mod 2n ).
Also ist |⟨5 + 2n Z⟩| = 2n−2 . Wegen −1 ̸≡ 1 + 2n−1 (mod 2n ) ist auch ⟨−1 + 2n Z⟩ ∩ ⟨5 + 2n Z⟩ = 1.

Satz 8.15. Sei P eine p-Gruppe der Ordnung pn mit einer zyklischen Untergruppe der Ordnung pn−1 .
Dann gilt eine der folgenden Aussagen:
(i) P ∼
= Cpn oder P ∼
= Cpn−1 × Cp .
(ii) n ≥ 3 und P ∼
n−1 n−2
= Mpn := ⟨x, y | xp = y p = 1, yxy −1 = x1+p ⟩ (modulare Gruppe10 ).
(iii) p = 2, n ≥ 3 und P ∼
n−1 n−2
= Q2n := ⟨x, y | x2 = 1, y 2 = x2 , yxy −1 = x−1 ⟩ ((verallgemeinerte)
Quaternionengruppe).
(iv) p = 2, n ≥ 4 und P ∼
= D2n .
(v) p = 2, n ≥ 4 und P ∼
n−1 n−2
= SD2n := ⟨x, y | x2 = y 2 = 1, yxy −1 = x−1+2 ⟩ (Semidiedergruppe).

Beweis. Ist P abelsch, so gilt offenbar (i) nach Satz 2.9. Sei nun P nichtabelsch. Dann ist n ≥ 3. Sei
x ∈ P mit |⟨x⟩| = pn−1 . Dann ist ⟨x⟩ ⊴ P nach Satz 4.10. Nehmen wir zunächst an, dass ⟨x⟩ ein
Komplement in P besitzt, d. h. es gilt P = ⟨x⟩ ⋊ ⟨y⟩ für ein y ∈ P mit y p = 1. Ist p > 2, so ist Aut(⟨x⟩)
n−2
zyklisch nach Satz 8.14. Indem man y notfalls durch eine Potenz ersetzt, erreicht man yxy −1 = x1+p ,
denn (1 + pn−2 )p ≡ 1 (mod pn−1 ). Nach Satz 8.10 existiert ein Epimorphismus Mpn → P . Offenbar gilt
|Mpn | ≤ pn und es folgt P ∼= M pn .
10
Modular bedeutet, dass eine Verallgemeinerung der Dedekind-Identität gilt: U ≤ W ⇒ ⟨U, V ⟩ ∩ W = ⟨U, V ∩ W ⟩ für
alle U, V, W ≤ G. Für G = Mpn gilt sogar ⟨U, V ⟩ = U V , d. h. U V = V U für alle U, V ≤ Mpn (Aufgabe 60)

63
Sei nun p = 2. Im Fall n = 3 ist Aut(⟨x⟩) immer noch zyklisch und man erhält wieder P ∼ = M8 ∼
= D8 .
Sei also n ≥ 4. Nach Satz 8.14 besitzt Aut(⟨x⟩) genau drei Involutionen (=Elemente der Ordnung 2):
und x 7→ x−1+2 . Der erste Fall führt zu P ∼ = D2n , der zweite zu P ∼
n−2 n−2
x 7→ x−1 , x 7→ x1+2 = M2n

und der dritte zu P = SD2n .

Im Folgenden können wir annehmen, dass ⟨x⟩ kein Komplement in P besitzt. Sei y ∈ P \ ⟨x⟩. Dann ist
y p ∈ ⟨x⟩ = CP (x). Die Operation von ⟨y⟩ auf ⟨x⟩ induziert also nach wie vor einen Automorphismus
der Ordnung p. Im Fall y p ∈
/ ⟨xp ⟩ wäre P = ⟨y⟩ abelsch. Sei also i ∈ Z mit
( n−2
pi y −2 x2 falls p = 2,
x =
y −p falls p > 2.

n−2 n−2 n−2


Im Fall yxy −1 = x1+p ist [y, x] = x1+p x−1 = xp ∈ Z(P ) und Aufgabe 13(b) liefert
p
(xi y)p = xip y p [y, x](2) = 1.
n−2
Dann wäre aber ⟨xi y⟩ ein Komplement von ⟨x⟩. Also ist p = 2 und yxy −1 ∈ {x−1 , x−1+2 }, wobei im
zweiten Fall n ≥ 4 gilt. In beiden Fällen ist y 2 = yy 2 y −1 = yx2k y −1 = x−2k = y −2 und y 4 = 1. Dies
n−2 n−2
zeigt y 2 = x2 . Gilt nun yxy −1 = x−1+2 = x−1 y 2 , so ist (xy)2 = x(yxy −1 )y 2 = y 4 = 1. Dann wäre
⟨xy⟩ ein Komplement von ⟨x⟩. Also ist yxy = x−1 und es gibt einen Epimorphismus Q2n → P . Es ist
−1

leicht zu sehen, dass |Q2n | ≤ 2n gilt. Somit ist P ∼


= Q2n .

Satz 8.16. Die Gruppen Mpn , D2n , Q2n und SD2n haben die Ordnung pn (bzw. 2n ) und sind paarweise
nicht isomorph.

Beweis. Es ist klar, dass man semidirekte Produkte Cpn−1 ⋊Cp mit geeigneten Operationen konstruieren
kann. Somit zeigt Satz 8.15, dass Mpn , D2n und SD2n die „richtige“ Ordnung haben. Sei nun ζ :=
n−1
e2πi/2 ∈ C und Q = ⟨x, y⟩ ≤ GL(2, C) mit
   
ζ 0 0 1
x := , y := .
0 ζ −1 −1 0
n−1 n−2
Offenbar gilt x2 = 1, y 2 = x2 und yxy −1 = x−1 . Also hat jedes Element in Q die Form xi y j mit
/ ⟨x⟩ ist |Q| = 2n . Nach Satz 8.15 gilt Q ∼
i ∈ {0, . . . , 2n−1 − 1} und j ∈ {0, 1}. Wegen y ∈ = Q2n .

Es verbleibt zu zeigen, dass die Gruppen M2n , D2n , Q2n und SD2n paarweise nicht isomorph sind (mit
der Ausnahme M8 ∼ = D8 ). Die semidirekten Produkte M2n , D2n und SD2n besitzen mindestens zwei
Involutionen. In Q2n ist andererseits (xi y)2 = xi yxi y −1 y 2 = y 2 ̸= 1 für i ∈ Z. Daher besitzt Q2n nur
eine Involution und es gilt Q2n ̸∼= M2n , Q2n ̸∼
= D2n und Q2n ̸∼ = SD2n . Wir können nun n ≥ 4 annehmen.
n−2
In der Gruppe M2n gilt ⟨[x, y]⟩ = ⟨x(yx y )⟩ = ⟨x
−1 −1 2 ⟩ ⊴ M2n . Da M2n /⟨[x, y]⟩ abelsch ist, gilt
M2′ n = ⟨[x, y]⟩ ∼
= C2 . In D2n gilt andererseits [x, y] = x2 und damit |D2′ n | ≥ 2n−2 . In SD2n ist analog
und |SD2′ n | ≥ 2n−2 . Dies zeigt M2n ≁ D2n und M2n ∼
n−2
[x, y] = x2+2 = ̸ SD2n . Schließlich müssen wir
=
noch D2n von SD2n unterscheiden. Nach Burnsides Basissatz ist

D2n /Φ(D2n ) ∼
= C22 ∼
= SD2n /Φ(SD2n ).

Die maximalen Untergruppen von D2n sind daher ⟨x⟩ ∼


= C2n−1 , ⟨x2 , y⟩ ∼
= D2n−1 und ⟨x2 , xy⟩ ∼
= D2n−1 .
Die maximalen Untergruppen von SD2n sind andererseits ⟨x⟩ ∼
= C2n−1 , ⟨x2 , y⟩ ∼
= D2n−1 und ⟨x2 , xy⟩ ∼
=
∼ ∼
̸ D2n−1 . Also ist D2n =
Q2n−1 = ̸ SD2n .

64
9 Zentralprodukte und die verallgemeinerte Fittinggruppe

Bemerkung 9.1. Sei P eine nichtabelsche p-Gruppe der Ordnung pn . Da P nicht zyklisch ist, gilt
|P : P ′ | ≥ |P : Φ(P )| ≥ p2 . Dies zeigt, dass die Nilpotenzklasse von P höchstens n − 1 beträgt (Satz 3.9).
Gilt Gleichheit, so sagt man: P hat maximale Klasse. In diesem Fall ist |P : P [k] | = pk für k ≥ 2.

Lemma 9.2. Sei P eine p-Gruppe der Ordnung pn mit maximaler Klasse. Sei N ⊴ P mit |N | = pk ≤
pn−2 . Dann ist N = Zk (P ) = P [n−k] .

Beweis. Induktion nach n: Für n = 3 folgt die Behauptung aus Beispiel 4.21. Sei also n ≥ 4 und
N≠ 1. Da auch P/Z(P ) maximale Klasse hat, gilt |Z(P )| = p. Nach Satz 3.14 ist Z(P ) ≤ N . Induktion
impliziert daher N/Z(P ) = Zk−1 (P/Z(P )) = Zk (P )/Z(P ) und N = Zk (P ). Nach Bemerkung 9.1 ist
auch P [n−k] ein Normalteiler der Ordnung pk . Also ist P [n−k] = Zk (P ) = N .

Satz 9.3 (Taussky). Für jede nichtabelsche 2-Gruppe P sind folgende Aussagen äquivalent:
(1) P hat maximale Klasse.
(2) |P : P ′ | = 4.
(3) P ist eine Diedergruppe, eine Quaternionengruppe oder eine Semidiedergruppe.

Beweis. Die Implikation (1)⇒(2) folgt aus Bemerkung 9.1. Sei nun |P : P ′ | = 4. Sei 2n := |P | minimal,
sodass (3) nicht erfüllt ist. Wir haben in Satz 8.16 bereits gesehen, dass |M2′ n | = 2 gilt. Nach Satz 8.15 ist
daher exp(P ) ≤ 2n−2 . Sei Z ≤ Z(P ) ∩ P ′ mit |Z| = 2 (Satz 3.14). Dann ist |P/Z : (P/Z)′ | = |P/P ′ | = 4.
Nach Wahl von P ist P/Z ∈ {D2n−1 , Q2n−1 , SD2n−1 }. Sei also x ∈ P mit |P : ⟨x⟩Z| = 2. Wegen
Z ≤ Z(P ) und exp(P ) ≤ 2n−2 ist ⟨x⟩Z ∼ = C2n−2 × C2 . Aus Aufgabe 23 folgt Z(P ) = Z. Für y ∈ P \ ⟨x⟩Z
n−3 n−3
gilt yxy −1 ∈ x−1 Z ∪ x−1+2 Z und yx2 y −1 = x−2 . Dies liefert den Widerspruch x2 ∈ Z(P ) = Z.
Also muss (3) gelten.
Sei nun P ∈ {D2n , Q2n , SD2n }. Wir zeigen (1) durch Induktion nach n (vgl. Aufgabe 14). Im Fall
n = 3 sind D8 und Q8 nichtabelsch und daher von maximaler Klasse. Sei nun n ≥ 4. Dann ist
n−2 n−2
[x, y] ∈ {x2 , x2+2 } und P ′ = ⟨x2 ⟩. Aus Aufgabe 23 folgt Z(P ) = ⟨x2 ⟩. Nach Induktion hat
P/Z(P ) ∼= D2n−1 maximale Klasse und daher auch P .

Bemerkung 9.4. Für p > 2 gibt es nichtabelsche p-Gruppen P mit |P : P ′ | = p2 , die nicht maximale
Klasse haben. Blackburn hat alle 3-Gruppen mit maximaler Klasse klassifiziert. Andererseits kennt
man die p-Gruppen maximaler Klasse für p > 3 nicht.

Satz 9.5. Sei P eine nicht-zyklische p-Gruppe, in der jeder abelsche Normalteiler zyklisch ist. Dann ist
p = 2 und P hat maximale Klasse.

Beweis. Sei A⊴P ein maximal abelscher Normalteiler (d. h. es gibt keinen abelschen Normalteiler von P ,
der A echt enthält). Nach Voraussetzung ist A zyklisch und daher A < P . Außerdem ist A ≤ CP (A) ⊴ P .
Nehmen wir A < CP (A) an. Da die Hauptfaktoren von P alle Ordnung p haben (Beispiel 3.8), existiert
ein Normalteiler N ⊴ P mit A < N ≤ CP (A) und |N : A| = p. Dann ist A ≤ Z(CP (A)) ∩ N ≤ Z(N )
und N/Z(N ) ist zyklisch. Also ist N abelsch im Widerspruch zur Wahl von A. Dies zeigt CP (A) = A
und P/A ≤ Aut(A). Im Fall |A| = p wäre p ∤ |Aut(A)|. Also ist |A| ≥ p2 . Sei B ≤ A mit |B| = p2 . Da
A zyklisch ist, gilt B ⊴ P . Für C := CP (B) ⊴ P ist P/C ≤ Aut(B) ∼ = Cp(p−1) und daher |P : C| ≤ p.

65
Nehmen wir A < C an. Wie üblich existiert ein N ⊴ P mit A < N ≤ C und |N : A| = p. Nach Wahl
von A ist N nichtabelsch und wir können Satz 8.15 anwenden. Wegen B ≤ Z(N ) kommt nach Taussky
nur N ∼ = Mpn in Frage. Es gilt Mp′ n = ⟨xp ⟩ ∼ = Cp und Mpn /Mp′ n ∼
n−2
= Cpn−2 × Cp . Jedes Element
n−3 n−3
der Ordnung p in Mpn liegt also in ⟨x p , y⟩. Da x p Ordnung p hat, bilden die Elemente der
2

Ordnung p in Mpn die charakteristische Untergruppe E := ⟨xp , y⟩ ∼


n−2
= Cp × Cp . Dann ist E aber ein
nicht-zyklischer, abelscher Normalteiler von P . Dieser Widerspruch zeigt A = C.
Also ist |P : A| = p. Wieder lässt sich Satz 8.15 anwenden. Der Fall P ∼
= Mpn ist wie eben ausgeschlossen.
Dies zeigt die Behauptung.

Satz 9.6. Für jede p-Gruppe P sind folgende Aussagen äquivalent:


(1) P besitzt nur eine Untergruppe der Ordnung p.
(2) Jede abelsche Untergruppe von P ist zyklisch.
(3) P ist zyklisch oder eine Quaternionengruppe.

Beweis. Die Implikation (1)⇒(2) folgt aus Satz 2.9. Gilt (2), so ist P zyklisch, eine Diedergruppe, eine
Quaternionengruppe oder eine Semidiedergruppe nach Satz 9.5. In (Semi)diedergruppen ist die abelsche
n−2
Untergruppe ⟨x2 , y⟩ nicht zyklisch. Dies zeigt (3). Nehmen wir nun (3) an. Ist P zyklisch, so folgt (1)
aus Satz 2.4. Für Quaternionengruppen hatten wir in Satz 8.16 bereits gesehen, dass nur eine Involution
existiert.

Lemma 9.7. Für jede Primzahl p existieren λ, µ ∈ Fp mit λ2 + µ2 = −1.

Beweis. Für p = 2 wähle man λ = 1 und µ = 0. Sei daher p > 2. Aus λ2 = µ2 folgt (λ+µ)(λ−µ) = 0 und
λ = ±µ. Dies zeigt |{λ2 + 1 : λ ∈ Fp }| = |{−µ2 : µ ∈ Fp }| ≥ ⌈p/2⌉ > p/2. Nach dem Schubfachprinzip
ist
{λ2 + 1 : λ ∈ Fp } ∩ {−µ2 : µ ∈ Fp } =
̸ ∅.

Satz 9.8 (Wedderburn). Jeder endliche Schiefkörper ist ein Körper mit zyklischer Einheitengruppe.

Beweis (Kaczynski). Sei K ein endlicher Schiefkörper und p ∈ N die Ordnung von 1 in (K, +).
Angenommen p ist keine Primzahl, etwa p = ab mit a, b > 1. Dann ist
a
X b
X p
X
1· 1= 1 = 0.
i=1 i=1 i=1

Da K ein Schiefkörper ist, erhält man den Widerspruch ai=1 1 = 0 oder bi=1 1 = 0. Daher ist p eine
P P
Primzahl und K ist ein Fp -Vektorraum. Für eine Untergruppe H ≤ G := K × sei

L(H) := spanFp H ⊆ K.

Nach dem Distributivgesetz ist L(H) unter Multiplikation abgeschlossen. Da jedes Element in G endliche
Ordnung hat, ist L(H) auch unter Division abgeschlossen, d. h. L(H) ist selbst ein Schiefkörper. Nehmen
wir an, dass H eine elementarabelsche q-Gruppe vom Rang 2 ist. Dann ist L(H) ein Körper, in dem das
Polynom X q −1 mehr als q Nullstellen besitzt. Dieser Widerspruch zeigt, dass jede abelsche Untergruppe
von G zyklisch ist. Nach Satz 9.6 ist jede Sylowgruppe von G zyklisch oder eine Quaternionengruppe.

66
Nehmen wir an, dass eine 2-Sylowgruppe P von G tatsächlich eine Quaternionengruppe ist. Wegen
|G| = |K| − 1 ist dann p > 2. Seien x, y ∈ P der Ordnung 4 mit xy = yx−1 . Im Körper L(⟨x⟩) ist
x2 ̸= 1 eine Nullstelle von X 2 − 1, also x2 = −1 und xy = −yx. Analog gilt y 2 = −1. Seien λ, µ ∈ Fp
wie in Lemma 9.7. Dann gilt

(λx + y + µ)(λx + y − µ) = (λx + y)2 − µ2 = −λ2 − 1 − µ2 = 0.

Also ist y = −λx ± µ und man hat den Widerspruch xy = yx = −xy. Nun sind alle Sylowgruppen von
G zyklisch. Es genügt zu zeigen, dass G abelsch ist.

Nach Satz 7.24 ist G zumindest auflösbar. Nehmen wir G ̸= Z(G) an. Sei A/Z(G) ein minimaler
Normalteiler von G/Z(G). Dann ist A/Z(G) eine elementarabelsche q-Gruppe. Da die q-Sylowgruppen
von G und G/Z(G) zyklisch sind, gilt |A/Z(G)| = q. Nach Aufgabe 8 ist A abelsch. Seien g ∈ G und
x ∈ A beliebig. Wegen A ⊴ G existiert y ∈ A mit (1 + g)x = y(1 + g) (auch wenn 1 + g = 0). Es folgt

x − y = yg − gx = (y − gxg −1 )g.

Im Fall x − y = y − gxg −1 = 0 ist x = y = gxg −1 , d. h. g ∈ CG (x). Anderenfalls ergibt sich


g = (y − gxg −1 )−1 (x − y) ∈ CG (x), da A abelsch ist. Da g ∈ G und x ∈ A beliebig waren, folgt der
Widerspruch A ≤ Z(G). Also ist K × = G = Z(G) abelsch und zyklisch.

Satz 9.9. Für eine Primzahl p gibt es bis auf Isomorphie genau fünf Gruppen der Ordnung p3 . Diese
sind gegeben durch:

(i) Cp3 .

(ii) Cp2 × Cp .

(iii) Cp3 .

(iv) Mp3 .

(v) Q8 für p = 2.

(vi) p1+2
+ := ⟨x, y | xp = y p = [x, x, y] = [y, x, y] = 1⟩ für p > 2.

Beweis. Sei |P | = p3 . Wir können sicher annehmen, dass P nichtabelsch ist. Nach Satz 8.15 dürfen wir
auch exp(P ) = p voraussetzen. Dann ist p > 2, denn anderenfalls wäre xy = (xy)−1 = y −1 x−1 = yx
für x, y ∈ P . Wegen |P : Φ(P )| = p2 lässt sich P durch zwei Elemente x, y erzeugen. Sicher ist
dann xp = y p = 1 und [x, x, y], [y, x, y] ∈ P [3] = 1. Nach Satz 8.10 gibt es einen Epimorphismus
p1+2
+ → P . Wir müssen nun zeigen, dass |p1+2 + | ≤ p gilt. Sei dafür z := [x, y]. Nach Aufgabe 13 ist
3

z = [x , y] = 1. Wegen xy = [x, y]yx = zyx = yxz lässt sich jedes Element in p1+2
p p
+ in der Form xi y j z k
mit i, j, k ∈ {0, . . . , p − 1} schreiben. Dies zeigt P ∼
= p+ .
1+2

Es verbleibt zu zeigen, dass der letzte Fall tatsächlich auftritt. Dafür betrachten wir die Gruppe
P ≤ GL(3, p) der oberen Dreiecksmatrizen mit Einsen auf der Hauptdiagonale. Dann ist |P | = p3 .
Wegen
         
1 1 . 1 . . 1 1 1 1 1 . 1 . . 1 1 .
 . 1 .   . 1 1 =  . 1 1 ̸=  . 1 1 =  . 1 1  . 1 . 
. . 1 . . 1 . . 1 . . 1 . . 1 . . 1

67
ist P nichtabelsch. Nach der binomischen Formel ist xp − 1 = (x − 1)p = (x − 1)3 (x − 1)p−3 = 0 für alle
x ∈ P , denn
 3   
. ∗ ∗ . ∗ ∗ . . ∗
. . ∗ = . . ∗ . . .  = 0.
. . . . . . . . .
Dies zeigt exp(P ) = p.

Definition 9.10. Eine p-Gruppe P heißt extraspeziell , falls P ′ = Φ(P ) = Z(P ) ∼


= Cp gilt.

Beispiel 9.11. Nach Beispiel 4.21 ist jede nichtabelsche Gruppe der Ordnung p3 extraspeziell.

Lemma 9.12. Sei P extraspeziell und α ∈ Aut(P ) mit α(x)Z(P ) = xZ(P ) für alle x ∈ P . Dann ist
α ∈ Inn(P ).

Beweis. Sei |P/Z(P )| = pn . Dann gibt es ein Erzeugendensystem x1 , . . . , xn ∈ P von P . Es gilt


α(xi ) ∈ xi Z(P ) für i = 1, . . . , n und α ist durch diese Bilder eindeutig bestimmt. Somit gibt es
höchstens pn viele Automorphismen mit der angegebenen Eigenschaft. Andererseits erfüllt jeder innere
Automorphismus die Bedingung. Wegen |Inn(P )| = |P/Z(P )| = pn folgt die Behauptung.

Lemma 9.13. Sei P eine extraspezielle Untergruppe einer Gruppe G mit [G, P ] ≤ Z(P ). Dann ist
G = P CG (P ).

Beweis. Wegen [G, P ] ≤ Z(P ) ≤ P ist P ⊴ G. Für g ∈ G definiert α(x) := gxg −1 (x ∈ P ) einen Auto-
morphismus auf P . Dabei gilt α(x)Z(P ) = gxg −1 x−1 xZ(P ) = [g, x]xZ(P ) = xZ(P ). Nach Lemma 9.12
ist α ein innerer Automorphismus auf P . Daher existiert ein x ∈ P mit gyg −1 = α(y) = xyx−1 für alle
y ∈ P . Es folgt g = xx−1 g ∈ P CG (P ).

Definition 9.14. Eine Gruppe G heißt Zentralprodukt von Untergruppen N1 , . . . , Nk ≤ G, falls:


• G = ⟨N1 , . . . , Nk ⟩.
• [Ni , Nj ] = 1 für i ̸= j.
Wir schreiben G = N1 ∗ . . . ∗ Nk .

Bemerkung 9.15. Wegen [Ni , Nj ] = 1 ist Ni ⊴ G = N1 ∗ . . . ∗ Nk für i = 1, . . . , k. Somit ist die direkte
Summe N1 ⊕ . . . ⊕ Nk auch ein Zentralprodukt. Wie bei der direkten Summe gilt N ∗ M = M ∗ N und
(N1 ∗ N2 ) ∗ N3 = N1 ∗ (N2 ∗ N3 ) (vgl. Bemerkung 2.8).

Beispiel 9.16. Es gilt C2 ∼= C2 ∗ C2 , aber auch C22 ∼


= C2 ∗ C2 . Die Schreibweise N1 ∗ . . . ∗ Nk ist also
in der Regel nicht eindeutig.
Tk
Satz 9.17. Sei G = N1 ∗ . . . ∗ Nk mit k ≥ 2. Dann ist i=1 Ni ≤ Z(G) und

G/Z(G) ∼
= N1 /Z(N1 ) × . . . × Nk /Z(Nk ).

Beweis. Wegen [Ni , Nj ] = 1 ist ki=1 Ni ≤ Z(⟨N1 , . . . , Nk ⟩) = Z(G) und Ni Z(G)/Z(G) ∼


T
= Ni /Ni ∩
/Z(Ni ). Es genügt also, G/Z(G) = N1 Z(G)/Z(G) ⊕ . . . ⊕ Nk Z(G)/Z(G) zu zeigen. Es gilt
Z(G) = NiQ
Ni Z(G) ∩ j̸=i Nj Z(G) = Z(G). Die Behauptung folgt.

68
Bemerkung 9.18. Analog zum direkten Produkt (vs. direkte Summe) konstruieren wir nun ein
„äußeres“ Zentralprodukt.

Satz 9.19. Seien G1 , . . . , Gk Gruppen mit Zi ≤ Z(Gi ) und Z1 ∼


= ... ∼ = Zk mitTk ≥ 2. Dann existiert
ein Zentralprodukt der Form G = N1 ∗ . . . ∗ Nk mit Ni ∼
= Gi (i = 1, . . . , k) und i=1 Ni ∼
k
= Z1 .

Beweis. Wir wählen Isomorphismen φi : Z1 → Zi für i = 2, . . . , k. Dann ist

Z := ⟨z −1 φi (z) : z ∈ Z1 , i = 2, . . . , k⟩ ≤ Z1 × . . . × Zk ≤ Z(G1 × . . . × Gk ).

Sei G := (G1 × . . . × Gk )/Z. Dann wird G von den Normalteilern

Ni := Gi Z/Z ∼
= Gi /Gi ∩ Z ∼
= Gi

erzeugt. Dabei gilt [Ni , Nj ] = [Gi Z/Z, Gj Z/Z] = [Gi , Gj ]Z/Z = 1 für i = ̸ j. Also ist G = N1 ∗ . . . ∗ Nk .
Für z1 ∈ Z1 und i ∈ {1, . . . , k} ist z1 Z = z1 z1−1 φi (z1 )Z = φi (z1 )Z. Dies zeigt

k
Z1 ∼
\
= Z1 Z/Z = Zi Z/Z ≤ Ni .
i=1

Sei nun g1 Z = . . . = gk Z ∈ ki=1 Ni mit gi ∈ Gi . Dann ist g1−1 gi ∈ Z ≤ Z1 × . . . × Zk und es folgt


T

gi ∈ Zi für i = 1, . . . , k. Also ist ki=1 Ni = Z1 Z/Z ∼


= Z1 .
T

Satz 9.20. Jede extraspezielle p-Gruppe P hat die Form P = E1 ∗ . . . ∗TEk mit Ei ∈ {D8 , Q8 } (falls
k
p = 2) bzw. Ei ∈ {Mp3 , p1+2 + } (falls p > 2) für i = 1, . . . , k. Dabei ist i=1 Ei = Z(P ), falls k ≥ 2.
Insbesondere gilt |P | = p 2k+1 .

Beweis. Sei P extraspeziell der Ordnung pn . Wir argumentieren durch Induktion nach n. Seien x1 , y1 ∈ P
mit [x1 , y1 ] ̸= 1. Dann ist P ′ = ⟨[x1 , y1 ]⟩ ≤ ⟨x1 , y1 ⟩ =: E1 ⊴P . Nach Lemma 4.14 ist Φ(E1 ) ≤ Φ(P ) = P ′ .
Aus Burnsides Basissatz folgt daher |E1 | = p3 und E1 ∈ {D8 , Q8 } (bzw. E1 ∈ {Mp3 , p1+2 + }). Im Fall
P = E1 sind wir fertig. Sei also E1 < P .
Nach Lemma 9.13 ist P = E1 Q mit Q := CP (E1 ). Es gilt Z(Q) ≤ CP (E1 Q) = Z(P ) = Z(E1 ).
Insbesondere ist Q nichtabelsch und daher 1 ̸= Φ(Q) ≤ Q′ ≤ P ′ und Φ(Q) = Q′ = Z(Q) = P ′ ∼ = Cp .
Dies zeigt,
T dass Q extraspeziell ist. Nach Induktion hat Q = T E2 ∗ . . . ∗ Ek die gewünschte Form mit
Z(Q) ≤ ki=2 Ei . Also ist auch P = E1 ∗ Q = E1 ∗ . . . ∗ Ek mit ki=1 Ei = E1 ∩ Q = Z(E1 ) = Z(P ). Aus
Satz 9.17 folgt
|P | = |Z(P )||E1 /Z(E1 )| . . . |Ek /Z(Ek )| = p2k+1 .

Bemerkung 9.21. Wir beschäftigen uns nun mit der Eindeutigkeit in Satz 9.20.

Lemma 9.22. Sei P nichtabelsch der Ordnung p3 und a, b ∈ P ′ \ {1}. Dann existiert ein α ∈ Aut(P )
mit α(a) = b.

Beweis. Im Fall p = 2 ist a = b und α = 1 erfüllt die Behauptung. Sei daher p > 2. Sei zunächst
P = ⟨x, y⟩ ∼ = Mp3 . Dann ist P ′ = ⟨xp ⟩ und es existieren i, j ∈ Z \ pZ mit a = xip und b = xjp . Es
2
gilt (xi )p = 1 = y p und y(xi )y −1 = xi(1+p) = (xi )1+p . Also erfüllen die Erzeuger xi und y von P die
gleichen Relationen wie x und y. Analog erfüllen auch xj und y diese Relationen. Nach Satz 8.10 gibt
es ein α ∈ Aut(P ) mit α(xi ) = xj . Es folgt α(a) = α(xi )p = xjp = b.

69
Sei nun P = ⟨x, y⟩ ∼ + . Dann ist a = [x, y] und b = [x, y] für i, j ∈ Z \ pZ. Wie eben existiert ein
= p1+2 i j

α ∈ Aut(P ) mit α(x ) = x und α(y) = y. Nach Aufgabe 13 gilt


i j

α(a) = α([x, y]i ) = α([xi , y]) = [xj , y] = [x, y]j = b.

Satz 9.23. Für k ≥ 1 gibt es bis auf Isomorphie genau zwei extraspezielle Gruppen der Ordnung p2k+1 :

(i) p1+2k
− := Mp3 ∗ . . . ∗ Mp3 und p1+2k
+ := p1+2 1+2
+ ∗ . . . ∗ p+ , falls p > 2.

(ii) 21+2k
− := Q8 ∗ D8 ∗ . . . ∗ D8 und 21+2k
+ := D8 ∗ D8 ∗ . . . ∗ D8 , falls p = 2.

Beweis. Sei P = E1 ∗ . . . ∗ Ek extraspeziell wie in Satz 9.20. Wir zeigen zunächst, dass der Isomorphietyp
von P durch ∼
Tkdie Ei eindeutig Tk bestimmt ist. Sei also Q = F1 ∗ . . . ∗ Fk mit Ei = Fi für i = 1, . . . , k. Sei
außerdem i=1 Ei ̸= 1 ̸= i=1 Fi und damit |P | = |Q| nach Satz 9.17. Wir wählen Isomorphismen
φi : Ei → Fi . Nach Lemma 9.22 können wir φi (z) = φ1 (z) für i = 2, . . . , k und z ∈ Z(Ei ) = Z(P )
annehmen. Jedes Element in P hat die Form x1 . . . xk mit xi ∈ Ei für i = 1, . . . , k. Im Fall x1 . . . xk = 1
gilt xi = (x1 . . . xi−1 xi+1 . . . xk )−1 ∈ Z(Ei ). Also ist

x1 . . . xk = y1 . . . yk ⇐⇒ x1 y1−1 . . . xk yk−1 = 1 ⇐⇒ φ1 (x1 y1−1 . . . xk yk−1 ) = 1


⇐⇒ φ1 (x1 y1−1 ) . . . φk (xk yk−1 ) = 1 ⇐⇒ φ1 (x1 ) . . . φk (xk ) = φ1 (y1 ) . . . φk (yk ).

Somit ist die Abbildung Ψ : P → Q, x1 . . . xk 7→ φ1 (x1 ) . . . φk (xk ) wohldefiniert und injektiv. Wegen
|P | = |Q| ist Ψ auch bijektiv. Offenbar ist Ψ auch ein Isomorphismus.

Wir zeigen nun P := Mp3 ∗ Mp3 ∼ = Mp3 ∗ p1+2


+ für p > 2. Sei P = ⟨x, y, a, b⟩ mit ⟨x, y⟩ ∼
= ⟨a, b⟩ ∼
= Mp 3
und [y, x] = x = a = [b, a]. Wir definieren P1
p p := ∼
⟨x, yb⟩ = Mp3 und P2 := ⟨xa , b⟩. Wegen
−1

(xa−1 )p = xp a−p = 1, [xa−1 , b]p = [a−1 , b]p = 1 und [xa−1 , xa−1 , b] = 1 = [b, xa−1 , b] ist P2 ∼ + .
= p1+2
Schließlich ist [x, xa ] = 1 = [x, b] und
−1

[yb, xa−1 ] = ybxa−1 b−1 y −1 ax−1 = [b, a−1 ][y, x] = a−p xp = 1

und [xb, b] = 1. Also ist P = P1 ∗ P2 ∼ + . Im Fall p > 2 kann es somit höchstens zwei
= Mp3 ∗ p1+2
extraspezielle Gruppen der Ordnung p2k+1 geben. Wegen exp(p1+2k
+ + ) = p und exp(p−
) = exp(p1+2 1+2k
)=
exp(Mp3 ) = p gibt es genau zwei Isomorphieklassen.
2

Im Folgenden können wir p = 2 annehmen. Sei P := D8 ∗ D8 = ⟨x, y⟩ ∗ ⟨a, b⟩ mit x2 = a2 ̸= 1.


Dann ist P1 := ⟨x, ya⟩ ∼= Q8 und P2 := ⟨a, bx⟩ ∼ = Q8 . Wegen [ya, bx] = [y, x][a, b] = x2 a2 = 1 ist
∼ ∼
P = P1 ∗ P2 = Q8 ∗ Q8 . Es gibt also auch hier höchstens zwei extraspezielle Gruppen der Ordnung
22k+1 . Der Nachweis 21+2k
− ̸∼
= 21+2k
+ gestaltet sich schwieriger, da beide Gruppen Exponent 4 haben. Sei

f2 (k) := |{x ∈ 21+2k


+ : x2 = 1}|,
f4 (k) := |{x ∈ 21+2k
+ : |⟨x⟩| = 4}| = 22k+1 − f2 (k).

Wir zeigen f4 (k) = 22k − 2k durch Induktion nach k ∈ N. Für k = 1 ist 21+2
+ = D8 und f4 (1) = 2. Für
1+2(k+1)
k ≥ 1 ist 2+ = 2 + ∗ D8 ∼
1+2k
= (2+ × D8 )/Z, wobei Z := ⟨(z, z)⟩ ≤ Z(21+2k
1+2k
+ ) × Z(D8 ) (siehe
Beweis von Satz 9.19). Sei (x, y) ∈ 2+ × D8 der Ordnung 4. Dann hat x oder y Ordnung 4. Haben x
1+2k

und y Ordnung 4, so ist x4 = y 4 = z und die Nebenklasse (x, y)Z hat Ordnung 2. Daher gilt

f4 (k)f2 (1) + f2 (k)f4 (1)


f4 (k + 1) = = 3f4 (k) + f2 (k) = 3(22k − 2k ) + 22k + 2k = 22(k+1) − 2k+1 .
2

70
Sei nun g2 (k) := |{x ∈ 21+2k
− : x2 = 1}| und g4 (k) = 22k+1 − g2 (k). Dann ist g2 (1) = 2 = f4 (1) und
1+2(k+1)
g4 (1) = 6 = f2 (1). Wegen 2+ = 21+2k
+ ∗ Q8 folgt

f4 (k)g2 (1) + f2 (k)g4 (1)


g4 (k + 1) = = f4 (k) + 3f2 (k) = 22(k+1) + 2k+1 = f2 (k + 1)
2
für k ≥ 0. Insbesondere ist f4 (k) ̸= g4 (k).

Definition 9.24. Eine Untergruppe H ≤ G heißt subnormal , falls eine Folge H = H0 ⊴H1 ⊴. . .⊴Hk = G
existiert. Wir schreiben H ⊴⊴G. Subnormalität ist also der transitive Abschluss der Normalteilerrelation.

Beispiel 9.25. Jede Untergruppe einer nilpotenten Gruppe ist subnormal nach Satz 4.10.

Bemerkung 9.26. Für H ⊴⊴ G muss die Folge H ⊴ NG (H) ⊴ NG (NG (H)) ⊴ . . . nicht unbedingt
bei G enden. Zum Beispiel ist ⟨(1, 2)(3, 4)⟩ ⊴ ⟨(1, 3, 2, 4), (1, 2)⟩ =: P ∈ Syl2 (S4 ), aber P = NS4 (P ).
Andererseits ist ⟨(1, 2)(3, 4)⟩ ⊴ V4 ⊴ S4 .

Lemma 9.27. Sei H ⊴⊴ G und M ein minimaler Normalteiler von G. Dann gilt M ≤ NG (H).

Beweis. O. B. d. A. sei H < G und H ⊴⊴ N ◁ G. Die Minimalität von M zeigt N ∩ M ∈ {1, M }. Im


Fall N ∩ M = 1 gilt M ≤ CG (N ) ≤ CG (H) ≤ NG (H). Sei also M ≤ N . Sei K ≤ M ein minimaler
Normalteiler von N . Durch Induktion nach |G| können wir K ≤ NN (H) annehmen. Für g ∈ G ist auch
gKg −1 ein minimaler Normalteiler von N . Dies zeigt

M = K G = ⟨gKg −1 : g ∈ G⟩ ≤ NN (H) ≤ NG (H).

Satz 9.28 (Wielandt). Für H, K ⊴⊴ G gilt ⟨H, K⟩ ⊴⊴ G.

Beweis. Sei M ein minimaler Normalteiler von G und G := G/M . Offenbar ist H, K ⊴⊴ G. Durch
Induktion nach |G| können wir ⟨H, K⟩ ⊴⊴ G annehmen. Dies zeigt ⟨H, K⟩M ⊴⊴ G. Nach Lemma 9.27
gilt ⟨H, K⟩ ⊴ ⟨H, K⟩M und die Behauptung folgt.

Lemma 9.29. Sei H ≤ G nicht subnormal in G. Für alle H ≤ K < G gelte H ⊴⊴ K. Dann ist H in
genau einer maximalen Untergruppe von G enthalten.

Beweis. Induktion nach |G : H|. Nach Voraussetzung existiert eine maximale Untergruppe M < G mit
NG (H) ≤ M . Sei auch K < G maximal mit H ≤ K. Nach Voraussetzung ist H ⊴⊴ K. Gilt sogar H ⊴ K,
so ist K ≤ NG (H) ≤ M und K = M wie gewünscht. Sei also H ⋬ K. Sei H = H0 ⊴ . . . ⊴ Hs = K
mit s ≥ 2 minimal. Dann existiert g ∈ H2 mit gHg −1 ̸= H. Es gilt nun H̃ := ⟨H, gHg −1 ⟩ ≤ K und
gHg −1 ≤ gH1 g −1 = H1 ≤ NG (H). Dies zeigt H̃ ≤ NG (H) ≤ M und H ⊴ H̃ < G.
Sei H̃ ≤ L < G. Dann ist H ⊴⊴ L und aus Symmetriegründen auch gHg −1 ⊴⊴ L. Aus Satz 9.28 folgt
H̃ ⊴⊴ L. Da H nicht subnormal in G ist, kann auch H̃ nicht subnormal in G sein. Somit erfüllt auch
H̃ die Voraussetzung. Nach Induktion ist M die einzige maximale Untergruppe, die H̃ enthält. Wegen
H̃ ≤ K muss M = K gelten.

Satz 9.30 (Baer-Suzuki). Für H ≤ G gilt H ≤ F(G) genau dann, wenn ⟨H, gHg −1 ⟩ für alle g ∈ G
nilpotent ist.

71
Beweis. Ist H ≤ F(G) ⊴ G, so ist ⟨H, gHg −1 ⟩ ≤ F(G) nilpotent. Nehmen wir umgekehrt an, dass
⟨H, gHg −1 ⟩ für alle g ∈ G nilpotent ist. Dann ist H nilpotent und es genügt H ⊴⊴ G zu zeigen
(Aufgabe 66). Neben wir das Gegenteil an. Sei H ≤ K < G. Durch Induktion nach |G| ist H ⊴⊴K. Nach
Lemma 9.29 liegt H in genau einer maximalen Untergruppe M < G. Für g ∈ G ist H ≤ ⟨H, gHg −1 ⟩ < G
(anderenfalls wäre F(G) = G) und daher ⟨H, gHg −1 ⟩ ≤ M . Es folgt H G ≤ M und H ⊴⊴ H G ⊴ G.
Widerspruch.

Folgerung 9.31. Sei x ∈ G ein p-Element und ⟨x, gxg −1 ⟩ für alle g ∈ G eine p-Gruppe. Dann ist
x ∈ Op (G).

Beweis. Für H := ⟨x⟩ gilt ⟨H, gHg −1 ⟩ = ⟨x, gxg −1 ⟩. Baer-Suzuki zeigt daher H ≤ F(G). Als p-Gruppe
liegt H in der einzigen p-Sylowgruppe Op (G) von F(G) (Satz 4.11).

Folgerung 9.32. Sei x ∈ G \ O2 (G) eine Involution. Dann existiert ein Element y ∈ G \ {1} mit
ungerader Ordnung und xyx−1 = y −1 .

Beweis. Nach Folgerung 9.31 existiert g ∈ G, sodass D := ⟨x, gxg −1 ⟩ keine 2-Gruppe ist. Da auch
gxg −1 eine Involution ist, ist D eine Diedergruppe nach Aufgabe 27. Insbesondere ist die Ordnung von
y := xgxg −1 keine 2-Potenz. Zudem gilt xyx−1 = gxg −1 x−1 = y −1 . Indem wir y durch eine Potenz
ersetzen, können wir erreichen, dass |⟨y⟩| > 1 ungerade ist.

Bemerkung 9.33. Für Induktionsbeweise benutzen wir oft minimale Normalteiler N aufgrund ihrer
einfachen Struktur (Satz 2.26). Allerdings hat man keinerlei Kontrolle über G/N . Für auflösbare Gruppen
ist F (G) ein guter Ersatz für N nach Bemerkung 3.20. Wir konstruieren nun eine Verallgemeinerung
der Fittinggruppe für nicht-auflösbare Gruppen mit ähnlich guten Eigenschaften.

Definition 9.34.

(i) G ̸= 1 heißt quasieinfach, falls G′ = G (perfekt) und G/Z(G) einfach ist.

(ii) Eine Komponente von G ist eine subnormale quasieinfache Untergruppe von G.

Beispiel 9.35. Jede nichtabelsche einfache Gruppe ist quasieinfach.

Lemma 9.36. Sei K eine Komponente von G. Dann gilt:

(i) Ist K ≤ H ≤ G, so ist K eine Komponente von H.

(ii) Ist N ◁ K, so ist N ≤ Z(K).

(iii) Ist K ⊈ N ⊴ G, so ist KN/N eine Komponente von G/N .

Beweis.

(i) Nach Definition existiert eine Folge K = K0 ⊴. . .⊴Kn = G. Dann ist K = K0 ∩H ⊴. . .⊴Kn ∩H =
H. Dies zeigt (i).

(ii) Es gilt N Z(K)/Z(K) ⊴ K/Z(K). Da K/Z(K) einfach ist, gilt N ≤ Z(K) oder K = N Z(K). Im
zweiten Fall wäre K = K ′ = (N Z(K))′ = N ′ ≤ N .

72
(iii) Hier ist N ∩K ◁K und N ∩K ≤ Z(K) nach (ii). Dies zeigt (K/K ∩N )/(Z(K)/K ∩N ) ∼
= K/Z(K).
Wegen
Z(K)/K ∩ N ≤ Z(K/K ∩ N ) ⊴ K/K ∩ N
folgt Z(K/K∩N ) = Z(K)/K∩N , da K/Z(K) einfach ist. Insbesondere ist (K/K∩N )/Z(K/K∩N )
einfach. Außerdem ist (KN/N )′ = K ′ N/N = KN/N . Somit ist KN/N ∼ = K/K ∩ N quasieinfach.
Schließlich ist KN/N = K0 N/N ⊴ . . . ⊴ Kn N/N = G/N .

Lemma 9.37. Sei K eine Komponente von G und H ⊴⊴ G. Dann ist K ≤ H oder [K, H] = 1.

Beweis. Wir können H < G annehmen. Sei also H ≤ N ◁ G. Im Fall G = K erhält man H ≤ N ≤ Z(G)
aus Lemma 9.36. Dann gilt [K, H] = 1. Wir können daher K < G annehmen. Sei K ≤ M ◁ G. Dann
ist H1 := [H, K] ≤ [N, M ] ≤ N ∩ M und K ≤ NM (H1 ) =: G1 ≤ M < G nach Lemma 3.3. Nach
Lemma 9.36 ist K eine Komponente von G1 und H1 ⊴ G1 . Durch Induktion nach |G| können wir
[K, H1 ] = 1 oder K ≤ H1 annehmen. Im ersten Fall ist 1 = [K, H, K] = [K, K, H]. Aus Lemma 3.6
folgt [H, K] = [H, K ′ ] = [H, K, K] = 1. Sei also K ≤ H1 ≤ N . Dann ist K eine Komponente von N
und H ⊴⊴ N . Per Induktion gilt die Behauptung für N und wir sind fertig.

Satz 9.38. Seien K1 , . . . , Kn die Komponenten von G. Dann ist

E(G) := ⟨K1 , . . . , Kn ⟩ = K1 ∗ . . . ∗ Kn

und [E(G), F(G)] = 1.

Beweis. Für i ̸= j gilt [Ki , Kj ] = 1, denn anderenfalls wäre Ki ≤ Kj ≤ Ki nach Lemma 9.37. Dies
zeigt E(G) = K1 ∗ . . . ∗ Kn . Da F(G) nilpotent ist, kann F(G) keine Komponente von G enthalten.
Lemma 9.37 liefert also [F(G), Ki ] = 1 und [F(G), E(G)] = 1.

Definition 9.39. Man nennt

F∗ (G) := F(G)E(G) = F(G) ∗ E(G) ⊴ G

die verallgemeinerte Fittinggruppe von G.

Beispiel 9.40. Für n ≥ 5 ist F∗ (Sn ) = E(Sn ) = An , denn An ist eine Komponente von Sn .

Bemerkung 9.41. Der nächste Satz verallgemeinert Satz 3.19.

Satz 9.42. Es gilt CG (F∗ (G)) ≤ F∗ (G).

Beweis. Sei G ̸= 1. Wir zeigen zunächst F∗ (G) ̸= 1. Sei dafür N ein minimaler Normalteiler von G.
Ist N abelsch, so gilt 1 ̸= N ≤ F(G) ≤ F∗ (G). Anderenfalls ist N = T1 ⊕ . . . ⊕ Tn mit nichtabelschen
einfachen Gruppen T1 , . . . , Tn nach Satz 2.26. Wegen Ti ⊴ N ⊴ G sind die Ti Komponenten und es folgt
1 ̸= N ≤ E(G) ≤ F∗ (G).
Sei nun C := CG (F∗ (G)) ⊴ G. Es genügt zu zeigen, dass C abelsch ist, denn dann hat man C ≤ F(G) ≤
F∗ (G). Nach dem eben Gezeigtem reicht es also F∗ (C/Z(C)) = 1 zu beweisen. Sei F(C/Z(C)) = N/Z(C).
Wegen Z(C) ≤ Z(N ) ist dann N ⊴ C nilpotent und daher N ≤ F(C). Nun ist F(C) charakteristisch in
C ⊴ G und daher F(C) ⊴ G. Dies zeigt N ≤ F(G) ∩ C ≤ Z(C). Also ist F(C/Z(C)) = 1.

73
Sei schließlich K/Z(C) eine Komponente von C/Z(C). Dann ist

K/Z(C) = (K/Z(C))′′ = K ′′ Z(C)/Z(C)

und K = K ′′ Z(C). Insbesondere ist K/K ′′ ∼ = Z(C)/Z(C) ∩ K ′′ abelsch und K ′ = K ′′ . Aus K ⊴⊴ C


folgt K ′ ⊴⊴ C. Um zu zeigen, dass K ′ /Z(K ′ ) einfach ist, nehmen wir Z(K ′ ) < N ⊴ K ′ an. Dann
ist N Z(C)/Z(C) ⊴⊴ C/Z(C) und Lemma 9.37 zeigt K ≤ N Z(C) oder [K, N ] ≤ Z(C). Im ersten
Fall ist K ′ ≤ (N Z(C))′ ≤ N ′ ≤ N ≤ K ′ . Im zweiten Fall ist [K, K, N ] = [K, N, K] = 1 und
Lemma 3.6 liefert den Widerspruch [N, K ′ ] = [N, K, K] = 1. Also ist K ′ /Z(K ′ ) einfach und K ′ ist eine
Komponente von C ⊴ G. Dann ist K ′ auch eine Komponente von G und wir erhalten den Widerspruch
K ′ ≤ F∗ (G) ∩ C ≤ Z(C). Somit besitzt C/Z(C) keine Komponenten und F∗ (C/Z(C)) = 1.

Beispiel 9.43. Sei F∗ (G) = E(G) = K quasieinfach. Nach Satz 9.42 ist

Aufgabe 67
G/K ∼
= (G/CG (K))/(K/Z(K)) ≤ Out(K) ≤ Out(K/Z(K)).

Eine Vermutung von Schreier (die bislang nur mit der Klassifikation der einfachen Gruppen bewiesen
werden konnte) besagt, dass Out(S) für jede einfache Gruppe S auflösbar ist. Daher ist K/Z(K) der
einzige nichtabelsche Kompositionsfaktor von G. Ein Satz von Hölder besagt
(
C22 falls n = 6,
Out(An ) =
C2 falls n ∈ {5, 7, 8, . . .}.

10 Die Einfachheit von PSL(n, q)

Bemerkung 10.1.

(i) Im Folgenden sei n ∈ N und q ̸= 1 eine Primzahlpotenz. Sei Fq der Körper mit q Elementen
(Algebra) und GL(n, q) := GL(n, Fq ) sowie SL(n, q) := SL(n, Fq ).

(ii) Für i, j ∈ {1, . . . , n} sei eij = (δir δjs )nr,s=1 ∈ Fn×n


q . Dann gilt eij ekl = δjk eil .

Lemma 10.2. Es gilt Z(GL(n, q)) = F×


q 1n und Z(SL(n, q)) = Z(GL(n, q)) ∩ SL(n, q).

Beweis. Offenbar ist F× q 1n ⊆ Z(GL(n, q)). Für beide Aussagen genügt es also, CGL(n,q) (SL(n, q)) ⊆ Fq 1n
×

zu zeigen. Sei A = (aij ) ∈ CGL(n,q) (SL(n, q)) und i, j ∈ {1, . . . , n} mit i ̸= j. Dann ist 1n + eij ∈ SL(n, q)
und A(1n + eij ) = (1n + eij )A. Es folgt
 
0 ··· ··· ··· 0
 .. .. 
 
0 ··· 0 a1i 0 · · · 0
 .. .. .. .. ..   . . 
. . . . .
 
 0 ··· ··· ··· 0 
 .. .. . ..  = Ae = e A = 
 
. aii ..

. . ij ij
aj1
 ··· ajj ··· ajn .
 .. .. .. .. ..   0 ··· ··· ··· 0 
 
. . . . .  ..

.. 

0 ··· 0 ani 0 · · · 0  . . 
0 ··· ··· ··· 0

Dies zeigt aij = 0 für i ̸= j und aii = ajj .

74
Definition 10.3. Man nennt

PGL(n, q) := GL(n, q)/Z(GL(n, q)),


PSL(n, q) := SL(n, q)/Z(SL(n, q)).

die projektive (spezielle) lineare Gruppe vom Grad n über Fq .

Satz 10.4.

|GL(n, q)|
|PGL(n, q)| = = (q n − 1)(q n − q) . . . (q n − q n−2 )q n−1 ,
q−1
|SL(n, q)| (q n − 1)(q n − q) . . . (q n − q n−2 )q n−1
|PSL(n, q)| = = .
ggT(n, q − 1) ggT(n, q − 1)

Beweis. Sei A ∈ GL(n, q). Dann ist die erste Zeile von A nicht der Nullvektor. Es gibt daher q n − 1
Möglichkeiten für die erste Zeile. Die zweite Zeile darf nicht linear abhängig zur ersten Zeile sein. Dies
gibt q n − q Möglichkeiten für die zweite Zeile. Die dritte Zeile liegt nicht im Span der ersten beiden
Zeilen. Es gibt also q n − q 2 Möglichkeiten für die dritte Zeile usw. Umgekehrt liefert jede solche Wahl
eine Matrix mit linear unabhängigen Zeilen, also eine invertierbare Matrix. Dies zeigt

|GL(n, q)| = (q n − 1) . . . (q n − q n−1 ) = (q n − 1) . . . (q n − q n−2 )(q − 1)q n−1

und die erste Behauptung folgt aus Lemma 10.2.

Für die zweite Behauptung beobachten wir, dass der Homomorphismus det : GL(n, q) → F×
q surjektiv
ist. Daher ist |SL(n, q)| = |GL(n,q)|
q−1 = |PGL(n, q)|. Sei nun λ1n ∈ F×
q 1n ∩ SL(n, q) = Z(SL(n, q)). Dann
ist 1 = det(λ1n ) = λ und |⟨λ⟩| ggT(n, q − 1). Da Fq zyklisch ist (Algebra oder Satz 9.8), gibt es
n ×

genau eine Untergruppe L ≤ F× q mit |L| = ggT(n, q − 1) (Satz 2.4). Es gilt dann λ ∈ L. Umgekehrt
erfüllt jedes Element γ ∈ L die Bedingung γ n = 1. Also ist |Z(SL(n, q))| = |L| = ggT(n, q − 1).

Beispiel 10.5.

(i) Offenbar ist PGL(1, q) = 1 = SL(1, q).

(ii) Ist q eine 2-Potenz, so ist PSL(2, q) ∼


= SL(2, q). Für q = 2 gilt auch GL(n, 2) = SL(n, 2) ∼
=
∼ ∼ ∼ ∼
PSL(n, 2) = PGL(n, 2). Insbesondere ist PSL(2, 2) = SL(2, 2) = GL(2, 2) = S3 .

Lemma 10.6 (Iwasawa). Sei G ≤ Sym(Ω) primitiv und perfekt. Existiert ein auflösbarer Normalteiler
A ⊴ Gω (ω ∈ Ω) mit ⟨gAg −1 : g ∈ G⟩ = G, so ist G einfach.

Beweis. Sei 1 ̸= N ⊴ G. Nach Satz 6.20 und Satz 1.24 ist G = Gω N ≤ NG (N A), d. h. N A ⊴ G. Nach
Voraussetzung ist G = ⟨gAg −1 : g ∈ G⟩ ≤ N A und G/N ∼ = A/A ∩ N ist auflösbar. Im Fall N < G
erhält man den Widerspruch G/N = G′ /N = (G/N )′ < G/N . Also ist N = G und G ist einfach.

Lemma 10.7. Für n ≥ 2 operiert PSL(n, q) treu und primitiv auf der Menge Ω der 1-dimensionalen
Untervektorräume von Fnq .

75
Beweis. Offenbar operiert SL(n, q) auf Ω. Sei A ∈ SL(n, q) im Kern dieser Operation. Für den i-ten
Einheitsvektor ei = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0) existiert dann ein λi ∈ Fq mit Aei = λi ei . Also ist A eine
Diagonalmatrix mit Diagonale (λ1 , . . . , λn ). Wegen λ1 e1 + λi ei = A(e1 + ei ) ∈ Fq (e1 + ei ) für i > 1
gilt sogar λ1 = . . . = λn . Umgekehrt operiert jede Matrix in Z(SL(n, q)) trivial auf Ω. Wir haben also
gezeigt, dass PSL(n, q) treu auf Ω operiert.
Für die Primitivität genügt es nach Satz 6.35 zu zeigen, dass PSL(n, q) 2-transitiv auf Ω operiert.
Seien also ⟨v1 ⟩ = ̸ ⟨v2 ⟩ und ⟨w1 ⟩ =
̸ ⟨w2 ⟩ in Ω. Man kann v1 , v2 (bzw. w1 , w2 ) zu einer Basis v1 , . . . , vn
(bzw. w1 , . . . , wn ) von Fnq fortsetzen. Dann existiert A ∈ GL(n, q) mit Avi = wi für i = 1, . . . , n. Sei
λ := det(A) und B ∈ GL(n, q) mit Bv1 = λ−1 w1 und Bvi = wi für i = 2, . . . , n. Dann ist B ∈ SL(n, q)
und das entsprechende Element B ∈ PSL(n, q) bildet (⟨v1 ⟩, ⟨v2 ⟩) auf (⟨w1 ⟩, ⟨w2 ⟩) ab.

Lemma 10.8. SL(n, q) = ⟨1n + λeij : λ ∈ Fq , i ̸= j⟩.

Beweis. Im Fall n = 1 ist SL(n, q) = 1 und die Behauptung ist klar. Sei also n ≥ 2. Es ist klar, dass die
Matrizen 1n +λeij Determinante 1 haben. Sei umgekehrt A ∈ SL(n, q) beliebig. Durch die Multiplikation
A(1n + λeij ) wird das λ-fache der i-ten Spalte von A zur j-ten Spalte addiert. Analog bewirkt die
Multiplikation (1n + λeij )A die Addition des λ-fachen der j-ten Zeile zur i-ten Zeile. Dies sind die
elementaren Operation im Gauß-Algorithmus. Wegen det(A) = 1 existiert ein i ∈ {1, . . . , n} mit a1i ̸= 0.
Nach einer Spaltenoperation dürfen wir i > 1 annehmen. Ersetzt man A durch A(1n + (1 − a11 )a−1 1i ei1 ),
so ist a11 = 1. Nach weiteren Spaltenoperationen dürfen wir a1j = 0 für j > 1 annehmen. Analog
erhält man durch Zeilenoperationen aj1 = 0 für j > 1. Im Fall n = 2 ist dann bereits A = 12 wegen
det(A) = 1. Sei also n ≥ 3 und A′ := (aij )ni,j=2 . Dann gilt A′ ∈ SL(n − 1, q). Durch Induktion nach
n kann man also A′ mittels Zeilen- und Spaltenoperationen in die Einheitsmatrix umwandeln. Diese
Operationen funktionieren auch für A und verändern die erste Zeile und Spalte nicht. Insgesamt hat
man also Matrizen P, Q ∈ ⟨1n + λeij : λ ∈ Fq , i ̸= j⟩ mit P AQ = 1n . Die Behauptung folgt.

Lemma 10.9. Für n ≥ 2 und (n, q) ∈


/ {(2, 2), (2, 3)} ist SL(n, q) perfekt.

Beweis. Nach Lemma 10.8 genügt es zu zeigen, dass die Matrizen 1n + λeij Kommutatoren sind. Es
gilt (1n + λeij )(1n − λeij ) = 1n + λeij − λeij − λ2 e2ij = 1n und (1n + λeij )−1 = 1n − λeij . Sei zunächst
n ≥ 3, λ ∈ Fq und i, j, k ∈ {1, . . . , n} paarweise verschieden. Dann ist

[1n + λeik , 1n + ekj ] = (1n + λeik )(1n + ekj )(1n − λeik )(1n − ekj )
= 1n + λ(eik − eik ) + ekj − ekj + λ(eik ekj + eik ekj − eik ekj ) = 1n + λeij .

Sei nun n = 2 und q > 3. Sei α, β ∈ F×


q und
 
α 0
A := ∈ SL(2, q) B := 12 + βe12 ∈ SL(2, q).
0 α−1

Dann ist
  −1   −1
−α−1 β
     
α 0 1 β α 0 1 −β α αβ α
[A, B] = =
0 α−1 0 1 0 α 0 1 0 α−1 0 α
1 β(α2 − 1)
 
= = 12 + β(α2 − 1)e12 .
0 1

Wegen q > 3 können wir α so wählen, dass α2 ̸= 1 gilt. Mit β := λ(α2 − 1)−1 ist dann [A, B] = 12 + λe12
und [(B −1 )t , (A−1 )t ] = [A, B]t = 12 + λe21 . Dies zeigt die Behauptung.

76
Beispiel 10.10. Wegen |SL(2, 2)| = 6 und |SL(2, 3)| = 24 sind SL(2, 2) und SL(2, 3) nicht perfekt.

Satz 10.11 (Jordan-Moore-Dickson). Für n ≥ 2 und (n, q) ∈


/ {(2, 2), (2, 3)} ist PSL(n, q) einfach.

Beweis. Wir benutzen Iwasawas Lemma. Sei G := SL(n, q), Z := Z(G) und H := HZ/Z für H ≤ G.

Nach Lemma 10.7 ist G eine primitive Permutationsgruppe. Nach Lemma 10.9 ist G = G′ = G, d. h. G
ist perfekt. Sei ei := (δij )nj=1 ∈ Fnq und sei H ≤ G der Stabilisator von U := ⟨e1 ⟩. Sei
 

 1 ∗ ··· ∗ 
0 n
1 0 0
 
 n o
X
A :=  .  = 1n + λi e1i : λi ∈ Fq ⊆ H.
 



0 0 .. 0
 i=2
0 0 0 1
 

Wegen
 n
X  n
X  n
X
1n + λi e1i 1n + µi e1i = 1n + (λi + µi )e1i ∈ A
i=2 i=2 i=2

ist A eine abelsche Untergruppe von H. Für h ∈ H und v, w ∈ Fnq mit v + U = w + U gilt h(v − w) ∈
hU = U und daher hv + U = hw + U . Also operiert H auf Fnq /U . Sei h = (hij ) ∈ H im Kern dieser
Operation. Dann gilt hei ∈ ei + U für i = 2, . . . , n. Dies zeigt hij = δij für i ≥ 2. Wegen det h = 1 gilt
auch h11 = 1 und somit h ∈ A. Umgekehrt operiert jedes Element aus A trivial auf Fnq /U . Also ist A
der Kern und daher A ⊴ H. Sicher ist dann auch A ein abelscher Normalteiler von S H. Es −1
verbleibt zu
zeigen, dass G = ⟨gAg : g ∈ G⟩ gilt. Nach Lemma 10.8 genügt es, 1n + λeij ∈ g∈G gAg zu zeigen
−1

(λ ∈ Fq , i ̸= j). Nach Definition gilt bereits 1n + λe1j ∈ A. Für j ̸= i ≥ 2 sei gi ∈ G mit

falls k = 1,

ei

gi ek := −e1 falls k = i,
sonst.

ek

Dann gilt (gi e1j gi−1 )ej = ei und (gi e1j gi−1 )ek = 0 für k =
̸ j. Dies zeigt gi (1n + λe1j )gi−1 = 1n +
λgi e1j gi−1 = 1n + λeij . Die Behauptung folgt.

Bemerkung 10.12.

(i) Nach Satz 10.4 ist |PSL(2, 4)| = |PSL(2, 5)| = 60. Aus Satz 6.40 folgt daher PSL(2, 4) ∼
=
PSL(2, 5) ∼
= A5 . Man kann weiter PSL(2, 7) ∼ = PSL(3, 2) ∼
= GL(3, 2), PSL(2, 9) ∼
= A6 und
PSL(4, 2) ∼
= GL(4, 2) ∼
= A8 zeigen.

(ii) Die kleinste einfache Gruppe, die nicht zu Cp , An oder PSL(n, q) isomorph ist, ist die spezielle
unitäre Gruppe SU(3, 3) der Ordnung 6048. Für A = (aij ) ∈ GL(n, q 2 ) definiert man A := (aqij )
(Frobenius-Automorphismus) und

GU(n, q) := {A ∈ GL(n, q 2 ) : AAt = 1n },


SU(n, q) := {A ∈ GU(n, q) : det(A) = 1},
PSU(n, q) := SU(n, q)/Z(SU(n, q)).

Es gilt PSU(2, q) ∼
= PSL(2, q). Für n ≥ 3 und (n, q) ̸= (3, 2) ist PSU(n, q) einfach (ohne Beweis).

77
(iii) Sei G := GL(n, q) mit n ≥ 2 und (n, q) ∈ / {(2, 2), (2, 3)}. Da SL(n, q) quasieinfach ist, gilt
SL(n, q) ≤ E(G). Wegen CG (SL(n, q)) ≤ Z(G) (Beweis von Lemma 10.2) kann es nach Satz 9.38
keine weiteren Komponenten geben, d. h. E(G) = SL(n, q). Aus Satz 9.38 folgt auch Z(G) ≤
F(G) ≤ CG (E(G)) ≤ Z(G), also F(G) = Z(G) = F× q 1n und F (G) = Fq SL(n, q). Dabei gilt
∗ ×

|G||Z(E(G))|
|G : F∗ (G)| = = |Z(E(G))| = ggT(n, q − 1).
|E(G)||Z(G)|

Satz 10.13. Sei P eine p-Sylowgruppe von SL(2, q). Dann gilt:

(i) Für p | q ist P elementarabelsch der Ordnung q.

(ii) Für p = 2 ∤ q ist P eine (verallgemeinerte) Quaternionengruppe.

(iii) Für 2 < p ∤ q ist P zyklisch.

Beweis. Sei G := SL(2, q). Bekanntlich ist |G| = (q + 1)q(q − 1). Für p | q ist P = {12 + λe12 : λ ∈ Fq }
offenbar eine elementarabelsche p-Sylowgruppe von G. Sei nun p = 2 ∤ q und sei A = ac db ∈ P eine
Involution. Dann ist A = A = −c a (beachte det(A) = 1) und es folgt A = −12 (beachte 1 ̸= −1
−1 d −b


in Fq ). Also besitzt P nur eine Involution. Nach Satz 9.6 ist P zyklisch oder eine Quaternionengruppe.
Im ersten Fall ist G 2-nilpotent nach Satz 7.22. Aus Lemma 10.9 folgt q = 3. Die Operation auf den
vier 1-dimensionalen Unterräumen liefert einen Homomorphismus G → S4 mit Bild A4 . Da A4 nicht
2-nilpotent ist, ist dies ausgeschlossen. Also ist P eine Quaternionengruppe.

Sei schließlich 2 < p ∤ q. Wegen ggT(q + 1, q − 1) ≤ 2 ist |P | ein Teiler von q + 1 oder ein Teiler von q − 1.
ζ 0 
Sei F×q = ⟨ζ⟩ (Algebra oder Satz 9.8). Dann erzeugt 0 ζ −1 eine zyklische Untergruppe der Ordnung
q − 1 in G. Ist |P | ein Teiler von q − 1, so ist P also zyklisch. In Beispiel 6.23 haben wir eine zyklische
Gruppe S ≤ GL(2, q) der Ordnung q 2 − 1 konstruiert (Singer-Zyklus). Wegen

S/S ∩ SL(2, q) ∼
= SSL(2, q)/SL(2, q) ≤ GL(2, q)/SL(2, q) ∼
= Cq−1

ist |S ∩ SL(2, q)| durch q + 1 teilbar. Somit ist P auch im Fall |P | q + 1 zyklisch.

Bemerkung 10.14. Wegen PSL(2, q) = SL(2, q)/⟨±12 ⟩ erhält man aus Satz 10.13 auch die p-
Sylowgruppen von PSL(2, q). Ist q ungerade, so ist eine 2-Sylowgruppe von PSL(2, q) eine Diedergruppe,
denn Q2n /Z(Q2n ) ∼ = D2n−1 , wobei D4 := C22 . Gorenstein und Walter haben umgekehrt gezeigt,
dass A7 und PSL(2, q) mit q ungerade die einzigen einfachen Gruppen mit einer Diedergruppe (oder
C22 ) als 2-Sylowgruppe sind (beachte A6 ∼
= PSL(2, 9)). Brauer und Suzuki haben gezeigt, dass keine
einfache Gruppe eine Quaternionengruppe als Sylowgruppe besitzt.

11 Schur-Erweiterungen

Bemerkung 11.1. Nach Satz 9.42 wird die Struktur von G durch F∗ (G) beeinflusst. Die Struktur der
nilpotenten Gruppe F(G) folgt aus Satz 4.10, während E(G) ein Zentralprodukt von quasieinfachen
Komponenten K ist. Nach der Klassifikation der einfachen Gruppen kennt man die Möglichkeiten für
K/Z(K). Wir werden sehen, wie man daraus die Möglichkeiten von K ableiten kann.

78
Beispiel 11.2. Sei G eine Gruppe mit 2-Sylowgruppe P = ⟨x, y⟩ ∼ = D2n . Nehmen wir zunächst
Z := Z(G) ∩ P ̸= 1 an. Wegen |Z(P )| = 2 ist dann Z = Z(P ). Wir zeigen FocG (P ) ≤ ⟨x⟩. Seien dafür
g ∈ G, h, ghg −1 ∈ P . Im Fall h2 ̸= 1 gilt h, ghg −1 ∈ ⟨x⟩, denn P \ ⟨x⟩ besteht aus Involutionen. Dann
ist also [g, h] ∈ ⟨x⟩. Nehmen wir nun h2 = 1 an. Im Fall h ∈ ⟨x⟩ gilt h ∈ Z und ghg −1 ∈ Z folgt aus
Z ⊴ G. Wieder ist [g, h] ∈ ⟨x⟩. Im letzten Fall h, ghg −1 ∈ P \ ⟨x⟩ gilt ebenfalls [g, h] ∈ ⟨x⟩. Also ist
FocG (P ) ≤ ⟨x⟩. Nach Higman hat G′ die zyklische 2-Sylowgruppe FocG (P ) = P ∩ G′ . Nach Satz 7.22
ist G′ 2-nilpotent. Nach Feit-Thompson sind G′ und G auflösbar.

Sei nun Z = 1 und E(G) = K1 ∗ . . . ∗ Kn mit Komponenten K1 , . . . , Kn . Sei Pi ∈ Syl2 (Ki ). Nach
Sylow ist Pi zu einer Untergruppe von P isomorph. Nach Feit-Thompson und Satz 7.22 kann Pi nicht
zyklisch sein. Also hat Pi ∩ ⟨x⟩ Index 2 in Pi . Es folgt leicht, dass Pi selbst eine Diedergruppe ist oder
Pi ∼
= C22 . Wie oben ist nun |Z(Ki )| ungerade. Nach Satz 9.17 ist P1 × . . . × Pn ∈ Syl2 (E(G)) zu einer
Untergruppe von P isomorph. Andererseits lässt sich jede Untergruppe Q ≤ P mit zwei Elementen
erzeugen, denn |Q : Q ∩ ⟨x⟩| = |⟨x⟩Q : ⟨x⟩| ≤ 2. Dies zeigt n = 1 und E(G) = K ist quasieinfach. Wegen
P1 ∼
= P1 Z(K)/Z(K) ∈ Syl2 (K/Z(K)) ist K/Z(K) ∼ = A7 oder K/Z(K) ∼ = PSL(2, q) (Bemerkung 10.14).
Wir werden zeigen, dass Z(K) = 1 oder K/Z(K) ∈ {A6 , A7 } und Z(K) ∼ = C3 gilt (Beispiel 11.37).

Definition 11.3. Eine Schur-Erweiterung einer endlichen Gruppe G ist eine Gruppe G,
b sodass ein
b b b ∼
Z ≤ Z(G) ∩ G mit G/Z = G existiert.

Beispiel 11.4.

(i) Jede extraspezielle Gruppe ist eine Schur-Erweiterung einer elementarabelschen Gruppe. Insbe-
sondere sind D8 und Q8 Schur-Erweiterungen von C22 .

(ii) Jede quasieinfache Gruppe G ist eine Schur-Erweiterung der einfachen Gruppe G/Z(G). Insbeson-
dere ist SL(2, 5) eine Schur-Erweiterung von A5 (Bemerkung 10.12).

b eine Schur-Erweiterung einer zyklischen Gruppe G ∼


(iii) Sei G = G/Z.
b Nach Aufgabe 8(a) ist G
b abelsch,
b ∼ b b b b ∼
denn G/Z(G) = (G/Z)/(Z(G)/Z) ist zyklisch. Dies zeigt Z ≤ G = 1 und G = G.
b ′

(iv) Satz 7.15 zeigt, dass die p-Sylowgruppen einer Schur-Erweiterung G


b nichtabelsch sind, falls p ein
Teiler von |Z| ist (wobei Z ≤ G ′
b ∩ Z(G)).
b

Satz 11.5. Hat Z(G) endlichen Index in G, so ist G′ endlich. Insbesondere ist jede Schur-Erweiterung
einer endlichen Gruppe endlich.

 Sei Z := Z(G) und n :=2 |G : Z| 2< ∞.


Beweis. Sei R ein Repräsentantensystem für G/Z. Für
Γ := [r, s] : r, s ∈ R gilt |Γ| ≤ |R| = |G/Z| = n . Für r, s ∈ R und z ∈ Z gilt [rz, s] = [r, s] = [r, sz].
2

Jedes Element g ∈ G′ hat also die Form g = c1 . . . cm mit c1 , . . . , cm ∈ Γ. Es genügt zu zeigen, dass
3
man dabei m < n3 wählen kann (dann folgt |G′ | < n2n < ∞). Nehmen wir m ≥ n3 an. Dann existiert
ein γ ∈ Γ mit |{i ∈ {1, . . . , m} : ci = γ}| ≥ n. Wegen ci ci+1 = ci+1 (c−1 i+1 ci ci+1 ) = ci+1 δ mit δ ∈ Γ
können wir c1 = . . . = cn = γ annehmen. Nach Beispiel 7.9 ist die Verlagerung V : G → Z, g 7→ g n
ein Homomorphismus (für die Definition der Verlagerung VH/K benötigt man nur |G : H| < ∞). Da Z
abelsch ist, gilt G′ ⊆ Ker(V ). Also ist c1 . . . cn = γ n = 1 und man kann m reduzieren.

Für die zweite Behauptung sei G b eine Schur-Erweiterung der endlichen Gruppe G mit G/Z
b ∼
= G. Dann
ist |G : Z(G)| ≤ |G : Z| = |G| < ∞ und daher |G| = |G||Z| ≤ |G||G | < ∞.
b b b b b ′

79
Definition 11.6. Sei G eine endliche Gruppe und A eine (möglicherweise unendliche) abelsche Gruppe.
Die Menge C 1 (G, A) aller Abbildungen der Form G → A wird durch (αβ)(g) := α(g)β(g) für α, β ∈
C 1 (G, A) und g ∈ G zu einer abelschen Gruppe (es gilt C 1 (G, A) ∼
= A|G| ). Sei C 2 (G, A) := C 1 (G×G, A)
und
Z 2 (G, A) := α ∈ C 2 (G, A) : α(x, y)α(xy, z) = α(y, z)α(x, yz) ∀x, y, z ∈ G .


Offenbar ist dann Z 2 (G, A) eine Untergruppe von C 2 (G, A). Man nennt die Elemente in Z 2 (G, A)
Faktorensysteme (oder (2-)Kozyklen) von G nach A.

Lemma 11.7. Die Abbildung ∂ : C 1 (G, A) → Z 2 (G, A) mit ∂α(x, y) := α(x)α(y)α(xy)−1 für α ∈
C 1 (G, A) und x, y ∈ G ist ein Homomorphismus.

Beweis. Offenbar ist ∂α ∈ C 2 (G, A) für α ∈ C 1 (G, A). Für x, y, z ∈ G gilt

∂α(x, y)∂α(xy, z) = α(x)α(y)α(xy)−1 α(xy)α(z)α(xyz)−1 = α(x)α(y)α(z)α(xyz)−1


= α(y)α(z)α(yz)−1 α(x)α(yz)α(xyz)−1 = ∂α(y, z)∂α(x, yz).

Dies zeigt ∂α ∈ Z 2 (G, A). Für α, β ∈ C 1 (G, A) und x, y ∈ G gilt schließlich

∂(αβ)(x, y) = (αβ)(x)(αβ)(y)(αβ)(xy)−1 = α(x)α(y)α(xy)−1 β(x)β(y)β(xy)−1 = ∂α(x, y)∂β(x, y).

Also ist ∂ ein Homomorphismus.

Definition 11.8. Sei B 2 (G, A) := ∂(C 1 (G, A)) ⊴ Z 2 (G, A) und H 2 (G, A) := Z 2 (G, A)/B 2 (G, A). Man
nennt H 2 (G, A) die zweite Kohomologiegruppe von G nach A.

Lemma 11.9. Für α ∈ H 2 (G, A) existiert ein α ∈ Z 2 (G, A) mit αB 2 (G, A) = α und α(1, x) =
α(x, 1) = 1 für x ∈ G.

Beweis. Sei zunächst β ∈ Z 2 (G, A) mit βB 2 (G, A) = α beliebig. Nach Definition von Z 2 (G, A) ist
β(x, 1)β(x, 1) = β(1, 1)β(x, 1) und β(x, 1) = β(1, 1) für x ∈ G. Analog ist β(1, x) = β(1, 1). Sei
γ(x) := β(1, 1)−1 für x ∈ G und α := β∂γ ∈ Z 2 (G, A). Dann ist αB 2 (G, A) = α und α(x, 1) =
β(x, 1)γ(x)γ(1)γ(x)−1 = 1 für x ∈ G. Sicher ist auch α(1, x) = 1.

Definition 11.10. Man nennt M (G) := H 2 (G, C× ) den Schur-Multiplikator von G.

Satz 11.11. Der Schur-Multiplikator M (G) ist eine endliche abelsche Gruppe mit exp(M (G)) |G|.

Beweis. Sicher ist M (G) abelsch. Sei n := |G| undQsei β ∈ Z 2 (G, C× ) beliebig. Da C algebraisch
abgeschlossen ist, existieren γ(x) ∈ C× mit γ(x)n = y∈G β(y, x)−1 für x ∈ G. Es gilt dann
Y Y Y Y
γ(y)−n γ(z)−n = β(x, y) β(x, z) = β(x, y)β(xy, z) = β(y, z)β(x, yz) = β(y, z)n γ(yz)−n
x∈G x∈G x∈G x∈G

für y, z ∈ G. Sei α := β∂γ ∈ Z 2 (G, C× ). Dann ist α := αB 2 (G, C× ) = βB 2 (G, C× ) ∈ M (G) und

α(y, z)n = β(y, z)n γ(y)n γ(z)n γ(yz)−n = 1

für alle y, z ∈ G. Insbesondere gibt es nur endlich viele Möglichkeiten für α und es folgt |M (G)| < ∞.
Außerdem ist αn = αn = 1.

80
Bemerkung 11.12. Es gilt sogar exp(G) exp(M (G)) |G| (Aufgabe 74) und exp(M (G))2 |G| (ohne
Beweis). Die von Schur formulierte Vermutung exp(M (G)) | exp(G) wurde jedoch 1974 widerlegt.

Lemma 11.13. Für α ∈ Z 2 (G, A) ist die Abbildung Ψα : Hom(A, C× ) → M (G), λ 7→ (λ ◦ α)B 2 (G, C× )
ein Homomorphismus.

Beweis. Für λ ∈ Hom(A, C× ) und x, y, z ∈ G ist

(λ ◦ α)(x, y)(λ ◦ α)(xy, z) = λ(α(x, y)α(xy, z)) = λ(α(y, z)α(x, yz)) = (λ ◦ α)(y, z)(λ ◦ α)(x, yz)

und λ ◦ α ∈ Z 2 (G, C× ). Für λ, µ ∈ Hom(A, C× ) ist (λµ) ◦ α = (λ ◦ α)(µ ◦ α). Also ist Ψα tatsächlich
ein Homomorphismus.

Lemma 11.14. Für eine endliche abelsche Gruppe A ist Hom(A, C× ) ∼


= A.

Beweis. Sei A = ⟨a1 ⟩ ⊕ . . . ⊕ ⟨an ⟩ und di := |⟨ai ⟩| für i = 1, . . . , n. Sei ζi ∈ C eine primitive di -
te Einheitswurzel. Für jedes λ ∈ Hom(A, C× ) gilt dann λ(ai ) ∈ ⟨ζi ⟩ (Beispiel 1.6(v)). Umgekehrt
definiert jede Wahl λ(ai ) = ζiki einen Homomorphismus. Dies zeigt |Hom(A, C× )| = d1 . . . dn = |A|. Wir
definieren F : A → Hom(A, C× ) mit F (ak11 . . . aknn )(ai ) := ζiki für i = 1, . . . , n. Man zeigt leicht, dass F
ein wohldefinierter Isomorphismus ist.

Satz 11.15 (Schur). Sei G b eine Schur-Erweiterung von G mit G/Z


b ∼
= G. Dann ist Z zu einer
Untergruppe von M (G) isomorph. Insbesondere ist |G| ≤ |G||M (G)| und G besitzt nur endlich viele
b
Schur-Erweiterungen bis auf Isomorphie.

Beweis. Für x ∈ G wählen wir ein Urbild x


b∈G b unter dem kanonischen Epimorphismus G
b → G/Z
b ∼
= G.
−1
Dabei sei 1 = 1. Sei α(x, y) := x
b cy ∈ Z für x, y ∈ G. Für x, y, z ∈ G gilt dann
bybx

α(x, y)α(xy, z)d


xyz = α(x, y)c
xyb
z=x
bybzb = x
bα(y, z)c
y z = α(y, z)α(x, yz)d
xyz.

Dies zeigt α ∈ Z 2 (G, Z). Nach Satz 11.5 und Lemma 11.14 genügt es zu zeigen, dass die Abbildung Ψα
aus Lemma 11.13 injektiv ist. Sei also λ ∈ Hom(Z, C× ) mit λ ◦ α = ∂γ für ein γ ∈ C 1 (G, C× ). Dann ist
1 = λ(1) = λ(α(1, 1)) = ∂γ(1, 1) = γ(1). Sei λb:Gb → C× mit λ(b
b xa) := γ(x)λ(a) für x ∈ G und a ∈ Z.
Wegen γ(1) = 1 ist λ eine Fortsetzung von λ. Für x, y ∈ G und a, b ∈ Z gilt
b

b xyα(x, y)ab) = γ(xy)λ(α(x, y))λ(a)λ(b) = γ(xy)γ(x)γ(y)γ(xy)−1 λ(a)λ(b)


b xa · ybb) = λ(c
λ(b
= γ(x)λ(a)γ(y)λ(b) = λ(b
b xa)λ(b
b y b).

Also ist λ
b ein Homomorphismus mit G/Ker(
b b ≤ C× . Es folgt Z ≤ G
λ) b Dies zeigt λ = 1 und
b ′ ≤ Ker(λ).
wir sind fertig.

Definition 11.16. Eine Schur-Erweiterung G


b von G heißt maximal, falls |G|
b = |G||M (G)|.

Satz 11.17 (Schur). Jede endliche Gruppe G besitzt eine maximale Schur-Erweiterung.

81
Beweis. Nach Satz 11.11 ist M (G) = ⟨α1 ⟩ ⊕ . . . ⊕ ⟨αn ⟩. Sei di := |⟨αi ⟩| und Ai ≤ C× mit |Ai | = di für
i = 1, . . . , n. Sei αi ∈ Z 2 (G, C× ) mit αi B 2 (G, C× ) = αi . Dann ist αidi = ∂γi für ein γi ∈ C 1 (G, C× ).
Sei δi (x) ∈ C× mit δi (x)di = γi (x)−1 für x ∈ G. Nachdem wir αi durch αi ∂δi ersetzt haben, gilt αidi = 1
für i = 1, . . . , n. Insbesondere ist αi ∈ Z 2 (G, Ai ) für i = 1, . . . , n. Nach Lemma 11.9 dürfen wir auch
αi (x, 1) = αi (1, x) = 1 für x ∈ G annehmen. Sei A := A1 × . . . × An ∼ = M (G) und α ∈ C 2 (G, A) mit
α(x, y) = (α1 (x, y), . . . , αn (x, y)) für x, y ∈ G. Offenbar ist dann α ∈ Z 2 (G, A) mit α(1, x) = α(x, 1) = 1
für x ∈ G.

Wir definieren eine neue Verknüpfung auf G


b := G × A via

(x, a) · (y, b) := (xy, α(x, y)ab) (x, y ∈ G, a, b ∈ A).

Für x, y, z ∈ G und a, b, c ∈ A ist dann

((x, a) · (y, b)) · (z, c) = (xy, α(x, y)ab) · (z, c) = (xyz, α(xy, z)α(x, y)abc) = (xyz, α(x, yz)α(y, z)abc)
= (x, a) · (yz, α(y, z)bc) = (x, a) · ((y, b) · (z, c)).

Die Verknüpfung ist also assoziativ. Wegen (1G , 1A ) · (x, a) = (x, α(1, x)a) = (x, a) ist (1G , 1A ) ein
neutrales Element. Schließlich ist (x−1 , α(x−1 , x)−1 a−1 ) · (x, a) = (1G , 1A ). Also ist G
b eine endliche
Gruppe.

Wir identifizieren g ∈ G mit (g, 1A ) ∈ G b und a ∈ A mit (1G , a) ∈ G.


b Offenbar ist dann A der Kern des
Epimorphismus G → G, (x, a) 7→ x. Dies zeigt A ⊴ G und G/A ∼
b b b = G. Für (x, a) ∈ G
b und b ∈ A gilt
(x, a) · b = (x, ab) = (x, ba) = b · (x, a). Es folgt A ≤ Z(G). Es verbleibt A ≤ G zu zeigen.
b b ′

Sei πi : A → Ai ≤ C× die i-te Projektion. Mit der Abbildung Ψα aus Lemma 11.13 gilt dann
Ψα (πi ) = (πi ◦ α)B 2 (G, C× ) = αi für i = 1, . . . , n. Wegen M (G) = ⟨α1 , . . . , αn ⟩ ist Ψα surjektiv. Nach
Lemma 11.14 ist Hom(A, C× ) ∼ =A∼ = M (G). Daher ist Ψα auch injektiv. Nach Satz 2.9 (angewendet
auf G/G ) existieren Normalteiler N1 , . . . , Ns ⊴ G
b b ′ b mit G
b ′ = N1 ∩ . . . ∩ Ns , sodass G/N
b i zyklisch ist
für i = 1, . . . , s. Nehmen wir A ⊈ G an. Dann existiert ein i mit A ⊈ Ni . Indem man G/N
b ′ b i in C×
einbettet, erhält man einen Homomorphismus φ : G b → C× mit φ(A) ̸= 1. Die Einschränkung φA ist
also ein nicht-triviales Element in Hom(A, C ). Für x, y ∈ G gilt
×

φ(α(x, y)) = φ(x · y · (xy)−1 ) = φ(x)φ(y)φ(xy)−1 = ∂φ(x, y).

Dies liefert Ψα (φA ) = 1 im Widerspruch zur Injektivität von Ψα . Also ist A ≤ G


b ′ und G
b ist eine
Schur-Erweiterung von G.

Satz 11.18. Für H ≤ G existiert ein Homomorphismus F : M (G) → M (H) mit α|G:H| = 1 für
α ∈ Ker(F ).

Beweis. Sei α ∈ Z 2 (G, C× ). Dann liegt die Einschränkung αH sicher in Z 2 (H, C× ). Im Fall α ∈
B 2 (G, C× ) ist auch αH ∈ B 2 (H, C× ). Dies induziert einen wohldefinierten Homomorphismus F : M (G) →
M (H). Sei αB 2 (G, C× ) ∈ Ker(F ), d. h. αH = ∂γ für ein γ ∈ C 1 (H, C× ). Sei γe ∈ C 1 (G, C× ) eine belie-
bige Fortsetzung von γ. Indem wir α durch α∂e γ ersetzen, können wir αH = 1 annehmen. Sei R ein
−1

Repräsentantensystem für G/H. Für x ∈ G sei rx ∈ R und hx ∈ H mit x = rx hx . Sei γ(x) := α(rx , hx )
für x ∈ G und β := α∂γ. Für x ∈ G und h ∈ H gilt dann

β(x, h) = α(x, h)γ(x)γ(h)γ(xh)−1 = α(x, h)α(rx , hx )α(rx , hx h)−1


= α(x, h)α(rx , hx )α(rx , hx )−1 α(rx hx , h)−1 α(hx , h) = 1.

82
Sei nun x, y ∈ G.QDann ist β(x, y) = β(x, ry hy ) = β(x, ry )β(xry , hy )β(ry , hy )−1 = β(x, ry ). Sei
schließlich δ(x) := r∈R β(x, r) für x ∈ G. Für x, y ∈ G ist dann
Y Y Y
β(x, y)|G:H| δ(xy) = β(x, y)β(xy, r) = β(y, r)β(x, yr) = δ(y) β(x, ryr ) = δ(x)δ(y).
r∈R r∈R r∈R

Dies zeigt β |G:H| = ∂δ ∈ B 2 (G, C× ). Somit ist auch α|G:H| ∈ B 2 (G, C× ).

Folgerung 11.19. Sind H1 , . . . , Hn ≤ G mit teilerfremden Indizes |G : Hi |, so ist M (G) zu einer


Untergruppe von M (H1 ) × . . . × M (Hn ) isomorph. Insbesondere ist M (G) = 1, falls alle Sylowgruppen
von G zyklisch sind.

Beweis. Sei Γi : M (G) → M (Hi ) der Homomorphismus aus Satz 11.18. Dann ist

Γ : M (G) → M (H1 ) × . . . × M (Hn ), α 7→ (Γ1 (α), . . . , Γn (α))

ein Homomorphismus mit Ker(Γ) = ni=1 Ker(Γi ). Sei α ∈ Ker(Γ). Nach Satz 11.18 gilt α|G:Hi | = 1 für
T
i = 1, . . . , n. Da die Indizes |G : Hi | teilerfremd sind, folgt α = 1. Also ist Γ ein Monomorphismus. Für
die zweite Behauptung wählt man für H1 , . . . , Hn die Sylowgruppen von G (es reicht je eine für jeden
Primteiler von |G|). Nach Beispiel 11.4(iii) ist dann M (H1 ) = . . . = M (Hn ) = 1 und die Behauptung
folgt.

Bemerkung 11.20. Das nächste Lemma quantifiziert Satz 11.5 für p-Gruppen.

Lemma 11.21. Sei H eine beliebige Gruppe und |H : Z(H)| = pn eine Primzahlpotenz. Dann gilt
n
|H ′ | ≤ p( 2 ) .

Beweis. Induktion nach n. Für n = 1 ist H ′ = 1 nach Aufgabe 8. Sei nun n ≥ 2. Mit H/Z(H) ist
auch H nilpotent. Daher existiert x ∈ Z2 (H) \ Z(H). Für a, b ∈ H gilt [x, b] ∈ Z(H) und [x, ab] =
[x, a] · a [x, b] = [x, a][x, b]. Somit ist H → H, a 7→ [x, a] ein Homomorphismus mit Bild

N := [x, H] = [x, a] : a ∈ H ≤ H ′ ∩ Z(H).




Wegen Z(H)/N < Z(H)⟨x⟩/N ≤ Z(H/N ) ist |H/N : Z(H/N )| ≤ pn−1 . Induktion ergibt |H ′ /N | =
n−1
|(H/N )′ | ≤ p( 2 ) . Aus
a
[x, a] = [x, b] ⇐⇒ x = b x ⇐⇒ aCH (x) = bCH (x)

folgt |N | = |H : CH (x)| ≤ |H : Z(H)⟨x⟩| ≤ pn−1 . Insgesamt gilt nun


n−1
|H ′ | = |H ′ /N ||N | ≤ p( 2 )+n−1 = p(n2 ) .

Satz 11.22 (Green). Ist |G| = pa11 . . . pas s die Primfaktorzerlegung von |G|, so gilt

(a1 ) (as )
|M (G)| ≤ p1 2 . . . ps 2 .

Beweis. Nach Folgerung 11.19 kann man annehmen, dass G eine p-Gruppe ist. Sei G
b eine maximale
Schur-Erweiterung von G mit |G/Z(G)| ≤ |G/Z| = |G| = p . Nach Lemma 11.21 gilt |M (G)| = |Z| ≤
b b b a
a
b ′ | ≤ p( 2 ) .
|G

83
Satz 11.23. Sei F eine freie Gruppe, N ⊴ F und G ∼
= F/N (Satz 8.7). Dann gilt
(i) N/[F, N ] ist eine endlich erzeugte abelsche Gruppe mit Torsionsteil (F ′ ∩ N )/[F, N ].
(ii) Für N/[F, N ] = (F ′ ∩ N )/[F, N ] ⊕ K/[F, N ] ist F/K eine maximale Schur-Erweiterung von G.
(iii) Für jede Schur-Erweiterung G b∼
b von G existiert ein L ⊴ F mit N = (F ′ ∩ N )L und G = F/L.
Insbesondere ist G
b eine Faktorgruppe einer maximalen Schur-Erweiterung.

(iv) M (G) ∼
= (F ′ ∩ N )/[F, N ] (Hopf-Formel).

Beweis.
(i) Da G endlich ist, können wir annehmen, dass F endlich erzeugt ist. Nach Satz 1.10 ist auch N
endlich erzeugt. Mit N ⊴ F ist [F, N ] ⊴ F und [F, N ] ≤ F ′ ∩ N . Wegen N/[F, N ] ≤ Z(F/[F, N ])
hat Z(F/[F, N ]) endlichen Index in F/[F, N ]. Nach Satz 11.5 ist F ′ /[F, N ] endlich. Daher ist auch
(F ′ ∩ N )/[F, N ] endlich. Wegen N ′ ≤ [F, N ] ist N/[F, N ] abelsch. Weiter ist

(N/[F, N ])/((F ′ ∩ N )/[F, N ]) ∼


= N/(F ′ ∩ N ) ∼
= F ′ N/F ′ ≤ F/F ′ .

Nach Beispiel 8.11 ist F/F ′ eine freie abelsche Gruppe mit endlichem Rang. Mit F/F ′ muss auch
F ′ N/F ′ torsionsfrei sein. Daher ist (F ′ ∩ N )/[F, N ] der Torsionsteil von N/[F, N ].
(ii) Wegen N/[F, N ] ≤ Z(F/[F, N ]) ist K ⊴ F . Sei G
b := F/K und Z := N/K. Dann gilt G/Z
b ∼
=

F/N = G und Z ≤ Z(G) wegen [F, N ] ≤ K. Aus N/[F, N ] ≤ F K/[F, N ] folgt
b ′

Z = N/K ≤ F ′ K/K = (F/K)′ = G


b′ .

Also ist G b eine Schur-Erweiterung mit Z ∼ = (F ′ ∩ N )/[F, N ]. Aus Satz 11.15 folgt |M (G)| ≥
|(F ′ ∩ N )/[F, N ]|. Für die umgekehrte Ungleichung zeigen wir erst (iii).
(iii) Seien α : F → G und β : G b → G die kanonischen Epimorphismen mit N = Ker(α) und
Z := Ker(β). Da F frei ist, existiert ein Homomorphismus ρ : F → G b mit βρ = α. Es gilt dann
b = ρ(F )Z und Z ≤ G
G b ′ ≤ ρ(F )′ ≤ ρ(F ), also ρ(F ) = G.
b Offenbar ist L := Ker(ρ) ≤ Ker(α) = N .
Wegen βρ(N ) = α(N ) = 1 ist ρ(N ) ≤ Ker(β) = Z. Es gilt sogar Gleichheit, denn

|G
b : ρ(N )| = |F/L : N/L| = |G| = |G
b : Z|.

Dies zeigt ρ([F, N ]) ≤ [G,


b Z] = 1 und [F, N ] ≤ L. Aus ρ(N ) = Z ≤ G
b ′ = ρ(F ′ ) folgt außerdem
N ≤ F ′ L und (F ′ ∩ N )L = F ′ L ∩ N = N nach Dedekind. Die Ungleichung

|Z| = |ρ(N )| = |N : L| = |F ′ ∩ N : F ′ ∩ L| ≤ |(F ′ ∩ N )/[F, N ]|

zeigt, dass die in (ii) konstruierte Schur-Erweiterung tatsächlich maximal ist.


Nach (i) und dem Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen gilt L/[F, N ] = (L ∩ F ′ ∩
N )/[F, N ] ⊕ M/[F, N ], wobei (L ∩ F ′ ∩ N )/[F, N ] der Torsionsteil ist. Nach (ii) ist F/M eine
maximale Schur-Erweiterung und G b∼= F/L ∼ = (F/M )/(L/M ).
(iv) Folgt aus dem Beweis von (ii).

Satz 11.24. Seien G


b1 , G b 1 /Z1 ∼
b 2 maximale Schur-Erweiterungen von G mit G =G∼
=Gb 2 /Z2 . Dann gilt
b′ ∼
(i) (Schur) G b′ b b′ ∼ ′ ∼ b b′
1 = G2 und G1 /G1 = G/G = G2 /G2 .

(ii) (Gaschütz) G b1 ) ∼
b 1 /Z(G =Gb 2 /Z(G
b 2 ).

84
b 1 )/Z1 ∼
(iii) (Read) Z(G = Z(G
b 2 )/Z2 .

bi ∼
Beweis. Sei G = F/N , Ki ⊴ F und G = F/Ki wie in Satz 11.23. Wir zeigen, dass die angegebenen
Gruppen nicht von i abhängen.

(i) Es gilt

b′
G ∼
= F ′ Ki /Ki ∼= F ′ /(F ′ ∩ Ki ) = F ′ /(F ′ ∩ N ∩ Ki ) = F ′ /[F, N ],
i

Gi / Gi
b b ′ ∼
= (G b ′i /Zi ) ∼
b i /Zi )/(G = G/G′ .

(ii) Für L/[F, N ] := Z(F/[F, N ]) gilt [F, L] ≤ [F, N ] ≤ Ki und L/Ki ≤ Z(F/Ki ). Sei umgekehrt
xKi ∈ Z(F/Ki ). Dann ist [x, F ] ≤ Ki ∩ F ′ = Ki ∩ F ′ ∩ N = [F, N ] und es folgt x[F, N ] ∈
Z(F/[F, N ]) = L/[F, N ]. Dies zeigt

G bi ) ∼
b i /Z(G = (F/Ki )/Z(F/Ki ) = (F/Ki )/(L/Ki ) ∼
= F/L.

(iii) Mit den Bezeichnungen aus (ii) gilt

b i )/Zi ∼
Z(G = (L/Ki )/(N/Ki ) ∼
= L/N.

Bemerkung 11.25.

(i) Gruppen G und H heißen isoklinisch, falls es Isomorphismen φ : G′ → H ′ und ψ : G/Z(G) →


H/Z(H), xZ(G) 7→ x̃Z(H) mit φ([x, y]) = [x̃, ỹ] für alle x, y ∈ G gibt. Der Beweis von Satz 11.24
zeigt, dass maximale Schur-Erweiterungen einer gegebenen Gruppe stets isoklinisch sind. Der
Begriff hat in letzter Zeit allerdings an Bedeutung verloren.

(ii) Nach Satz 11.24(i) ist eine maximale Schur-Erweiterung einer perfekten Gruppe G auch perfekt
und bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt (dies wird in Satz 11.27 verallgemeinert). Man nennt
sie universelle Schur-Erweiterung von G.11 Nach Satz 11.23 ist jede Schur-Erweiterung von G zu
einer Faktorgruppe der universellen Schur-Erweiterung isomorph.

Satz 11.26. Die universelle Schur-Erweiterung einer perfekten Gruppe hat trivialen Schur-Multiplikator.

Beweis. Sei G
b eine maximale Schur-Erweiterung von G mit G/Z
b ∼
= G. Sei Gb eine maximale Schur-
b

Erweiterung von Gb mit G/W


b
b ∼ b Mit G sind auch G
= G. b und Gb perfekt. Sei Z(G/W
b b
b ) = X/W . Es
gilt
[G,
b X, G]
b b = [G,
b b b X] ≤ [G,
b G,
b b W ] = 1.
b

Aus Lemma 3.6 folgt [X, G]


b = [X, G, b = 1 und X ≤ Z(G)
b G] b ≤ X. Sei L/W das Urbild von Z unter
b b b b

G/W
b
b ∼ b Dann ist L/W ≤ Z(G/W
= G.
b
b ) = Z(G)/W
b
b b ∼
und G/L
b
= (G/W
b
b )/(L/W ) ∼
= G/Z
b ∼
= G. Also ist G
b
b
b∼
eine Schur-Erweiterung von G. Dies zeigt G
b b und M (G)
=G b = 1.

Satz 11.27. Sind |G/G′ | und |M (G)| teilerfremd, so besitzt G bis auf Isomorphie nur eine maximale
Schur-Erweiterung.
11
Schur spricht von Darstellungsgruppen.

85
Beweis. Wie in Satz 11.24 sei G = F/N und G
b i = F/Ki für i = 1, 2. Wir wählen x1 , . . . , xn ∈ F mit

⟨x1 , . . . , xn ⟩F ′ N/F ′ N = F/F ′ N ∼


= G/G′ ∼
= Cd1 × . . . × Cdn
d
und xj j ∈ F ′ N für j = 1, . . . , n. Nach Satz 11.23 ist F ′ N = F ′ (F ′ ∩ N )Ki = F ′ Ki . Sei aj ∈ K1 mit
d
xj j aj ∈ F ′ . Als Teiler von |G/G′ | ist dj zu

|K1 /(K1 ∩ K2 )| = |K1 K2 /K2 | ≤ |N/K2 | = |(N/[F, N ])/(K2 /[F, N ])| = |M (G)|
d
teilerfremd. Daher existiert ein bj ∈ K1 mit bj j ≡ aj (mod K1 ∩ K2 ). Es folgt

d d
(xj bj )dj ≡ xj j bj j ≡ 1 (mod F ′ (K1 ∩ Ki )).

d
Indem wir xj durch xj bj ersetzen, können wir xj j ∈ F ′ (K1 ∩ K2 ) für j = 1, . . . , n annehmen. Wegen
F ′ ∩ K1 = [F, N ] = F ′ ∩ K2 und ist die Abbildung F ′ N/K1 → F ′ N/K2 , yK1 7→ yK2 mit y ∈ F ′ ein
d d
wohldefinierter Isomorphismus. Dabei wird xj j K1 auf xj j K2 abgebildet.

Jedes Element in Gb i hat die Form xe1 . . . xenn yKi mit y ∈ F ′ und eindeutig bestimmten 0 ≤ ej < dj .
1
Daher ist die Abbildung

b1 → G
Γ: G b2 , xe11 . . . xenn yK1 7→ xe11 . . . xenn yK2

wohldefiniert und bijektiv. Für 0 ≤ fj < dj und z ∈ F ′ gilt

xe11 . . . xenn y · xf11 . . . xfnn z ≡ xe11 +f1 . . . xenn +fn (mod F ′ ).

Sei ej + fj = gj + kj dj mit 0 ≤ gj < dj für j = 1, . . . , n. Dann existiert c ∈ F ′ mit

xe11 . . . xenn y · xf11 . . . xfnn z = xg11 . . . xgnn xk11 d1 . . . xknn dn c.

Dies zeigt

Γ(xg11 . . . xgnn xk11 d1 . . . xknn dn cK1 ) = xg11 . . . xgnn xk11 d1 . . . xknn dn cK2 = Γ(xe11 . . . xenn yK1 )Γ(xf11 . . . xfnn zK1 ),

d. h. Γ ist ein Isomorphismus.

Satz 11.28 (Hochschild-Serre-Sequenz). Sei N ⊴ G und H = G/N . Dann existiert eine exakte
Folge der Form
M (G) → M (H) → N/[G, N ] → G/G′ → H/H ′ → 1.

Beweis. Nach dem zweiten Isomorphiesatz dürfen wir H/H ′ durch G/G′ N ersetzen. Sicher ist dann

α : G/G′ → G/G′ N, xG′ → xG′ N

ein Epimorphismus. Wegen [G, N ] ≤ G′ ist

β : N/[G, N ] → G/G′ , x[G, N ] → xG′

ein wohldefinierter Homomorphismus mit Bild N G′ /G′ = Ker(α). Sei nun F eine freie Gruppe und
ρ : F → G ein Epimorphismus mit Kern K ⊴ F . Für L := ρ−1 (N ) ⊴ F gilt L/K ∼ = N und F/L ∼ =

86
(G/K)/(L/K) ∼ = H. Nach der Hopf-Formel dürfen wir M (G) durch (F ′ ∩ K)/[F, K] und M (H) durch
(F ∩ L)[F, L] ersetzen. Wegen ρ([F, L]) = [G, N ] ist die Abbildung

γ : (F ′ ∩ L)/[F, L] → N/[G, N ], x[F, L] 7→ ρ(x)[G, N ]

ein wohldefinierter Homomorphismus mit Bild ρ(F ′ ∩ L)/[G, N ] = (G′ ∩ N )/[G, N ] = Ker(β) und
Ker(γ) = (F ′ ∩ K)[F, L]/[F, L]. Schließlich ist auch

δ : (F ′ ∩ K)/[F, K] → (F ′ ∩ L)/[F, L], x[F, K] 7→ x[F, L]

ein wohldefinierter Homomorphismus mit Bild (F ′ ∩ K)[F, L]/[F, L] = Ker(γ).

Folgerung 11.29 (Jones). Sei N ⊴ G. Dann ist |M (G/N )| ein Teiler von |(G′ ∩ N )/[G, N ]||M (G)|.

Beweis. Mit den Bezeichnungen aus dem Beweis von Satz 11.28 gilt
|M (H)| |M (H)|
|M (G)/Ker(δ)| = |δ(M (G))| = |Ker(γ)| = = ′
.
|Ker(β)| |(G ∩ N )/[G, N ]|

Definition 11.30. Für endliche Gruppen G, H sei

P (G, H) := {φ : G×H → C× : φ(xy, z) = φ(x, z)φ(y, z), φ(x, yz) = φ(x, y)φ(x, z)} ≤ C 1 (G×H, C× ).

Satz 11.31 (Künneth-Formel). Für endliche Gruppen G und H gilt

M (G × H) ∼
= M (G) × M (H) × P (G, H).

Beweis. Sei α ∈ Z 2 (G × H, C× ). Wir fassen G und H als Untergruppen von G × H auf. Wie üblich
hat man Einschränkungen αG ∈ Z 2 (G, C× ) und αH ∈ Z 2 (H, C× ). Sei φ(x, y) := α(x, y)α(y, x)−1 für
x ∈ G und y ∈ H. Für x, y ∈ G und z ∈ H ist xz = zx, yz = zy und

φ(xy, z) = α(xy, z)α(z, xy)−1 = α(y, z)α(x, yz)α(x, y)−1 α(x, y)α(z, x)−1 α(zx, y)−1
= φ(x, z)α(x, z)−1 φ(y, z)α(z, y)α(x, zy)α(xz, y)−1 = φ(x, z)φ(y, z).

Analog zeigt man φ(x, yz) = φ(x, y)φ(x, z) für x ∈ G und y, z ∈ H. Also ist φ ∈ P (G, H). Dies liefert
einen Homomorphismus

F : Z 2 (G × H, C× ) → Z 2 (G, C× ) × Z 2 (H, C× ) × P (G, H),


α 7→ (αG , αH , φ).

Für γ ∈ C 1 (G×H, C× ) ist sicher (∂γ)G = ∂γG ∈ B 2 (G, C× ) und (∂γ)H ∈ B 2 (H, C× ). Wegen ∂γ(x, y) =
∂γ(y, x) für x ∈ G und y ∈ H ist φ = 1 für α = ∂γ. Somit induziert F einen Homomorphismus
F : M (G × H) → M (G) × M (H) × P (G, H).
Surjektivität von F : Sei α1 ∈ Z 2 (G, C× ), α2 ∈ Z 2 (H, C× ) und φ ∈ P (G, H). Nach Lemma 11.9
dürfen wir α1 (1, 1) = α2 (1, 1) = 1 annehmen. Für x1 , y1 ∈ G und x2 , y2 ∈ H sei α(x1 x2 , y1 y2 ) :=
α1 (x1 , y1 )α2 (x2 , y2 )φ(x1 , y2 ). Dann ist

α(x1 x2 , y1 y2 )α(x1 y1 x2 y2 , z1 z2 ) = α1 (x1 , y1 )α2 (x2 , y2 )φ(x1 , y2 )α1 (x1 y1 , z1 )α2 (x2 y2 , z2 )φ(x1 y1 , z2 )
= α1 (y1 , z1 )α1 (x1 , y1 z1 )α2 (y2 , z2 )α2 (x2 , y2 z2 )φ(x1 , y2 z2 )φ(y1 , z2 )
= α(y1 y2 , z1 z2 )α(x1 x2 , y1 y2 z1 z2 )

87
und α ∈ Z 2 (G × H, C× ). Wegen φ(x, 1) = φ(x, 1)φ(x, 1) = 1 für x ∈ G ist αG = α1 und analog
αH = α2 . Für x ∈ G und y ∈ H ist schließlich

α(x, y)α(y, x)−1 = α1 (x, 1)α2 (1, y)φ(x, y)α1 (1, x)−1 α2 (y, 1)−1 φ(1, 1)−1 = φ(x, y).

Dies zeigt F (α) = (α1 , α2 , φ).

Injektivität von F : Sei F (α) = (∂γ1 , ∂γ2 , 1) mit γ1 ∈ C 1 (G, C× ) und γ2 ∈ C 1 (H, C× ). Es gilt dann
α(x, y) = α(y, x) für x ∈ G und y ∈ H. Sei δ(xy) := γ1 (x)γ2 (y)α(x, y)−1 für x ∈ G und y ∈ H. Dann
ist

∂δ(x1 x2 , y1 y2 ) = δ(x1 x2 )δ(y1 y2 )δ(x1 y1 x2 y2 )−1


= γ1 (x1 )γ2 (x2 )α(x1 , x2 )−1 γ1 (y1 )γ2 (y2 )α(y1 , y2 )−1 γ1 (x1 y1 )−1 γ2 (x2 y2 )−1 α(x1 y1 , x2 y2 )
= α(x1 , y1 )α(x2 , y2 )α(x1 , x2 )−1 α(y1 , y2 )−1 α(x1 y1 , x2 y2 )
= α(y1 , x2 )α(x1 , y1 x2 )α(x1 y1 , x2 )−1 α(x2 , y2 )α(x1 , x2 )−1 α(y1 , y2 )−1 α(x1 y1 , x2 y2 )
= α(x1 x2 , y1 )α(x1 y1 x2 , y2 )α(y1 , y2 )−1 = α(x1 x2 , y1 y2 )

für x1 , y1 ∈ G und x2 , y2 ∈ H. Also ist α ∈ B 2 (G × H, C× ) und F ist ein Isomorphismus.

Bemerkung 11.32.

(i) Für φ ∈ P (G, H) und y ∈ H ist G → C× , x 7→ φ(x, y) ein Homomorphismus. Insbesondere


ist φ(x, y) = 1 für x ∈ G′ und analog φ(x, y) = 1 für x ∈ G und y ∈ H ′ . Es folgt P (G, H) ∼
=
P (G/G′ , H/H ′ ).

(ii) Für Gruppen G, H und K gibt es Isomorphismen P (G × H, K) ∼ = P (G, K) × P (H, K) und


P (G, H × K) ∼
= P (G, H) × P (G, K) durch Einschränkung (leicht zu zeigen). Mit dem nächsten
Lemma kann man P (G, H) also vollständig bestimmen.

Lemma 11.33. Für n, m ∈ N ist P (Cn , Cm ) ∼


= CggT(n,m) .

Beweis. Sei ⟨x⟩ ∼


= Cn , ⟨y⟩ ∼
= Cm und φ ∈ P (⟨x⟩, ⟨y⟩). Dann ist

φ(x, y)n = φ(xn , y) = φ(1, y) = 1 = φ(x, 1) = φ(x, y m ) = φ(x, y)m ,

also auch φ(x, y)ggT(n,m) = 1. Sei ζ ∈ C eine primitive ggT(n, m)-te Einheitswurzel. Dann ist φ(x, y) =
ζ k mit 1 ≤ k ≤ ggT(n, m). Außerdem ist φ durch φ(x, y) bereits eindeutig bestimmt. Für jedes ζ k ∈ ⟨ζ⟩
kann man umgekehrt ein φ ∈ P (⟨x⟩, ⟨y⟩) mit φ(x, y) = ζ k konstruieren. Dies liefert den Isomorphismus
P (Cn , Cm ) ∼
= ⟨ζ⟩ ∼
= CggT(n,m) .

Folgerung 11.34. Sind G und H endliche Gruppen mit ggT(|G/G′ |, |H/H ′ |) = 1, so ist M (G × H) ∼
=
M (G) × M (H).

Beweis. Die Behauptung folgt aus Satz 11.31, Bemerkung 11.32 und Lemma 11.33.

Beispiel 11.35. Sind G und H perfekte Gruppen mit universellen Schur-Erweiterungen G


b bzw. H,
b so
ist G × H die universelle Schur-Erweiterung von G × H (Aufgabe 71).
b b

88
Satz 11.36. Für n1 , . . . , nk ∈ N gilt

M (Cn1 × . . . × Cnk ) ∼
= ×
1≤i<j≤k
CggT(ni ,nj ) .

Beweis. Nach Folgerung 11.19, Satz 11.31, Bemerkung 11.32 und Lemma 11.33 ist

= M (Cn2 × . . . × Cnk ) × P (Cn1 , Cn2 × . . . × Cnk ) ∼


M (Cn1 × . . . × Cnk ) ∼ = ...

= ×
1≤i<j≤k
P (Cni , Cnj ) ∼
= ×
1≤i<j≤k
CggT(ni ,nj ) .

Beispiel 11.37.

(i) Ist A ∼
= Cd1 × . . . × Cdn mit d1 | . . . | dn wie in Satz 2.9, so vereinfacht sich die Formel zu

M (A) ∼
= Cdn−1
1
× Cdn−2
2
× . . . × Cdn−1 .

(ii) Ist G elementarabelsch vom Rang k, so ist M (G) elementarabelsch von Rang k2 . Also ist die


Abschätzung in Satz 11.22 optimal. Insbesondere ist M (C22 ) ∼ = C2 . Die Gruppen D8 und Q8
sind daher die einzigen echten Schur-Erweiterungen von C22 . Dies zeigt, dass es nicht-isomorphe
maximale Schur-Erweiterungen geben kann.

(iii) Sei G
b eine Schur-Erweiterung von G ∈ {D2n , Q2n , SD2n } mit G/Z
b ∼
= G. Nach Satz 11.11 ist
G eine 2-Gruppe und 4 = |G : G | = |G/Z : G /Z| = |G : G |. Nach Taussky gilt daher
b ′ b b ′ b b ′
b ∈ {D2m , Q2m , SD2m }. Es folgt |Z| ≤ |Z(G)|
G b = 2 und im Fall |Z| = 2 ist Z = Z(G) b und
G∼= G/Z
b ∼
= D2m−1 . Wir haben also gezeigt:
(
C2 falls G ∼
= D2n ,
M (G) ∼
=
1 falls G ∈ {Q2n , SD2n }.

(iv) Die Sylowgruppen von A7 sind ⟨(1, 2, 3, 4)(5, 6), (1, 2)(3, 4)⟩ ∼ = D8 , ⟨(1, 2, 3), (4, 5, 6)⟩ ∼
= C32 ,
∼ ∼
⟨(1, . . . , 5)⟩ = C5 und ⟨(1, . . . , 7)⟩ = C7 . Nach Folgerung 11.19 existiert ein Monomorphismus
M (A7 ) → M (D8 ) × M (C32 ) ∼ = C6 . Tatsächlich gilt
(
C6 falls n ∈ {6, 7},
M (An ) =
C2 falls n ∈ {5, 8, 9, . . .}

(ohne Beweis, siehe Tabelle im Anhang).

(v) Sei G = PSL(2, p) für eine Primzahl p > 3. Nach Bemerkung 10.14 ist jede Sylowgruppe
von G zyklisch oder eine Diedergruppe. Aus Beispiel 11.4 und (iii) folgt M (G) ≤ C2 . Daher
ist SL(2, p) die universelle Schur-Erweiterung von PSL(2, p). Wenn man von den Ausnahmen
SL(2, 4) ∼
= PSL(2, 4) ∼ = A5 und PSL(2, 9) ∼ = A6 absieht, gilt dies auch für PSL(2, q) für eine
Primzahlpotenz q ≥ 5 (ohne Beweis).

89
Aufgaben

Aufgabe 1. Sei G eine Gruppe. Zeigen Sie:


(a) Eine nichtleere endliche Teilmenge H ⊆ G ist genau dann eine Untergruppe von G, falls xy ∈ H
für alle x, y ∈ H gilt.
(b) Jede Untergruppe vom Index 2 ist normal.
(c) Sei G = ⟨X⟩ und H = ⟨Y ⟩ ≤ G. Genau dann ist H ⊴ G, falls xyx−1 ∈ H für alle x ∈ X und
y ∈Y.

Aufgabe 2. Seien U, V, W Untergruppen einer (möglicherweise unendlichen) Gruppe G. Zeigen Sie:


(a) U ⊆ W =⇒ U V ∩ W = U (V ∩ W ).
(b) U V ≤ G ⇐⇒ U V = V U .
(c) V ⊆ U =⇒ |G : V | = |G : U ||U : V |.
(d) |U V ||U ∩ V | = |U ||V |.
(e) |G : U ∩ V | ≤ |G : U ||G : V |.
(f) Sind |G : U | und |G : V | endlich und teilerfremd, so gilt |G : U ∩ V | = |G : U ||G : V | und
G = UV .

Aufgabe 3. Zeigen Sie, dass für jede Gruppe G die folgenden Aussagen äquivalent sind:
(1) G ist abelsch.
(2) Die Abbildung G → G, x 7→ x−1 ist ein Automorphismus.
(3) Die Abbildung G → G, x 7→ x2 ist ein Endomorphismus.
Sei nun |G| < ∞. Wann ist G → G, x 7→ x2 ein Automorphismus?

Aufgabe 4. Seien H ≤ G Gruppen mit n := |G : H| < ∞. Zeigen Sie:


(a) G operiert transitiv durch Linksmultiplikation auf G/H, d. h. x (gH) := xgH für x, g ∈ G.
(b) Der Kern dieser Operation ist HG = g∈G gHg −1 .
T

(c) |G : HG | ≤ n!.
(d) Ist |G| < ∞ und n der kleinste Primteiler von |G|, so ist H ⊴G (dies verallgemeinert Aufgabe 1(b)).
(e) Ist |G| < ∞ und n > 1, so ist g∈G gHg −1 ̸= G.
S

Aufgabe 5. Zeigen Sie:


(a) Eine Gruppe ist genau dann endlich, wenn sie nur endlich viele Untergruppen besitzt.
(b) Eine endlich erzeugte Gruppe besitzt für jedes n ∈ N nur endlich viele Untergruppen vom Index
n.

90
(c) Sei G endlich erzeugt und H ≤ G mit |G : H| < ∞. Dann existiert eine charakteristische
Untergruppe K von G mit K ≤ H und |G : K| < ∞.

Aufgabe 6. Für 3 ≤ n ∈ N sei


D2n := ⟨σ, τ ⟩ ≤ Sym(C)
2πi
mit σ(z) := e n z und τ (z) := z (komplexe Konjugation) für z ∈ C. Zeigen Sie:
(a) ⟨σ⟩ ⊴ D2n und |D2n | = 2n.
(b) Ist ∆ ⊆ C das regelmäßige n-Eck in der komplexen Ebene mit Mittelpunkt 0 und Eckpunkt 1
(also die konvexe Hülle der n-ten Einheitswurzeln), so gilt

D2n = {α : C → C : α(∆) = ∆, |α(x) − α(y)| = |x − y| ∀x, y ∈ C},

d. h. D2n ist die Symmetriegruppe des regelmäßigen n-Ecks.


Man nennt D2n Diedergruppe der Ordnung 2n.

Aufgabe 7.
(a) Zeigen Sie, dass (Q, +) lokal zyklisch ist, d. h. jede endlich erzeugte Untergruppe von Q ist zyklisch.
Ist Q selbst zyklisch?
(b) Sei p eine Primzahl und A := {apb + Z : a, b ∈ Z} ≤ Q/Z. Zeigen Sie, dass jede echte Untergruppe
von A endlich und zyklisch ist.
(c) Sei Z[X] der Ring der Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten. Sei Q+ := {q ∈ Q : q > 0}.
Zeigen Sie (Z[X], +) ∼
= (Q+ , ·).
Hinweis: Primfaktorzerlegung.
(d) Entscheiden Sie, ob (R, +) und (C, +) isomorph sind.
Hinweis: Auswahlaxiom.

Aufgabe 8. Sei G eine Gruppe. Zeigen Sie:


(a) Ist G/Z(G) zyklisch, so ist G abelsch (d. h. G/Z(G) = 1).
(b) Ist Z(G) = 1, so ist CAut(G) (Inn(G)) = 1. Insbesondere ist Z(Aut(G)) = 1.

Aufgabe 9.
(a) Wie viele abelsche Gruppen der Ordnung 72 existieren bis auf Isomorphie?
(b) Bestimmen Sie den Isomorphietyp von Aut(C24 ).

Aufgabe 10. Sei G eine nichtabelsche Gruppe der Ordnung 8. Zeigen Sie:
(a) G besitzt ein Element x der Ordnung 4.
Hinweis: Aufgabe 3.
(b) Für y ∈ G \ ⟨x⟩ gilt y 4 = 1 und yx = x−1 y.
(c) Die Multiplikationstabelle von G ist durch die Ordnung von y eindeutig bestimmt.

91
(d) Im Fall y 2 = 1 ist G ∼
= D8 .
(e) Im Fall y 2 ̸= 1 ist
D i 0
 
0 1 E

G∼
= Q8 := , ≤ GL(2, C)
0 −i −1 0

mit i = −1. Man nennt Q8 Quaternionengruppe der Ordnung 8.
Hinweis: Es genügt zu zeigen, dass Q8 die gewünschten Eigenschaften hat.
(f) Konstruieren Sie alle Gruppen der Ordnung 8 bis auf Isomorphie.
Hinweis: Zeigen Sie D8 ≇ Q8 , indem Sie Elemente der Ordnung 2 zählen.

Aufgabe 11.
(a) Bestimmen Sie die Kompositionsfaktoren und Hauptfaktoren von S4 .
(b) Bestimmen Sie die Kompositionsfaktoren und Hauptfaktoren von GL(2, 3).
Hinweis: Betrachten Sie die natürliche Operation von GL(2, 3) auf der Menge der 1-dimensionalen
Unterräume von F23 .

Aufgabe 12. Eine Untergruppe H ≤ G heißt vollständig invariant in G, falls α(H) ⊆ H für jeden
Endomorphismus α von G. Zeigen Sie:
(a) Jede vollständig invariante Untergruppe ist charakteristisch in G.
(b) Jede Untergruppe einer zyklischen Gruppe ist vollständig invariant.
(c) Welche Untergruppen von S4 sind charakteristisch und welche sind vollständig invariant?
(d) Z(G) ist stets charakteristisch in G.
(e) Z(G) ist nicht unbedingt vollständig invariant in G.

Aufgabe 13. Sei G eine Gruppe und x, y ∈ G. Zeigen Sie:


(a) Aus [x, x, y] = 1 folgt [xn , y] = [x, y]n für alle n ∈ Z.
n
(b) Aus [x, x, y] = [y, x, y] = 1 folgt (xy)n = xn y n [y, x]( 2 ) für alle n ∈ N.

Aufgabe 14.
(a) Zeigen Sie D4n ∼
= D2n × C2 für alle ungeraden Zahlen n ≥ 3.
(b) Bestimmen Sie alle natürlichen Zahlen n ≥ 3, sodass die Diedergruppe D2n nilpotent ist. Berechnen
Sie ggf. die Nilpotenzklasse.

Aufgabe 15. Sei G = N ⊕ M endlich. Zeigen Sie F(G) = F(N ) ⊕ F(M ).


Achtung: Nicht jede Untergruppe von N ⊕ M hat die Form N1 ⊕ M1 mit N1 ≤ N und M1 ≤ M .

Aufgabe 16. Zeigen Sie für jede Gruppe G:


(a) exp(Zk (G)/Zk−1 (G)) ≤ exp(Z(G)) für k ≥ 1.
Hinweis: Induktion nach k und Aufgabe 13(a).

92
(b) [G[i] , Zj (G)] ≤ Zj−i (G) für 1 ≤ i ≤ j.
Hinweis: Induktion nach i + j und das 3-Untergruppen-Lemma.

Aufgabe 17. Wie viele nilpotente Gruppen der Ordnung 72 gibt es bis auf Isomorphie?

Aufgabe 18. Zeigen Sie, dass jede Gruppe der Ordnung 220 einen Normalteiler der Ordnung 55 besitzt.
Hinweis: Konstruieren Sie zunächst einen kleineren Normalteiler.

Aufgabe 19. Seien P und Q zwei verschiedene p-Sylowgruppen von G, sodass |P ∩ Q| so groß wie
möglich ist. Zeigen Sie
|Sylp (G)| ≡ 1 (mod |P : P ∩ Q|).

Aufgabe 20.

(a) Berechnen Sie Φ(S4 ).

(b) Sei G = N ⊕ M . Zeigen Sie Φ(G) = Φ(N ) ⊕ Φ(M ).

(c) Bestimmen Sie die Frattinigruppe einer endlichen abelschen Gruppe.


Hinweis: Benutzen Sie nicht die Definition.

Aufgabe 21. Eine Gruppe G heißt vollständig, falls Z(G) = 1 = Out(G). Zeigen Sie:

(a) S3 ist vollständig.

(b) Ist G vollständig, so ist Aut(G) ∼


= G.

(c) Ist N ein vollständiger Normalteiler von G, so ist G = N ⊕ CG (N ).

(d) Ist S eine nichtabelsche einfache Gruppe, so ist Aut(S) vollständig.


Hinweis: Aufgabe 8.

Aufgabe 22. Konstruieren Sie Gruppen X, Y, Z ≤ G mit [X, Y, Z] ̸= [Y, X, Z].

Aufgabe 23. Sei A ein abelscher Normalteiler von G, sodass G/A zyklisch ist, sagen wir G/A = ⟨xA⟩
mit x ∈ G. Zeigen Sie, dass die Abbildung A → G′ , a 7→ [a, x] ein Epimorphismus ist. Folgern Sie
|A| = |G′ ||A ∩ Z(G)|.

Aufgabe 24.

(a) Zeigen Sie Φ(G) ≤ F(G) und F(G/Φ(G)) = F(G)/Φ(G) für jede endliche Gruppe G.

(b) Sei P eine endliche p-Gruppe mit Q ≤ P , N ⊴ P . Zeigen Sie Φ(Q) ≤ Φ(P ) und Φ(P/N ) =
Φ(P )N/N .

(c) Zeigen Sie Φ(P ) = ⟨x2 : x ∈ P ⟩ für jede endliche 2-Gruppe P .

93
Aufgabe 25. Für eine endliche Gruppe G sei F0 (G) := 1, K0 (G) := G und induktiv
\
Fn (G)/Fn−1 (G) := F(G/Fn−1 (G)), Kn (G) := Kn−1 (G)[i]
i≥1

für n ≥ 1. Zeigen Sie:


(a) Sei 1 = N0 ⊴ . . . ⊴ Nk = G eine Normalreihe mit nilpotenten Faktoren Ni /Ni−1 für i = 1, . . . , k.
Dann gilt Kk−i (G) ≤ Ni ≤ Fi (G) für i = 0, . . . , k.
(b) Genau dann ist G auflösbar, falls ein l(G) = l ≥ 0 mit Fl−1 (G) < Fl (G) = G und Kl−1 (G) >
Kl (G) = 1 existiert. Ggf. nennt man l(G) die Fitting-Länge von G.
Bemerkung: Im Allgemeinen ist K1 (G) das nilpotente Residuum, F∞ (G) := n∈N Fn (G) das auflösbare
S

Radikal und K∞ (G) := n∈N Kn (G) = n∈N G(n) das auflösbare Residuum von G.
T T

Aufgabe 26. Sei G eine Gruppe und A, B konjugierte Untergruppen von Aut(G). Zeigen Sie G ⋊ A ∼
=
G ⋊ B.

Aufgabe 27. Sei G eine endliche Gruppe und x, y ∈ G verschiedene Involutionen. Zeigen Sie ⟨x, y⟩ ∼
=
D2n (wobei D4 = C22 ).

Aufgabe 28. (Levi) Sei G eine endliche Gruppe, in der je zwei konjugierte Elemente vertauschbar
sind. Zeigen Sie, dass G nilpotent ist.
Hinweis: Zeigen Sie, dass Elemente teilerfremder Ordnungen vertauschbar sind.

Aufgabe 29. Sei H eine π-Hallgruppe von G und N ⊴ G. Zeigen Sie:


(a) H ∩ N ist eine π-Hallgruppe von N und HN/N ist eine π-Hallgruppe von G/N .
(b) Für U ≤ G ist nicht unbedingt H ∩ U eine π-Hallgruppe von U .
(c) NG (NG (H)) = NG (H).

Aufgabe 30. Eine endliche Gruppe G heißt Frobeniusgruppe, falls eine Untergruppe 1 < H < G mit
H ∩ gHg −1 = 1 für alle g ∈ G \ H existiert (H ist also besonders weit davon entfernt ein Normalteiler
zu sein). Zeigen Sie, dass H eine Hallgruppe von G ist.
Hinweis: Satz 4.10 ist nützlich.

Aufgabe 31.
(a) Zeigen Sie, dass A5 keine {2, 5}-Hallgruppe besitzt.
(b) Zeigen Sie, dass nicht jede {2, 3}-Untergruppe von A5 in einer {2, 3}-Hallgruppe liegt.
(c) Konstruieren Sie eine endliche Gruppe G mit zwei nicht-konjugierten Hallgruppen der gleichen
Ordnung.
Hinweis: Betrachten Sie G = GL(3, 2).
Bemerkung: Die Gruppe PSL(2, 11) besitzt sogar nicht-isomorphe Hallgruppen der gleichen
Ordnung.

94
Aufgabe 32. Sei G eine auflösbare Gruppe, p eine Primzahl und |Sylp (G)| = pa11 . . . pann (Primfaktor-
zerlegung). Zeigen Sie pai i ≡ 1 (mod p) für i = 1, . . . , n.
Bemerkung: Dies verfeinert die Kongruenz aus dem Satz von Sylow.

Aufgabe 33. (Goursat) Seien G1 und G2 Gruppen. Konstruieren Sie eine Bijektion zwischen
der Menge der Untergruppen von G1 × G2 und der Menge der 5-Tupel (H1 , H2 , K1 , K2 , φ), wobei
Ki ⊴ Hi ≤ Gi (i = 1, 2) und φ : H1 /K1 → H2 /K2 ein Isomorphismus ist.

Aufgabe 34. Zeigen Sie für n ≥ 3:

(a) Sn = ⟨(1, 2), (1, 3), . . . , (1, n)⟩ = ⟨(1, 2), (2, 3), . . . , (n − 1, n)⟩ = ⟨(1, 2, . . . , n), (1, 2)⟩.

(b) An = ⟨(a, b, c) : 1 ≤ a < b < c ≤ n⟩ = ⟨(1, 2, 3), (1, 2, 4), . . . , (1, 2, n)⟩ = ⟨(1, 2, 3), (2, 3, 4), . . . ,
(n − 2, n − 1, n)⟩.

Hinweis: Sie dürfen benutzen, dass Sn von allen Transpositionen erzeugt wird.

Aufgabe 35. Bestimmen Sie die transitiven Permutationsgruppen vom Grad ≤ 4. Welche davon sind
primitiv oder regulär?
Hinweis: Satz 6.21 ist hilfreich.

Aufgabe 36. Sei G eine transitive Permutationsgruppe vom Grad > 1, in der jedes nicht-triviale
Element höchstens einen Fixpunkt hat und mindestens ein Element genau einen Fixpunkt hat. Zeigen
Sie, dass G eine Frobeniusgruppe ist (siehe Aufgabe 30).

Aufgabe 37. Realisieren Sie A5 als primitive Permutationsgruppe vom Grad 5, 6 und 10.
Hinweis: Nach Satz 6.9 genügt es, geeignete Untergruppen zu finden.

Aufgabe 38. Zeigen Sie, dass eine auflösbare Permutationsgruppe nicht 5-transitiv operieren kann.

Aufgabe 39. Sei G eine endliche Gruppe, N ⊴ G und G/N ∼ = H. Zeigen Sie, dass G zu einer
Untergruppe von N ≀ H isomorph ist.
Hinweis: Wenden Sie Satz 6.26 auf die reguläre Operation an.

Aufgabe 40. Zeigen Sie, dass die p-Sylowgruppen von Spn zu Cp ≀ . . . ≀ Cp (n Faktoren) isomorph sind.

Aufgabe 41. Berechnen Sie die Nilpotenzklasse von Cp ≀ Cp ∈ Sylp (Sp2 ) für jede Primzahl p.

Aufgabe 42. Zeigen Sie für n ∈ N, dass die 2-Sylowgruppen von Sn Cartergruppen sind.

Aufgabe 43. Zeigen Sie, dass eine auflösbare Gruppe G genau dann eine primitive Permutationsgruppe
ist, wenn ein minimaler Normalteiler A ⊴ G mit CG (A) = A existiert.

95
Aufgabe 44. Zeigen Sie, dass SL(2, F2n ) 3-transitiv auf der Menge der 1-dimensionalen Unterräume
von F22n operiert.

Aufgabe 45. Zeigen Sie:


(a) Für jede echte Untergruppe H einer nichtabelschen einfachen Gruppe G gilt |G : H| ≥ 5.
Hinweis: Aufgabe 4.
(b) Es gibt keine einfache Gruppe der Ordnung 120.
Hinweis: Realisieren Sie ein Gegenbeispiel als Untergruppe von A6 .
(c) GL(3, 2) ist eine einfache Gruppe der Ordnung 168.
(d) Die unendliche Gruppe A∞ := n≥1 An ist einfach.
S

Aufgabe 46. Berechnen Sie die Verlagerung VG/G′ explizit.


Bemerkung: Der Hauptidealsatz aus der Klassenkörpertheorie besagt, dass die Verlagerung VG′ /G′′ stets
trivial ist.

Aufgabe 47. Sei H eine Hallgruppe einer endlichen Gruppe G mit NG (H) = CG (H). Zeigen Sie, dass
H ein normales Komplement besitzt.

Aufgabe 48. Sei G eine endliche Gruppe mit einer zyklischen p-Sylowgruppe. Sei N ⊴ G, sodass
|G : N | durch p teilbar ist. Zeigen Sie, dass N p-nilpotent ist.
Hinweis: Für Q ∈ Sylp (N ) gilt NN (Q) = Q ⋊ K nach Schur-Zassenhaus. Zeigen Sie [Q, K] = 1.

Aufgabe 49. Sei G eine endliche überauflösbare Gruppe und p der kleinste Primteiler von |G|. Zeigen
Sie, dass G p-nilpotent ist.
Hinweis: Sortieren Sie die Faktoren einer Hauptreihe der Größe nach.

Aufgabe 50. Zeigen Sie:


(a) Jede nichtabelsche einfache Gruppe der Ordnung < 168 ist zu A5 isomorph.
Hinweis: Mit geeigneten Sätzen aus der Vorlesung muss man höchstens drei Ordnungen diskutieren.
(b) Jede Gruppe der Ordnung 612 ist auflösbar.

Aufgabe 51. Sei G eine p-nilpotente Gruppe und Q ≤ P ∈ Sylp (G). Zeigen Sie, dass NG (Q)/CG (Q)
eine p-Gruppe ist.
Bemerkung: Das ist die Umkehrung von Frobenius’ Verlagerungssatz.

Aufgabe 52. Zeigen Sie, dass G p-nilpotent ist, falls G/Φ(G) p-nilpotent ist.
Bemerkung: Die lokalisiert den Satz von Frattini.

Aufgabe 53 (2 + 2 + 2 + 2 Punkte). Seien N, M ⊴ G. Zeigen Sie:


(a) Sind N, M ⊴ G p-nilpotent, so auch M N . Das Produkt aller p-nilpotenten Normalteiler Fp (G) ist
daher p-nilpotent.

96
(b) Op′ (G) ≤ Fp (G) und Fp (G)/Op′ (G) = Op (G/Op′ (G)).
(c) Sind G/N und G/M p-nilpotent, so auch G/(N ∩ M ).

(d) Der kleinste Normalteiler von G mit p-nilpotenter Faktorgruppe ist Op (Op (G)).12

Aufgabe 54. Wir wollen zeigen, dass man ein Wort w über einem Alphabet A nur in genau ein
reduziertes Wort w überführen kann. Nehmen wir indirekt an, dass v ̸= w reduzierte Wörter sind und
eine Folge von Worten v = v1 , . . . , vk = w existiert, sodass sich vi und vi+1 nur durch ein Teilwort der
Form aa−1 oder a−1 a (a ∈ A) unterscheidenPk (für i = 1, . . . , k − 1). Sei |vi | die Anzahl der Buchstaben
von vi . Wir wählen die Folge, sodass i=1 |vi | minimal ist. Zeigen Sie:
(a) Es existiert ein i mit |vi−1 | < |vi | > |vi+1 |.
(b) Gilt vi−1 = . . . a . . ., vi = . . . aa−1 a . . ., vi+1 = . . . a . . ., so kann man vi und vi+1 streichen.
(c) Gilt vi−1 = . . . aa−1 . . ., vi = . . . aa−1 . . . bb−1 . . ., vi+1 = . . . bb−1 . . ., so kann man vi durch vi′ mit
|vi′ | = |vi | − 4 ersetzen.
(d) Alle anderen Fälle sind analog und führen ebenso zum Widerspruch.

Weihnachtsrätsel. Sei G ≤ S48 die Gruppe des Zauberwürfels wie in der Weihnachtsvorlesung. Wir
betrachten den „erweiterten“ Zauberwürfel mit Bildern auf allen Seiten:

(a) Beschreiben Sie die Gruppe aller Zustände des erweiterten Zauberwürfels unter Benutzung von G.
Wie viele Zustände gibt es?
(b) Wie lässt sich der erweiterte Zauberwürfel lösen, wenn man bereits den gewöhnlichen Zauberwürfel
lösen kann?
(c) Wer sind die drei Männer?

Aufgabe 55.
(a) Geben Sie eine Präsentation von S4 mit Erzeugern und Relationen an.
(b) Bestimmen Sie die Struktur von ⟨x, y | x2 = y 2 = 1⟩.
Hinweis: Es ist ein semidirektes Produkt von bekannten Gruppen.

Aufgabe 56. Sei G eine Gruppe mit Normalteiler N , sodass G/N eine freie Gruppe ist. Zeigen Sie,
dass N ein Komplement in G besitzt.
Hinweis: Bemerkung 5.3.
′ ′
12
In einigen Büchern schreibt man Opp (G) := Op (Op (G)) und Op′ p (G) anstelle von Fp (G).

97
Aufgabe 57. Sei G eine nichtabelsche Gruppe der Ordnung 12. Seien P ∈ Syl3 (G) und Q ∈ Syl2 (G).
Zeigen Sie:
(a) Im Fall P ⋬ G ist G ∼
= A4 .
Hinweis: Benutzen Sie die Operation auf Syl3 (G).
Sei nun P ⊴ G und damit G = P ⋊ Q.
(b) Im Fall Q ∼
= C22 ist G ∼
= D12 .
(c) Im Fall Q ∼
= C4 ist
G := ⟨x, y | x3 = y 4 = 1, yxy −1 = x−1 ⟩.
Bemerkung: Diese Gruppe nennt man dizyklisch.
(d) Wie viele Gruppen der Ordnung 12 gibt es bis auf Isomorphie?

Aufgabe 58. Sei P := ⟨x, y | x4 = y 2 = [x, y]2 = [x, x, y] = [y, x, y] = 1⟩. Zeigen Sie, dass die folgenden
14 Gruppen der Ordnung 16 paarweise nicht isomorph sind:

C16 , C8 × C2 , C42 , C4 × C22 , C24 , D16 , SD16 , Q16 , M16 , D8 × C2 , Q8 × C2 , C4 ⋊ C4 , D8 ∗ C4 , P.

Hinweis: Vergleichen Sie G′ , exp(G), Φ(G) und Z(G) in dieser Reihenfolge.


Bemerkung: Dies sind alle Gruppen der Ordnung 16 bis auf Isomorphie.

Aufgabe 59.
(a) Sei G = N1 ⊕ . . . ⊕ Nk mit charakteristischen Untergruppen N1 , . . . , Nk ≤ G. Zeigen Sie

Aut(G) ∼
= Aut(N1 ) × . . . × Aut(Nk ).

(b) Bestimmen Sie alle n ∈ N, sodass Aut(Cn ) zyklisch ist.


Hinweis: Benutzen Sie (a).
(c) Zeigen Sie Aut(G) ∼
̸= C3 für jede endliche Gruppe G.

Aufgabe 60. Sei p eine Primzahl, n ≥ 3 und P := Mpn . Zeigen Sie:


(a) Z(P ) = Φ(P ).
(b) Jede echte Untergruppe von P ist abelsch.
(c) U V = V U für alle U, V ≤ P .
(d) Für p = 2 ist Aut(P ) eine 2-Gruppe.
Hinweis: Bemerkung 4.20.

Aufgabe 61. Eine endliche Gruppe heißt Dedekind-Gruppe, falls alle Untergruppen normal sind.
(a) Nach Satz 4.10 ist jede Dedekind-Gruppe nilpotent. Zeigen Sie, dass eine nilpotente Gruppe genau
dann eine Dedekind-Gruppe ist, wenn jede ihrer Sylowgruppen eine Dedekind-Gruppe ist.
(b) Zeigen Sie, dass eine p-Gruppe für p > 2 genau dann eine Dedekind-Gruppe ist, wenn sie abelsch
ist.
Hinweis: Satz 9.6.

98
(c) Zeigen Sie, dass Q8 × C2n für alle n ≥ 0 eine Dedekind-Gruppe ist.
Bemerkung: Dedekind bewies, dass Q8 × C2n die einzige nichtabelsche Dedekind-Gruppe der
Ordnung 2n+3 ist.

Aufgabe 62. Sei P eine nichtabelsche p-Gruppe und A ≤ P mit |A| = p2 und CP (A) = A. Zeigen Sie,
dass P maximale Klasse hat.
Hinweis: Induktion nach |P |.

Aufgabe 63. (Wong) Sei n ≥ 4 und M2n ∼ = P ∈ Syl2 (G). Zeigen Sie, dass G 2-nilpotent ist.
Hinweis: Aufgabe 60 und Bemerkung 7.19.

Aufgabe 64. Sei E extraspeziell der Ordnung pd+1 . Dann ist E := E/E ′ ein d-dimensionaler Vektor-
raum über Fp ∼
= E ′ . Zeigen Sie, dass

β : E × E → E′, (xE ′ , yE ′ ) 7→ [x, y]

eine wohldefinierte nicht-ausgeartete alternierende Bilinearform ist (alternierend heißt β(x, x) = 0 für
alle x ∈ E). Folgern Sie, dass d gerade ist ohne Satz 9.20 zu benutzen.

Aufgabe 65. Zeigen Sie, dass für jede endliche p-Gruppe P ̸= 1 die folgenden Aussagen äquivalent
sind:
(a) P ist extraspeziell.
(b) |Z(P )| = |Φ(P )| = p.
(c) |Z(P )| = |P ′ | = p.
(d) Z(P ) = P ′ = Φ(P ) ist zyklisch.
Hinweis: Aufgabe 13.
Bemerkung: Im Fall Φ(P ) = 1 oder P ′ = Φ(P ) = Z(P ) nennt man P speziell .

Aufgabe 66. Sei G eine endliche Gruppe. Zeigen Sie:


(a) Genau dann gilt H ≤ F(G), wenn H eine subnormale nilpotente Untergruppe von G ist.
(b) Für H, K ⊴⊴ G gilt H ∩ K ⊴⊴ G.
(c) Für H ⊴⊴ G und P ∈ Sylp (G) gilt H ∩ P ∈ Sylp (H).
Bemerkung: Kleidman hat mit der CFSG die Umkehrung bewiesen, d. h. H ⊴⊴ G, falls H ∩ P ∈
Sylp (H) für alle Primzahlen p und alle P ∈ Sylp (G).

Aufgabe 67. Sei G eine endliche perfekte Gruppe. Zeigen Sie, dass Aut(G) zu einer Untergruppe von
Aut(G/Z(G)) isomorph ist.

Aufgabe 68. Konstruieren Sie eine endliche, nicht-auflösbare Gruppe G mit E(G) = 1.

Aufgabe 69. Zeigen Sie GL(2, 4) ∼


= A5 × C 3 .

99
Aufgabe 70. Zeigen Sie:
(a) Alle Involutionen in G := GL(3, 4) sind konjugiert.
Hinweis: Da das Minimalpolynom zerfällt, kann man die Jordansche Normalform benutzen.
(b) Alle Involutionen in S := SL(3, 4) sind konjugiert.
Hinweis: Wählen Sie konkret x ∈ S und zeigen Sie CG (x) ⊈ S.
(c) Alle Involutionen in S := S/Z(S) = PSL(3, 4) sind konjugiert.
(d) PSL(3, 4) und A8 sind nicht-isomorphe einfache Gruppen der gleichen Ordnung.

Aufgabe 71. Sei G


b eine Schur-Erweiterung einer endlichen Gruppe G mit G/Z
b ∼
= G.
(a) Zeigen Sie, dass für W ≤ Z auch G/W
b eine Schur-Erweiterung von G ist.
(b) Sei H
b eine Schur-Erweiterung einer endlichen Gruppe H. Zeigen Sie, dass G b eine Schur-
b×H
Erweiterung von G × H ist.

Aufgabe 72. Bestimmen Sie den Schur-Multiplikator und eine entsprechende Schur-Erweiterung von
D2n mit n ≥ 3.

Aufgabe 73. Seien A und B endliche abelsche Gruppen und f : A → B ein Homomorphismus. Sei
A∗ := Hom(A, C× ). Zeigen Sie:
(a) Die Abbildung f ∗ : B ∗ → A∗ , λ 7→ λ ◦ f ist ein Homomorphismus.
(b) Die Abbildung ΓA : A → (A∗ )∗ mit ΓA (a)(λ) := λ(a) für a ∈ A ist ein Isomorphismus.
Hinweis: Nach Lemma 11.14 genügt es zu zeigen, dass ΓA ein Monomorphismus ist.
(c) (f ∗ )∗ ◦ ΓA = ΓB ◦ f .
(d) |Hom(A, B)| = |Hom(B, A)|.
(e) Genau dann ist f surjektiv (bzw. injektiv), wenn f ∗ injektiv (bzw. surjektiv) ist.
(f) Die Anzahl der zu B isomorphen Untergruppen von A ist die Anzahl der zu B isomorphen
Faktorgruppen von A.

Aufgabe 74 (Alperin-Kuo). Zeigen Sie exp(M (G)) exp(G) |G| für jede endliche Gruppe G.
Hinweis: Wenden Sie Satz 11.18 auf eine zyklische p-Untergruppe H ≤ G an.

n
Aufgabe 75 (Jones). Zeigen Sie |M (P )||P ′ | ≤ p( 2 ) für jede p-Gruppe P der Ordnung pn .
Hinweis: Wenden Sie Lemma 11.21 auf H = F/[F, N ] an, wobei P = F/N .

Aufgabe 76. Sei Z ≤ Z(G) mit ggT(|Z|, |G/Z|) = 1. Wie im Beweis von Satz 11.15 bestimmt G ein
Faktorensystem α ∈ Z 2 (G/Z, Z). Zeigen Sie:
(a) H 2 (G/Z, Z) = 1.
(b) Z besitzt ein Komplement in G.
Bemerkung: Damit kann man den Satz von Schur-Zassenhaus beweisen.

100
Aufgabe 77. Sei A eine abelsche Gruppe und α : G → Aut(A), x → αx ein Homomorphismus. Wir
definieren

Zα2 (G, A) := γ : G × G → A : ∀x, y, z ∈ G : γ(x, y)γ(xy, z) = αx (γ(y, z))γ(x, yz) .




Zeigen Sie:
(a) Für γ ∈ Zα2 (G, A) wird G
b γ := A × G mit der Verknüpfung

(a, x) ∗ (b, y) := (aαx (b)γ(x, y), xy)

zu einer Gruppe.
b γ und Gγ /Aγ ∼
(b) Aγ := A × 1 ist ein zu A isomorpher Normalteiler von G = G.
(c) Sei umgekehrt Gb mit A ⊴ G b und G/A
b ∼
= G. Sei α : G → Aut(A) die Konjugationsoperation von
G 2 b∼
b auf A. Zeigen Sie, dass ein γ ∈ Zα (G, A) mit G =Gb γ existiert.

Bemerkung: Für Schur-Erweiterungen ist α die triviale Abbildung.

101
Anhang

Anzahl von Gruppen der Ordnung ≤ 2000 bis auf Isomorphie:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0+ 1 1 1 2 1 2 1 5 2 2
10+ 1 5 1 2 1 14 1 5 1 5
20+ 2 2 1 15 2 2 5 4 1 4
30+ 1 51 1 2 1 14 1 2 2 14
40+ 1 6 1 4 2 2 1 52 2 5
50+ 1 5 1 15 2 13 2 2 1 13
60+ 1 2 4 267 1 4 1 5 1 4
70+ 1 50 1 2 3 4 1 6 1 52
80+ 15 2 1 15 1 2 1 12 1 10
90+ 1 4 2 2 1 231 1 5 2 16
100+ 1 4 1 14 2 2 1 45 1 6
110+ 2 43 1 6 1 5 4 2 1 47
120+ 2 2 1 4 5 16 1 2328 2 4
130+ 1 10 1 2 5 15 1 4 1 11
140+ 1 2 1 197 1 2 6 5 1 13
150+ 1 12 2 4 2 18 1 2 1 238
160+ 1 55 1 5 2 2 1 57 2 4
170+ 5 4 1 4 2 42 1 2 1 37
180+ 1 4 2 12 1 6 1 4 13 4
190+ 1 1543 1 2 2 12 1 10 1 52
200+ 2 2 2 12 2 2 2 51 1 12
210+ 1 5 1 2 1 177 1 2 2 15
220+ 1 6 1 197 6 2 1 15 1 4
230+ 2 14 1 16 1 4 2 4 1 208
240+ 1 5 67 5 2 4 1 12 1 15
250+ 1 46 2 2 1 56092 1 6 1 15
260+ 2 2 1 39 1 4 1 4 1 30
270+ 1 54 5 2 4 10 1 2 4 40
280+ 1 4 1 4 2 4 1 1045 2 4
290+ 2 5 1 23 1 14 5 2 1 49
300+ 2 2 1 42 2 10 1 9 2 6
310+ 1 61 1 2 4 4 1 4 1 1640
320+ 1 4 1 176 2 2 2 15 1 12
330+ 1 4 5 2 1 228 1 5 1 15
340+ 1 18 5 12 1 2 1 12 1 10
350+ 14 195 1 4 2 5 2 2 1 162
360+ 2 2 3 11 1 6 1 42 2 4
370+ 1 15 1 4 7 12 1 60 1 11
380+ 2 2 1 20169 2 2 4 5 1 12
390+ 1 44 1 2 1 30 1 2 5 221
400+ 1 6 1 5 16 6 1 46 1 6
410+ 1 4 1 10 1 235 2 4 1 41
420+ 1 2 2 14 2 4 1 4 2 4
430+ 1 775 1 4 1 5 1 6 1 51
440+ 13 4 1 18 1 2 1 1396 1 34
450+ 1 5 2 2 1 54 1 2 5 11
460+ 1 12 1 51 4 2 1 55 1 4
470+ 2 12 1 6 2 11 2 2 1 1213
480+ 1 2 2 12 1 261 1 14 2 10
490+ 1 12 1 4 4 42 2 4 1 56
500+ 1 2 1 202 2 6 6 4 1 8
510+ 1 10494213 15 2 1 15 1 4 1 49
520+ 1 10 1 4 6 2 1 170 2 4

102
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
530+ 2 9 1 4 1 12 1 2 2 119
540+ 1 2 2 246 1 24 1 5 4 16
550+ 1 39 1 2 2 4 1 16 1 180
560+ 1 2 1 10 1 2 49 12 1 12
570+ 1 11 1 4 2 8681 1 5 2 15
580+ 1 6 1 15 4 2 1 66 1 4
590+ 1 51 1 30 1 5 2 4 1 205
600+ 1 6 4 4 7 4 1 195 3 6
610+ 1 36 1 2 2 35 1 6 1 15
620+ 5 2 1 260 15 2 2 5 1 32
630+ 1 12 2 2 1 12 2 4 2 21541
640+ 1 4 1 9 2 4 1 757 1 10
650+ 5 4 1 6 2 53 5 4 1 40
660+ 1 2 2 12 1 18 1 4 2 4
670+ 1 1280 1 2 17 16 1 4 1 53
680+ 1 4 1 51 1 15 2 42 2 8
690+ 1 5 4 2 1 44 1 2 1 36
700+ 1 62 1 1387 1 2 1 10 1 6
710+ 4 15 1 12 2 4 1 2 1 840
720+ 1 5 2 5 2 13 1 40 504 4
730+ 1 18 1 2 6 195 2 10 1 15
740+ 5 4 1 54 1 2 2 11 1 39
750+ 1 42 1 4 2 189 1 2 2 39
760+ 1 6 1 4 2 2 1 1090235 1 12
770+ 1 5 1 16 4 15 5 2 1 53
780+ 1 4 5 172 1 4 1 5 1 4
790+ 2 137 1 2 1 4 1 24 1 1211
800+ 2 2 1 15 1 4 1 14 1 113
810+ 1 16 2 4 1 205 1 2 11 20
820+ 1 4 1 12 5 4 1 30 1 4
830+ 2 1630 2 6 1 9 13 2 1 186
840+ 2 2 1 4 2 10 2 51 2 10
850+ 1 10 1 4 5 12 1 12 1 11
860+ 2 2 1 4725 1 2 3 9 1 8
870+ 1 14 4 4 5 18 1 2 1 221
880+ 1 68 1 15 1 2 1 61 2 4
890+ 15 4 1 4 1 19349 2 2 1 150
900+ 1 4 7 15 2 6 1 4 2 8
910+ 1 222 1 2 4 5 1 30 1 39
920+ 2 2 1 34 2 2 4 235 1 18
930+ 2 5 1 2 2 222 1 4 2 11
940+ 1 6 1 42 13 4 1 15 1 10
950+ 1 42 1 10 2 4 1 2 1 11394
960+ 2 4 2 5 1 12 1 42 2 4
970+ 1 900 1 2 6 51 1 6 2 34
980+ 5 2 1 46 1 4 2 11 1 30
990+ 1 196 2 6 1 10 1 2 15 199
1000+ 1 4 1 4 2 2 1 954 1 6
1010+ 2 13 1 23 2 12 2 2 1 37
1020+ 1 4 2 4948736728913 4 66 2 5 19 4
1030+ 1 54 1 4 2 11 1 4 1 231
1040+ 1 2 1 36 2 2 2 12 1 40
1050+ 1 4 51 4 2 1028 1 5 1 15
1060+ 1 10 1 35 2 4 1 12 1 4
1070+ 4 42 1 4 2 5 1 10 1 583
1080+ 2 2 6 4 2 6 1 1681 6 4
1090+ 1 77 1 2 2 15 1 16 1 51
13
Diese Zahl wurde nach 20 Jahren korrigiert in [D. Burrell, On the number of groups of order 1024, Comm. Alg. 50
(2022), 2408–2410]

103
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1100+ 2 4 1 170 1 4 5 5 1 12
1110+ 1 12 2 2 1 46 1 4 2 1092
1120+ 1 8 1 5 14 2 2 39 1 4
1130+ 2 4 1 254 1 42 2 2 1 41
1140+ 1 2 5 39 1 4 1 11 1 10
1150+ 1 157877 1 2 4 16 1 6 1 49
1160+ 13 4 1 18 1 4 1 53 1 32
1170+ 1 5 1 2 2 279 1 4 2 11
1180+ 1 4 3 235 2 2 1 99 1 8
1190+ 2 14 1 6 1 11 14 2 1 1040
1200+ 1 2 1 13 2 16 1 12 5 27
1210+ 1 12 1 2 69 1387 1 16 1 20
1220+ 2 4 1 164 4 2 2 4 1 12
1230+ 1 153 2 2 1 15 1 2 2 51
1240+ 1 30 1 4 1 4 1 1460 1 55
1250+ 4 5 1 12 2 14 1 4 1 131
1260+ 1 2 2 42 3 6 1 5 5 4
1270+ 1 44 1 10 3 11 1 10 1 1116461
1280+ 5 2 1 10 1 2 4 35 1 12
1290+ 1 11 1 2 1 3609 1 4 2 50
1300+ 1 24 1 12 2 2 1 18 1 6
1310+ 2 244 1 18 1 9 2 2 1 181
1320+ 1 2 51 4 2 12 1 42 1 8
1330+ 5 61 1 4 1 12 1 6 1 11
1340+ 2 4 1 11720 1 2 1 5 1 112
1350+ 1 52 1 2 2 12 1 4 4 245
1360+ 1 4 1 9 5 2 1 211 2 4
1370+ 2 38 1 6 15 195 15 6 2 29
1380+ 1 2 1 14 1 32 1 4 2 4
1390+ 1 198 1 4 8 5 1 4 1 153
1400+ 1 2 1 227 2 4 5 19324 1 8
1410+ 1 5 4 4 1 39 1 2 2 15
1420+ 4 16 1 53 6 4 1 40 1 12
1430+ 5 12 1 4 2 4 1 2 1 5958
1440+ 1 4 5 12 2 6 1 14 4 10
1450+ 1 40 1 2 2 179 1 1798 1 15
1460+ 2 4 1 61 1 2 5 4 1 46
1470+ 1 1387 1 6 2 36 2 2 1 49
1480+ 1 24 1 11 10 2 1 222 1 4
1490+ 3 5 1 10 1 41 2 4 1 174
1500+ 1 2 2 195 2 4 1 15 1 6
1510+ 1 889 1 2 2 4 1 12 2 178
1520+ 13 2 1 15 4 4 1 12 1 20
1530+ 1 4 5 4 1 408641062 1 2 60 36
1540+ 1 4 1 15 2 2 1 46 1 16
1550+ 1 54 1 24 2 5 2 4 1 221
1560+ 1 4 1 11 1 30 1 928 2 4
1570+ 1 10 2 2 13 14 1 4 1 11
1580+ 2 6 1 697 1 4 3 5 1 8
1590+ 1 12 5 2 2 64 1 4 2 10281
1600+ 1 10 1 5 1 4 1 54 1 8
1610+ 2 11 1 4 1 51 6 2 1 477
1620+ 1 2 2 56 5 6 1 11 5 4
1630+ 1 1213 1 4 2 5 1 72 1 68
1640+ 2 2 1 12 1 2 13 42 1 38
1650+ 1 9 2 2 2 137 1 2 5 11
1660+ 1 6 1 21507 5 10 1 15 1 4
1670+ 1 34 2 60 2 4 5 2 1 1005
1680+ 2 5 2 5 1 4 1 12 1 10

104
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1690+ 1 30 1 10 1 235 1 6 1 50
1700+ 309 4 2 39 7 2 1 11 1 36
1710+ 2 42 2 2 5 40 1 2 2 39
1720+ 1 12 1 4 3 2 1 47937 1 4
1730+ 2 5 1 13 1 35 4 4 1 37
1740+ 1 4 2 51 1 16 1 9 1 30
1750+ 2 64 1 2 14 4 1 4 1 1285
1760+ 1 2 1 228 1 2 5 53 1 8
1770+ 2 4 2 2 4 260 1 6 1 15
1780+ 1 110 1 12 2 4 1 12 1 4
1790+ 5 1083553 1 12 1 5 1 4 1 749
1800+ 1 4 2 11 3 30 1 54 13 6
1810+ 1 15 2 2 9 12 1 10 1 35
1820+ 2 2 1 1264 2 4 6 5 1 18
1830+ 1 14 2 4 1 117 1 2 2 178
1840+ 1 6 1 5 4 4 1 162 2 10
1850+ 1 4 1 16 1 1630 2 2 2 56
1860+ 1 10 15 15 1 4 1 4 2 12
1870+ 1 1096 1 2 21 9 1 6 1 39
1880+ 5 2 1 18 1 4 2 195 1 120
1890+ 1 9 2 2 1 54 1 4 4 36
1900+ 1 4 1 186 2 2 1 36 1 6
1910+ 15 12 1 8 1 4 5 4 1 241004
1920+ 1 5 1 15 4 10 1 15 2 4
1930+ 1 34 1 2 4 167 1 12 1 15
1940+ 1 2 1 3973 1 4 1 4 1 40
1950+ 1 235 11 2 1 15 1 6 1 144
1960+ 1 18 1 4 2 2 2 203 1 4
1970+ 15 15 1 12 2 39 1 4 1 120
1980+ 1 2 2 1388 1 6 1 13 4 4
1990+ 1 39 1 2 5 4 1 66 1 963

105
Nichtabelsche einfache Gruppen der Ordnung ≤ 106 :

G |G| Out(G) M (G)


A5 ∼ 2
= SL(2, 2 ) =∼ PSL(2, 5) 2
60 = 2 · 3 · 5 C2 C2
GL(3, 2) ∼ = PSL(2, 7) 168 = 23 · 3 · 7 C2 C2
A6 ∼
= PSL(2, 32 ) 360 = 23 · 32 · 5 C22 C6
SL(2, 23 ) 504 = 23 · 32 · 7 C3 1
PSL(2, 11) 660 = 22 · 3 · 5 · 11 C2 C2
PSL(2, 13) 1092 = 22 · 3 · 7 · 13 C2 C2
PSL(2, 17) 2448 = 24 · 32 · 17 C2 C2
A7 2520 = 23 · 32 · 5 · 7 C2 C6
PSL(2, 19) 3420 = 22 · 32 · 5 · 19 C2 C2
SL(2, 24 ) 4080 = 24 · 3 · 5 · 17 C4 1
SL(3, 3) 5616 = 24 · 33 · 13 C2 1
SU(3, 3) 6048 = 25 · 33 · 7 C2 1
PSL(2, 23) 6072 = 23 · 3 · 11 · 23 C2 C2
PSL(2, 52 ) 7800 = 23 · 3 · 52 · 13 C22 C2
M11 7920 = 24 · 32 · 5 · 11 1 1
PSL(2, 33 ) 9828 = 22 · 33 · 7 · 13 C6 C2
PSL(2, 29) 12180 = 22 · 3 · 5 · 7 · 29 C2 C2
PSL(2, 31) 14880 = 25 · 3 · 5 · 31 C2 C2
A8 ∼
= GL(4, 2) 20160 = 26 · 32 · 5 · 7 C2 C2
PSL(3, 22 ) 20160 = 26 · 32 · 5 · 7 D12 C12 × C4
PSL(2, 37) 25308 = 22 · 32 · 19 · 37 C2 C2
SU(4, 2) ∼ = PSp(4, 3) 25920 = 26 · 34 · 5 C2 C2
Sz(8) 29120 = 26 · 5 · 7 · 13 C3 C22
SL(2, 25 ) 32736 = 25 · 3 · 11 · 31 C5 1
PSL(2, 41) 34440 = 23 · 3 · 5 · 7 · 41 C2 C2
PSL(2, 43) 39732 = 22 · 3 · 7 · 11 · 43 C2 C2
PSL(2, 47) 51888 = 24 · 3 · 23 · 47 C2 C2
PSL(2, 72 ) 58800 = 24 · 3 · 52 · 72 C22 C2
SU(3, 22 ) 62400 = 26 · 3 · 52 · 13 C4 1
PSL(2, 53) 74412 = 22 · 33 · 13 · 53 C2 C2
M12 95040 = 26 · 33 · 5 · 11 C2 C2
PSL(2, 59) 102660 = 22 · 3 · 5 · 29 · 59 C2 C2
PSL(2, 61) 113460 = 22 · 3 · 5 · 31 · 61 C2 C2
PSU(3, 5) 126000 = 24 · 32 · 53 · 7 C3 C3
PSL(2, 67) 150348 = 22 · 3 · 11 · 17 · 67 C2 C2
J1 175560 = 23 · 3 · 5 · 7 · 11 · 19 1 1
PSL(2, 71) 178920 = 23 · 32 · 5 · 7 · 71 C2 C2
A9 181440 = 26 · 34 · 5 · 7 C2 C2
PSL(2, 73) 194472 = 23 · 32 · 37 · 73 C2 C2
PSL(2, 79) 246480 = 24 · 3 · 5 · 13 · 79 C2 C2
SL(2, 26 ) 262080 = 26 · 32 · 5 · 7 · 13 C6 1
PSL(2, 34 ) 265680 = 24 · 34 · 5 · 41 C4 × C2 C2
PSL(2, 83) 285852 = 22 · 3 · 7 · 41 · 83 C2 C2
PSL(2, 89) 352440 = 23 · 32 · 5 · 11 · 89 C2 C2
SL(3, 5) 372000 = 25 · 3 · 53 · 31 C2 1
M22 443520 = 27 · 32 · 5 · 7 · 11 C2 C12
PSL(2, 97) 456288 = 25 · 3 · 72 · 97 C2 C2
PSL(2, 101) 515100 = 22 · 3 · 52 · 17 · 101 C2 C2
PSL(2, 103) 546312 = 23 · 3 · 13 · 17 · 103 C2 C2
J2 604800 = 27 · 33 · 52 · 7 C2 C2
PSL(2, 107) 612468 = 22 · 33 · 53 · 107 C2 C2
PSL(2, 109) 647460 = 22 · 33 · 5 · 11 · 109 C2 C2
PSL(2, 113) 721392 = 24 · 3 · 7 · 19 · 113 C2 C2
PSL(2, 112 ) 885720 = 23 · 3 · 5 · 112 · 61 C22 C2
PSL(2, 53 ) 976500 = 22 · 32 · 53 · 7 · 31 C6 C2
Sp(4, 22 ) 979200 = 28 · 32 · 52 · 17 C2 1

106
Primitive Permutationsgruppe vom Grad d ≤ 15:

d G
2 S2 = C2
3 A3 = C 3 , S 3
4 A4 , S 4
5 C5 , D10 , AGL(1, 5) = C5 ⋊ C4 , A5 , S5
6 A5 , S 5 , A 6 , S 6
7 C7 , D14 , C7 ⋊ C3 , AGL(1, 7) = C7 ⋊ C6 , GL(3, 2), A7 , S7
8 AGL(1, 8), AΓL(1, 8), AGL(3, 2), PGL(2, 7), A8 , S8
9 C32 ⋊ C4 , S3 ≀ C2 , M9 = C32 ⋊ Q8 , AGL(1, 9), AΓL(1, 9),
ASL(2, 3), AGL(2, 3), SL(2, 8), PΓL(2, 8), A9 , S9
10 A5 , S5 , PSL(2, 9), PGL(2, 9), PΣL(2, 9), M10 , PΓL(2, 9), A10 , S10
11 C11 , D22 , C11 ⋊ C5 , AGL(1, 11), PSL(2, 11), M11 , A11 , S11
12 M11 , M12 , PSL(2, 11), PGL(2, 11), A12 , S12
13 C13 , D26 , C13 ⋊ C3 , C13 ⋊ C4 , C13 ⋊ C6 , AGL(1, 13), SL(3, 3), A13 , S13
14 PSL(2, 13), PGL(2, 13), A14 , S14
15 A6 , S6 , A7 , A8 , A15 , S15

107
Stichwortverzeichnis
Symbole Sym(Ω), 4
A5 , 47 V4 , 41
AGL(n, q), 43 xy , 33
Alt(Ω), 5 [x, y], 17
An , 5 [x1 , . . . , xn ], 17
Ap (G), 57 [X, Y ], 17
Aut(G), 7
Autn (G), 21 A
CG (x), 8 allgemeine lineare Gruppe, 4
Cn , 10 Alperin-Kuo, 100
D2n , 31, 91 Alperins Fusionssatz, 50
E(G), 73 Alphabet, 60
Endn (G), 21 alternierende Gruppe, 5
Ep (G), 57 auflösbares Radikal, 15, 94
F(G), 20 auflösbares Residuum, 94
Fn (G), 94 Auflösbarkeitsstufe, 18
FocG (H), 49 auflösbar, 13
Fp (G), 96 Automorphismengruppe, 7
G′ , 17 äußere, 7
G(k) , 17 Automorphismus, 6
G[k] , 17 innerer, 7
G/H, 4
B
|G : H|, 4
Baer-Suzuki, 71
GL(n, K), 4
Bahn, 8
GU(n, q), 77
Bahnengleichung, 9
Gn , 4
G Block, 41
ω, 8
Brandis, 33, 56
Gω , 8
Brauer-Suzuki, 78
H G, 6
Buchstabe, 60
HG , 6
Burnside Problem, 9
H ≀ G, 45
Burnside-Problem
Inn(G), 7
eingeschränktes, 9
Kn (G), 94
Burnsides Basissatz, 26
M (G), 80
Burnsides Lemma, 40
Mpn , 63
Burnsides Verlagerungssatz, 53
N ∗ M , 68
N ⊕ M , 11 C
NG (H), 8 Carmichael, 62
N ⋊ H, 30 Carter, 28
N ⋊φ H, 30 Cartergruppe, 28
Oπ (G), 24 Cauchy, 23
Oπ (G), 24 Cayley, 39
Out(G), 7 charakteristisch, 16
PGL(n, q), 75 charakteristisch einfach, 16
PSL(n, q), 75 Chinesischer Restsatz, 10
PSU(n, q), 77 Coxeter-Todd-Algorithmus, 62
Φ(G), 25
Q2n , 63 D
Q8 , 92 Darstellungsgruppe, 85
SD2n , 63 Dedekind-Gruppe, 98
SL(n, K), 5 Dedekind-Identität, 5
SU(n, q), 77 Diedergruppe, 31, 91
Sylp (G), 22 direkte Summe, 11

108
Doppelnebenklassen, 8 isoklinisch, 85
isomorph, 7
E metabelsche, 18
einfach, 13 modulare, 63
elementarabelsch, 13 nilpotente, 18
Endomorphismus, 6 Ordnung 8, 91
addierbar, 21 Ordnung 12, 98
nilpotenter, 21 Ordnung 16, 98
normaler, 21 perfekte, 18
Epimorphismus, 6 periodische, 9
kanonischer, 6 π-separable, 37
Erzeugendensystem, 4 projektive lineare, 75
exakte Folge, 29 quasieinfache, 72
kurze, 29 spezielle, 99
zerfallen, 29 torsionsfreie, 9
Exponent, 9 triviale, 4
extraspeziell, 68 unzerlegbare, 21
vollständige, 93
F
zyklische, 4
Faktorensystem, 80
überauflösbare, 17
Faktorgruppe, 6
Grün, 52
Feit-Thompson, 36
Grüns zweiter Verlagerungssatz, 58
Fitting, 20, 21
Guralnick-Malle-Navarro, 28
Fitting-Länge, 94
Fittinggruppe, 20 H
verallgemeinerte, 73 Hall, 37
Fokalgruppe, 49 Hall-Higman-Lemma, 37
Frattini, 26 Hall-Witt-Identität, 18
Frattini-Argument, 9 Hallgruppe, 36
Frattinigruppe, 25 Halsketten, 40
Frobenius’ Verlagerungssatz, 52 Hauptfaktoren, 15
Frobeniusgruppe, 94 Hauptidealsatz, 96
Hauptreihe, 15
G
Higmans Fokalsatz, 50
Galois, 38, 44
Hochschild-Serre-Sequenz, 86
Gaschütz, 33, 56, 84
Homomorphiesatz, 7
Gauß, 63
Homomorphismus, 6
Gorenstein-Walter, 78
verschränkter, 33
Goursat, 95
Hopf-Formel, 84
Grad, 7, 39
Hölder, 74
Green, 83
Gross, 37 I
Gruppe, 3 imprimitiv, 41
abelsche, 3 Index, 4
Hauptsatz, 11 Involution, 4
affine, 43 isomorph, 40
auflösbare, 13 Isomorphiesätze, 7
charakteristisch einfache, 16 Isomorphismus, 6
dizyklische, 98 Iwasawa, 75
einfache, 13
elementarabelsche, 13 J
endlich erzeugte, 5 Jones, 87, 100
endlich präsentierte, 61 Jordan-Hölder, 13
extraspezielle, 68, 99 Jordan-Moore-Dickson, 77
freie, 60
universelle Eigenschaft, 60 K
freie abelsche, 13 k-transitiv, 46

109
Kacynski, 66 P
Kern einer Untergruppe, 6 p-Sylowgruppe, 22
Klasse, 18 p-nilpotent, 48
Klassengleichung, 9 perfekt, 18
Kleidman, 99 periodisch, 9
Kleinsche Vierergruppe, 41 Permutationsgruppe, 39
Kohomologiegruppe, 80 π-Hallgruppe, 36
Kommutator, 17 π-Kern, 24
Kommutatorgruppe, 17 π-Radikal, 24
Komponente, 72 π-Residuum, 24
Kompositionsfaktor, 13 primitiv, 41
Kompositionsreihe, 13 Puigs Hyperfokalsatz, 51
Konjugation, 8
Konjugationsklasse, 8 Q
Korrespondenzsatz, 7 quasieinfach, 72
Kozyklus, 80 Quaternionengruppe, 63, 92
Kranzprodukt, 45
Krull-Schmidt, 22 R
Künneth-Formel, 87 Rang
elementarabelsche Gruppe, 13
L freie Gruppe, 60
Lagrange, 5 Read, 85
Levi, 94 regulär, 41
Linksnebenklasse, 4 Reidemeister-Schreier, 5
Länge, 8 Relation, 61
Relator, 61
M Roquette, 58
Mathieugruppe, 48 Rose, 30
McCarthy, 44
metabelsch, 18 S
Monomorphismus, 6 Schmidt, 38
Schreiers Vermutung, 74
N Schur, 81, 84
Nebenklasse, 4 Schur-Erweiterung, 79
nilpotent, 18 universelle, 85
nilpotentes Residuum, 94 Schur-Multiplikator, 80
Nilpotenzklasse, 18 Schur-Zassenhaus, 35
maximale, 65 Semidiedergruppe, 63
normaler Abschluss, 6 semidirektes Produkt, 30
Normalisator, 8 Shaw, 55
Normalreihe, 15 Shemetkov, 58
Normalteiler, 6 Singer-Zyklus, 43
spezielle lineare Gruppe, 5
O Stabilisator, 8
Operation, 7 subnormal, 71
imprimitiv, 41 Subnormalreihe, 13
isomorph, 40 Sylow, 22
k-transitiv, 46 Symmetriegruppe, 91
primitiv, 41 symmetrische Gruppe, 4
regulär, 41
transitiv, 8 T
treu, 8 Tates Verlagerungssatz, 57
trivial, 8 Taunt, 50
Ordnung Taussky, 65
einer Gruppe, 3 Thompson-Glauberman, 52
eines Elements, 4 Torisionsteil, 13
torsionsfrei, 9

110
Torsionsgruppe, 9
transfer, 49

U
überauflösbar, 17
Untergruppe, 4
charakteristische, 16
erzeugte, 4
maximale, 4
minimale, 4
normale, 6
subnormale, 71
vollständig invariante, 92
3-Untergruppen-Lemma, 18

V
Vdovin, 28
Verlagerung, 49
kontrolliert, 58
von Dyck, 61

W
Wedderburn, 66
Wielandt, 26, 39
Wong, 99
Wort, 60
leeres, 60
reduziertes, 60

Y
Yoshidas Verlagerungssatz, 58

Z
Zassenhaus, 53
Zentralisator, 8
Zentralprodukt, 68
Zentralreihe
obere, 18
untere, 19
Zentrum, 8

111

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