Katastrophenmedizin
Katastrophenmedizin
Katastrophenmedizin
medizin
Leitfaden für die ärztliche Versorgung
im Katastrophenfall
Katastrophenmedizin
Leitfaden für die ärztliche Versorgung
im Katastrophenfall
Katastrophen-
medizin
Leitfaden für die ärztliche Versorgung
im Katastrophenfall
Herausgeber
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Postfach 1867
53008 Bonn
Tel. 0228 99 5500
Fax 0228 99 550 1620
Redaktion
Dr. med. Johann Wilhelm Weidringer
Vorsitzender der Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern
Professor an der Hochschule für Gesundheit und Sport Berlin
Chirurg, Geschäftsführender Arzt der Bayerischen Landesärztekammer
Mühlbaurstraße 16
81677 München
4 Leitfaden Katastrophenmedizin
Bildquellennachweis
Abbildungen des Deckumschlages:
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picture-alliance/dpa/Holger Hollemann
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S. 107: Paramedics Worldwide, Wikimedia Commons, lizenziert unter
http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/nl/deed.de
S. 91: Bruno Hersche, A-Sonntagberg
S. 106: DRK-Generalsekretariat Berlin, Team 23 Bevölkerungsschutz/
Rettungswesen
S. 381: Siegfried W. W. Ippisch, Erding
Das vorliegende Werk konnte nur Dank des Engagements bei Organisation
und Textverarbeitung von Frau Claudia Eiselt und Frau Sybille Ryska in so kur-
zer Zeit fertig gestellt werden.
Diese Veröffentlichung entspricht dem Stand des Wissens zum Zeitpunkt der
Herausgabe. Autoren und Herausgeber dieses Werkes haben große Sorgfalt
darauf verwendet, dass die in diesem Buch gemachten organisatorischen,
diagnostischen sowie v. a. therapeutischen Angaben (insbesondere hinsicht-
lich Indikation, Dosierung und unerwünschten Wirkungen) dem derzeiti-
gen Wissensstand entsprechen.
Leitfaden Katastrophenmedizin 5
Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch
im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urhe-
berrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 09. September 1965
in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungs-
pflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urhe-
berrechtsgesetzes.
Lektorat
Dr. med. Annett Borkowski, Medizin korrekt – Fachlektorat für Medizin, Jena
Claudia Huber . Naturwiss. Lektorat & Layout, Erfurt
Druck
Bonifatius GmbH, Druck – Buch – Verlag, Paderborn
ISBN 978-3-939347-25-5
Auflage: 30 000
6 Leitfaden Katastrophenmedizin
Leitfaden Katastrophenmedizin 7
Inhaltsverzeichnis
Leitfaden Katastrophenmedizin
Inhaltsverzeichnis
Seite
Geleitworte 13
8 Leitfaden Katastrophenmedizin
Spezielle medizinische Maßnahmen 151
8 Therapie des Volumenmangelschocks
E. Pfenninger, Th. Nicolai, S. Himmelseher 153
16 Krankenhausalarmplanung
D. Cwojdzinski, U. Schneppenheim 311
Leitfaden Katastrophenmedizin 9
Inhaltsverzeichnis
Leitfaden Katastrophenmedizin
Anhang 379
22 Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
S. Ippisch, R. Steffens 381
10 Leitfaden Katastrophenmedizin
30 Notfallmanagement der Krankenhausapotheke
H. Jähngen 427
31 ABC-Selbsthilfe-Set
M. Müller, K. Schmiechen 429
32 Statistiken/Übersichten 437
34 Internetadressen 450
35 Autorenverzeichnis 453
36 Abkürzungsverzeichnis 462
Stichwortverzeichnis 471
Leitfaden Katastrophenmedizin 11
Geleitworte
Leitfaden Katastrophenmedizin
Geleitwort
Ärztinnen, Ärzte und Rettungsassistenten gehören zu den wichtigsten
Personen, die Menschen im Katastrophenfall helfen können: Häufig sind sie
die Ersten am Unglücksort. Ihr Einsatz bewahrt die Verletzten vor schweren
gesundheitlichen Einbußen. Oft retten sie Leben.
Leitfaden Katastrophenmedizin 13
Geleitworte
Leitfaden Katastrophenmedizin
Geleitwort
Die vorliegende neue Ausgabe des Leitfadens Katastrophenmedizin soll als
handliches Nachschlagewerk allen Notfall- und Rettungsdiensten und nicht
nur den Ärzten zur Verfügung stehen. Die Neuauflagen in kurzen Abständen
erlauben es, auf aktuelle Anforderungen einzugehen und den neuesten Wis-
sensstand zu vermitteln.
Der Leitfaden will, wie in der ersten Auflage zu Beginn der achtziger Jahre des
zwanzigsten Jahrhunderts beschrieben, dazu beitragen, das Leben und die Ge-
sundheit möglichst vieler Menschen in Katastrophenfällen zu sichern – heute
und morgen. Der Leitfaden für die ärztliche Versorgung – wie das Buch seit sei-
ner Erstauflage heißt –, hat an Umfang erheblich zugenommen, soll aber wei-
terhin auch in einer Kittel- oder Hosentasche Platz finden. Die Themenvielfalt
ist größer geworden. Es sind aber immer noch „Klassiker“ dabei. In den ersten
Auflagen wurde bereits dem Verhalten und den psychischen Reaktionen in Ka-
tastrophen ein großer Raum gewidmet. Vergiftungen auch durch chemische
Kampfstoffe und die Seuchenhygiene waren schon damals aktuelle Themen,
wenn auch unter anderen Blickwinkeln. Vorgänger dieses Leitfadens war seit
den 1960er-Jahren eine Zeitschrift gleichen Namens als „ärztlich technisches
Fachblatt für den Zivil- und Katastrophenschutz“, in dem viele bekannte Notfall-
mediziner als Autoren zu finden waren. Bereits 1969 hat Prof. Koslowski, der frü-
here Ordinarius für Chirurgie in Tübingen, über die „Sichtung (Triage) der Ver-
letzten bei Massenkatastrophen“ geschrieben. Das hat heute noch Gültigkeit.
Die Referate der 1. und 2. Tagung (1982, 1983) unserer 1980 gegründeten „Deut-
schen Gesellschaft für Katastrophenmedizin“ wurden als Sammelband mit allen
Referaten ebenfalls unter dem Titel „Katastrophenmedizin“ herausgegeben.
14 Leitfaden Katastrophenmedizin
Katastrophenprävention ist nur begrenzt möglich. Das überraschende und
oft nicht vorhersehbare Ereignis ohne entsprechende Vorbereitungszeit mit
einer hohen Zahl von Opfern kennzeichnet die Katastrophe.
Nicht lange zurückliegende und daher immer noch aktuelle Ereignisse wie
die Anschläge in Madrid und London, um nur Ereignisse aus Europa heraus-
zugreifen, haben gezeigt, dass wir uns auf eine neue Form von Bedrohungs-
und Schadensszenarien einstellen müssen. Ärzte, Sanitäter, Pflegekräfte
sind nicht mehr unangreifbar. Das kann man schon im täglichen Dienst fest-
stellen. Dies gilt es aber besonders zu bedenken, wenn man sich als Helfer in
einen Schadensbereich begibt.
Nun ist die Taktik, auch das Rettungspersonal zu treffen, nicht neu. Bereits
im letzten Weltkrieg wurden Bomben mit Zeitzündern versehen, um auch
die Helfer – hauptsächlich Feuerwehr sowie Sicherheits- und Hilfsdienste –
auszuschalten.
Gerade heute gilt – nicht nur bei der Sichtung: Blinder Eifer schadet nur, weil –
nach den Erfahrungen aus dem Nahen Osten – immer mit Zweitanschlägen
gerechnet werden muss.
Leitfaden Katastrophenmedizin 15
Geleitworte
Leitfaden Katastrophenmedizin
Da Sie sich die Mühe gemacht haben, diese Einführung zu lesen, sollten Sie
in der Lektüre fortfahren und die von vielen Fachleuten – auch aus dem Kreis
der Deutschen Gesellschaft für KatastrophenMedizin – mit viel Mühe und
Sorgfalt zusammengestellten Kapitel gelegentlich zur Hand nehmen. Sie
werden, davon bin ich überzeugt, auch Sie interessierende Kapitel finden.
16 Leitfaden Katastrophenmedizin
Vorwort
Die Schutzkommission beim Bundesminister des Innern hat erstmals im Jahr
1982 auf Initiative von Prof. Koslowski einen „Leitfaden für die ärztliche Ver-
sorgung im Katastrophenfall“ als „Vademekum für Ärzte“ vorgelegt, das be-
sonders in Katastrophenfällen dazu beizutragen soll, „das ärztlich Notwen-
dige zu tun oder zu veranlassen“. Mit einer Gesamtauflage von inzwischen
etwa 275 000 Exemplaren erfreut sich der Leitfaden seither großer Beliebt-
heit. Er wurde bisher viermal in überarbeiteter Form aufgelegt.
Leitfaden Katastrophenmedizin 17
Vorwort
Leitfaden Katastrophenmedizin
Die Zielgruppen des Leitfadens sind auf der einen Seite v. a. Ärzte, die ihre
Kenntnisse in der Katastrophenmedizin vertiefen wollen. Auf der anderen Sei-
te sind es an Katastrophenmedizin Interessierte, die sich in Fragen inner- oder
außerhalb ihres eigenen Fachgebietes vertieft orientieren oder beispielsweise
konkrete Ansprechpartner finden wollen. Der Unterstützung dieser Art der
Fort- und Weiterbildung dient auch die CD-Version des Leitfadens, zudem ist
eine Möglichkeit zum Download über www.schutzkommission.de vorgesehen.
Für Redaktion und Autoren dieses Leitfadens ist es auch für diese komplett
neue Auflage ein tiefes Anliegen, primär Ärztinnen und Ärzten sowie all
denen, die bei Großschadens- und Katastrophenereignissen Mitbürgern zu
Hilfe kommen – seien es interessierte Laienhelfer oder Einsatzkräfte gleich
welcher Profession oder Arbeitsebene –, Informationen zum Nutzen (mögli-
cher) Schadensopfer in die Hand zu geben.
18 Leitfaden Katastrophenmedizin
Dabei werden auch Antworten auf die immer noch zu selten gestellte Frage
gegeben: „Who helps the helper? – Wer hilft dem Helfer?“
Uns ist bewusst, dass noch viel Wissen in kompetenten Köpfen steckt – und
wir bitten, dies im Interesse von (potenziellen) Patienten Herausgebern und
Autoren für eine Folgeauflage des „Leitfadens Katastrophenmedizin“ zur
Verfügung zu stellen.
Leitfaden Katastrophenmedizin 19
Allgemeine
Aspekte zu
Katastrophen-
situationen
1 Ethische Aspekte zur Katastrophen-
medizin
2 Umgang mit Menschen in Extrem-
situationen
3 Rechtsgrundlagen für die Einsätze
im Katastrophenfall und die Triage
4 Katastrophenmedizin und
Katastrophenmanagement
5 Lebensrettende Sofortmaßnahmen
unter Katastrophenbedingungen
6 Kinder in Katastrophen- und
Fluchtsituationen
7 Management der Psychosozialen
Notfallversorgung in Großschadens-
und Katastrophenlagen
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Ethische Aspekte zur Katastrophenmedizin
1
1
Ethische Aspekte zur
Katastrophenmedizin
A. Müller-Cyran
Leitfaden Katastrophenmedizin 23
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Ethische Aspekte zur Katastrophenmedizin
deutlich, dass die Menschen nicht durch das Erdbeben selbst, sondern durch
1
die einstürzenden Gebäude verletzt und getötet wurden. Das Ausmaß dieser
Katastrophe vergrößerte sich dadurch, dass ein schwacher Staat nicht in der
Lage ist, die Hilfsmaßnahmen effizient zu ermöglichen.
Für das ethisch verantwortete Handeln in der Katastrophe spielt ihre Ursa-
che, also eventuell ethisch unverantwortliches Handeln vor der Katastrophe,
keine unmittelbare Rolle. Wenn allerdings von der Ursache oder der Auswir-
kung der Katastrophe Helfer bedroht sind, wie dies z. B. bei Ereignissen im
Zusammenhang mit Strahlen oder in biologischen und chemischen Gefah-
renlagen der Fall sein kann, müssen die Helfer auf die Gefährdung aufmerk-
sam gemacht und vor ihnen geschützt werden.
Hier scheinen sich zwei unterschiedliche Formen der Ver- und Zuteilung von
Verantwortung etabliert zu haben: Der Einsatzleiter versichert den Einsatz-
kräften in der Abwägung der ihm bekannten Risiken, dass die Gefährdung
für die Kräfte ein gewisses vertretbares Maß nicht überschreitet. Sobald die-
ses Maß überschritten wird, bringt der Einsatzleiter die Kräfte in Sicherheit.
Diese Form der Verantwortungszuteilung ist wohl die in Deutschland ver-
breitete, sie reflektiert hierarchische Unterstellungsverhältnisse.
24 Leitfaden Katastrophenmedizin
tagsnahe Katastrophe ist nicht objektiv definierbar. Dennoch ist sie für den
1
Betroffenen ebenso schwerwiegend wie ein Ereignis, das die Gesellschaft als
Ganze erschüttert.
Es ist der Betroffene, für den eine Situation subjektiv katastrophische Ausma-
ße annimmt. Diese Katastrophe erklärt kein Landrat oder Oberbürgermeis-
ter, auch kein (Not-)Arzt, sie wird nicht von außen zugesprochen. Der Arzt
oder die Ärztin sollte jedoch in seinem und ihrem alltagsnahen Handeln
sowohl Respekt und Achtung als auch psychotraumatologische Kompetenz
im Umgang mit dem Betroffenen aufbringen, der in seinem Erleben einer
Katastrophe ausgesetzt sein mag, die sich in ihrem subjektiv wahrgenom-
menen Ausmaß und in ihren Folgen nicht von einer gesetzlich definierten
unterscheidet.
Bitte beachten
Leitfaden Katastrophenmedizin 25
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Ethische Aspekte zur Katastrophenmedizin
Eine Katastrophe tritt ein, wenn eine länger andauernde und meist groß-
1
Nach der Übereinkunft profitieren alle Patienten, denen die höhere (Behand-
lungs- und Transport-)Priorität zuerkannt wird. Im Umkehrschluss bedeutet
dies, dass andere Patientengruppen im Hinblick auf ihre Rettung und Wie-
derherstellung ihrer Gesundheit niedriger priorisiert werden (müssen).
Weil die Würde des Menschen nicht Gegenstand der Priorisierung sein kann,
kommt allen Betroffenen die gleiche Würde zu, wenn auch nicht die gleiche
(medizinische Behandlungs-)Priorität. Die Würde aller von einer Katastro-
phe Betroffenen – auch die der Toten – geht durch die Katastrophe nicht ver-
loren, sie relativiert sich nicht.
26 Leitfaden Katastrophenmedizin
1.4 Rückgriff auf Erfahrungswissen ist in
1
der Katastrophe nur begrenzt möglich
Praktisch allen, die in einer Katastrophe tätig werden, stehen keine Vorer-
fahrungen aus der eigenen Anschauung zur Verfügung. Die letzte Katastro -
phe wird sich von der nächsten in vielerlei Hinsicht unterscheiden. Dies kann
dazu führen, dass der Vorgang der Priorisierung bei denen, die sie durchfüh-
ren und verantworten müssen, aber auch bei denen, die davon betroffen sind
(und ihren Angehörigen bzw. Hinterbliebenen), zu Verunsicherungen führt:
Die reale Situation in einer Katastrophe entbehrt möglicherweise der Ein-
deutigkeiten, die jeder Konzeption zu Grunde liegen. Mögliche Schwächen
des Konzeptes, die sich erst in ihrer Umsetzung in der realen Katastrophenla-
ge zeigen, sind grundsätzlich nicht auszuschließen.
Die hier erörterten ethischen Aspekte der Katastrophe muten dem Leser, der
auf der Suche nach konkreten Handlungsempfehlungen ist, zu, dass er sich
nicht erst in, sondern zeitlich losgelöst von einer Katastrophe vorher mit der
Frage befasst, wie richtiges, verantwortbares Handeln in der Katastrophe
möglich bleibt. Diese Absicht wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die
Reflexion a priori erfolgen muss: So geht es weniger um konkrete Empfehlun-
gen für die nächste Katastrophe, sondern um Empfehlungen für die „Kata-
strophe an und für sich“. Diese Empfehlungen müssen sich in der nächsten
konkreten Katastrophe verifizieren.
In der Katastrophe bleibt kaum Zeit zum Nachdenken. Deshalb muss, wer
in der Katastrophe richtig und verantwortlich handeln will, vorher und
abstrakt über sein Handeln in der Katastrophe nachdenken.
Die Realität einer Katastrophe ist gerade deswegen katastrophal, weil sie
nicht planbar ist.
Leitfaden Katastrophenmedizin 27
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Ethische Aspekte zur Katastrophenmedizin
mik und Ausdehnung nicht nur nicht planbar, sondern auch nicht „ausdenk-
bar“ ist. Bevor nicht ein ICE westlich von Eschede mit einem Brückenkopf
kollidierte, waren die real eingetretenen Folgen dieses Unfalls im Vorhinein
nicht ausdenkbar. Bevor nicht die Flugzeuge in das World Trade Center in
New York flogen, waren auch hier die Folgen im Vorhinein nicht ausdenkbar.
Das Gleiche gilt für den Tsunami vom 26.12.2004 – und alle weiteren Katast-
rophen. Die Determinanten, die über den Verlauf einer Katastrophe bestim-
men, sind so zahlreich und interagieren so komplex und chaotisch, dass die
Katastrophe im Vorhinein – planerisch – nicht in den Griff zu bekommen ist.
Wo Gefahrenpotenziale katastrophischen Ausmaßes erkennbar sind und er-
kannt und kontrolliert werden, dort tritt die Katastrophe nicht ein.
Daher gilt: Alle Vorbereitungen auf und Maßnahmen zur Bewältigung von
Katastrophen können nur das Ausdenkbare betreffen. Es kann jedoch Unaus-
denkbares eintreten. Darauf kann nur reagiert werden, wenn Handlungsab -
läufe und Einsatzstrukturen für die Bewältigung der Katastrophe empfohlen
werden, die genügend Spielraum für Improvisation und Flexibilität lassen.
Wo dieser Spielraum begrenzt wird, kann ein zunächst noch kontrollier-
bares, aber bislang „unausdenkliches“ Ereignis katastrophisch eskalieren.
Unnötige Restriktion des Handlungs-Spielraums blockiert also nicht nur die
Kreativität von Individuen im Einzelfall – sie nimmt auch dem Kollektiv eine
Ressource und trägt zur Vertiefung der Katastrophe bei.
Die Reaktionen von Menschen, die von einer Katastrophe betroffen sind, ihre
Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse, lassen sich nur begrenzt vorhersagen.
Besonders die Psychotraumatologie stellt in den letzten Jahren wesentliche
Beiträge zum besseren Verständnis von Menschen, die durch eine Katastro-
phe psychisch traumatisiert sind, zur Verfügung. Dennoch ist menschliches
Verhalten – dies gilt in besonderem Maß in der Katastrophe – nicht determi-
niert und vorhersagbar.
28 Leitfaden Katastrophenmedizin
(Münkler 2006). Dies macht deutlich, dass zur Abwehr der Katastrophe medi-
1
zinische Maßnahmen und Anstrengungen allein nicht ausreichen.
Bitte beachten
Eine Katastrophe kann die Stabilität und den Fortbestand der Gesell -
schaft gefährden.
Dieser Artikel greift nur einzelne Aspekte einer ethischen Reflexion von Ka-
tastrophenmedizin auf. Er beansprucht keinesfalls, umfassend die Thematik
zu bearbeiten. Damit hat dieser Artikel provisorischen Charakter, er wird (in
der nächsten Auflage) weiter zu entwickeln sein.
Literatur
Sass HM. Medizinische Ethik bei Notstand, Krieg und Terror. Verantwor-
tungskulturen bei Triage, Endemie und Terror. Bochum: Zentrum für Medi-
zinische Ethik; 2006. (May B, Sass HM, Zenz M. Hrsg. Medizinethische Mate-
rialien; Heft 165.)
Leitfaden Katastrophenmedizin 29
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
2
Umgang mit Menschen in
2
Extremsituationen
J. Helmerichs
Die Folgen können vielfältig sein, sie sind abhängig von verschiedenen Fak-
toren wie Art des Unglücks (z. B. Terroranschlag, Naturkatastrophe), Schwe-
regrad (Anzahl der Verletzten, Verletzungsgrad) und Dauer (Verkehrsun-
30 Leitfaden Katastrophenmedizin
fall, Erdbeben) sowie Risiko- und Schutzfaktoren der betroffenen Personen.
Allgemeine gesundheitliche Einschränkungen, aktuelle Lebenskrisen oder
frühere Traumatisierungen sind individuelle Risikofaktoren für langfristige
2
gesundheitliche Beeinträchtigungen. Ein wichtiger Schutzfaktor ist die
tragfähige soziale Unterstützung der Überlebenden und Angehörigen
durch Familie und Freundeskreis (Bengel 2004, Helmerichs 2002b).
Leitfaden Katastrophenmedizin 31
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
und Partner oder als unmittelbar Betroffener vor Ort in der Unglückssitua-
tion verletzt worden zu sein und gleichzeitig, wie bei der Tsunami-Katastro -
phe, monatelang als Vermissender auf die Identifikation eines nahen Ange-
2
hörigen warten und eine Zeit der Ungewissheit aushalten zu müssen, sind
nur zwei Beispiele tatsächlicher Konstellationen der Betroffenheit, die nach
Katastrophen nicht unwahrscheinlich sind. Hierauf hat sich Katastrophen-
nachsorge einzustellen (Krabs-Höhler und Müller-Lange 2006).
32 Leitfaden Katastrophenmedizin
danach“, die wiederum durch die Jahrestage des Unglücks segmentiert wird
(AG Stolzenbachhilfe 1992, Jatzko et al. 1995, Müller-Lange 2006).
2
Ein kleinerer Teil der Überlebenden (ca. 10 %), seltener auch Angehörige,
Vermissende und Hinterbliebene, reagiert Wochen oder Monate nach dem Er-
leben eines schweren Unglücks mit anhaltenden gesundheitlichen Proble-
men, die dann fachkundige psychologische oder ärztliche psychotherapeu-
tische Hilfe erfordern. Typisch dafür sind Depressionen und Angststörungen,
aber auch psychosomatische Erkrankungen (Flatten et al. 2001, NATO 2008).
Leitfaden Katastrophenmedizin 33
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
Bitte beachten
2
Bereits unmittelbar nach Eintritt eines schweren Unglücks werden bei den
Betroffenen die Weichen gestellt für die Art der späteren Verarbeitung
dieser Extremerfahrung. Deshalb werden Dienste der psychosozialen Akut-
hilfe wie Notfallseelsorge oder Krisenintervention im Rettungsdienst früh-
zeitig alarmiert. Aber auch Einsatzkräfte aus Feuerwehren und Polizeien,
Notärzte und Mitarbeiter des Rettungsdienstes und des Gesundheitswe -
sens können Betroffene in den ersten Stunden und Tagen psychisch sehr un-
terstützen. Dazu müssen sie allerdings in psychischer erster Hilfe geschult
sein. Nur dem „gesunden Menschenverstand“ zu folgen, reicht hierzu nicht
aus und kann sogar zusätzliche Belastungen hervorrufen.
Diese Ziele orientieren sich an der Situation und den Bedürfnissen der Be-
troffenen in der Akutphase eines schweren Unglücks oder einer Katastrophe
(Hobfoll et al. 2007). So haben beispielsweise Überlebende ein starkes Bedürf-
nis nach Wiedererlangen von Kontrolle über die Situation und ein hohes
Informationsbedürfnis. Auch lässt sich das akute Schmerzempfinden ei-
nes Verletzten durch den Grad seiner Informiertheit und Orientierung über
mögliche Hilfen und Rettungsversuche deutlich beeinflussen. Nachweislich
hilfreich ist es auch, Überlebende am Unglücksort wenn möglich zu einfa-
chen Aufgaben (z. B. etwas beobachten oder halten) heranzuziehen, um de-
ren Selbstwirksamkeitserleben zu stärken.
34 Leitfaden Katastrophenmedizin
Eine wichtige Aufgabe ist auch die Vorbereitung und Begleitung Hinterblie-
bener beim Abschiednehmen von den Toten. Um trauern zu können, muss
man den Verlust begreifen. Hilfreich ist es, den gestorbenen nahestehenden
2
Menschen möglichst zeitnah zum Todeseintritt noch einmal zu sehen, für
manche Hinterbliebene auch, ihn zu berühren, seinen Tod also sinnlich auf-
zunehmen (Krüsmann und Müller-Cyran 2005).
Leitfaden Katastrophenmedizin 35
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
lich zum Verbleib und zum Zustand von Angehörigen, um dem Bedürfnis
nach Information und Gewissheit entgegenzukommen und dem Betroffe-
nen eine realistischere Einschätzung der Situation zu ermöglichen.
Informieren Sie über das, was bereits unternommen wurde bzw. unter-
nommen wird.
Formulieren Sie die Informationen klar und eindeutig. Informationsauf-
nahme und Informationsverarbeitung können beim Gesprächspartner
situationsbedingt beeinträchtigt sein.
Sorgen Sie möglichst für eine ruhigere Gesprächsatmosphäre und schalten
Sie Störquellen so gut es geht aus (Hintergrundgeräusche, Personen etc.).
Gehen Sie mit dem Betroffenen der Frage nach, welche Personen in seinem
sozialen Umfeld Unterstützung anbieten können (Suche nach einem „si-
cheren Ort“, Geborgenheit, Verständnis, Rückzugsmöglichkeiten etc.).
Unterstützen Sie die Handlungsfähigkeit des Betroffenen und fördern Sie
Eigeninitiativen (aufstehen, etwas halten etc.), denn Sicherheit hat viel mit
dem (Wieder-)Erleben von Kontrolle zu tun (s. Kap. 2.3.3).
Zeigen Sie auf, dass Möglichkeiten bestehen, die Situation des Betroffenen
zu erleichtern oder zu klären. Erläutern Sie, welche Möglichkeiten der Un-
terstützung Sie anbieten können.
Vermitteln Sie in einfachen Worten und transparent das weitere Vorge-
hen, zeigen Sie die nächsten Schritte auf.
Achten Sie darauf, dass sie mit dem Betroffenen getroffene Vereinbarun-
gen (z. B. ein Anruf o. Ä.) verbindlich und verlässlich einhalten.
36 Leitfaden Katastrophenmedizin
Bitte beachten
2
Konkrete praxisbezogene Problemlösungen und die Verbesserung der
situativen Bedingungen (z. B. lebensrettende Sofortmaßnahmen, Abbau
einer Bedrohung, Bereitstellen erforderlicher materieller Ressourcen
etc.) haben immer Vorrang vor Beruhigung und Entlastung durch psy -
chologische Maßnahmen.
Leitfaden Katastrophenmedizin 37
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
Geben Sie ggf. Hinweise zum Umgang mit Nachrichten und kursierenden
Gerüchten in den Medien.
Unterstützen Sie den Betroffenen bei Bedarf, weiterführende regionale
2
Bitte beachten
38 Leitfaden Katastrophenmedizin
Förderung der Selbstwirksamkeit beinhaltet auch die (gemeinsame) Suche
nach verfügbaren Ressourcen und umsetzbaren Handlungsmöglichkeiten.
Vermitteln Sie nach Möglichkeit, dass jede betroffene Person selbst kompe-
2
tent und fähig ist, die eigene Situation zu beeinflussen und zu verändern,
auch wenn es Zeiten gibt, in denen dazu zunächst die Energie fehlt.
Zur Förderung von Kontakt und Anbindung zählen somit beispielsweise fol-
gende Maßnahmen:
Unterstützen Sie beim Aufbau bzw. der Aktivierung eines sozialen Netz-
werks (Freunde, Nachbarn, Kollegen etc.), das verlässlich für die Betroffe-
nen verfügbar ist und ein gewisses Maß an Stabilität bieten kann. Dort, wo
keine sozialen Netzwerke (mehr) existieren, überlegen Sie mit dem Betrof-
fenen, welche alternativen Möglichkeiten in Frage kommen könnten: Bie-
ten Sie die Kontaktvermittlung zu regionalen Unterstützungsangeboten
(Krisendienste, Selbsthilfeverbünde etc.) an.
Erkundigen Sie sich beim Betroffenen, ob er mit anderen ebenfalls Betrof-
fenen zusammenkommen möchte, und unterstützen Sie den Betroffenen
bei Bedarf bei der Kontaktaufnahme.
Leitfaden Katastrophenmedizin 39
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
Für manche Menschen ist mit dem Thema „Hoffnung“ ihr religiöser Glaube
eng verknüpft. Oder möglicherweise haben Betroffene die Erfahrung ge-
macht, dass sie in der Vergangenheit schon ähnlich schwierige Situationen
gemeistert haben. Auch so lässt sich an wichtige Ressourcen (positive Verar-
beitungserfahrungen, Unterstützung durch Familie, Freunde, professionel-
le Helfer etc.) anknüpfen.
Literatur
40 Leitfaden Katastrophenmedizin
Helmerichs J. 11. September 2001. Begleitung von Angehörigen der Opfer in
Deutschland. In: Ans rettende Ufer. Referateband des 5. Bundeskongresses
für Notfallseelsorge und Krisenintervention. Frankfurt am Main: Verlag für
2
Polizeiwissenschaft; 2002a. 101–109.
Leitfaden Katastrophenmedizin 41
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Umgang mit Menschen in Extremsituationen
Terrorismus. Ein Handbuch über Täter und Opfer. Hilden: Verlag Deutsche
Polizeiliteratur; 2002b. 457–505.
42 Leitfaden Katastrophenmedizin
3
Rechtsgrundlagen für die
Einsätze im Katastrophenfall
3
und die Triage
B.-R. Kern
Große Schwierigkeiten für den nicht ständig mit der Materie beschäftigten
Rechtssuchenden bereitet die Abgrenzung zwischen Notfall- und Katastro-
phenmedizin, weil beide Bereiche so eng miteinander verwandt sind. Wird
unter Notfallmedizin die diagnostische und therapeutische Erstversorgung
der Notfallpatienten verstanden, um auch unter den Bedingungen eines
plötzlich eintretenden Notfallereignisses alle Leben zu retten und bleiben-
den Beeinträchtigungen der Gesundheit vorzubeugen,1 bemüht sich die Ka-
tastrophenmedizin um die Handhabung außergewöhnlicher Schadenser-
eignisse, die durch eine Vielzahl Hilfebedürftiger, Zeitdruck und nur selten
günstige Umweltbedingungen geprägt sind. Erschwerend tritt der Umstand
hinzu, dass die vorhandenen Kapazitäten und Helfer den tatsächlichen Be-
darf lange nicht abdecken können, sodass eine Bewältigung der Gefahrenla-
ge mit den vorhandenen Mitteln nicht möglich ist.2
Der vorliegende Beitrag möchte einen kurzen Überblick über die für Kata-
stropheneinsätze maßgeblichen Rechtsgrundlagen geben. Anschließend
soll das im Zentrum – und häufig auch in der Kritik stehende – Sichten (Tria-
ge) einer rechtlichen Bewertung unterzogen werden.
1 Thierbach, A., Lexikon der Notfallmedizin, 2002, S. 321. Zur Unterscheidung von Notfall- und Katas-
trophenmedizin auch Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 122.
2 Vgl. Kirchhoff, R. / Linde, H.-J., Definition der Katastrophe, in: Kirchhoff, R., Triage im Katastrophenfall –
Ärztliche Sofortmaßnahmen im Katastrophengebiet, 1984, S. 9; Dönicke, S., Strafrechtliche Aspekte der
Katastrophenmedizin, 1987, S. 1; Zimmermann, J., Modellierung von Priorisierungsregeln am Spezial-
fall der Triage, in: Wohlgemuth, W. A. / Freitag, M.H., Priorisierung in der Medizin, 2009, S. 218.
3 Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 116.
Leitfaden Katastrophenmedizin 43
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des ZSKG ist es Aufgabe des Zivilschutzes, „durch nicht-
militärische Maßnahmen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeits-
stätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe,
Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu
schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern“. Zum Zivilschutz
gehören u. a. Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 ZSKG)
und insbesondere auch der Katastrophenschutz, der jedoch überwiegend an
die Bundesländer delegiert ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 11; § 2 ZSKG).6
44 Leitfaden Katastrophenmedizin
Zuweisung ausschließlicher oder konkurrierender Gesetzgebungskompetenz
im Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr sind indessen die Länder gem.
Art. 30, 70 Abs. 1 GG diesbezüglich zur Regelung von Maßnahmen befugt.
3
Bundes wird in § 12 ZSKG allgemein als Grundsatz festgehalten. So dürfen die
Vorhaltungen und Einrichtungen des Bundes für den Zivilschutz bei großflä-
chigen und überregionalen Schadensereignissen auch von den Ländern für
ihre Aufgabe im Bereich des Katastrophenschutzes genutzt werden. Neben
dieser Bereitstellung von Ressourcen wird Katastrophenhilfe weiterhin auch
durch Information und Beratung gewährleistet.7
Alles in allem liegt das wesentliche Augenmerk des ZSKG aber auf dem Zi-
vilschutz und der „Organisation des Katastrophenschutzes im Verteidi-
gungsfall“8. Will man aber Katastropheneinsätze – die sich insbesondere
auch durch ärztliche Mitwirkung auszeichnen – in ihrer Vielzahl und in ih-
rem Grundsatz näher beleuchten, so kommt dem ZSKG an dieser Stelle eher
eine geringe Bedeutung zu.
3.1.2 Ländergesetze
Die Bundesländer haben im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz lan-
desgesetzliche Regelungen geschaffen, um größere Schadensereignisse be-
wältigen zu können.
Zu nennen sind einerseits die Rettungsgesetze der Länder,10 die eine öf-
fentliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge und Gefahrenabwehr
erfüllen. Durch den plötzlichen Massenanfall Hilfebedürftiger würde der
Notfalldienst vor besondere Anforderungen gestellt. Es besteht gesteigerter
Leitfaden Katastrophenmedizin 45
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
46 Leitfaden Katastrophenmedizin
und Unglücksfall gebraucht – ist die Abgrenzung zwischen den Einsätzen des
Katastrophenschutzes und solchen des Rettungsdienstes, unabhängig von
der generellen Unbestimmtheit, nur selten eindeutig nachvollziehbar. Auch
die überwiegende Anzahl der Rettungsdienstgesetze enthält Bestimmun-
gen zur Bewältigung von „größeren Notfallereignissen“, „Großschadenser-
3
eignissen“ oder Schadensereignissen „mit einer Vielzahl von Verletzten“. Der
Übergang zwischen der Zuständigkeit des Rettungsdienstes und des Katast-
rophenschutzes wird wohl schon deshalb immer fließend bleiben, weil sich
tatsächliche Ereignisse, wie etwa die Evakuierung einer ganzen Klinik,14 der
exakten Zuordnung entziehen. Klare Begriffsbestimmungen und Vereinheit-
lichung wären sicherlich wünschenswert, sind aber wohl nicht erreichbar.
Zudem könnte ein Hilfeersuchen eines Bundeslandes auch auf die grundge-
setzliche Garantie gegenseitiger Rechts- und Amtshilfe gestützt werden. So
kann ein Bundesland gemäß Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG bei einer Naturkatastro -
phe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall die Polizeikräfte ande-
rer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie der Bun-
despolizei und der Bundeswehr zur Unterstützung anfordern. Art. 35 Abs. 3
Satz 1 GG geht noch weiter, indem er festlegt, dass bei Gefährdung mehr als
eines Bundeslandes durch eine Naturkatastrophe oder einen Unglücksfall
14 Helm, M. / Jost, C. / Frey, G. / Stahl, W. / Geisser, W. / Lampl, L., Notfallmäßige Klinikevakuierung nach
Bombendrohung – Erfahrungen einer 500-Bettenklinik –, in: Anästh Intensivmed 2009, S. 712–720.
Leitfaden Katastrophenmedizin 47
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
15 Bundesministerium des Innern, System des Krisenmanagements in Deutschland, Sept. 2008, S. 7, 19.
16 Jansch, A., Klinik in der Krise – Organisation bei Notlagen und Katastrophen, 2009, S. 47 f.: „Im Ge-
dächtnis bleiben der Flugunfall von Ramstein 1988, das Zugunglück von Eschede 1998, der Brand im
Tauerntunnel 1999, und das Explosionsunglück und Brand von Enschede 2000.“
17 Vgl. Pohl-Meuthen, U. / Schlechtriemen, T. / Gerigk, M. / Schäfer, S. / Moecke, Hp., Grenzüberschreiten-
der Rettungsdienst – Wunsch und Wirklichkeit, Notfall Rettungsmed 2006, S. 680 mit gleichen
Schlussfolgerungen für den Rettungsdienst.
18 Vgl. Pohl-Meuthen, U. / Schlechtriemen, T. / Gerigk, M. / Schäfer, S. / Moecke, Hp., Grenzüberschreiten-
der Rettungsdienst – Wunsch und Wirklichkeit, Notfall Rettungsmed 2006, S. 679.
19 Pohl-Meuthen, U. / Schlechtriemen, T. / Gerigk, M. / Schäfer, S. / Moecke, Hp., Grenzüberschreitender
Rettungsdienst – Wunsch und Wirklichkeit, Notfall Rettungsmed 2006, S. 682.
48 Leitfaden Katastrophenmedizin
Um so positiver überrascht es, dass die Bundesrepublik Deutschland – über-
zeugt von der Notwendigkeit gegenseitiger Hilfe bei Katastrophen oder
schweren Unglücksfällen20– bereits in den späten 70er-Jahren des 20. Jahr-
hunderts damit begonnen hat, mit den Nachbarländern Abkommen zur Un-
terstützung im Bereich des Katastrophenschutzes zu schließen. Heute liegen
3
Staatsverträge mit allen an Deutschland angrenzenden Staaten vor.21 Darin
verpflichten sich die Vertragsstaaten zur Hilfeleistung bei schweren Un-
glücksfällen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Im Grunde sehen die Maßnah-
men zur Hilfe so aus, dass ausgebildete und ausgerüstete Hilfsmannschaften
an den Unglücksort entsendet werden. Dort unterstehen sie der am Katastro -
phenort verantwortlichen Behörde. Dadurch wird eine koordinierte Einsatz-
lenkung gewährleistet. Die Parteien treffen auf Grundlage dieser Verträge
Einzelabkommen zur Durchführung des Vertrages.
Leitfaden Katastrophenmedizin 49
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
3.2.1 Problemstellung
Die Katastrophenmedizin arbeitet stetig an der Verbesserung der Handhabung
außergewöhnlicher Schadensereignisse, die durch eine Vielzahl Hilfebedürfti-
ger, Zeitdruck und nur selten günstige Umweltbedingungen geprägt sind. Ziel
jeder massenmedizinischen Versorgung im Katastrophenfall kann es nur sein,
mit den einfachen, wenigen zur Verfügung stehenden Mitteln möglichst viele
Opfer vor dem Tod oder Gesundheitsschäden zu bewahren.24 Um so effektiv wie
möglich handeln zu können, ist planmäßige Strukturierung, medizinische und
personelle Organisation gefordert.25 Aufgrund der Gemeinsamkeiten von Not-
fall- und Katastrophenmedizin im Hinblick darauf, mit nur begrenzten Mög-
lichkeiten unter oft ungünstigen Umweltbedingungen vitale Körperfunktionen
aufrecht zu erhalten, Leben und Gesundheit zu retten und nur ausnahmsweise
abschließend behandeln zu können, ist es selbstverständlich, die Katastrophen-
medizin auf den Erkenntnissen und Erfahrungen der Notfallmedizin aufzu-
bauen.26 Im Unterschied zu Letzterer zwingt der Massenanfall Hilfebedürftiger
jedoch zur Festlegung von Behandlungsprioritäten. „Während nach notfallme-
dizinischen Grundsätzen eine Sichtung der Verletzten dahingehend geführt
wird, daß denjenigen die erste ärztliche und intensive Hilfe zuteil wird, die am
schwersten verletzt sind und die sie deshalb am dringendsten benötigen, kommt
es unter katastrophenmedizinischen Gesichtspunkten zu einer völlig anderen
24 Vgl. nur Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 128.
25 Neff, G., Grundlagen der Sichtung, in: Crespin, U.B. / Neff, G., Handbuch der Sichtung, 2000, S. 72.
26 Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 122 f.
50 Leitfaden Katastrophenmedizin
Prioritätensetzung: Die Allerschwerstverletzten, diejenigen also mit der statis-
tisch schlechtesten Überlebensprognose, werden nicht behandelt.“27
3
3.2.2 Begriff
Nach DIN 13050 wird die Sichtung definiert als „die ärztliche Beurtei-
lung und Entscheidung über die Priorität der Versorgung von Patienten
hinsichtlich Art und Umfang der Behandlung sowie Art und Ziel des Ab -
transports“.
Seit Ende des 20. Jahrhunderts setzt sich in der deutschen Sprache mehr und
mehr die Verwendung des Ausdrucks „Sichtung“ durch. Auf den ersten Blick
mutet diese Bezeichnung verkürzend und bagatellisierend an. Denn bei ge-
nauer Betrachtung zeichnet sich die Triage durch Zweistufigkeit aus. 31 So fällt
die medizinische Indikationsstellung des einzelnen Patienten zweifellos un-
ter den Wortsinn des Begriffes „Sichtung“. Das Sichtungsergebnis bildet aber
die Basis für die ethisch und rechtlich problematische, an späterer Stelle noch
27 Augst, P., Triage bei Verbrennungsverletzungen, in: Mayer, J., Katastrophenmedizin oder: Die Lehre
vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 59.
28 Vgl. Rebentisch, E., Grundlagen, in: Crespin, U.B. / Neff, G., Handbuch der Sichtung, 2000, S. 31 ff;
Goltermann, R., Triage als zentrales Merkmal der Katastrophenmedizin, in: Mayer, J., Katastrophen-
medizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 17.
29 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 48.
30 Goltermann, R., Triage als zentrales Merkmal der Katastrophenmedizin, in: Mayer, J., Katastrophen-
medizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 18.
31 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 67. Auch Steinhoff, W., Triage bei Polytraumatisierten, in: May-
er, J, Katastrophenmedizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 79, möchte die
Begriffe Sichtung und Triage deutlich voneinander abgrenzt wissen.
Leitfaden Katastrophenmedizin 51
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
Dennoch sollte man für ein besseres Verständnis das gesamte Verfahren un-
ter dem Begriff der Sichtung zusammenfassen. Zudem vermag diese Wort-
3
wahl möglicherweise dazu beizutragen, sich von dem Gedanken der Kriegs-
medizin ab- und vorrangig den zivilen Katastrophenfällen zuzuwenden.
Um die Kategorisierungsstufe gesondert hervorzuheben, empfiehlt es sich,
vom – ebenfalls von der Triage abgeleiteten – „Sortieren“ zu sprechen.
3.2.3 Verfahren
Zu den klassischen Sichtungssituationen zählen industrielle Großunfälle und
Naturkatastrophen ebenso wie verlustreiche Militäraktionen.33 Die Problema-
tik wird nur allzu schnell sichtbar: Das plötzliche Betroffensein einer Vielzahl
von Menschen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten der Prioritätensetzung: Frau-
en und Kinder zuerst, Helfer zuerst, Soldaten zuerst! Die Organvermittlung an
geeignete Patienten hingegen hat gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 TPG nach Kriterien der
Erfolgsaussicht und Dringlichkeit zu erfolgen. Um knappe Ressourcen effektiv
und kontrolliert zu nutzen, die hohe Zahl Behandlungsbedürftiger zu bewäl-
tigen und dadurch das Überleben möglichst vieler Verletzter sicherzustellen,
müssen im Sichtungsverfahren Patienten nach medizinischen Prioritäten klas-
sifiziert werden.34
52 Leitfaden Katastrophenmedizin
lediglich palliative oder seelsorgerische Hilfe.35 Hier treten insoweit Probleme
in der Rechtfertigung auf, weil nicht die Reihenfolge schwerst, schwer, mittel
und leicht eingehalten wird, sondern die Schwerstverletzten, entgegen der
medizinischen Dringlichkeit, an die letzte Stelle gerückt werden.
3
Vermutlich auch, um die Sichtung vor der Kritik zu bewahren, allein von der
subjektiven Einschätzung des Arztes abhängig zu sein, wird in der Literatur
versucht, jeder Kategorie bestimmte Symptome oder Leiden zuzuordnen.
Die Verletzungen, die unter Sichtungsgruppe IV fallen, sind aber sehr un-
terschiedlich, was im Hinblick auf die wesentlichen Folgen, die sich aus der
Einstufung ergeben können, äußerst bedenklich ist.36
35 Zur Einteilung in vier Sichtungskategorien u. a. Thierbach, A., Lexikon der Notfallmedizin, 2002,
S. 445 f.; Zimmermann, J., Modellierung von Priorisierungsregeln am Spezialfall der Triage, in:
Wohlgemuth, W.A. / Freitag, M.H., Priorisierung in der Medizin, 2009, S. 220.
36 Dies erkennt bereits auch Goltermann, R., Triage als zentrales Merkmal der Katastrophenmedi-
zin, in: Mayer, J., Katastrophenmedizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 23,
als höchst bedenklich an: „Bei Rebentisch werden drittgradige Verbrennungen über 40 % der Kör-
peroberfläche, bei Kirchhoff sogar über 30 % nicht mehr behandelt. ...“
37 Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 26 f.
38 Neff, G., Grundlagen der Sichtung, in: Crespin, U.B. / Neff, G., Handbuch der Sichtung, 2000, S. 76.
39 Kirchhoff, R., Katastrophenhilfe, in: Kirchhoff, R. (Hrsg.), Triage im Katastrophenfall – Ärztliche So-
fortmaßnahmen im Katastrophengebiet, 1984, S. 23. Vgl. auch E. Rebentisch, Handbuch der medi-
zinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 26 f; Zimmermann, J., Modellierung von Priorisierungsregeln
am Spezialfall der Triage, in: Wohlgemuth, W.A. / Freitag, M.H., Priorisierung in der Medizin, 2009,
S. 221. Jansch, A., Klinik in der Krise – Organisation bei Notlagen und Katastrophen, 2009, S. 45.
40 Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen Katastrophenhilfe, 1991, S. 26 f.
Leitfaden Katastrophenmedizin 53
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
Problematisch in diesem Sinne ist nicht das „bloße“ Sichten an sich, schließlich
kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich der Arzt im Katastrophenfall – wie
auch im Notfall – zunächst einen Überblick verschaffen muss, um die Behand-
lung dort zu beginnen, wo es am dringendsten ist.42 Vielmehr ist es das Verfah-
ren auf Grundlage des Sichtungsergebnisses – das gezielte Sortieren/Einord-
nen der Verletzten in Gruppen –, das rechtliche Schwierigkeiten aufwirft.
Schließlich führt das „Sortieren“ durch den Arzt dazu, dass die Behandlung
des einen Patienten eine Unterlassung dergleichen zulasten eines anderen
mit sich bringt. Insbesondere für den Verletzten, der in Sichtungskategorie
IV eingestuft wurde, kann das Nichtbehandeln schwere Folgen – bis hin zum
(früheren) Tod – haben. Dieses Unterlassen wäre aber nur dann vorwerfbar,
wenn eine entgegengesetzte Pflicht zum Tätigwerden/Handeln bestünde.
Diese Frage lässt sich mit einem der höchsten Schutzgüter der Verfassung45
der Bundesrepublik Deutschland, der Menschenwürde, beantworten. Es
existiert zwar kein allgemeines „Recht auf Gesundheit“, Art. 1 I 2 GG gesteht
aber jedem Bürger ein „Existenzminimum“ als Mindestvoraussetzung für
41 Neff, G., Grundlagen der Sichtung, in: Crespin, U.B. / Neff, G., Handbuch der Sichtung, 2000, S. 74.
42 Vgl. Hofferbert, M., Rechtliche Aspekte der Katastrophenmedizin, in: Mayer, J., Katastrophenmedi-
zin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 145.
43 Goltermann, R., Triage als zentrales Merkmal der Katastrophenmedizin, in: Mayer, J., Katastrophen-
medizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 16. Kirchhoff, R., Katastrophenhilfe,
in: Kirchhoff, R. (Hrsg.), Triage im Katastrophenfall – Ärztliche Sofortmaßnahmen im Katastrophen-
gebiet, 1984, S. 21.
44 Kohlsdorf, C., Pflicht, Macht und Gewissen – Betrachtungen zur Katastrophenmedizin, in: Mayer, J.,
Katastrophenmedizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 6.
45 Vgl. nur Dreier, Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl. 2004, Art. 1 I Rn. 39.
54 Leitfaden Katastrophenmedizin
menschenwürdiges Dasein zu.46 Die existenzielle Bedeutung des Rechtsguts
„Gesundheit“ kann nicht angezweifelt werden, sodass Notsituationen wie
der Katastrophenfall den Staat unter dem Aspekt der Sicherung eines men-
schenwürdigen Existenzminimums zur Hilfe für eine Mindestversorgung
und -behandlung verpflichten.47 In welchem Umfang aber ein subjektiver,
3
durchsetzbarer Anspruch des Einzelnen gegeben ist, gilt es im Folgenden zu
klären.
46 So zum Beispiel BVerfGE 40, 121, 133; 89, 346, 353. Siehe auch: Sachs, Grundgesetz-Kommentar,
5. Aufl. 2009, Art. 1 Rn. 31.
47 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 180–185.
48 Rebentisch, E., Grundlagen, in: Crespin, U.B. / Neff, G., Handbuch der Sichtung, 2000, S. 41–43.
49 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 180. Vgl. auch Rebentisch, E., Handbuch der medizinischen
Katastrophenhilfe, 1991, S. 129, der zudem ausdrücklich schreibt, dass auch Bürger- und Berufs-
pflichten respektiert bleiben müssen.
50 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 181.
51 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 182.
52 Vgl. Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 186, 188.
Leitfaden Katastrophenmedizin 55
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
licht wird. Sind nur geringe Kapazitäten vorhanden und deren Grenzen dem-
entsprechend beim Massenanfall Hilfebedürftiger schnell erreicht, muss
eine sachlich gerechtfertigte Verteilung nach Art. 3 I GG erfolgen.54
Zum selben Ergebnis kommt man, wenn man die Schutzfunktion des Art. 2
II 1 GG – Leben und körperliche Unversehrtheit – heranzieht. Das Recht auf
Leben ist die vitale Grundlage für die Menschenwürde sowie Voraussetzung
für alle anderen Grundrechte. Art. 2 II 1 GG beinhaltet auch die Schutzpflicht
des Staates bei „gegnerlosen Notlagen, d. h. Gefährdungen natürlichen Ur-
sprungs“55 für den Kernbereich der Gesundheit.56
56 Leitfaden Katastrophenmedizin
Diese Spannung kann am folgenden Beispiel verdeutlicht werden: In einer
wie eingangs beschriebenen Katastrophensituation ist es aufgrund des Zu-
sammentreffens mehrerer erschwerender Umstände praktisch ausgeschlos-
sen, das Überleben aller Verletzten zu sichern. Die Verteilung der knappen
Ressourcen mit dem Ziel, wenn nicht alle, dann möglichst viele Patienten zu
3
retten, muss zwangsläufig denjenigen benachteiligen, der aufgrund seiner
schweren, zumeist lebensbedrohlichen Verletzung übermäßig viel aufbrau-
chen würde. Das wiederum würde – falls so geschehen – gleich eine Mehr-
zahl von Opfern benachteiligen, deren aller Leben mit der Ration an Medi-
kamenten und Behandlungsmechanismen hätte gerettet werden können.
Genauso lässt sich Art. 20 I GG anführen, der den subjektiven Anspruch aus
Art. 1 I 2 GG i. V. m. Art. 2 II 1 GG zusätzlich anreichert. Hier geht es in erster
Linie um (materielle) Sicherstellung der medizinischen Versorgung durch
Bereitstellung ausreichender Kapazitäten.59
Leitfaden Katastrophenmedizin 57
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
62 Vgl. zum Ganzen: Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 199.
63 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 208.
64 Brech, A., Triage und Recht, 2008, S. 209. Vgl. auch Hofferbert, M., Rechtliche Aspekte der Katastrophen-
medizin, in: Mayer, J., Katastrophenmedizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 142.
65 Siehe auch Hofferbert, M., Rechtliche Aspekte der Katastrophenmedizin, in: Mayer, J., Katastro-
phenmedizin oder: Die Lehre vom ethisch bitteren Handeln, 1987, S. 152.
66 Siehe auch Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2009, Art. 1 Rn. 10 ff., Art. 3 Rn. 33 ff.; Dreier,
Art. 1 Rn. 39, 51 ff.
58 Leitfaden Katastrophenmedizin
weist das zunehmend stärker werdende Selbstbestimmungsrecht der Pflicht
zur Lebenserhaltung um jeden Preis deutliche Grenzen, wenn es beispielswei-
se den Schwangerschaftsabbruch, Patientenverfügungen und indirekte Ster-
behilfe erlaubt.67
3
Jedoch geht es bei der Kategorisierung im Massenanfall Hilfsbedürftiger gar
nicht um eine weitere Relativierung des menschlichen Daseins, vielmehr
soll gerade versucht werden, den Grundsatz des „absoluten Lebensschutzes“
bestmöglich umzusetzen.68 In einer Situation, in der aufgrund der äußeren
Umstände nicht alle gerettet werden können, müssen wenigstens so viele wie
möglich gerettet werden. Damit muss auch die staatliche Schutzpflicht ein-
hergehen, die Verluste an Einzelleben wenigstens auf das notwendige Mini-
mum zu reduzieren.69 Durch den gezielten Einsatz von knappen Ressourcen,
wie er durch Einordnung in Sichtungsgruppen propagiert wird, profitieren
mehr Verletzte, die medizinische Versorgung wird also optimiert.
Zudem käme es – würde man die Patienten aus der Kategorie IV vorrangig
behandeln – lediglich auf einer anderen Ebene zu Ungleichheiten: Zwei oder
mehr schwer verletzte Patienten aus Kategorie I, die mit der Ration, die der
Patient aus Kategorie IV bekommen hat, gemeinsam auskämen, wären die
Leidtragenden, auch bei ihnen besteht konkrete vitale Not.70
Weiter empfiehlt sich ein Blick auf die häufig als Gegenargument für die
Sichtungskategorien herangezogene nahezu fundamentalistische Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Grundsatz „fiat iustitia,
pereat mundi“ zu folgen scheint:
„Die pauschale Abwägung von Leben gegen Leben, die zur Freigabe der Ver-
nichtung der vermeintlich geringeren Zahl im Interesse der Erhaltung der
angeblich größeren Zahl führt, ist nicht vereinbar mit der Verpflichtung
zum individuellen Schutz jedes einzelnen konkreten Lebens.“71
„Der Schutz des einzelnen Lebens darf nicht deswegen aufgegeben werden,
weil das an sich achtenswerte Ziel verfolgt wird, andere Leben zu retten. Jedes
menschliche Leben – auch das erst sich entwickelnde Leben – ist als solches
Leitfaden Katastrophenmedizin 59
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
„Dem Staat ist es im Hinblick auf dieses Verhältnis von Lebensrecht und Men-
schenwürde einerseits untersagt, durch eigene Maßnahmen unter Verstoß ge-
3
gen das Verbot der Missachtung der menschlichen Würde in das Grundrecht
auf Leben einzugreifen. Andererseits ist er auch gehalten, jedes menschliche
Leben zu schützen. Diese Schutzpflicht gebietet es dem Staat und seinen Orga-
nen, sich schützend und fordernd vor das Leben jedes Einzelnen zu stellen; das
heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen An- und Eingriffen von Seiten Dritter
zu bewahren. [...] Was diese Verpflichtung für das staatliche Handeln konkret
bedeutet, lässt sich nicht ein für allemal abschließend bestimmen. [...] Schlecht-
hin verboten ist damit jede Behandlung des Menschen durch die öffentliche Ge-
walt, die dessen Subjektqualität, seinen Status als Rechtssubjekt, grundsätzlich
in Frage stellt73, indem sie die Achtung des Wertes vermissen lässt, der jedem
Menschen um seiner selbst willen, kraft seines Personseins, zukommt.“74
Zwar muss den Kritikern zugegeben werden, dass Abwägung von Men-
schenleben grundsätzlich verfassungsrechtlich bedenklich ist. Der Kritik
an der subjektiven Bewertung des Patienten als „hoffnungslos“ muss ent-
gegengehalten werden, dass schon im medizinischen Alltag nur schwer
gesicherte Prognosen abgegeben werden können; im Katastrophenfall
60 Leitfaden Katastrophenmedizin
erschweren äußere Umstände und mangelnde Ausrüstung die Indikations-
stellung zusätzlich.
3
ten auch ausdrücklich in der Berufsordnung als Pflicht festgeschrieben fin-
det, stets zurückhaltend erfolgen wird.
Besteht bei den Patienten eine – wenn auch nur minimale – Überlebenschance,
stehen dem Kriterium der Erfolgsaussicht wieder die Argumente des absolu-
ten Lebensschutzes und der Gleichwertigkeit aller Leben entgegen.77
Das Leben bekommt nicht durch Prognosen hinsichtlich Qualität und Dauer
einen höheren Wert. Solche Wertungen wären wegen Verstoßes gegen die un-
antastbare Menschenwürde als verfassungswidrig zu rügen.78 Die Berufs- und
Leitfaden Katastrophenmedizin 61
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
3.2.5.3 Alter
Grundsätzlich stellt das Alter kein taugliches Kriterium zur Entscheidung über
die Priorität der Behandlung dar. In Frage steht allenfalls, ob das auch bei glei-
cher Gefährdung gilt. Überlegungen im Hinblick auf die zu erwartende Lebens-
dauer oder den zu erwartenden Lebenswert verbieten sich hier strikt wegen
Art. 1 I GG. Die gesetzlichen Beispiele, die Rechte nach Alter differenzieren – u. a.
§ 104 BGB, § 19 StGB –, lassen eine Übertragung auf den Massenanfall Verletzter
nicht zu, schon weil hier höchste Schutzgüter mit transzendenter Bedeutung
für jedermann betroffen sind. Gesetzliche Anknüpfungspunkte an das Alter
stellen bewusst auf die Fähigkeiten der Person ab und verbinden damit Rechte
und (geistige) Pflichten. Das Recht auf Leben ist aber mit der Geburt und bis zum
Tod grundgesetzlich garantiert, ohne die Fähigkeiten des Einzelnen zu berück-
sichtigen. Somit stellt das Alter auch bei gleicher Gefährdung kein Kriterium
dar, welches zur Einordnung in die Prioritätenreihenfolge berechtigt.82
62 Leitfaden Katastrophenmedizin
schlechtes, der Abstammung, der Rasse, der Sprache, Heimat oder Herkunft,
der religiösen und politischen Anschauungen sowie der Behinderung.
Bitte beachten
3
Die Ungleichbehandlung, die mit der Einordnung des Patienten in die
Sichtungskategorie IV zwangsläufig einhergeht, muss durch sachliche
Kriterien gerechtfertigt werden. Das sind insbesondere die Rettung ei-
ner maximalen Anzahl von Verletzten, die Dringlichkeit oder die Erfolgs-
aussicht, nicht aber persönliche Eigenschaften oder Fähigkeiten.
Leitfaden Katastrophenmedizin 63
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
Organisatorische Probleme sind zumeist schon vor dem Eintritt des konkre-
ten Schadensereignisses abzusehen. Massenanfälle Hilfebedürftiger sind
nicht auf Deutschland beschränkt. Deshalb müssen Grundlagen für länder-
übergreifende Hilfe und medizinisch-technische Zusammenarbeit geschaf-
fen und die logistische Umsetzung sichergestellt werden. Eine gründliche,
umfangreiche Vorbereitung ist sehr wichtig: So darf eine Katastrophe in
Zukunft nicht mehr nur als extreme Ausnahmesituation gelten, die medizi-
nische Reaktion darauf muss Eingang in die Ausbildung finden und im Rah-
men von Schulungen regelmäßig gefestigt werden.
84 Mangels Vertrag und aufgrund der Erfüllung eigener – nicht fremder – Pflichten, scheiden Ansprü-
che aus Vertrag und Geschäftsführung ohne Auftrag von vornherein aus.
64 Leitfaden Katastrophenmedizin
Alltagsmedizin den Problemen der Verteilung schon heute und in Zukunft in
zunehmendem Maße stellen muss.85
Literatur
3
Brech A. Triage und Recht: Patientenauswahl beim Massenanfall Hilfebe-
dürftiger in der Katastrophenmedizin. Ein Beitrag zur Gerechtigkeitsdebat-
te im Gesundheitswesen. Berlin: Duncker & Humblot; 2008.
Leitfaden Katastrophenmedizin 65
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Rechtsgrundlagen für die Einsätze im Katastrophenfall und die Triage
66 Leitfaden Katastrophenmedizin
4
Katastrophenmedizin und
Katastrophenmanagement
A. Scheuermann, J. W. Weidringer, B. D. Domres
4
Hinweis: Dieses Kapitel soll einen „roten Faden“ zwischen den Fachkapiteln
knüpfen. Deshalb wurden Querverweise zu den Fachkapiteln (eckige Klam-
mern) sowie zu den Checklisten (Pfeile) eingefügt.
Leitfaden Katastrophenmedizin 67
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Die Katastrophenmedizin ist durch eine Reihe von Eigenarten geprägt, die
sie von ärztlichen sowie anderen medizinischen Aufgaben und Tätigkeiten
des Alltags unterscheidet. Sie ergeben sich aus der durch die Katastrophe
verursachten außergewöhnlichen Situation selbst und aus dem Zwang zu
unverzüglichem Handeln im Interesse des Überlebens und der Gesundheit
einer Vielzahl akut betroffener Verletzter/Erkrankter [1].
Bei einer großen Zahl von Verletzten/Erkrankten ist es angesichts der Scha-
denssituation und unter Berücksichtigung kurzfristig nur in unzureichendem
68 Leitfaden Katastrophenmedizin
Umfang verfügbarer qualifizierter medizinischer Rettungskräfte meist nicht
(mehr) möglich, Individualmedizin zu realisieren. Die Hilfsmaßnahmen kön-
nen sich in Abhängigkeit verfügbarer Personal- und Materialressourcen nur
noch auf wenige lebensrettende Sofortmaßnahmen beschränken und müs-
sen kurzfristig mit einfachen Mitteln durchgeführt werden [5]. Alle medizi-
nischen Maßnahmen können und müssen in solchen Situationen unter Beach-
tung von Prioritäten bezüglich der medizinischen Notwendigkeit einerseits
4
und ihrer praktischen Realisierbarkeit andererseits durchgeführt werden.
Bitte beachten
Bitte beachten
Leitfaden Katastrophenmedizin 69
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Spätestens seit den Vorfällen am 11. September 2001 in New York gilt es, dieser
Systematik Schadenslagen mit terroristischem Hintergrund zuzuordnen;
dabei wurde erkannt, dass diese Schadenslagen sowohl katastrophenschutz-
als auch zivilschutzrelevante Merkmale aufweisen. Somit wäre die bis dahin
gepflegte strenge Trennung zwischen Katastrophenschutz und Zivilschutz
faktisch aufzulösen. Diesem Vorhaben konnte im neuen Zivilschutz- und
Katastrophenhilfegesetz (ZSKG)2 bereits im rechtskonformen Rahmen Rech-
nung getragen werden.
70 Leitfaden Katastrophenmedizin
Die Mitwirkung von Ärzten im Zivilschutz- und Katastrophenfall ist im
Zivilschutzgesetz und den 16 Katastrophenschutzgesetzen der Länder [3]
sowohl als allgemeine medizinische Hilfeleistung wie auch für spezielle me-
dizinische Aufgaben geregelt ( Checkliste B).
4
Eine medizinische Versorgung von Verletzten/Erkrankten unter individual-
medizinischen Bedingungen hat in der Abfolge und dem Handeln der Hil-
feleistenden wie das Zusammenwirken der Glieder einer Kette zu erfolgen,
um schädliche therapiefreie Intervalle zu minimieren bzw. zu verhindern
und die Hilfeleistung effektiv durchführen zu können (s. Abb. 4-1).
Krankenhaus + MVZ
Laienhilfe / Rettungsdienst
Leitfaden Katastrophenmedizin 71
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Leitstelle Gruppen
72 Leitfaden Katastrophenmedizin
Zur effektiven Gestaltung der Hilfeleistung im Bevölkerungsschutz wurde
das System der Hilfeleistung mit der Definition von vier Versorgungsstufen
des Bevölkerungsschutzes neu systematisiert. Dabei wurden Erfahrungen
aus vergangenen Großschadens- und Katastrophenfällen sowie aktuelle Be-
drohungszenarien berücksichtigt. Das System wird nun entsprechend der
Versorgungsstufen schrittweise neu strukturiert.
4
4.2 Schadenslagen und deren
Management – die neue Strategie
im Bevölkerungsschutz
4.2.1 Definition von Schadenslagen
(DIN 13050:2009-02 „Begriffe im Rettungswesen“, 3.21 ff.)
„Der Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (MANV) ist ein Notfall mit
einer größeren Anzahl von Verletzten oder Erkrankten sowie anderen Geschä-
digten oder Betroffenen, der mit der vorhandenen und einsetzbaren Vorhaltung
des Rettungsdienstes aus dem Rettungsdienstbereich versorgt werden kann.“
Bitte beachten
Leitfaden Katastrophenmedizin 73
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
3 Gefahrenlagen mit der Möglichkeit chemischer (C), biologischer (B) oder radiologischer (R) bzw.
nuklearer (N) Kontamination der Verletzten/Erkrankten. Diese Bezeichnung aus dem englischen
Sprachraum findet immer mehr Anwendung auch in der deutschen Fachsprache (dort bisher ABC-
Lagen: atomar/biologisch/chemisch).
74 Leitfaden Katastrophenmedizin
später behandelt. Eine wirksame Versorgung unter diesen Bedingungen er-
fordert bei allen Helfern4 hohe Sach- und taktische Kenntnis im Umgang mit
gesundheitsschädlichen chemischen Substanzen und ein Handeln, das die
Selbstgefährdung weitestgehend berücksichtigt ( Checkliste H). Unter Um-
ständen bedarf es besonderer Einsatzmittel um die Hilfeleistung unter den
gegeben Bedingungen erst zu ermöglichen. Ein weiteres Ausweiten der Scha-
denslage und Sekundärbedrohungen innerhalb der gesamten Rettungskette
4
sind nicht auszuschließen (z. B. Sarinanschlag in Tokyo 1995 mit Sekundärver-
giftungen von Rettungskräften und Krankenhausmitarbeitern, vgl. [18]).
4 Begriff aus dem Katastrophenschutz, der alle zur Schadensbekämpfung eingesetzten Helfer – gleich
welcher Qualifikation – erfasst (Feuerwehr, Technisches Hilfswerk [THW], Hilfsorganisationen, Ret-
tungsdienste, Ärzte, Stabs- und Führungspersonal, Fachberater).
Leitfaden Katastrophenmedizin 75
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Radiologische und nukleare Lagen [12] lassen sich allgemein gut klassifizie-
ren, sofern sich Ursache(n) und Wirkungen frühzeitig darstellen. Auch hier
sollten alle Helfer über entsprechende spezielle Grundkenntnisse im Umgang
mit radioaktiv kontaminierten Verletzten/Erkrankten verfügen ( Checklis-
te G). Dekontaminierung zeigt nur bei äußerlicher Kontamination Wirkung.
Gefahr besteht insbesondere für Ersthelfer und professionelle Helfer, solange
das Schadensgebiet und die Substanzen noch nicht vollumfänglich bestimmt
4
Bitte beachten
76 Leitfaden Katastrophenmedizin
Terroristische Anschläge können – selbst wenn im engeren Sinne auch
Punktlagen – jedoch an mehreren Stellen zugleich oder zeitversetzt Wir-
kungen entfalten.
Epidemien und Pandemien können sich, ausgehend von zunächst eingrenz-
baren Arealen, kurzfristig mehr oder weniger unbemerkt rasant in der Fläche
ausbreiten.
Nukleare und chemische Schadenslagen entfalten – ebenfalls von punktförmi-
4
gen Ursprüngen ausgehend – üblicherweise Wirkungen in großen Flächen.
Kosmische Einwirkungen (Absturz von Raumfahrtgerät, Kometen, Meteoriten)
können – wenngleich möglicherweise mit Vorwarnungszeit – Wirkungen auf
größeren Flächen entfalten.
Leitfaden Katastrophenmedizin 77
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Als Ersthelfer wird zunächst jeder bezeichnet, der zufällig bei einem Scha-
densfall anwesend ist und Hilfe leistet, insbesondere Laien. Dieser Begriff
wird jedoch zugleich für alle Mitarbeiter verwendet, die im Rahmen betrieb-
licher Vorsorge und Versorgung in Erster Hilfe ausgebildeten wurden.
Ärztliche Notfallpraxen
Patienten mit zunächst nicht lebensbedrohlichen Verletzungen oder Erkran-
kungen, jedoch mit dringender Indikation zur Versorgung können sich an ärztli-
che Notfallpraxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) wenden. Diese
Einrichtungen können Teil des Hausarztsystems sein oder dieses ergänzen.
Ärztlicher Notdienst
Während der sprechstundenfreien Zeit stellen die Kassenärztlichen Vereini-
gungen der Bundesländer die vertragsärztliche Versorgung von Verletzten
78 Leitfaden Katastrophenmedizin
und Erkrankten mit zugelassenen oder in medizinischen Versorgungszen-
tren angestellten Ärzten und Psychotherapeuten im Ärztlichen Notdienst
sicher (gemäß § 75 Abs.1 SGB V)5. Der Ärztliche Notdienst umfasst den ambu-
lanten Hausbesuchsdienst und/oder die Versorgung in speziell eingerich-
teten Notfalldienstzentren und Notfallpraxen. Darüber hinaus bieten die
Kassenärztlichen Vereinigungen in Großstädten und Ballungszentren zu-
sätzlich einen zentral organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) an,
4
der für die Bevölkerung rund um die Uhr zur Verfügung steht.
First Responder
Englisch wörtlich: „zuerst Antwortender“; „Helfer vor Ort“. First Responder
sind mindestens in Erster Hilfe und Notfallmaßnahmen ausgebildete Per-
sonen, die bei Notfällen in der Nachbarschaft die Zeit bis zum Eintreffen
eines Rettungsmittels mit qualifizierten medizinischen Basismaßnahmen
überbrücken sollen. Innerhalb dieses Systems stehen häufig nichtärztliche
Mitarbeiter von Rettungsdiensten vereinbarungsgemäß in der näheren Um-
gebung ihres Wohnortes als Ansprechpartner von Leitstellen für schnellst-
mögliche qualifizierte Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Verfügung. Das First-
Responder-System stellt somit eine Ergänzung der Rettungskette dar.
Rettungsdienstsysteme
Als staatliche Aufgabe ist Rettungsdienst von den Landkreisen und kreisfrei-
en Städten im sogenannten übertragenen Wirkungskreis zu erfüllen. Ret-
tungsdienstbereiche als kleinste organisatorische Einheiten der notfallme-
dizinischen Versorgung werden von einem Träger (Kommunalbehörde[n]
oder Zweckverband) geführt.
Leitfaden Katastrophenmedizin 79
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
mend im System sogenannter Integrierter Leitstellen und sind damit für die
Einsatzführung von Rettungsdienst, Feuerwehr sowie ggf. weiteren Kräften
der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr verantwortlich.
In der Planung von Kräften und Mitteln für den MANV sollten durch die
Kommunalbehörden besonders Aspekte einer modularen Strukturier-
barkeit der Teileinheiten gemäß Schadenslage, eine universelle Funktions-
fähigkeit aller (fachlichen und taktischen) Schnittstellen sowie die
tatsächliche Verfügbarkeit aller Einheiten innerhalb definierter Einsatz-
80 Leitfaden Katastrophenmedizin
zeiten (möglichst ohne sogenannte Mehrfach-Einplanung des Personals)
berücksichtigt werden!
4
4.2.5.2 Führungsstruktur – Rettungsdiensteinsatzleitung
Um eine effektive Hilfeleistung zu ermöglichen, bedarf es gut vorbereiteter
Führungsteams, die sich inzwischen bundesweit als Rettungsdienst- oder Sa-
nitätseinsatzleitung etabliert haben. Diese aus Leitendem Notarzt (LNA) und
Organisatorischem Leiter Rettungsdienst (OrgL) bestehenden Einsatzleitun-
gen (in manchen Bundesländern durch weitere Funktionsstellen ergänzt)
führen die medizinische Hilfeleistung als Unterabschnitt einer örtlichen
Technischen Einsatzleitung (TEL) und/oder Mitglied einer Verbandsfüh-
rungsstruktur (z. B. eines Behandlungsplatzes 50).
Leitfaden Katastrophenmedizin 81
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Alle mit Aufgaben als Leitender Notarzt (LNA) und Organisatorischer Leiter
Rettungsdienst (OrgL) beauftragten Ärzte und Rettungsassistenten/
-sanitäter verfügen über eine spezielle Zusatzausbildung, die bundesein -
4
6 Inhaltliche Rahmenempfehlungen für die Aus- und Fortbildung von LNA und OrgL siehe bei-
liegende CD-ROM.
82 Leitfaden Katastrophenmedizin
4.2.6.1 Charakteristik von Großschadensfällen und
Katastrophen
In Kapitel 4.2.1 wurden bereits MANV, Großschadens- und Katastrophenla-
gen definiert. In der Versorgungsstufe III sind die Abläufe unter dem beson-
deren Blickwinkel des Katastrophenmanagements zu betrachten.
4
dem Missverhältnis zwischen unzureichend verfügbaren personellen Kapazi-
täten und materiellen Ressourcen einerseits und den Bedürfnissen an Behand-
lung und Betreuung der Verletzten/Erkrankten und Betroffenen andererseits.
Daher ist es erforderlich, die Hilfeleistung gemäß den Prioritäten von Sich-
tungsergebnissen (Sichtung/Sorting/Triage, s. Kap. 4.3) durchzuführen.
Ziel für die Hilfeleistenden ist in einer Katastrophe immer, einerseits mög-
lichst vielen Angehörigen der sozialen Gemeinschaft das Überleben zu er-
möglichen, andererseits für die Überlebenden individualmedizinische Ver-
sorgungsmöglichkeiten – wenn schon nicht aufrecht zu erhalten, so doch
möglichst zügig wieder herzustellen.
Zur Versorgung von mehr als 50 Verletzten (unter Beachtung lokaler Verhält-
niss ggf. auch unterhalb dieser Schwelle) empfiehlt sich der Aufbau eines Be-
handlungsplatzes 50 (s. Kap. 4.5.1). Regional andere Konzepte können ihre
Begründung in besonderen Versorgungsstrukturen finden.
Leitfaden Katastrophenmedizin 83
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Für die Vorhaltung von Kräften und Mitteln zur Bekämpfung einer (durch
4
84 Leitfaden Katastrophenmedizin
4.2.7 Abläufe und Strukturen bei der Bewältigung
von außergewöhnlichen Gefahren- und
Schadenslagen – Versorgungsstufe IV
Ausgewiesener Sonderschutz durch exklusive spezielle operative Vorhal-
tung (Task Forces) und Infrastruktur (Kompetenzzentren) für von Bund und
Ländern gemeinsam festgelegte außergewöhnliche Gefahren- und Scha-
4
denslagen; verantwortlich für Gewährleistung: Bund.
7 Weitere Informationen: vorläufiges Projekt- und Einsatzhandbuch MTF (BKK 2009a), Ausstattungs-
konzept MTF (BKK 2009b), Ausstattungskonzept ATF (BKK 2008).
Leitfaden Katastrophenmedizin 85
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
4.3 Sichtung/Sorting/Triage
4.3.1 Sichtung – Definition und Abläufe
Unter Sichtung ( Checkliste C) versteht man die Auswahl und Einteilung
der Betroffenen im Hinblick auf eine angemessene Behandlung entspre-
chend dem Schweregrad der Krankheit oder Verletzung sowie in Überein-
4
Sichtungs-
Beschreibung Konsequenz
kategorie
Aufgeschobene Behandlungs-
II (T2) Schwer verletzt/erkrankt
dringlichkeit
Betreuende (abwartende)
IV (T4) Ohne Überlebenschance
Behandlung
Tote Kennzeichnung
Diese Einteilung der Sichtungskategorien ist das Ergebnis der Konsensuskonferenz vom 15. März 2002,
veranstaltet von der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Das ärztliche oberste Ziel im Katastrophenfall, dem die Sichtung dient, ist es,
das Überleben und die Gesundheit einer möglichst großen Zahl von Verletz-
ten/Erkrankten zu sichern und zu erhalten. Entsprechend dieser Zielsetzung
ist auch die Reihenfolge der Behandlung festzulegen. Allein die medizini-
sche Dringlichkeit im Interesse des Überlebens möglichst vieler Verletzter/
Erkrankter ist dafür maßgeblich.
86 Leitfaden Katastrophenmedizin
Sichtungen sind zunächst am Schadensort (Kriterium: Rettungspriorität),
ggf. nochmals an der Verletztenablage (Kriterium: Behandlungspriorität),
wenn aufgebaut am Behandlungsplatz (BHP) 25 oder 50 (Kriterien: Behand-
lungs- und Transportpriorität) sowie schließlich in der Zielklinik (Kriterium:
Behandlungspriorität) durchzuführen (s. Tab. 4-2).
4
Sichtungsort Sichtungsziel Handlungskonsequenzen
Schadensort Rettungspriorität unter Schnellstmögliches prioritäres
Beachtung zeitlich möglicher Retten aus dem Gefahrenbereich,
Zugänglichkeit hohe Dynamik der Sichtungsent-
scheidung
Leitfaden Katastrophenmedizin 87
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
4.3.2 Vorsichtung
Bei der Vorsichtung (Sweeping Triage oder STaRT) werden lediglich die Symp -
tome der Verletzten beurteilt. Sie wird – insbesondere bei Verletzten – von
speziell qualifiziertem Rettungsdienstpersonal nach schnell und einfach
feststellbaren Kriterien vorgenommen (s. Abb. 4-3).
Als erstes Kriterium wird die Gehfähigkeit beurteilt: Wer noch gehfähig ist,
bedarf nur minimaler Behandlung, wird also der Gruppe III zugeteilt.
Weiterhin wird die Atmung beurteilt: Bei einem Atemstillstand wird der
Verletzte/Erkrankte in die Sichtungsgruppe IV eingeordnet. Ist die Atmung
vorhanden, aber erheblich gestört, müssen sofort lebensrettende Maßnah-
men in der Sichtungsgruppe I vorgenommen werden.
88 Leitfaden Katastrophenmedizin
Eine Sichtungskategorie IV ist bei der Vorsichtung nicht vorgesehen!
Vorsichtung
Diagnose Behandlung
ja
gehfähig später ambulant SK III
nein
4
nein
Atmung betreuend, abwartend SK IV
ja < 10
> 30
Atemfrequenz sofort SK I
10–29 >2s
Kapillar-Füllungszeit aufgeschobene Dringlichkeit SK II
<2s
Leitfaden Katastrophenmedizin 89
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Dieser unter dem englischen Slogan „informed consent“ für die Ärzteschaft
seit 1964 bindende Nürnberger Verhaltenskodex und die fortgeschriebene
Deklaration von Helsinki aus dem Jahre 1984 sind eine Folge von und Reak-
tion auf erschreckende Vorgänge im menschlichen Umgang während des
Zweiten Weltkrieges.
„Was ich etwa sehe oder höre im Lauf der Behandlung oder auch außer-
halb der Behandlung über das Leben von Menschen, was man auf keinen
Fall verbreiten darf, will ich für mich behalten, in der Überzeugung, dass
es schändlich ist, über solche Dinge zu sprechen.“ (Lichtenthaeler 1984).
90 Leitfaden Katastrophenmedizin
Die offen lesbaren Daten stellen im Grunde einen Verstoß gegen die Regeln
des Datenschutzes dar, der unter den erschwerten Bedingungen einer Kata-
strophe geduldet wird. Daher ist es von erheblicher Wichtigkeit, diese Infor-
mationen vor Missbrauch zu schützen.
Aktuell gibt es Studien zur elektronischen Registrierung von Sichtungsda-
ten beim Patienten, wobei allerdings eine geeignete Energieversorgung im
Katastrophengebiet gegeben sein muss.
4
4.3.5 Sichtung unter CBRN-Bedingungen
[12–14, 18, 19]
Unter CBRN-Bedingungen ist eine Sichtung der Verletzten/Erkrankten zu-
nächst nur eingeschränkt möglich. Die angelegte Schutzbekleidung und
erschwerte Möglichkeiten der Basisdiagnostik behindern die Einschätzung
des Patientenzustandes.
Abb. 4-4 Patientenleitsystem (PLS) mit reflektierendem Aufkleber, der auf Dis-
tanz Hinweis geben soll auf Kontamination (Nach B. Hersche, A-Sonntagberg).
Leitfaden Katastrophenmedizin 91
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Bitte beachten
92 Leitfaden Katastrophenmedizin
Tertiäre Explosionsverletzungen durch den Anprall der Opfer an Gegen-
stände oder durch den Sturz auf den Boden
Quartäre Explosionsverletzungen durch Hitze, Feuer oder Giftstoffe und
auch durch Trümmer
Ggf. zusätzliche Kontaminationen durch gezielt eingesetzte kontaminierte
Personen (Selbstmordanschläge) oder Fragmente von Bombenfüllungen
4
4.3.7 Ethische Aspekte der Sichtung [1, 3]
Das Durchführen der Sichtung in einer Ausnahmesituation (MANV/MANI/Kata-
strophe), die aus dem Alltagsleben nicht bekannt ist, wirft eine Reihe ethischer
Fragen auf. Ärzte, Schwestern, Rettungsassistenten, Rettungssanitäter und wei-
tere Helfer im Katastrophen- sowie Zivilschutz haben auf diese Fragen mit einer
adäquaten Antwort bzw. Verhaltensweise in einer außergewöhnlichen Lage zu
reagieren. Darauf sind sie während ihrer Qualifizierung vorzubereiten.
Leitfaden Katastrophenmedizin 93
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
94 Leitfaden Katastrophenmedizin
Die Struktur eines BHP 50 ermöglicht die medizinische bzw. betreuende
Versorgung von 50 Verletzten/Erkrankten (in der Verteilung 20 : 10 : 20
entsprechend der Sichtungskategorien I : II : III) innerhalb einer Stunde.
Ein BHP 50 wird von etwa 130–140 Einsatzkräften (Verbandsstruktur) auf-
gebaut und betrieben. Der Raumbedarf liegt bei etwa 1 500–2 000 m2.
Etwa 40 Fahrzeuge gelangen zum Einsatz. Der Materialvorrat sollte für
etwa 100 Betroffene und die Gesamteinsatzdauer des BHP 50 von 8 h (bis
4
zu einer Ablösung/Auffrischung) berechnet sein.10
10 Weitere Informationen zu Aufbau und Struktur eines Behandlungsplatzes siehe beiliegende CD-ROM.
Leitfaden Katastrophenmedizin 95
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
sorgung) in der Heimat zuzuführen, dies notfalls auch mit Hilfe von (Inten-
siv-)Verlegungen auf dem Luftwege (MEDEVAC11).
Bitte beachten
11 Medical Evacuation (Med Evac) bzw. Medizinische Evakuierung (MEDEVAC) bezeichnet den Abtransport
verletzter Personen aus unsicheren Gebieten oder die Verbringung derselben in qualifizierte medizinische
Versorgung. Dies kann sowohl über Land oder See oder aber mittels Lufttransport (AirMedEvac) erfolgen.
12 Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei
deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Stö-
rungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden (z. B. Ener-
gie, Transport/Verkehr, Versorgung, Behörden/Verwaltung, Informationstechnik, Gefahrenstoffe,
Finanzdienstleister/Versicherungen, Medien/Wissenschaft/Kultur). Weitere Informationen siehe
„Schutz Kritischer Infastrukturen“ unter dem Menüpunkt „Themen“ auf www.bbk.bund.de.
96 Leitfaden Katastrophenmedizin
4.7 Die Krankenhäuser in der Notfall-
und Katastrophenmedizin [15, 16]
4.7.1 Vorbereitung von Krankenhäusern auf
Havarien und Großschadenslagen
Die Krankenhausplanungen der Länder definieren (länderspezifisch) Versor-
4
gungsstufen, die nicht mit den hier zuvor beschriebenen Versorgungsstufen
des Bundes (gemäß neuer Strategie im Bevölkerungsschutz) identisch sind.
Diese Versorgungsstufen beschreiben die Stellung eines Allgemeinkranken-
hauses (Fachkliniken sind i. d. R. nicht erfasst) im Krankenhausbedarfsplan
des jeweiligen Bundeslandes auf der Grundlage individualmedizinischer
Aspekte. Im Einzelnen werden unterschieden:
Krankenhäuser der Versorgungsstufe 1 leisten einen Beitrag zur Grund-
versorgung der Bevölkerung. Abteilungen der Fachrichtungen Innere
Medizin und Chirurgie werden zumeist alternativ, im Einzelfall auch ge-
meinsam vorgehalten. Belegärzte ergänzen das Profil.
Krankenhäuser der Versorgungsstufe 2 stellen die Grundversorgung
(im Sinne einer Regelversorgung) sicher. Sie müssen die Fachrichtungen
Chirurgie und Innere Medizin vorhalten, entsprechend des Bedarfs auch
die Fachrichtungen HNO, Augenheilkunde, Gynäkologie/Geburtshilfe
und Radiologie sowie in besonderen Einzelfällen auch Urologie und
Orthopädie.
Krankenhäuser der Versorgungsstufe 3 erfüllen in Diagnose und Therapie
auch überörtliche Schwerpunktaufgaben (und werden daher in manchen
Bundesländern Krankenhäuser der Schwerpunkt- oder Zentralversor-
gung genannt). Krankenhäuser der Schwerpunktversorgung unterhalten
mindestens eine Abteilung für Innere Medizin, getrennte Abteilungen für
Unfallchirurgie und Viszeralchirurgie sowie Radiologie und Anästhesie.
Sofern ein entsprechender Bedarf festgestellt wird, können neben den
Fachrichtungen der zweiten Versorgungsstufe auch Pädiatrie, Neurologie
und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie vorgehalten werden.
Krankenhäuser der Versorgungsstufe 4 müssen im Rahmen des Bedarfs
mit ihren Leistungsangeboten über die Angebote der dritten Versorgungs-
stufe wesentlich hinausgehen. Universitätskliniken und Berufsgenossen-
schaftliche Unfallkliniken (BG-Krankenhäuser) nehmen zumeist diese
Aufgabe wahr. Sie stehen nach Möglichkeit in sogenannten Oberzentren
zur Verfügung. Teilweise wird auch der Begriff „Traumacenter Level 1“ ver-
wendet.
Leitfaden Katastrophenmedizin 97
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Darüber hinaus sollte sich auch jeder Klinikmitarbeiter auf derartige Ereig-
nisse vorbereiten ( Checkliste K).
98 Leitfaden Katastrophenmedizin
Ökonomischer Druck und relativ seltene Großschadensereignisse/Katastro-
phen limitieren den örtlichen Ressourcenvorhalt im Bereich der Kranken-
häuser und pflegerischen Einrichtungen erheblich. Der massive Einsatz von
Transportkapazität (zur Bewältigung umfangreich notwendigen Patien-
tentransfers) vermag – sofern vorhanden – die möglicherweise entstehenden
Behandlungs- und Pflegekapazitätsengpässe nur bedingt auszugleichen.
4
4.7.2 Patiententransfer und „Nahtstelle“
Krankenhaus unter katastrophen-
medizinischen Einsatzbedingungen
Mit Wirksamkeit von Kräften und Mitteln der Versorgungsstufen II und III am
Schadensort werden Verletzte/Erkrankte sowohl hinsichtlich ihrer Verletzun-
gen als auch ihrer persönlichen Daten erfasst, medizinisch erstversorgt und
planmäßig in geeignete Kliniken verbracht ( Checkliste J). Die Koordinie-
rung dieser Patientenströme obliegt vor Ort (auf der Grundlage ärztlicher Sich-
tungsergebnisse und Anweisungen des LNA) dem OrgL und koordinierend der
zuständigen Rettungsleitstelle bzw. den inzwischen einsatzbereiten örtlichen
Führungseinrichtungen des Katastrophenschutzes (s. Kap. 4.4, [15]).
Leitfaden Katastrophenmedizin 99
Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen
Katastrophenmedizin und Katastrophenmanagement
Bitte beachten
4
Die Grundlagen der Katastrophenpharmazie finden sich in den Kapiteln [17]
und [30].13
Reserven und Bevorratungen lassen sich nur innerhalb der genannten Ver-
sorgungsstufen-Strukturen darstellen.
14 Hilfsorganisationen und private Unternehmer haben sich gemäß EU- und Ländergesetzgebung
und ihres Rettungsdienstmodells (Submissions- oder Konzessionsmodell) dem Wettbewerb in re-
gelmäßigen Ausschreibungsverfahren zu stellen. Da sie zumeist (in unterschiedlichem Umfang)
Katastrophenschutzleistungen – sowohl im Rahmen staatlicher Beauftragung als auch in eigener
Zusatzleistung – dem Gemeinwesen zur Verfügung stellen, kann die Verfügbarkeit der Leistungen
beim Unterliegen des jeweiligen Bieters ggf. nachträglich in Frage stehen!
4
• Betroffenen
• Materialien/Gerät der Einsatzkräfte
• Materialien/Gerät als Reserven
für Evakuierungen
Versorgungsstufe I
• Personentransportkapazität für Verletzte/Erkrankte in der alltäglichen
Gefahrenabwehr (Land/Luft)
• Transportkapazität der Feuerwehren
Bitte beachten
4.8.3 Kommunikation
Einsatzerfahrungen aus Großschadens- und Katastrophenereignissen der
Vergangenheit beschreiben häufig Kommunikationsprobleme, sowohl zwi-
schen den Kräften der Schadensbekämpfung untereinander wie auch ge-
genüber den Führungsstellen des Katastrophenschutzes.
Als Rückfallebene erscheinen der Aufbau und die durch Übungen erprobte Vor-
haltung eines Personen-Meldersystems empfehlenswert ( Checkliste C).
Kommunikationssysteme sind ebenfalls als Kritische Infrastrukturen einzu-
schätzen, entsprechend zu pflegen und redundant zu betreiben.
4
4.8.4 Schutz der Einsatzstrukturen vor örtlichen
Gefahren und Fremdgefahren [19]
Die Kräfte und Mittel der Gefahrenabwehr aller vier Versorgungsstufen sind
gegenüber den „neuen Bedrohungen“ (Naturgefahren, Terrorismus) als beson-
ders exponiert einzuschätzen. Im Besonderen gilt dies für Kräfte des Rettungs-
dienstes (Versorgungsstufe I), der Gefahrenabwehr bei einem MANV (SEG o. ä.
Strukturen; Versorgungsstufe II) und die Kräfte des Katastrophenschutzes
(Versorgungsstufen III und IV).
Bitte beachten
anhängekarte (s. Abb. 4-5). Es handelt sich um ein Kartensystem, das neben
der Registrierung die Dokumentation der Verletzungen, der zugeordneten
Sichtungskategorie und der durchgeführten Maßnahmen ermöglicht.
Bei der Sichtung (s. auch Kap. 4.3) werden die Patientennummer15, die Sich-
tungskategorie (nominal und ggf. farblich16), der Name des untersuchenden
Arztes, die Uhrzeit, der Zustand des Verletzten/Erkrankten und eine erste
Kurzdiagnose (mit Hilfe von Ankreuzfeldern und stilisierten Körperdarstel-
lungen) auf der Verletztenanhängekarte vermerkt. Für die Medikation der
Ersttherapie sowie das notwendige Transportmittel und -ziel sind ebenfalls
Ankreuzfelder vorgesehen. Freitextfelder können für Bemerkungen und zu-
sätzliche Hinweise oder Präzisierungen medizinischer Angaben verwendet
werden.
a b c d
15 Patientennummern werden vor Ort vom sichtenden Arzt/Rettungsassistenten vergeben und müssen
eine eindeutige Kennzeichnung der Patienten zum Ausschluss von Verwechslungen gewährleisten.
16 Hierbei steht rot für Kategorie I, gelb für II, grün für III, blau oder grau für IV und schwarz für verstorben.
4
Forsetzung Abb. 4-5 Verletztenkartensysteme.
e Sichtungskarte der Feuerwehr Hamburg (Abdruck mit freundlicher Genehmi-
gung der Feuerwehr Hamburg). f Triagekarte (Foto: Paramedics Worldwide).
Der Umgang mit Kindern in Gefahrenlagen wird in Kapitel [6] näher aus-
geführt ( Checkliste D). Besondere Versorgungsanforderungen für
weitere soziale Gruppen werden in der nächsten Auflage dieses Buches
thematisiert.
4
Ebenso gilt es, Vorgesetzten im Rettungsdienst, ärztlichem Führungs-
personal und Einheitsführern des Katastrophenschutzes bundesweit und
flächendeckend Grundkenntnisse psychosozialer menschlicher Reflexions-
und Verhaltensweisen zu vermitteln, damit sie in Großschadens- und Kata-
strophenfällen fähig sind, Menschen effektiv zu führen.
Literatur
17 KIT – Kriseninterventionsteam(s).
18 ENT – Einsatz(kräfte)nachsorgeteam(s).
4
phenmedizin im BBK; 2006. Online verfügbar unter:
http://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Publikation_20KatMed/
Rahmenkonzept__DekonV,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/
Rahmenkonzept_DekonV.pdf [letzter Zugriff: 05.03.2010].
5
Lebensrettende Sofortmaß-
nahmen unter Katastrophen-
bedingungen
P. Sefrin
5
Auch bei einer Katastrophe haben Betroffene Anspruch auf die Abwendung
einer akuten Lebensbedrohung, sofern dies machbar ist. Unter den Bedin-
gungen eines Großschadensereignisses, besonders, wenn keine umfängliche
Individualmedizin mehr realisiert werden kann, muss eine Erstversorgung
versucht werden, in deren Mittelpunkt die Sicherung der Vitalfunktionen
steht. Sie wird sich auf wenige lebensrettende Sofortmaßnahmen beschrän-
ken müssen und ist mit einfachen Mitteln in unmittelbarer Nähe zum Scha-
densort von jedem Arzt und auch qualifizierten Helfer umzusetzen. Ohne
weitreichende differenzialdiagnostische Überlegungen und Möglichkeiten
sind diese Maßnahmen im Sinne einer rein symptomatischen Therapie zeit-
kritisch durchzuführen. Ziel der Maßnahmen ist es, die bedrohten, gestörten
oder ausgefallenen Vitalfunktionen Atmung und Kreislauf solange zu er-
setzen oder zu überbrücken, bis eine professionelle Hilfe unter Einsatz weiter
gehender Therapiemöglichkeiten die Behandlung übernimmt. In diesem Ka-
pitel werden nur einfache Hilfsmittel für die Versorgung vorgestellt, da unter
den genannten Bedingungen nicht damit gerechnet werden kann, dass dem
Helfer eine wie auch immer geartete Ausstattung zur Verfügung steht.
Bitte beachten
5
durch vorsichtiges Schütteln an den Schultern ein taktiler Reiz gesetzt. Bei
Fehlen einer adäquaten Reaktion muss von einer Bewusstlosigkeit ausgegan-
gen werden.
Bei einem plötzlichen Versagen des Herzens kann über eine kurze Zeit noch
eine „Restatmung“ vorhanden sein, die allerdings nicht zu einem Gasaus-
tausch in der Lunge führt und Zeichen eines sterbenden Organismus ist.
Diese „Schnappatmung“ (ähnlich einem Fisch „auf dem Trockenen“) ist viel-
mehr Zeichen eines Kreislaufstillstandes und sollte unmittelbar zum Beginn
der Herz-Lungen-Wiederbelebung führen, sofern hierzu ausreichend Perso-
nal zur Verfügung steht.
Bitte beachten
Praxis-Tipp
5
kommen.
a b
Bitte beachten
Die einfachste Form der Beatmung ist die Atemspende, die als Mund-zu-
Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung erfolgen kann. Keine der beiden Me-
thoden wird ausschließlich bevorzugt. Trotzdem scheint die Mund-zu-Nase-
Beatmung einfacher in der Anwendung zu sein, da die Nase mit dem Mund
besser abzudichten ist und während der Insufflation der Spitzendruck redu-
ziert wird. Bei einer Beatmung mit einem zu hohen Druck und/oder Volumen
kommt es zur gastralen Insufflation mit der Gefahr der Regurgitation. Wich-
tig für die Effektivität der Beatmung ist eine ausreichende Überstreckung des
Kopfes und ein sichtbares Heben und Senken des Thorax. Ein weitgehender
Selbstschutz ist z. B. durch sogenannte Atemhilfen möglich (s. folgende Seite).
a b
5
gegenstehen, ist zumindest eine Alternative zu erwägen, wobei wieder zwi-
schen dem Vorhandensein von Hilfsmitteln und deren Fehlen unterschieden
werden muss.
Damit Helfer eine Möglichkeit haben, den direkten Kontakt mit Patienten
zu umgehen, wurden Kunststofffolien mit einem einseitig durchlässigen
Vlies entwickelt (Beatmungstuch), die eine Insufflation zum Patienten er-
möglichen. Durch die Abdeckung kann der Widerwillen gegen den Kontakt
gemindert und damit die Bereitschaft zur Beatmung gesteigert werden. Der
Nachteil dieser Tücher besteht darin, dass sie leicht verrutschen und deshalb
ständig neu ausgerichtet werden müssen.
Bitte beachten
Kreislauf
Während einer kardiopulmonalen Reanimation sind die Helfer gebunden. Bei
einem Patienten mit Atem- und Kreislaufstillstand erhebt sich daher die Grund-
satzfrage, ob eine kardiopulmonale Reanimation unter den Bedingungen eines
Großschadensereignisses mit den damit verbundenen personellen Diskrepan-
zen überhaupt durchgeführt werden kann. Für eine effektive Wiederbelebung
werden für die Basismaßnahmen mindestens zwei Helfer benötigt.
Ansprechbarkeit prüfen
Atmung überprüfen
30 x Herzdruck-
massage
2 x Beatmen
5
Finger nach oben gezogen werden. Der Kontakt zum Thorax sollte nur durch
den Handballen und nicht durch die gesamte Hand hergestellt werden. Die
Körperhaltung des Helfers senkrecht über dem Druckpunkt garantiert, dass
das Gewicht des Oberkörpers über die im Ellenbogen gestreckten Arme direkt
auf den Thorax übertragen wird (s. Abb. 5-5). Die Drucktiefe beträgt 4–5 cm
beim Erwachsenen. Der Druck muss senkrecht auf das Brustbein auftreffen.
Nach der Kompression muss das Brustbein vollständig entlastet werden, ohne
dabei den Handballen abzuheben. Die Frequenz der HDM beträgt 100/min.
Durch eine Kopftieflage in einem Winkel von ca. 15° kann eventuell mit dem
verbliebenen Blutvolumen, besonders aus den unteren Extremitäten, die ze-
rebrale Perfusion verbessert werden. Auch das zusätzliche Anheben der Bei-
ne (nicht bei Vorliegen von Frakturen der unteren Extremitäten) kann eine
körpereigene Volumenauffüllung bewirken (Autotransfusion).
Sollte die Ursache der Kreislaufstörung eine größere Blutung sein, so muss
diese unmittelbar vor Ort versorgt werden. Unter den Bedingungen eines
Massenanfalls von Verletzten kann als erste (vorübergehende) Maßnah-
me mit dem Auf- bzw. Einpressen einer möglichst keimarmen Auflage auf
bzw. in die blutende Verletzung eine Blutstillung erreicht werden. Ist eine
Extremität betroffen, so ist das Hochlagern der Extremität eine zusätzliche
Möglichkeit, die Intensität der Blutung zu verringern. Das Aufpressen auf die
Wunde kann in der Folge vom Patienten eventuell selbst übernommen wer-
den, sodass der Helfer wieder frei wird.
5
qualifizierten Helfern verfügbar sind.
Sofern es vom Kreislauf her tolerabel ist, wird bei einer Atemstörung der
Oberkörper des Patienten hochgelagert, um die Atmung zu erleichtern. Die
Beine sollten nur bei Hypertonie tiefer gelagert werden.
a
5
Bitte beachten
Ansprechbarkeit prüfen
Basisreanimation (CPR)
beginnen (30 : 2)
bis Defilbrillator/EKG angeschlossen
Rhythmus-Analyse
Fehlt Erhalten
5
Vorhanden Fehlt Vorhanden Fehlt
Lagerung
Schocklagerung
Stabile Oberkörper hoch
Beatmung Reanimation Evtl. Infusion
Seitenlage Evtl. O2-Gabe
Literatur
6
glücklicherweise nicht. Erfahrungen von Hilfsorganisationen beim Einsatz
in Ländern der Dritten Welt zeigen jedoch, dass die extremen Umstände von
Katastrophen und Flucht besonders hart Kinder, ältere Menschen und Behin-
derte treffen.
6
Verluste durch Erbrechen und Durchfall sowie aufgrund von Verbrennungs-
wunden sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei Fieber sind für jedes Grad,
um das die Körpertemperatur erhöht ist, etwa 10 % des errechneten Bedarfs
zu addieren.
Literatur
www.childinfo.org
www.who.int/eha
7
7.1 Psychosoziale Notfallversorgung
als integraler Bestandteil des
Krisenmanagements – Notwendig -
keit, Ziele und Grundannahmen
Das Ziel der PSNV-Maßnahmen besteht darin, die Verarbeitung des Not-
fallereignisses oder belastenden Einsatzes zu ermöglichen sowie anhalten-
de psychische Belastungen zu vermeiden oder abzupuffern. Die Prävention
psychischer Traumafolgestörungen ist darin ebenso eingeschlossen wie
das Ziel, Menschen durch Früherkennung frühzeitige und angemessene
Behandlung zukommen zu lassen, wenn diese psychische Störungen mit
Krankheitswert herausgebildet haben.
Die PSNV geht von der Grundannahme aus, dass zur Bewältigung von
Notfallereignissen zunächst persönliche und soziale Potenziale aktiviert
werden. Die Mehrheit der Menschen bewältigt Notfallereignisse im Laufe
der Zeit aus eigener Kraft oder mit der Unterstützung nahestehender Men-
schen. Maßnahmen der PSNV wirken ergänzend oder – im Falle des Fehlens
oder Versiegens diese Kräfte – ersetzend. Das besagt zugleich, dass Unterstüt-
zung und Hilfe umso aktiver und niedrigschwelliger (d. h.ohne Hürden und
Anstrengungen für jeden erreichbar) angeboten werden sollte, je belasteter
und je geschwächter in ihren Selbsthilfemöglichkeiten die betroffenen Men-
schen sind. Mit jedem Angebot von Hilfe oder heilkundlicher Intervention ist
zugleich ein hoher Respekt vor den Bewältigungs- und Selbsthilfepotenzia-
len der Betroffenen sowie ihrer sozialen Netzwerke geboten.
Die PSNV-Maßnahmen tragen der Tatsache Rechnung, dass sich die Bedürf-
nisse unterschiedlicher Betroffenengruppen unterscheiden. Die PSNV-
Maßnahmen sind daher untergliedert in:
Maßnahmen für Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen und/
oder Vermissende1 und
7
7
international kompatiblen Leitlinien zu gelangen. Beteiligt waren Vertreter
aus allen PSNV-relevanten Breichen: Bundesministerien und Innenministe-
rien/Senate der Länder, Behörden und Organisationen der zivilen und mili-
tärischen Gefahrenabwehr sowie der Anbietersysteme, einschließlich der
Kirchen, Kammern, Fachverbände, Kostenträger und Wissenschaftler.
Praxis-Tipp
Traumatische Erfahrung
Nicht jeder von einem Unglücksfall betroffene Mensch ist traumatisiert.
Entscheidend ist, wie das Ereignis erfahren und verarbeitet wird. Eine
traumatische Erfahrung ist dadurch gekennzeichnet, dass Menschen eine
bedrohliche Situation (Lebensbedrohung, Bedrohung von Hab und Gut, Ver-
letzung, Gewaltandrohung, Demütigung) bei sich oder (nahestehenden) an-
deren oder einen plötzlich eintretenden Verlust mit intensiven Gefühlen wie
Furcht, Entsetzen, Schrecken, Hilflosigkeit oder Ekel erleben. Zugleich lö-
sen diese Empfindungen intensive psychische und körperliche Veränderun-
gen aus, die zunächst nicht als „Krankheitssymptome“ zu verstehen sind, da
sie normale Reaktionen auf existenzielle Erschütterungen darstellen:
hohe Erregung (Unruhe, Angst)
Sprachlosigkeit („Mit fehlen die Worte“)
Verständnis- bzw. Fassungslosigkeit („Ich kann es nicht begreifen, ich weiß
nicht, wie das passieren konnte“)
emotionale Überwältigung oder innere Leere (Weinen, Taubheit, Starrheit)
Handlungsunfähigkeit („Ich bin wie gelähmt“)
Gefühl der Fremdheit der Umwelt („Alles war so grell“) und des eigenen
Körpers („Ich habe mich nicht gespürt“)
Gefühl der sozialen Verlorenheit („Keiner kann das nachvollziehen“)
Je länger und intensiver dieses Erleben anhält, desto schwerer gelingt eine Er-
holung. Je früher jedoch „psychische erste Hilfe“ (Lasogga und Gasch 1997) ein-
setzt, desto eher werden die Weichen für eine raschere psychische Erholung
gestellt.
7
dass intensive Belastungen fast allen Betroffenen die Fortführung des priva-
ten oder beruflichen Alltags erschweren. Zugleich stellt ein Notfallereignis
häufig zusätzliche Anforderungen organisatorischer oder administrativer
Natur. Der größte Teil der Betroffenen erholt sich innerhalb weniger Tage
und kann alltägliche Aktivitäten bald wieder aufnehmen; 20–40 % der von
einem Notfallereignis Betroffenen zeigen anhaltende Stressmerkmale, die
aber innerhalb von 4–6 Wochen abklingen. Die Rate schwerster und mitt-
lerer psychischer Störungen verdoppelt bzw. verdreifacht sich kurzfristig
nach Notfallereignissen in der Gruppe der Betroffenen und bedeutet einen
erhöhten Versorgungsbedarf der Gruppen derjenigen, die sich bereits vor
dem Ereignis im medizinischen, (sozial-)psychiatrischen und psychothera-
peutischen Versorgungssystem befanden. Psychiatrische Notfälle (Vorlie-
gen von Selbstgefährdung/Suizidalität und/oder Fremdgefährdung) unmit-
telbar nach der Konfrontation mit dem Extremereignis scheinen – anders
als häufig angenommen – nur äußerst selten (< 0,1 %) aufzutreten (IASC 2007,
Impact 2007, NATO 2008).
Bitte beachten
Die Angebote der PSNV sind zeitlich gegliedert und spiegeln somit den
Bedürfnisverlauf und die sich darauf ergebenden Versorgungsbedarfe. Zu-
gleich sind sie nach Kompetenzen gestuft: Soziale Unterstützung kann oft
das soziale Netzwerk leisten; psychosoziale Hilfen erfordern eine gesonderte
Qualifizierung; (Früh-)Interventionen erfordern eine spezifische heilkundli-
che Qualifikation als Arzt oder psychologischer Psychotherapeut oder Kin-
der- und Jugendlichenpsychotherapeut und eine Approbation (s. Abb. 7-1).
Soziale Unterstützung
im sozialen Netzwerk
Psychosoziale
Akuthilfen Kein Bedürfnis nach weiter gehender Hilfe
Kein Bedarf aufgrund erkennbarer Risiken
7
Diagnostik und Intervention
in der ambulanten und stationärem Versorgung
Insbesondere ärztliche (Haus- und Fachärzte)
und psychologische
psycho(trauma)therapeutische (Früh-)Intervention
Indikation: (psychische) Störung mit Krankheitswert
Bitte beachten
7
7
an der Totensammelstelle / am Leichenablageplatz zur Aussegnung (hier
ausschließlich Notfallseelsorge)
in Angehörigen-/Zeugensammelstellen
an den Hotlines/Bügertelefonen
Bitte beachten
Die Begleitung von Menschen in akuter oder chronischer Not gehört seit
jeher zum genuinen Bestand christlicher diakonischer Aufgaben, sowohl
in der Selbst-, als auch in der Fremdwahrnehmung der Kirche. Zugleich ist
Notfallseelsorge Teil einer ganzheitlichen PSNV im Kontext unserer plu -
ralen Gesellschaft.
In Deutschland sind seit den beginnenden neunziger Jahren des vergan -
genen Jahrhunderts anfänglich punktuell, dann zunehmend flächende -
ckend, Notfallseelsorgesysteme aufgebaut worden, die in Ergänzung
zur Regelversorgung der Gemeindeseelsorge eine zeitnahe und fachlich
qualifizierte seelsorgerische Begleitung von Menschen in akuter Not
gewährleisten. Gegenwärtig dienen die Hamburger Thesen (2007) der
4 Siehe www.nfs-bw.de.
7
während des laufenden Einsatzes zu planen und vorzubereiten. Wie oben
erwähnt, sind in den ersten 4–6 Wochen nach einem Notfallereignis prog-
nostische Aussagen zu einem möglichen „kritischen“ Bewältigungsverlauf
häufig sehr schwer zu treffen. Umso wichtiger sind deshalb nachsorgende
Betreuungsangebote sowie eine enge Kooperation und Vernetzung mit dem
regionalen psychosozialen und (sozial-)psychiatrischen Versorgungssystem,
um Versorgungskontinuität und nahtlose Übergänge zu gewährleisten so-
wie Krisen im Spektrum der ambulanten Versorgung auffangen zu können.
Bitte beachten
Bitte beachten
7
Vor dem Während Tage bis
Einsatz des Einsatzes Wochen Ab 4. Woche
Einsatzvor- Einsatz
bereitung begleitung Soziale Unterstützung
im beruflichen und privaten sozialen Netzwerk
Aus- und
Einsatz- Kein Bedürfnis nach weiter gehender Hilfe
Fortbildung nachsorge
inkl.
Unterschiedliche Verläufe
Organisations Bedürfnis-
der Eins
strukturen in und
Wachen und Bedarfs-
Wehren erhebung Psychosoziale Hilfen
Arbeitsklima
belasten
Ansprech-
abhängiges
partner
Screening
Abb. 7-2 PSNV-Maßnahmen für Einsatzkräfte vor, während und nach belas-
tenden Einsätzen. (Aus BBK 2009, S.18.)
ten nahe. Die PSNV-Maßnahmen für Betroffene und für Einsatzkräfte sollten
innerhalb dieser Abschnitte aufgrund unterschiedlicher Abläufe, Bedürfnis-
se und Anbieter getrennt werden. Beide Bereiche sollte jedoch gemeinsam
von einem Leiter PSNV an der Schadensstelle, der spezifisch für diese Füh-
rungsaufgabe qualifiziert ist, geführt werden (Beerlage et al. 2006; Helme-
richs 2005, 2007).
Der Leiter PSNV erstellt ein psychosoziales Lagebild und leitet daraus den
Kräfte- und Mitteleinsatz ab sowie ggf. die Notwendigkeit von Einsatzab -
schnitten. Neben vertieften Qualifikationen und umfangreichen PSNV-
Einsatzerfahrungen sollte er auch über ein umfangreiches Struktur- und
Netzwerkwissen in der PSNV sowie über fundiertes Strukturwissen der kata-
strophenmedizinischen Versorgung verfügen.
Bitte beachten
7
Die PSNV ist in die Führungs- und Organisationsstrukturen einzubinden und
dabei auf die bereits bestehenden Strukturen der Gefahrenabwehr abzu-
stimmen. Für komplexe Gefahren- und Schadenslagen sind PSNV-Führungs-
kräfte vorzubereiten, bereitzustellen und einzusetzen. Als PSNV-Führungs-
kräfte sind Leiter PSNV und Fachberater PSNV im Stab zu qualifizieren und
bereitzustellen. Ihre Alarmierung ist ebenfalls vorzubereiten.
Fällen pro Jahr Hilfe für Deutsche im Ausland. In ca. 10 000 Fällen ist die
Ermittlung Angehöriger erforderlich, um Hilfen wirksam koordinieren
zu können, oder aber auch, um Angehörige über einen Todesfall zu infor-
mieren. In etwa 2 000 Fällen jährlich wird ein eigenes Referat im Auswär-
tigen Amt unmittelbar tätig, z. B. wenn es um Rücktransporte schwerst-
verletzter Personen, begleitete Heimführungen psychisch Kranker, Hilfe
nach Gewaltverbrechen oder Evakuierungen geht, sowohl im Einzelfall
als auch bei Großschadenslagen. Diese Fälle werden in enger Zusammen-
arbeit mit der jeweiligen Auslandsvertretung bearbeitet, ebenso die Ver-
misstensuche im Ausland oder Überführung Verstorbener. Hier sind die
in jeder Auslandsvertretung geführten „Deutschenlisten“ hilfreich bei
der Klärung der Frage, ob sich eine bestimmte Person zum Zeitpunkt ei-
nes Unglücks in einer bestimmten Region aufgehalten hat.
Im Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amtes wird bei größeren
Schadenslagen eine Hotline eingerichtet, über die Angehörige von Be -
7
7
Die Qualitätssicherung der Koordinierungs- und Betreuungsmaßnahmen
wird durch die enge Kooperation mit Wissenschaftlern, Fachgesellschaften
der Psychologie und Psychiatrie, Psychotherapeuten- und Ärztekammern
gewährleistet. Das NOAH-Team besteht aus einsatzerfahrenen Fachkräf-
ten und wird im Einsatzfall nach Bedarf verstärkt durch geschulte Kollegen
aus dem BBK und durch Unterstützungskräfte verschiedener Kooperati-
onspartner (Mitarbeiter von Kriseninterventionsteams, Notfallseelsorger,
Notfallpsychologen, Sozialarbeiter). Eine Schlüsselrolle in der Information
und Betreuung Betroffener und Angehöriger kommt der NOAH-Hotline
zu. Allein im ersten Monat nach dem Seebeben in Südostasien gingen bei
der NOAH-Hotline 10 000 Anrufe von Betroffenen ein; bis heute wird NOAH
von vielen dieser Hilfesuchenden als Ansprechstelle genutzt.
Praxis-Tipp
Literatur
7
Hobfoll SE, Watson P, Bell CC, Bryant RA, Brymer MJ, Friedman MJ, Friedman
7
M, Gersons BPR, TVM de Jong J, Layne CM, Maguen S, Neria Y, Norwood AE,
Pynoos RS, Reissman D, Ruzek JI, Solomon AYZ, Steinberg AM, Ursano RJ. Five
essential elements of immediate and mid–term mass trauma intervention:
empirical evidence. Psychiatry 2007; 70 (4), 283–315.
Mitchell JT, Everly G. Human elemens training for emergency services, public
safety ans stress management programs. Ellicott City: Chevron; 1994.
www.bbk.bund.de
www.einsatzkraft.de
www.gesundheit-im-einsatzwesen.de
www.nfs-bw.de
www.psychosoziale-notfallversorgung.de
08
weise bei den therapeutischen Maßnahmen.
Ein ausgeprägter Verlust intravasalen Volumens durch eine Blutung nach in-
nen oder außen würde ohne Kompensationsmechanismen des Organismus
sehr rasch letal enden. Denn der Blutverlust würde über die Reduktion des
venösen Rückflusses zu einem Blutdruckabfall und einer Verminderung des
Herzzeitvolumens führen. Kompensationsmechanismen können die Irre-
versibilität dieses Geschehens zeitlich erheblich hinausschieben und damit
ein besseres Überleben des Organismus gewährleisten. Diese Mechanismen
umfassen:
die Mobilisierung der Kontraktiliätsreserve und der chronotropen Reserven
des Herzens mit Steigerung der Myokardkontraktilität und Zunahme der
Herzfrequenz
die Engstellung der Arteriolen durch Stimulierung der Alpharezeptoren mit
Anstieg des peripheren Gefäßwiderstandes und Drosselung der Splanch-
Bitte beachten
Bei einer steileren Lagerung drücken die Eingeweide auf das Zwerchfell,
wodurch die Spontanatmung behindert werden kann.
Bitte beachten
08
Großlumige venöse Zugänge so früh wie möglich legen, da später
eventuell keine Venen mehr auffindbar sind!
Bitte beachten
Möglichst frühzeitig einen venösen Zugang legen und rasche Infusion einer
Vollelektrolytlösung (1 000–1 500 ml) oder eines kolloidalen Volumener-
satzmittels (1 000 ml)!
Die Analgesie ist bereits am Unfallort wichtig: Schmerzen lösen starke sym-
pathikoadrenerge Reaktionen aus, die durch die Schmerzbehandlung ge-
dämpft werden können. Wegen der verzögerten Resorption bei intramusku-
lärer Injektion ist die intravenöse Injektion zu bevorzugen.
Bitte beachten
3
Infusion von
• ca. 2 000 ml kolloidalem
Blutverluste bis 50 % ca. 3 000 ml
Volumenersatz +
• 3 000 ml Elektrolytlösung
2
Infusion von
Blutverluste bis 20 % ca. 1 500 ml • ca. 1 000 ml kolloidalem
Volumenersatz +
• 1 000 ml Elektrolytlösung
Volumen-
Stoffgruppe Wirkdauer Allergierate
wirkung
Dextrane
(z. B. Macrodex® 4,5 oder 6 %) 100–180 % ca. 3–6 h +++
Gelatine
(z. B. Gelafundin® 4 %) 70 % ca. 1–3 h ++
Hydroxyethylstärke (HES)
Molekulargewicht 450 000
08
(z. B. Plasmasteril®) 120 % ca. 8 h (+)
Molekulargewicht 130 000
(z. B. Voluven ® 6 %) 100 % ca. 3–6 h (+)
Molekulargewicht 40 000
(z. B. Expafusin ® ) 70 % ca. 1–2 h (+)
Praxis-Tipp
Ausmaß und Dauer der Wirkung der hypertonen Lösung konnte durch Kom-
bination mit einem kolloidalen Volumenersatzmittel erhöht werden. Es sei je-
doch betont, dass eine Volumenersatztherapie mit hypertonen Lösungen nur
als Überbrückungsmöglichkeit eines akuten Volumenmangels angesehen wer-
den darf, da die Wirkung von hyperton-hyperonkotischen Lösungen nur eine
sehr kurze Zeit (20–30 min, s. Tab. 8-2) anhält. Der definitive Volumenersatz
muss unverzüglich mit kolloidalen Volumenersatzmitteln eingeleitet werden.
Volumen -
Stoffgruppe Wirkdauer Allergierate
wirkung
Vollelektrolytlösung 30 % 0,5–1 h Dreifache Menge
(z. B. Ringer-Laktat, Ringer-Acetat) des Blutverlustes
notwendig!
08
oder eingeschleppten hämorrhagischen Virusinfektionen auftreten (z. B.
Dengue-Fieber).
Bitte beachten
08
• Atem- und Kreislaufstillstand
Allergische Reaktion
• Hauterscheinungen
• Übelkeit, Erbrechen
• Atemnot, Bronchospastik
Anamnese
Allergie
Exposition
Leitsymptome
Schockzeichen
• Bewusstseinsstörung
• Blutdruckabfall
• Tachykardie
• Zentralisation
Septische Zeichen
• Fieber
• Schüttelfrost
• Warme Peripherie (initial)
• Petechien
Leitsymptome
Schockzeichen
• Hypotonie
• Normofrequenz oder Bradykardie
Neurogene Reaktion
• Periphere Venen weit
• Warme Haut
• Motorische und sensible Ausfälle
Anamnese
Trauma
Leitsymptome
Bradykardie
Blutdruckabfall
08
Literatur
9
Schmerzbehandlung und
Anästhesie unter
Katastrophenbedingungen
E. Pfenninger
9.1 Vorbemerkungen
Die gelegentlich extrem erschwerten und begrenzten diagnostischen und
therapeutischen Möglichkeiten unter Katastrophenbedingungen stellen be-
sondere Anforderungen an Schmerzbehandlung und Anästhesie. Während
in den intakten Krankenhäusern auch in Katastrophensituationen die routi-
09
9.2 Analgesie
Die Verfahren der Schmerzbehandlung müssen rasch verfügbar, sofort
einsetzbar und schnell wirksam sein. Der Forderung nach rascher Wirk-
samkeit wird zwar nur die intravenöse Applikation gerecht, unter Katastro-
phenbedingungen und den eingeschränkten medizinischen Kapazitäten
haben aber die orale Verabreichung – soweit möglich – und die intramusku-
läre Injektion ebenso einen gewissen Stellenwert.
09
Inhalationsanalgetika (vor allem ein Gemisch aus Sauerstoff und Lachgas)
scheiden wegen des notwendigen apparativen Aufwandes unter Katastro-
phenbedingungen a priori aus, bei intakten Krankenhausstrukturen sind sie
ebenfalls keine übliche Alternative zur Analgesie. Dagegen sind Lokalanäs-
thetika und Nichtopiate gut brauchbar.
9.2.1. Nichtopiate
Nichtopiate oder „periphere“ Analgetika haben zwar den Vorzug einer gro-
ßen therapeutischen Breite und weisen kaum Nebenwirkungen auf, ihnen
fehlt aber die gerade unter Katastrophenbedingungen so wichtige sedieren-
de Komponente. Im Einzelnen sind geeignet (Dosierung für Erwachsene):
Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin®) 0,5–1 g, max. 6 g/d
Metamizol (z. B. Novalgin®) 0,5–1 g, max. 4 g/d
Paracetamol (z. B. ben-u-ron®,
Perfalgan® i. v.) 1 g, max. 4 g/d
Diclofenac (z. B. Voltaren®) 100 mg, max. 200 mg/d
Bitte beachten
9.2.2 Opiate
Opiate sind zwar stärkste Analgetika mit hypnotischer und/oder sedativer
Wirkung, sie sind jedoch auch mit ausgeprägten Nebenwirkungen verbun-
den. Deshalb bedarf ihre Anwendung immer einer ärztlichen Indikation. Zu
den Nebenwirkungen gehören Atemdepression, Übelkeit und Erbrechen so-
wie Steigerung des Tonus der glatten Muskulatur (Überfüllung der Harnbla-
se durch Sphinktertonuserhöhung!).
9.2.3 Ketamin
Zunehmend fand auch Ketamin als kurz wirkendes Analgetikum Verwen-
dung. Als Nachteil muss die relativ kurze Wirkzeit von ca. 30 min angesehen
werden. In Deutschland und einigen anderen Ländern Europas steht das
Ketamin-Isomer S-(+)-Ketamin zur Verfügung, es kann intravenös oder int-
ramuskulär appliziert werden:
Ketamin (z. B. Ketamin-ratiopharm®) 0,5–1 mg/kg i. m.
S-(+)-Ketamin (z. B. Ketamin® S) 0,125–0,5 mg/kg i. v.
0,5–1 mg/kg i. m.
Indikationen
Analgesie: Infiltrationsanästhesie, Plexusanästhesie
Operative Eingriffe: Infiltrationsanästhesie, periphere Nervenblockaden,
Plexusanästhesie, Peridural- und Spinalanästhesie (nach Ausschluss eines
Volumenmangels)
09
Lidocain (z. B. Xylocain®) 0,5/1/2 % max. 3 mg/kg KG
mit Vasokonstriktorzusatz max. 7 mg/kg KG
Mepivacain (z. B. Scandicain®) 0,5/1/2 % max. 4 mg/kg KG
mit Vasokonstriktorzusatz max. 7 mg/kg KG
Prilocain (z. B. Xylonest®) 0,5/1 % max. 5,7 mg/kg KG
mit Vasokontriktorzusatz max. 8,5 mg/kg KG
Nebenwirkungen
Bei Erreichen toxischer Plasmaspiegel zunächst kardiale und zerebrale
Nebenwirkungen: Tachykardie, Arrhythmie, atrioventrikulärer Block (AV-
Block), Hypertonie bzw. Taubheit der Zunge, Ohrensausen, Schwindel,
Übelkeit, Sehstörungen, Tremor, Krampfanfall, Exzitation
Bei noch höherem Plasmaspiegel: Blutdruckabfall durch Kardiodepres-
sion und Vasodilation, Atemlähmung, Bewusstlosigkeit, Herz-Kreislauf-
Stillstand
Ein AV-Block wird mit Adrenalin 0,05–0,1 mg behandelt, Krämpfe mit Diaze-
pam oder Midazolam, eine Atemlähmung mittels Beatmung und ein Kreis-
laufzusammenbruch nach den Regeln der kardiopulmonalen Reanimation.
Tab. 9-1 KUSS-Skala zur Einschätzung von Schmerzen bei Säuglingen und
Kleinkindern bis zum Ende des 4. Lebensjahres. (Nach Büttner et al. 1998.)
Gar nicht 0
Weinen Stöhnen, Jammern, Wimmern 1
Schreien 2
Entspannt, lächelt 0
09
Summe
KUSS – Kindliche Unbehagens- und Schmerz-Skala. Für Kinder 0–4 Jahre, auch für andere Patienten, die
nicht sprechen können, oder für sedierte Patienten einsetzbar.
• keine Schmerzen: 0–3 Punkte
• Schmerzen: > 3 Punkte
• maximale Schmerzen: 10 Punkte
9.3 Anästhesieverfahren
In Katastrophensituationen muss davon ausgegangen werden, dass nur ein
minimales Monitoring in Form von Puls-, Blutdruck- und Atmungskontrolle
möglich ist, dass Patienten auch dann anästhesiert werden müssen, wenn sie
noch im manifesten Schock sind, und dass diffizile pharmakokinetische As-
pekte außer Betracht bleiben müssen. Alle Narkosen müssen unter Raumluft
oder mit Raumluftbeatmung durchführbar sein, jedoch ist eine Sauerstoff-
flasche für eventuelle Zwischenfälle zwingend vorzusehen.
09
Polytrauma
Schweres Schädelhirntrauma (SHT), Thorax-, Abdominal-, Extremitäten-,
Gesichtsschädeltrauma
Großflächige Verbrennungen, Inhalationstrauma
Schwerer hämorrhagischer Schock
Extreme Schmerzsituation
Eventuell Reposition
Der Wirkungseintritt wird bei einer Bolusinjektion in der Regel durch die
Kreislaufzeit bestimmt. Bei reduziertem Herzzeitvolumen sollten die
Injektionszeit und die Dosis angepasst werden. Denn bei zu rascher Injek-
tion kann sich während der initialen Kreislaufzeit nur ein geringer Teil
des injizierten Pharmakons mit dem zerebralen Zielkompartiment äquili-
brieren, während sich der Rest im „zentralen Kompartiment“ verteilt (z. B.
auch im Myokard). Im Verhältnis zur (langsamer einsetzenden) Sedierung
kann die Nebenwirkung der kardiozirkulatorischen Depression ausge-
prägt sein. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass bei Katastrophenop -
fern mit protrahiertem Schock ein ausgeprägter Volumenmangel besteht
Vor einer geplanten Narkose kann der Patient mit einem Anxiolytikum (z. B.
Tranxilium® 10–20 mg p. o., Atosil® 0,5 mg/kg i. m., Dormicum® 1–3 mg i. v.)
prämediziert werden. Ein venöser Zugang muss immer sichergestellt sein.
Atropin 0,01 mg/kg wurde früher zur Vagolyse vor der Narkoseeinleitung ob -
09
ligat appliziert, heute wird es nur noch bei entsprechender Indikation (Bra-
dykardie, Kleinkinder, unerwünschte Salivation) verwendet.
09
relaxiert werden.
Bitte beachten
Die Höchstdosis von Succinylcholin beträgt 400 mg, es drohen schwere Bra-
dykardien und eine stark verlängerte Wirkung. Eine Relaxierung ohne Intuba-
tion ist wegen der Gefahr der Aspiration (nicht nüchterner Patient, fehlende
Magenentleerung) unzulässig.
9.3.2 Inhalationsnarkose
Unter Katastrophenbedingungen ist sicherlich der intravenösen Narkose der
Vorzug zu geben. Trotzdem sollen hier die volatilen Inhalationsanästhetika
erwähnt werden, da sie in manchen Ländern einen anderen Stellenwert als
in Deutschland einnehmen. Inhalationsanästhetika (Lachgas [Stickoxydul,
N2O] und die Dämpfe der halogenierten Kohlenwasserstoffe Halothan, Enflu-
ran und Isofluran) wirken am Zielorgan, dem ZNS, aber auch an peripheren
Organen (Herz, neuromuskuläre Endplatte) dämpfend. Der genaue Mecha-
nismus ist nicht bekannt. Ziel der Inhalationsanästhesie ist, einen ausrei-
chenden Partialdruck des Narkosegases im Gehirn zu erreichen. Da dieser
klinisch nicht bestimmbar ist, bezieht man die Wirkstärke auf die minimale
alveoläre Konzentration (MAC). MAC50 ist die alveoläre Gleichgewichtskon-
zentration, bei der 50 % der Patienten auf eine Hautinzision nicht mit einer
Abwehrbewegung reagieren.
Inhalationsanästhetika
Halothan MAC50 in O2: 0,8 Vol.-% relativ billig, am weitesten verbreitet
in Entwicklungsländern
Enfluran MAC50 in O2: 1,7 Vol.-% weit verbreitet in Industrie- und
Schwellenländern
Isofluran MAC50 in O2 : 1,2 Vol.-% weit verbreitet in Industrie- und
09
Schwellenländern
Sevofluran MAC50 in O2: 2,0 Vol.-% teuer, daher meist nur in hoch indust-
rialisierten Ländern verbeitet
Desfluran MAC50 in O2: 6,0 Vol.-% teuer, daher meist nur in hoch indust-
rialisierten Ländern verbeitet
09
Bitte beachten
Bitte beachten
Bitte beachten
Literatur
10
gen mehrer Körperregionen vor, von denen eine oder die Kombination akut
lebensbedrohlich sind, spricht man von einem Polytrauma. Prinzipiell gelten
für die präklinische Versorgung Mehrfachverletzter oder polytraumatisier-
ter Patienten im Katastrophenfall die üblichen Versorgungsschritte:
Rettung aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich
Stabilisierung der Vitalfunktionen
Stillung lebensbedrohlicher äußerer Blutungen
Schmerzbekämpfung
Verbände und Lagerung, auch Immobilisation
10.1 Sichtung
Mit Beginn der Rettungsmaßnahmen werden die Verletzen gerettet, ggf. zu
einer Verletztenablage oder an einen festgelegten Behandlungsplatz ver-
bracht. Beim Massenanfall von Verletzten muss dabei jeweils eine Sichtung
stattfinden. Ziel der Sichtung ist die Beurteilung der Versorgungsdringlich-
keit der einzelnen Verletzten. Festgelegt werden hierbei u. a.:
Reihenfolge der Behandlung
Reihenfolge des Abtransportes
Transportart (Boden/Luft)
Zielklinik
Das Ergebnis der Sichtung hält der Sichtungsarzt auf einem Dokumentations-
system, z. B. einer Verletztenanhängekarte (s. Kap. 4) fest. Sie wird gut sichtbar
an der unteren Extremität des Verletzten befestigt. Auf dieser Karte werden
10
Bitte beachten
10
Prüfung Reaktion Punkte
Augenöffnen spontan 4
auf Ansprechen 3
auf Schmerzreiz 2
nicht 1
verbale Reaktion orientiert, beantwortet Fragen 5
desorientiert, beantwortet Fragen 4
inadäquate verbale Antwort 3
unverständliche Laute 2
keine 1
Körpermotorik Bewegung auf Befehl 6
gezielte Schmerzabwehr 5
Massenbewegung auf Schmerz 4
Beugesynergien auf Schmerz 3
Strecksynergien auf Schmerz 2
keine 1
Besonderheiten
Soweit in Katastrophensituationen möglich, ist bei ausgeprägten Gesichts-
verletzungen auf orale Blutungen oder ausgeschlagene Gebissanteile zu ach-
ten, denn diese stellen eine Aspirationsgefahr dar. Bei schweren Gesichtsver-
brennungen ist die Mundhöhle auf ein Inhalationstrauma zu untersuchen.
Im Rahmen von Explosionsunfällen können Blutungen aus dem äußeren
Gehörgang auf eine Trommelfellverletzung hinweisen.
Bitte beachten
Gerade bei auf diese Weise immobilisierten Patienten ist darauf zu achten,
dass kein eigenständiger Atemschutz erfolgen kann (Erbrechen!). Regel-
mäßige klinische Verlaufskontrollen sind zwingend erforderlich. Generell
ist bei Schädelhirntraumen an eine Verschlechterung im Verlauf zu denken
und deshalb eine regelmäßige (GCS-)Kontrolle notwendig.
Bei Säuglingen und Kleinkindern ist wegen der noch nicht abgeschlossenen
verbalen und neuromotorischen Entwicklung statt der GCS eine pädiatrische
Modifikation anzuwenden (PGCS, s. Tab. 10-3). Bei Kindern unter 5 Jahren
wird die volle Punktzahl von 15 auch bei voller Gesundheit unter Umständen
nicht immer erreicht.
10
auf Ansprechen 3
auf Schmerzreiz 2
kein Augenöffnen 1
verbale Antwort lächelt, orientiert sich an Geräuschen, verfolgt 5
Objekte, interagiert
schreit, lässt sich aber beruhigen, inadäquate 4
Interaktion
zeitweilig nicht zu beruhigen, stöhnt 3
nicht zu beruhigen, ist agitiert 2
keine verbale Antwort 1
10.2.3 Thoraxtrauma
Prellmarken, eine starke Druckschmerzhaftigkeit oder eine Instabilität des
Thorax sind Zeichen einer Rippen(serien)fraktur. Ein weiterer Hinweis auf ein
schweres Thoraxtrauma ist die paradoxe Atmung. Klinische Zeichen eines
Pneumothorax sind Atemnot, fehlende Atemgeräusche und hypersonorer
Klopfschall auf der betroffenen Seite. Sollte es sich um einen Spannungspneu-
mothorax handeln, so finden sich zusätzlich Kreislaufdepression und Hals-
Besonderheiten
Bei Kindern können aufgrund des elastischen Skeletts schwere intrathoraka-
le Verletzungen auch ohne begleitende Rippenfraktur auftreten. Zusätzliche
klinische Zeichen sind hier gedämpfte Herztöne und Kreislaufdepression.
Bei Hochrasanztraumen (Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe) kann es zu
Verletzungen der thorakalen Aorta kommen.
Bitte beachten
10
len oder thorakalen Blutung. Werden nach Anlage einer Thoraxdrainage ini-
tial mehr als 1 500 ml Blut abgeleitet, besteht die Indikation zur umgehenden
Thorakotomie nach Klinikaufnahme. Ein einfaches Abklemmen der Draina-
ge (zur Tamponade) hat keinen Effekt!
Eine instabile Kreislaufsituation in Kombination mit einem gespannten Ab-
domen weist auf eine intraabdominelle Verletzung hin. Bisweilen wird in
solchen Fällen auch die präklinische Sonographie als Diagnoseverfahren
eingesetzt. Präklinisch kann nur eine Volumenersatztherapie erfolgen, nach
der Ankunft in der Zielklinik muss bei persistierender Instabilität eine Not-
falllaparatomie angestrebt werden.
Bitte beachten
Besonderheiten
Insbesondere Prellmarken in der Flankenregion oder im Oberbauchbereich
sind Hinweise auf ein stumpfes Trauma, das zu schweren inneren Verletzun-
gen führen kann (z. B. Milzruptur, Pankreasverletzung). Instabile Beckenver-
letzungen gehen häufig mit Verletzungen der ableitenden Harnwege einher.
Anzeichen dafür können ein perineales Hämatom oder frische Blutauflage-
rungen an den äußeren Harnwegen sein.
Bei Verdacht auf eine innere Blutung steht die Schockbehandlung im Vorder-
grund. Wunden werden steril abgedeckt. Bei Pfählungsverletzungen wer-
den Fremdkörper in situ belassen. Bei instabilen Beckenverletzungen kann
ein pneumatischer Beckengürtel zur Kompression genutzt werden.
Praxis-Tipp
10.2.6 Extremitätenverletzungen
Extremitätenfrakturen und Luxationen gehören zu den häufigsten Unfall-
verletzungen. Dislozierte Frakturen großer Röhrenknochen (z. B. des Femurs)
können zu einem erheblichen Blutverlust führen. Pralle Schwellungen der um-
gebenden Weichteile weisen auf ein mögliches Kompartmentsyndrom hin.
10
und Gefäßverletzungen wie in Kapitel 10. 2.4 beschrieben versorgt.
10.2.7 Verschüttungstraumen
Bei Verschüttungen kommt es häufig zur druckbedingten Ischämie von Ex-
tremitäten. Dies führt zu einem Muskelzerfall mit konsekutiver Myoglobin-
urie; es droht ein akutes Nierenversagen. Kennzeichen ist ein dunkler oder
rötlicher Urin. Zusätzlich kommt es häufig zu schweren Thoraxverletzungen.
Normovolämie Hypovolämie
Rhabdomyolyse
Ödem
500 ml Kristalloide (K+-arm)/h
Myoglobinurie je 1000 ml Kristall.: + 50 mval NaCHO3
Hypovolämie
Therapiefortführung bis
Gerinnungsstörung Blut u. Urin myoglobinfrei
– Säure-Basen-Status –
Nierenversagen Hämodialyse; [hyperbare Oxygenation]
Tab. 10-4 Red Cross War Wound Classification nach Coupland (1992).
10
C – Kavitation C0 = Höhle fasst weniger als zwei Finger
C1 = Höhle fasst mindestens zwei Finger
Bei kurzen Entfernungen zur Zielklinik ist ein Transport mit dem Notarztwa-
gen, Rettungswagen und auch Krankentransportwagen indiziert. Über die
Notwendigkeit einer ärztlichen Begleitung des Patiententransportes ist in
Abhängigkeit von der Verletzungsschwere zu entscheiden.
2
Siehe hierzu auch Kapitel 16.
Coupland RM. The Red Cross Classification of War Wounds. World J Surg
1992; 16: 910–917.
Mandavia DP, Newton EJ, Demetriades D, eds. Color Atlas of Emergency Trauma.
Cambridge: Cambridge University Press; 2003.
10
The Trauma Organisation
www.trauma.org
11
Maßnahmen bei thermischen
Schädigungen im Großscha-
dens- und Katastrophenfall
S. Kohler, G. Germann – mit Beiträgen von Th. Nicolai und R. Hentschel
11.1.1 Verbrennungen
In Deutschland machen thermische Schädigungen ca. 1 % aller Notarztein-
sätze aus. Jährlich werden ca. 10 000–15 000 Patienten stationär mit solchen
Verletzungen behandelt, etwa 10 % davon bedürfen einer intensivmedizi-
nischen Behandlung (Trupkovic und Giessler 2008).
11
11
Knochen
1. Schockphase
In den ersten 12 h entwickelt sich primär ein Volumenmangelschock. Durch
eine lokale Kapillarpermeabilitätsstörung werden im Rahmen eines begin-
nenden SIRS (systemic inflammatory response syndrome) Mediatoren ausge-
schüttet, die ab einer verbrannten Köperoberfläche (VKOF) von 20 % zu einem
generalisierten Kapillarleck führen. Es resultiert eine massive interstitielle
Ödembildung.
2. Rückresorptionsphase
Das Ödem hält 48–72 h an. Nach Wiederherstellung der physiologischen
Kapillarschranke, ca. 24 h nach dem Trauma, erfolgt durch gesteigerten
Lymphabfluss die Rückresorption. In dieser Phase kann es zu einer akuten
intravasalen Hypervolämie und zu Elektrolytstörungen kommen. Die Rück-
resorptionsphase kann 1–3 Wochen andauern.
11.1.2 Elektrounfälle
In den 1990er-Jahren starben in Deutschland jährlich rund 200 Menschen
durch Elektrounfälle. Etwa 3 % der Patienten in Zentren für Schwerbrand-
verletzte werden wegen Stromunfällen behandelt. Die Schwere einer Ver-
letzung bei Stromunfällen ist abhängig von der Einwirkdauer des Stroms,
der Stromart und der Stromstärke. So hat Wechselstrom eine sehr hohe
arrhythmogene Potenz. Die Schwere der thermischen Schädigung steigt
mit der Einwirkzeit. Der Weg durch den Körper bestimmt das Ausmaß und
die Körperregion, die geschädigt wird. Wegen der guten Leitfähigkeit der
Gefäße kann es zu ausgedehnten Schäden im Gefäßbereich und damit zu
Sekundärschäden kommen.
11
Wie bei jedem Notfalleinsatz ist zunächst auf einen ausreichenden Eigenschutz
zu achten. Potenzielle Gefahrenquellen sind neben noch vorhandenen Bränden,
einstürzende Bauten, sekundäre Explosionen und das Einatmen toxischer Gase.
Sobald der Patient aus der Gefahrenzone gerettet ist, müssen eventuell vor-
handene Hitzespeicher entfernt werden, wie z. B. heiße Textilien. Einge-
branntes, fest haftendes Material sollte zwar gekühlt, aber erst in der Klinik
entfernt werden. Die Unterbrechung der Hitzezufuhr kann z. B. durch Wäl-
zen auf dem Boden oder den Einsatz von Decken erfolgen.
Bitte beachten
Eine Kühlung der Wunden durch eine Kaltwassertherapie ist nur direkt nach
dem Trauma sinnvoll, schon zwei Minuten nach der Verbrennung ist ein
positiver Effekt nicht mehr vorhanden.
Das Wasser sollte eine Temperatur von 10–20 °C aufweisen und nicht kälter
sein, da ansonsten eine hypothermiebedingte Vasokonstriktion zu einer
Zunahme der Verbrennungstiefe führen kann. Zudem werden regelmäßig
hypotherme Patienten mit einer Körpertemperatur von 34 °C stationär auf-
Bitte beachten
Die Infusionsmenge wird in der Regel nach der modifizierten Parkland- Baxter-
Formel (auch Ludwigshafener Formel) berechnet (von Gregory et al. 2005). Da-
nach erhält der Patient 4 ml/kg KG × % VKOF in den ersten 24 h, aufgeteilt in je
1 ml/kg KG in den ersten 4 h und in den zweiten 4 h, danach jeweils in den folgen-
den 2 × 8 h. Für die Berechnung werden nur Verbrennungen zweiten und drit-
ten Grades berücksichtigt. Ein IHT erhöht den Flüssigkeitsbedarf deutlich. In
der Praxis wird der Volumenbedarf eher überschätzt, daher gilt als Faustregel:
11
IHT und 25 % der in die Klinik eingelieferten Patienten leiden an einem IHT
(Klose et al. 2003). Neben der thermischen und chemischen Schädigung der
Atemwege kann es im Rahmen eines IHT auch zu Intoxikationen mit Kohlen-
monoxid (CO) und seltener Cyanid kommen. Hinweise auf ein IHT ergeben
sich u. a. aus der Anamnese (Brände in geschlossenen Räumen), Verbren-
nungen von Lippen, Nase, Augenbrauen, Halsregion, bei Dyspnoe, inspira-
torischem Stridor und Ruß in den oberen Atemwegen. Bei Verdacht auf CO-
Intoxikation sollte zunächst eine kontrollierte Beatmung mit 100 % Sauerstoff
erfolgen bis zum Ausschluss einer Intoxikation.
Eine initiale Wundbehandlung mit Salben, Gelen oder Puder ist nicht indi-
ziert, da sie u. a. die spätere Beurteilung der Verbrennungswunden in der
Klinik erschwert. Die Wunden sollten mit sterilen, trockenen, saugfähigen
und nicht verklebenden Verbänden abgedeckt werden. Hierzu stehen metal-
lisierte Verbandsmaterialien zur Verfügung.
Der Transport in die versorgende Klinik sollte nicht länger als 45 Minu-
ten dauern. Gerade im Katastrophenfall sollten vorhanden Ressourcen
adäquat genutzt werden. Nicht jeder Verbrennungspatient muss in einem
Brandverletztenzentrum erstversorgt werden. So ist grundsätzlich je -
des Akutkrankenhaus mit einer chirurgischen und anästhesiologischen
Fachabteilung ein geeignetes Primärkrankenhaus. Es sollte jedoch nach
Praxis-Tipp
11
Prognose
Der ABSI-Score nach Tobiasen (Abbreviated Burn Severity Index) berücksich-
tigt Alter, Geschlecht, Verbrennungsausmaß und Begleitverletzungen und
wird verwendet, um Aussagen über Überlebenswahrscheinlichkeiten zu
treffen (Tobiasen et al. 1982; vgl. Tab. 11-2):
1 Punkt je 10 % VKOF
1 Punkt für das Vorliegen drittgradiger Verbrennungen
1 Punkt für das Vorliegen eines IHT
1 Punkt je 20 Lebensjahren
1 Punkt für weibliches Geschlecht
1 Punkt für schwerwiegende Begleitverletzungen
als Erwachsene. Eine Hypothermie birgt aber Gefahren infolge der erhöhten
Infektionsanfälligkeit und kann zu einem schlechteren Outcome führen.
Bitte beachten
Wichtig ist eine gute Schmerztherapie (s. Kap. 9), hierzu hat sich auch der rek-
tale Zugangsweg sehr bewährt.
11.2.3 Elektrounfälle
Bei der Rettung von Stromverletzten ist besonders auf den Eigenschutz zu
achten. So kann es in der Nähe von Hochspannungsleitungen zu sogenann-
ten Lichtbögen kommen. Ebenso entsteht bei Bodenkontakt von Hochspan-
nungsleitungen ein kreisförmiger Spannungstrichter um den Kontaktpunkt
herum, sodass eine Annäherung erst nach sicherem Abschalten der Strom-
quelle erlaubt ist.
11
Hochspannungsunfälle weisen eine besondere Gefährlichkeit auf, die sich
auch in der hohen Mortalität von ca. 30 % zeigt. Neben der Schädigung des
Reizbildungs- und Reizleitungssystems, die zu einem plötzlichen Kreislauf-
stillstand führen kann (häufigste Todesursache bei Stromunfall), ist mit
weitreichenden Verkochungen und Verbrennungen tiefer Strukturen zu
rechnen. Herzrhythmusstörungen werden gemäß kardiologischen Kriteri-
en behandelt. Die Therapie der thermischen Schädigungen erfolgt nach den
Regeln der Schwerbrandverletztenversorgung.
11.2.4 Explosionen
Zunächst sollte festgestellt werden, ob die Patienten Penetrationsverlet-
zungen und stumpfe Bauch- bzw. Thoraxtraumen aufweisen. Die initiale
Versorgung richtet sich nach den üblichen Regeln der Behandlung von Ver-
letzungen, die durch Gewalteinwirkung entstanden sind. Mithilfe der oto -
skopischen Untersuchung des Trommelfells können Patienten identifiziert
werden, bei denen die Gefahr späterer primärer Verletzungen infolge des
Barotraumas besteht. Haben Patienten keine offensichtlichen Verletzungen,
jedoch ein rupturiertes Trommelfell, sollte die Sauerstoffsättigung für 6–8 h
überwacht werden (DePalma et al. 2005). Die weitere klinische Versorgung
richtet sich nach dem Verletzungsmuster des Patienten.
35 °C erreicht wird.
Bitte beachten
Beim Aufwärmen mit einem Heizstrahler ist darauf zu achten, dass das Be -
strahlungsfeld in jedem Fall den Kopf ausspart, da die Überwärmung von
Hirngewebe in dieser Situation den eventuell vorliegenden bleibenden
Schaden vergrößern kann.
DePalma RG, Burris DG, Champion HR, Hodgson MJ. Blast injuries N Engl J
Med 2005; 352 (13): 1335–42.
11
Klose R. Zur Prognose des Brandverletzten. Anästhesiol Intensivmed Notfall-
med Scherzther 2003; 38: 141–142.
Tobiasen J, Hiebert JM, Edlich RF. The abbreviated burn severity index. Ann
Emerg Med 1982; 11 (5): 260–262.
12.1 Einleitung
12
Unfallereignisse mit ionisierender Strahlung führen bei den Einsatzkräften
oft zu apokalyptischen Ängsten. Das kann am Einsatzort zu Handlungen
der Rettungskräfte einschließlich der Notärzte führen, die – aus Unkenntnis
über die Bewertung der tatsächlichen Gefahrensituation und aus Furcht vor
eigener Bestrahlung – das Leben und die Gesundheit des Patienten in drasti-
scher Weise gefährden.
Wird eine verunfallte Person aus dem Bereich erhöhter externer Strahlung
gerettet oder die Strahlenquelle sicher entfernt, ist eine Weiterversorgung au-
ßerhalb des Gefahrenbereichs für die Einsatzkräfte des Rettungsdienstes un-
kritisch. Der Patient strahlt dann selbst nicht! Ist er kontaminiert und/oder
hat inkorporiert, kommen zusätzliche, das Geschehen beeinflussende Fakto-
ren mit ins Spiel. Der Patient wird selbst zur Quelle radioaktiver Strahlung.
Jahr gemittelt ca. 2,1 mSv (BMU Jahresbericht 2007). Ionisierende Strahlung
ist trotzdem potenziell für den Menschen gefährlich (Auftreten akuter und
chronischer Strahlenschäden). Sie ist leider für unsere Sinnesorgane nicht
wahrnehmbar (außer bei extrem hohen Dosen), kann aber sehr gut mit Mess-
geräten detektiert werden.
12
falls mit Personenbeteiligung entscheidend ist, einmalig im Laufe des Ar-
beitslebens deutlich mehr an effektiver Dosis erhalten als eine beruflich
strahlenexponierte Person im ganzen Jahr. Der derzeitige Grenzwert der
effektiven Dosis für beruflich strahlenexponierte Personen pro Jahr liegt
bei 20 mSv.
Bitte beachten
Praxis-Tipp
12
Bitte beachten
3 Strahlenschutzverordnung vom 20. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1714, [2002, 1459]), zuletzt geändert durch
Artikel 2 des Gesetzes vom 29. August 2008 (BGBl. I, S. 1793).
Kriterium Bereiche
Prognose:
geringe keine
• ohne sehr gut sehr gut gut schlecht Überlebens- Überlebens-
Behandlung chance chance
• mit optimaler sehr gut sehr gut sehr gut gut unsicher
unsicher
Behandlung bzw. infaust
Frühsymptome:
sehr schnell,
• Abgeschlagen- keine
vereinzelt
mäßig ausgeprägt
stark
stark
heit leicht ausgeprägt
ausgeprägt
12
• Körper- normal normal normal
normal /
subfebril
subfebril /
temperatur subfebril febril
Hämatologische Diagnostik
Blutwerte:
Lymphozyten/ml > 1500 < 1500 < 800 < 500 < 200 ~0
(Zeit nach
(2–72 Std.) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (24 Std.)
Exposition)
Zusätzlich ist zu beachten, dass eine Schädigung des Embryos oder Feten möglich ist, deren Schwere
von dem Entwicklungsstadium abhängt. Bereiche unter 100 mSv werden hier nicht definiert, da bei
ihnen deterministische Schäden auch beim Embryo bzw. Feten höchst unwahrscheinlich sind. Alle
Werte der Tabelle wurden aus der international bekannten Literatur zusammengestellt. Gy – Gray (Ab-
sorbierte Energie/Masse, Energiedosis in J/kg).
12
Bitte beachten
Die Rettung von Menschenleben hat (bei akzeptabler Gefährdung für die
Einsatzkräfte) absoluten Vorrang vor den Möglichkeiten des optimalen
Kontaminationsschutzes der Helfer.
• angeschaltet Ja
• ausgeschaltet Nein
(Cave: Beschleuniger 20 MeV)
12.4.2 Lagebeurteilung
Am Einsatzort können folgende Personen eventuell zur Abschätzung des
Risikos nützliche Angaben machen:
12
Fachkundiger Strahlenschutzverantwortlicher
Strahlenschutzbevollmächtigter
Strahlenschutzbeauftragter
Laborleiter (in Labors, die mit radioaktiven Stoffen umgehen, wichtiger
Ansprechpartner!)
Verantwortlicher Einsatzleiter der Feuerwehr
Verantwortlicher Einsatzleiter anderer Hilfsorganisationen
Andere fachkundige Personen (wie z. B. Gefahrgutfahrer, Sachverständi-
ger, Mitarbeiter)
Einsatzkräfte Regionaler Strahlenschutzzentren
Strahlenmessung
Nach FwDV 500 ist die Absperrgrenze mittels Dosisleistungsmessung fest-
zulegen. Außerhalb des Gefahrenbereiches muss die Gammadosisleistung
weniger als 25 µSv/h betragen (Absperrbereich). Kontaminationsverdächtige
Bereiche sind in den Absperrbereich miteinzubeziehen. Bis zur Festlegung
der Absperrgrenze halten nicht direkt am Einsatz beteiligte Kräfte zunächst
einen Mindestabstand von 50 m zum Schadensobjekt (Windrichtung beach-
ten). Dies gilt nicht für das unmittelbar am Einsatz beteiligte Rettungsdienst-
personal.
Bitte beachten
Eine effektive Dosis von 250 mSv darf nur in Ausnahmefällen überschrit-
ten werden und ist nur bei lebensrettenden Maßnahmen überhaupt
vertretbar.
12
Die Deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) geht in solchen Fällen bis zur
Akzeptanz von Dosiswerten um 1 Sv (s. BMU 1997, S. 10), wobei dann tatsäch-
lich deterministische Effekte auftreten werden. Voraussetzung dafür ist
jedoch die Freiwilligkeit der Einsatzkräfte nach vorheriger spezifischer Auf-
klärung. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei Rettungs-
kräften Werte der effektiven Dosis von 100 mSv im Jahr und 250 mSv im Laufe
des gesamten Arbeitslebens nicht überschritten werden sollten.
Bitte beachten
Generell lässt sich bei Unfällen in ortsfesten Anlagen ein Hinweis auf die
mögliche auftretende Gefährdung in Form der Metallprägeschilder für den
Feuerwehreinsatz (Feuerwehr-Gefahrengruppen, s. Tab. 12-3) finden.
Gesamt-
Gefahrengruppe Aktivitätsbereich Hinweise und Einsatz
(x-fache der Freigrenze)
12.4.2.2 Transportunfälle
In Deutschland finden jährlich zwischen 650–700 000 Transporte mit radio-
aktiven Stoffen statt, wobei der überwiegende Teil für Mess- und Forschungs-
zwecke sowie für medizinische Anwendungen bestimmt ist (Haupttransport-
weg ist die Straße). Von 1998 bis 2000 bestand in Deutschland ein Stopp für
den Transport abgebrannter Brennelemente und verglaster hochaktiver
radioaktiver Abfälle („high active waste“, sogenannte HAW-Kokillen) per
Praxis-Tipp
Neben der Befragung der Betroffenen lassen sich bei Unfällen mit vor-
schriftsmäßiger Kennzeichnung des radioaktiven Stoffes bzw. des Trans-
portbehälters Informationen über die Intensität der Strahlung bzw. die
Aktivität des radioaktiven Materials aus Warntafeln, Gefahrzetteln und
Unfallmerkblättern in den Frachtbegleitpapieren herleiten.
12
Man unterscheidet nach den Richtlinien der Internationalen Atomenergie-
behörde (IAEO-Regulations) zwischen folgenden Arten von Versandstücken
und Verpackungen:
Freigestellte Versandstücke (z. B. Verpackungen für Feuermelder, klini-
sche Reagenzien)
Industrieverpackungen (IP) (z. B. für Stoffe geringer spezifischer Akti-
vität oder für oberflächenkontaminierte Gegenstände)
Man unterscheidet hier in IP-1, IP-2 und IP-3.
Typ-A-Versandstücke (z. B. für Radiopharmazeutika)
Sie sollen im Falle eines „normalen“ Zwischenfalles während der Beförde-
rung unversehrt bleiben.
Typ-B-Versandstücke (z. B. Transportbehälter für bestrahlte Brennele-
mente, z. B. „Castor“)
Diese Versandstücke müssen den Auswirkungen auch schwerster Unfälle
während der Beförderung widerstehen.
4 Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVS) vom 17. Juni 2009 (BGBl. I,
S. 1389).
5 Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der
Straße (ADR) vom 30. September 1957 (BGBl. 1969 II, S. 1491).
Aus der Farbe des aufgebrachten Gefahrzettels und der Kategorie (s. Tab. 12-4
und Abb. 12-1) lässt sich ein Überblick über die Dosisleistung an der Oberflä-
che eines intakten Versandstückes gewinnen. Des Weiteren lassen sich An-
gaben über das Nuklid und dessen Aktivitätsmenge ablesen.
Praxis-Tipp
Abstand halten (sofern möglich) und „ein Fernglas kann nicht schaden“.
Fragen Sie doch mal Ihren Organisatorischen Einsatzleiter (OrgL).
6 GGVS vom 17. Juni 2009 (BGBl. I, S. 1389) und ADR vom 30. September 1957 (BGBl. 1969 II, S. 1491).
Bitte beachten
12
Kräfte beschädigt oder zerstört werden. Gefahr der Kontamination!
Notfallstation
Dabei handelt es sich um eine optionale Einrichtung zur medizinischen
Sichtung und Erstversorgung von Personen, die von einem Kernkraftwerks-
unfall direkt betroffen sind. Das heißt, dass sich diese Personen während des
Durchzuges der radioaktiven Wolke, die aus der Anlage freigesetzt wurde,
tatsächlich in dem betroffenen Gebiet aufgehalten haben. Die Mitarbeiter
der Notfallstation sind für die Betreuung und Versorgung von Personen ge-
schult, bei denen der Verdacht auf eine Strahlenexposition, Kontamination,
Inkorporation und/oder eine Verletzung vorliegt.
Als Notfallstation eignen sich Einrichtungen wie Schulen und öffentliche
12
Iodblockade
Beim Betrieb von Kernreaktoren werden neben einer Vielzahl von Spaltpro-
dukten radioaktive Iodisotope erzeugt. Im Unfallgeschehen kann es unter
ungünstigen Bedingungen zur Abgabe von radioaktivem Iod in die Umge-
bung kommen. Über die Lungen wird radioaktives Iod fast vollständig resor-
biert. Als Niederschlag auf Böden und Pflanzen kann es über die Nahrungs-
kette, insbesondere die Milch, ebenso in den menschlichen Körper gelangen.
Hauptspeicherorgan ist die Schilddrüse. Das Ausmaß der Speicherung des
radioaktiven Iods hängt vom Funktionszustand des Organs und vom natür-
lichen Iodangebot in der Nahrung ab. Aufgrund der Iodmangelsituation in
bestimmten Teilen Deutschlands muss mit einer massiven Speicherung des
12
resorbierbaren radioaktiven Iods (für Euthyreote) gerechnet werden.
Die Abgabe von Iodtabletten (nichtradioaktives Iod) als Möglichkeit, die Auf-
nahme von radioaktivem Iod zu reduzieren, erfolgt auf behördliche Anord-
nung. Der Fetus nimmt ab der 13. Schwangerschaftswoche Iod in die Schild-
drüse auf. Ab dem 6. bis 9. Schwangerschaftsmonat ist die fetale Schilddrüse
in der Lage, erhebliche Mengen Iod zu speichern. Nicht gespeichertes radioak-
tives Iod wird beim Erwachsenen nach Blockade der Schilddrüse mit stabilem
Iod mit einer Halbwertszeit von 6 Stunden über die Nieren ausgeschieden.
Am besten erfolgt die Aufnahme des stabilen Iods vor Inkorporation des
radioaktiven Isotops. Vom Zeitpunkt der Inhalation radioaktiven Iods bis
maximal mehrere Stunden danach erscheint die Verabreichung nichtradio -
aktiven Iods noch sinnvoll.
Bitte beachten
Zu späte Gaben von stabilem Iod erhöhen sogar die Verweildauer des
radioaktiven Iods!
Praxis-Tipp
Bitte beachten
Bitte beachten
12
Rettungsdienstpersonal ohne Bedenken vorgenommen werden.
Praxis-Tipp
Bitte beachten
Weder die Nuklide Kobalt-60 noch Cäsium-137 sind in der Lage, durch
Kernreaktionen Aktivierungen am Menschen oder nichtbiologischem
Material zu bewirken, so dass eine damit extern bestrahlte Person nie
selbst zu einer Strahlenquelle wird!
Cave: Andere Staaten (z. B. USA) bereiten sich sehr gezielt auf solche Szenari-
en vor.
Abschalten
Abschalten der Strahlenquelle (Röntgenröhre/Beschleuniger) oder Rückfüh-
rung der Strahlenquelle (radioaktiver Stoff in umschlossener oder offener
Form) in einen Abschirmbehälter.
Abstand halten
Die Intensität der ionisierenden Strahlung nimmt mit zunehmendem Ab-
stand zur Strahlenquelle ab (bei punktförmiger Gammastrahlung mit dem
Quadrat der Entfernung).
Bitte beachten
Doppelter Abstand von einer Punktquelle bedeutet nur noch ein Viertel
der Dosisleistung.
Bitte beachten
Aufenthaltsdauer verkürzen
Die Einsatzzeit bei vorhandener Strahlenexposition sollte so klein wie nötig
sein. Wenn möglich, frühzeitige Ablösung des Einsatzteams am Unfallort.
Abschirmungen nutzen
Vorhandene Abschirmungen, wie Mauern, Erdwälle etc., sollten ausgenützt
werden, um die Strahlenbelastung zu minimieren. Eventuell sind verletzte
Personen im Rahmen einer „Crash-Rettung“ aus dem unmittelbaren Gefah-
renbereich zu retten. Die Errichtung von künstlichen Abschirmungen ist aus
Zeitgründen in der Regel nicht möglich.
Kontamination vermeiden
Die Verschmutzung mit radioaktiven Isotopen ist zu vermeiden bzw. auf ein
12
unumgänglich notwendiges Maß zu reduzieren
Bitte beachten
Inkorporation verhindern
Die Aufnahme radioaktiver Stoffe über die Atemwege oder den Gastrointesti-
naltrakt ist zu verhindern (sowohl bei Einsatzkräften als auch bei Patienten).
Am Einsatzort darf aus diesem Grund nicht gegessen, getrunken oder ge-
raucht werden. Die Schutzausrüstung der Feuerwehren mit umluftunabhän-
gigem Atemschutzgerät (Pressluftatmer, Isoliergerät) kommt für den Arzt
und die sonstigen Rettungskräfte in der Regel wegen fehlender Atemschutz-
tauglichkeit nicht infrage (Untersuchung nach dem berufsgenossenschaftli-
chen Grundsatz G 26 III liegt nicht vor, kein Atemschutzlehrgang etc).
Bitte beachten
Bitte beachten
Praxis-Tipp
Das Hauterythem eignet sich präklinisch nicht als Indikator für die Ge -
fährdung des Patienten.
Ein Erythem tritt bei Hautdosen über mindestens 3–5 Gy auf. Der zeitliche
Verlauf ist sinusförmig. Das erste Auftreten ist erst einige Stunden bis Tage
nach der Bestrahlung zu beobachten. Die Erscheinung ebbt im Laufe von
zwei bis maximal 60 Tagen ab. Die zweite Hauptwelle beginnt, nach einer
Latenzphase, je nach Dosis nach mehreren Tagen bis Wochen. Die Rötung
geht innerhalb von mehreren Wochen in eine Hyperpigmentierung (bis zu
möglichen Nekrosen) über. Intensität und Dauer der Pigmentierung hängen
von der akkumulierten Strahlendosis ab. Nach Dosen von 10 Gy bleibt die Pig-
mentierung über lange Zeit sichtbar.
Bitte beachten
12
keit und Erbrechen sind bei Ganzkörperexpositionen bis zu 300 mSv prä -
klinisch nicht zu erwarten!
12.4.4.2 Kontamination
Bitte beachten
Stufe I II III IV V
Kontamination
< 0,04 0,04–0,4 0,4–4 4–40 > 40
(kBq/cm2)
Gammadosis-
leistung in 1 m < 0,1 0,1–0, 4 0,4– 4 4–40 > 40
Abstandb (µSv/h)
Zählratec von
Kontaminations-
1 500– 15 000 –
messgeräten in ≤ 1 500 a a
15 000a 150 000a
Impulsen/s, nah
(nicht abgedeckt)
Gammadosis
durch äußere
< 0,02 0,02–0,2 0,2–2 2–20 > 20
Bestrahlung
12
(mSv in 24 h)
a
Bei einzelnen Kontaminationsmessgeräten ist die maximale anzeigbare Zählrate niedriger.
b
Werte, basierend auf GH = 1,4 (µSv/h)/(kBq/cm ).
2
c
Gilt grob für bei der Feuerwehr zugelassene Kontaminationsmessgeräte.
Dekontamination am Unfallort
Dekontaminationsmaßnahmen am Unfallort sind nur dann durchführbar,
wenn der Zustand des Verletzten dies zulässt. Falls es zu einer Kontamination
des Verunfallten mit radioaktiven Stoffen gekommen ist, sollte eine Verrin-
gerung der Kontamination zunächst durch Entkleiden (Kleidung in einen
als radioaktiver Abfall gekennzeichneten Behälter zum Zweck der späteren
messtechnischen Auswertung sammeln) auf einem Dekontaminationsplatz
innerhalb der Absperrung erreicht werden („trockene Dekontamination“).
Dekontaminationsmaßnahmen zügig durchführen! An Ersatzkleidung und
ausreichenden Wärmeschutz ist zu denken.
Kontaminierte Körperteile sind unter fließendem Wasser abzuwaschen oder,
falls das nicht möglich ist, wenigstens mit feuchten Tüchern abzuwischen
(Grobdekontamination). Dabei ist zu beachten, dass die Kontamination nicht auf
andere Körperteile verschleppt wird und das Waschwasser, soweit möglich, auf-
gesammelt wird. Dekontaminationsmaßnahmen müssen möglichst hautscho-
Bitte beachten
12
servieren (sofern der Zustand der Verunfallten dies erlaubt!).
Bitte beachten
12.4.4.3 Inkorporation
Die Abschätzung der Inkorporationsdosis ist unter Unfallbedingungen nicht
möglich, da intensive messtechnische Verfahren (Ganzkörperzähler, Teilkör-
Bitte beachten
nur bedingt geeignet. Einen geringen Aussagewert hat die Methode bei Do -
siswerten von weniger als 100 mSv effektiver Dosis.
Praxis-Tipp
12
Sofern personell möglich, sollten zwei Teams tätig werden. Eines, das nur in-
nerhalb der Absperrgrenze tätig ist, und ein zweites Team, das den Verunfall-
ten an der Absperrung übernimmt.
Bitte beachten
Bitte beachten
7 Strahlenschutzverordnung vom 20. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1714, [2002, 1459]), zuletzt geändert durch
Artikel 2 des Gesetzes vom 29. August 2008 (BGBl. I, S. 1793).
Praxis-Tipp
Praxis-Tipp
12
Das nächstgelegene Regionale Strahlenschutzzentrum sollte, sofern
nicht schon von Anfang an geschehen, in das Prozedere mit eingebunden
werden und einen Strahlenschutzarzt bereitstellen, um eine möglichst
optimale Versorgung des Verunfallten zu ermöglichen.
Bitte beachten
gnostik zur Verfügung steht. In den ersten Tagen der Versorgung wird die Ent-
scheidung über das weitere Vorgehen bei hoch exponierten Patienten durch die
sogenannte Sequentialdiagnostik möglich. Dabei wird der klinische Verlauf der
Reaktion des Patienten auf die Bestrahlung festgestellt. Die gesammelten Daten
können mit dem vorhandenen Datenmaterial aus weltweiten Unfallereignis-
sen in der Datenbank des WHO-Kollaborationszentrums für Strahlenunfallma-
nagement der Universität Würzburg verglichen werden (REMPAN8-Zentrum).
Anhand der Zuordnung des individuellen Strahlenschadens zu definierten
Schweregraden werden Aussagen über das bestmögliche weitere therapeuti-
sche Vorgehen sowie die prognostische Entwicklung möglich.
12.5 Definitionen
Umschlossene radioaktive Stoffe: Radioaktive Stoffe, die von einer festen inak-
tiven Hülle umschlossen sind (üblicherweise eine Edelstahlkapsel mit einer Ab-
messung von mindestens 0,2 cm) oder in festen inaktiven Stoffen ständig so ein-
gebettet sind, dass ein Austritt verhindert wird. (Modifiziert nach § 3 StrlSchV.)9
Offene radioaktive Stoffe: Alle radioaktiven Stoffe mit Ausnahme der um-
schlossenen.
wird üblicherweise in der Einheit mSv oder µSv angegeben. Die alte entspre-
chende Einheit war das Rem (1 rem = 10 mSv).
Ortsdosisleistung: Sie wird in der Regel in der Einheit mSv/h oder µSv/h usw.
angegeben. Messgeräte der Feuerwehr zeigen in dieser Einheit an. Es gibt für
diese Geräte jedoch auch Außensonden für den Alpha- bzw. Betastrahlen-
nachweis, die in Impulsen/s anzeigen. Die Angabe Impulse pro Zeiteinheit
bedarf der Interpretation.
Anbieter www-Adresse
Verbände und Behörden
Deutsche Gesellschaft für medizinischen
Strahlenschutz (DGMS), vormals Ver-
www.medstrahlenschutz.org
einigung deutscher Strahlenschutzärzte
(VDSA)
Internationale Atomenergiebehörde
www.iaea.org
(IAEA)
International Radiation Protection
www.irpa.net
Association
Verbände und Behörden
Bundesamt für Strahlenschutz www.bfs.de
12
Strahlenschutzkommissionen
Strahlenschutzkommission (SSK) www.ssk.de
Eidgenössische Kommission für Strahlen -
www.ksr-cpr.admin.ch
schutz (Schweiz)
International Commission on
www.icrp.org
Radiological Protection
Forschungszentren und -institute
GRS Gesellschaft für Anlagen und Reak-
www.grs.de
torsicherheit mbH
Helmholtz Zentrum München
Deutsches Forschungszentrum für Ge - www.helmholtz-muenchen.de
sundheit und Umwelt GmbH
Literatur
Mettler FA, Upton AC. Medical Effects of Ionizing Radiation. Second edition.
Philadelphia, London, Toronto: Saunders; 1995.
Nénot JC. Radiation accidents over the last 60 years. J Radiol Prot 2009; 29 (3):
301–20.
12
13
Management von Gefahr-
stoffunfällen und Massen-
vergiftungen
Th. Zilker, N. Felgenhauer, R. Spörri
des Gefahrstoffes zunächst unbekannt ist. Dies gilt für Anlagenunfälle mit
der Freisetzung von unbekannten Stoffen oder komplexen Stoffgemischen,
für außer Kontrolle geratene chemische Reaktionen, für Lagerbrände mit
komplexem bzw. unbekanntem Lagergut, für Transportunfälle mit unbe-
kanntem oder ungenügend gekennzeichnetem Gefahrgut oder für Trans-
portunfälle mit Chemikalien-Mischladungen. Selbst bei bekanntem Gefahr-
stoff ist die Giftwirkung nicht immer sofort bekannt und kann mitunter erst
mit einer gewissen Verzögerung eruiert werden. In manchen Fällen wie z. B
bei den Reizgasen vom Latenztyp kann die Giftwirkung zunächst fehlen.
Dies führt häufig zu diagnostischen Schwierigkeiten, zumal auch das tat-
sächliche Ausmaß der Giftexposition häufig nur schwer abzuschätzen ist.
Schließlich müssen für die nicht unmittelbar exponierten Personen am Ran-
de der toxischen Gefahrenzone das gesundheitliche Risiko abgeschätzt und
die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Tab. 13-1 Anteil der Stoffe bei Gefahrstoffunfällen. (Nach Roth 1989.)
Flüssiggas 14
Chlor 12
Mineralöle 9
Erdgas, Methan 8
13
Benzine 7
Ammoniak 4
Vinylchlorid 4
Chlorwasserstoff 3
Wasserstoff 3
Schwefelsäure 2
Andere Stoffe 34
Erste Informationen über die freigewordenen Stoffe erhält man in der Regel
vom Anlagenbetreiber oder über die in Transportfahrzeugen mitzuführen-
den Beförderungspapiere und Unfallmerkblätter.
Bei Gefahrguttransporten erhält man weitere Hinweise auch über die gesetz-
lich vorgeschriebene Kennzeichnung der Transportmittel mit orangefarbenen
Warntafeln, die an Front- und Rückseite der Fahrzeuge angebracht sein müssen.
Bei Mehrkammertransporten mit verschiedenen Ladungen sind die orangefar-
benen Hinweistafeln an Front- und Rückseite nicht beschriftet, der Inhalt der
einzelnen Kammern ist in diesem Fall auf Warntafeln an der Seite angegeben.
Zur Kennzeichnung sind die orangefarbenen Warntafeln mit zwei übereinan-
der angeordneten Zahlen versehen (s. Abb. 13-1). Die obere Zahl auf der Warntafel
wird als Gefahrnummer oder Kemler-Zahl bezeichnet; sie beschreibt die Haupt-
gefahren der Gefahrstoffe (s. Tab. 13-2). Diese Gefahrnummer wird als mindes-
tens zweistellige Zahlenkombination angegeben. Die untere Zeile der Warntafel
13
trägt die sogenannte Stoffnummer oder UN-Nummer, die der Identifikation des
Gefahrguts dient. Die Stoffnummern gehen auf Empfehlungen der Vereinten Na-
tionen (UN) zurück, die im „UN Orange Book“ niedergelegt sind. Außerdem muss
gemäß den Gefahrgutverordnungen jeder Gefahrguttransport mit Gefahrzet-
teln (Placards) gekennzeichnet sein, auf denen die jeweilige Hauptgefahr und
Gefahrenklasse verzeichnet ist (s. Abb. 27-1 im Anhang).
Kemler-Zahl Hauptgefahren
2 Gas entweicht
4 entzündliche Feststoffe
5 brandfördernd
6 giftig
7 radioaktiv
8 ätzend
Brandprodukte Brandgut
Isocyanate Polyurethanschaum
Fluorwasserstoff Teflon
Gefahrstoffes
Zur Identifizierung des Gefahrstoffs können diverse Fachberatersysteme ein-
geschaltet werden. Hierzu zählen v. a. folgende Einrichtungen:
Giftinformationszentren (s. Kap. 26.3 im Anhang)
Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der chemischen
Industrie (TUIS) (Telefon: 0621 60-4 33 33, Fax: 0621 60-9 26 64)
Beratungssystem MEDITOX der Deutschen Rettungsflugwacht e.V. (DRF)
(Telefon: 0711 70 10 70 oder 0711 7 08 92 92)
13.2.2 Gefahrstoffdatenbanken
Folgende Datenbanken können zur Identifizierung eines Gefahrstoffs heran-
gezogen werden:
1. Hommel interaktiv Handbuch der gefährlichen Güter
2. Memplex® Gefährliche Stoffe (Keudel av-Technik GmbH)
3. Gestis-Stoffdatenbank (IFA – Institut für Arbeitsschutz der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung)
Standardanalytik
Prüfröhrchen (Standardausrüstung der Feuerwehren)
Simultantest-Sets (parallel angeordnete Prüfröhrchen)
Als Minimalausrüstung gelten Prüfröhrchen für Kohlenmonoxid (CO), Blau-
säure (HCN) und nitrose Gase.
ABC-Erkundungsfahrzeuge
In der Bundesrepublik Deutschland sind zurzeit 370 ABC-Erkundungskraft-
wagen (ABC-ErkKW) stationiert, die mit einem Ionenmobilitätsspektrome-
ter (IMS) und einem Photoionisationsdetektor (PID) ausgestattet sind. Für das
IMS gibt es zwei Stoffbibliotheken, eine für chemische Kampfstoffe (CWA)
und eine für Industriechemikalien (ITOX).
13
Analytische Task Force
An sieben Standorten wurden sogenannte Analytische Task Forces (ATF, s. Tab.
13-4) mit der Zielsetzung eingerichtet, den lokalen Feuerwehren durch mobi-
le, hochtechnisierte Einheiten eine „Vor-Ort-Analytik“ und Expertenwissen
zur Verfügung zu stellen, um komplexe ABC-Lagen besser bewältigen zu kön-
nen. Zur messtechnischen Ausstattung gehören Prüfröhrchen, elektroche-
mische Messgeräte, Photoionisationsdetektoren, Ionenmobilitätsspektro-
meter, Probenahmeausrüstung, Wärmebildkamera und Fernthermometer.
Außerdem werden ein mobiles GC-MS-System (Gaschromatografie/Massen-
spektrometrie), ein FTIR1-Fernerkundungssystem, Gefahrstoffdetektorarrays
und ein Infrarot-(IR-)Spektrometer zur Fest-/Flüssiganalytik mitgeführt. Die
Anforderung dieser ATF erfolgt über das Gemeinsame Melde und Lagezent-
rum des Bundes (GMLZ), in Absprache mit den betroffenen Ländern.
1 Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie.
Bitte beachten
Bitte beachten
Des Weiteren gilt es zu klären, wie lange die Personen dem Gefahrstoff aus-
gesetzt waren, zumal die Gesundheitsgefährdung eine Funktion von Stoff-
konzentration und Dauer der Gefahrstoffexposition ist (Haber’sche Regel).
Unabhängig von der Giftwirkung muss bei der Beurteilung der Gefahr-
stoffexposition immer auch daran gedacht werden, dass ein Großteil der
Gefahrstoffe nicht nur giftig, sondern auch explosionsfähig ist und dass
bei allen Rettungsmaßnahmen ein Funkenschlag unbedingt vermieden
werden muss.
Bitte beachten
Die toxische Gefahrenzone ist der Arbeitsbereich der Feuerwehr. Hier wer-
den unter Zuhilfenahme entsprechender Schutzmaßnahmen (Chemikalien-
schutzanzug, umluftunabhängiger Atemschutz) kontaminierte Personen
aus dem Gefahrenbereich gerettet und in den Aufnahmebereich des Dekon-
taminationsplatzes transportiert. Unzureichend ausgerüstetes Einsatzper-
sonal darf in der toxischen Gefahrenzone nicht eingesetzt werden.
2 4-Dimethylaminophenol.
Tosylchloramid 10 Fl. à 10 g
Fl. – Flaschen, Amp. – Ampullen, Stk. – Stück.
ALKYLPHOSPHATE-Notfallpäckchen
BLAUSÄURE-Notfallpäckchen
AMPULLEN-ANTIDOTA
Methämoglobin-
Toluidinblau 2 Amp. 2–4 mg/kg KG i. v.
bildner
SONSTIGE ANTIDOTA
Bitte beachten
Am Ende eines Einsatzes sollten dann alle Beteiligten noch einmal über das
Unfallereignis sowie über weitere, eventuell noch zu ergreifende Verhaltens-
maßnahmen unterrichtet werden. Schließlich sollte die Öffentlichkeit über
die Medien ausführlich über das Unfallereignis informiert werden.
Bei jedem Brandereignis muss mit der Bildung von Kohlenmonoxid gerech-
net werden. Kohlenmonoxid entsteht hauptsächlich bei Verbrennungspro-
zessen unter ungenügender Sauerstoffzufuhr. Hauptursachen für schwere
CO-Vergiftungen sind Autoabgase in schlecht belüfteten Garagen, schlecht
ziehende Öfen, Durchlauferhitzer in nicht belüfteten Badezimmern und
Schwelbrände in geschlossenen Räumen. Die wesentliche toxische Wirkung
des CO beruht auf einer Bindung des CO an das 2-wertige Eisen des Hämoglo -
bins, wobei das entstehende Carboxyhämoglobin (CO-Hb) für den Sauerstoff-
transport ausfällt. Eine Kohlenmonoxidkonzentration von 100 ppm = 0,01 %
führt zu einem CO-Hb von ca. 12 %. Schwere akute Vergiftungen benötigen
eine CO-Konzentration von > 2000 ppm. Schwere subakute Vergiftungen
werden bei einer CO-Konzentration von 500–2 000 ppm beobachtet.
Symptome
Die Vergiftungssymptome sind von der CO-Hb-Konzentration abhängig:
Therapie
Die Patienten müssen aus dem toxischen Gefahrenbereich entfernt werden
(Atemschutz erforderlich). Die Antidottherapie besteht in der Gabe von Sau-
erstoff: Bei leichten Vergiftungen genügt die Insufflation von Sauerstoff über
eine Nasensonde, bei schweren Vergiftungen ist eine endotracheale Intuba-
tion und Beatmung mit einer inspiratorischen Sauerstoffkonzentration (FiO2)
3 Vgl. Brent et al. 2005, Ellenhorn 1997, Ford et al. 2001, Goldfrank 2006, Jaeger 1999, Marquart und
Schäfer 2004, von Mühlendal et al. 2003, Zilker 2008.
4 Die Einsatztoleranzwerte (ETW) markieren für einzelne Stoffe diejenige Konzentration, unterhalb
der bei einer 4-stündigen Exposition keine gesundheitliche Gefährdung, weder bei den Einsatzkräf-
ten noch bei der Bevölkerung, zu erwarten ist.
von 1,0 notwendig. Bei der mittelschweren und schweren CO-Vergiftung soll-
te eine hyperbare Sauerstofftherapie angestrebt werden. Ziel dieser Therapie
ist es, die Sauerstoffversorgung der Gewebe zu gewährleisten, die Halbwerts-
zeit des CO-Hb zu verkürzen und neurologische Folgeschäden zu verhindern.
Die hyperbare Sauerstofftherapie wird mit einem Druck von 2–3 bar über
60–90 min durchgeführt. Indiziert ist die hyperbare Sauerstofftherapie
bei allen Patientinnen, die schwanger sind und deren CO-Hb über 20 % liegt,
sowie bei allen Patienten:
die bewusstlos sind oder bewusstlos waren
die neurologische Defizite aufweisen
die pektanginöse Beschwerden angeben
deren EKG Ischämiezeichen oder Herzrhythmusstörungen zeigt
deren CO-Hb über 40 % liegt
Bitte beachten
Bei der Überwachung des Patienten ist zu berücksichtigen, dass man sich
auf die Pulsoxymetrie nicht verlassen darf, da diese fälschlicherweise
eine zu hohe periphere Sauerstoffsättigung anzeigt.
Therapie
Im Rahmen der Primärversorgung werden die Patienten zunächst aus dem
toxischen Gefahrenbereich entfernt. Bewusstlose Patienten werden um-
gehend endotracheal intubiert und mit einer FiO2 von 1,0 beatmet. Insta-
bile Herz-Kreislauf-Verhältnisse werden mit Flüssigkeitssubstitution und
Katecholaminen behandelt. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist nach
den üblichen Basismaßnahmen der Reanimation vorzugehen. Eine Laktat-
azidose muss frühzeitig mit Natriumhydrogencarbonat korrigiert werden.
Zerebrale Krampfanfälle werden mit Diazepam oder Clonazepam behan-
delt. Für die Antidottherapie der leichten HCN-Vergiftung genügt in der Re-
gel die alleinige Gabe von Natriumthiosulfat in einer Dosierung von 100 mg/ 13
kg KG. Bei der Antidottherapie der schweren HCN-Vergiftung hat man prin-
zipiell zu unterscheiden, ob HCN im Rahmen eines Brandereignisses oder bei
einem Unfall ohne Brandbeteiligung freigesetzt wurde.
Bei einer schweren brandrauchbedingten HCN-Vergiftung erfolgt die
Antidottherapie mit Hydroxocobalamin in einer Dosierung von 70 mg/kg KG
bzw. 5 g Hydroxocobalamin für den Erwachsenen. Da bei einem Brandereig-
nis die HCN-Exposition nur schwer zu abzuschätzen ist, eine Differenzierung
zwischen Kohlenmonoxid- und Blausäurevergiftung klinisch nicht möglich
ist und eine einfache HCN-Analytik am Brandort nicht zur Verfügung steht,
muss die Antidottherapie mit Hydroxocobalamin nach rein pragmatischen
Gesichtspunkten erfolgen: Bei einer Rauchvergiftung ist eine Antidotthe-
rapie mit Hydroxocobalamin dann indiziert, wenn der Patient nicht nur
bewusstlos, sondern gleichzeitig auch kreislaufinstabil ist oder wenn sein
Laktatwert im Serum über 10 mmol/l ansteigt. Zu berücksichtigen ist aller-
dings, dass die Puls-CO-Oxymetrie durch das Hydroxocobalamin gestört
sein kann.
Bitte beachten
13.8.3 Reizgase
Reizgase entstehen bei Brandereignissen und chemischen Reaktionen oder
werden bei Leckagen freigesetzt. In Abhängigkeit von der Wasserlöslichkeit
unterscheiden wir zwischen Reizgasen vom Sofort-Typ und Reizgasen vom
Latenz-Typ. Die Reizgase vom Sofort-Typ zeigen eine relativ gute Wasserlös-
lichkeit und werden deshalb bereits im oberen Respirationstrakt abgefan-
gen, mit dem Ergebnis einer frühzeitigen Symptomatik im Bereich der obe-
ren Atemwege. Reizgase vom Latenz-Typ sind weniger gut wasserlöslich und
können deshalb bei der Inspiration auch die tieferen Abschnitte des Respira-
tionstrakts erreichen. Die Folge ist dann ein mit einer gewissen Verzögerung
13
Symptome
Im Bereich der Atemwege führen diese Reizgase zu Reizhusten, Dyspnoe,
Bronchospastik und retrosternalem Druck. Nur bei massiver Exposition
kann es auch zum toxischen Lungenödem kommen. Am Auge verursachen
die Reizgase vom Sofort-Typ Augenbrennen, Tränenfluss und Konjunktivitis.
Therapie
Die therapeutischen Maßnahmen konzentrieren sich auf das Entfernen
der Patienten aus dem toxischen Gefahrenbereich. Anschließend erfolgt
die Gabe von Sauerstoff. Bei Atemwegsobstruktion werden inhalative
β2-Sympathomimetika, bei starkem Husten Antitussiva eingesetzt.
Symptome
Nach der Inhalation von Reizgasen vom Latenz-Typ kommt es zunächst nur
zu leichten Beschwerden in Form von Reizhusten und Konjunktivitis, mitun-
ter auch Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Im Anschluss daran kann
sich mit einer Latenz von 3–24 Stunden jedoch auch ein toxisches Lungen-
ödem entwickeln. Nur bei massiver Exposition ist bereits frühzeitig mit ei-
nem toxischen Lungenödem zu rechnen.
Therapie
Auch hier werden die betroffenen Personen zunächst aus dem toxischen
Gefahrenbereich entfernt und mit Sauerstoff versorgt. Alle Personen, die
bereits zu Beginn symptomatisch sind, bedürfen einer stationären Überwa-
chung mit Bettruhe. Die weiteren therapeutischen Maßnahmen orientieren
sich dann am jeweiligen Beschwerdebild der Patienten. Bei einer Atemwegs- 13
obstruktion werden inhalative β2-Sympathomimetika, bei starkem Husten
Antitussiva eingesetzt. Die Prophylaxe eines toxischen Lungenödems mit
inhalativen Glukokortikoiden (Beclometason 400 µg alle 2 Stunden, mindes-
tens 3-mal oder bis zum Abklingen der Beschwerden) wird in ihrem Nutzen
sehr kontrovers diskutiert, zumal die momentane Studienlage hierfür keine
ausreichende Evidenz liefert. Es gibt allerdings einzelne Beobachtungen, die
die Vermutung nahe legen, dass die frühzeitige Applikation von inhalativen
Glukokortikoiden das Auftreten eines toxischen Lungenödems verhindern
kann. Kommt es zum toxischen Lungenödem, so ist die intravenöse Applika-
tion von Glukokortikoiden unumstritten. Außerdem können endotracheale
Intubation und Beatmung angezeigt sein.
Symptome
Met-Hb < 10 % keine
Met-Hb 10–20 % Hautzyanose
Met-Hb 20–30 % Kopfschmerzen, Angstgefühl, Tachykardie
Met-Hb 30–50 % Schwäche, Verwirrtheit, Schläfrigkeit,
Tachypnoe, Tachykardie
Met-Hb 50–70 % Koma, Krämpfe, Arrhythmie, Azidose
Met-Hb > 70 % tödlich
Therapie
Bei einem Met-Hb-Gehalt > 40 % wird Toloniumchlorid (Toluidinblau®) als
Antidot in einer Dosierung von 2–4 mg/kg KG langsam intravenös injiziert.
Bei ausgeprägter Methämoglobinämie und Hämolyse ist der frühzeitige
Blutaustausch erforderlich. Bei Chloratvergiftungen muss frühzeitig Ascor-
binsäure verabreicht werden; Toluidinblau ist in diesen Fällen nicht effektiv.
Die periphere O2-Sättigung mittels Pulsoxymetrie ist nicht verlässlich, wenn
der Met-Hb-Gehalt über 20 % liegt. Für die Met-Hb-Bestimmung sollte Blut
asserviert werden, als Mischung von 1 ml Vollblut mit 9 ml Aqua.
13.8.5 Verätzungen
Verursacht durch Transportunfälle, Produktionsfehler, Sabotageakte und
kontaminierte Getränke.
Symptome
13
Therapie
Sofort benetzte Kleidung entfernen und kontaminierte Haut unter fließen-
dem Wasser spülen oder duschen. Bei Kontamination mit Flusssäure Haut-
reinigung mit Polyethylenglykol 400 (Lutrol® 400) und anschließende Lokal-
behandlung mit Kalziumglukonat. Bei Augenverätzungen ist eine sofortige
Spülung erforderlich. Feste Bestandteile und Schmutzpartikel können durch
Ektropionieren des Oberlides entfernt werden.
Bei einer Augenverätzung mit Zement oder ungelöschtem Kalk dürfen die
Augen nicht mit Wasser gespült werden, da hierbei die Ätzwirkung durch
das dabei entstehende Kalziumhydroxid nur noch verstärkt wird. In diesen
Fällen werden eine mechanische Reinigung der Augen sowie eine wasser-
freie Spülung der Bindehaut mit Speiseöl, z. B. Oliven- oder Sonnenblu-
menöl empfohlen. Anschließend augenärztliche Weiterbehandlung.
Symptome
Haut- und Schleimhautreizung mit Erythem und Blasenbildung, Kopf-
schmerzen, Schwindel, Benommenheit, Rauschzustand, Koma, zerebrale
Krampfanfälle.
Therapie 13
Die Patienten aus dem Gefahrenbereich entfernen und bei Kontamination
entkleiden. Haut mit Wasser, Seife und ggf. mit Polyethylenglykol (z .B. Lut-
rol® 400) abwaschen. Nach Inhalation organischer Lösemittel Sauerstoff
verabreichen.
Bitte beachten
H2S ist ein farbloses Gas von typischem Geruch nach faulen Eiern; Geruchs-
schwelle: 0,007–0,2 mg/m3 (1 mg/m3 = 0,71 ppm). Es entsteht bei der Verwe-
sung organischen Materials, z. B. als Jauchegas in der Landwirtschaft, als
Kloakengas in der Kanalisation oder als Biogas in Biogasanlagen. Weitere
Vorkommen sind in Papierfabriken, Kohlebergwerken, Schwefelminen,
Gerbereien, Zuckerrübenfabriken, Flachsröstereien, Petroleumraffinerien
sowie bei Vulkanausbrüchen.
H2S wird über die Atemwege rasch resorbiert, führt zu einer Hemmung der
Cytochromoxidase und hat aufgrund seiner Lipophilie einen direkten neuroto-
xischen Effekt sowie eine verzögerte Reizwirkung auf die Lunge (Latenz-Typ).
Wirkung
> 100 ppm: Ausschaltung des N. olfactorius, womit der typische Geruch
als Warnhinweis entfällt
> 300 ppm: starke Reizwirkung
> 600 ppm: zerebrale Krampfanfälle und Koma
> 1000 ppm: rascher Exitus
Symptome
Leichte Vergiftungen führen zu Konjunktivitis, Hustenreiz, Dyspnoe, Kopf-
schmerzen und Schwindel. Schwere Vergiftungen führen zu zerebralen
Krampfanfällen, Koma, Atemdepression, Hypotonie, Schock und toxischem
Lungenödem. In der Aufwachphase können die Patienten stark agitiert sein.
Therapie
13
Symptome
Symptomfreies Intervall von einigen Stunden; danach Prodromalstadium
mit starkem Krankheitsgefühl, Fieber Schwindel, Kopfschmerzen, starken
Rückenschmerzen und gastrointestinalen Beschwerden mit Übelkeit, Er-
brechen abdominellen Schmerzen und Diarrhoe. Im Anschluss daran typi-
sches Vergiftungsbild mit Hämoglobinurie (roter bis dunkelbrauner Urin),
abdominellen Koliken, Ikterus, Anämie, Nierenversagen, hirnorganischem
Psychosyndrom und Polyneuropathie.
Therapie
Entfernen der Patienten aus dem Gefahrenbereich (Atemschutz erforder-
lich); frühzeitige Gabe von Sauerstoff, ggf. Beatmung, Blutaustauschtrans-
fusionen und Hämodialyse. Chelatbildner sind wirkungslos.
Symptome
Nach Inhalation oder Verschlucken phosphinbildender Präparate kommt
es zunächst zu Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Somnolenz. Bei
schweren Vergiftungen werden Koma, zerebrale Krampfanfälle, Lungen-
ödem und eine Methämoglobinämie beobachtet.
Therapie
Rettung der Betroffenen aus dem Gefahrenbereich (Atemschutz erforderlich)
und Stabilisieren der Vitalparameter. Nach Giftinhalation besteht die Thera-
pie in der Gabe von Sauerstoff und inhalativen Glukokortikoiden (Effizienz
nicht gesichert). Nach oraler Giftaufnahme wird der Magen gespült und Ak-
tivkohle verabreicht. Bei Methämoglobinämie Antidottherapie mit Toluidin-
blau (Dosierung 2–4 mg/kg KG).
Symptome
Die muskarinartigen Symptome sind Miosis, Bradykardie, Bronchorrhoe, Hy-
persalivation, Erbrechen und Diarrhoe. Zu den nikotinartigen Symptomen
gehören Mydriasis, Tachykardie, Hypertonie, Muskelfaszikulieren, Muskel-
krämpfe sowie Lähmung der Muskulatur. Die zentralnervösen Vergiftungs-
symptome äußern sich zunächst in Form von Verwirrtheit, Agitiertheit und
zerebralen Krampfanfällen und gehen schließlich in ein tiefes Koma über.
13
Bitte beachten
Durch den Augenkontakt mit dem gifthaltigen Aerosol kann es, wie in
Japan geschehen (U-Bahn Anschlag Tokio 1995), zur Ausbildung einer
Miosis mit stärksten Kopfschmerzen kommen, ohne dass eine systemi-
sche Giftwirkung vorliegt.
Therapie
Bei einer Exposition gegenüber Nervenkampstoffen werden die Patienten zu-
nächst aus dem Gefahrenbereich entfernt, wobei für das Rettungspersonal
Chemikalienschutzanzug und umluftunabhängiger Atemschutz erforderlich
sind.
Bitte beachten
Nach dem Stabilisieren der Vitalparameter wird das Gift entfernt bzw. der
Patient dekontaminiert. Dabei sollte kontaminierte Kleidung entfernt und
die Haut mit Wasser reichlich gespült werden. Sofern die orale Giftaufnah-
me nicht länger als 1 Stunde zurückliegt, sind eine Magenspülung und die
anschließende repetitive Gabe von Aktivkohle indiziert. Weitere sekundäre
Gifteliminationsverfahren wie Hämodialyse und Hämoperfusion können
wegen uneinheitlicher Datenlage zurzeit nicht empfohlen werden.
Symptome
Nach einem symptomlosen Intervall von 30 Minuten bis 3 Stunden zunächst
schwere Haut- und Schleimhauttoxizität, gefolgt von Lungentoxizität mit
ausgeprägter Schleimhautschädigung. Systemische Wirkungen treten auf-
grund einer Störung der Mitose auf. Es kommt zu einer schweren Beeinträch-
tigung der Blutbildung, vorwiegend der Leuko- und Thrombozytopoese. Bei
oraler Aufnahme toxische Schädigung der Schleimhaut des Gastrointesti-
13
Therapie
Sorgfältige Dekontamination bei optimalem Selbstschutz (Schutzanzug,
Schutzhandschuhe, Schutzstiefel, Atemschutzmaske). S-Lost sollte zunächst
mit einem saugenden Material, wie z. B. Zellstoff, abgetupft werden. An-
schließend sollte mit kaltem Wasser gespült werden. Zur Dekontamination
wird auch Tosylchloramid-Lösung eingesetzt. Falls es frühzeitig zur An-
wendung kommt, führt Tosylchloramid auf der Haut zu einer Oxidation von
S-Lost und macht es dadurch unschädlich. Tosylchloramid-Lösung 10 % wird
zum lokalen Abtupfen von Lostspritzern verwandt. Tosylchloramid-Lösung
0,2 % wird zur großflächigen Anwendung, Hautwaschung und für feuchte
Umschläge eingesetzt. Natriumthiosulfat in einer Dosis von 500 mg/kg KG
i. v. kann, wenn innerhalb von 20 Minuten eingesetzt, die systemische S-Lost-
wirkung aufheben. Die Wundbehandlung erfolgt wie bei Verbrennungen,
die Augenbehandlung wie bei Verätzungen (Sidell et al. 1997). Zur weiteren
symptomatischen Therapie gehören u. a. Analgetika, Antibiotika und Muko -
lytika. Der Einsatz von Steroiden ist umstritten. Bei einer schweren pulmona-
len Symptomatik ist eine frühzeitige Tracheotomie anzustreben.
13.8.12 Lebensmittelvergiftung
Im Gegensatz zu den infektiösen Durchfallerkrankungen, die z. T. auch über 13
Lebensmittel übertragen werden, handelt es sich bei der klassischen Lebens-
mittelvergiftung um die Ingestion von Enterotoxinen, die von verschie-
denen Bakterien in verdorbenen Lebensmitteln und damit außerhalb des
Körpers gebildet werden (Staphylococcus aureus, Bacillus cereus, Clostridium
perfringens, Clostridium botulinum). Die häufigste Lebensmittelvergiftung ist
durch Staphylokokken-Enterotoxin verursacht.
Symptome
Staphylokokken-Enterotoxin: Latenzzeit 2–4 Std.; typisch sind Durchfälle mit
gleichzeitigem Erbrechen ohne Fieber.
Salmonellen-Infektion: Inkubationszeit 8–72 Std.; Übelkeit, Erbrechen, kolik-
artige Bauchschmerzen, Durchfall, häufig Fieber bis 39 °C.
Therapie
Gabe von Kohle, Elektrolyt- und Flüssigkeitssubstitution, Antiemetika. Anti-
biotika sind bei der klassischen Lebensmittelvergiftung nicht erforderlich.
Meldepflicht beachten!
13.8.13 Botulismus
Lebensmittelvergiftung durch das Toxin von Clostridium botulinum, einem
anaeroben Sporenbildner, der ubiquitär vorkommt. Werden Konserven
oder geräuchertes Fleisch nicht ausreichend erhitzt, so kann es zu einer Ver-
giftung mit Botulinumtoxin kommen. Bei einer Temperatur von 90 °C über
mindestens 10 Minuten wird das thermolabile Toxin zerstört. Acht unter-
schiedliche Neurotoxine mit der Typenbezeichnung A, B, C1, C2, D, E, F, G sind
bekannt. Menschliche Erkrankungsfälle beschränken sich auf die Typen A, B
oder E. Die Giftwirkung der Botulinumtoxine beruht auf einer Hemmung der
präsynaptischen Acetylcholin-Ausschüttung im Bereich der motorischen
Endplatte. Das Botulinumtoxin ist eines der stärksten Gifte, das wir kennen.
Die tödliche Dosis liegt im Bereich von 1 µg/kg KG. Eine Anwendung zu Sabo -
tagezwecken erscheint möglich, da es auch zum bakteriologischen Kampf-
stoff weiterentwickelt wurde.
Symptome
Der Botulismus zeigt einen typischen phasenhaften Verlauf:
1. Phase der beschwerdefreien Latenz (12–36 Stunden)
2. Phase der gastrointestinalen Symptomatik mit Übelkeit, Erbrechen und
Durchfall
3. Phase der neurologischen Symptomatik mit primärem Befall der Hirnnerven
(frühestens 24 Stunden nach der Giftaufnahme):
N. oculomotorius (III. Hirnnerv): Ptosis, Mydriasis, Akkommodations-
störungen
13
Therapie
Es steht ein polyvalentes Antitoxin für die Typen A, B, E zur Verfügung, das
allerdings nur bei sehr frühem Einsatz gut wirksam ist. Das Antitoxin wird in
einer Dosis von 500 ml verabreicht, wobei Erwachsene und Kinder die glei-
che Dosis erhalten. Je nach klinischem Bild können nach 4–6 Stunden weitere
250 ml Antitoxin gegeben werden.
Beim Auftreten von Symptomen ist das Toxin in der Regel bereits an den
Nervenendigungen fixiert, sodass es durch das Immunserum nicht mehr
neutralisiert werden kann.
13.8.14 Ricin
Ricin oder Rizin ist ein Glykoprotein, das in Samen der Rizinuspflanze
(Ricinus communis) mit einem Gewichtsanteil von 1–5 % vorkommt. Da Ri-
zinussamen weltweit verfügbar sind und ihr Toxin über eine hochpotente
Giftwirkung verfügt, gilt es als mögliches Agens für bioterroristische An-
schlagsszenarien. Für Massenvergiftungen spielt die inhalatorische Auf-
nahme als Aerosol wahrscheinlich die größte Rolle. Die letale Dosis liegt bei
5–10 µg/kg KG.
13
Symptome
Nach inhalativer Aufnahme verursacht das Toxin eine alveoläre Endothel-
schädigung, die mit einer Latenz von 8–24 Stunden zu einem toxischen Lun-
genödem führen kann. Systemisch kommt es zu einem „vascular leak syn-
drome“, das rasch in ein Multiorganversagen übergehen kann.
Therapie
Die betroffenen Personen werden zunächst aus dem Gefahrenbereich ent-
fernt und mit Sauerstoff versorgt. Bei einer Atemwegsobstruktion werden in-
halative β2-Sympathomimetika, bei starkem Husten Antitussiva eingesetzt.
Die Prophylaxe eines toxischen Lungenödems mit inhalativen Glukokortiko-
iden (Beclometason 400 µg alle 2 Stunden, mindestens 3-mal oder bis zum Ab-
klingen der Beschwerden) wird in ihrem Nutzen sehr kontrovers diskutiert,
zumal die momentane Studienlage keine ausreichende Evidenz liefert. Es gibt
allerdings einzelne Beobachtungen, die die Vermutung nahe legen, dass die
frühzeitige Applikation von inhalativen Glukokortikoiden das Auftreten eines
toxischen Lungenödems verhindern kann. Kommt es zum toxischen Lungen-
Literatur
Ford MD, Delaney KA, Ling LJ, Erickson T. Clinical Toxicology. 1st ed. Philadel-
phia, PA: W. B. Saunders Company; 2001.
13
Matz G, Schillings A, Rechenbach P. Task Force für die Schnellanalytik bei gro-
ßen Chemieunfällen und Bränden. Bonn: Bundesamt für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe (BBK); 2003. (BBK, Hrsg. Zivilschutz-Forschung. Schrif-
tenreihe der Schutzkommission beim Bundesminister des Inneren, Band 49.)
Persson HE, Sjöberg GK, Haines JA, Pronczuk de Garbino J. Poison Severity
Score. Grading of Acute Poisoning. J Toxicol Clin Toxicol 1998; 36 (3): 205–213.
Sidell FR, Takafuji ET, Franz DR, eds. Medical Aspects of Chemical and Biological
Warfare. Washington, DC: Borden Institute, Walter Reed Army Medical Center;
Falls Church: Office of the Surgeon General, United States Army; Fort Sam Hou-
ston, Tex: United States Army Medical Department Center and School; Fort De-
trick, Frederick, Md: United States Army Medical Research and Material Com-
mand; Bethesda, Md: Uniformed Services University of Health Sciences; 1997.
13
14
Großschadenslagen durch
biologische Agenzien
B. D. Domres, E.-J. Finke, A. Kekulé
Absichtliche Freisetzung
Besonders schwierig einzuschätzen ist das Erregerspektrum nach absicht-
licher Freisetzung, etwa bei einem biologischen Anschlag. Es ist davon aus-
14
zugehen, dass ein verdeckter Anschlag erst als solcher erkannt wird, wenn
bereits eine größere Zahl von Personen erkrankt ist. Denkbar ist auch die
gleichzeitige Ausbringung einer oder verschiedener Erregerarten an meh-
reren Orten bzw. auf mehreren Übertragungswegen (z. B. Luft, Trinkwasser,
Lebensmittel, Vektoren).
Bitte beachten
Biologische Agenzien sind mit den Sinnen nicht wahrnehmbar. Zwar sind
Realzeitnachweise mit größtem technischem Aufwand für einige Erreger
möglich, zuverlässige Verfahren für die Schnelldetektion vor Ort existieren
bisher jedoch nicht. Wenn der Anschlag (bzw. die Ausbringung des Agens)
nicht als solcher bemerkt wird, würde dieser voraussichtlich erst später
durch einen ungewöhnlichen Krankheitsausbruch oder ein außerge-
wöhnliches Seuchengeschehen (ASG) entdeckt werden.
Ein ASG ist durch plötzliches gehäuftes Auftreten von Erkrankungs- und
Todesfällen bei Mensch und Tier charakterisiert. Diese zeichnen sich durch
ungewöhnliche mikrobiologische, pathogenetische, klinische und epide-
miologische Merkmale aus und weichen von der Norm (u. a. geographische,
saisonale und demographische Verteilung) der jeweiligen natürlich auftre-
tenden Krankheit ab. Die rechtzeitige Erkennung und Verifizierung einer ab-
sichtlich verursachten biologischen Gefahrenlage kann sehr schwierig sein:
Die meisten Krankheiten, die durch mögliche B-Agenzien ausgelöst werden,
ähneln klinisch den natürlich verursachten. Die Lage wäre noch komplizier-
14
ter, wenn ein Erreger freigesetzt würde, der in Deutschland oder Mitteleuro-
pa endemisch ist.
Psychologische Auswirkungen
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt sind Angst- und Panikreaktionen. Sie wer-
den, wie Erfahrungen mit den Anthraxfehlalarmen 2001–2002 zeigten, häufig
durch eine mangelhafte Kommunikation über die Medien geschürt und ver-
stärkt. Panik und Angst können bereits bei Verdacht oder bloßer Androhung
eines biologischen Anschlags zu unkontrollierbaren psychosomatischen Stress-
reaktionen führen. Aufgrund dessen können sowohl Personen, die gar nicht mit
dem Erreger in Kontakt gekommen sind, als auch Exponierte, die sich eigentlich
noch in der Inkubationsperiode befinden, Symptome einer scheinbaren Infekti-
on entwickeln. Die Zahl dieser psychosomatischen Patienten kann die Zahl der
tatsächlich Geschädigten sogar übersteigen. Bei einem Massenanfall würden
sie die medizinischen Kapazitäten schnell erschöpfen, sodass die eigentlichen
Krankheitsverdächtigen nicht mehr ausreichend versorgt werden könnten.
Bitte beachten
14
Bitte beachten
14
Bitte beachten
Viele der als biologische Agenzien für Anschläge infrage kommenden Erre-
ger lösen Zoonosen, z. B. Pest, Milzbrand, Tularämie, Q-Fieber oder Rotz, aus.
Diese Krankheiten werden nur selten oder gar nicht von Mensch zu Mensch
übertragen. Aus epidemiologischer Sicht werden sie, mit Ausnahme der Pest,
deshalb kaum Probleme im katastrophenmedizinischen Management be-
reiten. Hier sind gewöhnlich keine besonderen Absonderungsmaßnahmen
(Isolierung, Quarantäne) erforderlich. Auch die wegen ihrer hohen Letalität
gefürchteten viralen hämorrhagischen Fieber (z. B. Ebola, Lassa) kommen
kaum als Auslöser einer katastrophalen Epidemie infrage, weil sie nur bei
relativ engem Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen werden.
Bitte beachten
14
Seuchenschutz
Inzidenz in Deutschland
Kontagiosität/
Aktivierung in
Katastrophen
Katastrophen
Ursache von
(Fälle / Jahr)a
Therapie
Letalität
Impfung
Krankheit /
Agens < < < < >
100 1000 10 000 100 000 100 000
Gruppe I
+++/
Virale ARE + +++ +
SHM
gering – (+)
ADE durch
(+) – ++
gering –
Noroviren + +++ ++ SHM
mäßig
– (+)
(PSA/ABS)
Rotaviren +
Adenoviren +
Campylobacter
+
spp.
Salmonella spp. +
Yersinia mäßig –
+
enterocolitica hoch
Cryptosporidia +
Lamblia
+
intestinalis
Escherichia spp. mäßig–
+
EHEC, ETEC hoch
+
mäßig –
Cholera + +++ +++ SHM/
hoch
(+) +
(ABS)
14
(+)
HIV-Infektionen + (+)? –
SHM
hoch – (+)
(+) mäßig –
Pneumonien + ++ –
SHM hoch
(+)b +
Strepokokken- +
+ + – gering – +
angina SHM
Gruppe II
++
SHM+ mäßig –
Tuberkulose + ++ –
PSA hoch
– +
(ISO)
+
Virushepatitis A + ++ – SHM/ gering + (+)
ABS
+
Virushepatitis E + ++ – SHM/ gering – (+)
ABS
Seuchenschutz
Inzidenz in Deutschland
Kontagiosität/
Aktivierung in
Katastrophen
Katastrophen
Ursache von
(Fälle / Jahr)a
Therapie
Letalität
Impfung
Krankheit /
Agens < < < < >
100 1000 10 000 100 000 100 000
Gruppe II
+
Scharlach + ++ –
SHM/ISO
gering – +
+
Mumps + + –
SHM
gering + –
++
Varizellen + + –
SHM
gering + –
Pyodermien/ ++ gering –
Wundinfekti- + ++ – SHM/
mäßig
– +
onen ABS
Gruppe III
++ gering –
Masern + + – SHM/
mäßig
+ –
ABS
++ gering –
Shigellosen + ++ + SHM/
mäßig
(+) +
ABS
Typhus/Para- + gering –
+ ++ + SHM/ + +
typhus ABS mäßig
Invasive Menin-
+
gokokkeninfek- + ++ –
SHM/ABS
hoch + +
tion
–
Legionellose + + –
SHM
mäßig – +
–
Listeriose + – –
SHM
gering – +
– mäßig –
Malaria + + –
SHM hoch
– +
14
(+)
VHB + – –
SHM
mäßig + (+)
(+)
VHC + – –
SHM
mäßig – (+)
– gering –
Hantavirose + ++ –
SHM mäßig
– –
–
FSME + + –
SHM
gering + –
–
Q-Fieber + ++ + c
SHM
gering (+) +
Adenovirus- ++
Keratokonjunk- + ++ – SHM/ gering – –
tivitis ABS
Invasive
Haemophilus- +
+ + – SHM/ hoch + +
influenzae- ABS
Infektion
gering –
Keuchhusten + + – SHM
mäßig
+ +
Kontagiosität/
Aktivierung in
Katastrophen
Katastrophen
Ursache von
(Fälle / Jahr)a
Therapie
Letalität
Impfung
Krankheit /
Agens < < < < >
100 1000 10 000 100 000 100 000
Gruppe IV
–
Ornithose + – –
SHM
mäßig – +
– gering –
Tularämie + ++ (+) c
SHM mäßig
(+) +
– gering –
Leptopirose + ++ –
SHM mäßig
– +
– mäßig –
Botulismus + (+) +c
SHM hoch
(+) (+)
– gering –
Brucellose + + +c
SHM mäßig
– +
+
SHM/
Diphtherie + ++ –
(PSA)/
mäßig + +
ABS
Lues und + ++ –
++
gering – +
Gonorrhö SHM
Gasbrand/ – mäßig – +
+ + – –
-ödem SHM hoch
Gruppe V
–
mäßig –
Anthrax + + +c SHM/
hoch
(+) +
ABS
– gering –
Denguefieber + – –
SHM mäßig
– –
–
Chicungunya + – –
SHM
gering – –
–
Melioidose + – –
SHM
hoch – +
Bitte beachten
1. Gefahr erkennen
2. Eigenschutz sicherstellen
3. Meldung machen mit dem Ziel, Spezialisten einzubinden
4. Ausbreitung verhindern
5. Erstmaßnahmen organisieren
können offen oder verdeckt erfolgen, wobei dann je nach Zielgruppe Men-
schen oder Tiere erkranken und als Infektionsquellen übertragbare Krank-
heiten weiter verbreiten können.
Bitte beachten
Schon allein die Ankündigung eines biologischen Anschlags oder das Aus-
bringen eines harmlosen „weißen“ Pulvers in einer hoch sensibilisierten
Gesellschaft erzeugt oft Panik und übt psychologischen Terror aus. Diese
Lage unterscheidet sich daher grundsätzlich von einer verdeckten Aus-
bringung realer biologischer Agenzien.
Abb. 14-1 Handlungsalgorithmus für das Management in biologischen Wirkungs- oder Epidemieherden.
RTLS – Rettungsleitstelle, SanEL/OEL – Sanitäts-Einsatzleitstelle/Einsatzleitstelle vor Ort, M – Mensch, PSA – Persönliche Schutzausrüstung, RKI –
Robert Koch-Institut Berlin, Bw/Fw – Bundeswehr/Feuerwehr, HS – Hubschrauber, KW – Krankenwagen, I-RTW - Infektions-Rettungswagen,
ÖGD – Öffentlicher Gesundheitsdienst, SEG – Schnelleinsatzgruppe, THW – Technisches Hilfswerk, KIT/PSU – Kriseninterventionsteam/psycho-
soziale Unterstützungsgruppe, ABCAbwTrp – ABC Abwehr-Truppen (ABC: atomar, biologisch, chemisch), nÄ/Khs – niedergelassene Ärzte/Kran-
kenhäuser, NA – Notarzt, RA – Rettungsassistent, IATA – International Air Transport Association, ADR – European Agreement Concerning the
279
International Carriage of Dangerous Goods by Road, BGS – Bundesgrenzschutz. (In Anlehnung an Beck et al. 2005, S. 466–473.)
14
Schädigende Agenzien
Großschadenslagen durch biologische Agenzien
Der vermutlich erste Hinweis auf einen verdeckten Anschlag mit einem bio-
logischen Agens wird das gehäufte Auftreten von Patienten mit einem mehr
oder weniger erregertypischen Krankheitsbild sein, d. h. ein ASG. Rettungs-
dienstpersonal, erstversorgende Ärzte und das Klinikpersonal sowie Apo-
theker bei erhöhtem Medikamentenverbrauch und im Falle von Zoonosen
auch Tierärzte werden daher als Erste in die frühzeitige Erkennung eines
möglichen Anschlags einbezogen sein.
Infektiöses Exanthem-Syndrom
Unklares Fieber mit En- und Exanthemen.
Vorkommen z. B. bei Tularämie, Pocken, Affenpocken, Masern, Scharlach,
Leptospirosen, Fleckfieber, Varizellen und viralen hämorrhagischen
Fiebern.
Hämorrhagisches Fieber
Hohes Fieber mit inneren und äußeren Blutungen: Petechien, Ekchymosen,
Purpura, Epistaxis, Hämatemesis, gastrointestinale Blutungen.
Vorkommen z. B. bei Marburgkrankheit, Ebola-Fieber, Gelbfieber, Lassa-
Fieber, Meningokokken-, Pest- und Milzbrandsepsis.
Infektiös-toxisches Zentralnervensystem-Syndrom
Fieber mit Kopfschmerz, Nackensteifigkeit, Übelkeit und Erbrechen,
Bewusstseinstrübung, Krämpfen oder Lähmungen.
Vorkommen z. B. bei Herpes-simplex-Enzephalitis, FSME, Venezolanischer
Pferdeenzephalitis, Pest- und Milzbrandmeningitis, Borreliose, Meningokok-
ken- und Pneumokokkenmeningitis.
Paralytisches Syndrom
14
Gastrointestinales Infektionssyndrom
Übelkeit, Durchfall und Erbrechen mit und ohne Fieber.
Vorkommen z. B. bei Shigellosen, Salmonellosen, Cholera, Campylobacter-
Infektionen, viralen und parasitären Gastro-Enteritiden.
verlaufende Infektionserkrankungen
Außergewöhnliche Inzidenz
+ +
(zeitlich, räumlich)
Ungewöhnliche Laborbefundea +
Bitte beachten
Bitte beachten
Tab. 14-3 Spektrum möglicher Erreger und Toxine, die für biologische
Anschläge infrage kommen.
Mensch-Mensch-
Übertragbarkeit
Übertragungs-
B-Kampfstoff
Katastrophe
Wirkung als
Kategorieb
Exposition/
Gelistetes
möglich
Agensa
CDC-
weg
B-Agens Erkrankung
Marburgvirus)
Katastrophe
Wirkung als
Kategorieb
Exposition/
Gelistetes
möglich
Agensa
CDC-
weg
B-Agens Erkrankung
Mensch-Mensch-
Übertragbarkeit
Übertragungs-
B-Kampfstoff
Katastrophe
Wirkung als
Kategorieb
Exposition/
Gelistetes
möglich
Agensa
CDC-
weg
B-Agens Erkrankung
Die fett hervorgehobenen Agenzien wurden im Rahmen von B-Waffen-Programmen bereits einmal
munitioniert und sind auch als „Schmutziges Dutzend“ bekannt.
I – Inhalation nach aerogener Exposition als Kampfstoff-Aerosol; Al/K – alimentäre oder kontaktive
Exposition gegenüber kontaminierten Lebensmitteln, Trinkwasser oder Gegenständen; V – Exposition
gegen infizierte natürliche Vektoren des jeweiligen Erregers (z. B. Flöhe, Läuse, Zecken, Stechmücken);
n. d. – nicht dokumentiert bzw. keine Angaben verfügbar; SARS – severe acute respiratory syndrome.
a Nach Geißler 1994 und Weltgesundheitsorganisation (WHO):
http://www.who.int/csr/delibepidemics/annex3.pdf.
b Centers for Disease Control and Prevention (CDC): http://www.bt.cdc.gov/agentlist.asp.
c Hohe Letalität, wenn zu spät oder nicht behandelt.
d Geringe bis mittlere Letalität.
Praxis-Tipp
Das An- und Auskleiden sollte regelmäßig geübt werden. Es ist immer
ein Helfer notwendig. Die einzelnen Handgriffe beim An- und Auskleiden
und deren Reihenfolge hängen von der jeweiligen PSA ab. 5
Praxis-Tipp
Erste klinische Daten sind wichtig, um eine vorläufige Falldefinition für die Sich-
tung und Notfallbehandlung der Krankheitsverdächtigen zu ermöglichen. Die
gemäß IfSG erforderlichen Meldungen sind in der Tabelle 14-4 aufgeführt.
über die Art des Erregers mitteilen und weitere Maßnahmen veranlassen.
Krankheitserreger Krankheits-
Erkrankung Tod Nachweis
B-Agens verdacht
Yersinia pestis
+ + + +
Pest
Bacillus anthracis
+ + + +
Milzbrand
Francisella tularensis
– – – +
Tularämie
Brucella spp.
– – – +
Brucellose
Variola-Virusa
– – – –
Menschenpocken
Affenpocken-Virusa
– – – –
Affenpocken
Ebola-Virus
+ + + +
Ebola-Fieber
Marburg-Virus
+ + + +
Marburg-Krankheit
Venezuelan-Equine-
Encephalitis-Virusa
– – – –
Venezolanische
Pferdeenzephalitisa
Clostridium-botulinum-
Neurotoxine + + + +
Botulismus
Staphylokokken-Entero -
toxin B (SEB) + + – –
SEB-Vergiftung b
Ricin
+ + – –
Ricin-Vergiftungb
a Gemäß § 6 IfSG: bei Auftreten einer bedrohlichen Krankheit.
b Gemäß § 7 Abs. 1 IfSG: bei Lebensmittelvergiftungen und akuten Gastroenteritiden mit zwei oder
mehr gleichartigen Erkrankungen.
14
Der Wirkungsherd wird, wie aus Abbildung 14-2 ersichtlich, gemäß üblichem
Verfahren in drei Zonen (rot, gelb und grün) eingeteilt (JUH 2007). In Räu-
men, Gebäuden und Fahrzeugen (z. B. Züge, Busse) sind Türen und Fenster zu
schließen und Lüftungsanlagen auszuschalten. Betroffene (Krankheitsver-
dächtige, Kranke oder Exponierte) müssen in der gelben Zone verbleiben und
dürfen die Einsatzstelle nicht verlassen. Das ersteintreffende Fahrzeug wird in
der gelben Zone stationiert. Nachfolgende Fahrzeuge und Besatzungen sollten
sich nur auf Anweisung vom grünen in den gelben Bereich bewegen. Sie müs-
sen beim Verlassen der gelben Zone ausreichend dekontaminiert werden.
grüne Zone
mögliche Ausbreitung
14
rote Zone
Windrichtung
kontaminierte Bereiche
reale Aus-
breitung
„reiner“ dekontaminierter Bereich gelbe Zone
Die Einsatzkräfte in der gelben Zone führen nach Eingliederung in das Sys-
tem der Sicherheitszonen und biologischen Schutzstufen und unter der Füh-
rung von Fachkräften, die mit biologischen Lagen vertraut sind, u. a. folgen-
de Maßnahmen durch:
Isolierung und erste Sichtung der Erkrankten (= Krankheitsverdächtige
und damit potenziell Ansteckungsfähige)
Medizinische Notfallbehandlung
Absonderung der Exponierten und Kontaktpersonen (= Ansteckungsver-
dächtige) mittels Beobachtung oder Quarantäne
Probennahme, z. B. für Umweltproben mit Hilfe des Probennahme-Ruck-
sacks des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe,
14
6 IATA – International Air Transport Association, ADR – European Agreement Concerning the Interna-
tional Carriage of Dangerous Goods by Road.
Orientierung Ausbruchsherd
Checklisten: Einsatzlogistik, Personal, Material
Gefährdungsbeurteilung
(SanEL, OEL, Gesundheitsamt, Polizei, Feuerwehr, Bw)
Biologische Gefährdung
Ja Antiepidemisches Regime
Nein Anlegen PSA/Rot-Gelb-Grün-Bereiche. Schleusen. Dekontamination?
Ansteckungsverdächtige Krankheitsverdächtige
(„gesunde“ B-Exponierte,
Kontakte) Kohortenisolierung
Kohortenabsonderung
(Quarantäne mit medizi-
Sichtungsgruppe III Sichtungsgruppe II Sichtungsgruppe I Sichtungsgruppe IV
Leitfaden Katastrophenmedizin
Ja
Dekontamination Nachkontrolle: Nachkontrolle: Notärztliche
gemäß SanEL Verschlechterung? Verschlechterung? Ja Versorgungc
Nein Nein
Quarantäne?
stationär oder Abschließende Kontrolle und Transport in Kategorie C-II (I-KTW)
ambulant Nachsichtung Leichtkranker: zur stationären Intensivbehandlung
sofern stabiler Zustand (Sonder- oder Kohortenisolierung)
Beobachtung?
ambulant Kohorte Entlassung in ambulante Behand- Transport in Kategorie C-II nach
(Belehrung) lung nach Ausschluss einer hoch Dringlichkeit zur stationären
ansteckenden/lebensbedroh- Behandlung (Isolierung)
lichen Krankheit
Abschluss:
• Erfassung
• Registrierung Mit Auflagen gemäß IfSG bei Ohne Auflagen bei nicht über-
• Dokumentation Mensch-Mensch-übertragbaren tragbarer Krankheit/Intoxikation
• ggf. PEP Krankheiten (ggf. Absonderung in
• ggf. Desinfektion Form von Beobachtung)
• Probentransport
Einsatzende: Aufhebung des antiepidemischen Regimes im Herd, Schlussdesinfektion, medizinische Beobachtung des Einsatz-
personals über maximale Inkubationszeit und ggf. postexpositionelle Prophylaxe
a durch Amtsarzt/Epidemiologen
b durch Sichtungsarzt/Sichtungsarztgruppe
c durch Notärzte/Ärzte, Rettungsdienstpersonal
Abb. 14-3 Handlungsalgorithmen der notfallmedizinischen Versorgung in einem Epidemieherd oder biologischen Wirkungsherd.
SanEL – Sanitätseinsatzleitung, OEL – Einsatzleitung vor Ort, Bw – Bundeswehr, PSA – Persönliche Schutzausrüstung, Kat. – Katego-
293
14
Schädigende Agenzien
Großschadenslagen durch biologische Agenzien
14.3 Hygieneregime
Leitlinien für das in der medizinischen Notfallbehandlung tätige Personal
sind das Infektionsschutzgesetz und die in Deutschland gültigen Hygiene-
vorschriften. Darüber hinaus existieren besondere Regeln für die Einsatz-
kräfte (Rettungsdienst, Feuerwehr usw.) für das Vorgehen bei biologischen
Gefahrenlagen. Generell erforderlich sind:
Sammlung aller kontaminierten Gegenstände zur anschließenden Desin-
fektion, Sterilisation oder Verbrennung
Desinfektion von kontaminierten Oberflächen mit geeigneten Desin-
fektionsverfahren
Dekontamination (ggf. Duschen) des Personals und Kleidungswechsel vor
Verlassen der „unreinen“ Zone über Schleusen
Kategorie C-I
Patient mit multiresistenten Keimen, wie z. B. Stämmen des Methicillin-
resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), oder mit offener Tuberkulose (TB),
Meningokokken-Meningitis sowie akuter Gastroenteritis durch Noroviren
mit Erbrechen und/oder Ausscheiden dünnflüssiger Stühle.
Kategorie C-II
Patienten mit Verdacht auf eine hoch kontagiöse, lebensbedrohliche Krankheit
wie z. B. virales hämorrhagisches Fieber, Lungenpest, Lungenmilzbrand, SARS.
Neben den Schutzmaßnahmen für C-I-Patienten sind zusätzlich erforderlich:
Fahrzeug soweit als möglich ausräumen und Notfallausrüstung in der
Fahrerkabine deponieren
Fahrerabteil getrennt halten, Zwischenfenster schließen
Innenbelüftung (bei geschlossenem Luftkreislauf) ausschalten
Bitte beachten
Grundlage der Sichtung sollte auch die Überlegung sein, wie wahrschein -
lich das Vorliegen einer seltenen Infektionskrankheit ist und welche epi-
demiologische Bedeutung dieser Verdachtsdiagnose zukommen würde.
Eine Orientierung hierfür gibt Tab. 14-1.
Es ist deshalb sinnvoll, bei einer großen Zahl (tatsächlich oder potenziell)
betroffener Personen auch die individuelle Disposition bei der Sichtung und
Triage mit zu berücksichtigen. Dazu gehören neben der Altersdisposition so-
wie der Berufs- und Reiseexposition insbesondere prädisponierende Krank-
heiten wie:
Angeborene und erworbene Immunsuppression (z. B. HIV-Infektion)
Tumore, Leukämien und Krankheiten des blutbildenden Systems
Schwere Adipositas und metabolisches Syndrom
Schwere Herz-Kreislauf-Krankheiten
Chronische Atemwegserkrankungen, z. B. COPD (chronic obstructive pul-
monary disease), Mukoviszidose, Asthma bronchiale
Chronische Lebererkrankungen
Chronische Nierenerkrankungen
Drogen- und Alkoholabusus, starkes Rauchen
Lungenpest
Botulismus
Milzbrand
Brucellose
Tularämie
Influenza
Q-Fieber
Pocken
Ricin
SARS
VHF
VEE
SEB
T2
Allgemeinsymptome
Fieber/Schüttelfrost + + + + + + + + + + + +
grippale Symptome + + + + + + + + + + + +
Muskelschmerz + + + + + + + + + + + +
Muskelsteife (Rigor) +
Schock + + + + + + +
Schwäche + + + + +
Haut
Rötung (Erythem) + + + +
14
Ausschlag (Exanthem) + + + + + + + + +
Blasen (Bullae) +
Bläschen (Vesikel) + +
Papeln + + + +
Ulzera + + +
Gangrän +
Magen-Darm-Trakt
Bauchschmerz + + +/– + + + + + + +
Erbrechen + + + + + + + + +
Bluterbrechen + + + +
Lungenpest
Botulismus
Milzbrand
Brucellose
Tularämie
Influenza
Q-Fieber
Pocken
Ricin
SARS
VHF
VEE
SEB
T2
Blut im Stuhl + + + + +
Teerstuhl + + +
Atemwege
Dyspnoe + + + + + + + + + +
Zyanose + + + +
Brustschmerz + + + + + + + + +
Husten + + + + + + + + + + + + +
Bluthusten + + + + +
Stridor +
Die definitive Feststellung des kausalen Agens wird bei biologischen Groß-
schadenslagen im Rahmen der Notfallversorgung oft nicht möglich sein. Für
eine detailliertere Darstellung der infrage kommenden bakteriellen und vira-
len Erreger und ihre Diagnostik wird an dieser Stelle auf die Spezialliteratur
verwiesen (z. B. Kekulé et al. 2008; BBK und RKI, Bd. I, S. 166–187, Bd. II, Kap. 4).
Im Rahmen der Sichtung während eines ASG ist eine klinische Differenzial-
14
Neben der Anamnese sollten hierbei auch klinische Hinweise auf typische In-
fektionskrankheiten besondere Beachtung finden. Häufig betroffen sind der
Praxis-Tipp
gifte)
Einschätzung der möglichen Wirkung des biologischen Agens: letal oder
handlungsunfähig machend (vgl. Tab. 14-3)
Annahme des „worst case“ und Gewährleisten des maximalen Infektions-
schutzes für Personal, Patienten und Exponierte bis zum Ausschluss einer
hoch ansteckenden, lebensbedrohlichen Krankheit
Erfassen und Isolieren aller ansteckungsfähigen Personen (d. h. Erkrankte,
unabhängig von der Krankheitsschwere)
Absonderung (Quarantäne oder medizinische Beobachtung) der anste-
ckungsverdächtigen Personen (alle potenziell Exponierten und Kontakt-
personen sowie ungeschützt exponiertes medizinisches Personal, Ret-
tungs- und Ordnungskräfte)
Abschluss einer eventuell erforderlichen chirurgischen Versorgung von
Exponierten mit begleitenden Verletzungen möglichst innerhalb der In-
kubationszeit und frühzeitiges Einleiten einer möglichen PEP
Fieber, respiratorische, gast- Isolieren bis zum Aus- Symptomatische und kalku-
rointestinale, Haut/Schleim- schluss einer bedrohli- lierte Antibiotikatherapie;
haut-, hepatische, renale chen Krankheit ggf. Impfungen;
und/oder ZNS-Symptome (stationär, in Kohorten) PSA, Desinfektion
Stationär behandeln
14
15.1 Präklinik
Die präklinische Versorgung der Patienten ist von der Anzahl der Verletzten,
der Schwere der Verletzungen, dem zur Verfügung stehenden Personal und
Material und der vorhandenen Transportkapazität abhängig. Die Transport-
kapazität wiederum ist von der Anzahl der Patienten, der Entfernung vom
Transportziel, der Anzahl gleichzeitig transportierbarer Patienten und der
benötigten Transportzeit abhängig (De Boer et al. 2000). Die Sichtung mit
Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen und Einteilung der
Patienten in die Sichtungskategorien (SK) I bis IV (vgl. Kap. 4) stellt die Grund-
15
Präklinische Versorgungskapazität
Anzahl der Verletzten
Schwere des Ereignisses (SE)
SE = (SK I + SK II) / SK III
Schwere der Verletzungen
Rettungspersonal
Medizinisches und technisches Material
Transportkapazität
Sichtung
SK I SK II SK III
Therapie möglich?
Nein
Transport in Abhängigkeit
Transportpriorität
der Ressourcen
Der Faktor Personal ist limitiert und an die Größe der Klinik (Bettenzahl)
gebunden. Im Rahmen eines Katastrophenfalles können ca. 30 % des Perso-
nalstammes binnen 60 Minuten aus der Freizeit aktiviert werden (Schmied-
le und Sefrin 2003). Zur Verstärkung der Ressource Personal können nach
dem Konzept der Erstversorgungsklinik externe Kräfte rekrutiert werden
(Adams et al. 2006). Mit den Faktoren Ausrüstung, Gerätschaften und Mate-
rial sind vor allem Beatmungsgeräte, Überwachungsmonitore, Infusionen,
Thoraxdrainagen und Verbandsmaterialen gemeint, da sie für den Notfall
relevant sind. Die vorhandene Ausrüstung kann mit Geräten und Mate-
rialien aus Notfalldepots sowie Transport- oder Reservebeatmungsgeräten
der Intensivstationen und des OP-Bereiches ergänzt werden. Hinsichtlich
der baulichen Gegebenheiten sollten Ausweichräume zur Behandlung von
SK-II/III-Patienten, Not-OP-Säle, Schockräume und eventuelle Reserveräu-
me in die baulichen Planungen der Kliniken mit einbezogen und vorgehal-
ten werden. Wie bereits oben erwähnt ist auch im Rahmen der klinischen
katastrophenmedizinischen Versorgung die Etablierung einer klaren Füh-
rungsstruktur notwendig.
Praxis-Tipp
15
2005, Hick et al. 2004, Schmiedle und Sefrin 2003). Ebenso zeigten Untersu-
chungen mit Berücksichtigung der durchschnittlichen OP-Auslastung einen
möglichen Kapazitätszugewinn von ca. 65 % (Schmiedle und Sefrin 2003). Die
Intensiv- und Überwachungsbettenkapazität mit ihrer beschränkten schnel-
len Erweiterbarkeit und ihren beschränkten Verlegungsmöglichkeiten stellt
eine der kritischsten Ressourcen der katastrophenmedizinischen Krankenh-
ausvorsorgeplanung dar (Stein et al. 2003). Unter Berücksichtigung aller Ein-
zelkapazitäten kann aus den Bettenkapazitäten der Kliniken ein Richtwert
über die Aufnahmekapazität der einzelnen Klinik für die katastrophenmedi-
zinische Vorsorge- und Verteilungsplanung abgeleitet werden.
15.3 Verteilungsplanung
Das Ziel der katastrophenmedizinischen Vorsorgeplanung muss die Erstellung
von Plänen über die Verteilung der Patienten im MANV oder Katastrophenfall
sein, und zwar unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Versorgungska-
pazitäten der Kliniken. Hierzu sollten sogenannte Wellenpläne angefertigt
werden. Inhalt der Wellenpläne ist die Verteilung der Verletzten in die Klini-
ken. Die Verteilung der Verletzten sollte in mindestens zwei Phasen unterteilt
werden: In der ersten Phase des MANV oder Katastrophenfalls sollten nur
Patienten der Sichtungskategorien SK I oder SK II in die geeigneten Kliniken
transportiert werden, wobei die Versorgungskapazitäten der Kliniken berück-
sichtigt werden müssen. In der zweiten Phase hat bereits ein Abtransport von
Patienten vom Schadensort stattgefunden, sodass in einer zweiten „Welle“ er-
neut eine festzulegende Anzahl von Patienten, jetzt auch der Sichtungskatego -
rie SK III, in die Kliniken eingeliefert werden kann. Die Anzahl der Verletzten
muss getrennt nach Sichtungskategorien festgelegt werden. Weiterhin ist im
Hinblick auf die Transportkapazitäten das Vorhandensein eines Hubschrau-
berlandeplatzes in der Verteilungsplanung zu berücksichtigen.
15
Liegt ein Verteilungs- und Wellenplan vor, hat sowohl die vor Ort befindliche
Einsatzleitung als auch die Klinikeinsatzleitung im Katastrophenfall die Mög-
lichkeit, Ressourcen optimal einzusetzen und somit ein „Überlaufen“ und da-
mit eine Handlungsunfähigkeit der Kliniken zu verhindern und andererseits
eine frühestmögliche individualmedizinische Versorgung zu gewährleisten.
Literatur
Bail HJ, Fischer P, Mahlke L, Matthes G, Ruchholtz S, Weidringer JW. Das Netz-
werk Katastrophenmedizin: Eine Initiative der DGU und des Bundesamtes
für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Berlin: Deutsche
Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU); 2008. Online verfügbar unter:
http://www.dgu-online.de/de/unfallchirurgie/katastrophenmedizin/index.jsp
[letzter Zugriff: 05.03.2010].
Bail HJ, Kleber C, Haas NP, Fischer P, Mahlke L, Matthes G, Ruchholtz S, Wei-
dringer JW. Verteilungsplanung von Verletzten im MANV oder Katastrohen-
fall – Strukturierung der Krankenhauskapazitäten am Beispiel des Katastro -
phennetzwerk der DGU. Unfallchirurg 2009; 112 (10): 870–7.
Davis DP, Poste JC, Hicks T, Polk D, Rymer TE, Jacoby I. Hospital bed surge
capacity in the event of a mass-casualty incident. Prehosp Disaster Med 2005;
20 (3): 169–76.
Hick JL, Hanfling D, Burstein JL et al. Health care facility and community stra-
tegies for patient care surge capacity. Ann Emerg Med 2004; 44 (3): 253–61.
Szenarien CRN-Gefahrenlagen
Schadstofffreisetzungen aus Störfallbetrieben
Terroranschlag
Gefahrgutunfall
Funktionen im Einsatz
Die Funktionsabläufe in einer Klinik im Einsatzfall ergeben sich aus Abb. 16-1
(s. folgende Seite).
In dem Maße, in dem Kinder unter den Verletzten sind, sollten klinische
Abteilungen für Kinderheilkunde und/oder Kinderchirurgie je nach Verlet-
zungsart und/oder Schwere der Verletzungen in die Planungen zur Aufnah-
me von Patienten einbezogen werden (Hentschel und Nicolai, s. auch Kap. 6).
Bitte beachten
Alarmierungsplan
Die Alarmierung der Krankenhausmitarbeiter wird über den Alarmie -
rungsplan geregelt. Darin sind einzelne Alarmierungsanweisungen und
16
Selbst-
einweiser
Absonderung / Behandlungs Zentrale Dienste
Dekontamination bereiche Stationen
Labor
Rettungs- Telefon-
mittel zentrale Notaufnahme Bildgebende
Sofortbehandlung
Sichtung Diagnostik
Pforte / Funktionsbereiche
Wegeführung Patienten- Aufgeschobene Apotheke /
dokumentation Behandlung med. Produkte
Ange-
hörige Niedrige Behand-
ITS Logistik
lungspriorität
Gesund-
Abwartende Küche/ heitsbe-
OP-Bereich hörde
Behandlung Versorgung
Presse
Medizinischer
Einsatzleiter
Krankenhausleitung
Feuerwehr
Krankenhauseinsatzleitung
Angehörigen- S1 S2
betreuung Fachberater
Personal Lage Polizei
Pressebetreuung S3 S4
Einsatz Versorgung
S5 S6 Legende
Mitarbeiter- Wege bei Bedarf
Mitarbeiter registrierung Presse- und IT/
Medienarbeit Kommunikation Information
Interaktion Stand: 08 / 03 /09
Abb. 16-1 Funktionsübersicht einer Klinik im Einsatzfall. ITS – Intensivstation, OP-Bereich – Operationsbereich, IT – Informationstechnik,
313
16
Aspekte zum Management in Katastrophensituationen
Krankenhausalarmplanung
Bitte beachten
Wegeführung
Im Einsatzfall erreichen Patienten die Klinik als Selbsteinweiser oder per Ret-
tungsmittel. Auch Angehörige und die Presse suchen den Weg ins Krankenhaus.
Hierfür wird eine gezielte Wegeführung und Raumordnung eingerichtet.
Bitte beachten
führen.
16.3 Einsatzphasen
Initial-(Chaos-)phase
Die Alarmierung der Mitarbeiter erfolgt abgestuft nach Lage oder als Voll-
alarm; die Notaufnahme leitet parallel zur Alarmauslösung die Erstmaß-
nahmen ein und strukturiert Materialaufbau, Kommunikation, Sichtung
sowie Behandlungsbereiche
Der diensthabende Arzt übernimmt die Verantwortung als Medizinischer
Einsatzleiter
Konsolidierungsphase
Alle Behandlungs- und Funktionsbereiche strukturieren und harmoni-
sieren ihre Arbeitsabläufe
Die Krankenhauseinsatzleitung tritt zusammen und übernimmt ihre Auf-
gaben gemäß Handlungsanweisung1
S – Sachgebiet.
Demobilisierungsphase
(Rückführung des Krankenhauses in den Normalbetrieb)
Mitteilung an alle alarmierten Bereiche
Patientenregistrierung abschließen
Auffüllen aller verbrauchten Materialvorräte veranlassen
Reinigung von Räumen und Geräten veranlassen
Anschließende Auftragskontrolle
Einsatztagebuch prüfen und archivieren
Demobilisieren der Einsatzzentrale, Übergabe an Notaufnahme-Personal
16
1 Eine ausführliche Darstellung der Aufgaben einer Krankenhauseinsatzleitung befindet sich auf der
beiliegenden CD-ROM.
Abwartende (betreuende)
Blau Ohne Überlebenschance
Behandlungsdringlichkeit
Bitte beachten
Die Sichtung ist ein dynamischer Prozess und orientiert sich vor allem an der
16
Flipc
Materialcontainer Sichtungs- hart
(z. B. Wärmedecken) sets
Doku
Rot
Pflege Gelb
Patienten-
Tragenbock
zugang
Pflege
Arzt
Grün
Blau
Kranken- Kranken-
fahrtrage fahrtrage
Kranken- Kranken-
fahrtrage fahrtrage
Abb. 16-2 Aufbau eines Sichtungsplatzes. (Nach Cwojdzinski et al. 2008, mo-
difiziert.)
16
Beim Massenanfall von Verletzten kann es wichtig sein, einen zweiten Sich-
tungstrichter zu schaffen, durch den gehfähige Patienten geschleust wer-
den. Die Stressbelastung am ersten Sichtungsplatz kann spürbar reduziert
werden, indem die als Leichtverletzte (Sichtungsgruppe III, GRÜN) einzustu-
fenden Patienten schon am Anfang separiert und von der Notaufnahme weg
in den entsprechenden Behandlungsbereich geleitet werden.
Sichtungsvorgang
Für den Sichtungsvorgang gelten folgende Prinzipien:
Lenkung des Patientenstroms durch eine „Flaschenhals“-Situation
Schnellsichtung und Erstregistrierung/Kennzeichnung des Patienten
Keine Behandlung!
Übergabe an Behandlungsteams
Datenübergabe an die Krankenhauseinsatzleitung
Die Untersuchung des Patienten erfolgt nach dem Algorithmus „from top to
toe“ (Bubser 1998, s. beiliegende CD-ROM).
Behandlungsteams
Den Patienten werden feste Behandlungsteams zugeteilt. Die Behandlungs-
teams werden in der Mitarbeiterregistrierung entsprechend der Qualifika-
tion der jeweiligen Mitarbeiter zusammengestellt (z. B. chirurgische oder
anästhesiologische Teams etc.). Behandlungsteams sind als eingespielte
Kleingruppen nicht nur im externen Schadensfall von großem Nutzen, son-
dern z. B. auch bei der Evakuierung des Krankenhauses. Die Funktionsfähig-
keit der Behandlungsteams ist im Vorfeld zu üben.
16
Bitte beachten
16
16.7 CRN-Gefahrenlagen
Das Personal von Krankenhäusern kann bei CRN-Gefahrenlagen unvermu-
tet Erstkontakt zu einem oder mehreren mit Schadstoffen kontaminierten
Patienten haben. Das Konzept der Kliniken sollte für die Dekontamination
16
16.9 Zusammenarbeit
Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung ist bei besonderen Ge-
fahrenlagen häufig nur in der Klinik sicherzustellen. Die Krankenhäuser
stehen am Ende der Rettungskette. Ihnen kommt damit eine Schlüsselrolle
zu. Partner sind die Leitstellen, die Rettungsdienste, die Feuerwehren, die
Polizei, die Hilfsorganisationen, die Gesundheitsbehörden und vor allem der
Öffentliche Gesundheitsdienst.
Neben der Information der Angehörigen muss auch der internen Kommuni-
16
kation mit den Mitarbeitern und der externen Kommunikation mit der Pres-
se viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Pressearbeit sollte in jedem Fall
aktiv betrieben werden. Durch Presseerklärungen und Pressekonferenzen
kann der öffentliche Informationsbedarf bei besonderen Gefahrenlagen am
besten gedeckt werden.
4 Siehe „Schutz Kritischer Infrastrukturen“ unter dem Menüpunkt „Themen“ auf www.bbk.bund.de.
Neben der Aus- und Fortbildung sind Planspiele und Übungen geeignete
Mittel, die Krankenhausalarmplanung erfolgreich in Kliniken zu implemen-
tieren. Dabei können bereits Übungen für einzelne Funktionsbereiche (z. B.
für die Notaufnahme) von Nutzen sein. Mit Vollübungen können sämtliche
Vorsorgemaßnahmen überprüft werden. In Berlin, Hamburg und Frankfurt
werden für externe Gefahrenlagen Vollübungen durchgeführt, an denen
flächendeckend alle Krankenhäuser der jeweiligen Stadt teilnehmen.
Literatur
Bubser H. Algorithmus der Sichtung. In: Sefrin P, unter Mitarbeit von Knuth P,
Stratmann D, Hrsg. Handbuch für den Leitenden Notarzt. Landsberg/Lech:
ecomed-Loseblatt-Ausg. Hauptbd. 1991, 8. Erg. Lfg. 12 (1998), Kapitel IV – 6.1.1,
Seiten 5–6.
17
Notfall- und Katastrophen-
Pharmazie – Pharmazeutisches
Notfallmanagement
W. Wagner
§ 1 (1)
„Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicher-
stellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.“
Mit der Notfall- und KatastrophenPharmazie wird dieser Auftrag weiter ge-
fasst und auf das Sanitätsmaterial ausgerichtet. Dieser Begriff ist im Bevöl-
kerungsschutz, bei den Hilfsorganisationen und im Sanitätsdienst der Bun-
17
1 Schadenslagen durch chemische, biologische, radioaktive, nukleare oder explosive Stoffe (CBRNE).
2 Apothekengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I, S. 1993), zu-
letzt geändert durch Artikel 16a des Gesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I, S. 874).
Bundes-Apothekerordnung3
§1
„Der Apotheker ist berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arznei-
mitteln zu versorgen. Er dient damit der Gesundheit des einzelnen Men-
schen und des gesamten Volkes.“
Auch dieses Zitat unterstreicht den öffentlichen Auftrag, hier sogar aller
Apotheker, auch wenn sie nicht in der Apotheke arbeiten.
Mit beiden rechtlichen Grundlagen, aber auch mit der Einbindung der Apo-
theken in das solidarisch finanzierte und öffentlich-rechtlich organisierte
Krankenversicherungssystem sowie mit weiteren spezialrechtlichen Re-
gelungen des Apothekenwesens ist die Apotheke ein wesentlicher Teil des
17
3 Bundes-Apothekerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1989 (BGBl. I, S. 1478,
1842), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2945).
Im Katastrophenfall ist der Staat auf ein reibungsloses Arbeiten der Gesund-
heitsdienste angewiesen. Immer wieder haben sich die Apotheken in Katast-
rophenfällen als ein wichtiger Bestandteil robuster lokaler Strukturen erwie-
sen, beispielsweise bei der Schneekatastrophe in im Münsterland (2005). Die
Probleme bei der Versorgung mit Pandemie-Impfstoff im Herbst 2009 haben
sehr deutlich gemacht, dass eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung
ganz entscheidend mit dazu beiträgt, eine solche Krise möglichst effizient
zu meistern. Der Staat vertraut den Apotheken, dass diese die erforderlichen
Vorbereitungen treffen und dass die Zusagen der Kammern zum Pharma-
zeutischen Notfallmanagement eingehalten werden.
4 Heilberufsgesetz NRW (HeilBerg) vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. 2000, S. 403 ff.), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 20. November 2007 (GV.NRW. 2007, S. 572).
Die Apotheken sind gem. § 14 ApoBetrO zuständig für die Versorgung des Ret-
tungsdienstes mit Arzneimitteln auf der Basis von Versorgungsverträgen (ana-
log der Arzneimittelversorgung der Krankenhäuser). Damit werden die Apothe-
ker auch stärker in das rettungsdienstliche Notfallmanagement eingebunden.
17.1.3 Bevölkerungsschutz
Wenig bekannt ist, dass in § 23 des Gesetzes über den Zivilschutz und die
Katastrophenhilfe des Bundes vom 02.04.2009 (ZSKG)6 auch weiterhin den
Apotheken im Spannungs- oder Verteidigungsfall eine Bevorratung mit Sani-
tätsmaterial gem. § 80a Grundgesetz auferlegt wird. Ebenso gibt es in § 17 des
Betäubungsmittelgesetzes (BtMVV)7 eine Regelung für die Betäubungsmit-
telversorgung in derartigen Krisenzeiten. Diese Regelung ist auch im Gesetz
über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) enthalten.
Apothekerinnen und Apotheker gehören den Heilberufen an; sie haben nicht
nur unter „Normalbedingungen“ die Regelversorgung der Bevölkerung
sicherzustellen. In außergewöhnlichen Krisensituationen wie bei Großscha-
densereignissen, Katastrophen, bei einer Seuche oder Pandemie werden
sie diese Aufgaben nur unter sehr erschwerten Bedingungen erfüllen kön-
nen. Sie werden dann gefordert sein, Mangelsituationen auszugleichen und
zu beherrschen sowie trotz fehlender Fachkräfte und Beeinträchtigungen
17
5 Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I,
S. 1195), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2338).
6 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz vom 25. März 1997 (BGBl. I, S. 726), zuletzt geändert durch
Artikel 2 Nummer 1 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2350).
7 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I, S. 74, 80), zuletzt geän-
dert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 (BGBl. I, S. 1801).
Pharmazeutisches Notfallmanagement
Aufgabenbereiche Allgemeinpharmazie
Krankenhauspharmazie
Pharmazie im Öffentlichen Gesundheitsdienst
Toxikologie und Ökologie
Pharmazeutische Betreuung in Hilfsorganisationen
Pharmazie in der Internationalen Hilfe
Arzneimittelherstellung im Katastrophenfall
Sanitätsmaterial
Pharmazeutische Notfall-Logistik
und Sanitätsmaterialversorgung
Influenza-Pandemie
Apotheken-Notfallmanagement
am Beispiel einer Influenza-Pandemie
17.2.1 Allgemeinpharmazie
Die Öffentliche Apotheke hat außer der Regelversorgung der Bevölkerung
mit Arzneimitteln und Medizinprodukten auch immer eine Notfallversor-
gung sicherzustellen. In Krisenzeiten oder bei Katastrophen, bei Epidemien
17
oder während einer Pandemie geht dieser Versorgungsauftrag weit über die
reguläre Versorgung und den Notdienst hinaus. Jede einzelne Apotheke ist
dabei Teil eines flächendeckenden Versorgungsnetzes, auf das sich die Bevöl-
kerung verlassen wird.
Mit Sicherheit ist die Öffentliche Apotheke auch eine Institution, bei der
die Menschen in Notfallsituationen Hilfe suchen. Im Rahmen der Notfallpla-
17.2.2 Krankenhauspharmazie
Krankenhäuser können gem. § 14 des Gesetzes über das Apothekenwesen
(ApoG) eigene Apotheken betreiben, die auch andere Krankenhäuser, Kur-
und Spezialeinrichtungen, die der Gesundheitsvorsorge oder der medizi-
nischen oder beruflichen Rehabilitation dienen, sowie die Rettungsdienste
17
Krankenhaus-Apotheken
Ökonomische Arzneimittelbevorratung
für Katastrophen und Großschadensereignisse
Durch Netzwerkbildung mehrerer Kliniken sowie strategische Notfall-
planungen muss auch für einen längeren Zeitraum eine Versorgung der
Krankenhäuser mit Basisarzneimitteln sichergestellt werden können. Die
17
17.2.3 Pharmazie im
Öffentlichen Gesundheitsdienst
Die Apothekerinnen und Apotheker im Öffentlichen Dienst sind zuständig
für
die amtliche Arzneimittelüberwachung in Inspektoraten und Ministerien,
die amtlichen Arzneimitteluntersuchungen in Untersuchungseinrich-
tungen,
als Lehrkräfte im Rahmen der Ausbildung von
• Pharmazeutisch Technischen Assistenten bzw.
• Pharmazeutisch Kaufmännischen Assistenten.
17.2.5 Wehrpharmazie
Die Bundeswehr hat für Einsätze im Ausland sowie für die Sicherstellung
der sanitätsdienstlichen Versorgung der Soldaten im Inland gemäß ihrem
Auftrag und Bedarf entsprechende Vorräte an Sanitätsmaterial (SanMat)
eingelagert. Eine Bevorratung speziell für Hilfseinsätze wird grundsätzlich
nicht betrieben.
Bei den Apotheken der Bundeswehr ist zwischen den Versorgungs- und In-
standsetzungszentren Sanitätsmaterial (VersInstZ SanMat), den Apotheken
der Bundeswehr-Krankenhäuser (BwKrhsApotheke) und den Sanitätsmaterial-
Lagern (SanMatLgr) zu unterscheiden. Während die VersInstZ SanMat die
Versorgung der Auslandseinsätze und die regionale Versorgung der Sani-
tätseinrichtungen der Bundeswehr sicherstellen, nehmen die SanMatLgr
Großlieferungen von der pharmazeutischen Industrie auf und gewährleis-
ten die bedarfsgemäße Distribution an die übrigen Bundeswehrapotheken.
Das GPHF-Minilab® des Global Pharma Health Fund e. V. dient der einfa-
chen Detektion von Arzneimittelfälschungen, die die Märkte in den Ent-
wicklungsländern überschwemmen und eine Gefahr für die Gesundheit
der Menschen dort sind. Für die Beschaffung von Arzneimitteln für Kata-
stropheneinsätze oder Hilfsprojekte auf den lokalen Märkten hat sich dieses
17
Mit aller Fachkompetenz der Apotheker wirkt die Notfall- und KatastrophenPhar-
mazie grundlegend an der notfall- und katastrophenmedizinischen Versorgung
beim Massenanfall von Verletzten, Patienten, Infizierten oder Exponierten mit,
insbesondere mit Konzeptionen und Qualitätsstandards für die Sanitätsmaterial -
versorgung
der Rettungsdienste und Hilfsorganisationen,
des Bevölkerungsschutzes,
bei Massenveranstaltungen,
bei Einsätzen in der Internationalen Hilfe,
für Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit.
Aufgaben der Apotheker:
Aufrechterhaltung der Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten
• für die ambulante medizinische Regelversorgung der Bevölkerung
• für die stationäre medizinische Versorgung
• für Pflegeeinrichtungen
• für den Rettungsdienst
• für geschlossene Anstalten
Pharmazeutische Beratung bei der Notfallbevorratung
Pharmazeutische Logistik
Qualitätsmanagement des Katastrophenschutzes
17
Pharmazeutische Betreuung
• Sanitätsmaterial-Vorräte (Bund/Länder)
• des Rettungsdienstes
• des Sanitäts- und Betreuungsdienstes im Katastrophenschutz
Einsätze zur Versorgung mit Sanitätsmaterial
• bei Massenveranstaltungen
• im Katastrophenschutz
Internationale Katastrophenhilfe
Entwicklungszusammenarbeit
World Health Organization (WHO). Guidelines for Drug Donations. 2nd ed.
Geneva: WHO; 1999.
17
18
Dekontamination und Behand-
lung Verletzter bei chemischen
Gefahrenlagen
B. D. Domres
18.1 Dekontamination
Von den insgesamt bekannten 11 Millionen Chemikalien werden jährlich ca.
70 000 verschiedene Substanzen weltweit in einer Menge von ca. 500 Milli-
onen Tonnen produziert, transportiert und verwendet. Eine Kontamination
mit chemischen Schadstoffen kann als Folge eines Unfalls nach ungewollter
Freisetzung toxischer Chemikalien auftreten. Auch besteht das Risiko, dass
chemische Kampfstoffe von kriminellen Banden und Terroristen eingesetzt
werden, da die Herstellung einfach ist und die erforderlichen Ausgangsstoffe
relativ leicht beschafft werden können. Seit 1900 wurden ca. 70 der erwähn-
ten ca. 70 000 chemischen Substanzen von militärischer Seite im Krieg und
von Terroristen eingesetzt.
Wie der Terroranschlag der Aum-Sekte mit dem Nervengift Sarin in Tokyo
1995 zeigt, werden Krankenhäuser aufgrund unterlassener Dekontami -
nation handlungsunfähig. Infolge des Abgasens der giftigen, flüchtigen
Substanzen von den Betroffenen wurde das Krankenhauspersonal ge -
fährdet und arbeitsunfähig.
Die nicht vorhandene Ausrüstung bzw. Planung für ein solches Ereignis
führte sekundär zu zahlreichen Problemen in der Notfallbehandlung. Die
Sichtung wurde in einer Halle mit unzureichender Entlüftung durchge -
führt, und Patienten wurden nicht primär entkleidet (als erste „Maßnah -
me“ der Dekontamination).
Als „lessons learnt“ aus dem Giftgasanschlag gelten die folgenden Er-
kenntnisse:
Nach Möglichkeit immer eine Vor-Ort-Dekontamination durchführen
Dekontaminationssysteme müssen also vorgehalten werden
Schutzausrüstung (PSA) für Einsatzkräfte muss vorgehalten werden
Krankenhäuser sind mit Dekontaminationseinheiten auszustatten
Unterrichtung, Einweisung und wiederholtes Trainieren des Personals
der Feuerwehr (FW), des Rettungsdienstes (RD) und der Krankenhäu -
ser sind erforderlich. In einem Stufenplan sollte im Krankenhaus vor-
dringlich das Personal des Schockraums unterrichtet werden. Das so
geschulte Personal kann dann bei einem Massenanfall kontaminierter
Verletzter die sogenannte Dekoneinheit (Dekontaminierungseinheit)
ergänzen. Diese ist vor dem Krankenhaus von der FW und dem RD zu
betreiben. Auch bei einem Unfall mit nur 1–5 Verletzten wäre das Per-
sonal des Krankenhauses gerüstet.
Bitte beachten
Zweite Meldung
Alle notwendigen Informationen werden unter Berücksichtigung des Eigen-
schutzes eingeholt. Keine Eigeneinschätzungen abgeben! – Übermittlung
von Fakten:
Gefahrgut-Kennzeichnung (Gefahrensymbol auf Verpackung, Warntafel,
Frachtbrief, Unfallmerkblatt; s. auch Kap. 13)
Fahrzeugtyp, Kennzeichen, Firmenname
Beschreibung einer möglichen Auswirkung auf die Umgebung (Farben,
Geruch u. Ä.)
Vor allen anderen Symptomen fällt als Folge der Muskarinwirkung das Hy-
persekretionssyndrom auf. Hinzu kommen noch weitere charakteristische
Symptome. Als Eselsbrücke hat sich dafür das englische Akronym „DUM-
BELLS“ bewährt, das sich aus den Anfangsbuchstaben der typischen Symp -
tome zusammensetzt:
Diaphoresis Schwitzen, Hypersekretion
Urination Harnfluss, Einnässen
Miosis Pupillenenge
Bradycardia Pulsverlangsamung unter 60 pro Minute
Emesis Erbrechen, Magenkrämpfe
Lacrimation Tränenfluss
Lethargia Bewusstseinstrübung
Seizures Schmerzhafte Krämpfe
Bitte beachten
18
1 Weitere Informationen zu Symptomen und Therapie der Organophosphatvergiftung siehe Kapitel 13.
18.5 Erstmaßnahmen
Als unspezifische, symptomatische Maßnahmen sind bei den Organophosphaten
wie bei allen anderen Schadstoffen die folgenden unverzüglich vorzunehmen:
Atemwege sichern
Entkleiden
Dekontamination
Abb. 18-1 Räumliche Aufteilung des Einsatzbereiches. (Grafik: Nach Wenke und
Helms, modifiziert.)
Bitte beachten
Vor allem Mustard und Nervengifte (s. auch Kap. 13) haben in Wunden eine
lebensbedrohende Wirkung.
Cyanide sind sehr flüchtig, sodass sie sich nur sehr kurze Zeit als Flüssigkeit
in Wunden halten.
Die Hauptgefahr resultiert aus dem direkten Hautkontakt und der Kontami-
nation auch kleinster, banaler Oberflächenläsionen der Haut, die unbemerkt
während der Operation beim Personal auftreten können. Um dies zu vermei-
den, sind grundsätzlich zwei Vorsichtsmaßnahmen unerlässlich:
1. Doppelte Handschuhe
Die zwei Paar Handschuhe sind nach jeweils 20 min zu wechseln (Dichtig-
keitszeit von 20 min).
Literatur
Baker DJ, Advanced life support for acute toxic injuries. Eur J EmergMed 1996,
3 (4): 256–262.
19.1 Einführung
Nach Ende des sogenannten Kalten Krieges und der damit einhergehenden
politischen Entspannung zwischen den Weltmächten ist seit mehr als zehn
Jahren das Aufkeimen einer religiös gefärbten zunehmenden Gewaltbereit-
schaft zu beobachten. Fanatiker sehen in der Gewalt gegen Andersgläubige
ein Mittel zur Durchsetzung ihrer Ideen. Dabei werden nicht mehr nur expo -
nierte Einzelpersonen oder symbolträchtige Bauwerke zum Ziel der Anschlä-
ge, die Gewalt richtet sich vermehrt auch gegen Unbeteiligte. Die Attentäter
beziehen dabei die Kräfte der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr ganz ge-
zielt mit ein.
Weiterhin ist seit einigen Jahren auch bei nichtreligiösen, gewaltbereiten
Gruppen in Deutschland und dem benachbarten Ausland eine Tendenz zu
verzeichnen, Kräfte der nichtpolizeilichen, staatlichen Gefahrenabwehr,
wie z. B. den Rettungsdienst der Hilfsorganisationen und der Feuerwehren,
als Ziel körperlicher Gewalt auszuwählen.
Konnten in den 1980er-Jahren Einsatzkräfte des Rettungsdienstes und der
Feuerwehr noch sicher sein, bei Rettungsarbeiten – z. B. in der Hausbesetzer-
szene – unbehelligt arbeiten zu können, werden sie nun zunehmend selbst
zum Ziel von Angriffen. Es gibt erste Berichte, dass Einsatzkräfte der nicht-
polizeilichen Gefahrenabwehr durch fingierte Notrufe gezielt in Hinterhalte
gelockt und angegriffen wurden.
19.2 Gefährdungsanalyse
Ziel religiöser oder politischer Attentäter ist es, durch ihre Anschläge entwe-
der symbolträchtige Gebäude oder Einrichtungen zu treffen oder durch Tod
und Verletzung einer möglichst großen Zahl nicht direkt in die Auseinander-
setzung verwickelter Menschen Angst und Schrecken zu verbreiten und auf
diese Weise die politisch Verantwortlichen dazu zu bringen, ihnen genehme
Entscheidungen zu treffen. Ein weiteres Mittel, um die politische Entschei-
dungsfindung zu beeinflussen, kann die Attacke auf Einsatzkräfte der nicht-
polizeilichen Gefahrenabwehr sein. Durch die nachhaltige Bedrohung der
Gesundheit der Einsatzkräfte werden die Motivation und der Einsatzwillen
der Betroffen geschwächt.
Die Attentäter kalkulieren die Schwächung und den Kollaps der präklini-
schen Versorgungsstrukturen bewusst als weiteres Element des Drohsze-
narios ein. Die Rote-Armee-Fraktion (RAF) nutzte diese Strategie vereinzelt
in den 1970er-Jahren. Im Nahen Osten ist der geplante Einsatz eines zweiten
Suicide-Bombers, der seine Sprengladung erst nach Eintreffen der Rettungs-
kräfte zündet, nicht ungewöhnlich.
Bei den Anschlägen in Mumbai im Jahr 2008 haben die Attentäter nicht nur
symbolträchtige Einrichtungen wie bekannte Hotels, sondern auch Bahnhö-
fe und andere belebte Orte sowie ein Krankenhaus nahezu zeitgleich atta-
ckiert. Das Ziel war die Schwächung der Versorgungsstrukturen.
Ein weiteres Gefahrenpotenzial besteht in Anschlägen mit Bioagenzien,
Chemikalien oder radioaktiven Substanzen (CBR) – so genannten dirty bombs.
Während die Detektion von Chemikalien und Gammastrahlern routine-
mäßig möglich ist, stellen Bioagenzien und sehr kurzwellige Strahler die
Einsatzkräfte vor ein Problem. Da derartige Szenarien glücklicherweise in
Deutschland bisher nicht vorgekommen sind, kann sich eine längere Latenz
bis zum Erkennen eines CBR-Anschlages ergeben. Damit geht aber eine hohe
Gefahr für die Retter und klinischen Ersthelfer einher.
mit erheblichen Ressourcen vor Ort durchgeführt wird. Gerade bei einem
Massenanfall von Verletzten sind die notfallmedizinischen Versorgungs-
strategien in fast allen westlichen Nationen darauf ausgerichtet, am Ein-
satzort eine Sichtung aller Betroffenen durchzuführen, die notwendige
medizinische Versorgung einzuleiten und die klinischen Versorgungs-
Bitte beachten
19.4 Schlussfolgerungen
Die Verantwortlichen haben den beschriebenen Mechanismus erkannt. Es
sind weitere, intensive Absprachen zwischen den Kräften der polizeilichen
und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr und eine vernetzte strategische
Planung und gemeinsame Konzeption erforderlich. Ein gemeinsam geplan-
tes und eingeübtes Konzept kann das Risiko für die Einsatzkräfte deutlich
minimieren.
Die Persönliche Schutzausrüstung der Rettungsdienstmitarbeiter muss über-
prüft und ggf. optimiert werden. Erfahrungen der Rettungsdienste anderer
Länder, wie z. B. Israels, können hier dienlich sein.
Untersuchungen belegen, dass bei Einsätzen mit einem besonders hohen
persönlichen Risiko für die Einsatzkräfte (z. B. dirty bomb) die psychische
Belastung besonders hoch ist. Dieser Umstand kann zu einem gehäuften
Auftreten von Fehlhandlungen beitragen sowie die Einsatzbereitschaft be-
einträchtigen. Bei den Planungen ist diese außerordentliche psychische Be-
lastung der Einsatzkräfte, der vom Schadensereignis Betroffenen und ggf.
deren Angehörigen zu berücksichtigen. Es ist daher notwendig, das Kon-
zept für die Psychosoziale Notfallversorgung bei Großschadenslagen (s. auch
Kap. 7) konsequent umzusetzen.
Durch eine möglichst umfassende Information der Einsatzkräfte über das ge-
plante Vorgehen in besonderen Schadenslagen kann deren Belastung redu-
19
ziert und die Bereitschaft, sich diesen Aufgaben zu stellen, gefördert werden.
Sanders MJ. Crime Scene Awareness. In: Sanders MJ. Mosby’s Paramedic Text-
book. 3rd ed. St. Louis: Mosby; 2007. 1260–1269.
Schwartz RB, McManus JG, Swienton RE. Tactical Emergency Medicine. Phila-
delphia: Lippincott Williams & Wilkins; 2008.
19
20
Daseinsvorsorge und Nothilfe
bei Flüchtlingsbewegungen
J. Gardemann
weltweit. Im Jahr 2009 lag die Gesamtzahl der von UNHCR zu betreuenden
Menschen bei 42 Millionen (UNHCR 2009b). Innerhalb dieser Risikogruppe
waren 40 % internationale Flüchtlinge, 32 % Binnenvertriebene und 11 % staa-
1 Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I, S. 162), zu-
letzt geändert durch Artikel 4 Absatz 5 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2437).
Die Duldung (§ 60a AufenthG) ist kein Aufenthaltstitel, sondern nur das of-
fizielle Anerkenntnis, dass eine Person nicht abgeschoben werden kann. Als
Konsequenzen für die Betroffenen bestehen Residenzpflicht, Leistungsbe-
grenzung gemäß AsylbLG2 und nachrangiger Zugang zum Arbeitsmarkt. Mit
dem AufenthG sollte die Praxis der Kettenduldungen abgeschafft werden;
dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht. Somit wurde die Duldung erneut in
das AufenthG aufgenommen (§ 60a).
Am 31.12.2006 verteilte sich laut der bislang letzten Ausgabe des statistischen
Jahrbuches für das Ausland die nichtdeutsche Bevölkerung in Deutschland
auf die folgenden Aufenthaltstitel (Statistisches Bundesamt 2006):
651 000 Menschen besaßen einen befristeten und 2,2 Millionen Menschen
einen zeitlich unbefristeten Aufenthaltstitel nach altem Recht gemäß Aus-
ländergesetz von 1990
1,1 Millionen Menschen besaßen eine befristete Aufenthaltserlaubnis und
555 000 Menschen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nach neu-
em Recht gemäß Aufenthaltsgesetz von 2004
etwa 1,3 Millionen Menschen lebten gemäß EU-Recht mit EU-Aufenthalts-
titel in der Bundesrepublik Deutschland
etwa 650 000 Menschen lebten unter Duldung, Aufenthaltsgestattung
oder auch ohne Aufenthaltstitel in Deutschland
turen werden die Standards der WHO oder des Sphere-Projekts zugrunde ge-
legt (The Sphere Project 2004).
In der Praxis der Nothilfe verfolgt das Konzept der angepassten Technologie
(„appropriate technology“) den Ansatz der Orientierung an den lokalen Stan-
dards und vermeidet technologische Abhängigkeit. Ein solches Vorgehen
birgt aber die Gefahr in sich, dass Flüchtlinge in oder aus Mangelgebieten
gesundheitlich unterversorgt bleiben, sodass jeweils eine vorsichtige Güter-
abwägung zwischen akutmedizinisch Machbarem und langfristig Leistba-
rem erforderlich wird (Razum und Gardemann 2006). Bei jeder Planung und
Durchführung von Hilfsmaßnahmen stellt die frühzeitige Einbeziehung
kompetenter Betroffener nicht nur eine kostensenkende Nutzung lokal vor-
handenen Ressourcen dar, sondern fördert unmittelbar die Gesundheit der
Opfer durch Stärkung des Kohärenzgefühls im Sinne des Salutogenesekon-
zeptes (Antonovsky 1987).
4 Siehe www.reliefweb.int.
5 Siehe http://www.helid.desastres.net/.
20.4.2 Unterbringungsmöglichkeiten
Die Unterbringung wohnungslos gewordener Flüchtlingsgruppen sollte vor-
nehmlich dezentral und in regulären Gebäuden erfolgen. Große Flüchtlings-
lager aus Behelfsbauten stellen immer die ungünstigste Unterbringungs-
möglichkeit dar, da sich medizinische und psychologische Problemlagen
dort kumulieren können und auch soziale Strukturen entstehen, die sich
dem Zugriff der Ordnungsbehörden weitgehend entziehen, wie das Beispiel
der großen Flüchtlingslager an den Grenzen Ruandas gezeigt hat.
20
Noch bis Anfang der 1990er-Jahre wurden für die internationale Nothilfe die
organisatorischen Katastrophenschutzeinheiten der nationalen Rotkreuz-
oder Rothalbmondgesellschaften entsandt. Die Erfahrungen nach dem
Erdbeben in Armenien 1988 und bei der Flüchtlingsversorgung während
des Golfkrieges 1991 vor dem Hintergrund einer grundlegend veränder-
ten weltpolitischen Lage führten jedoch zu einem Umdenken in Richtung
schnell verfügbarer kleinerer Soforthilfemodule gemäß eines weltweit fest-
zulegenden technischen Standards. Es hatte sich nämlich immer wieder
gezeigt, dass das benutzte Material technisch zu anspruchsvoll und dadurch
auch zu störungsempfindlich und kostenintensiv war und sich für eine nach-
haltige Eingliederung in lokale Einrichtungen am Einsatzort nicht eignete.
Ebenso hatte die Entsendung größerer personeller Kontingente die ohnehin
geschwächten Koordinationsstrukturen im Einsatzgebiet immer wieder zu-
sätzlich belastet. Erstmals nach dem Genozid in Ruanda 1994 wurde daher
in den Nachbarländern zur Versorgung der Flüchtlinge ein modularisiertes
System kleiner und schnell verfügbarer Nothilfeeinheiten mit Erfolg einge-
setzt. Dieses „Baukastensystem“ der Nothilfeeinheiten des Roten Kreuzes
bekam bald den Namen „Emergency Response Units“ und hat sich seit nun-
mehr 15 Jahren an sehr vielen Schauplätzen weltweit bewährt.
Ein spezielles „Field Assessment and Coordination Team“ (FACT) aus sehr
20
Literatur
United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR). The 1951 Refugee
Convention. Geneva: UNHCR; 2009a. Online verfügbar unter:
http://www.unhcr.org/pages/49da0e466.html [letzter Zugriff: 16.09.2009].
21
Rechtsmedizinische Aspekte
bei Großschadensereignissen
O. Peschel, W. Eisenmenger
21.1 Definition
Unter einer Katastrophe wird heute im Allgemeinen ein gravierender Un-
glücksfall mit erheblichem Personen- und Sachschaden, mit oder ohne
Einwirkung höherer Gewalt, verstanden. Dazu existieren zahlreiche bun-
desrechtliche und landesrechtliche Vorschriften, ferner die Katastrophen-
schutzgesetze der Länder sowie Definitionen wie z. B. in der Polizeidienst-
verordnung Bayerns, in der sich der Begriff des „großen Schadenereignisses“
findet. Damit ist ein Ereignis umschrieben, bei dem eine Vielzahl von Perso-
nen körperlich geschädigt wird, unabhängig davon, ob der Katastrophenfall
erklärt wurde oder nicht. Die Frage nach dem Einsatz von Rechtsmedizinern
ist dabei aber weniger an gesetzliche Definitionen gebunden, sondern an den
Umstand, dass durch ein Ereignis plötzlich und überwiegend gleichzeitig eine
größere Zahl von Menschen versterben und infolgedessen aus unterschiedli-
chen Gründen untersucht werden müssen. Dabei wird nach Einteilungen von
Rötzscher et al. (1998) bei mehr als 5 Opfern von einer Großkatastrophe und
bei mehr als 100 Opfern von einer Massenkatastrophe gesprochen.
im Jahr 1967 in Nikosia mit 126 Toten zu gravierenden Schwierigkeiten bei der
Bleibt ein Mensch nach einer Katastrophe verschollen, so ist die Ungewiss-
heit bezüglich Leben oder Tod für sehr nahe Angehörige eine extreme psy-
chische Belastung, die, wenn sie über Jahre anhält, zu gravierenden psychi-
schen und physischen Störungen bzw. Erkrankungen führen kann (s. Kap. 7).
Die Identifikation Verstorbener ist daher schon aus ethischen Erwägungen
eine Notwendigkeit, aber auch rechtliche Aspekte sind bedeutend: An die
Feststellung des Todes einer Person sind eine Vielzahl von Rechtsfolgen ge-
bunden, u. a. der Eintritt des Erbfalles, die Auszahlung von Versicherungen,
das Sorgerecht für Kinder oder die Möglichkeit einer erneuten Eheschlie-
ßung eines Hinterbliebenen. Fristen für die Todeserklärung werden für ver-
schiedene Formen der Verschollenheit (z. B. Land-, See- oder Luftverschollen-
heit) im Verschollenheitsgesetz (VerschG)2 geregelt; allerdings sind solche
Fristen oft vergleichsweise lang und sie lösen nicht das ethische Problem der
Ungewissheit über Leben oder Tod eines nahen Angehörigen.
ten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 55 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008
(BGBl. I, S. 2586).
Die Todesfeststellung ist aber zunächst noch eine Aufgabe des Notfallme-
diziners im Rahmen der Sichtung. Dabei sind Kenntnisse über die sicheren
Todeszeichen (Totenflecken, Totenstarre, Fäulnis, ggf. eine mit dem Leben
nicht vereinbare Verletzung) und deren Ausprägung im zeitlichen Verlauf
nötig. Bestehen keine ausgedehnten Verbrennungen, so sind die Totenflecken
in den abhängigen Partien des Körpers bereits kurz nach dem Kreislaufstill-
stand, nach ca. 20–45 Minuten, zu beobachten. Sie sind damit die ersten si-
cheren Todeszeichen. Mit dem Eintreten der Totenstarre wird ab ca. 1–2 Stun-
den post mortem (pm) zu rechnen sein. Erste Fäulnisveränderungen treten
unter üblichen mitteleuropäischen Raumtemperaturen (um ca. 20 °C) nach
ein bis zwei Tagen in Form einer Grünverfärbung zuerst im rechten Unter-
bauch auf; sie sind jedoch ebenso wie der zeitliche Ablauf der Totenstarre
erheblich temperaturabhängig. Unter tropischen Bedingungen ist schon am
ersten Tag pm mit erheblichen Fäulniserscheinungen zu rechnen, die inner-
halb weniger Tage an Intensität noch drastisch zunehmen und die Identifi-
zierung erheblich erschweren können.
Reanimationsmaßnahmen werden in aller Regel bei einer großen Anzahl
von ggf. schwer Verletzten als nicht indiziert angesehen (s. Kap. 5).
Sobald nach notärztlicher Sichtung die Erstversorgung beendet und alle Ver-
letzten/Erkrankten abtransportiert sind, können rechtsmedizinische Kennt-
nisse und Erfahrungen sinnvoll eingesetzt werden. Die wesentlichen Aufga-
ben für den Rechtsmediziner bestehen dabei in:
Bergungshilfe
Identifikation
Klärung von Todesursache und Todeszeit
Erhebung von Befunden zur Klärung der Ursache und Rekonstruktion
21.2.1 Bergungshilfe
Bei Katastrophen ist nicht regelhaft von einer vollständigen Integrität der
Leichen auszugehen. Gerade bei Zivilisationskatastrophen wie Flugunfällen
und Eisenbahnunglücken kann es zu extremer Traumatisierung mit Ampu-
tationen von Gliedmaßen, Eröffnung von Körperhöhlen und zum Teil weit-
gehender Zertrümmerung des Körpers kommen. Rechtsmedizinische Er-
fahrung bei der ersten Beurteilung und anatomischen Zuordnung kann hier
hilfreich sein. Ferner kann eine Differenzierung zwischen menschlichen
Überresten und tierischem Material erforderlich werden. Medizinischer
Sachverstand kann auch bei Exhumierungen aus Massengräbern, Explosio -
nen und Großbränden sinnvoll sein.
21.2.2 Identifizierung
Die Identifizierung ist im Kern eine polizeiliche Aufgabe, die aber häufig
rechtsmedizinischer bzw. forensisch-odontologischer Unterstützung be-
darf. Sie erfolgt anhand kennzeichnender, individueller Merkmale und
stößt dann auf größere Probleme, wenn sie bei einer großen Individuenzahl
gleichzeitig erforderlich ist, eine starke Fragmentierung der Leichen oder
Brandzehrung die Erhebung von Befunden erschwert (ebenso Fäulnis, Ske-
21
Bitte beachten
Die Erfahrungen in Thailand haben gezeigt, dass nach Ablauf des gesam -
ten Identifizierungsprozederes zur Sicherheit eine sogenannte Plausibili-
tätskontrolle erfolgen sollte, bei der die makroskopisch erhebbaren Ein -
zelbefunde nochmals unabhängig von den Voruntersuchungen mit der
Fallakte verglichen und überprüft werden.
Leiche gegenüber Angehörigen oder Bekannten oder auch den Vergleich mit
Die Altersschätzung ist mit einer erheblichen Streuung behaftet und be-
zieht sich auf das biologische Lebensalter, das vom kalendarischen Lebens-
alter beträchtlich abweichen kann. Äußerlich erkennbare Merkmale kön-
nen durch Fäulnis, Wasser oder auch Brand zudem stark verändert oder
unverwertbar sein.
Häufig bieten innerlich erkennbare Veränderungen, wie Arteriosklerose
oder Arthrosen, oder bei Adoleszenten auch Wachstumsfugen der langen
Röhrenknochen bessere Möglichkeiten zu einer klaren Eingrenzung, wobei
eine Altersschätzung bei adulten Individuen häufig nur in den groben Ras-
tern (Dezennien) möglich ist. Bei Erwachsenen ist noch der Zahnstatus für
die Altersschätzung von großer Bedeutung.
Lediglich bei Kindern kann das Lebensalter aufgrund der Zahndurchbruchs-
21
zeiten häufig sehr exakt ermittelt werden. Allerdings sind bei Kindern meist
rung von Nutzen sein können, da sie eine Nummerierung aufweisen. Diese
Implantate sind jedoch nur bei einer Öffnung des Leichnams zugänglich.
Tab. 21-1 Kriterien zur Identifikation der Opfer des Bahnunglücks in Eschede.
(Aus Eisenmenger 2004, S. 943.)
Kriterium Anzahl
Zahnstatus 71
Personenbeschreibung 47
Effekten 33
Narben/Operationen 29
Fingerabdrücke 14
Die früher empfohlene Entnahme von Ober- und Unterkiefer bei der Ob-
21
Bitte beachten
Das konkrete Vorgehen und die Frage, welche Verfahren zum Einsatz
kommen, hängt wesentlich von der Art der Katastrophe, dem Zustand
der Leichen sowie der Erfahrung des Untersucherteams und der Ver-
fügbarkeit technischer Untersuchungsmöglichkeiten ab. In den letzten
Jahren haben sich, insbesondere nach den Erfahrungen in Thailand, sehr
differenzierte logistische Strukturen etabliert, die im Einsatzfall rasch
mobilisierbar sind.
Die Feststellung der Todeszeit ist für erbrechtliche Fragestellungen von Be-
deutung, wenn Familienmitglieder oder gegenseitig erbberechtigte Per-
sonen bei einem Ereignis ums Leben kommen, soweit nicht die sogenannte
Kommorientenpräsumption (s. Kap. 21.1) greift.
Bitte beachten
Literatur
22
Persönliche Schutzausrüstung
(PSA)
S. Ippisch, R. Steffens
PSA sollte nach den Regeln der Europäischen Union einer Baumusterprüfung
22
Für die meisten Anwender ist es ziemlich schwierig PSA mit gefälschten CE-
Zeichen von korrekt ausgezeichneter Ware zu unterscheiden. Es gibt aber
trotzdem einige einfache Hinweise, die den Verdacht einer Fälschung nahe-
legen. Dazu muss man wissen, dass Hersteller meist nur begrenzten Zugriff
auf Ausgangsmaterialien haben, weil es nur wenige wirkliche Barrierema-
terialien gibt und die Herstellungsmethoden und Orte sich in der Zwischen-
zeit nicht besonders unterscheiden. Daher kosten qualitativ hochwertige
Produkte mit gleicher Barriereleistung etwa gleich viel – die Preise für die
Anwender unterscheiden sich nicht besonders. Wenn aber trotzdem PSA-
Produkte mit angeblich gleicher Leistung deutlich weniger kosten als eine
große Zahl der Mitanbieter das anbietet, ist das ein Warnsignal. Hier kann
der Anwender sich damit schützen, dass er beim Zertifizierungsinstitut (fin-
det man auf der Packungsbeilage) nachfragt, ob dieses Produkt dort bekannt
ist bzw. dort zertifiziert wurde. Eine solche Information wird man von einem
Zertifizierungsinstitut in der Regel bekommen. Falls diese Information tat-
sächlich den Verdacht einer Fälschung nahelegt, ist es sinnvoll, das örtliche
Gewerbeaufsichtsamt darüber zu informieren.
Eine weitere häufige Praxis der Preisschlacht am Markt ist die nicht korrekte
Belieferung. Bei der Vorstellung eines Produkts wird das korrekte Produkt
gezeigt und die entsprechenden Daten werden mit korrekten Dokumenten
belegt. Wird die Ware nach der Bestellung dann ausgeliefert, enthalten die
Verpackungen (meist Kartons) häufig nur minderwertige oder sogar ge-
fälschte Ware. Um bei Kontrollen nicht aufzufallen, wird dann manchmal
sogar korrekte Ware oben in den Karton gelegt. Darunter befindet sich dann
die minderwertige Ware. Hier hilft nur eine sorgfältige und vollständige
Kontrolle der Lieferung.
Der Begriff „Persönliche Schutzausrüstung“ sollte bei der Auswahl auch rich-
tig interpretiert werden:
die PSA muss den adäquaten Schutz bieten
die PSA muss für den Träger geeignet sein
22
sie nicht auf die Gesichtsform passt, kann keinen hohen Schutz bieten, auch
wenn die Leistungsklassen gute Daten zeigen. Ähnlich ist es bei der Größe
von Schutzanzügen. Da werden sehr häufig zu große Anzüge gewählt – „die
passen ja jedem ...“ – und es wird vergessen, dass zu große Anzüge Stolperfal-
len darstellen, der Träger sich in drehenden Teilen einer Maschine verfangen
kann, oder der Anzug wird nicht korrekt getragen, weil er einfach zu groß ist.
Das sind nur zwei Beispiele für die Komplexität der korrekten Auswahl.
Im Folgenden werden wir uns den beiden Bereichen SCHUTZ und TRÄGER
widmen.
Bitte beachten
Betrachten wir als Erstes den Schutz, den wir nur dann korrekt beschreiben
können, wenn wir die Gefährdung kennen. Die PSA-Benutzerverordnung
kennt daher die sogenannte Risikoanalyse. Sie wird von denjenigen vorge-
nommen, die Helfer oder Rettungskräfte in die Gefahrenbereiche schicken.
Sie kann und darf auf keinen Fall von einem PSA-Hersteller erarbeitet wer-
den, auch wenn diese sehr häufig danach gefragt werden.
Risikoanalyse:
definiert die Noxe (Gefahrstoff, Strahlen, Hitze etc.)
definiert die Umgebungsbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit,
Arbeitsraum etc.)
definiert die Tätigkeit oder den Umgang mit der Noxe
definiert die Expositionsstellen eines Trägers von PSA
Auf diese Weise entsteht ein Profil für die einzusetzende PSA bzw. die ver-
schiedenen PSA-Produkte, die in der Kombination den Träger schützen sol-
len. Das heißt natürlich auch, dass bei der PSA auf Kombination geachtet wer-
den muss. Dabei sollte man eine einfache Regel anwenden:
Der höchste erreichbare Schutzlevel wird von der PSA definiert, die die
geringste Schutzleistung hat.
Ein typisches Beispiel für die Missachtung dieser Regel ist, wenn der Atem-
22
Als Nächstes betrachten wir das Anforderungsprofil, das aufgrund einer Risiko-
analyse erstellt wurde, und vergleichen dies mit den Informationen der Her-
steller. Diese Herstellerinformationen sind auf der Basis der Zulassung zur
Erlangung eines CE-Zeichens für die PSA entstanden. Die Kriterien für die Er-
langung eines CE-Zeichens sind in Normen oder Standards festgehalten. Die
Begriffe und technischen Werte, die in diesen Standards verwendet werden,
entsprechen meist nicht der Sprache und dem Verständnis der Anwender. Sie
wurden unter dem Gesichtspunkt der Überprüfung durch Institute gewählt.
Genau an dieser Schnittstelle entstehen die meisten Fehler bzw. Falschinter-
pretationen durch Anwender. Um die Daten der Hersteller richtig für die Se-
lektion zu verstehen und anzuwenden, muss der Leser die Testverfahren ver-
stehen, mit denen diese Werte erstellt wurden, und er muss die publizierten
Werte interpretieren können. Bei der Vielfalt der Normen und Standards ist
das ein ziemlich komplexes System, das besondere Kenntnisse erfordert.
22
gesetzten Materialien Einweg-Produkte sind, andere sind sogenannte Mehr-
weg-Produkte. Ein Hersteller muss den Einsatz seiner Produkte – Ein- oder
Mehrweg – dem Zertifizierungsinstitut vor der Prüfung für das CE-Zeichen
mitteilen. Die Prüfung wird dann entsprechend variiert und das CE-Zeichen
nach erfolgreicher Prüfung entsprechend ausgestellt. Diese Unterscheidung
ist wichtig, weil damit der Einsatzzweck festgelegt ist. Verwendet ein Anwen-
der eine Einweg-PSA mehrmals, erlischt beim zweiten Einsatz das CE-Zeichen
und der Anwender kann für die Folgen dieses nichtintentionellen Handelns
haftbar gemacht werden.
Praxis-Tipp
Schutzkleidungsarten:
Schutz gegen Staub: einfache Schutzkleidung, SMS, Tyvek o. ä.
Schutz gegen Flüssigkeiten: dichte Schutzkleidung, beschichtete
Materialien
Schutz gegen Dämpfe, Gase: Vollschutzkleidung in Kombination mit
Atemschutz
Die Aspekte, die die Auswahl von PSA begleiten, sollten folgende Elemente
beinhalten:
Schutz – für die Dauer des Einsatzes
richtige Größe für den Träger
robust für den Einsatz
angepasster Tragekomfort
keine komplizierten Ein- und Auskleideverfahren
leichte Dekontamination
Wenn alle diese Aspekte erfüllt sind, steht noch die Frage der Verfügbarkeit
im Raum. Der Zugriff auf die PSA sollte in einem Zeitrahmen gewährleistet
sein, in dem die Rettungsaktion noch sinnvoll durchgeführt werden kann.
Das gilt auch für die Versorgungslage während des Ablaufs der Aktion. Es
wäre fatal, wenn nur die Helfer der ersten Stunde Zugriff auf die korrekte PSA
hätten und die nachfolgenden Helfer auf PSA warten müssten oder sogar kei-
ne PSA für ihre Aktionen mehr zur Verfügung hätten.
können.
Dabei spielen zusätzlich einige Aspekte eine Rolle, deren Eigenschaften ein
Hersteller beschreiben sollte bzw. deren Darstellung optional ist:
keine Gefährdung des Trägers durch die PSA
keine Erzeugung von zündfähigen Entladungen (optional)
keine Gefährdung durch Hitzestress beim Tragen
Hinweise zur Lagerzeit, sofern dem Hersteller solche Information be-
kannt ist
Jedes der genannten Schutzziele bzw. der zusätzlichen Aspekte ist in den
Normen erfasst und der Anwender kann die Information dazu abrufen.
Abweichend von diesen Anforderungen sollte ein Anwender auch nach Hin-
weisen für ein korrektes Ein- und Auskleiden beim Hersteller nachfragen.
Nur wenn diese Regeln zusätzlich beachtet werden, ist ein Schutz auf der Ba-
sis der Zertifizierung möglich.
22
dung auf Eignung für den vorgesehenen Einsatz zu beurteilen. Dabei muss
man jedoch wissen, was diese einzelnen Daten bedeuten und ob sie für den
Einsatzzweck die gewünschte Information bieten.
Praxis-Tipp
Anwendung Schutzkleidung:
Robustheit beachten, siehe Technische Daten
Barriere überprüfen, siehe Technische Daten
Größen beachten, mit den Trägern überprüfen
Ein- und Auskleiden trainieren
Druck in Kilo -
Berstfestigkeit Aufplatzen des Materials bei Bewegung
Pascal
Neben diesen Eigenschaften stellt sich noch die Frage nach den Nähten
bzw. des Einsatzes in Umgebungen von Flammen bzw. in explosionsge -
fährdeten Bereichen (PSA-Benutzerverordnung). Die entsprechenden In-
formationen werden durch die in der Tabelle 22-2 dargestellten Parameter
wiedergegeben.
Leider wird die Permeation von Anwendern meist falsch verstanden. Hier
stehen für den Anwender die Durchbruchzeiten als Information da – meist
interpretiert als sichere Tragezeit – oder als „schwarz“/„weiß“, was soviel be-
deutet wie, vor dieser Zeit erfolgt kein Durchbruch und nach dieser Zeit ist
man besonders stark gefährdet. Beide Interpretationen sind nicht korrekt.
Um Permeationsdaten vergleichbar zu machen, wurden Normen geschaf-
fen und die Angaben in den Packungsbeilagen müssen nach diesen Normen
22
man sich dem „Cut-Off“-Wert oder einem Diskriminator. Permeiert eine Sub-
stanz durch eine Barriere ist es wichtig die Geschwindigkeit zu kennen. Bei
einem schnellen Durchbruch gehen pro Zeiteinheit mehr Substanzmoleküle
durch die Barriere als bei einem vergleichbar längeren Durchbruch. Bei der
Permeation wird die Geschwindigkeit mit der Bestimmung der Masse pro Zeit
und beaufschlagte Fläche des Barrierematerials dargestellt – µg/cm2/min.
Der Durchbruch wird mit Hilfe dieser Geschwindigkeit definiert, z. B.
nach der europäischen Definition bei 1 µg/cm2/min
nach der US-Definition bei 0,1 µg/cm2/min
Widerstand gegen Bis zu welchem Druck bietet das Material Druck in Kilo -
Viren eine Barriere Pascal
Widerstand gegen
Wie lange leistet ein Material Widerstand
Bakterien in trocke - Minuten
gegen trockene Bakterien
ner Form
22
gibt es eine große Breite der Messdaten aufgrund der unterschiedlichen Ma-
terialien, die für solche Anzüge eingesetzt werden. Damit der Leser dieser
Daten die Wertigkeit einschätzen kann, werden diese Daten in vielen Fällen
in sogenannte Klassen eingeteilt. Dabei ist die Klasse 1 eine gerade noch ak-
zeptable Leistung und die Klasse 6 die höchste Leistung, die durch die Norm
erfasst wird. Für die Selektion für besondere Einsätze ist es ratsam, die Klas-
sen zu beachten.
Nachdem auf diese Weise die Selektion eines Schutzanzugs auf der Basis sei-
ner Leistungsmerkmale erfolgt ist, sollten die persönlichen Belange eines
potenziellen Trägers berücksichtigt werden:
Praxis-Tipp
Praxis-Tipp
Bietet der Lieferant ein Training für korrektes Ein- und Auskleiden an?
Ohne ein entsprechendes Training ist es für die Träger meist nicht möglich,
ihren Einsatz korrekt vorzubereiten und das Auskleiden so zu gestalten,
dass keine Kontamination des Anzugs auf ihre Haut oder Unterkleidung
gelangt.
Zuletzt sollte auch die Logistik für die Beschaffung eine Rolle spielen. Ein
Lieferant, der zwar einen guten Preis bietet, aber keine kontinuierliche Ver-
sorgung in den vorgegebenen Zeiten garantieren kann, sollte nicht in die
engere Wahl gezogen werden.
Zusammenfassung
Am Beispiel von Chemikalienschutzanzügen wurden die wesentlichen
Punkte für eine Selektion erläutert. Die genannten Regeln können sicherlich
auch auf andere PSA übertragen werden. Im Rahmen eines solchen Artikels
kann das leider nicht auf die gezeigte ausführliche Art dargestellt werden.
Eine erfolgte Selektion sollte immer mit den Trägern zusammen nochmals
überprüft werden. Übungen mit der selektierten PSA sind hier sehr sinnvoll.
Die sich daraus ergebenden Änderungen für das Anforderungsprofil sollten
festgehalten und für die finale Selektion beachtet werden.
Weiterführende Informationen
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Robert-
Koch-Institut (RKI), Hrsg. Biologische Gefahren: Handbuch zum Bevölke-
rungsschutz. Teil I und II. 3. Aufl. Bonn, Berlin: BBK, RKI; 2007.
22
1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte
und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosions-
gefährdeten Bereichen (ATEX-Direktive), Amtsblatt Nr. L 100 vom 19.04.1994,
S. 1–29. Online verfügbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/
LexUriServ.do?uri=CELEX:31994L0009:DE:HTML [letzter Zugriff: 21.03.2010].
Richtlinie 89/686/EWG des Europäischen Rates vom 21. Dezember 1989 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche
Schutzausrüstungen (Hersteller-Direktive EC/89/686), Amtsblatt Nr. L 399
vom 30.12.1989, S. 18–38. Online verfügbar unter: http://eur-lex.europa.eu/
LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31989L0686:DE:HTML [letzter Zugriff:
21.03.2010].
Verwendete Begriffe
ISO = Internationale Organisation für die Standardisierung, Sitz in Genf
CE = Conformité Européenne = europäisches Zeichen für die Handelsfrei-
gabe in Europa
CEN = Comité Européen de Normalisation = europäische Normenbehörde,
Sitz in Brüssel
FFP3 = FFP steht für „Filtering Face Piece“ – die 3 ist der Schutzlevel (es gibt
die Levels 1 bis 3, wobei der Level 3 die höchste Schutzstufe ist)
µg = mikro-Gramm oder 10 -6 Gramm
23
Richtlinie für Rettungs-, Sani-
23
23
Durchführung von Fachaufgaben im CBRN-Einsatz. Bereits fertiggestellt ist
die Richtlinie für Rettungs-, Sanitäts- und Betreuungsaufgaben für dieses
Einsatzfeld. Regelungen für weitere Fachaufgaben sind bereits in der Ent-
wicklung, so z. B. für die Dekontamination Verletzter, für die Vorbereitung
von Krankenhäusern auf die Versorgung von kontaminierten Patienten, für
Polizeimaßnahmen im CBRN-Einsatz oder für ärztliche Aufgaben im Konta-
minationsbereich wie die Durchführung der Dekontaminationssichtung.
In Kapitel 3 werden schließlich fachübergreifende Themen behandelt und
spezielle Einsatzregeln aufgenommen.
Derzeit arbeiten Experten der SKK-Projektgruppe „Besondere Gefahrenla-
gen/CBRN“ (SKK-PG9) beispielsweise an Regelungen zum Humanbiomoni-
toring und an Merkblättern zu speziellen Einsatzlagen.
23
Schadensobjekt ausgehenden CBRN-Gefahren und bildet die Grenze zum
Absperrbereich. Auf Grund der Gefahr der Kontaminationsverschleppung
sind Schutzmaßnahmen erforderlich. Der Übergang in den Absperrbe-
reich erfolgt ausschließlich über den Dekontaminationsplatz. Die Über-
gangszone darf zum Schutz vor Kontamination durch Betroffene von den
Einsatzkräften nur mit Persönlicher Sonderausrüstung/Schutzausstattung
(PSA) betreten werden.
Abb. 23-2 Darstellung von Raumzonen. (Aus SKK-DV 500 2008, S. 9.)
23
im Gefahrenbereich und endend mit der Behandlung im Absperrbereich
der Einsatzstelle. Dieses System ist auch auf die Aufnahme kontaminierter
Verletzter ins Krankenhaus anwendbar, bedarf dort aber möglichst einer
anderen Farbcodierung der Raumzonen, um nicht mit bestehenden MANV-
Vorplanungen zu kollidieren.
In der bewusst sehr allgemein gehaltenen Auflistung von Einsatzmaßnah-
men, vor allem im Gefahrenbereich und in der Übergangszone, ist dem Um-
stand Rechnung getragen, dass der Eigenschutz der Einsatzkräfte im Vorder-
grund steht.
Einsatzmaßnahmen im Gefahrenbereich
(Erst-) Registrierung
5. Medizinische Notmaßnahmen,
auch:
Entkleidung Kontaminierter
Spot-Dekontamination
6. Dekon-Sichtung
7. Betreuung, z. B.
Information kontaminierter Personen und Verletzter über weitere
Maßnahmen
8. Dekon-Schutzmaßnahmen, z. B.
Inkorporationsschutz für kontaminierte Personen und Verletzte
(Augenschutz, Atemschutz)
9. Logistik, z. B.
Materialnachführung
Regelgerechter Umgang mit kontaminierter Kleidung
(Verpackung, Sicherung)
Probenahme, -asservierung, Probentransport organisieren
Regelgerechter Umgang mit kontaminiertem Abfall
10. Dekon-V (besondere Hinweise beachten), z. B.
Durchführungsanweisungen für die Dekontamination beachten
Unterstützung gehfähiger Verletzter bei der Dekontamination
Dekontamination liegender Verletzter
11. Transport nach Dekon, z. B.
Übergabe Verletzter an den Behandlungsplatz
Übergabe nicht verletzter Personen an den Betreuungsplatz
Informations- Dokumentationsweitergabe
Einsatzmaßnahmen im Absperrbereich
Wegen der Besonderheit der CBRN-Lage ist bei der Nachsorge für Einsatz-
kräfte folgendes zu berücksichtigen:
psychologische Betreuung und Nachsorge, speziell für Einsatzkräfte
lageangemessene Post-Expositions-Prophylaxe (PEP)
Humanbiomonitoring (zukünftig dazu ein Merkblatt im Kapitel 3 der
SKK-DV 500)
Literatur
24
von Krankenhausbetten und
Liste der beteiligten Kranken-
häuser
(Quelle: Berufsfeuerwehr Hamburg)
Die Aufgaben der „Zentralen Anlaufstelle für die Vermittlung von Betten für
Schwerbrandverletzte“ (ZA-Schwerbrandverletzte) in der Bundesrepublik
Deutschland werden seit September 1999 von der Einsatzzentrale/Rettungs-
leitstelle der Feuerwehr Hamburg durchgeführt.
Aufgabe der ZA-Schwerbrandverletzte ist es, auf telefonische Anfrage die dem
Schadensort am nächsten gelegene, geeignete Einrichtung mit freien Kapazi-
täten und den dortigen Ansprechpartnern zu benennen. Die Einzelheiten des
Transports und der Aufnahme sind dann eigenverantwortlich zwischen den
beteiligten Rettungsleitstellen, Ärzten und Krankenhäusern zu regeln.
Bitte beachten
Die Zentrale Anlaufstelle steht für die Vermittlung von Betten für Schwerbrand-
verletzte 24 Stunden am Tag und allen 7 Tagen der Woche zur Verfügung.
Telefon: +49 40 42851-3998
+49 40 42851-3999
Telefax: +49 40 42851-4269
E-Mail: [email protected]
25
Bei schweren Strahlenunfällen kann die Spezialstation für Strahlengeschädig-
te der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen ( ) nach Ver-
mittlung durch die Regionalen Strahlenschutzzentren (RSZ) in Anspruch ge-
nommen werden (s. Abb. 25-1, Anschriften und Telefonnummern s. Tab. 25-1).
Stand: 2009
25
Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
Luitpold-Krankenhaus Bau 9
Josef-Schneider-Straße 2
97080 Würzburg
Stand: 03.02.2009
Die berufsgenossenschaftliche Klinik Ludwigshafen-Oggersheim sollte nur über die Vermittlung eines
RSZ genutzt werden.
* Außerhalb der üblichen Dienstzeit.
Bitte beachten
Das System der RSZ dient in erster Linie der Beratung und Versorgung von
Personen im Rahmen betrieblicher Strahlenunfälle und ist nicht primär
Teil der staatlichen Vorsorgemaßnahmen für den Katastrophenfall.
26
Massenanfall von Vergiftungen –
wichtige Adressen, Telefon-
nummern und Ansprechpartner
(aus Kap. 13, Zilker, Felgenhauer, Spörri)
26
26.1 Antidotdepots
Baden-Württemberg
Oberleitstelle Baden-Württemberg
Bei Rettungsleitstelle Stuttgart
Mercedesstr. 33
70372 Stuttgart
Telefon: 0711 2 62 80 63
oder 0711 1 92 22
Telefax: 0711 50 66 74 09
Bayern
Gegengiftdepot des Bayerischen Staatsministeriums des Innern
an der Technischen Universität München, Klinikum rechts der Isar
Ismaninger Str. 22
81675 München
Telefon: 089 1 92 40
oder 089 41 40-246 6
Telefax: 089 41 40-24 67
Transport über Rettungsleitstelle:
Telefon: 089 1 92 22 oder 112
Rheinland-Pfalz
26
Gegengiftdepot der Universität Mainz
Langenfeldstr. 1
55131 Mainz
Telefon: 06131 1 92 40
oder 06131 23 24 66
Telefax: 06131 17 66 05
Transport mit Rettungsdienst:
Telefon: 06131 1 92 22
oder Feuerwehr:
Telefon: 112
Sachsen-Anhalt
Klinikum Magdeburg – Zentralapotheke
Birkenallee 34
39130 Magdeburg
Telefon 0391 7 91 38 00
Leitung: Dr. rer. nat. Stephan Kessner
Waisenhaus Apotheke
An der Waisenhausmauer 2
06108 Halle
Telefon: 0345 23 24 50
Leitung: Christel Friedrich
Thüringen
Helios Klinikum Erfurt
-Apotheke-
Nordhäuser Str. 74
99089 Erfurt
Telefon: 0361 781-0 (Zentrale)
0361 7 81-15 00 (Apotheke)
Universitätsklinikum Jena
-Apotheke-
Erlanger Allee 101
07747 Jena
Telefon: 03641 93-2 12 20
Südkrankenhaus Nordhausen
-Apotheke-
Dr.-Robert-Kochstr. 39
26
00734 Nordhausen
Telefon: 03631 41-0
(Zentrale, mit dem diensthabenden Apotheker verbinden lassen)
Anmerkung
Diese Liste wurde nach eigenen Recherchen erstellt. Dabei wurden sämtli-
che Bundesländer angefragt. Nur ein Teil der Bundesländer hat auf die An-
frage reagiert.
26
Antidote, die von jeder Apotheke nach Anlage 3 (zu § 15 Abs. 1 Satz 2)
der Apothekenbetriebsordnung zu bevorraten sind:
1 Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I,
S. 1195), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2338).
26.3 Giftinformationszentralen
in Deutschland
13437 BERLIN
Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen
Oranienburger Str. 285
13437 Berlin
Telefon: 030 1 92 40
26
53113 BONN
Informationszentrale gegen Vergiftungen des Landes NRW
Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Bonn
Adenauerallee 119
Telefon: 0228 1 92 40
Telefax: 0228 287-3 32 78
99098 ERFURT
Gemeinsames Giftinformationszentrum der Länder
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
c/o Klinikum Erfurt
Nordhäuser Str. 74
Telefon: 0361 7 30-7 30
Telefax: 0361 7 30-73 17
79106 FREIBURG
Vergiftungs-Informations-Zentrale
Universitätskinderklinik Freiburg
Mathildenstr. 1
Telefon: 0761 19-2 40
Telefax: 0761 2 70-44 57
37075 GÖTTINGEN
Giftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen, Hamburg,
Niedersachsen und Schleswig Holstein
Georg-August-Universität Göttingen
Zentrum Pharmakologie u. Toxikologie
Robert-Koch-Str. 40
Telefon: 0551 1 92 40
Telefax: 0551 3 83 18 81
55131 MAINZ
26
Giftinformationszentrum der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen
Klinische Toxikologie
II. Med. Klinik und Poliklinik der Universität Mainz
Langenbeckstr. 1
Telefon: 06131 19-2 40
Telefax: 06131-23 24 68
81675 MÜNCHEN
Giftnotruf München
Toxikologische Abteilung der II. Med. Klinik
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Ismaninger Straße 22
Telefon: 089 19-2 40
Telefax: 089 4140-24 67
90419 NÜRNBERG
Toxikologische Intensivstation der II. Med. Klinik
Städtisches Klinikum
Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1
Telefon: 0911 398-24 51
Telefax: 0911 398-21 92
27
Gefahrensymbole und
Gefahrenbezeichnungen
(aus Kap. 13, Zilker, Felgenhauer, Spörri)
Klasse 2.1: entzündbare Gase Klasse 3: Klasse 4.3: Stoffe, die mit Wasser
entzündbare Flüssigkeiten entzündliche Gase bilden
27
Klasse 5.2: organische Peroxide Klasse 8: ätzende Stoffe
Klasse 6.2:
ansteckungsgefährliche Stoffe
E O
Explosionsgefährlich Brandfördernd
F+ F
27
T+ T Xn
C Xi N
27
Gase unter Druck Korrosiv, ätzend Akut toxisch
28
28
28
Leber geringer Transaminasenanstieg Anstieg der Transaminasen auf 5- bis Transaminasenanstieg (> 50-Faches der
(GOT, GPT bis 2- bis 5-Faches der 50-Faches der Norm ohne Norm) oder biochemische Zeichen (NH3 ↑↑,
Norm) biochemische oder klinische Gerinnungsstörungen) oder klinische Zeichen
Zeichen für Leberversagen für Leberversagen
Hautreaktionen Reizerscheinungen Verätzungen II° bei 10–50 % der KOF Verätzungen II° > 50 % der KOF
Verätzungen I° (Rötung) (Kinder: 10–30 % d. KOF) (Kinder: > 30 % der KOF)
Verätzungen II° < 10 % der KOF Verätzungen III° < 2 % der KOF Verätzungen III° > 2% der KOF
ARDS – adult respiratory distress syndrom, akutes Atemnotsyndrom; AV-Block – atrioventrikulärer Block; GOT – Glutamat-Oxalacetat-Tran-
saminase; GPT – Glutamat-Pyruvat-Transaminase; NH3 – Ammoniak; CPK – Creatinphosphokinase; IU – international unit, internationale
Einheit; KOF – Körperoberfläche.
Quelle: Persson HE, Sjöberg GK, Haines JA, Pronczuk de Garbino J. Poison Severity Score. Grading of Acute Poisoning. J Toxicol Clin Toxicol 1998; 36 (3): 205–213.
421
28
Anhang
Meldeformulare zum Infektionsschutzgesetz (lfSG)
29
Meldeformulare zum
Infektionsschutzgesetz (IfSG)
(Quelle: Robert Koch-Institut, Abt. für Infektionsepidemiologie, Seesstr. 10,
13353 Berlin, www.rki.de, Stand 07.04.2010)
Meldeformular - Vertraulich -
Tod:
29
Todesdatum: .......................
1)
Telefonnummer bitte eintragen
Botulismus Paratyphus
Cholera Poliomyelitis
Als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung,
Für Nadeldrucker bitte den Vordruck 12.a.1/E (Verordnung häuslicher Krankenpflege) der KBV, für Laserdrucker nur Adressfeld verwenden
Patient/in ist in Gemeinschaftseinrichtung tätig z.B. Schule, Kinderkrippe, Heim, sonst. Massenunterkünfte (§§ 34 und 36 Abs. 1 IfSG)
Patient/in wird betreut in Gemeinschaftseinrichtung für Kinder oder Jugendliche z.B. Schule, Kinderkrippe (§ 33 IfSG)
.........................................................................................................................................................................................................
Es wurde ein Labor / eine Untersuchungsstelle mit der Erregerdiagnostik beauftragt 3)
Name/Ort des Labors: ...................................................................................................: Probenentnahme am: ....................................
...................................
Version 2005-09-19
Diagnosedatum4):
...................................
...................................
3)
Die Laborausschlusskennziffer 32006 umfasst Erkrankungen oder den Verdacht auf Erkrankungen, bei denen eine gesetzliche Meldepflicht besteht (§§ 6 und 7 IfSG).
4)
wenn genaues Datum nicht bekannt ist, bitte den wahrscheinlichen Zeitraum angeben.
Straße ......................................................................................................................
Straße und Hausnummer
....................................................................... ..........................................
Tel.: Fax: Meldende Person Telefon
29
Tag Monat Jahr
Patient/in
Name, Vorname: ................................................................................................... Weiblich Männlich Geburtsdatum: ..../......./.....
Tag Monat Jahr
Labordiagnostischer Untersuchungsbefund
Krankheitserreger/Untersuchungsbefund: ..............................................................................................................................................................
(exakte Angaben zu Spezies, Serovar, Pathovar, Toxintyp etc., soweit durchgeführt)
29
Ansprechpartner: ......................................................................................................................................................... Tel.: ..................................................................................Fax: .................................................................................
............................................................................................................................................................................................................................... E-Mail: ........................................................................ Mobil: ...........................................................................
1. Sonstige Informationen, die für die Bewertung der Tatsachen und für die Verhütung und
Bekämpfung der übertragbaren Krankheit von Bedeutung sind:
Meldedatum / / [TT/MM/JJJJ]
Erkrankungsbeginn / / [TT/MM/JJJJ]
Symptome
Schwere des Krankheitsbildes
(u.a. Hospitalisation / Tod)
Indexpatient
Reiseanamnese / Infektionsland
Vermuteter Übertragungsweg / Vektor
Sonstiges
Zahl der Exponierten / Kontaktpersonen
Anzahl aller Krankheitsfälle bisher
Personen
Weitere
Stand 2008-07-10
Postexpositionelle Impfung
Postexpositionelle Prophylaxe mit (bitte benennen, welche)
………………………………………………………………………….
Riegelungsimpfung
Sicherstellung von Umweltproben
Sicherstellung von humanem Untersuchungsmaterial (bitte erläutern,
welches)………………………………………………………………….........
Feststellung von Reiserouten
Beseitigung/sichere Entsorgung verseuchter Stoffe
Wasserschutzmaßnahmen
Aussprechen von Tätigkeitsverboten i. S. von §§ 34, 42 IfSG und §31
i.V.m. §28
Andere Maßnahmen geplant/begonnen (bitte erläutern, welche):………………………………………………………………………..
30
Die wesentlichsten Herausforderungen für die dann notwendige zügige
pharmazeutische Versorgung bestehen vor allem darin, die erforderlichen
Arzneimittel und Medizinprodukte in der benötigten Art und in der nicht zu
unterschätzenden Bedarfsmenge zur Verfügung zu stellen. Die Krankenhaus-
apotheken bevorraten entsprechend der Apothekenbetriebsordnung Arznei-
mittel und Medizinprodukte, Medizinische Gase, Verbandstoffe und In-vitro-
Diagnostika, die sowohl für die akut- und intensivmedizinische Therapie als
auch für die allgemeine stationäre Versorgung einsetzbar sind. Die Vorteile ei-
ner zielgerichteten Integration des Pharmazeutischen Notfallmanagements
der Krankenhausapotheke in den Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz lie-
gen in der räumlichen Nähe der Krankenhausapotheke zur klinischen Versor-
gung, ihrer Ausstattung an Betriebsmitteln und in den spezifischen Fachkom-
petenzen des Personals begründet.
Die Krankenhausapotheken verfügen darüber hinaus über ein tragfähiges
und gut funktionierendes Netzwerk, das besonders bei außergewöhnlichen
Schadenslagen für die pharmazeutische Versorgung der Notfall-Patienten
von hohem Nutzen ist.
31.1 Einleitung
Das neue ABC-Selbsthilfe-Set ist für alle Einsatzkräfte im Zivilschutz vorge-
sehen. Es dient der Eigen- und Kameradenhilfe bei Kontakt mit ABC-Stoffen
(atomaren, biologischen, chemischen Stoffen) und ist somit als „Erste-Hilfe-
Set“ für Einsatzkräfte im ABC-Einsatz gedacht. Es soll die Einsatzkraft u. a. in
die Lage versetzen, in geringem, aber dennoch wirksamen Umfang eine erste
Eigendekontamination durchzuführen, kleinere Wunden abzudecken und
gegebenenfalls ein Gegenmittel (Antidot) zu verabreichen. Das Set kommt
im Sinne der Selbsthilfe zum Einsatz, wenn es zu einer Schadstoffexposition
des Helfers vor dem Anlegen der Persönlichen Schutzausrüstung gekommen
ist. Ferner findet das Set Verwendung, wenn der Helfer trotz korrekt ange-
legter Schutzkleidung, etwa bei Beschädigung oder Verrutschen des Anzugs
31
während des Einsatzes, kontaminiert wurde.
Das Set ist Bestandteil der ABC-Schutzausstattung des Bundes und soll in der
dafür vorgesehenen Tragetasche von der Einsatzkraft mit angelegter Per-
sönlicher Schutzausrüstung im Einsatz mitgeführt werden (Inhalt des ABC-
Selbsthilfe-Sets s. Tab. 31-1). Jedem Set liegt eine Taschenkarte mit einer Kurz-
anleitung bei (s. Abb. 31-1).
Abb. 31-1 Taschenkarte ABC-Set. (Aus Müller und Schmiechen 2009, S. 149.)
31
Augen: Die Augen dürfen – unabhängig von der Art des Gefahrstoffs, mit
dem sie in Kontakt gekommen sind – nur mit der Augenspülung gereinigt
werden! Alle anderen Komponenten des Sets sind nicht zur Augenspülung
geeignet. Bei der Spülung ist zu beachten, dass die Spüllösung nach außen
abfließen soll, um das andere Auge und saubere Hautpartien nicht erneut zu
kontaminieren.
Bitte beachten
31
Abb. 31-3 Not-Dekon bei bekannter Kontamination. (Aus Müller und Schmie-
chen 2009, S. 128.)
31
entnimmt der Helfer den Schwamm aus dem Folienpack und trägt damit die
im Pack enthaltene Lotion auf die kontaminierte Hautstelle auf. Mit einem
Einmaltuch entfernt er die Lotion wieder, möglichst ohne durch Reiben das
Eindringen der Kontaminanten zu fördern und die Haut weiter zu reizen.
Anschließend kann er Lotionsreste mit der Reinigungslösung bzw. der Au-
genspüllösung abspülen. Im Anschluss daran muss der Helfer die regulären
Dekontaminations- und Versorgungsmaßnahmen durchlaufen.
Augen: Die Augen dürfen – unabhängig von der Art des Schadstoffs, mit dem
sie in Kontakt gekommen sind – nur mit der Augenspülung gereinigt werden!
Hierbei ist zu beachten, dass die Spüllösung nach außen abfließen soll, um
das andere Auge und saubere Hautpartien nicht erneut zu kontaminieren.
Bitte beachten
Literatur
32
32
33
Auszüge aus dem Handbuch
für sanitätsdienstliche Hilfe-
leistungen der Bundeswehr
bei Naturkatastrophen,
besonders schweren Unglücks-
fällen und im Rahmen der
dringenden Nothilfe
Stand: Oktober 2009
33
Das Handbuch unterstreicht damit, dass der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr
ein verlässlicher Partner und Helfer bei der Bewältigung von Notlagen und
Großschadensereignissen ist.
Dr. Blätzinger
Generaloberstabsarzt
1. Vorbemerkungen 1-3
2. Begriffsbestimmungen 4
2.1. Naturkatastrophen 4
2.2. Besonders schwere Unglücksfälle 4
2.3. Dringende Nothilfe 5
2.4. Primäreinsatz 5
2.5. Sekundäreinsatz 5
2.6. Such- und Rettungseinsatz 5
2.7. Such- und Rettungsmittel 6
3. Rechtliche Grundlagen/Zuständigkeiten 7
3.1. Einsatz von Truppenteilen oder Dienststellen 7
3.2. Hilfeleistungen 7
3.3. Teilnahme am Rettungsdienst 7
3.4. Hilfeersuchen der Katastrophenschutzbehörden 8
3.5. Zuständigkeiten beim Einsatz der Bundeswehr 8
33
3.6. Art und Umfang des Einsatzes 9
3.7. Unterstellungen/Zuordnungen 9
3.8. Zuständigkeit für den Katastrophenschutz 9
3.9. Regelungen für Hilfeleistungen der Bundeswehr im Ausland
und auf hoher See 10
5. Krankentransport/Materialtransport 13
5.1. Kranken- und Verletztentransport 13
5.2. Ersttransport 14
5.3. Entlastender Folgetransport 15
5.3.1 Entlastender Folgetransport mit vorbereiteten Luftfahrzeugen 15
5.3.2 Entlastender Folgetransport mit anderen Luftfahrzeugen der Bw 15
5.4. Transport Schwerbrandverletzter 16
6. Sanitätsmaterial 16
6.1. Materielle Ausstattung 16
6.2. Erste- Hilfe- Ausstattung, Brandwundenbehandlung für
2 Brandverletzte (Burn-Set) 16
6.3. Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Brandverwundete 17
6.4. Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Katastropheneinsatz 17
6.5. Abruf, Bereitstellung und Transport der Notfallbehandlungseinheiten 18
6.6. Krankenhausbetten, Matratzen, Nachttische 18
6.7. Anforderung von C-Antidoten 18
6.8. Regelung der Sanitätsmaterialversorgung 18
6.9. Verfahren bei Ausfuhr von Material ins Ausland 18
33
8. Meldewesen 20
9. Änderungsanweisung 21
33
Anlage 16 Standorte von speziellem Sanitätsmaterial
Anlage 17 Bildmaterial zu materiellen Unterstützungsmöglichkeiten des ZSanDstBw mit
Erläuterungen
Anlage 18 Karte der Stützpunkte von BwFuhrparkService GmbH
Anlage 19 Ablaufschema zur Anforderung von San(St)Offz Zahnarzt für die IDKO
Anlage 20 Gliederung der Task Force Medizinischer ABC Schutz
34
Internetadressen
[operational, zum Zeitpunkt der Drucklegung, wertungsfreie Auflistung]
http://www.arcs.ac.at
http://www.anes.saga-med.ac.jp/ispub/journals/ijrdm.htm
http://www.arcticcircle.uconn.edu/Museum
http://www.atls.de
http://www.bayern.de/STMLU/strahlen/
http://www.baua.de
http://www.bfs.de
http://www.bundesrecht.juris.de
http://www.astho.org/?template=risk_communication.html
http://www.bt.cdc.gov/agent/smallpox/index.asp
http://www.bbk.bund.de
http://www.bva.bund.de
http://www.ccep.ca
http://www.cen.eu
34
http://www.childinfo.org
http://www.cpmcnet.columbia.edu/dept/sph/popfam/refugee
http://www.crid.or.cr
http://www.denis.bund.de
http://www.dgu-polytraumaleitlinie.de
http://www.dguv.de
http://www.destatis.de
http://www.dgu-traumanetzwerk.de
http://www.disaster.info.desastres.net
http://www.disasterrelief.org
http://www.drugdonations.org
http:/www.ec.europa.eu/information
http://www.einsatzkraft.de
http://www.ensi.ch
http://www.fema.gov
http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten
http://www.fluechtlingsrat-berlin.de
http://www.forcemigration.org
http://www.rerf.or.jp/eigo
http://www.rki.de
http://www.soziologie.uni-kiel.de/%7ekfs
http://www.schutzkommission.de
http://www.ssk.de
http://[email protected]
http://www.stmgev.bayern.de/blickpunkt/gesundheit/bioterror/faq_pocken.htm
http://www.stmug.bayern.de
http://www.swissre.com
http://www.trauma.org
http://www.unhcr.org
http://www.verbrennungsmedizin.de
http://www.vnh.org/FleetMedPocketRef/Triage.html
http://www.who.int
http://www.wlertnet.org
http://www.writer-tech.com/pages/summaries/
34
Detlef Cwojdzinski
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
Oranienstraße 106
10696 Berlin
Telefon: 030 90 28-15 08
Telefax: 030 90 28-15 55
E-Mail: [email protected]
Internet: www.notfallvorsorge-berlin.de
Universitätsklinikum Freiburg
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Mathildenstraße 1
79106 Freiburg
Telefon: 0761 2 70-43 19
Telefax: 0761 2 70-43 99
E-Mail: [email protected]
Siegfried W. W. Ippisch
Landratsamt Erding – Gesundheitsamt –
Infektionsschutz und Umwelthygiene
Bajuwarenstraße 3
85435 Erding
Telefon: 08122 58-14 40
Telefax: 08122 58-14 31
E-Mail: [email protected]
Helga Jähngen
Krankenhausapotheke – Städt. Klinikum Dresden-Friedrichstadt
Friedrichstraße 41
01607 Dresden
Telefon: 0351 4 80 10 16
E-Mail: [email protected]
Telefon: 069 63 01 52 53
Telefax: 069 63 01 62 11
E-Mail: [email protected]
22359 Hamburg
Telefon: 040 6 44 11-3 50
Telefax: 040 6 441 1-3 62
E-Mail: [email protected]
Internet: www.amalie.de
Albrecht Scheuermann
Eigenhufe 24
09125 Chemnitz
Telefon: 0371 4 79-28 40
Telefax: 0371 4 79-28 41
E-Mail: [email protected]
Katharina Schmiechen
Abteilung für Arbeits- und Sozialmedizin
Georg-August-Universität Göttingen
Waldweg 37
35
37073 Göttingen
Telefon: 0551 39 69 37
Telefax: 0551 39 61 84
E-Mail: [email protected]
Jürgen Schreiber
Leiter Projektgruppe „Besondere Gefahrenlagen/CBRN“ (PG9)
Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Bevölkerungsschutz
c/o Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V.
Sülzburgstraße 140
50937 Köln
Telefon: 0160 8 65 08 85
E-Mail: [email protected]
Internet: www.katastrophenvorsorge.de
Internet: www.meditox.org
Wolfgang Wagner
Apotheker für Klinische Pharmazie
Schanzenstr. 21
40549 Düsseldorf
Telefon: 0211 5 579 5 14
Telefax: 0211 5 56 00 43
E-Mail: [email protected]
36
Abkürzungsverzeichnis
4-DMAP 4-Dimethylaminophenol
Abb. Abbildung
ABC atomar, biologisch, chemisch
ABCAbwTrp ABC-Abwehr-Trupp
ABC-ErkKW ABC-Erkundungskraftwagen
ÄBD Ärztlicher Bereitschaftsdienst
ABS Absonderung
Abs. Absatz
ABSI Abbreviated Burn Severity Index
AChE Acetylcholinesterase
ACLS Advanced Cardiac Life Support
ADE akute Durchfallerkrankungen
ADKA Bundesverband Deutscher Krankenhaus-
apotheker
ADR Accord européen relatif au transport internati-
onal des marchandises Dangereuses par Route,
Europäisches Übereinkommen über die inter-
nationale Beförderung gefährlicher Güter auf
der Straße
AED automatisierter externer Defibrillator
AFKzV Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten,
Katastrophenschutz und zivile Verteidigung
AKFOS Arbeitskreis forensische Odontostomatologie
ÄLRD Ärztlicher Leiter Rettungsdienst
36
BwKrhsApotheke Bundeswehr-Krankenhaus-Apotheke
CBRN chemisch, biologisch, radiologisch, nuklear
CDC Centers for Disease Control and Prevention
CE Conformité Européenne
CEN Comité Européen de Normalisation
Charr Charrière
Ci Curie
CISM Critical Incident Stress Management
CK Creatinkinase
cm Zentimeter
CO Kohlenmonoxid
CO-Hb Carboxyhämoglobin
COPD chronic obstructive pulmonary disease
CPK Creatinphosphokinase
i. V. m. in Verbindung mit
I. E. Immunitätseinheit
i. m. intramuskulär
i. v. intravenös
IAEO Internationale Atomenergieorganisation
IATA International Air Transport Association
ICR Interkostalraum
ICTY International Criminal Tribunal for the former
Yugoslavia
IDKO Identifizierungskommission des Bundeskrimi-
nalamtes
IDP internally displaced people
IFA Institut für Arbeitsschutz der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung
KG Körpergewicht
Khs Krankenhaus, Krankenhäuser
KIT 1. Kriseninterventionsteam, 2. Karlsruher
Institut für Technologie
KOF Körperoberfläche
KUSS Kindliche Unbehagens- und Schmerz-Skala
KUT Krisenunterstützungsteam
KW Krankenwagen
l Liter
LBKG Landesgesetz über den Brandschutz, die
Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz
LKA Landeskriminalamt
LKatSG Landeskatastrophenschutzgesetz
LNA Leitender Notarzt
Angehörigenhilfe
Not-Dekon Not-Dekontamination
O2 Sauerstoff
OCHA United Nations Office for the Coordination of
Humanitarian Affairs
ODL Ortsdosisleistung
OEL Einsatzleitung vor Ort
ÖEL örtliche Einsatzleitung
ÖGD Öffentlicher Gesundheitsdienst
OPD outpatient department
OPG Kieferpanoramaaufnahme
OrgL Organisatorischer Leiter Rettungsdienst
p. o. per os
PAHO Pan American Health Organization
RTLS Rettungsleitstelle
RTW Rettungswagen
RVO Rechtsverordnung
S Sachgebiet
s Sekunde
S. Seite
s. siehe
SächsBRKG Sächsisches Gesetz über den Brandschutz,
Rettungsdienst und Katastrophenschutz
SanEL Sanitätseinsatzleitung
SanMat Sanitätsmaterial
SanMatLgr Sanitätsmaterial-Lager
SARS severe acute respiratory syndrome, schweres
akutes respiratorisches Syndrom
TI Transportindex
TierSG Tierseuchengesetz
TIVA totale intravenöse Anästhesie
TK Transportkennzahl
TPG Transplantationsgesetz
TUIS Transport-Unfall-Informations- und Hilfe -
leistungssystem der chemischen Industrie
Ü-MANV Überörtlicher Massenanfall von Verletzten und/
oder Erkrankten
UN United Nations, Vereinte Nationen
UNEP United Nations Environment Programme
UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees,
Hochkommissariat für Flüchtlingsfragen der
Vereinten Nationen
A
ABC-Einsatz ............................................................................................................... 429
ABC-Selbsthilfe-Set ................................................................................ 379, 429, 430
Abdomenverletzungen ........................................................................................... 182
Abfall ................................................................................ 154, 224, 287, 333, 392, 400
Abgrenzung ............................................................................................ 43, 47, 67, 299
Abschiednehmen ....................................................................................................... 35
ABSI-Score .................................................................................................................. 195
Absonderung ................................................................... 275, 276, 291, 293, 299, 319
Absperrbereich ............................................. 210, 227, 396, 397, 398, 399, 400, 402
Abweisung ................................................................................................................ 388
ACLS ............................................................................................................................. 123
administrative Aufgaben ........................................................................................ 40
ADR ...................................................................................................... 213, 214, 279, 291
Advanced Cardiac Life Support ............................................................................. 123
Advanced Trauma Life Support ............................................................... 88, 176, 316
AED ....................................................................................................................... 123, 124
AED-Geräte ................................................................................................................ 124
AKFOS .......................................................................................................................... 372
Akutphase ......................................................................................... 33, 34, 35, 37, 140
Alarmierung ............................................. 79, 139, 145, 278, 292, 312, 314, 345, 376
Alarmierungs- und Einsatzpläne ................................................................. 186, 312
Alarmierungslisten ......................................................................................... 138, 314
aliphatische Kohlenwasserstoffe ......................................................................... 255
Alkylphosphate ............................................................................................... 246, 258
Allgemeinpharmazie ............................................................................................. 328
Alltag ................................................................................................ 31, 60, 68, 135, 139
alltagsnahe Katastrophen ........................................................................................ 24
Alter .............................................................. 62, 127, 128, 129, 160, 172, 195, 370, 372
Altersschätzung ................................................................................................ 370, 371
Amtsarzt ........................................................................................... 278, 282, 293, 319
Analgesie ........................................................... 155, 164, 165, 166, 167, 168, 193, 300
Analytik ............................................................................................. 239, 240, 241, 251
Analytische Task Force .............................................................................................. 85
B
Barotrauma ................................................................................................................. 191
Barriere .................................................................. 382, 384, 386, 387, 388, 389, 390
Basic Health Care ERU ............................................................................................ 359
Basic Life Support ...................................................................................................... 341
Basismaßnahmen ....................................................... 79, 118, 119, 123, 244, 247, 251
BBK ........................................... 75, 77, 89, 133, 137, 140, 143, 146, 147, 272, 276, 282,
.................................................................... 287, 291, 297, 298, 301, 381, 392, 402, 436
Beatmung ................................................ 115, 116, 117, 118, 119, 121, 125, 155, 167, 170,
............................................................. 172, 173, 180, 193, 245, 249, 253, 256, 257, 263
Beatmungsbeutel ...................................................................................................... 171
Beatmungsmaske ...................................................................................................... 121
Beatmungstuch ......................................................................................................... 117
Beckentrauma ........................................................................................................... 182
Becquerel .................................................................................................... 211, 213, 230
Bedarfsmenge ........................................................................................................... 427
Behandlungsbereiche ..................................................................................... 314, 318
Behandlungsplatz 50 ................................................................. 81, 83, 84, 85, 87, 94
Behandlungsprioritäten .................................................................................... 50, 87
Behandlungsteams .................................................................................. 315, 318, 319
behelfsmäßige Isolierstationen ............................................................................ 276
Beinahe-Ertrinken ................................................................................................... 198
Belastungsreaktionen ......................................................................................... 37, 38
Beobachtung ............... 128, 168, 275, 276, 278, 279, 280, 291, 292, 293, 299, 300
Bereitstellungsraum ............................................................................................... 346
Bereitstellungsräume .............................................................................................. 321
Bergungshilfe ................................................................................................... 366, 367
beruhigen ................................................................................................ 34, 35, 36, 179
Beta-Hautdosisleistung .......................................................................................... 223
Betadosisleistung .................................................................................................... 222
Betäubungsmittelgesetz ........................................................................................ 327
Betreuung .............. 71, 83, 84, 94, 128, 139, 146, 147, 206, 216, 279, 292, 320, 328,
................................................. 332, 334, 379, 394, 395, 396, 397, 398, 400, 401, 402
Betroffene ................................... 25, 31, 32, 33, 34, 35, 37, 40, 95, 108, 112, 114, 126,
................................................... 132, 136, 140, 144, 266, 290, 396, 397, 399, 401, 402
Bettenkapazität ............................................................................... 99, 306, 307, 308
Beutelbeatmung ........................................................................................................ 121
Beutel-Masken-Beatmung ....................................................................................... 121
Bevorratung ............................................................... 85, 101, 159, 327, 330, 332, 324
Bewusstsein ................................................................ 113, 114, 120, 121, 125, 207, 262
BHP 50 ............................................................................................................ 94, 95, 102
biologisch ........... 201, 226, 229, 266, 267, 269, 271, 272, 277, 279, 280, 283, 284,
........................ 287, 289, 294, 311, 324, 370, 386, 390, 394, 422, 429, 430, 433, 435
biologische Agenzien ........................ 201, 266, 269, 272, 280, 283, 386, 422, 433
biologische Gefahrenlagen ........................................................................... 301, 319
biologischer Wirkungsherd ..................... 270, 278, 287, 289, 290, 292, 293, 300
bioterroristischer Anschlag ................................................................................... 319
blasenbildendes Mustard ....................................................................................... 341
Blausäure ................................................................................................... 237, 239, 251
BLS ............................................................................................................................... 397
Blutstillung ........................................................................................................ 120, 177
Blutung ................................................ 88, 120, 153, 154, 159, 175, 178, 181, 182, 194,
............................................................................................. 244, 281, 299, 300, 418, 420
Botulinumtoxin ....................................................................................................... 262
Botulismus ............................................................... 262, 275, 281, 284, 289, 297, 411
Brandgase ................................................................................................................... 237
Brandverletztenzentrum ............................................................................... 193, 194
Brennelemente ................................................................................................. 212, 213
Bund ................. 44, 45, 48, 50, 55, 70, 77, 85, 97, 102, 103, 146, 239, 268, 325, 327,
...... 334, 379, 381, 392, 393, 396, 397, 402, 403, 410, 429, 436, 444, 455, 460, 461
Bundesamt für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe ............ 77, 133, 146, 231, 301, 311, 322, 328, 381, 402, 455
Bundeskriminalamt ..................................................... 146, 364, 365, 368, 376, 377
Bundesländer ................. 44, 45, 48, 50, 70, 77, 78, 82, 84, 102, 216, 330, 337, 410
C
Cäsium-137 ........................................................................................................ 219, 220
CBRN-Bedingungen .................................................................................... 91, 92, 100
CBRN-Bereich ........................................................................................................ 76, 78
CBRN-Einsatz ........................................................ 379, 394, 395, 396, 398, 399, 402
CBRN-Lagen ................................................................................................................. 74
CBRN-Risiken ............................................................................................................ 287
CE-Zeichen ............................................................................................... 382, 384, 385
Chaos ............................................................................................................ 35, 314, 428
Chemikalienschutzanzüge ......................................... 387, 388, 389, 390, 391, 392
D
daktyloskopische Verfahren .................................................................................. 373
Datenschutz .................................................................................................. 90, 91, 106
Datenverarbeitung .......................................................................................... 106, 107
Defibrillation ............................................................................................................. 123
Dehydratation ........................................................................................................... 128
Dekompensation .............................................................................................. 120, 154
Dekontaminationssichtung ......................................................................... 395, 397
Dekon-Sichtung ....................................................................................... 397, 400, 401
Dekontamination ..................... 91, 92, 104, 217, 224, 225, 227, 229, 244, 261, 276,
..................................................278, 279, 283, 289, 291, 292, 293, 294, 303, 313, 320,
................................................... 331, 336, 337, 340, 341, 381, 385, 391, 392, 395, 396,
................................................ 397, 398, 400, 401, 402, 429, 430, 433, 434, 435, 436
Dekontamination Verletzter ........................................................ 92, 395, 396, 397
Dekontaminationseinheiten ................................................................................. 337
Dekontaminationsmaßnahmen ............................................... 224, 225, 433, 434
Dekontaminationsplatz ............................. 224, 243, 244, 396, 397, 398, 401, 402
Dekontaminationssichtung ......................................................................... 395, 397
Dekon-V ............................................................................................................. 397, 400
Dekorporierungsmaßnahmen .................................................................... 226, 229
Demobilisierungsphase .......................................................................................... 315
Depressionen ....................................................................................................... 33, 136
DGU .................................................................................................................... 308, 309
Dienstvorschrift 100 .................................................................................................. 84
Differenzialdiagnose .............................................................................................. 297
dirty bombs ............................................................................................................... 344
Disaster Victim Identification Teams ................................................................. 365
Dokumentation ................................................ 34, 101, 106, 148, 176, 278, 279, 291,
.................................................................................... 293, 316, 367, 376, 400, 402, 403
Dosimetrie ......................................................................................................... 226, 229
Dosisleistung .................................................................... 204, 211, 214, 215, 220, 222
E
effektive Dosis ......................................................................... 205, 206, 211, 226, 228
Eigenaktivität .............................................................................................................. 37
Eigendekontamination .................................................................................. 225, 429
Eigenschutz ....................................................... 191, 197, 212, 277, 287, 290, 338, 399
Einsatz- und Führungsstrukturen ........................................................................ 80
Einsatzführung ..................................................................................................... 80, 81
Einsatzkonzepte des Rettungsdienstes .............................................................. 344
Einsatzkräfte ..................... 23, 25, 33, 34, 103, 108, 131, 132, 137, 138, 142, 143, 144,
......................................... 204, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 215, 219, 222, 228, 244,
.......................................... 277, 278, 279, 287, 289, 291, 294, 333, 336, 337, 340, 341,
....................................... 343, 344, 345, 346, 394, 396, 397, 398, 399, 402, 429, 434
Einsatzleiter ............................................... 24, 210, 214, 247, 290, 291, 313, 314, 383
Einsatzleitung ............................................ 72, 81, 83, 140, 209, 293, 306, 308, 309
Einsatzwert .................................................................................................................. 82
ENT ...................................................................................................................... 142, 452
elektronisches Alarmierungsverfahren ............................................................. 314
Emergency Response Units ......................................................... 356, 357, 358, 359
Energieverbrauch ..................................................................................................... 129
entlasten .......................................................................................................... 34, 35, 36
Entwicklungszusammenarbeit ................................................................... 333, 334
Erfahrungswissen ...................................................................................................... 27
Erfolgsaussicht ......................................................................................... 52, 61, 62, 63
Ersthelfer ................................................................................. 30, 76, 78, 126, 191, 344
Erstversorgungskrankenhaus ................................................................................ 87
ERU ............................................................................................................. 356, 358, 359
ERU Referral Hospital .................................................................................... 358, 359
Esmarch-Handgriff ................................................................................................... 115
ethische Aspekte der Sichtung ................................................................................ 93
ethisches Handeln ...................................................................................................... 23
ethnische Minderheiten ......................................................................................... 351
Evakuierung ............................................................................... 47, 248, 270, 318, 321
Explosions- und Schussverletzungen .................................................................... 92
Explosivepidemien ................................................................................................... 271
Exponierte ..................................................... 270, 272, 278, 283, 290, 292, 299, 427
F
Fachberater PSNV ............................................................................................. 144, 145
Fachberater Sanität .................................................................................................... 83
Fachberatersysteme ........................................................................................ 238, 241
FACT ............................................................................................................................ 357
Fäulnis ................................................................................................ 366, 367, 370, 371
Feuerschutz-Hilfeleistung ....................................................................................... 70
Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 ............................................... 205, 394, 396, 402
FFP3 .................................................................................. 209, 229, 287, 294, 384, 393
First Responder ............................................................................................... 71, 72, 79
Flüchtlinge ........................................... 348, 349, 350, 351, 352, 354, 355, 356, 357
Flüchtlingslager .............................................................................................. 268, 355
Flüchtlingsstatus ..................................................................................................... 349
Flüssigkeitstherapie ......................................................................................... 196, 197
Flusssäure .................................................................................................................. 254
forensisch-pathologische Untersuchung ........................................................... 371
freigestellte Versandstücke ................................................................................... 213
Freimessung ............................................................................................................. 228
FwDV 500 .............................. 205, 210, 212, 215, 225, 227, 228, 394, 396, 398, 402
G
Gammabestrahlungseinrichtung ........................................................................ 211
Gammadosisleistung ............................................................................. 210, 222, 224
Gammastrahlung .................................................................................... 212, 220, 222
Ganzkörperdekontamination .............................................................. 244, 247, 341
Ganzkörperexposition .................................................................................. 206, 207
Ganzkörperzähler ................................................................................................... 225
gastrointestinale Infektionen ............................................................................... 129
GCS ................................................................................................................ 177, 178, 179
Gefahrenabwehr .................. 26, 45, 70, 78 ,79, 80, 82, 84, 103, 105, 133, 139, 140,
........................ 144, 145, 248, 331, 343, 344, 345, 346, 355, 357, 361, 394, 396, 398
Gefahrenbereich .............. 35, 71, 87, 175, 204, 209, 221, 227, 243, 244, 248, 249,
................................................ 251, 252, 253, 255, 256, 257, 258, 263, 289, 336, 340,
................................................ 383, 396, 397, 398, 399, 400, 435, 436, 429, 435, 436
Gefahrensymbole ..................................................................... 237, 241, 379, 414, 416
Gefahrgut-Kennzeichnung .................................................................................. 338
H
halogenierte Kohlenwasserstoffe ....................................................................... 255
Hamburger Thesen .......................................................................................... 139, 140
Hämolyse .................................................................................................. 254, 257, 420
hämorrhagischer Schock ....................................................................................... 153
Handbuch Biologische Gefahren ......................................................................... 381
Handbuch für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen der Bundeswehr ...... 96, 111
Havarien ...................................................................................... 70, 74, 76, 97, 98, 267
I
Identifikation .................................... 32, 87, 236, 238, 241, 338, 365, 366, 369, 372
Identifikation Verstorbener .................................................................................. 365
Identifizierungskommission ..................................... 364, 365, 368, 376, 377, 465
Identitätsbeweis ...................................................................................................... 368
IDKO ................................................................................................................... 364, 368
IFRC ..................................................................................................................... 356, 357
IKRK ............................................................................................................................ 356
ILI ................................................................................................................................. 466
Impfkampagnen ....................................................................................................... 129
Individualmedizin ........................................................................... 68, 69, 71, 78, 112
individualmedizinische Versorgungsmöglichkeiten ...................................... 83
individuelle Disposition ......................................................................................... 296
Industrieverpackungen .......................................................................................... 213
Infektionskrankheiten ....................... 128, 129, 266, 267, 268, 269, 270, 272, 273,
.................................................................... 275, 280, 281, 282, 283, 288, 296, 298, 311
Infektionsschutzgesetz ....................................................... 276, 293, 294, 422, 424
Infektionsschutz-Set ................................................................................................ 287
Infektionsverdacht .......................................................................................... 295, 314
Influenza-like Illness ..................................................................................... 269, 280
Influenzapandemie ........................................................................................ 319, 320
Ingestion ............................................................................................................ 203, 261
Inhalation ............... 172, 191, 203, 217, 219, 251, 253, 254, 255, 257, 269, 286, 384
K
Kaliumiodid ............................................................................................................... 218
Kaltwassertherapie ........................................................................................... 191, 192
Kammerflimmern ............................................................................................ 123, 124
kardiopulmonale Reanimation .............................................. 118, 119, 124, 125, 167
Katastrophe ............. 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 67, 68, 70, 73, 74, 77, 83, 84, 91, 93,
....................................... 94, 98, 99, 364, 365, 366, 366, 367, 368, 371, 372, 374, 375
Katastrophenmedizin .................. 21, 23, 24, 25, 29, 43, 44, 50, 51, 58, 63, 64, 67,
.................. 68, 69, 78, 81, 96, 97, 113, 121, 124, 153, 156, 158, 165, 173, 309, 351, 402
Katastrophennachsorge ........................................................................................... 32
Katastrophennetzwerk der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie ..... 308
Katastrophenpharmazie .................... 101, 276, 301, 303, 324, 326, 328, 330, 334
Katastrophenschutz ........................... 44, 45, 46, 47, 48, 50, 70, 72, 75, 76, 84, 95,
............................................................................................ 102, 205, 330, 334, 402, 436
Katastrophenschutzbeauftragter der Klinik ..................................................... 312
Katastrophenschutzgesetze .................................................. 47, 55, 70, 71, 311, 364
Katastrophenschutzplanung ................................................................................ 216
Katastrophenschutzstäbe ....................................................................................... 98
Katastrophensituationen .................................... 21, 46, 54, 116, 128, 156, 157, 164,
........................................................................................ 166, 168, 169, 178, 181, 301, 303
L
Lagebeurteilung ....................................................................................................... 210
Laienhilfe .......................................................................................................... 71, 72, 75
Laktatazidose ............................................................................................................ 251
Ländergesetze ...................................................................................................... 45, 50
ländergrenzenüberschreitende Katastropheneinsätze ................................... 47
Landesbeauftragte(r) PSNV .................................................................................... 145
landesspezifische Regelungen zum Katastrophenschutz .............................. 46
Landeszentralstelle für PSNV ................................................................................ 145
Laugen ....................................................................................................... 241, 242, 254
Lebensmittelvergiftung ............................................................... 261, 262, 289, 320
lebensrettende Sofortmaßnahmen ................ 37, 69, 112, 125, 225, 341, 397, 399
Leistungsfähigkeit der Krankenhausapotheke ................................................ 427
Leitender Notarzt ................................................................................................ 72, 82
Leiter PSNV ................................................................................................. 140, 144, 145
Linearbeschleuniger .............................................................................................. 208
LNA ................................................................................ 68, 72, 81, 82, 94, 99, 216, 400
Logistics ERU ............................................................................................................. 359
Lokalanästhetika .............................................................................................. 165, 167
Luftbrücken ................................................................................................................ 115
M
Man-made-Katastrophen ...................................................................................... 267
MANV ............................................ 67, 68, 73, 77, 80, 82, 83, 84, 92, 93, 95, 101, 103,
.................................................... 105, 106, 107, 139, 140, 204, 305, 306, 307, 308, 399
Maskenbeatmung ...................................................................................... 117, 121, 171,
Massenanfall von Infizierten ........................................... 67, 73, 77, 80, 92, 93, 320
Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten ............................................. 67, 73
Massenkatastrophe ................................................................................................. 364
Maximierungsformel ......................................................................................... 58, 64
mechanische Eigenschaften ................................................................................. 387
Medienberichte .......................................................................................................... 32
Medienvertreter ......................................................................................................... 30
N
Nadeldekompression ............................................................................................... 180
Narkose ................................................................................. 169, 170, 171, 172, 173, 174
Narkose in Ausnahmesituationen ........................................................................ 174
NASCIS-Schema ........................................................................................................ 178
Natriumthiosulfat ................................................................. 245, 246, 251, 252, 261
Natrium-Perchlorat ................................................................................................. 218
Naturkatastrophen ............... 23, 52, 70, 74, 96, 145, 171, 350, 354, 356, 379, 444
natürliche Strahlenexposition ............................................................................. 204
Nervengift ................................................................................................. 337, 341, 342
Nervenkampfstoffe ................................................................................ 241, 258, 259
Netz an Hilfsangeboten ............................................................................................ 33
Netzwerk .................................................................................................... 133, 136, 427
neue Strategie im Bevölkerungsschutz ........................................................... 76, 77
neurologischer Status ...................................................................................... 177, 179
Neutralität ........................................................................................................ 354, 356
Nichtopiate ................................................................................................................. 165
Nichtopioid-Analgetika .......................................................................................... 168
Niederlassungserlaubnis ............................................................................... 351, 352
O
Obidoxim .................................................................................................. 246, 259, 430
ODL .............................................................................................................................. 205
offene radioaktive Stoffe ........................................................................................ 208
Öffentliche Apotheke ..................................................................................... 328, 329
Öffentliche krankenhausversorgende Apotheken ......................................... 330
Öffentlicher Gesundheitsdienst .................................................................. 279, 319
Ohnmacht ............................................................................................................. 23, 32
OP-Auslastung .......................................................................................................... 308
Opiate ................................................................................................... 165, 166, 247, 411
Opioid-Analgetika .................................................................................................... 169
Organisation ............... 24, 45, 47, 50, 89, 96, 133, 141, 147, 186, 215, 247, 291, 349,
................................................. 350, 353, 356, 365, 376, 393, 395, 396, 399, 427, 428
Organisation des Apothekenbetriebs ........................................................ 427, 428
Organisatorischer Leiter Rettungsdienst ................................................. 72, 81, 82
Organische Lösemittel ........................................................................................... 255
Organophosphatvergiftung ................................................................ 258, 259, 339
P
Pädiatrische Glasgow-Komaskala ........................................................................ 179
Pädiatric Glasgow Coma Scale ............................................................................... 179
Patientengeheimnis ................................................................................................. 90
Penetration ............................................................................................................... 388
PEP ..................................................................................... 287, 291, 293, 299, 300, 402
periphere Analgetika .............................................................................................. 165
Permeation ....................................................................................................... 388, 389
Persönliche Schutzausrüstung .......................... 203, 208, 221, 229, 275, 279, 293,
..................................................................................................... 300, 379, 381, 382, 434
Persönliche Sonderausstattung ........................................................................... 399
persönliches Risiko der Einsatzkräfte ................................................................ 346
PGCS ............................................................................................................................. 179
Pharmazeutisches Notfallmanagement ........ 276, 301, 303, 324, 328, 334, 427
Pharamazeutische Notfallversorgung .............................................................. 334
Pharmazie im Öffentlichen Gesundheitsdienst .............................................. 328
Phosphorwasserstoff .............................................................................................. 257
Phosphin .................................................................................................................... 257
PHTLS ........................................................................................................................... 176
Piktogramme ................................................................................................... 237, 386
Placards .............................................................................................................. 236, 415
Planspiele .................................................................................................................. 323
Plausibilitätskontrolle ............................................................................................ 370
Plutonium .......................................................................................................... 215, 226
Poison Severity Score .............................................................................. 248, 418, 421
Polytrauma ................................................................................................ 153, 169, 175
Postexpositionsprophylaxe ....................................... 276, 279, 287, 293, 300, 402
Post-mortem-Daten ................................................................................................. 368
posttraumatische Belastungsstörung ........................................................ 136, 142
präklinische Versorgungsstrategien ................................................................. 345
Prävention ................................................... 46, 131, 133, 140, 142, 143, 248, 349, 351
präventive Maßnahmen ............................................................. 33, 47, 75, 248, 375
Prehospital Trauma Life Support .......................................................................... 176
Presse .......................................................................................... 279, 313, 314, 315, 322
Pressearbeit ............................................................................................................... 322
Presseerklärungen .................................................................................................. 322
Pressekonferenzen .................................................................................................. 322
Q
Qualitätssicherung in der PSNV ................................................................... 132, 148
Quarantäne ............................ 75, 272, 275, 276, 278, 289, 291, 292, 293, 299, 300
R
radioaktive Quellen ................................................................................................. 219
radioaktive Stoffe ..................................................................... 208, 210, 214, 230, 415
radioaktive Wolke .................................................................................................... 216
radiologisch ............................................................................................... 287, 311, 394
radiologische Untersuchungsverfahren ............................................................ 373
Radionuklidbatterien .............................................................................................. 215
Raumordnung ................................................................................................... 314, 317
Räumung .................................................................................................................... 321
Rechtsgrundlage ....................................................................................................... 44
Referral Hospital ERU ............................................................................................. 359
S
Sanität ....................................................... 83, 84, 379, 394, 395, 396, 398, 401, 444
Sanitätseinsatzleitung ................................................................................ 81, 83, 104
Sanitätsmaterial ..................................................... 101, 102, 324, 327, 328, 332, 334
Sarin ................................................................................................... 245, 258, 337, 339
sauberer Behandlungsraum ................................................................ 243, 244, 245
Sauerstoff ............................. 115, 116, 121, 123, 126, 161, 162, 165, 171, 193, 244, 245,
........................................................................... 249, 252, 253, 255, 256, 257, 263, 418
Säuren ........................................................................................................ 241, 242, 254
Schmerzbehandlung ....................................................................... 151, 155, 164, 165
Schock ................................................... 88, 114, 124, 153, 154, 155, 160, 161, 162, 169,
............................................................................................... 181, 256, 281, 297, 299, 419
Schocklagerung ................................................................................................ 125, 155
Schockraummanagement ........................................................................ 71, 88, 228
Schuld ............................................................................................................................ 32
T
Tabun ................................................................................................................. 245, 258
Technische Einsatzleitung ....................................................................................... 81
TEL ................................................................................................................................ 418
Telecommunication ERU ....................................................................................... 359
therapeutische Kühlung ......................................................................................... 198
Thorakotomie ............................................................................................................. 181
U
Übergangszone ............................................................. 396, 397, 398, 399, 400, 401
Überlebende ........................................................ 30, 31, 32, 33, 34, 131, 132, 134, 137
Übungen ................................................................. 47, 95, 98, 100, 105, 323, 377, 392
umluftunabhängiger Atemschutz ............................................ 209, 221, 243, 258
umschlossene radioaktive Stoffe ................................................................. 210, 230
UN/GHS-Gefahrenpiktogramme .......................................................................... 417
unentbehrliche Arzneimittel ....................................................................... 279, 333
UNHCR ............................................................................................. 349, 352, 353, 356
UN-Nummer ............................................................................................................. 236
Unparteilichkeit ............................................................................................. 354, 356
V
Verätzungen ................................................................... 242, 244, 254, 261, 418, 421
Verbandsführungsstruktur ............................................................................... 81, 84
Verbandstoffe ............................................................................................................ 427
Verbrennungen .................................. 53, 129, 157, 169, 186, 188, 189, 190, 191, 192,
...................................................................... 193, 194, 195, 196, 197, 244, 261, 366, 367
Verbrennungsgrade ......................................................................................... 188, 189
Verbrennungskrankheit ......................................................................................... 190
Verkehrsführung ...................................................................................................... 321
Verletztenanhängekarte ......................................................................... 106, 107, 176
Verletztenanhänger ................................................................................................. 90
Verlust .......................................................... 24, 31, 33, 35, 58, 134, 153, 169, 196, 371
Vermissende .................................................................... 30, 33, 34, 131, 132, 134, 137
Vernachlässigung .................................................................................................... 127
Verpflegung .......................................................................................................... 84, 94
Verschollenheit ........................................................................................................ 365
Verschollenheitsgesetz .......................................................................................... 365
Verschüttungstraumen .......................................................................................... 183
Versicherungsleistungen ...................................................................................... 375
Versorgung ............................. 68, 69, 71, 74, 75, 78, 79, 83, 84, 85, 88, 95, 96, 100,
................................................... 101, 305, 306, 307, 308, 313, 315, 316, 321, 322, 324,
........................................................... 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331, 332, 333, 334
Versorgungskapazität .................................................................. 306, 307, 308, 309
Versorgunspriorität ........................................................................................ 192, 306
Versorgungsstufe I ................................................... 77, 78, 80, 95, 101, 103, 105, 108
Versorgungsstufe II ......................................................... 77, 80, 94, 95, 101, 103, 105
Versorgungsstufe III ............................................................... 77, 82, 83, 84, 102, 103
Versorgungsstufe IV .................................................................................... 77,85, 102
Verteidigungsfall .................................................................................. 45, 70, 85, 327
Verteilungspläne ............................................................................................ 305, 306
Verteilungsplanung .............................................................................. 303, 305, 308
vitale Funktionsstörungen ..................................................................................... 113
Vitalfunktionen .................................................. 71, 112, 114, 125, 154, 175, 244, 299
Völkerrecht ............................................................................................................... 348
Vollelektrolytlösung ............................................................................... 155, 158, 159
Volumenersatz .......................................................................... 155, 156, 157, 158, 159
Volumenersatzmittel .............................................................................. 156, 157, 158
Volumenmangel ............................................... 120, 154, 158, 159, 167, 169, 197, 300
Volumenmangelschock .......................... 151, 153, 154, 156, 159, 160, 181, 190, 192
Volumensubstitution ....................................................................... 120, 158, 181, 192
Volumenverlust ................................................................................................ 120, 158
Vor-Ort-Dekontamination ..................................................................................... 337
Vorsichtung .......................................................................................................... 88, 89
VX ............................................................................................................... 245, 258, 342
W
Wahrheitsfindung ..................................................................................................... 32
Warntafeln ........................................................................................................ 213, 236
Wasser- und Nahrungsmangel ............................................................................. 129
Wasserbedarf ............................................................................................................ 129
Water and Sanitation ERU ..................................................................................... 359
Wegeführung .......................................................................................... 313, 314, 320
Wehrpharmazie ...................................................................................................... 332
Wellenpläne ............................................................................................................. 308
Würde ............................... 37, 45, 57, 58, 59, 64, 153, 245, 252, 269, 295, 320, 355
Wut ................................................................................................................................ 32
Y
Yperit ........................................................................................................................... 260
Z
Zahnstatusuntersuchungen ................................................................................. 372
ZA-Schwerbrandverletzte ..................................................................................... 403
Zentrale Anlaufstelle für die Vermittlung
von Betten für Schwerbrandverletzte ................................................................. 403
Zertifizierungsverfahren ...................................................................................... 323
Zeugen ..................................................................... 30, 33, 34, 132, 134, 135, 136, 137
Ziel körperlicher Gewalt ........................................................................................ 343
Zielklinik ............................................................................................... 87, 175, 181, 186
Zivil- und strafrechtliche Konsequenzen ............................................................. 63
Zivil-militärische Zusammenarbeit im Gesundheitswesen ......................... 332
Zivilschutz ..................................... 44, 45, 50, 70, 71, 85, 93, 231, 316, 327, 342,429
Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz ..................................... 44, 70, 85, 327
zulässige Kriterien ...................................................................................................... 57
Zulässigkeit des Sichtungsverfahrens ............................................................. 47, 54
Zuständigkeitsfragen ................................................................................................ 47
Zweitanschlag .......................................................................................................... 346
Inhalt der CD
Leitfaden Katastrophenmedizin, 5. völlig überarbeitete Auflage
sowie
weiterführende Literatur zu einzelnen Kapiteln
Kapitel 2
Broschüre: Psychosoziale Notfallversorgung: Qualitätsstandards und Leitlinien
(Teil I)
Herausgeber:
© Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
Provinzialstraße 93, 53127 Bonn
ISBN: 3-939347-16-7; ISBN: 978-3-939347-16-3
Kapitel 4
Inhaltliche Rahmenempfehlungen für die Aus- und Fortbildung von
LNA und OrgL
Kapitel 6/9
Schmerztherapie bei Kindern
Kapitel 14
Broschüre: GEMAESS – Biologische Gefahrenlagen:
Leitfaden für Rettungs- und Einsatzdienste bei Ereignissen mit biologischen
Gefahrstoffen
Herausgeber: Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Bundesvorstand, D-10724 Berlin
Erste Auflage Juni 2007
© GEMAESS ist urheberrechtlich geschützt durch die Firma Plansafe GmbH
Kapitel 16
Sichtungsalgorithmus nach Bubser, 1998
Anhang: Kapitel 33
Handbuch für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Na-
turkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der
dringenden Nothilfe