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Purimfest direct aus dem babylonischen Zagmukfeste hervorgegangen ist, oder erst auf Umwegen. Ja, es w re a n sich nicht unm glich, dais babylonische u n d persische Vorstellungen hier in einen gemeinsamen Strom zusammengeflossen w ren; und sogar f r den Namen ; k nnte, was wenigstens die griechische Form , anbelangt, m glicher Weise eine Beeinflussung des Persischen n e b e n dem Babylonischen anzunehmen sein. Auf alle F lle aber d rfte im Hinblick auf meine obigen Ausf hrungen die de Lagarde'sche These jetzt dahin zu modificiren sein, dafs ein Zusammenhang zwischen dem Purimfeste und dem babylonischen Neujahrsfeste als ziemlich gesichert angenommen werden darf, w hrend ein (gleichzeitiger) Zusammenhang mit dem persischen Farwardfeste wenn auch nicht als unm glich ? so doch zum Mindesten als noch sehr problematisch bezeichnet werden mufs. H a l l e a. S., im Dezember 1890r
Miscellen,
Von Friedrich Schwally.
Im Folgenden lege ich eine Reihe von Beobachtungen vor, die sich mir in gr fseren Zusammenh ngen ergeben haben, die aber andererseits so sehr auf sich stehen, dafs sie allein ver ffentlicht werden konnten.
A, Ideologisches.
Die Herausgeber des Handw rterbuches von Wilhelm Gesenius bemerken in der 8. Aufl. : [Die] GB. [ist nicht schlagen, wie Gesenius annahm, sondern] anhangen, sich
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chwally, Miecellen.
gewhnen an, und daher lernen [... Davon 'loSa Ochsenstecken *)].* In Wahrheit verhlt sich die Sache gerade umgekehrt und ist Gesenius im Rechte. In ID^D Ochsenstecken blickt die Grundbedeutung der Wurzel Stimulare" noch durch. ? bedeutet danach ursprnglich mit dem IB^B anstacheln" (vgl. Hos. X ; 11 miWB nhxi), womit aber nickt gesagt sein soll, dafs es von 1D/D denominirt sei. Die Bildung der Instrumentalwrter mit prfigirtem D scheint mir berhaupt nicht sehr alt zu sein. Die Uebertragung dieses Terminus auf die Pdagogik kann dem Kenner der Geschichte der Kultur nicht befremdlich dnken.
2) % ^O.
Ich habe Beides zussammengestellt, da es etymologisch zusammengehrt. Das thun zwar die Lexica auch, aber ich glaube, dafs sie falsch combiniren, da sie von Speculationen ber die Wurzel und sehr zweifelhafte Verwandte derselben ausgehen. Es ist vielmehr das Nomen zu Grunde zu legen und zu fragen : was bedeutet ? in der lebenden Sprache? Es bedeutet 1) Zweig, Rute, Jer. l, 11. Gen. 30, 37. 38. 39. 41. 2) Stab, Stock, auf den man sich sttzt Gen. 32, 11. Ex. 12, 11. Jer. 48, 17. Bau' a 17, 40. 43, Zach. 11, 7. 10. 14; mit dem man schlgt Nu. 22, 27. Ez. 39, 9. 3) den Stab, mit dem orakelt wird, Hos. IV, 11 T-P h&W 1SJD W Zahlreiche Analogieen lassen mit gutem Rechte vermuten, dafs auch hier die religise bzw. cultische Bedeutung des Wortes, der Stab des Losorakels, die ursprngliche ist. Zur Gewifsheit erhebt sich mir diese Vermutung durch Ezech. 21, 26 : bpbp DDpA DDpS 7 DiT^N barr^B 1DV Hin D^Dira htW D'SrD. Als eine Art des Orakel*) Die eingeklammerten Worte fehlen in Aufl. 10 u. 11.
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bald man das im Auge behlt, wird man nicht umhin knnen, zwischen !?j? Losstab, bpbp die Lospfeile schtteln uijd b;?p verfluchen, Pi^p Fluch eine gewisse Beziehung fr nicht unwahrscheinlich zu halten. In der That gehren die genannten Dinge, so seltsam uns Moderne das auch anmutet, enge zusammen. Zum Beweise dafr sei an hebr. DDp erinnert, das in f 'v ' der classischen Stelle Ezech. 41, 26 das Losorakel be-
nto, hm*: wh - :
suchens ist hier das Pfeilorakel genannt, bei dem, wie angegeben, die Pfeile geschttelt werden. Als Technicus fr diese Bewegung ist b$b$ gebraucht. Diese Bedeutung pafst vortrefflich zu ^po als dem Orakelstab. Derselbe hat seinen Namen von dem Schtteln, das dem Orakelwurfe (^ iniJ a' a 14, 42) vorausgeht. Demnach ist schtteln die GB. der Wurzel. Zur Bedeutung leicht seina kommt man von hier aus bequem. Von leicht^ knnte man dann durch die Mittelbegriffe gering, gering geschtzt, verachtet" zu ^p = verfluchen* kommen. Die Ableitung des gering = verachtetseins von der primren Bedeutung des leichtseins, ist ber allen Zweifel erhaben und hat gute Analogieen. TOD Ehre, eigentl. Schwere, ebenso das aram. 1^]. So nahe die weitere Annahme liegt, dafs ^p demgemfs eigentlich verchtlich machen, beschimpfen" und erst in zweiter Linie verfluchen" bedeutet*), so we'nig will mich dieselbe befriedigen. Es ist allgemein anerkannt, dafs fluchen" im Altertum eine religise, bezw. cultische Handlung ist, vgl.
') Vg1 lNl V3 nSjpp-Dt- 27, 16 mit fa*! VDN J30 Ex. 21, 17 und iBirnN' V2K-n' ^ Lev. 20, 9. Hier ist wohl Euphemismus, vgL den heutigen Gebrauch von Jo statt
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deutet (ODp DDp das Losorakel befragen, ibid.) und an das zur gleichen Wurzel gehrende arabische ^+&\ (QPpi?) schwren. Freilich reichen unsere drftigen Kenntnisse der Antiquitten nicht aus; um nachzuweisen, wie der Schwur mit dem Losorakel in Verbindung steht. Aber die Thatsache des durch die Sprachvergleichung erschlossenen Zusammenhanges wird dadurch nicht umgestofsen. W e l l h a u s e n ; Skizzen III 128 bemerkt: In dem Verse Agfa. XIII 2, 16 heifst in der That das, was kurz vorher (2, 13) ^**Sf schwren genannt ist aJUt *> ^+%*A mit Gott zusammen losen, d. h. gleichsam mit ihm auf eine Karte setzen, mit ihm teilen, gemeinschaftliche Sache mit ihm machen. Aber man kommt von da doch nicht leicht auf schwren und wahrscheinlicher ist es, dafs ^+*$\ fr ^^ zu lesen ist; denn die Lexika kennen die letztere Form in dieser eigentmlichen Bedeutung nicht." Ich halte die Beziehungen zwischen schwren" und loosen" nach dem oben Auseinandergesetzten fr unzweifelhaft. Unsere Unkenntnifs ber das Verfahren bei der Sache giebt uns, wie mir scheint, noch kein Recht, diese selbst in Frage zu stellen und ihr zu lieb einen Text zu ndern. Nun handelt es sich bei unserer Untersuchung nicht um schwren und losen, sondern um fluchen und losen. Aber Eid und Fluch sind gar nicht verschiedene Dinge. Der Eid ist ein bedingter Fluch, vgl. den Sprachgebrauch von "6 *. Gerade der Zusammenhang von fluchen" und losen" schimmert noch in dem Urim- und Tummim-Orakel durch. Denn Urim D^IN gehrt hchst wahrscheinlich zu " fluchen. Von den jetzt noch vorhandenen Bedeutungen des Verbum b^\> ist fluchen" die lteste. Es ist zu vermuten, dafs es auch einmal von dem Schtteln" der Losstbe gebraucht wurde. Whrend im Hebr. an h^h\> dieser Sinn hngen geblieben ist, ist das aramische % nSn zu den
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abgeleiteten Bedeutungen verfluchen* und schelten fortgeschritten. 3) "ins 1) B ndel, 2) Sternchen. Beide Bedeutungen haben mit einander nicht das mindeste zu thun. 3 Steinchen geh rt zu "IS, io^, Jb>jfa
H -
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dagegen Tn Nr. l ist zu ^ je, )j& zu stellen. In dieser Bedeutung wird es gebraucht vom, S ckchen zur Aufbewahrung von Geld Gen. 42, 35 2, Prov. 7, 20, von Myrrhe Gant, l, 13 und der Schleudersteine des Hirten, a a' 25, 29. Dort spricht Abigail zu David : Wenn ein Mensch aufsteht, um dich zu verfolgen und aufzusp ren, so sei die Seele meines Herrn bei Jahve deinem Gotte in den Beutel des Lebens gebunden (" ! ), aber die Seele deiner Feinde schleudere er auf der Schleuder!" Die Seele Davids wird hier mit einem chleudersteine verglichen, der einmal in dem Beutel (1; 17, 40 BIpV1, glossirt durch D^jnn ^D) bleibt, das anderemal herausgenommen und weggeschleudert wird. Prov. 26, 8 bedeutet Schleuderstein, wie der Zusammenhang fordert, da wenigstens mir nichts davon bekannt ist, dafs der zum Wurf bestimmte Stein auf der Schleuder festgebunden wird (gegen Delitzsch), und wie das daneben stehende ptf richtig glossirt.
4) p.
ptp hat immer, soweit unsere Quellen zur ckreichen, zwei Bedeutungen gehabt: 1) Beh lter f r Getreide, Lebensmittel u. dgl. Gen. 42, 28. 35, 2. Jos. 9, 4. Gen. 42, 27 J ist es vom Redactor f r rinnON eingesetzt, welch letzteres Wort dem Jahvisten eigent mlich ist (42, 27. 28. 43, 21). 2) eine gewisse Trauerkleidung. Der gemein-
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sarae Name bezieht sich auf den Stoff1}, wie die Lexica wohl richtig anmerken. Dagegen hat das Wort keine semitische Etymologie. Vielleicht ist es gyptisch. Die Form und Gestalt des israelitischen Trauergewandes ist deshalb lediglich aus dem Sprachgebrauche festzustellen. Von dem Anziehen desselben wird ^ gebraucht Joel l, 8. Jes. 3, 24. 15, 8. 22, 12. Jer. 6, 26. 4, 8. 49, 3 ao ' 3, 31. ' 20, 32. 21, 27 LXX Thren. 2, 10. Ez. 7, 18. 16,31. Man legt den Saq um die Hften D]OnD3 DH? Gen. 37,2. ao /20,3l; om^hy njgn Am. 8, 10 'wie 3 EMTI3 ao 20, 32 (Gegensatz OTnrr^D 1 Jes. 20, 2) und zwar trgt man ihn auf dem blofsen Leibe 21, 37. a $ 6, 30. Deshalb ist der Saq kein aufgeschnittener Kornsack, wie Kamphausen in Riehms Handwrterbuch II 1320 es sich vorstellt, sondern nichts als ein Lendentuch, ein Lendenschurz und soviel wie .3 . Vielleicht darf man nach Gen. 3, 7 vermuten, dafs das Lendentuch das einzige und gewhnliche Kleidungsstck der Israeliten in vorhistorischer Zeit gewesen ist. Dann wrde sich begreifen, dafs man es in der historischen Zeit nur noch aus Religion, d. h. bei aufserordentlichen Anlssen, bei Trauerfeierlichkeiten, bei Bittgngen u. s. w. trgt. Dieses Lendentuch kommt noch Ascens. Is. II 10 als Trauergewand vor (vgl. S. 176). Als heilige Kleidung wre es von den Propheten gewhlt worden. Jesaia trgt nach Jes. 20, 2 nichts als den Saq, Auf hheren Befehl entledigt er sich auch dieser drftigen Hlle und tritt nackt (vgl. hierzu den folgenden Artikel) (und barfufs) vor das Volk 2 ). Alte, im Aussterben befindliche Trachten bekommen leicht heiligen Charakter. SoT %
) anders bei zona Grtel u. Geldbeutel. [2) Dafs er bei diesem Anlafs vllig nackt aufgetreten ist, folgt auch aus der Bedeutung, welche der Vorgang nach v. 4 b hat. Nur bei dieser Auffassung ist sein Auftreten in vollem Mafse vorbedeutend.
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bald der muslimische Pilger das heilige Gebiet, den Har m (ffjp*) betritt, legt er alle vorher getragenen Gew nder ab und zieht den Ihr m (>oty>l) an. Im Zusammenhang mit der Verfeinerung der Gultur mag der Saq gr fser geworden sein. Deshalb wird wohl Esth. 4, 1. 2. Jon. 3, 5 vom Anziehen desselben Vfab gebraucht. Johannes Baptistes tr gt nicht mehr das alte Lendentuch, sondern ein Mtth. 3, 4. 5) 11J nackt, \$ schlau.
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Beide W rter, welche die Lexica zusammenstellen, haben nichts miteinander zu thun. Das braucht nicht weiter bewiesen zu werden. Es kann sich nur darum handeln, die Etymologie beider W rter festzustellen. DVl^, schlau, geh rt zu GTJ7, ntf!"!, listig sein a a 23, 22. Bei dieser Erkenntnifs mufs man sich beruhigen. Eine Wurzel CT\y nackt sein, giebt es weder im Hebr. noch in den Dialekten. Nun unterliegt die Vocalisation DVl^ grofsen Bedenken. Sie findet sich Hiob 24, 7. 10. 26, 6. Qoh. 5, 14. Jes. 20, 2. 3. 4. Am. 2, 16. Mich, l, 8, defectiv Diy ao a 19. 24. Hiob l, 21 2. Jes. 58, 7, fern. ; Hos. 2, 5, der dazu geh rende pluralis Q^S'njy Gen. 2, 25. Hiob 22, 6. Daneben findet sich tiTJt; Gen. 3, 10. 11. Ezech. 16, 7. 22. 39. 23, 29. Deut. 28, 45, pluralis n*ffV$ Gen. 3, 7; dlj? Ez. 18, 7. 16. Die Form CJTJ? kann nun niemals von einer Wurzel Diy, sondern nur von einer mittelvocaligen Wurzel herkommen. Als solche bietet sich ungesucht 1!y entbl fst sein, das in dieser Bedeutung nur im Niphal erhalten ist
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T \ ;
Es handelt sich nat rlich nur um ein einmaliges Auftreten. v. 3 ist falsche Glosse, wie schon Gesenius richtig gesehen hat
. St]
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Hiervon ist
sind falsch. Ob dieser Irrtum erst der Ueberlieferung oder schon der lebenden Sprache zur Last zu legen ist, kann nicht entschieden werden. Der durch diese Etymologie herausgestellte urspr ngliche Sinn von D1TJ? ist sonach ^mit entbl fster Scham" vgl nttQ"!T1J Mich, l, 11. Wenn Jesaia seinen Saq ablegt Jes. 20, 2 (vgl. den vorigen Artikel), so ist er QTj; ; ganz nackt il^ Jes. 20, 2 wird er erst dadurch , dafs er auch seine Sandalen auszieht. Es ist m glich, dafs eine Person trotz 3 und ^flD : # ist. In der Extravaganz des Nacktgehens zeigt sich noch ein Zusammenhang der schriftstellernden Propheten mit den alten M nnern Gottes, den meschugga'im. Erst als die eigentliche Bedeutung von DVP# der Sprache nicht mehr bewufst war, kann es berhaupt auf notd rftig Bekleidete bertragen worden sein. Die Stellen geben die Lexica. Am. 2, 16. Micha l, 8 liegt indessen noch der urspr ngliche Sinn vor. Ascensio Isaiae II, 10 ed. Dillmann Lips. 1877 heifst es von den auf dem Berge trauernden Propheten, trotzdem sie den Saq trugen, dafs sie nackt waren -3^.' ."
: A : 4,\
6) 31 Mann, M nnchen; 01 gedenken. Die 11. Aufl. des Hdwrtb. von W. Gesenius bemerkt unter "Dl: 1) stechen, dah.yj, he. "Dt Mann (sexuell); 2) btr. fixiren, n mlich im Ged chtnifs; sich an etwas erinnern.tt
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Fr 3 Mann kann man sich diese Etymologie zur Not gefallen lassen, ihre Anwendung auf 3 sich erinnern erscheint dagegen gnzlich unbefriedigend. Hierdurch wird aber die fr "DT gegebene Erklrung ebenfalls zweifelhaft, da beide Wrter zu einer Wurzel gehren, wie nicht nur das Hebr., sondern auch das Arab.; Aram. und Assyr. (j-sy, j f o sich erinnern, assyr. zakru, prter. izkur, nur in der Bed. nennen"1), ]?, jfa, assyr. zikru (seltener mit Synkope zikru) Mann) beweisen. Vielleicht ist mit einer anderen Methode dem wahren Sachverhalte nher zu kommen. 3 im Hebr., Aram., Assyr., Arab., Sah. bezeichnet den Mann im sexuellen Sinne, im Arab. sogar das mnnliche Glied. Dafs im flebr. die Anwendung von "Dt auf Tiere erst im Priestercodex zu belegen ist, wird Zufall sein. In den ltesten Stellen des A. T.s begegnet nicht "Ot, sondern die dialektische Nebenform TDJ : Exod. 23, 17. 34, 23. Deut. 16, 16. 20, 13. An den drei erstgenannten Stellen steht sie in dem Festgesetze : dreimal im Jahre sollen alle deine Mnner vor dem Herrn Jahve erscheinen." Dafs 21 Andenken, Erinnerung" heifst, bedarf keines Beleges. Das Wort hat aber in lterer Zeit noch eine besondere Bedeutung. Hos. 12, 6 : Jahve, der Gott der Heerschaaren, Jahve ist sein IDT." Exod. 3, 15 wird IDT durch DE? erlutert : der Gott eurer Vter . . . das ist mein Gia* in Ewigkeit und das ist mein IDT bis zu den fernsten Geschlechtern.tf In der Form l$ D1K3S Vlto begegnet die Phrase denn auch gewhnlich : Am. 4, 13. 5, 27. 8, 8. 9, 6. Demnach bedeutet IDT ursprnglich die Anrufung bezw. den Namen der Gottheit im Kulte (synonym |ri3T,
*) Die assyrischen Nachweise in diesem Artikel verdanke ich meinem Freunde Privatdoz. Dr. H. Zimmern in Halle a. S. Zeitschrift f. d, Alttest. Wies. Jahrgang 11* 1891. 12
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Die Gottheit im Kulte anrufen heifstD^ D#3 TOTPJ, von Jahve Am. 6,10 (cf. Jos. 23, 7), von heidnischen Gttern Exod. 23, 13 mit dem Accusativ construirt (TV3|R DBh), Jos. 23, 7 wie Am. 6, 10. Synonym ist DB>3 iOjJ. Als Passiv zu TDTD erscheint das Niphal 1313 Hos. 2, 17. Dieselbe Bedeutung des Thatwortes ist auch im Aramischen zu belegen (Qal, Aph., Ethp.) und im Assyrischen sehr hufig. VgL z. . VRI, 35 (Assurbanipal-Inschrift) : auf Befehl der grofsen Gtter, s az-ku-ru nibit-sun deren Name (gew. sumu) ich aussprach." Die selbe Phrase findet sich auch im Sinne von bei der und der Gottheit schwren. Die Bedeutung im Kulte anrufen" hat T3tn auch aa ' 18, 18, wo Absalom sagt: 'ttf 3 naya p ~ . Hier bezieht es sich freilich nicht auf die Anrufung Jahves, auch nicht auf die einer fremden Gottheit, sondern auf diejenige des Toten im Kulte der Ahnen1). Aus der kultischen Bedeutung des Thatwortes ist die allgemeine erst geflossen. Eine Erinnerung an die Vergangenheit hat sich noch darin bewahrt, dafs 3 , "D), ] )3 zu dem eisernen Bestnde der liturgischen Sprache des Judentums bis auf den heutigen Tag gehren. Von hier aus bietet sich eine viel plausiblere Deutung von -Dl. Es lfst sich deuten als DTlbi* G#3 3 # , T ** also als kultische Person. Da aber im israelitischen, berhaupt im ganzen semitischen Altertum nur der Mann die Fhigkeit besais, selbststndig Kult auszuben, bekam es sexuelle Bedeutung und wurde weiter vom Menschen auf die Tiere bertragen , nicht nur im Hebrischen, sondern auch im
) Ueber diese Dinge hoffe ich demnchst ausfhrlicher zu handeln. Vorlufig verweise ich auf O o r t , Theol. Tijdschrift XV (1881) 350 ff. und Stade, Geschichte I, 387427.
l
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Arab., Sah., im Aram. speciell auf den Widder (Bar AH &*>La> ^*&3 <5* J^ ^y^Xlt). Diese Entwickelung hat ihre Spitze erreicht im arab. y'J = aram. ls? (Bar Hebr. Chron. 382 nach Payne Smith 899, wie es scheint, nur an dieser Stelle) das m nnliche Glied." Das targumische TTOl (nur II Paralip. 33, 6 gut bezeugt) hat dagegen diese Bedeutung nicht (gegen Levy, Chald. W rterb. Targ.3 Lpzg. 1881, I S. 176a), sondern ist so viel wie VTDt (die Belege bei Levy a. a. 0. 221 f., ]ls>\ ein paar Mal liosV Dieses Wort dient zur Wiedergabe des hebr. 31N, WT, ^ , in Peschita nur von aW, rVOW, und heifst also Totenbeschw rer", bezw. Totengeist." lia^i hat f r unsere Untersuchung ein hohes Interesse, da es nach fast allgemein herrschender Annahme zu der in diesem Artikel behandelten Wortsippe geh rt. L e v y a. a. O. S. 222 freilich betrachtet es als griechisches Lehnwort (). Was hiervon zu halten sei, ergiebt sich aus einer Notiz des Babyloniers Jamblichus bei Photius Cod. XLIV, 133 ed. Hoeschel nach Payne Smith 1122 : & . . . . 1*^ ist in der That Lehnwort, da die Lautgesetze des Syrischen im engern Sinne YTOT verlangen w rden, eine Gestalt, die sich aber nur ein einziges Mal (Targ. II Paral. 33, 6) findet. Aber woher stammt es? Jedenfalls nicht aus dem Hebr ischen, da diese Sprache wenigstens in historischer Zeit das Wort nicht besessen hat, denn der Eigenname "VST geh rt schwerlich hierher; eher aus dem Mand ischen, welches in vielen Worten T neben l hat (cf. N l d e k e , MancL Gramm. S. 43), am wahrscheinlichsten aus dem Assyrisch-Babylonischen, obwohl das Wort m. W. bisher hier ebensowenig wie im Mand. nachgewiesen ist. Denn 1) im Assyr. ist z (t) das regelm fsige Aequivalent f r he. t, ^, ? (vgl P. Haupt, Beitr ge zur 12*
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assyr. Lautlehre 3 in Nachrichten d. knigl. Gesellsch. d. Wissensch. Gttingen, 1883 Nr. 4 S. 89), 2) dieser Lautwandel scheint aus dem Assyr. erst in das Mandische eingedrungen zu sein. 3) Jamblichus a. a. 0. behauptet die babylonische Herkunft direct. Es handelt sich nunmehr darum, die Bedeutung Totenbeschwrer, Totengeist" mit den Bedeutungen der stammverwandten Worte zu vermitteln. P a y n e S m i t h a. a. 0. sagt : l?os] voc. a virilitate sive membro viri quo magica exercebat hariolus derivatum sec. Buxtorf sub voce," Besser htte er sich auf die Rabbinen berufen, deren Ansicht Buxtorf hier wiedergiebt, z. B. auf Raschi zu Sanhedrin 65 b nach Levy a. a. 0. 176 a unten. Diese an sich nicht unmgliche Deutung man bedenke die Heiligkeit des Gliedes, die in der Beschneidung und im Schwur-ritus Gen. 24, 2. 47, 29 ( 3 GW) zum Ausdrucke kommt scheitert ebenso wie die herkmmliche Etymologie von "Dt daran, dafs die Bedeutung des Thatwortes: nennen, anrufen, erinnern" in keine befriedigende Beziehung zu jener gesetzt werden kann. Dagegen macht es durchaus keine Schwierigkeit, von der GB. nennen, anrufen" zu der speciellen Totenbeschwrer" zu kommen, lioai ist der professionelle Anrufer. Wie im hebr. 21K, O#T waren dann auch hier die Bedeutungen Beschwrer" und Totengeist" durch einander gegangen. Wenn diese Combinationen richtig sein sollten, so wren sie auch fr die semitische Religionsgeschichte nicht ohne Wichtigkeit. Wir besfsen dann in " ein kultisches Wort, das den Ursemiten eigen war, und wrden von hier aus schliefsen knnen, dafs der Glt der Ahnen der semitischen Urzeit angehrt.
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7) PDjM Frau, Weibchen. Die unzertrennliche Genossin von "Dt im Priestercodex ist das Weibchen, PDp3. Man erkl rt dieses Wort gew hnlich als perforata* im sexuellen Sinn. Das ist ja m glich , obwohl das Verbum , dessen G. B. allerdings stechen, bohren ist, nirgends diese sexuelle Bedeutung hat. Es lassen sich aber noch andere Beziehungen zwischen rapJ und dem Verbum 2p3 aufstellen, die weniger naturalistisch sind, aber mindestens ebenso nahe liegen. Vielleicht hat die Frau ihren Namen daher, dais mit ihr dasselbe oder etwas Aehnliches vorgenommen wurde wie nach Expd. 21, 46 mit dem optirenden Sclaven : V31N
Das Verst ndnifs dieses Verses h ngt ab von der Localisirung der Th re oder Schwelle und von der Auffassung von CWlJwn. mhto heifst Gott", G tter^ (singular !?), Geister z. B. die der Todten ( aa a 28), niemals, auch Deut. 22, 7. 8. 23 nicht, die rechtsprechenden Obrigkeiten. Uebereinstimmung herrscht bei den Auslegern nur dar ber, dafs mit &*"? ^ ein Gang ins Heiligtum, d. h. zu einer Cultst tte Jahve's gemeint sei. Dagegen wird die Thiire, bezw. Schwelle von den einen an das Haus des Herrn, von den anderen an das Heiligtum versetzt. 1) F r die letztere Meinung spricht die Syntax, da ein Localwechsel zwischen 6>^ und n^rr^N durch nichts angedeutet ist. Der Ausdruck w rde sonst eine nigmatische K rze besitzen. 2) Die erstgenannte Meinung l fst sich nicht minder gut verteidigen. Wenn n mlich die Durchbohrung des Ohres ein Zeichen der engen Zugeh rigkeit des Sclaven zur Familie (= IV3) des Herrn bedeutet, so hat diese Handlung nur einen Sinn, wenn sie im Hause des Herrn vollzogen wurde. Dieser
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Schwaily, Miacollen.
Erwgung wird auf jeden Fall Eechnung zu tragen sein. Dies kann so geschehen, dafs man unter Ignorirung des sub l geltend Gemachten die Adoption in einen am Heiligtum Jahves und einem am Hause des Herrn geschehenden Act zerlegt, oder so, dafs das Heiligtum ebenfalls in das Haus des Herrn verlegt wird. Nun gab es aber im altisraelitischen Hause keine Cultsttte Jahves1). Die Privatreligion des Hauses war vielmehr der Cult der Ahnen, die ao ' 28 DViipN genannt werden. Derselbe wurde nicht nur an dem in lterer Zeit in oder in unmittelbarer Nhe des Hauses befindlichen (Joab, Samuel wurden in ihrem Hause begraben) Familiengrobe gebt im Jerusalemer Knigspalaste bis zum Untergange des Eeiches Ez. 43, 7. 8, man beachte die Zusammenstellung DiTD^D HJEQ1 DrVUja v. 7. 9 , sondern auch vor dem Ahnenbilde, dem Teraphim. Den abgeschmackten Fabeleien der Rabbinen (vgl. Seiden, de dis syris Synt. I cp. 2) scheint hier einmal ausnahmsweise etwas Richtiges zu Grunde zu liegen. Dieser Teraphim drfte der D'Pliw sein, vor den der optirende Sclave gestellt wurde. Diese Vorstellung hatte den Zweck, ihn in die Cultgemeinschaft des Hauses, mit anderen Worten, in die Familie aufzunehmen. Nach der Adoption ist das Band zwischen dem Sclaven und seiner Familie und deren Ahnen durchschnitten, indem die Familie des Herrn seine Familie, die Ahnen seines Herrn seine Ahnen werden (vgl. Gen. 24, 12. 27). Hieran schlofs sich die Durchbohrung des Ohres. Ebenso wie der Sclave muiste aber auch die Frau bei
[*) Ganz im Gegentheil scheint vieles darauf hinzuweisen, dafs in vorexilischer Zeit JahveMlder im Besitze von Privaten waren, also auch in Privathusern aufbewahrt und verehrt wurden. Vgl. aufser Ri. 17. 18 das m!T >JDi? 33 3 1 <*en. 27, 7, B. St.]
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der Heirat in die Cultgemeinschaft der Familie des Mannes aufgenommen werden, da sie aus ihrer eigenen Familie in eine fremde bertrat1). Der Adoptionsact mag deshalb auch bei ihr Durchbohrung des Ohres in sich geschlossen haben. Mit dieser Durchbohrung war vermutlich eine Benamung, bezw. Umnamung verbunden. Darauf bezieht sich vielleicht Jes. IV, l : an jenem Tage werden sieben Weiber einen Mann anfassen mit den Worten: unser Brot wollen wir essen, und in unseren Mantel uns kleiden; nur dein Name werde ber uns genannt! vgl. Tob. 1 1 8. Hier 1 ist allerdings fr nennen" nicht 3p3, sondern Nlp gebraucht. Dpi findet sich aber sonst wenigstens als Terminus fr die namentliche Bezeichnung )1 #3 jpj Nu. l, 17. I Paral. 12, 31. 16, 4L Paral. 28^ 15." 31, 19. Ezra 8, 20. Ob die Sitte des Ohrringetragens (aram, hierher gehrt, steht dahin.
[*) Dafs es geschehen, ist allerdings wegen Ma. 2, 1014 und des Fehlens von diesbezglichen Vorsichtsmafsregeln im Gesetze wahrscheinlich. Auf Vornahme cultischer Cerimonien beim Abschlsse der Ehe weist brigens auch die Anschauung, dafs Ehebruch das Land verunreinigt. W. E. Smith' Satz, Lectures on the Religion of the Semites 261 A. 4 : In Arabia, even in historical times, the wife was not adopted into her husband's kin" hat in den Sitten des alten Israel keine Parallele. B. St.]