Geomagnetismus
Geomagnetismus
Geomagnetismus
Das Erdmagnetfeld
Die Erde ist von einem magnetischen Feld umgeben. Bildlich ist es näherungsweise als magnetisches Dipolfeld
mit einem Nord- und einem Südpol, wie das Feld eines Stabmagneten, vorstellbar. Die Pole des Erdmagnetfelds
fallen allerdings nicht mit den geographischen Polen zusammen. Diese sind durch die Rotationsachse der
Erdkugel definiert. Die Achse des magnetischen Dipolfeldes ist derzeit um etwa 10 Grad gegenüber der
Erdrotationsachse geneigt. Das Erdmagnetfeld umschließt die Erde und wirkt als Schutzschild gegen die
hochenergetischen Teilchen, die als Sonnenwind auf die Erde treffen.
Bei genauerer Betrachtung sind großräumige Abweichungen von der Dipolstruktur zu verzeichnen, deren
Ursachen - wie der starke Dipolanteil - tief aus dem Erdinneren kommen. Das Erdmagnetfeld hat an
verschiedenen Orten der Erde daher sehr unterschiedliche Stärke und Richtungen, und es ändert sich zudem
ständig. Deshalb sind kontinuierliche weltweite Messungen zu seiner Beschreibung und seinem Verständnis
notwendig.
Die X- und Y-Komponenten liegen parallel zur Erdoberfläche und zeigen in Richtung des geografischen
Nordpols, bzw. nach geografisch Ost. Die Richtung und die Stärke des Magnetfeldes werden mit dem Vektor F
dargestellt. H ist seine Horizontalkomponente, die ebenfalls parallel zur Erdoberfläche liegt und entlang der
Magnetfeldlinien nach magnetisch Süd weist. Rechtwinklig dazu weist die vertikale Komponente (Z) in die
Erdoberfläche. Die Inklination (I) ist der Winkel zwischen H und F, also der Winkel, unter dem die
Magnetfeldlinien auf die Erde treffen. Die Deklination (D) ist der Winkel zwischen der magnetischen (H) und
geografischen (X) Nordrichtung.
Weiter gibt es die externen Anteile, die außerhalb der Erde erzeugt werden. Es handelt sich dabei um
induzierte Felder von Stromsystemen in der Ionosphäre (ca. 100-300 km oberhalb der Erde) und in der
Magnetosphäre (3-6 Erdradien Abstand), die sich unter dem Einfluss der Sonneneinstrahlung und des
Sonnenwindes ständig ändern. Die Stärke dieser externen Anteile ist wesentlich schwächer als die des
Hauptfeldes (Messung des Erdmagnetfelds), aber sie sind starken zeitlichen Schwankungen unterworfen.
Dadurch führen die externen Felder, je nach elektrischer Leitfähigkeit des Untergrunds, auch noch zu
sekundären Feldanteilen durch Induktion in der Erdkruste und im Erdmantel. Durch die gute Leitfähigkeit von
Meerwasser zeigen selbst Ozeanströmungen noch messbare Effekte im beobachteten Erdmagnetfeld.
Die Säkularvariation
Die Änderung des magnetischen Kernfelds wird als Säkularvariation bezeichnet, da sie relativ langsam vor sich
geht. In Magnetfeldbeobachtungen ist sie erst über mehrere Jahre als stetige Änderung von Feldstärke und
Feldrichtung erkennbar. Die Säkularvariation hat auch eine Änderung der Lage der Pole zur Folge. Das
Erdmagnetfeld hat sich im Zeitraum von Jahrmillionen mehrmals umgepolt (Feldumkehr, Reversal).
Feldumkehr (Reversal)
Im Zeitraum von Jahrmillionen hat sich das Erdmagnetfeld mehrfach komplett umgekehrt, so dass der heutige
Nordpol der Südpol war. Der eigentliche Prozess einer Umpolung dauert vermutlich einige tausend Jahre, die
Häufigkeit der Umkehrungen ist stark variabel und liegt über die letzten Jahrmillionen im Mittel bei einer
Umpolung alle 0,5 Mio Jahre. Wie eine Umkehrung genau vor sich geht, ist noch nicht geklärt. Die Stärke des
Erdmagnetfelds nimmt während dieser Zeit ab. Das Feld zeigt während einer Umkehr eine deutlich
kompliziertere Struktur mit mehreren Polen, bevor es sich als überwiegendes Dipolfeld mit umgekehrter
Richtung wieder aufbaut. Die letzte Umkehrung liegt 0,78 Mio Jahre zurück.
Magnetischer Sturm
Ein magnetischer Sturm kann auftreten, wenn es aufgrund von Eruptionen auf der Sonne zu einer deutlichen
Verstärkung der Sonnenwindenergie in Richtung unserer Erde kommt. Wenn die erhöhte Sonnenstrahlung und
dieser erhöhte Sonnenwind mit dem Magnetfeld der Erde wechselwirken, beobachtet man in magnetischen
Registrierungen sehr starke Schwankungen. Magnetische Stürme können Auswirkungen auf unsere moderne
Technik haben und z. B. zu Störungen des Funkverkehrs, Satellitenausfällen oder im Extremfall sogar zu
Stromausfällen führen. Besonders während solcher magnetischen Stürme entstehen auch die bekannten
Polarlichter. Wegen des Dipolcharakters des Magnetfeldes ist dieses Phänomen normalerweise nur in der Nähe
der Magnetpole zu beobachten. Bei starken magnetischen Stürmen können Polarlichter sogar bis nach
Süddeutschland beobachtet werden.
Die Stärke der durch die Sonnenaktivität erzeugten Magnetfeldschwankungen wird durch eine Kennziffer, den
Kp-Index, beschrieben. Diese wurde von Julius Bartels im Jahr 1949 als "planetarische Kennziffer" für
Zeitintervalle von 3 Stunden eingeführt und findet in dieser Form auch heute noch weite Anwendung. Die fast
in Echtzeit zur Verfügung gestellte "Quicklook"-Version dieser Kennziffer gibt Auskunft über die aktuelle Stärke
der Magnetfeldschwankungen. Kp-Werte zwischen 0 und 3 stehen für geringe Aktivität, Werte bis 6
charakterisieren mittlere Aktivität und höhere Werte (bis 9) zeigen starke magnetische Stürme an.
Die Stärke des Erdmagnetfelds liegt zurzeit zwischen 25000 nT am Äquator und 70000 nT an den Polen
(Totalintensität in Abb. 2). Mit dem Deklinationsrechner lässt sich auch die Stärke des Erdmagnetfelds für jeden
Punkt der Erdoberfläche aus dem IGRF (Magnetfeldmodelle) berechnen. Das Krustenfeld erreicht
demgegenüber nur eine maximale Stärke von wenigen 1000 nT. Auch die externen Variationen, die sich über
lange Zeiträume fast auf 0 mitteln, haben nur Amplituden von bis zu wenigen 100 nT, bei starken magnetischen
Stürmen können maximal einige 1000 nT erreicht werden.
Künstliche Magnete haben viel höhere Feldstärken. Sehr starke Elektromagnete besitzen Feldstärken von
einigen Tesla, also mehr als das zwanzigtausendfache des Erdmagnetfeldes. Magnetisierbare Materialien wie
Eisen sowie elektrische Ströme wirken daher störend auf Messungen des Erdmagnetfelds.
Man unterscheidet zwischen den magnetischen Polen und den geomagnetischen Polen. Die magnetischen Pole
sind die Orte, an denen die Inklination 90 Grad beträgt, das Feld also senkrecht auf die Erde trifft. Die
geomagnetischen Pole sind die Pole des Dipolfelds; hier schneiden sich die Achse des angenäherten Dipolfelds
und die Erdoberfläche. Infolge der Säkularvariation sind magnetische und geomagnetische Pole nicht ortsfest.
Nach der physikalischen Definition ist der Pol auf der Nordhalbkugel entsprechend der Richtung der
Magnetfeldlinien der magnetische Südpol und umgekehrt. Aber im Allgemeinen wird der magnetische Pol der
Nordhalbkugel meist als Nordpol und der der Südhalbkugel als Südpol bezeichnet.
Der magnetische Nordpol liegt zurzeit (2021) in der Arktis bei etwa 86 Grad nördlicher Breite und 160 Grad
westlicher Länge. Er bewegt sich gegenwärtig jährlich etwa 40km. Der magnetische Südpol liegt bei etwa 64
Grad Süd, 137 Grad Ost und bewegt sich weniger als 15km im Jahr. Durch die externen Variationen, die sich in
hohen Breiten besonders stark auswirken, kann die genaue Lage des Punktes mit 90 Grad Inklination jedoch
kurzfristig um bis zu 80km schwanken. Die untere Abbildung zeigt die Positionen des magnetischen Pols auf der
Nord- und Südhalbkugel seit 1500.
Der Magnetkompass
Die Magnetnadel des Kompasses richtet sich entlang der örtlichen Magnetfeldlinien aus. Sie kann ganz
erheblich von der geografischen Nordrichtung abweichen. Da das Feld kein "reines" Dipolfeld ist, ist auch die
Aussage "die Kompassnadel zeigt zum magnetischen Pol" für die meisten Orte falsch. Die Abweichung der
Kompassnadel von geografisch Nord muss unter Berücksichtigung der örtlichen Deklination korrigiert werden,
die durch weltweite Magnetfeldmodelle für jeden Punkt der Erde bestimmt werden kann
(Deklinationsrechner). Diese Deklinationswerte gelten großräumig; stark magnetisierte Gesteine können die
Kompassnadel lokal zusätzlich ablenken, und bei sehr heftigen magnetischen Stürmen kann die Kompassnadel
in hohen geografischen Breiten innerhalb von Minuten um einige Grad schwanken. Eine frei bewegliche
Magnetnadel passt sich außerdem dem Neigungswinkel der Magnetfeldlinien (Inklination) an. Diese Neigung
muss durch die Gewichtsverteilung der Nadel ausgeglichen werden. Die meisten Kompasse werden speziell für
den jeweiligen Einsatzbereich hergestellt. Z. B. sind hierzulande verkaufte Kompasse meist nur für die mittleren
Breiten der Nordhalbkugel hergestellt. Auf der Südhalbkugel würde so eine einfache Kompassnadel verkanten.