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Forschendes Lernen im Seminar

2020

Dieser Leitfaden soll Hochschullehrende beim Einstieg in das "Forschende Lernen" (FL) als Format der forschungsnahen Lehre unterstützen. Neben Tipps zur praktischen Umsetzung enthält der Leitfaden auch Hinweise auf andere forschungsnahe Lehr-Lernformate und eine Sammlung didaktischer Methoden, die sich in der Umsetzung unserer FL-Projekte bewährt haben. Die 2. Auflage ist mit Blick auf die Rückmeldungen von Leser*innen und Nutzer*innen sprachlich und inhaltlich leicht überarbeitet und aktualisiert worden.

Forschendes Lernen im Seminar Monika Sonntag · Julia Rueß · Carola Ebert · Kathrin Friederici · Laura Schilow · Wolfgang Deicke 2. überarbeitete Auflage Ein Leitfaden für Lehrende Forschendes Lernen im Seminar Ein Leitfaden für Lehrende Forschendes Lernen im Seminar Ein Leitfaden für Lehrende Monika Sonntag Julia Rueß Carola Ebert Kathrin Friederici Laura Schilow Wolfgang Deicke Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN: 978-3-86004-328-8 2. überarbeitete Auflage © Sonntag, M. / Rueß, J. / Ebert, C. / Friederici, K. / Schilow, L. / Deicke, W. / 2017 Dank an Christopher Gess, Anne Schmidt und Dhanya Koschorreck für hilfreiche inhaltliche Anregungen und Korrekturarbeiten, die zum Gelingen dieser Publikation wesentlich beigetragen haben haben, sowie an das Berliner Zentrum für Hochschullehre (BZHL) für das Feedback zu einer ersten Version des Leitfadens im Rahmen des Zertifikatprogramms. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, verboten. Kein Teil dieses Werks darf ohne schriftliche Genehmigung der Autor_innen in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die der vorliegenden Publikation zugrundeliegenden Arbeiten zum Forschenden Lernen im bologna.lab wie auch der Druck dieses Bandes wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen (FKZ: 01PL11030) gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor_innen. Illustrationen: Kathrin Friederici, bologna.lab, HU Berlin Gestaltung, Satz: Matthias Rawald, bestbefore, Berlin bolognalab.hu-berlin.de [email protected] Warum ein Leitfaden zu Forschendem Lernen? – Einführende Überlegungen 9 A A.1 A.2 Forschendes Lernen: Definition und Charakteristika Definition 13 Charakteristika Forschenden Lernens im Überblick 13 B B.1 B.1.1 B.1.2 B.1.3 B.2 B.2.1 B.2.2 B.2.3 B.3 B.3.1 B.3.2 B.3.3 B.4 B.4.1 B.4.2 B.4.3 Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung Vorbereitung 17 Rahmenbedingungen und Ziele 17 Zielgruppe und Seminarbeschreibung 19 Die Lehrendenrolle im Forschenden Lernen 21 Einstieg 23 Das Forschungsthema 23 Abschlussprodukt und gemeinsames Ziel 25 Strukturvorgabe und Freiraum 27 Forschungsphase 29 Entwicklung von Forschungsfrage und -design 29 Unterstützung und Austausch während der Forschungsphase Kommunikation und Feedback im Forschungsprozess 34 Abschluss und Nachbereitung 35 Ergebnispräsentation 35 Prüfungsleistungen 36 Reflexion des Forschungs- und Lernprozesses 38 C C.1 C.2 C.3 Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen Lehr-Lernformen Ein Vergleich zu forschungsbezogenen Lehr-Lernformen 41 Ein Vergleich zu konstruktivistischen Lehr-Lernformen 44 Forschendes Lernen – eine Lehr-Lernform für Lehrende? 48 Literatur 49 Material- und Methodensammlung I II III Handreichungen für Lehrende 55 Checkliste, Semesterplan, Meine Rolle, Session Wrap-up, Bewertungskriterien Tipps und Anregungen 71 Teamspirit, Visualisierung, Feedback Toolbox zur Seminargestaltung 79 Einstieg gestalten, Ideen und Fragen entwickeln/präzisieren, Wissen teilen/vermitteln, Feedbackmethoden A 5 32 GELEITWORT Michael Kämper-van den Boogaart Vizepräsident für Studium und Internationales »Der Herr Professor hat dociert, Das heißt: er hat dictiert, Der Studio hat nachgeschmiert, Das heißt: er hat’s capiert. Ist das Collegium nun aus, Trägt er die Weisheit flink nach Haus, Und sieht das Heft nie wieder an, Weil er’s ja selbst nicht lesen kann.« das Wesen (seiner Vorstellung) von Wissenschaft verkenne, sondern dass sich ein entsprechender Studierhabitus stets nur auf die zweckgerichtete (Prüfungen!) Einverleibung der Forschungsergebnisse richte. Im Schatten des Interesses verharrten indes die Wege der Forschung, der Modus, in dem neue Erkenntnisse gewonnen werden. Damit bliebe aber Wissenschaft als Bildung wirkungslos, sofern Bildung darauf ziele, Menschen in die Lage zu versetzen, neues Wissen zu generieren. Mit einer unterbliebenen wissenschaftlichen Bildung ist der Absolvent der Brotstudien nicht nur für die Universität verloren, sondern, so Schellings Pointe, entgegen seiner eigenen Intentionen auch nicht dazu disponiert, den kognitiven Herausforderungen seiner professionellen Praxis nachhaltig gerecht zu werden. Diese Verse bilden die zweite Strophe eines Gedichts, dem sein Autor, August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, den Titel »Brotstudium« gab. Es erschien 1843 in Fallerslebens Sammlung »Deutsche Lieder aus der Schweiz«.1 Die ironiesatten Verse legen frei, was der Diskurs über das falsche Studieren schon früh transportierte: Der Brotstudent verkenne den probaten Modus universitärer Wissensaneignung, indem er Kapieren mit Kopieren verwechsele. Interessant ist, dass diese Spottverse nicht primär auf den Gegensatz zwischen hehrer Wissenschaft und zweckgerichteter Ausbildung zielen, sondern primär die Fruchtlosigkeit ambitionsarmen Studierens an den Pranger stellen. Auch der Philosoph Schelling nimmt 1802 in seinen bemerkenswerten »Vorlesungen über die Methoden des akademischen Studiums« den »Ekelnamen der Brotwissenschaften« 2 in den Mund und macht deutlich, dass eine utilitaristische Einstellung zur Wissenschaft nicht allein Er kann »sich (...) nichts konstruieren, selbsttätig zusammensetzen, und da er im Lernen doch nicht auf alle möglichen Fälle vorbereitet werden konnte, so ist er in den meisten von seinem Wissen verlassen.« 3 Bereits 1789 thematisierte Friedrich Schiller in seiner berühmten Jenaer Antrittsvorlesung »Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?« Ähnliches. Er spricht ebenso davon, dass der habituelle Brotstudent letztlich von Kränkungserlebnissen und narzisstischen Ver- A 6 letzungen gepeinigt werde. Und dabei handele es sich nicht allein um ein individualpsychologisches Problem, sondern um etwas, das in der Konsequenz einer auf Innovationen angewiesenen Gesellschaft teuer zu stehen komme. scheidenden Orte wissenschaftlicher Bildung ins Zentrum eines fortschreitenden Studierens zu rücken? Wie können wir es schaffen, in der Lehre einen forschungsaffinen Habitus zu fördern? Was auf den nachfolgenden Seiten an Hinweisen zu lesen ist, will beileibe nicht abdecken, was das gesamte Spektrum universitärer Lehre ausmachen sollte. Nicht bestritten werden soll zum Beispiel, dass auch an der Universität eher instruktionalistische Formen der Wissensvermittlung, so in der Tendenz die Vorlesung, geboten sind. Erst recht nicht soll aber der Gedanke verabschiedet werden, dass die Interaktion zwischen gestandenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einerseits und Novizinnen und Novizen andererseits einen wechselseitig produktiven Dialog darstellen, wenn, so die Idee des Seminars im 19. Jahrhundert, aktuelle Forschung erläutert und gemeinsam befragt wird. So akzentuierte unlängst Carlos Spoerhase, das Prozedere des Seminars im Kontrast zu den neuen Massive Open Online Courses (MOOC): »Jede Erweiterung seiner Brotwissenschaft beunruhigt ihn, weil sie ihm neue Arbeit zusendet oder die vergangene unnütz macht; jede wichtige Neuerung schreckt ihn auf, denn sie zerbricht die alte Schulform, die er sich so mühsam zu eigen machte, sie setzt ihn in Gefahr, die ganze Arbeit seines vorigen Lebens zu verlieren. Wer hat über Reformatoren mehr geschrieen als der Haufe der Brotgelehrten? Wer hält den Fortgang nützlicher Revolutionen im Reich des Wissens mehr auf als eben diese? (...) kein unversöhnlicherer Feind, kein neidischerer Amtsgehilfe, kein bereitwilligerer Ketzermacher als der Brotgelehrte.« 4 Wenn wir Sie heute mit einem Leitfaden zu Möglichkeiten Forschenden Lernens konfrontieren, geschieht dies, wie ersichtlich, nicht, um einer spektakulär neuen Mode Folge zu leisten. Vielmehr haben wir es in neuen Strukturen und unter Bedingungen gewachsener Bildungspartizipation mit alten Problemen zu tun: Wie kann es uns gelingen, die Wege der Forschung als die ent- »And above all, it was not a ›course‹ but rather a group in which the student would undertake intensive collaborative research for a period of two or three years. A web of reciprocal intellectual commitment and personal trust was spun within the seminar, forming an academic culture that combined A 7 close mutual checks and critique with an emphasis on cultivating the independence of the individual.« 5 jekten Rückschlüsse für die Kernlehre gewinnen zu können. Wenn wir in diesem Zusammenhang dafür werben, auch dort mit Formen Forschenden Lernens zu experimentieren, stehen wir nicht allein da. An vielen Universitäten werden zurzeit die Spielräume für ein Forschendes Lernen ausgelotet, und nicht zufällig kooperieren wir daher in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsverbund »ForschenLernen« mit der FH Potsdam und der LMU München und dreizehn weiteren Hochschulen. Persönlich hoffe ich auf eine erfolgreiche Rezeptionsgeschichte des aus solcherlei Projekterfahrungen genährten Leitfadens und danke dem Autorenkollektiv sehr – auch für die interessanten Diskussionen, die in die Druckfassung eingegangen sind. Die Idee, dass »through the formation of a community of inquiry« 6 die Entwicklung von Forschungskompetenzen erleichtert wird, entspricht durchaus den folgenden Hinweisen auf die Potenziale und die Formen Forschenden Lernens. Diese Hinweise verdanken sich nicht zuletzt den Erfahrungen, die wir an der Humboldt-Universität bislang im Rahmen des Q-Programms (Tutorien, Teams und Kollegs) machen konnten. Entwickelt wurde das Q-Programm im Kontext des Qualitätspakt-Projekts »Übergänge« und in enger Referenz auf das Zukunftskonzept der Humboldt-Universität für den Exzellenzwettbewerb »Bildung durch Wissenschaft«. In seinem Zentrum steht das Ansinnen, interessierten Studierendengruppen die Bearbeitung selbst entwickelter Forschungsfragen zu ermöglichen und damit Verschulungstendenzen in der von der Bologna-Reform gezeichneten Universität entgegenzutreten. Avisiert wird mithin im Sinne Humboldts der Übergang vom habituell schulischen zum habituell forschenden Lernen. Dass das Reformexperiment des Q-Programms seitens des bologna.lab der HU kontinuierlich wissenschaftlich begleitet oder evaluiert wird, folgt nicht zuletzt der Hoffnung, aus den studentischen Pro- 1 August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Deutsche Lieder aus der Schweiz. Zürich/Winterthur 1843, 123f. 2 Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Werke. Hrsg. v. O. Weiß. Band 2. Vorlesung über die Methode des akademischen Studiums. Dritte Vorlesung. Leipzig 1907, 569–578, 571. 3 Ebd. 572. 4 Friedrich Schiller: Sämtliche Werke. Hrsg, v. G. Fricke u. H.G. Göpfert. Vierter Band. Historische Schriften. WBG. Darmstadt 1980, 749–767, 750f. 5 Carlos Spoerhase: Seminar versus MOOC. In: New Left Review 96/2015, 77–82, 81. 6 Ebd. 82. A 8 WARUM EIN LEITFADEN ZU FORSCHENDEM LERNEN? — EINFÜHRENDE ÜBERLEGUNGEN Die Einheit von Forschung und Lehre gilt als Ziel und Anspruch guter Hochschullehre (Healey & Jenkins, 2008; Huber, 2009; Wissenschaftsrat, 2006). Im Zuge der Bologna-Reform hat in den letzten Jahren daher auch das Interesse an einer stärkeren Verbindung von Forschung und Lehre in Deutschland wieder zugenommen: Allein in bundesweiten Förderprogrammen, wie dem »Qualitätspakt Lehre« oder der »Exzellenz in der Lehre«, wurden seit 2011 zahlreiche Vorhaben zur Entwicklung und Förderung forschungsnaher Lehr-Lernformate an Hochschulen angestoßen (BMBF, 2011). Entsprechend hoch sind allerdings auch die politischen Erwartungen an diese Lehr- und Lernformate: Mitunter entsteht hier der Eindruck, forschungsnahe Lehr- und Lernformate – und insbesondere das ›Forschende Lernen‹ als eine Art ›Königsklasse‹ dieser Formate – seien das Patentrezept zur Lösung aller Probleme der gegenwärtigen Hochschullehre. Da überhöhte Erwartungen schnell zu Enttäuschungen führen können, bedarf es hier einer Klarstellung: Forschendes Lernen, so wie wir es in diesem Band verstehen, ist kein Wundermittel gegen überfüllte Vorlesungen und Seminare, nicht der Königsweg zum Studienerfolg und auch nicht das Patentrezept für Graduate Employability oder die Behebung des Fachkräftemangels. Forschendes Lernen ist vielmehr eine von vielen möglichen Formen, um Forschung und Lehre (oder besser: Lernen) aktiv miteinander zu verbinden. Typische Beispiele wären hier die aktive Auseinandersetzung mit den Ergebnissen bestehender Forschung, die Erarbeitung eines eigenen Wissenstands in einem gewählten oder vorgegebenen Themenfeld, die Aneignung und Erprobung von Methoden und so fort (s. Abb. (Matrix). Im Gegensatz zu diesen vorbereitenden Formaten forschungsnaher Lehre geht es beim Forschenden Lernen darum, dass die Teilnehmer_innen möglichst(!) alle Phasen eines Forschungsprozesses aktiv durchlaufen sollen. Dadurch wird das Forschende Lernen für alle Beteiligten zu einem intensiven und anspruchsvollen Lehr-Lernformat, das nicht beliebig eingesetzt werden sollte, richtig eingesetzt aber unbedingt eine Bereicherung des Curriculums darstellt. Die nachweisbare Stärke des Forschendes Lernens liegt in der Ermöglichung erster eigenständiger Forschungserfahrung und der Entwicklung einer forschenden Haltung bei Studierenden. Bisherige Forschungsbefunde zeigen in diesem Zusammenhang, dass Forschendes Lernen dazu beitragen kann, das Forschungsinteresse Studierender zu erhöhen und sie darin zu stärken, sich selbst Forschung zuzutrauen (Deicke, Gess & Rueß, 2014). Vom typischen Studienverlauf her gedacht, empfiehlt sich das Forschende Lernen daher besonders zur aktiven Vorbereitung auf Abschlussarbeiten im Master, aber auch schon im Bachelorstudium. Was die praktische Umsetzung angeht, lässt sich eine vertiefte Arbeit an eigenen Forschungsfragen und designs am besten mit kleineren Studierendengruppen realisieren. In Großveranstaltungen und klassischen Seminaren lassen sich aktive Forschungsbezüge eher durch weniger aufwendige didaktische Methoden als durch Forschendes Lernen realisieren (Rueß, Gess & Deicke, 2016). Umgekehrt gilt für die Entwicklung der Curricula natürlich auch, dass die Umsetzung von Forschendem Lernen einfacher wird, je aktiver und expliziter die Forschungsbezüge in den vorbereitenden Veranstal- A 9 tungen sind. Jede Form forschungsbezogener Lehre ist insofern wichtig, verfolgt spezifische Ziele und hat es mit verschiedenen Herausforderungen in der Umsetzung zu tun. Im vorliegenden Leitfaden stellen wir das Forschende Lernen ins Zentrum. Unser Ziel ist es, Lehrenden Anregungen zu geben, wie Forschendes Lernen praktisch umgesetzt werden kann. Neben zahlreichen theoretischprogrammatischen Aufsätzen und Veröffentlichungen (z. B. Brew & Jewell, 2012; Huber, 2004; Ludwig, 2011; Mieg & Lehmann, 2017; Reiber, 2012) finden sich in der wachsenden Literatur zum Forschenden Lernen inzwischen zunehmend auch Projektbeschreibungen und Fallbeispiele, die konzeptuelle Tipps zur Umsetzung von Forschendem Lernen bieten können (z. B. Hochschuldidaktisches Zentrum der Technischen Universität Dortmund, 2009; Huber, Kröger & Schelhowe, 2013; Mieg & Lehmann, 2017; Reiber, 2007). Allerdings fehlt es bislang noch immer an Veröffentlichungen, die sich systematisch mit konkreten Fragen und Problemstellungen der didaktischen Umsetzung des Forschenden Lernens beschäftigen. Ein erster Schritt zur Schließung dieser Lücke soll mit dem vorliegenden Leitfaden gemacht werden, der aus unserer Arbeit an der HumboldtUniversität zu Berlin und unseren Diskussionen mit Kolleg_innen u.a. in der AG Forschendes Lernen der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) entstanden ist. Das bologna. lab setzt im Rahmen des Qualitätspakts Lehre seit 2012 ein eigenes, fakultätsübergreifendes Programm (›QProgramm‹) zum Forschenden Lernen um, berät Lehrende und Institute zu Forschendem Lernen und zur Ausgestaltung forschungsbezogener Curricula und ist, gemein- sam mit der FH Potsdam und der LMU München, Teil des BMBF-Verbundforschungsprojekts ›ForschenLernen‹ (FKZ 01PB14004/B). Unsere Empfehlungen in diesem Leitfaden basieren zum einen auf unseren Erfahrungen in der Beratung von Lehrenden bei der Vorbereitung und Durchführung von Forschendem Lernen, sowie zum anderen auf der Beforschung verschiedener Formate forschungsnaher Lehre und Forschenden Lernens an der Humboldt-Universität zu Berlin und anderen Hochschulen. Er behandelt den gesamten Prozess der Konzeption und didaktischpraktischen Umsetzung einer Lehrveranstaltung im Sinne des Forschenden Lernens: von der Definition der Zielgruppe bis hin zur Präsentation der Ergebnisse und zur Reflexion des Lern- und Forschungsprozesses. Der Leitfaden orientiert sich hierbei an jenen Themen, offenen Fragen und Herausforderungen, die in Fortbildungen immer wieder diskutiert und auch von Lehrenden eingebracht werden. Er ist bewusst so offen formuliert, dass er an den Lehrkontext verschiedener Fächer angepasst werden kann. Wir hoffen, dass der Leitfaden unseren Leser_innen den Einstieg in das Forschende Lernen erleichtert und freuen uns jederzeit über Anregungen und Feedback. A 10 AUFBAU DES LEITFADENS KAPITEL A MATERIAL- UND METHODENSAMMLUNG Der Leitfaden beginnt mit der theoretischen Betrachtung und einer Definition Forschenden Lernens. Konkrete Arbeitsmaterialien und didaktische Methoden, die speziell für die praktische Umsetzung Forschenden Lernens genutzt werden können, sind gesondert in einer Material- und Methodensammlung angeführt und erläutert. Im Leitfaden selbst finden sich an den relevanten Punkten die entsprechenden Verweise auf geeignete Materialien bzw. Methoden. Inhaltlich gliedert sich die Sammlung in drei Teile: KAPITEL B Der zweite Teil enthält konkrete Hinweise zur Vorbereitung und Durchführung von Seminaren im Format Forschenden Lernens. Die Unterkapitel enden jeweils mit einer Checkliste mit nützlichen Reflexionsfragen für die Vorbereitung von Lehrveranstaltungen. I HANDREICHUNGEN FÜR LEHRENDE mit einem exemplarischen Semesterplan, Arbeitsblättern für Lehrende zur Selbstreflexion, möglichen Bewertungskriterien für Prüfungsleistungen im Forschenden Lernen. KAPITEL C Im dritten Teil wird Forschendes Lernen im weiteren Feld forschungsbezogener Lehre verortet; zum einen, um die Besonderheiten dieser LehrLernform noch einmal im Vergleich herauszuarbeiten; zum anderen, um interessierten Lehrenden ergänzende Anregungen dazu zu geben, wie Forschung und Lehre auch in anderen Formaten miteinander verbunden werden können. II TIPPS UND ANREGUNGEN zu allgemeinen Herausforderungen im Forschenden Lernen (Entwicklung von Teamspirit, Einsatz von Visualisierung und Feedback). III TOOLBOX ZUR SEMINARGESTALTUNG Durch die Verbindung konzeptueller und didaktischer Empfehlungen soll der Leitfaden Lehrenden eine geeignete Hilfe beim direkten Einstieg in die Planung und Umsetzung von Seminaren im Format des Forschenden Lernens sein. mit konkreten didaktischen Methoden, die im Forschenden Lernen Anwendung finden können. A 11 A FORSCHENDES LERNEN: DEFINITION UND CHARAKTERISTIKA A.1 Definition A.2 Charakteristika Forschenden Lernens im Überblick In den letzten Jahren hat das Interesse an Forschendem Lernen stark zugenommen (Huber, 2013). Unklarheiten bestehen jedoch nach wie vor, was genau unter Forschendem Lernen zu verstehen ist. In der Literatur finden sich unterschiedliche Ansätze, sodass sich auch die Vorstellungen dazu unterscheiden, wie Forschendes Lernen praktisch umzusetzen ist. Vor diesem Hintergrund muss zunächst erläutert werden, auf welchem Verständnis der vorliegende Leitfaden aufbaut. Die folgende Definition orientiert sich an Huber (2009) sowie Rueß, Gess & Deicke (2016). Drei wesentliche Eigenschaften zeichnen Forschendes Lernen aus: Studierende durchlaufen in einer Lehrveranstaltung einen vollständigen Forschungsprozess, sie bearbeiten eigene Fragestellungen und sie generieren wissenschaftliche Erkenntnisse. Beim Forschenden Lernen vollziehen die Studierenden den gesamten Forschungsprozess. Forschendes Lernen setzt voraus, dass die Studierenden alle Schritte im Forschungsprozess selbst erleben oder nachvollziehen. Die Phasen Forschenden Lernens korrespondieren somit weitgehend mit den typischen Schritten eines Forschungsprozesses (in Anlehnung an Huber, 2013): »Forschendes Lernen ist eine Lehr-Lernform, bei der die Studierenden eine selbst entwickelte Fragestellung verfolgen und dabei den gesamten Forschungsprozess durchlaufen.«  in das Forschungsfeld einsteigen  mögliche Forschungsfragen identifizieren  Informationen und theoretische Zugänge erarbeiten  Methoden auswählen und aneignen  Forschungsfrage präzisieren  Forschungsdesign entwickeln  Forschungsdesign umsetzen  Ergebnisse aufbereiten und präsentieren  Forschungsprozess reflektieren Die vorgesehene Verzahnung von Lehre und Forschung rückt Forschendes Lernen in das weite Spektrum forschungsbezogener Lehre. Da Studierende sich selbständig Wissen erarbeiten und es damit konstruieren, zählt Forschendes Lernen zur Gruppe der konstruktivistisch-orientierten Lehr-Lernformen. Diese Überschneidungen zu anderen Lehr-Lernformen können jedoch Verständnisprobleme mit sich bringen. Wie in realen Forschungsvorhaben sind die Schritte natürlich nicht immer chronologisch abzuarbeiten, sondern sie können sich – je nach Vorhaben – durchaus überschneiden, vermischen und zum Teil wiederholen. Im Folgenden werden zunächst die Charakteristika Forschenden Lernens herausgearbeitet. A 13 A _ Forschendes Lernen: Definition und Charakteristika 1. In das Forschungsfeld einsteigen 9. Forschungsprozess reflektieren 2. mögliche Forschungsfragen identifizieren 8. Ergebnisse aufbereiten und präsentieren 3. Informationen und theoretische Zugänge erarbeiten 7. Forschungsdesign umsetzen 4. Methoden auswählen und aneignen 6. Forschungsdesign entwickeln 5. Forschungsfrage präzisieren Abb.1: Idealtypische Anordnung der Phasen Forschenden Lernens nach Huber Beim Forschenden Lernen beantworten die Studierenden eine Forschungsfrage, die sie auch selbst (mit)entwickelt haben. Ausgangspunkt Forschenden Lernens ist immer eine Forschungsfrage. Sie wird von den Studierenden weitgehend eigenständig formuliert, bearbeitet und beantwortet. Eine eigenständige Arbeitsweise der Studierenden ist für Forschendes Lernen – wie auch für andere konstruktivistische Lehr-Lernformen – grundlegend. Schließlich sollen Forschungsergebnisse nicht nur verstanden, sondern selbst konstruiert werden. eine eigene Forschungsfrage formulieren. Eine andere Variante besteht darin, dass die Lehrveranstaltung eine übergeordnete Forschungsfrage untersucht, die zum Beispiel aus der eigenen aktuellen Forschungsarbeit der Lehrenden kommen kann. Um diese übergeordnete Frage im Team zu beantworten, entwickeln und bearbeiten die Studierenden eigene Teilfragen. Eigenständige Arbeit zu fordern, bedeutet jedoch nicht, die Studierenden beim Forschen alleinzulassen. Es gilt, die Studierenden im Forschungsprozess zu unterstützen, zu begleiten und zu beraten, insbesondere auch im Hinblick auf Herausforderungen, Umwege, Verzögerungen oder Unsicherheiten, die beim Forschen immer auftreten können. Da bei Forschendem Lernen der gesamte Forschungsprozess vollzogen werden soll, brauchen die Studierenden den Freiraum, eigene Forschungsfragen zu wählen bzw. zu entwickeln. In der Regel geben die Lehrenden das Forschungsfeld ihrer Lehrveranstaltung vor. Innerhalb dieses Forschungsfeldes können die Studierenden dann A 14 mögliche Forschungsfragen identifizieren gesamten Prozess reflektieren methodische Vorkenntnisse nutzen Ergebnisse aufbereiten und präsentieren Forschungsfrage präzisieren Informationen und theoretische Zugänge erarbeiten Forschungsdesign umsetzen Forschungsdesign entwickeln Abb. 2: Möglicher Ablauf der Phasen Forschenden Lernens im Seminar, Variante 2 Beim Forschenden Lernen sollen wissenschaftliche Erkenntnisse erzielt werden. Auch studentische Forschung hat das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse zu generieren. Damit geht einher, dass die Ergebnisse nicht nur für die Studierenden, sondern – zumindest in Teilen – auch für den Lehrenden neu sein können. Der Anspruch an studentische Forschungsvorhaben – gerade im grundständigen Bereich – besteht dabei nicht zwingend darin, genuin ›neues‹ Wissen zu konstruieren und einen originellen Beitrag zu Wissenschaft im eigenen Fach zu leisten. Ziel ist es vielmehr, die Ergebnisse der eigenen Forschung so aufzubereiten und zu präsentieren, dass diese auch für ein Fachpublikum interessant und nachvollziehbar werden. Bei Forschendem Lernen sollte daher ein besonderer Fokus auf die Planung des (gemeinsamen) Abschlussprodukts bzw. eine mögliche Veröffentlichung der Ergebnisse gelegt werden. Didaktisch betrachtet, erhöht ein gemeinsames Ziel außerdem die Motivation der Studierenden, bis zum Ende engagiert dabeizubleiben (Sonntag & Rueß, 2018). Zusammenfassend ist für Forschendes Lernen kennzeichnend, dass die Studierenden aktiv und selbständig einen gesamten Forschungsprozess vollziehen, eine eigene Fragestellung bearbeiten und darauf hinarbeiten, ihre Ergebnisse auch zu veröffentlichen. Die Aufgabe der Lehrenden besteht bei Forschendem Lernen darin, die Ideen der Studierenden aufzugreifen, die Machbarkeit der Forschungsfrage im Blick zu behalten und die Studierenden im Forschungsprozess zu beraten und zu unterstützen. A 15 B FORSCHENDES LERNEN: KONZEPTION UND UMSETZUNG B.1 beschreibung angelegt sein, sie können aber durch das Format Forschenden Lernens Teil der Seminarkonzeption werden. Zum einen geht es darum, Studierenden die Möglichkeit zu geben, durch das Entwickeln und Bearbeiten eigener Forschungsfragen spezifische Inhalte zu vertiefen. Es geht also beim Forschenden Lernen darum, sowohl die inhaltlichen Lernziele zu definieren als auch festzulegen, wie die Forschungskompetenzen von Studierenden ausgebildet werden sollen. Vorbereitung Thematische und inhaltliche Aspekte bilden den Kern der Vorbereitung einer jeden Lehrveranstaltung. Für Seminare im Format Forschenden Lernens gibt es bestimmte methodische und didaktische Aspekte, die bereits in der Vorbereitung eine wichtige Rolle spielen. Die frühzeitige Definition von Kompetenzzielen und studentischen Zielgruppen erleichtert die Planung und Konzeption; eine klare Beschreibung des Seminars und die Reflexion der Rolle als Lehrende_r im Forschenden Lernen setzen die Wegweiser für einen guten Start in das Semester. Daher gehen die folgende Abschnitte auf diese vier Aspekte besonders ein. Die inhaltlichen Ziele einer Veranstaltung müssen notwendigerweise für jedes einzelne Vorhaben des Forschenden Lernens je nach Fachkultur und Studienprogramm ausdifferenziert werden. Der Schwerpunkt liegt daher hier auf der Frage, welche Forschungskompetenzen Studierende bei Forschendem Lernen gewinnen können. Grundsätzlich können die Rahmenbedingungen von Seminaren im Format Forschenden Lernens sehr unterschiedlich sein. In manchen Pflichtveranstaltungen mag es schwierig sein, das Format mit bestimmten Vorgaben der Modulbeschreibung zu vereinbaren. In weniger eindeutig beschriebenen Modulen und freieren Formaten können und müssen die Lehrenden viele Parameter selbst definieren. Forschungskompetenz lässt sich anhand von drei Facetten beschreiben (Gess, Rueß & Wessels, 2015): 1) … als das Wissen und die Fertigkeiten, die zur eigenständigen Forschung befähigen. Dazu zählt erstens grundlegendes forschungsmethodisches Wissen bzw. die Fähigkeit, wissenschaftliche Arbeitsweisen des Faches anwenden zu können. Zweitens umfasst Forschungskompetenz auch forschungspraktisches Wissen, das zur Planung eines Forschungsprojekts und zur Steuerung des eigenen Vorgehens notwendig ist (z. B. Entwicklung von Forschungsfragen, Entwicklung und praktische Umsetzung von Forschungsdesigns, Treffen von Entscheidungen im gesamten Forschungsprozess). Drittens kann B.1.1 Rahmenbedingungen und Ziele Zusätzlich zu den stets vorhandenen fachlichinhaltlichen Zielen können mit dem Format des Forschenden Lernens verschiedene Kompetenzziele verbunden sein (Gess, Deicke & Wessels, 2017). Diese mögen bereits in einer Modul- B 17 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung ergänzend die Fähigkeit zur kritischen Rezeption von Forschungsergebnissen und Publikationen als Forschungskompetenz bezeichnet und als eigenständiges Kompetenzziel verankert werden. Diese Kombination aus Wissen und Fertigkeiten wird als die kognitive Facette bezeichnet. zen, bieten sich beispielsweise praxisrelevante Forschungsfragen an, zu denen die Studierenden bereits Vorannahmen haben. Diese Forschungsfragen können dann anhand vorliegender Forschungsergebnisse präzisiert und im Feld untersucht werden. Die Ergebnisse lassen sich im Hinblick auf die Vorannahmen der Studierenden reflektieren. 2) … als die mentalen Voraussetzungen, die Studierende benötigen, um Herausforderungen während des Forschungsprozesses bewältigen zu können. Zu diesen zählen etwa Frustrations- und Unsicherheitstoleranz, das Zutrauen in die eigenen Forschungsfähigkeiten, die Freude an Forschungstätigkeiten oder die Vermittlung einer forschenden Haltung. Diese Voraussetzungen gelten als die affektiv-motivationale Facette. Wenn das Forschungsinteresse der Studierenden geweckt und ihnen forschungspraktisches Wissen sowie wissenschaftliche Kommunikationsfähigkeiten vermittelt werden sollen, ist es wichtig, den Studierenden möglichst viel Freiraum bei der Wahl und Bearbeitung ihres Forschungsthemas zu geben und die Forschung in einer auch für Dritte interessanten Abschlussveranstaltung kulminieren zu lassen. 3) … als soziale Fähigkeiten in Forschungssituationen. Im Kern geht es hier um die Kommunikationsfähigkeiten der Studierenden, die auf verschiedenen Ebenen benötigt werden: im Forschungsteam, mit der betreuenden Lehrperson, in der fachwissenschaftlichen Öffentlichkeit oder auch mit Personen aus dem Forschungsfeld. Diese Fähigkeiten stellen die soziale Facette von Forschungskompetenz dar. Liegt der Fokus eher darauf, die Frustrationsund Ungewissheitstoleranz im Forschungsprozess zu fördern, ist es sinnvoll, viel Zeit für die Besprechung von Zwischenprodukten (z. B. Forschungsdesign) und Zwischenergebnissen (z. B. erste Beobachtungen) vorzusehen. Ambivalente oder unklare Entscheidungssituationen der Studierenden sollten im Plenum diskutiert und überraschende Erkenntnisse herausgestellt werden. Vor allem Rückschläge sind wertvolle Anhaltspunkte; sie machen den Studierenden deutlich, dass diese zum Forschen dazugehören. Darüber hinaus können Lehrende von Entscheidungsschwierigkeiten und Rückschlägen in ihrer eigenen Forschung erzählen. Die Auswahl dieser Ziele hat Auswirkungen auf die Gestaltung Forschenden Lernens Es wird nicht möglich sein, alle Ziele in einer einsemestrigen Veranstaltung zu erreichen. Es empfiehlt sich, Schwerpunkte zu setzen (vgl. Gess et al., 2017): Geht es in dem geplanten Seminar vor allem darum, die Studierenden zur kritischen Rezeption von Forschungsergebnissen zu befähigen oder sie im Aufbau einer forschenden Haltung zu unterstüt- In dem knappen Zeitraum eines Semesters alle forschungsrelevanten Kompetenzen gleichermaßen anzusteuern, ist nahezu unmöglich. Für B 18 den Erfolg des Seminars kann es sinnvoll sein, sich mit Kolleg_innen abzustimmen, welche Kompetenzen die Teilnehmer_innen in vorangegangenen Veranstaltungen bereits erwerben oder weiter schärfen konnten. Für Lehrende und Studierende ist es entlastend, wenn die Ziele des Seminars sich auf besonders relevante oder förderungswürdige Kompetenzdimensionen beschränken. B.1.2 Zielgruppe und Seminarbeschreibung Die Zielgruppe ist bereits bei der Konzeption jedes Seminars ein wichtiger Aspekt. Modulbeschreibungen und Studienordnungen definieren in der Regel die Zielgruppe eines Seminars. In Pflichtmodulen innerhalb eines strukturierten Studienverlaufsplans ist die studentische Zielgruppe hinsichtlich Studiengang und -jahrgang meist klar vorgegeben. Hier können unter Umständen durch Kooperationen mit von Kolleg_innen angebotenen Modulen Freiräume für Forschendes Lernen generiert werden. In anderen Fällen obliegt es den Lehrenden, eine oder mehrere Charakteristika ihrer Zielgruppe zu definieren. Beispiele hierfür sind Interdisziplinarität, unterschiedliche Studienjahrgänge oder die Gruppengröße, die sich alle auf Konzeption, Zielgruppe und Beschreibung auswirken. WICHTIGE FRAGEN Welche fachspezifischen Inhalte soll das Seminar vermitteln? Welche forschungsbezogenen Kompetenzen sollen erworben werden? Angesichts der notwendig vertieften Zusammenarbeit beim Forschendem Lernen kann eine große Heterogenität der Studierendengruppen eine besondere Herausforderung darstellen. Studierende aus verschiedenen Semestern bringen zumeist unterschiedliche theoretische und methodische Vorkenntnisse mit. In interdisziplinären Gruppen unterscheiden sich zusätzlich die fachlichen Hintergründe und Perspektiven. Eine interdisziplinäre und heterogene Studierendengruppe setzt einen höheren Zeitaufwand für Aushandlungsprozesse und eine umfassendere forschungsmethodische Anleitung durch die Lehrenden voraus, ermöglicht jedoch spannende Diskussionen im Team und neue Erkenntnisse für alle Beteiligten. Gerade bei interdisziplinären B 19 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung Vorhaben sind die Definition und Reflexion studentischer Zielgruppen also wichtige Aspekte der Vorbereitung. Hinweis darauf, dass diese Kompetenzen sowohl in wissenschaftlichen als auch außeruniversitären Berufsfeldern relevant sein können, kann zusätzlich motivieren. Und natürlich bereiten frühzeitige Forschungserfahrungen auch gut auf anstehende Bachelor- oder Master-Arbeiten vor. Besonders in Modulen mit größeren Freiräumen ist es daher wichtig, dass Lehrende sich selbst deutlich machen, für welche Studierenden die Teilnahme am Projekt offen ist – und dies auch im Ankündigungstext ausformulieren. Wie bereits ausgeführt, besteht das Ziel schließlich darin, das unterschiedliche Vorwissen und die verschiedenen methodischen und fachlichen Kompetenzen der Studierenden so einzubinden, dass alle davon profitieren können. In Abhängigkeit von der jeweiligen Studienordnung kann die Veranstaltung eher den Charakter einer Forschungswerkstatt haben. Die Tatsache, dass beim Forschenden Lernen ein eigenständigeres Arbeiten möglich wird, als dies in anderen Lehrveranstaltungen üblich ist, trägt bei den meisten Studierenden zur Motivation für die aktive Teilnahme bei (Sonntag & Rueß, 2018). Neben der Zusammensetzung der Studierendengruppe ist die Gruppengröße ein weiterer wichtiger Faktor, den es zu definieren oder zu berücksichtigen gilt. In der Regel ist ein gemeinsames Forschungsprojekt leichter durchzuführen, wenn nicht zu viele Studierende beteiligt sind. Sinnvolle Gruppengrößen hängen hier von der Art der Bearbeitung ab (individuelle Forschungstätigkeit Einzelner versus Arbeit in Kleingruppen von zwei bis fünf Studierenden). Als ideal haben sich Gruppen von circa fünf bis fünfundzwanzig Studierenden erwiesen; ab zehn bis zwölf Teilnehmer_innen ist die Arbeit in Kleingruppen mit der gleichen Forschungsfrage sehr zu empfehlen. Unabhängig davon, ob es im konkreten Fall darum geht, die Teilnehmer_innen eines Pflichtmoduls für eigenständige Forschung zu interessieren oder das Seminar attraktiv für Studierende zu machen, die forschen wollen – es ist in jedem Fall sinnvoll, die besonderen Anforderungen des Seminars im Vorlesungsverzeichnis zu benennen. In jedem Fall sollte den Studierenden gleich zu Veranstaltungsbeginn kommuniziert werden, dass sie für dieses Seminar voraussichtlich mehr Zeit und Energie investieren werden und/oder terminlich während des Semesters flexibler sein müssen als in vielen anderen Veranstaltungen. Natürlich sollte der zeitliche Aufwand auch den ECTS-Punkten entsprechen, die für das Seminar vergeben werden sollen. Besonders wichtig ist es, auf die Besonderheiten des Forschenden Lernens hinzuweisen, da viele Studierende mit dieser Veranstaltungsart nicht vertraut sind. Ein zentraler Aspekt ist beispielsweise, dass die Studierenden eigenständig forschen werden – dass sie praktische Forschungserfahrungen sammeln und ihre Forschungskompetenzen (weiter)entwickeln können. Ein Besonders wenn das Seminar kein Pflichtmodul ist und nicht zum festen Angebot der Lehrveranstaltungen gehört, kann es notwendig sein, es zusätzlich zu bewerben. Wenn der Erfolg der Veranstaltung beispielsweise von der Teilnahme ver- B 20 schiedener Fächergruppen abhängt, ist es sinnvoll, die Veranstaltung unbedingt auch über die üblichen Kanäle hinaus aktiv zu bewerben oder bewerben lassen (z. B. in geeigneten Veranstaltungen von Kolleg_innen in den Zielfächern oder über Aushänge an den Zielinstituten). B.1.3 Die Lehrendenrolle im Forschendem Lernen Studierende bei der eigenen Forschung zu begleiten und im eigenständigen Arbeiten zu unterstützen, erfordert von Lehrenden auch eine Reflexion der eigenen Rolle sowie der Bedeutung implizit und explizit vorhandener Hierarchien. WICHTIGE FRAGEN Welches theoretische und/oder methodische Vorwissen sollten die Studierenden mitbringen, um an meiner Veranstaltung erfolgreich teilnehmen zu können? Allein aufgrund ihres Wissens- und Erfahrungsvorsprungs befinden sich Lehrende in einer hierarchisch überlegenen Position gegenüber den Studierenden bzw. werden von diesen als Autoritätsperson anerkannt. Allerdings besteht die Aufgabe in einer Veranstaltung Forschenden Lernens in der Regel weniger darin, den Studierenden einen bestimmten Inhalt beizubringen, als vielmehr ›Coach‹ der Studierenden zu sein. Das heißt, den Forschungsprozess zu moderieren, zu organisieren und die Studierenden zu beraten, motivieren und begleiten. Dabei geben Lehrende dem Arbeitsprozess der Gruppe einen organisatorischen Rahmen und stehen den Studierenden mit konstruktivem Feedback zur Seite. Beim Forschenden Lernen übernehmen Lehrende insofern die Rolle von Forschunsgruppenleiter_ innen. Ist das Seminar auch für fachfremde Studierende geeignet? Wenn ja, welche Fachrichtungen wären wünschenswert? Wie viele Studierende können/sollten an der Veranstaltung teilnehmen? Wie lassen sich die Unterschiede zu herkömmlichen Veranstaltungen beschreiben, damit die Studierenden mit adäquaten Erwartungen an der Veranstaltung teilnehmen? Wie kann ich dafür sorgen, dass der Arbeitsaufwand für die Studierenden in einem angemessenen Verhältnis zu den ECTS-Punkten steht? Die Rolle wird dabei an verschiedenen Stellen im Projektverlauf unterschiedliche Formen annehmen. So kann die Rolle als Expert_in für allgemein fachliche, theoretische und methodische Fachfragen sowohl zu Beginn des Prozesses als auch zum Ende des Projekts bei der Redaktion des Abschlussprodukts verstärkt von Bedeutung sein. In der Phase der selbständigen Umsetzung des Forschungsdesigns wiederum B 21 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung scheinlicher, dass Lehrende tatsächlich im Team gemeinsam mit den Studierenden Ideen entwickeln und Entscheidungen treffen, zum Beispiel im Hinblick auf das Forschungsdesign oder die Form des Endprodukts. In größeren Gruppen ist es deutlich schwieriger, sich intensiv mit allen Teilnehmer_innen auseinanderzusetzen und Entscheidungen gemeinsam auszuhandeln. kann eher die Rolle als Berater_in und Begleiter_in, Kritiker_in oder Motivator_in ›auf Augenhöhe‹ gefragt sein. Auch der Aktivitätsgrad der Lehrenden wird sich in den verschiedenen Phasen verändern – von aktiven Phasen bis zu Phasen, in denen sie eher beratend im Hintergrund als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Beim Forschenden Lernen treten Lehrende also nicht als wissensvermittelnde Dozent_innen auf, sondern unterstützen ihre Studierenden in der Rolle von Forschungsgruppenleiter_innen. Dieser Rollenwechsel kann für Lehrende wie auch für Studierende ungewohnt sein. Die wiederholte Reflexion der eigenen Rolle und eine klare¿ Kommunikation über die Besonderheiten der Zusammenarbeit sind daher wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung Forschenden Lernens im Seminar. Wichtig ist: Je nachdem wie Lehrende ihre Rolle beim Forschenden Lernen definieren und leben, wird sich dies auf den Charakter des Seminars auswirken. Wenn sich Lehrende als Forschungsgruppenleiter_innen verstehen und danach handeln, wenn sie sich selbst als Forscher_innen oder Mitforschende einbringen, wird dies den forschenden Charakter des Seminars unterstreichen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe anstoßen können. Grundsätzlich ist es notwendig, dass Lehrende flexibel bleiben, um auf die Zusammensetzung der Gruppe und Unvorhergesehenes im Projektverlauf eingehen zu können. Beispielsweise kann es notwendig werden, das wissenschaftliche Niveau an die Forschungsmöglichkeiten der Studierenden anzupassen und für einzelne – stärkere und schwächere – Studierende individuelle Lösungen zu finden. Ebenso viel Flexibilität wird im Forschungsprozess letztlich auch den Studierenden abverlangt. WICHTIGE FRAGEN Wie lässt sich den Studierenden meine Rolle als ›Forschungsgruppenleiter_in‹ verdeutlichen? Was sind meine Erwartungen an die Studierenden? Konkrete Anregungen zur Rolle der Lehrenden finden Sie unter »Handreichungen für Lehrende«. Die Abschnitte I.3 und I.4 sind als Kopiervorlagen zur Selbstreflexion gestaltet. Was können die Studierenden im Gegenzug von mir erwarten? Die Lehrendenrolle ist nicht zuletzt natürlich auch abhängig von der Gruppengröße. In kleineren Seminargruppen ist es einfacher und wahr- B 22 B.2 aktivität von Anfang an eignet sich folgende Vorgehensweise: Einstieg B.2.1 Das Forschungsthema  Der/die Lehrende skizziert das Forschungsfeld. In den ersten Sitzungen des Semesters geht es zunächst darum, mit der Gruppe einen motivierenden Einstieg in das Forschungsprojekt zu finden. Wie kann dies gelingen?  Lehrende können dann die Studierenden gezielt danach fragen, was ihre Ausgangsmotivation war, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und welche eigenen Erkenntnisinteressen oder Fragen zum Thema sie mitbringen. Interessant für die Studierenden ist es, wenn Lehrende dabei auch ihre Perspektive beschreiben und den Studierenden erläutern, warum sie genau zu diesem Thema forschen. Auf diese Weise lernen alle miteinander Forschenden – also Lernende und Lehrende – die Interessen und Motivationen der anderen kennen. Sinnvoll ist es, Motive und Ideen schriftlich festzuhalten. Im weiteren Verlauf des Seminars kann die Gruppe immer wieder daran anknüpfen. Wie bereits oben ausgeführt, kommen Studierende aus verschiedenen Gründen in das Seminar: weil die Veranstaltung für sie verpflichtend ist, aus Interesse am Thema bzw. dem forschungsorientierten Ansatz oder aus verschiedenen Gründen zugleich. Trotzdem lohnt es sich, wenn sich Lehrende Gedanken dazu machen, wie sie das Interesse der Studierenden wecken und über den Verlauf des Semesters aufrechterhalten können. Ziel Forschenden Lernens ist es, dass die Studierenden möglichst häufig eine engagierte, forschend-lernende Rolle einnehmen. Diese Rolle ist spätestens in der Forschungsphase erforderlich. Die aktive Rolle fällt Studierenden in der Regel leichter, wenn Lehrende von Beginn an eine aktive Beteiligung der Studierenden stimulieren. Der Vorteil besteht darin, dass es keinen deutlichen Bruch gibt zwischen einer ›klassischen‹ Einführungsphase – mit einem hohen Aktivitätsgrad der Lehrenden, die einen festen Seminarablauf präsentieren sowie Inputs zum Themengebiet referieren – und der Phase der Umsetzung des Forschungsdesigns, in der die Studierenden dann aus einer eher passiven, konsumierenden Rolle in eine aktive, selbständige Rolle finden müssten. Für die Stimulation der Studierenden-  Lehrende können in diesem Zusammenhang auch mit den Studierenden über die Faszination des Themas diskutieren – ausgehend davon, wie sie selbst zum Thema gefunden haben, was sie daran gefesselt hat, welche Fragen ihnen unter den Nägeln brennen. Im Idealfall bieten Lehrende die Lehrveranstaltung zu einem Themengebiet an, das ihnen selbst am Herzen liegt oder das ein besonderes Forschungsinteresse bei ihnen geweckt hat. Ihre eigene Begeisterung für das Thema wird in diesem Fall leichter auf die Studierenden überspringen.  Es ist hilfreich, wenn Lehrende früh hervorheben, dass auch sie die Antwort auf die Forschungsfrage nicht kennen und die Antwort B 23 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung kennenlernen können. Es ist interessant und motivierend, miteinander nicht nur Teilnahmemotive und Erwartungen zu klären, sondern auch, welches Hintergrundwissen, Erfahrungen und Kompetenzen Lehrende und Studierende in das gemeinsame Forschungsprojekt einbringen. gemeinsam mit den Studierenden ergründen wollen. Bereits dadurch kann die Besonderheit des Lernarrangements transportiert werden. Die meisten Studierenden werden vermutlich überrascht und bisweilen auch irritiert sein. Denn nicht selten haben sie die Erwartungshaltung, dass es die Aufgabe der Lehrenden ist, ihnen Fragen zu beantworten und Lösungen zu präsentieren. Allgemeine Tipps zur Entwicklung des Teamspirits finden Sie im Anhang unter »Tipps und Anregungen« p Abschnitt II.1  In diesem Zusammenhang lässt sich auch explizit darauf eingehen, dass es nicht das Forschungsthema der Lehrenden ist, sondern das aller. Die Beiträge aller Beteiligten sind relevant und die Verantwortung für den Forschungsprozess liegt bei allen gleichermaßen. In der Regel erleben es Studierende als positiv, wenn ihnen der Raum gegeben wird, ein Seminar (mit)zugestalten. Auch wenn der Einstieg gelingt, kann es passieren, dass einige Studierende sich gegen eine Teilnahme an dem Seminar entscheiden. Wie bei vielen anderen Lehrveranstaltungen ist vor allem in den ersten beiden Seminarsitzungen mit einer Fluktuation der Teilnehmer_innen zu rechnen. Nicht selten dauert es bis zur zweiten oder dritten Semesterwoche, bis sich eine feste Studierendengruppe herausgebildet hat. Konkrete Anregungen dazu, wie Sie den Einstieg und das gegenseitige Kennenlernen didaktisch unterstützten können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.1 WICHTIGE FRAGEN Wie kann ich die Studierenden für das gemeinsame Forschungsprojekt interessieren und begeistern? Wie kann ich an das Vorwissen und die Interessen der Studierenden anknüpfen? Wie kann ich bereits zu Beginn ein Teamgefühl aufbauen? Angesichts des möglichen Ein- und Ausstiegs einzelner Studierender sollten Lehrende von Beginn an versuchen, ein Teamgefühl zu schaffen. In der Eingangsphase geht es hier im Besonderen darum, eine vertrauensvolle Atmosphäre herzustellen. Grundstein dafür ist, dass alle wissen, mit wem sie es im Seminar zu tun haben werden. Am Anfang des Semesters ist es gut, genügend Zeit dafür einzuplanen, dass sich alle gegenseitig B 24  eine gemeinsame Publikation in Form eines Sammelbands / E-Books mit allen studentischen Beiträgen  eine Broschüre für die außeruniversitäre Öffentlichkeit  eine Posterpräsentation im Institut  eine öffentliche Diskussionsrunde mit eingeladenen Expert_innen am Institut oder auch außerhalb der Universität  ein (studentisches) Symposium  ein Film, in dem die Ergebnisse illustriert werden  ein Vortrag auf einer (studentischen) Konferenz  ein gemeinsam verfasster Artikel für eine wissenschaftliche Zeitschrift oder Publikation B.2.2 Abschlussprojekt und gemeinsames Ziel Die Erfahrung mit Lehrveranstaltungen zu Forschendem Lernen zeigt, dass ein gemeinsames Abschlussprodukt die Motivation der Studierenden fördern kann: In der Regel forschen Studierende in ihrem Studium individuell (z. B. Hausarbeit oder Bachelor-/ Masterarbeit). Möglichkeiten für kollektives Forschen sind demgegenüber eher selten, werden von den Studierenden jedoch häufig sehr positiv erlebt – insbesondere dann, wenn ein gemeinsames Abschlussprodukt erarbeitet wird (Sonntag & Rueß, 2018). Das Abschlussprodukt markiert das gemeinsame Ziel, auf das Lehrende und Studierende hinarbeiten können. Besonders motivierend sind dabei Abschlussprodukte, die für eine breitere (Fach-)Öffentlichkeit bestimmt sind. Die Studierenden erkennen, dass sie nicht nur ›für die Schublade‹ arbeiten, sondern auch für Dritte interessante Erkenntnisse erzielen. Das spornt an und erhöht die subjektive Bedeutsamkeit der gemeinsamen Forschung. Im Idealfall nähert sich das Seminar dem Abschlussprodukt schrittweise. Lehrende setzen – ggf. zusammen mit den Studierenden – kleine Teilziele, die das Abschlussprodukt im Laufe des Seminars sukzessive entstehen lassen. Das hat vielerlei Vorteile: Teilziele strukturieren den gesamten Forschungsprozess und zwingen zu regelmäßiger Dokumentation und Reflexion des aktuellen Standes, sowohl auf inhaltlicher als auch auf organisatorischer Ebene. Zudem erleben die Studierenden das stetige Erreichen von Teilzielen als motivierend. Nicht jedes Abschlussprodukt ist für jedes Seminar gleichermaßen geeignet. Es ist sinnvoll, wenn Lehrende sich idealerweise von Beginn an Gedanken machen, welches Produkt sie gemeinsam mit den Studierenden erstellen wollen und können. Wenn möglich, sollten die Studierenden in diese Entscheidung miteinbezogen werden, sodass das Abschlussprodukt in einem gemeinsamen Aushandlungsprozess festgelegt wird. Denkbare Formen sind zum Beispiel: Damit das Arbeitsprodukt nicht am Ende des Semesters mehr oder weniger ad hoc und unter Zeitdruck erarbeitet werden muss, ist es hilfreich, wenn Lehrende sicherstellen, dass Teilergebnisse und -prozesse kontinuierlich dokumentiert werden: B 25 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung die Bewertung einfließen zu lassen, empfiehlt es sich, frühzeitig mit den Prüfungsverantwortlichen / -ämtern Rücksprache zur Anrechenbarkeit von Portfolios etc. zu halten. Zu Beginn des Semesters lässt sich statt eines klassischen Seminarplans z. B. ein Projektplan oder eine Themenlandkarte nutzen, um mit den Studierenden festzulegen, welche Felder wann und wie bearbeitet werden sollen. Im weiteren Verlauf des Seminars können die Seminarteilnehmer_innen immer wieder darauf zurückkommen und gemeinsam prüfen, welche Arbeitsschritte noch zu erledigen sind oder welche Texte, Theorien oder Methoden noch zwingend bearbeitet werden müssen, um (ggf. auch neu entstandene) Lücken zu schließen. Auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass alle stets wissen, warum sie was mit wem und bis wann tun. Nicht zuletzt können Projektpläne bzw. Themenlandkarten auch zur Motivation genutzt werden: Lehrende können den Studierenden im Laufe des Semesters immer wieder zeigen, wie weit sie schon gekommen sind. So werden Erfolge und Fortschritte sichtbar. Anregungen zur Dokumentation und Visualisierung von Inhalten finden Sie im Anhang unter »Tipps und Anregungen« p Abschnitt II.2 Konkrete Hinweise dazu, wie Sie – statt eines klassischen Seminarplans – mit einer Themenlandkarte arbeiten können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.2 WICHTIGE FRAGEN Was sind mögliche gemeinsame Abschlussprodukte der Veranstaltung? Es hilft, wenn während des Semesters zentrale Teilergebnisse und -prozesse regelmäßig dokumentiert werden. Denkbar sind hier Beiträge der Studierenden zum theoretischen Hintergrund, zur Methodenherleitung, zur Beschreibung der Untersuchung oder zu den ersten Ergebnissen. Konkret können Lehrende hier beispielsweise mit Portfolios arbeiten, also einen geteilten (physischen oder digitalen) Ordner anlegen, in dem die Beiträge gesammelt werden. Wer gerne mit Social Media arbeitet, kann für das Portfolio beispielsweise auch einen Webblog nutzen, in den die Studierenden ihre Einträge einstellen können. Alternativ könnten Protokolle von Diskussionen im Seminar so aufbereitet werden, dass sie relevante Teilergebnisse und -prozesse widerspiegeln. Wenn geplant ist, diese Ergebnisse in Wie lege ich das Abschlussprodukt gemeinsam mit den Studierenden fest? Welche kleinen Teilziele sollten die Studierenden erreichen, sodass das Abschlussprodukt sukzessive entstehen kann? In welchem Kontext könnten die Ergebnisse des Forschungsprojekts einer (Fach-)Öffentlichkeit präsentiert werden? Wie sieht die Zielgruppe aus? B 26  Deutlich stärker gefordert sind die Studierenden dann, wenn es darum geht, eigene Teilfragen zu entwickeln, die helfen sollen, die übergeordnete Fragestellung des Seminars zu beantworten. Die Studierenden sollten hier die Möglichkeit haben, eigene Ideen einzubringen. Eine wichtige Aufgabe der Lehrenden besteht darin, die verschiedenen Erkenntnisinteressen so zusammenzuführen, dass der gemeinsame rote Faden nicht verloren geht. B.2.3 Strukturvorgabe und Freiraum Forschendes Lernen soll Studierenden den Freiraum geben, selbständig zu forschen. Dabei brauchen sie aber in aller Regel dennoch Unterstützung. Lehrende stehen somit häufig vor der Frage, welche Vorgaben die Studierenden brauchen und wo sie (mit)gestalten können. Wie kann dieser Spagat zwischen Strukturvorgabe und Freiraum bewältigt werden?  An die Erarbeitung von Teilfragen schließt sich die Untersuchungsplanung an. Auch hier ist die Mitarbeit der Studierenden erforderlich. Konkret könnte dies umgesetzt werden, indem die Studierenden zunächst selbst Forschungsdesigns entwickeln, die dann wiederum in der Seminargruppe vorgestellt und diskutiert werden. Wichtig: Falls die Studierenden nur wenig Erfahrung damit haben, wie Forschungsvorhaben geplant werden können, müssen Lehrende hier stärker unterstützen. Umso wichtiger ist es, dass die Studierenden sich gegenseitig Feedback geben, indem die Lehrenden sich selbst eher zurückhalten. Geben Lehrende zu schnell oder zu detailliert Rückmeldungen, verlassen sich die Studierenden oftmals zu sehr auf sie und hören auf, sich aktiv zu beteiligen. Im Idealfall führen Lehrende die Studierenden langsam an die Freiräume heran:  In den ersten Sitzungen werden die Studierenden vermutlich stärker angeleitet werden müssen als in späteren Phasen der Forschung. Um das gemeinsame Forschen zu erleichtern, sollten alle Studierenden zunächst auf einen gemeinsamen Kenntnisstand im Hinblick auf fachliche Inhalte und methodische Vorgehensweisen gebracht werden. Das bedeutet aber nicht, dass zwingend die Lehrenden die zentralen Inhalte referieren müssen. Es ist hilfreich, die Studierenden von Beginn an einzubeziehen, zum Beispiel indem die Studierenden bestimmte Aspekte selbst erarbeiten und sich gegenseitig vorstellen. Das kann im Seminar selbst über Gruppenarbeiten oder auch in Vorbereitung zu Hause realisiert werden. Die Lehrenden sollten jedoch vorab festlegen und kommunizieren, wie das selbständig erarbeitete Wissen im Seminar geteilt und vermittelt werden kann. Sinnvoll ist es, beispielsweise eine Gliederung oder Leitfragen vorzugeben, anhand derer inhaltliche oder auch methodische Aspekte präsentiert werden können. Die Umsetzung des Forschungsdesigns findet zumeist selbstgesteuert und in Kleingruppenarbeit statt. Die erarbeiteten Forschungsdesigns werden von den Studierenden weitgehend eigenständig bearbeitet. Dabei sind jedoch begleitende, regelmäßige Präsenztermine einzuplanen, um eine kontinuierliche Unterstützung der Arbeitsgruppen zu gewährleisten und die Teilergebnisse und -prozesse zusammenzuführen. B 27 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung unterstreicht noch einmal, dass das Forschungsprojekt von allen gemeinsam verantwortet wird, und schafft gleichzeitig Verbindlichkeit in der Gruppe. Diese Termine können von den Lehrenden moderiert oder auch alternierend durch die Gruppen verantwortet werden. Wie stark sich Lehrende in der Endphase der Forschung einbringen möchten, hängt vor allem von der Art des Abschlussproduktes ab: Ein gemeinsamer wissenschaftlicher Artikel wird vermutlich mehr Vorstrukturierung erfordern als eine Broschüre, die für eine externe Öffentlichkeit erarbeitet wird. Es hilft, bereits während der Definition des Abschlussproduktes zu bedenken, welche Unterstützung die Studierenden voraussichtlich benötigen werden. WICHTIGE FRAGEN Welches grundlegende Wissen brauchen die Studierenden, damit wir gemeinsam forschen können, und wie soll dieses Wissen vermittelt werden? Welche inhaltlichen bzw. methodischen Vorgaben sind als verbindlich gesetzt und über welche wird im Team noch gemeinsam entschieden? Wie Sie die verschiedenen Forschungsphasen im Semester anordnen können, zeigt Ihnen ein Beispiel-Semesterplan, den Sie in den angehängten »Handreichungen für Lehrende« finden p Abschnitt I.2 Welche konkreten Aufgaben im Forschungsprozess bzw. in der Veranstaltung übernehme ich? Welche Aufgaben übernehmen die Studierenden? Konkrete Anregungen dazu, wie die Studierenden eigenständig erarbeitetes Wissen teilen und sich gegenseitig vermitteln können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.3 Bis wann sollen welche Aufgaben erledigt bzw. welche Teilziele erreicht sein? In ihrer Rolle als Leiter_innen des gemeinsamen Forschungsprojektes müssen Lehrende ab und an den Anstoß geben, dass anstehende Aufgaben fristgerecht erledigt werden, um Teilziele wie geplant erreichen zu können. Entscheidend dabei ist erstens, dass die Aufgaben frühzeitig verteilt werden, sodass alle Studierenden und die Lehrenden wissen, wer für was bis wann zuständig ist. Zweitens muss geklärt werden, wann welche Teilziele erreicht werden sollen. Die entsprechenden Fristen sollten idealerweise zusammen mit den Studierenden festgelegt werden. Dies B 28 B.3 frage, die gemeinsam im Seminar beantwortet werden soll. Die Einführung kann – je nach Thema/übergeordneter Forschungsfrage – ganz unterschiedliche Wissensbereiche umfassen: Begriffsklärungen, aktuelle Forschungsbefunde, konfligierende Theorien, ungeprüfte Hypothesen oder umstrittene Erkenntnisse aber auch offene Fragen und Forschungsdesiderate. Unabhängig von den konkreten Inhalten werden für die thematische Einführung in der Regel die ersten zwei bis drei Sitzungen des Seminars benötigt. Hier kann die/der Lehrende inhaltlichen Input geben, es ist aber ebenso möglich, die Studierenden bereits in dieser Phase gezielt einzubinden – beispielsweise, indem Grundlagentexte auf Kleingruppen aufgeteilt, von den Studierenden vorbereitet, zusammengefasst und referiert werden. Hierbei können Regeln der Zusammenarbeit bereits frühzeitig erprobt und – gerade auch in heterogenen und multidisziplinären Studierendengruppen – bestehende Wissens- und Erfahrungsunterschiede produktiv genutzt werden. Idealerweise findet die Vorbereitung der Literatur außerhalb der Sitzungen statt. Wenn die Vorbereitung im Seminar stattfinden muss, sollten die Texte so gewählt bzw. aufgeteilt werden, dass sie auch innerhalb einer Sitzung bearbeitet und diskutiert werden können. Forschungsphase B.3.1 Entwicklung von Forschungsfrage und -design Beim Forschenden Lernen wird in der Regel ein Gegenstand – das Thema des Seminars – gemeinsam erforscht. Idealerweise handelt es sich also um ein gemeinschaftliches Forschungsvorhaben mit Raum für individuelle Ausprägungen. Die Entwicklung eigener Forschungsfragen und die Wahl passender Forschungsmethoden stellen zentrale Momente im Prozess des gemeinsamen Forschens dar. Nicht selten haben Studierende aber gerade bei diesen Aufgaben Schwierigkeiten. Häufig nehmen sie sich aufgrund mangelnder Erfahrung zu viel vor. Sie wählen Forschungsfragen, die zu breit angelegt sind und mit den verfügbaren Ressourcen nicht beantwortet werden können. Hier stellt sich also die Herausforderung, die Studierenden so zu unterstützen, dass sie interessante und zugleich bearbeitbare Forschungsfragen und -designs entwickeln können. In der Regel können Fragen und Designs nicht ad hoc entwickelt werden, sodass sich eine schrittweise Annäherung empfiehlt: Schritt 2: Ideen für Teilfragen brainstormen Schritt 1: Thematische Einführung zum übergeordneten Thema Einige Studierende werden das Seminar aus einem inhaltlichen Interesse heraus besuchen. Andere Studierende müssen dieses Interesse vielleicht erst noch entwickeln, insbesondere dann, wenn es sich um eine Pflichtveranstaltung handelt. Um auch jene Studierende ohne ausgeprägtes Eigeninteresse zum Nachdenken über das jeweilige Thema anzuregen, empfiehlt Damit die Studierenden eigene Forschungsfragen finden können, benötigen sie zunächst theoretisch-inhaltliches Wissen zum Themengebiet, in dem geforscht werden soll. Zunächst muss dabei natürlich das Themengebiet vorgestellt werden bzw. die übergeordnete Forschungs- B 29 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung es sich, die Interessen der Gruppe am Thema explizit anzusprechen, die Studierenden etwa danach zu fragen, warum sie am Seminar teilnehmen, was genau sie am Thema interessiert oder welche Fragen ihnen in den Sinn kommen, die sie gerne bearbeiten würden. Natürlich braucht auch die Entwicklung solcher erster Ideen Zeit. Die Studierenden sollten daher zunächst den Raum haben, um sich individuell mit ihren thematisch-inhaltlichen Interessen auseinanderzusetzen. Dafür können auch Methoden des Brainstormings eingesetzt werden, beispielsweise das »Brain Walking« (vgl. Toolbox im Anhang). einzeln oder in Kleingruppen bearbeitet werden. Bei besonders wenigen Teilnehmer_innen kann auch das gesamte Team gemeinsam die übergeordnete Fragestellung bearbeiten. Schritt 4: Teilfragen präzisieren Sind die gemeinsamen Ideen und Interessen formuliert, gilt es, diese in einem nächsten Schritt, in bearbeitbare Forschungsfragen zu übersetzen. Eine spielerische Möglichkeit, die Studierenden bei der Präzisierung ihrer Interessen und -fragen zu unterstützen, ist der ›Reality Check‹: Schritt 3: Teilfragen im Plenum zusammentragen und clustern Konkrete Anregungen zum Reality Check finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.2.4 Die individuell erarbeiteten Interessen und Ideen der Studierenden werden im Anschluss im Plenum aufgegriffen und diskutiert. Dabei erhalten nach Möglichkeit alle Seminarteilnehmer_innen Gelegenheit, eine erste Idee mitzuteilen (bei größeren Gruppen empfiehlt sich hier eine Kartenabfrage). Inhaltliche Überschneidungen können auf diese Weise identifiziert und gemeinsame Ideen geclustert werden, um gegebenenfalls thematische Kleingruppen zu bilden. Das übergeordnete Thema bzw. die übergeordnete Forschungsfrage des Seminars bildet die Klammer. Das heißt, im Idealfall sollten letztlich von den Studierenden nur solche Teilfragen bearbeitet werden, die auch wirklich zum Seminarthema passen bzw. die helfen, die übergeordnete Frage zu beantworten. Gemeinsam kann im Seminar dann darüber beraten werden, welche Teilfragen geeignet bzw. weniger geeignet sind und welche – zumindest in diesem Seminar – weiterverfolgt werden und welche nicht. Die Teilfragen können – je nach Zusammensetzung der Gruppe – Die Studierenden schreiben ihre Teilfragen individuell oder in den bereits gebildeten Kleingruppen auf. Dabei kommen – gerade bei unerfahreneren Studierenden – häufig ziemlich anspruchsvolle Projektideen heraus. Eine der eingereichten Teilfragen wird dann im Plenum einer Realitätskontrolle unterzogen und überarbeitet:  Wo liegt der Kern der Frage, was genau soll untersucht werden? Passt die Formulierung der Frage zum eigentlichen Interesse?  Welche Art von Daten (und Methoden) werden zur Beantwortung der Frage benötigt? Welche Art von Daten und Methoden suggeriert die Formulierung der Frage?  Welche Informationen und Daten sind (für die Teilnehmer_innen) verfügbar? Welche Schwierigkeiten müssen wir antizipieren?  Gibt es Studien, an die wir anknüpfen können? B 30  Welches Fachwissen und welche Fähigkeiten bringen die Forscher_innen mit? geeignetes Forschungsdesign entwickeln zu können, benötigen die Studierenden ein bestimmtes methodisches Wissen. Im Idealfall sind die Forschungsfrage und das bestehende Methodenwissen bereits im Prozess der Fragenformulierung in Einklang gebracht worden (bzw. nötige Methodenvorkenntnisse als Teilnahmevoraussetzung für das Seminar spezifiziert worden). In der Praxis wird jedoch trotzdem häufiger ein methodischer Input notwendig sein (z. B. wenn methodisches Wissen zum ersten Mal angewandt werden soll oder ein bislang unvertrautes Verfahren vertiefte Erkenntnisse verspricht). Hier – und insbesondere für Veranstaltungen ohne ausgewiesene Teilnahmevorausetzungen – empfiehlt es sich, frühzeitig zu überlegen, wie ein bedarfsorientierter methodischer Input am besten gewährleistet werden kann. Dieser Input kann durch die/den Lehrende/n erfolgen oder durch Verweis auf relevante Literatur von den Studierenden selbständig angeeignet bzw. vertieft werden. Eventuell kann hier aber auch auf das Wissen anderer, weiter fortgeschrittener Teilnehmer_innen oder – natürlich nur nach vorheriger Absprache – auf die Expertise von Kolleginn_en zurückgegriffen werden. An die Vermittlung relevanter methodischer Kenntnisse schließt sich die Phase der Planung des Forschungsdesigns an. Im Idealfall wird das Forschungsdesign nicht vorgegeben, sondern den Studierenden zunächst Raum dafür gelassen, sich selbst zu erproben, d. h. selbst geeignete Untersuchungsdesigns zu entwickeln. In der Folge sollte die/der Lehrende den Studierenden in jedem Falle Feedback auf ihre Designs geben, auf dessen Grundlage sie daran weiterarbeiten können. Wenn möglich sollten die Studierenden in diesen Feedbackprozess einbezogen werden, d. h. Die ursprüngliche Frage wird hierbei in mehreren Schritten so überarbeitet und umformuliert, dass Interesse und Möglichkeiten in Einklang gebracht werden. Ziel der Überarbeitung ist nicht, den Studierenden ihre Projektideen auszureden, sondern zu präzisieren, wo das Interesse tatsächlich liegt und die Gruppe dafür zu sensibilisieren, wie sich das, was in einem begrenzten Zeitraum und mit den vorhandenen Fähigkeiten realisierbar ist, möglichst anspruchsvoll gestalten lässt. Nachdem das Prinzip ein oder zwei Mal gemeinsam im Plenum durchlaufen wurde, lassen sich die übrigen Vorschläge auch in Kleingruppen überarbeiten – bei Einzelprojekten mit der Maßgabe, dass das Projekt durchführbar, aber weiterhin spannend bleibt; bei Gruppenprojekten mit der Maßgabe, einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten. Trotz Unterstützung seitens der/des Lehrenden kann es natürlich passieren, dass nicht alle Studierenden in der Lage sind zu formulieren, welcher wissenschaftlichen Fragestellung sie nachgehen möchten. Insbesondere von Studierenden mit geringen theoretischen Kenntnissen kann dieser Freiraum für eigene Interessen als Überforderung empfunden werden. Bei Gruppenprojekten reicht es aus, wenn sich diese Studierenden einer Arbeitsgruppe zuordnen können. Wenn die Prüfungsvorgaben individuelle Leistungsnachweise erfordern, könnten ihnen vorbereitete Teilfragen zur Auswahl gestellt werden. Schritt 5: Forschungsdesigns entwickeln Um für die erarbeiteten Forschungsfragen ein B 31 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung Wie stelle ich sicher, dass sich die Studierenden (ggf. zusätzliche) methodische Kenntnisse aneignen können? sich auch gegenseitig Feedback auf die erarbeiteten Designs geben. Beispielsweise können die entwickelten Untersuchungsdesigns vorgestellt und im Plenum diskutiert, bewertet und ggf. gemeinsam verbessert werden. Alternativ kann auch Peer-Feedback organisiert werden, indem beispielsweise alle Studierenden zwei Untersuchungsdesigns lesen und Rückmeldung dazu geben. Wie kann ich die Studierenden dabei unterstützen, geeignete Forschungsdesigns für ihre Teilfragen zu entwickeln? Für die Darstellung der Untersuchungsdesigns empfiehlt es sich, eine Reihe von Leitfragen vorzugeben, an denen sich die Studierenden orientieren können, z. B.: Was wird untersucht, d. h. welche Untersuchungsgegenstände, welche Stichproben etc. und warum genau diese? Mit welchen Methoden und Instrumenten? Wie werden die Ergebnisse ausgewertet? Durch die Vorgabe von Leitfragen werden die studentischen Präsentationen vergleichbar, sodass nicht zuletzt auch gegenseitiges Feedback erleichtert wird. B.3.2 Unterstützung und Austausch während der Forschungsphase Wenn die Studierenden Forschungsfragen gefunden, präzisiert und Designs zur Beantwortung ihrer Fragen entwickelt haben, geht es an die Umsetzung des Forschungsdesigns. Die Studierenden haben hier gezielt die Möglichkeit, sich zu erproben, d. h. sie brauchen ausreichend Zeit, um ihre Forschung eigenständig durchführen zu können, in Kleingruppen oder auch individuell. Eine Beschreibung des Brain Walkings sowie konkrete Anregungen dazu, wie Sie im Seminar Ideen für Forschungsfragen brainstormen und zusammentragen lassen können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.2 Während dieser eigenständigen Phase empfiehlt es sich trotzdem, regelmäßige Präsenztermine beizubehalten (etwa in 14-tägigem Rhythmus). Diese Termine können zum selbständigen Arbeiten im Seminarraum genutzt werden, sollten in jedem Falle aber auch den wechselseitigen Austausch unter den Studierenden ermöglichen. Für die Motivierung der Studierenden ist es wichtig, dass sie den roten Faden bzw. die Schnittmengen der Einzel- oder Kleingruppenarbeiten sowie das Ziel des gemeinsamen Abschlussprodukts sehen. Jene Sitzungen, die den Austausch zwischen den Studierenden fördern, könnten zum Beispiel den Charakter von Kolloquien haben, in denen Vor- WICHTIGE FRAGEN Wie kann ich die Studierenden dabei unterstützen, eigene Teilfragen zu finden? Wie stelle ich sicher, dass die Teilfragen zum Seminarthema bzw. zur übergeordneten Forschungsfrage passen? B 32 Studierenden die Freiheit gibt, sich die Zeit selbst einzuteilen und bei dem die/der Lehrende statt der Präsenzveranstaltungen Rücksprachetermine anbietet. Gerade in diesem Fall ist die Klärung der Kommunikationswege und der gegenseitigen Möglichkeiten der Erreichbarkeit – zum einen zwischen den Lehrenden und den Studierenden, zum anderen innerhalb der Studierendengruppe – von großer Bedeutung. Neben herkömmlichen Kommunikationswegen (z. B. Email) können hier natürlich auch gemeinsam geteilte Ordner in einer Cloud oder E-Learning-Plattformen genutzt werden. Wenn möglich, sollte jedoch ein Austausch-Tool genutzt werden, das nicht nur einen Dialog zwischen Lehrenden und forschenden Studierenden ermöglicht, sondern Diskussionsmöglichkeiten mit Kommiliton_innen einschließt. gehensweisen oder erste Teilergebnisse diskutiert und jeweils in den Kontext des gesamten Themas gestellt werden. In einem solchen Format können sich die Seminarteilnehmer_innen selbst und gegenseitig als Expert_innen und Berater_ innen wahrnehmen – als gemeinsam forschend Lernende. Ganz nebenbei sind die Studierenden dadurch aufgefordert, ihre Arbeitsschritte regelmäßig aufzubereiten. Sukzessive entsteht somit eine Dokumentation, die als Grundlage für das Abschlussprodukt dienen kann. Konkrete Anregungen dazu, wie Zwischenergebnisse während der Forschungsphase präsentiert werden können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.3 illustriert verschiedene Methoden, wie Wissen gegenseitig geteilt und vermittelt werden kann. Möglicherweise macht die Gruppe oder machen einzelne Studierende die Erfahrung, dass im Prozess der Forschung Rückschläge und Krisen auftreten können, mit denen sie dann umgehen müssen. So können sich beispielsweise der Zugang zum empirischen Feld oder die Auswertung der erhobenen Daten als komplizierter erweisen als gedacht, sodass eine zeitliche Verzögerung eintritt oder sogar die Forschungsfrage neu konzipiert werden muss. Umso bedeutender ist es, dass die/der Lehrende als Berater_in in diesem Prozess zur Verfügung steht. Aufkommende Hürden oder Rückschläge können in den Präsenzterminen dann gezielt thematisiert und aufgefangen werden. Nicht zuletzt im Austausch mit Kommiliton_innen kann den Studierenden nahegebracht werden, dass Forschung nicht immer geradlinig ist und auch nicht immer wie geplant verlaufen muss. Natürlich ist auch ein Format denkbar, das den WICHTIGE FRAGEN Wie organisiere ich den Austausch mit den Studierenden während der eigenständigen studentischen Forschungsphase (z. B. wöchentliche Präsenztermine beibehalten oder Beratungstermine anbieten)? Wie organisiere ich den Austausch zwischen den studentischen Kleingruppen während der eigenständigen Forschungsphase (z. B. Präsenztermine mit Kolloquien-Charakter oder Online-Plattformen)? B 33 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung  Feedback zu Forschungsdesigns von Kommiliton_innen (siehe Abschnitt B.3.1)  Feedback zu (Zwischen-)Ergebnissen von Kommiliton_innen (z. B. Poster, Abstracts, Ergebnispräsentationen)  Feedback zum gemeinsamen Abschlussprodukt (z. B. inhaltliches Feedback zu den Bereichen, die Kommiliton_innen verantwortet haben oder auch Feedback zum gemeinsamen Arbeitsprozess). B.3.3 Kommunikation und Feedback im Forschungsprozess Neben Forschungsfrage und Forschungsdesign stehen und fallen gemeinschaftliche Forschungsvorhaben mit der Kommunikation innerhalb der Gruppe, insbesondere damit, wie Beiträge zum gemeinsamen Forschungsprozess bewertet und wie mit potenzieller Kritik umgegangen wird. Eine nützliche Methode hier ist das ›kollegiale Feedback‹. Da Studierende oft wenig Vorerfahrung mit konstruktivem Feedback haben, ist es gut, wenn sie gemeinsam auf ihre Rolle als Feedbackgeber_innen und -nehmer_innen vorbereitet werden. Im Idealfall werden bereits zu Seminarbeginn zentrale Feedback-Methoden und -Regeln eingeführt, damit sich die Studierenden sukzessive daran gewöhnen können. Methodisch ist hier ein breites Spektrum denkbar (z. B. offene Feedbackrunde, schriftliches/anonymes Feedback, Punkteabfrage). In jedem Falle sollten aber vorab Feedback-Regeln verabredet werden (z. B. eher beschreibend als bewertend, eher konkret als allgemein und eher einladend als zurechtweisend). Natürlich können Lehrende auch immer Feedback zum Feedback geben, d. h. gelungene Äußerungen wertschätzen und, falls nötig, Alternativen zu ungünstig formulierten Bemerkungen aufzeigen, sodass die Studierenden weiter dazulernen können. Hinweise zum Thema Feedback und Feedback-Regeln, die Sie im Seminar etablieren können, finden Sie im Anhang unter »Tipps und Anregungen« p Abschnitt II.3 Konkrete Anregungen dazu, wie Sie zum Feedback anregen können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.4 illustriert verschiedene Methoden des Feedbacks. WICHTIGE FRAGEN Welche Feedback-Regeln und -Methoden möchte ich in der Seminargruppe etablieren? An welchen Punkten im Seminar ist es mir besonders wichtig, dass sich die Studierenden gegenseitig Feedback geben? Im gemeinsamen Forschungsprozess bietet sich das kollegiale Feedback fortlaufend, insbesondere aber an folgenden Punkten an:  Feedback zu den Forschungsfragen von Kommiliton_innen (siehe dazu v. a. den »Reality Check« in Abschnitt B.3.1) Wann möchte ich selbst Feedback von den Studierenden zur Seminargestaltung und zu meiner Rolle als Lehrende_r imForschungsprozess erhalten? B 34 B.4 Wenn ein studentisches Symposium zum Abschluss realisiert werden soll, kann die interne Präsentation als Testdurchlauf für externe Vorträge genutzt werden. Damit das Feedback-Geben nicht – wie in regulären Lehrveranstaltungen häufig der Fall – allein auf die/den Lehrende_n zurückfällt, sollten die Studierenden explizit dazu eingeladen werden, sich auch gegenseitig Rückmeldung zu ihren Ergebnispräsentationen zu geben (siehe dazu Kapitel B.3.3). Abschluss und Nachbereitung B.4.1 Ergebnispräsentation Die Herausforderung zum Ende des Semesters besteht darin, die Ergebnisse der studentischen Forschung so zusammenzuführen, dass ein gemeinsames Abschlussprodukt realisiert werden kann. Zunächst werden also alle Ergebnisse erst intern in der Seminargruppe zusammengetragen, bevor dann ein Abschlussprodukt für externe Zielgruppen erarbeitet werden kann. Auch die interne Ergebniszusammenführung braucht Vorbereitung: Der Zeitpunkt für die Ergebnissynthese sollte bereits früh im Semester vereinbart werden, sodass alle wissen, bis wann die Ergebnisse aufbereitet sein müssen. Im Idealfall haben die Studierenden Teilergebnisse bereits während des Semesters ausreichend dokumentiert, was die Aufbereitung der Endergebnisse erleichtert und den Arbeitsaufwand zum Ende des Semesters überschaubar hält (siehe dazu Kapitel B.2.2). Auf die interne Ergebnissynthese folgt schließlich die Aufbereitung für externe Zielgruppen: Ergebnisse wissenschaftlich aufzubereiten, fällt Studierenden nicht immer leicht. Sie werden vermutlich hier verstärkt Unterstützung durch die/ den Lehrende_n benötigen. Hilfreich können Handreichungen oder Beispiele sein, an denen sich die Studierenden orientieren können, etwa zu den Fragen: »Wie schreibt man einen wissenschaftlichen Artikel«, »Wie sieht ein wissenschaftliches Poster aus?«, »Wie präsentiert man wissenschaftliche Ergebnisse?« etc. Häufig lässt sich das Abschlussprodukt nicht innerhalb der Vorlesungszeit realisieren, sondern die Arbeit daran wird in die vorlesungsfreie Zeit verlegt. Damit die Aufgaben nicht an den Lehrenden oder einzelnen besonders engagierten Studierenden hängen bleibt, muss daher in der Seminargruppe frühzeitig diskutiert und vereinbart werden, in welchem Maße die vorlesungsfreie Zeit zur Finalisierung des Abschlussproduktes genutzt werden kann bzw. soll. In der Regel sind die Studierenden eher bereit weiterzuarbeiten, wenn sie wissen, worauf sie sich einlassen. Falls im Forschungsverlauf Verzögerungen eintreten, sollten die Studierenden rechtzeitig darauf vor- Die Zusammenführung selbst kann beispielsweise darin bestehen, dass die Studierenden sich ihre Ergebnisse gegenseitig vorstellen. Ggf. können den Studierenden hier Leitfragen oder eine Gliederung an die Hand gegeben werden, sodass sie den Aufbau und die Inhalte ihrer Ergebnispräsentationen daran ausrichten können. Die Form der internen Ergebnispräsentation kann sich bereits an der Form des Abschlussproduktes orientieren: Wenn als gemeinsamer Abschluss beispielsweise eine Poster-Ausstellung geplant ist, können die Ergebnisse bereits in Form von Poster-Vorentwürfen zusammengeführt werden. B 35 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung bereitet werden, dass sich dadurch der Zeitplan nach hinten verschiebt und verbleibende Aufgaben in der vorlesungsfreien Zeit bearbeitet werden müssen. hinreichender Reflexion zu hohen Lerneffekten führen und auf die spätere Forschungspraxis vorbereiten (Forschungskompetenzen). In der Regel legen die fachspezifischen Prüfungsordnungen fest, auf welcher Grundlage Leistungspunkte bzw. Noten vergeben werden. Grundsätzlich eignen sich jedoch manche Prüfungsformen mehr, andere weniger, um forschungsbezogene Leistungen von Studierenden zu bewerten. Sofern es die Prüfungsordnung zulässt, sollte daher eine Form der Leistungsbeurteilung gewählt werden, die den Forschungstätigkeiten und Gruppenarbeiten der Studierenden gerecht wird. Abschlussklausuren etwa erfragen in der Regel vor allem deklaratives Wissen. Erworbene Forschungskompetenzen oder erbrachte Forschungsleistungen können in dieser Form nicht angemessen berücksichtigt werden. Nach Möglichkeit sollte auch nicht nur die Qualität der Ergebnisse bzw. deren verschriftlichte Darstellung, sondern auch der Forschungsprozess insgesamt bewertet werden. WICHTIGE FRAGEN Wann im Semester planen wir die interne Zusammenführung der Ergebnisse? Welche Vorgaben für die gegenseitige Ergebnispräsentation können den Studierenden helfen? Bis wann soll unser Abschlussprodukt fertig sein? Welche Hinweise für die Erstellung des Abschlussproduktes können den Studierenden helfen? Gängige Prüfungsleistungen wie mündliche Präsentationen, Referate, Essays oder Hausarbeiten lassen sich mitunter gut einsetzen bzw. adaptieren. Empfehlenswert ist auch das Format des individuellen Portfolios: darin haben die Studierenden die Möglichkeit, neben konkreten Ergebnissen sowohl ihre Beteiligung am Prozess, als auch die Entwicklung persönlicher Erkenntnisse semesterbegleitend zu dokumentieren und die Herausforderungen der forschenden Tätigkeit selbst kritisch reflektieren. Die Basis eines Portfolios ist zum einen ein Arbeitsjournal incl. der recherchierten Artikel, eigener Diskussionsbeiträge, Protokolle, der Ergebnisse von Arbeitsaufträgen B.4.2 Prüfungsleistungen In Seminaren des Forschenden Lernens sollen Studierende die Chance erhalten und ermutigt werden, sich auf das Wagnis Forschung einzulassen. Dafür benötigen sie einen möglichst offenen Rahmen, der auch zulässt, dass sich Forschungsfragen im Laufe des Prozesses als zu wenig fokussiert erweisen, die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen oder Methoden sich als ungeeignet herausstellen. Manchmal sind solche ›Fehler‹ sogar wünschenswert, da sie bei B 36 im Seminar, und zum anderen ein Lerntagebuch mit regelmäßigen Aufzeichnungen zu Erkenntnissen und offenen Fragen bzw. Begründungen von bestimmten (methodischen) Vorgehensweisen. Wird das Portfolio als Leistungsnachweis genutzt, so wählen die Studierenden anhand eines selbst gesetzten Schwerpunktes einige Materialien davon aus, die eine Entwicklung des inhaltlichen ›roten Fadens‹ aufzeigen. Diese Unterlagen werden kommentiert, die Auswahl begründet, im Idealfall um ein Peer-Feedback ergänzt und mit einer Zusammenfassung abgerundet (ausführliche Gestaltungshinweise siehe z. B. Bräuer, 2016; e-teaching.org, 2016). und somit angstfreier arbeiten. Es ist im Sinne des gemeinsamen Forschens auf Augenhöhe auch denkbar, die Bewertungskriterien mit den Studierenden zu entwickeln bzw. im Seminar zu diskutieren. Eine Orientierungshilfe zur Bewertung von Leistungen, die im Forschenden Lernen erbracht und im Rahmen unterschiedlicher Prüfungsformen bewertet werden, befindet sich in der Materialund Methodensammlung in den Abschnitten I. 6–8. Es versteht sich von selbst, dass jede erfolgte Beurteilung anhand der im Voraus festgelegten Kriterien erläutert und begründet werden muss. Nur aus einem ausführlichen Feedback können Studierende lernen. Forschendes Lernen als sozialer Prozess erfolgt in der Gruppe, so dass die zu benotende Leistung häufig das Produkt einer Kleingruppenarbeit ist. Um die Kooperation und Zusammenarbeit zu fördern, sollten von Anfang an klare Regeln und Standards mit den Studierenden vereinbar werden. Bewährt hat sich zum Beispiel die Festlegung, dass alle Mitglieder einer Kleingruppe die gleiche Note erhalten (für ein Referat, eine Posterpräsentation oder eine Hausarbeit) und somit nicht klar erkennbar sein muss, wer was genau geleistet hat. So haben die Studierenden die Möglichkeit, die Arbeit entsprechend ihrer Kompetenzen und Vorlieben aufzuteilen. Sollten sich Unstimmigkeiten in der Gruppe ergeben und kein ausgewogenes Leistungsverhältnis bestehen, können die Studierenden sich im Voraus melden und den Wunsch äußern, einzeln bewertet zu werden. In diesem Fall muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Einzelleistungen klar erkennbar sind. Generell wirkt es motivierend, wenn Erfolge und Ergebnisse bereits im Verlauf des Seminars sichtbar werden und nicht erst am Ende mit der Prüfung und der Präsentation der Ergebnisse für interessierte Dritte. Diese Form des kontinuierlichen Prozesses wird in dem klassischen Bewertungssystem, mit Ausnahme des Portfolios, nicht entsprechend abgebildet. Sie können jedoch alternativ einzelne Beiträge (z. B. einen Blogeintrag und ein Review eines anderen Blogeintrags) als Prüfungsvoraussetzung deklarieren. Damit wird die aktive (Mit)arbeit gerade bei denjenigen Studierenden forciert, die bisher weniger Erfahrungen mit interaktiver Seminarkultur machen konnten. Unabhängig von der gewählten Prüfungsform empfiehlt es sich, Beurteilungskriterien in jedem Fall im Voraus festzulegen und von Anfang an zu kommunizieren. Je transparenter und eindeutiger die Anforderungen sind, desto eher können sich die Studierenden darauf einstellen, Erwartungen der/des Lehrenden besser nachvollziehen B 37 B _ Forschendes Lernen: Konzeption und Umsetzung Die Reflexion bezieht sich auf drei Ebenen:  Erstens lässt sich der gemeinsame Forschungsprozess kritisch reflektieren. Die Studierenden sollten entsprechend dazu angeregt werden, ihre Forschungserfahrungen, die Arbeitsprozesse im Team, die erreichten Ziele und Ergebnisse zu reflektieren: Was hat gut funktioniert? Was würde man beim nächsten Mal anders machen? Inwieweit wurde die eingangs festgelegte Forschungsfrage beantwortet bzw. welche weiteren Schritte wären hier noch notwendig (gewesen)? Welche Bewertungskriterien im Forschenden Lernen angelegt werden können, finden Sie in den angehängten »Handreichungen für Lehrende« p Abschnitt I.6–8 WICHTIGE FRAGEN Lässt die Prüfungsordnung Raum für die Bewertung von Forschungsleistungen? Wenn ja, welche Prüfungsform könnte für das Seminar geeignet sein?  Zweitens können die Studierenden ihren eigenen Lernfortschritt reflektieren: Was haben sie Neues aus der Lehrveranstaltung mitgenommen? Hier stellt sich besonders die Frage, welche persönliche Erfahrung sie mit den Forschungstätigkeiten und den damit verbundenen Freiräumen (und Frustrationen) gemacht haben, da sich diese Arbeitsweise teilweise deutlich von anderen Lehrveranstaltungen unterscheidet. In diesem Zusammenhang kann die/der Lehrende natürlich auch Feedback zur didaktischen Umsetzung des Seminars einholen: Welche Form der Unterstützung hätten die Studierenden zu welchem Zeitpunkt gebraucht? Welche Kriterien möchte ich nutzen, um die Forschungsleistungen (z. B. Forschungsfrage, methodisches Vorgehen, Ergebnisaufbereitung) zu bewerten? B.4.3 Reflexion des Forschungs- und Lernprozesses Zu einem Forschungsprozess gehört es, nach Projektende die Qualität der Ergebnisse, den Verlauf des Forschungsprozesses und nicht zuletzt den eigenen Lernfortschritt kritisch zu reflektieren. Auch vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die oben genannten Feedback-Strukturen im Team bereits während der Anfangsphase zu etablieren (vgl. Abschnitt B.3.3), sodass am Ende auf Grundlage des entstandenen Vertrauens eine konstruktive gemeinsame Reflexion möglich ist.  Drittens kann Reflexion natürlich auch auf Ebene der Lehrenden erfolgen, indem die Erfahrungen mit dem Format des Forschenden Lernens gezielt reflektiert werden: Was haben Lehrende selbst aus der Zusammenarbeit mit den Studierenden für zukünftige Lehrtätigkeiten mitgenommen? In welcher Form können und wollen sie auch weiterhin eigene Forschungsinteressen in die Lehre integrieren? B 38 Welche Methoden möchte ich nutzen, um die Studierenden zur Reflexion anzuregen? Grundsätzlich gilt: Reflexion steht nicht nur am Ende des Forschungsprozesses. Zwischenfeedbacks und -reflexionen sind eine sinnvolle Begleitung Forschenden Lernens. Auf diese Weise können Lehrende den Lern- und Forschungsfortschritt der Studierenden kontinuierlich beobachten, wenn nötig, unterstützend eingreifen und/ oder ihr eigenes Lehrhandeln anpassen. Wie kann ich meine eigenen Erfahrungen als Lehrende_r reflektieren? Hinweise zum Thema Feedback im Seminar finden Sie im Anhang unter »Tipps und Anregungen« p Abschnitt II.3 Hinweise, welche Reflexionsfragen Sie an sich bzw. Ihre Seminargestaltung richten können, finden Sie in den angehängten »Handreichungen für Lehrende«: p Abschnitt I.3, I.4 und I.5 Konkrete Feedback-Methoden, die Sie in Ihrem Seminar nutzen können, finden Sie in der Toolbox p Abschnitt III.4 WICHTIGE FRAGEN Zu welchen Zeitpunkten im Seminarverlauf möchte ich Reflexionsmomente einbauen? Wann sind Reflexionen zum gemeinsamen Forschungsprozess sinnvoll, wann zum persönlichen Lernfortschritt der Studierenden? B 39 C FORSCHENDES LERNEN IM VERGLEICH ZU ANDEREN LEHR-LERNFORMEN Zu Beginn dieses Leitfadens wurde Forschendes Lernen anhand seiner wesentlichen Eigenschaften definiert. Aufbauend auf diesen Charakteristika werden im Folgenden die Besonderheiten Forschenden Lernens durch die Abgrenzung gegenüber anderen konstruktivistischen und forschungsbezogenen Lehr-Lernformen genauer spezifiziert. Dieses Kapitel bietet somit auch einen Überblick über Lehr-Lernformen jenseits Forschenden Lernens. C.1 Das Klassifizierungsmodell teilt die verschiedenen Umsetzungsformen nach zwei Kategorien ein:  Die erste Kategorie unterscheidet nach dem inhaltlichen Schwerpunkt der Lehre, also danach, ob im Kern Forschungsergebnisse, Forschungsmethoden oder der gesamte Forschungsprozess thematisiert werden.  Die zweite Kategorie fragt nach dem Aktivitätsniveau der Studierenden und differenziert danach, ob die Studierenden rezeptiv lernen, ob sie erworbenes Wissen anwenden oder ob sie selbst forschend tätig sind. Ein Vergleich zu forschungsbezogenen Lehr-Lernformen Hochschullehre, die einen Bezug zu Forschung hat, wird als forschungsbezogene Lehre bezeichnet. Dabei können Forschung und Lehre auf unterschiedliche Weise miteinander verbunden sein, sodass sich in der hochschuldidaktischen Praxis verschiedene Umsetzungsformen herausgebildet haben. Was genau Forschendes Lernen von anderen Formen forschungsbezogener Lehre unterscheidet, ist nicht immer leicht zu erkennen. Aus diesem Grund wurde im bologna.lab der HumboldtUniversität zu Berlin eine Systematisierung forschungsbezogener Lehre erarbeitet und auf Basis einer empirischen Prüfung weiterentwickelt (Rueß et al., 2016). Kombiniert man die beiden Vergleichskategorien entsteht eine Klassifizierungsmatrix (vgl. Abb. 3), die – nach empirischer Prüfung – verschiedene Gruppen forschungsbezogener Lehre unterscheidet. C 41 C _ Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen Lehr-Lernformen Inhaltlicher Schwerpunkt Forschungsergebnisse Forschungsmethoden … arbeiten selbständig Literatur zu einem Forschungsfeld auf 8 9 … verfolgen eine Forschungsfrage und durchlaufen dabei den gesamten Forschungsprozess … wenden vorgegebene Methoden anhand einer Forschungsfrage an FORSCHENDES LERNEN anwendend 4 5b … diskutieren Vor- und Nachteile von Methoden … diskutieren Forschungsergebnisse 6b … diskutieren Forschungsvorhaben 5a 1 6a … üben die Planung von Forschungsvorhaben … üben Methoden rezeptiv Aktivitätsniveau der Studierenden forschend 7 Forschungsprozess 2 3b … bekommen den Forschungsprozess erläutert … bekommen Forschungsergebnisse vorgestellt … bekommen Forschungsmethoden vermittelt 3a … bekommen Techniken wissenschaftlichen Arbeitens erläutert Abb. 3: Matrix zur Klassifizierung forschungsbezogener Lehre (Rueß, Gess & Deicke, 2016) C 42 Wie in Abbildung 3 zu sehen, lässt sich Forschendes Lernen oben rechts in der Klassifizierungsmatrix verorten, wo forschende studentische Aktivität mit dem inhaltlichen Fokus auf den Forschungsprozess verbunden ist (Abb. 3: Gruppe 9). Die Besonderheiten Forschenden Lernens lassen sich vor allem im Vergleich zu anderen forschungsbezogenen Lehr-Lernformen illustrieren: Forschungsvorhaben planen kann (Gruppe 6a). Die Anwendung erworbenen Wissens kann aber auch über Diskussionen angeregt werden. Raum dafür können Seminare oder Kolloquien bieten, in denen Studierende Forschungsergebnisse inhaltlich diskutieren können (Gruppe 4), über die Vor- und Nachteilen verschiedener Forschungsmethoden beraten (Gruppe 5b) oder eigene sowie fremde Forschungsvorhaben diskutieren (Gruppe 6b). Forschendes Lernen im Vergleich zu rezeptiven Lehr-Lernformen: Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen forschenden Aktivitäten: Forschendes Lernen ist klar von rezeptiven LehrLernformen abgegrenzt. Während die Studierenden beim Forschenden Lernen selbstgesteuert forschen, werden ihnen beim rezeptiven Lernen forschungsbezogene Inhalte vermittelt. Typischerweise in Form von Vorlesungen werden den Studierenden Forschungsergebnisse präsentiert (Abb. 3: Gruppe 1) oder Forschungsmethoden vermittelt (Gruppe 2). In seminaristischer Form werden sie häufig in die Techniken wissenschaftlichen Arbeitens eingeführt (Gruppe 3a) oder bekommen erläutert, wie ein Forschungsprozess aufgebaut ist (Gruppe 3b). Forschende studentische Aktivitäten können auch in anderen Umsetzungsformen als im Forschenden Lernen realisiert werden. Gemeinsam haben diese Formen, dass die Studierenden jeweils eine Forschungsfrage weitgehend selbständig bearbeiten. Die zu bearbeitende Forschungsfrage kann dabei zwei unterschiedliche didaktische Funktionen haben:  In den Gruppen 7 und 8 der Abbildung 3 wird die Forschungsfrage genutzt, um das Lernen zu stimulieren und während des Lernprozesses weiter zu motivieren. Bei diesem forschungsmotivierten Lernen werden die Studierenden anhand einer – in der Regel vom Lehrenden vorgegebenen oder eingegrenzten – Frage dazu angeregt, sich vertiefend mit bestimmten Lerngegenständen auseinanderzusetzen. Diese Lerngegenstände können ausgewählte Forschungsfelder sein, zu denen Studierende fragengeleitet und selbständig Literatur aufarbeiten (Gruppe 7). Es kann sich aber auch um Forschungsmethoden handeln; das heißt, Studierende wenden vorgegebene Methoden anhand einer Forschungsfrage an (Gruppe 8). Unabhängig vom Lerngegenstand Forschendes Lernen im Vergleich zu anwendenden Lehr-Lernformen: Forschendes Lernen enthält auch anwendende Aktivitäten der Studierenden, geht jedoch darüber hinaus. Durch Anwendung kann das bereits erworbene Wissen vertieft werden, jedoch werden im Gegensatz zum Forschenden Lernen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse generiert. Als anwendende Lehr-Lernform ausgestaltet werden in der Regel praktische Übungen, etwa indem Forschungsmethoden erprobt werden (Abb. 3: Gruppe 5a) oder geübt wird, wie man C 43 C _ Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen Lehr-Lernformen Begriff des »inquiry learning« beschrieben (z. B. Spronken-Smith, Walker, Batchelor, O’Steen & Angelo, 2011). Beim »research-based learning« hingegen geht es im Kern darum, eine Forschungsfrage zu beantworten (z. B. Brew, 2010; Griffiths, 2004). ist entscheidend, dass die Beantwortung der Forschungsfrage nachrangig ist. Im forschungsmotivierten Lernen dient die Fragestellung vielmehr als didaktisches Mittel, um das Lernen zu stimulieren.  Im Unterschied zum forschungsmotivierten Lernen geht es bei Forschendem Lernen (Abb. 3: Gruppe 9) darum, die Forschungsfrage zu beantworten. Die Frage soll nicht mehr nur das Lernen stimulieren, sondern ist Ausgangspunkt für Studierende, sich im Forschen zu erproben und die eigenen Forschungsfähigkeiten (weiter) auszubilden. Damit die Studierenden den gesamten Forschungsprozess weitgehend eigenständig vollziehen können, werden keine engen Vorgaben gesetzt, weder zum Forschungsfeld noch zu den gewählten Forschungsmethoden. C.2 Ein Vergleich zu konstruktivistischen Lehr-Lernformen Wie eingangs ausgeführt, sind konstruktivistische Lehr-Lernformen durch die eigene Wissenskonstruktion der Studierenden charakterisiert. Wissensbestände werden demnach nicht von den Lehrenden direkt vermittelt (wie in sogenannten instruktionsorientierten Ansätzen). Vielmehr eignen sich die Studierenden in Auseinandersetzung mit Materialien relevante Wissensbestände selbständig an und konstruieren Wissen aktiv und individuell (Reinmann & Mandl, 2006). Zu den konstruktivistischen Lehr-Lernformen gehören beispielsweise problembasiertes, entdeckendes oder genetisches Lernen. Im deutschsprachigen Raum wird forschungsmotiviertes Lernen bisweilen mit Forschendem Lernen gleichgesetzt, vor allem dann, wenn konzeptuelle Vorstellungen aus der Schulforschung auf die Hochschuldidaktik übertragen werden (z. B. Bönsch, 2000). Um die beiden Formen nicht zu vermengen, sondern ihrer Unterschiedlichkeit auch begrifflich gerecht zu werden, sollten sie zumindest als verschiedene Typen Forschenden Lernens benannt werden. So kann forschungsmotiviertes Lernen, das auf die Aneignung spezifischer Lerngegenstände zielt, auch als Forschendes Lernen des Typs »Lernen« beschrieben werden, Forschendes Lernen im engen Sinne dagegen als Typ »Forschen« (vgl. Rueß et al., 2016). Eine ähnliche Unterscheidung wird auch im englischsprachigen Raum getroffen: Steht die Aneignung spezifischer Lerngegenstände im Zentrum, wird dies in der Regel mit dem Forschendes Lernen im Vergleich zu problembasiertem Lernen: Ausgangspunkt problembasierten Lernens ist ein Problem, das vom Lehrenden vorgegeben wird. Häufig sind diese Probleme authentisch (vgl. situiertes Lernen in Klauer, 2010) und/oder werden im Lernprozess stetig anspruchsvoller (vgl. Cognitive-Apprenticeship-Ansatz in Seidel & Reiss, 2014). Wie bei Forschendem Lernen konstruieren die Lernenden Wissen – in diesem Fall zur C 44 VERBINDUNG VON FORSCHUNG UND LEHRE REALISIERT DURCH … REZEPTIVES LERNEN Aktivität der Studierenden rezipieren ANWENDUNGSORIENTIERTES LERNEN FORSCHUNGSMOTIVIERTES LERNEN FORSCHENDES LERNEN anwenden (üben, diskutieren) forschen (i. d. R. nicht gesamter Forschungsprozess) forschen (kompletter Forschungsprozess) übergeordnetes Ziel lernen: Studierende sollen forschungsbezogene Inhalte lernen, um sie auf eigenständiges Forschen vorzubereiten forschen: Studierende sollen forschen bzw. sich darin erproben vorrangiges Ziel der Wissenskonstruktion Aneignung von Wissensbeständen wissenschaftliche Erkenntnis Ergebnisoffenheit keine Ergebnisse Ergebnisse sind Lehrenden weitgehend bekannt Ergebnisse sind für Lehrende neu (zumindest in Teilen) Funktion der Forschungsfrage keine Forschungsfrage didaktisches Mittel: Frage soll das Lernen stimulieren Selbstzweck: Frage soll beantwortet werden Vorgaben durch Lehrende Lerngegenstände (Themen, Methoden, Prozessaspekte) vorgegeben Lerngegenstände und i. d. R. auch Forschungsfrage vorgegeben Studierende wählen Forschungsfrage selbst (ggf. Forschungsfeld vorgegeben) Abb. 4: Verschiedene Formen der Verbindung von Forschung und Lehre C 45 C _ Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen Lehr-Lernformen Forschendes Lernen im Vergleich zu genetischem Lernen: Problemlösung – weitgehend selbstgesteuert. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden LehrLernformen liegt jedoch im jeweiligen Ausgangspunkt begründet: Problembasiertes Lernen geht von einem Problem aus, das vom Lehrenden definiert und den Studierenden in Form einer Problemlöseaufgabe gestellt wird. Die Lösung dieses Problems ist dem Lehrenden bekannt. Ausgangspunkt von Forschendem Lernen demgegenüber ist eine Frage, die von den Studierenden selbst entwickelt wird. Das Ergebnis ist offen; das heißt, in der Regel kennen weder Studierende noch Lehrende die Antwort auf die Frage. Zudem wird bei Forschendem Lernen mit wissenschaftlichen Methoden gearbeitet, was beim problembasierten Lernen nicht zwingend gegeben sein muss. Beim genetischen Lernen schließlich geht es darum, Erkenntnisprozesse (beispielsweise Problemlösewege) nachzuvollziehen (Reinmann, 2011). Dafür werden die zu vermittelten Wissensinhalte von den Lehrenden in ihrem Entstehungsprozess präsentiert oder dialogisch mit den Lernenden erarbeitet. Die Lernenden verfolgen den Prozess in seinen wichtigsten Stationen und eignen sich auf diese Weise die Wissensinhalte selbständig an. Im Unterschied zu Forschendem Lernen wird also Erkenntnis nicht generiert, sondern in ihrer Entstehungshistorie nachvollzogen. Forschendes Lernen im Vergleich zu entdeckendem Lernen: Beim entdeckenden Lernen steht das Erkunden von Inhaltsbereichen im Zentrum. Durch dieses Erkunden sollen Lernende Schlussfolgerungen ziehen, um zentrale Konzepte und Prinzipien des Bereichs selbst zu generieren (Renkl, 2015). Eine mögliche Umsetzungsform besteht etwa darin, Lernende dazu anzuregen, aus verschiedenen bereitgestellten Beispielen oder Fällen ein Schema zu erarbeiten (Neber, 2010). Während beim Forschenden Lernen die zielgerichtete Beantwortung einer Forschungsfrage im Zentrum steht, geht es beim entdeckenden Lernen in erster Linie darum, dass die Lernenden spezifische vom Lehrenden bestimmte und bereits bekannte Wissensbestände erkunden und sich aneignen. C 46 PROBLEMBASIERTES LERNEN ENTDECKENDES LERNEN GENETISCHES LERNEN FORSCHENDES LERNEN Ausgangspunkt Problem Phänomen bereits erfolgter wiss. Erkenntnisprozess Forschungsfrage Aufgabe der Studierenden lösen erkunden nachvollziehen beantworten Aufgabentyp vorgegebene Problemlöseaufgabe vorgegebene Explorationsaufgabe vorgegebene Rekonstruktionsaufgabe keine Aufgabe: Studierende wählen Frage selbst Ergebnisoffenheit Ergebnisse sind Lehrenden bekannt Ergebnisse sind Lehrenden bekannt Erkenntnisprozess ist Lehrenden bekannt Ergebnisse sind Lehrenden (teilw.) nicht bekannt Anwendung wissenschaftlicher Methoden nicht zwingend nein ggf. Labortechniken nein ja Lernziele Inhalte lernen Inhalte lernen Vorgehen zur Erkenntnisgewinnung lernen Forschungskompetenzen erwerben Abb. 5: Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen konstruktivistischen Lehr-Lernformen C 47 C _ Forschendes Lernen im Vergleich zu anderen Lehr-Lernformen C.3 den übertragen können. Über das Wälzen von Ideen in jungen, unvorbereiteten Köpfen im besten Humboldt’schen Sinne können Lehrende potenziell überraschende Einsichten und Forschungszugänge zu ihrem eigenen und ihnen (allzu) vertrauten Forschungsthema erhalten. Forschendes Lernen – eine LehrLernform für Lehrende? Wie eingangs erwähnt, lässt sich Forschendes Lernen im hier beschriebenen Sinne nicht in allen Situationen gleich gut umsetzen. Wie die vorangegangenen Abschnitte zeigen, gibt es in der Familie konstruktivistischer Lehrkonzepte jedoch etliche alternative und ergänzende Ansätze zur stärkeren Verbindung von Forschung und Lehre. Forschendes Lernen selbst kann jedoch einen deutlichen Mehrwert bieten, beispielsweise für Lehrende, die die Aussicht auf überraschende Einsichten und Zugänge der Studierenden reizt. Ein Eckpfeiler dieser Lehr-Lernform ist, dass die Teilnehmer_innen selbst Wissen konstruieren. Im Forschenden Lernen drückt sich dies im Idealfall darin aus, dass nicht allein für die Studierenden subjektiv neues Wissen entsteht, sondern Erkenntnisse generiert werden, die auch für die Lehrenden (und eine breitere Fachöffentlichkeit) neu bzw. interessant sein können. Dies unterscheidet Forschendes Lernen maßgeblich vom schulischen, entdeckenden Lernen und den meisten Varianten des problembasierten Lernens. Die Studierenden erleben den Prozess als bedeutsam, wenn sie relevante Erkenntnisse erzielen, wenn sie in der Lehrveranstaltung ›etwas erreicht‹ haben. Dieses Relevanzempfinden der Studierenden hängt auch von den Lehrenden ab. Wenn diese sich ehrlich für die Forschungsfragen der Studierenden interessieren, wenn auch sie von den Studierenden lernen wollen, dann wird sich ihre Neugier und Wertschätzung auf die Studieren- C 48 LITERATUR Antons, K. (1998). Praxis der Gruppendynamik. Göttingen: Hogrefe. Deicke, W., Gess, C. & Rueß, J. (2014). 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Aufbauen von Teamspirit, Visualisierung als interaktives Vermittlungsformat, Feedback).  Der dritte Teil umfasst eine Toolbox zur Seminargestalltung mit didaktischen Methoden, die bei der konkreten Sitzungsgestaltung weiterhelfen kann (z. B. Methoden zum Einstieg in Forschendes Lernen, Methoden zur gegenseitigen Wissensvermittlung im Team, Methoden zum Feedbackgeben). I 53 I Handreichungen für Lehrende I. 1 Checkliste wichtiger Fragen Vorbereitung / Rahmenbedingungen und Ziele Welche fachspezifischen Inhalte soll das Seminar vermitteln? Welche forschungsbezogenen Kompetenzen sollen erworben werden? Zielgruppe und Seminarbeschreibung Welches theoretische und/oder methodische Vorwissen sollten die Studierenden mitbringen, um an meiner Veranstaltung erfolgreich teilnehmen zu können? Ist das Seminar auch für fachfremde Studierende geeignet? Wenn ja, welche Fachrichtungen wären wünschenswert? Wie viele Studierende können/sollten an der Veranstaltung teilnehmen? Wie lassen sich die Unterschiede zu herkömmlichen Veranstaltungen beschreiben, damit die Studierenden mit adäquaten Erwartungen an der Veranstaltung teilnehmen? Wie kann ich dafür sorgen, dass der Arbeitsaufwand für die Studierenden in einem angemessenen Verhältnis zu den ECTS-Punkten steht? Die Lehrendenrolle im Forschenden Lernen Wie lässt sich den Studierenden meine Rolle als ›Forschungsgruppenleiter_in‹ verdeutlichen? Was sind meine Erwartungen an die Studierenden? Was können die Studierenden im Gegenzug von mir erwarten? I 55 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende Einstieg / Das Forschungsthema Wie kann ich die Studierenden für das gemeinsame Forschungsprojekt interessieren und begeistern? Wie kann ich an das Vorwissen und die Interessen der Studierenden anknüpfen? Wie kann ich bereits zu Beginn ein Teamgefühl aufbauen? Abschlussprodukt und gemeinsames Ziel Was sind mögliche gemeinsame Abschlussprodukte der Veranstaltung? Wie lege ich das Abschlussprodukt gemeinsam mit den Studierenden fest? Welche kleinen Teilziele sollten die Studierenden erreichen, sodass das Abschlussprodukt sukzessive entstehen kann? In welchem Kontext könnten die Ergebnisse des Forschungsprojekts einer (Fach-)Öffentlichkeit präsentiert werden? Wie sieht die Zielgruppe aus? Strukturvorgabe und Freiraum Welches inhaltliche oder methodische Grundlagenwissen brauchen die Studierenden, damit wir gemeinsam forschen können, und wie soll dieses Wissen im Seminar vermittelt werden? Welche inhaltlichen oder methodischen Aspekte des Forschungsprojekts stehen bereits fest, und über welche wird im Team noch gemeinsam entschieden? Welche konkreten Aufgaben im Forschungsprozess bzw. in der Veranstaltung übernehme ich? Welche Aufgaben übernehmen die Studierenden? Bis wann sollen welche Aufgaben erledigt bzw. welche Teilziele erreicht sein? I 56 Forschungsphase / Entwicklung von Forschungsfrage und -design Wie kann ich die Studierenden dabei unterstützen, eigene Teilfragen zu finden? Wie stelle ich sicher, dass die Teilfragen zum Seminarthema bzw. zur übergeordneten Forschungsfrage passen? Wie stelle ich sicher, dass sich die Studierenden (ggf. zusätzliche) methodische Kenntnisse aneignen können? Wie kann ich die Studierenden dabei unterstützen, geeignete Forschungsdesigns für ihre Teilfragen zu entwickeln? Unterstützung und Austausch während der Forschungsphase Wie organisiere ich den Austausch mit den Studierenden während der eigenständigen studentischen Forschungsphase (z. B. wöchentliche Präsenztermine beibehalten oder Beratungstermine anbieten)? Wie organisiere ich den Austausch zwischen den studentischen Kleingruppen während der eigenständigen Forschungsphase (z. B. Präsenztermine mit KolloquienCharakter oder Online-Plattformen)? Kommunikation und Feedback im Forschungsprozess Welche Feedback-Regeln und -Methoden möchte ich in der Seminargruppe etablieren? An welchen Punkten im Seminar ist es mir besonders wichtig, dass sich die Studierenden gegenseitig Feedback geben? Wann möchte ich selbst Feedback von den Studierenden zur Seminargestaltung und zu meiner Rolle als Lehrende_r im Forschungsprozess erhalten? I 57 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende Abschluss und Nachbereitung / Ergebnispräsentation Wann im Semester planen wir die interne Zusammenführung der Ergebnisse? Welche Vorgaben für die gegenseitige Ergebnispräsentation können den Studierenden helfen? Bis wann soll unser Abschlussprodukt fertig sein? Welche Hinweise für die Erstellung des Abschlussproduktes können den Studierenden helfen? Prüfungsleistungen Lässt die Prüfungsordnung Raum für die Bewertung von Forschungsleistungen? Wenn ja, welche Prüfungsform könnte für das Seminar geeignet sein? Welche Kriterien möchte ich nutzen, um die Forschungsleistungen (z. B. Forschungsfrage, methodisches Vorgehen, Ergebnisaufbereitung) zu bewerten? Reflexion des Forschungs- und Lernprozesses Zu welchen Zeitpunkten im Seminarverlauf möchte ich Reflexionsmomente einbauen? Wann sind Reflexionen zum gemeinsamen Forschungsprozess sinnvoll, wann zum persönlichen Lernfortschritt der Studierenden? Welche Methoden möchte ich nutzen, um die Studierenden zur Reflexion anzuregen? Wie kann ich meine eigenen Erfahrungen als Lehrende_r reflektieren? I 58 I. 2 Beispiel-Semesterplan PHASE SITZUNG INHALTE Die erste Sitzung bildet den Einstieg in das gemeinsame Forschungsprojekt. In das Forschungsfeld einsteigen und erste Forschungsfragen identifizieren 1 Wichtige Aspekte: Wie stelle ich mich und meine Rolle in diesem Seminar vor? Wie sorge ich dafür, dass wir uns gegenseitig kennenlernen? Wie erläutere ich den Studierenden das geplante gemeinsame Forschungsprojekt bzw. die übergeordnete Forschungsfrage, die im Seminar beantwortet werden soll? Wie erläutere ich den Studierenden, was wir im Semester zusammen vorhaben? Wie sammeln wir gemeinsam erste Forschungsfragen  zum Forschungsfeld, also Teilfragen, die Studierende interessieren und von ihnen bearbeitet werden könnten? In der anschließenden Phase geht es darum, die Studierenden mit dem Forschungsfeld vertraut zu machen, d. h. Inhalte und Methoden, die für das Forschungsprojekt gebraucht werden, zu erarbeiten. Inhalte und Methoden aneignen 2 3 Wichtige Aspekte: Welche Inhalte sollten alle Studierenden kennen und verstehen, bevor es an die gemeinsame Forschung geht? Wie eignen wir uns diese Inhalte an? Welche Forschungsmethoden werden wir anwenden? Wie eignen wir uns diese Forschungsmethoden an? Welche offenen Fragen und Verständnisprobleme erwarte ich bei den Studierenden? Wie kann ich mich auf diese offenen Fragen und Verständnisprobleme vorbereiten? I 59 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende PHASE SITZUNG INHALTE Wenn alle Studierenden die vorausgesetzten Inhalte und Methoden kennen, kann die Planung der eigentlichen Forschungstätigkeit beginnen. Gemeinsam mit den Studierenden wird ein Fahrplan für das Forschungsprojekt erarbeitet. Forschungsfrage präzisieren und Forschungsdesign entwickeln 4 5 6 7 Forschungsdesign umsetzen 8 9 10 Wichtige Aspekte: Wie unterstütze ich die Studierenden dabei, eigene konkrete Forschungsfragen zu entwickeln? Wie sorgen wir dafür, dass diese Fragen präzise formuliert und im Zeitraum von einem Semester beantwortbar sind? Wie entwickeln wir Forschungsdesigns für die Forschungsfragen der Studierenden? Welche Arbeitspakete ergeben sich aus den Forschungsdesigns für die Kleingruppen und für die Gesamtgruppe? Wie kann unser gemeinsames Abschlussprodukt aussehen, d. h. in welcher Form können die Ergebnisse der Studierenden zusammengeführt und aufbereitet werden (z. B. Forschungsbericht, Posterpräsentation,Symposium?) Welche Vereinbarungen müssen getroffen werden, damit die Ergebnisse der Studierenden die »richtige« Form für das Abschlussprodukt haben? Sobald über Forschungsfragen und -designs entschieden wurde, geht es an die konkrete Umsetzung, d. h. die vereinbarten Arbeitspakete werden von den Studierenden weitgehend eigenständig bearbeitet (z. B. Datenerhebung und -analyse). Wichtige Aspekte: Wie viel Zeit werden die Studierenden vermutlich für die Umsetzung ihrer Forschungsdesigns brauchen? Welche Meilensteine sollten wir vereinbaren, d. h. was muss bis wann von wem geleistet werden? Wie regeln wir den Austausch untereinander in dieser Zeit (z. B. Präsenztermine in Form von Forschungskolloquien)? Wie sorge ich dafür, dass nicht nur ich Rückmeldung zu Zwischenständen gebe, sondern dass sich die Studierenden auch gegenseitig Feedback geben? I 60 PHASE SITZUNG INHALTE Ist das Forschungsdesign umgesetzt (z. B. Datenerhebung und -auswertung abgeschlossen) geht es schließlich darum, die Ergebnisse aufzubereiten und zu präsentieren. 11 Ergebnisse aufbereiten und präsentieren 12 13 Wichtige Aspekte: In welcher Form werden die Ergebnisse der Studierenden zusammengeführt (z. B. seminarinterne gegenseitige Präsentation)? Wie müssen die Ergebnisse aufbereitet werden, damit das gemeinsame Abschlussprodukt entstehen kann (z. B. Forschungsbericht, Posterpräsentation, Symposium)? Wie sind die Ergebnisse zu bewerten: Was war zu erwarten, was war überraschend? Inwieweit liefern unsere Ergebnisse Antworten auf die übergeordnete Forschungsfrage des Seminars? Sind die Ergebnisse aufbereitet und präsentiert, sollte Raum für Reflexion nicht fehlen, d. h. der gemeinsame Forschungsprozess sollte abschließend reflektiert werden. Forschungsprozess reflektieren 14 Wichtige Aspekte: Wie rege ich die Studierenden zur Reflexion des gemeinsamen Forschungsprozesses an? Wie rege ich die Studierenden dazu an, dass sie auch den eigenen Lernprozess reflektieren? Wie sorge ich dafür, dass sich die Studierenden gegenseitig Feedback geben? Wie hole ich Feedback zum Seminar und zu meiner eigenen Rolle im Forschungsprozess ein? Wie kann ich meine eigenen Erfahrungen als Lehrende_r reflektieren? I 61 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende PHASE SITZUNG INHALTE Manche Forschungsprojekte ziehen sich bis in die vorlesungsfreie Zeit, beispielsweise wenn die Präsentation der Ergebnisse erst im nachfolgenden Semester stattfindet. Die Zusammenarbeit und Kommunikation in der Gruppe sollte in diesem Fall weiter aufrecht erhalten werden. Vorlesungsfreie Zeit 15–25 Wichtige Aspekte: Sind die Studierenden dazu bereit, auch in der vorlesungsfreien Zeit weiterzuarbeiten? Wie gestalten wir den Austausch in den Semesterferien? Welche Meilensteine setzen wir? Was bildet den Abschluss des gemeinsamen Forschungsprojektes? I 62 I. 3 Meine Rolle I Ihr Selbstverständnis als Lehrende_r in der Zusammenarbeit mit den Studierenden ist für den Gruppenprozess im Forschenden Lernen von großer Bedeutung (vgl. Abschnitt B.1.3). Nehmen Sie sich daher etwas Zeit und überlegen Sie anhand der folgenden Leitfragen, was Sie als Lehrende_n ausmacht und wie Sie Ihre Rolle im Format des Forschenden Lernens ausfüllen möchten: wann sind Sie im Laufe des Semesters z. B. eher Expert_in, Coach, Moderator_in, Forschungsgruppenleiter_in oder Mitforschende_r? Versuchen Sie so ehrlich wie möglich zu sein, es ist nur für Sie selbst bestimmt. Meine Stärken sind … / Folgende Fähigkeiten und Eigenschaften zeichnen mich als Lehrende_n aus: In diesem Bereich habe ich noch Entwicklungspotenzial: An die Studierenden habe ich die Erwartung, dass … An mich selbst habe ich die Erwartung, dass … Ich habe folgende Ressourcen zur Verfügung (Vorbereitungszeit, Materialien, Unterstützung in Fachkreisen, Netzwerke in die Praxis, Moderationsmaterial … ) I 63 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende I. 4 Meine Rolle II In meiner Rolle als Seminarleiter_in im Forschenden Lernen bin ich … Das bedeutet konkret folgende Verantwortlichkeiten / Handlungen / Verhaltensweisen … z. B. Moderator_in ich versuche eine neutrale Haltung einzunehmen, Diskussionsprozesse zu strukturieren und Ergebnisse zu sichern Die Studierenden sehen mich wahrscheinlich als … Das bedeutet konkret, dass Sie wahrscheinlich von mir erwarten, dass … z. B. Wissensvermittler_in ich mich in dem Themengebiet auskenne, die Literatur auswähle, strukturiere und die Inhalte aufbereite Überlegen Sie nun, inwieweit Ihr Rollenverständnis mit den wahrscheinlichen Erwartungen der Studierenden übereinstimmt und wie Sie im Falle einer Diskrepanz damit umgehen wollen: Transparenz, Vorgehen begründen, Erwartungen abfragen, eigenes Rollenbild anpassen, gar nicht thematisieren I 64 I. 5 Session Wrap-up Ein Rückblick auf den Verlauf des Seminars sollte nicht nur am Ende des Semesters stattfinden. Vielmehr ist eine regelmäßige Reflexion einzelner Sitzungen hilfreich, um den Forschungsprozess der Studierenden erfolgreich zu begleiten. In ähnlicher Form können auch die Studierenden angehalten werden, regelmäßig den eigenen Lernerfolg zu dokumentieren (vgl. die Abschnitte B.4.3 und II.3 zum Thema Feedback und Reflexion). SEMINAR: Best Practice Pannen SESSION-NR. DATUM: Was ist heute besonders gut gelaufen? Warum empfand ich das als gelungen? Woran genau lag es, dass es so gut gelaufen ist? Was habe ich dazu beigetragen? Was ist heute nicht gut gelaufen? Warum bin ich damit unzufrieden? Woran genau lag es, dass es nicht gut gelaufen ist? Was würde ich beim nächsten Mal anders machen? Das möchte ich zur nächsten Sitzung auf keinen Fall vergessen … Diese interessanten Gedanken sind mir heute gekommen … Diese fachlichen Impulse möchte ich aufnehmen … I 65 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende I. 6 Bewertungskriterien – Leistungen im Prozess des Forschenden Lernens Kompetenzziel mögliche Bewertungskriterien Entwicklung von Forschungsfragen Forschungsfrage beantwortet ein Desiderat / ein wissenschaftliches oder praktisches Problem Forschungsfrage ist gut begründet / leitet sich aus Forschungsstand ab Forschungsfrage verdeutlicht methodologische Orientierung (z. B. quantitativ, qualitativ) (…) Entwicklung von Forschungsdesigns Forschungsdesign ist geeignet, um Forschungsfrage zu beantworten Forschungsdesign ist gut begründet (z. B. Begründung der Methoden, Stichprobe/Untersuchungsgegenstand) Forschungsdesign ist umsetzbar (z. B. Feldzugang/Quellenlage, zeitlicher Rahmen) (…) Anwendung von Forschungsmethoden Untersuchungsmethoden werden korrekt eingesetzt (z. B. Fragebogen, Interview, experimenteller Aufbau, Archiv- oder Textarbeit) Auswertungsmethoden werden korrekt eingesetzt (z. B. statistische Auswertungen, qualitative Inhaltsanalyse) (…) Darstellung und Diskussion der Ergebnisse Ergebnisse beziehen sich auf Forschungsfrage Ergebnisse werden angemessen interpretiert (weder über- noch unterinterpretiert) Relevanz und Grenzen des eigenen Vorhabens werden diskutiert Implikationen für die Praxis oder künftige Forschungen werden abgeleitet (…) Formale Aufbereitung von Forschungsergebnissen Aufbau nach wissenschaftlichen Standards korrekte Bibliografie und Zitierweise wissenschaftlich korrekter Umgang mit Begriffen (»Wissenschaftssprache«) klarer und verständlicher Schreib- bzw. Präsentationsstil (…) Engagement im Seminar Engagement bei Aufgaben in Kleingruppen Engagement bei Diskussionen in Seminargruppe Engagement beim kollegialen Feedback (…) I 66 I. 7 Bewertungskriterien – Prüfungsleistung ›Referat‹ Am Beispiel der Prüfungsleistung ›Referat‹ werden im Folgenden mögliche Bewertungskriterien aufgezeigt. Solche Kriterien können nicht nur im Voraus den Studierenden als Orientierung dienen, sondern vereinfachen auch Ihnen als Dozent_in die Einschätzung der Leistung. Im Anschluss an die Prüfung kann eine solch differenzierte Tabelle als Grundlage für ein ausführliches Feedbackgespräch dienen. Die vorliegende Auflistung ist nur exemplarisch konzipiert worden, sie muss für jedes Seminar und jede Prüfungsart individuell erstellt und an die jeweiligen Lern- und Kompetenzziele angepasst werden (vgl. Abschnitt B.4.2 zu möglichen Prüfungsleistungen sowie die Einführungskapitel und B.1.1 zu den Kompetenzzielen im Forschenden Lernen). Über die Punktwerte kann eine Hierarchisierung der einzelnen Aspekte vorgenommen werden. Eine Übersicht mit der Zuordnung der Gesamtpunktwerte zu den entsprechenden Noten ist zu ergänzen. MAX. PUNKTE: I.....Sachliche Richtigkeit und umfassende I.....Darstellung ERREICHTE PUNKTE: Die Terminologie wird korrekt verwendet. Die wesentlichen Begriffe, Modelle und Methoden sind umfassend, korrekt angewendet und verständlich dargestellt. Es werden Bezüge zu anderen Inhalten des Seminars hergestellt, das Thema bzw. einzelne Konzepte werden in den übergeordneten Kontext gestellt. Es ist klar gekennzeichnet, welche Argumentation / Beispiele der Literatur folgen und was eigene Überlegungen / Verknüpfungen sind. MAX. PUNKTE: ERREICHTE PUNKTE: II....Klare Struktur Es wird gut in das Thema eingeführt. Die Zielsetzung des Vortrags ist klar. Die Gliederungslogik des Referats ist sinnvoll überlegt und nicht allein an der Struktur der Texte orientiert. Die einzelnen Teile der Präsentation sind gut miteinander verknüpft, die Übergänge zwischen Referatsteilen werden so verdeutlicht, dass man immer nachvollziehen kann, wo man im Thema steht. Es wird ein angemessenes Fazit gezogen (z. B. als Take-Home-Message oder Antwort auf eine Eingangsfrage). I 67 I _ Material- und Methodensammlung _ Handreichungen für Lehrende MAX. PUNKTE: ERREICHTE PUNKTE: III...Präsentation und Diskussionsleitung Die Inhalte werden an geeigneten Beispielen verdeutlicht. Die mündliche Präsentation ist frei, lebendig, flüssig, laut genug und nicht zu schnell. Die Referent_innen nehmen Blickkontakt mit dem Publikum auf. Die verwendeten Präsentationsmedien sind angemessen, gut strukturiert und verständlich. Meinungen oder Stellungnahmen von Autoren werden nicht unreflektiert referiert, sondern kritisch bewertet (ggf. gemeinsam mit den Teilnehmenden). Auch während des Referats wird das Verständnis der Zuhörer_innen geprüft und ggf. hergestellt. Die Relevanz der berichteten Ergebnisse oder der eingesetzten Methode in der Forschung oder Praxis wird dargestellt. In Diskussionseinheiten werden eindeutige Fragen gestellt, die in Zusammenhang mit den Referatsinhalten stehen. Es ist eine klare Struktur in den Fragen bzw. der Diskussion erkennbar. Übungen werden nicht als Selbstzweck durchgeführt, sondern haben inhaltsbezogene Lernziele. Übungen sind verständlich instruiert und supervidiert. Es werden sinnvolle Schlussfolgerungen gezogen. MAX. PUNKTE: ERREICHTE PUNKTE: IV....Zeitmanagement Die Zeitplanung ist durchdacht und berücksichtigt Pufferzeiten. Der Umfang der Darstellung ist dem Inhalt angemessen und entspricht den vorgegebenen Begrenzungen. I 68 I. 8 Bewertungskriterien – Prüfungsleistung ›Portfolio‹ Bei der Beurteilung eines Portfolios (vgl. Abschnitt B. 4.2) ist darauf zu achten, dass es viele persönliche Anteile enthält (z. B. Reflexion des eigenen Lernprozesses), die nicht bewertet werden können und sollten. Trotzdem lassen sich auch hier Kriterien definieren, die den Studierenden eine Orientierungshilfe bieten und den Einsatz des Portfolios als Leistungsnachweis möglich machen. In der folgenden Tabelle sind einige Bereiche und Leitfragen exemplarisch dargestellt, die als Ausgangspunkt für die Formulierung von Kriterien dienen können. Abgewogen und festgelegt werden muss auch, welchen Umfang das Portfolio haben soll. Bewertungsbereich Leitfragen Struktur und Form Ist das Portfolio entsprechend des gesetzten Umfangs vollständig? Sind Elemente des Arbeitsjournals, des Lerntagebuchs und ein Peer-Feedback enthalten? Folgt das Portfolio einer klaren Gliederung? Sind die Materialien, Texte und Kommentare übersichtlich angeordnet und eindeutig voneinander zu unterscheiden? Gibt es eine Einleitung und eine Zusammenfassung? Inhaltliche Qualität und wissenschaftliches Arbeiten Bei der Bewertung der entsprechenden Materialien im Portfolio können die Kriterien aus den Tabellen I.6 und ggf. I.7 herangezogen werden. Dokumentation und Reflexion Ist die Auswahl des Schwerpunktes nachvollziehbar begründet? Ist der Schwerpunkt in den Gesamtkontext des Seminars eingebettet? Zieht sich ein inhaltlicher ›roter Faden‹ durch das Material? Werden theoretische Elemente mit eigenen Überlegungen verknüpft? Werden Fragen gestellt und beantwortet? Wird der Forschungsprozess (innerhalb des gesetzten Schwerpunktes) reflektiert? I 69 II Tipps und Anregungen II.1 Teamspirit mit einfachen Mitteln entwickeln und sich in einer vertrauensvollen Atmosphäre auszutauschen. Daher bietet es sich an, am Anfang des Semesters genügend Zeit für das gegenseitige Kennenlernen einzuplanen. Wenn alle wissen, wer sich aus welcher Motivation heraus mit welchem Hintergrundwissen, welchen Erfahrungen und Kompetenzen dem entsprechenden (Forschungs-)Thema widmet, ist der Grundstein eines Teamgefühls gelegt. Hinweise zur konkreten methodischen Gestaltung der Anfangssituation sind in der Toolbox zusammengestellt. In diesem Leitfaden wurde des Öfteren auf die zentrale Bedeutung von Teamarbeit und dem Verständnis des Forschenden Lernens als Gruppenprozess hingewiesen. Damit verlagert sich auch der Schwerpunkt der Rolle der Lehrenden, von der Verantwortung für die Wissensvermittlung zur Verantwortung für die Gestaltung des Arbeits- und Lernprozesses – und somit auch für die Kommunikation im Seminar. Hierfür gibt es sicher kein allgemeingültiges Rezept, aber einige Hinweise, wie der ›Teamspirit‹ (mit)gestaltet werden kann. Wertschätzung in Haltung und Handeln: Studierende werden dann aktiv und bleiben es, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Beiträge tatsächlich relevant sind. Dies soll nicht bedeuten, dass alle Beiträge richtig oder gut sind. Auch eine kritische Würdigung ist eine Anerkennung. Wird den Studierenden respektvoll begegnet, werden sie auch untereinander wertschätzend kommunizieren. Das klingt erst einmal selbstverständlich, hat jedoch in den Feinheiten der alltäglichen didaktischen Praxis einige Fallstricke. Es kann nützlich sein, sich von Zeit zu Zeit folgende Fragen zu stellen: Werden Fragen, die aus dem Seminarkreis kommen, zurück an die Gruppe gegeben (da erst einmal jede_r Expert_in sein kann), oder besteht die Tendenz, dass der/die Dozent_in sie meist selbst beantwortet? Wird der/die Lehrende bei Unklarheiten gefragt, oder werden die Fragen in den Raum gestellt? Können die Studierenden offen argumentieren, oder haben sie das Gefühl, ständiger Bewertung ausgesetzt zu sein? Wer gibt Feedback auf Vorträge, Thesenpapiere oder den Arbeitsstand – der/die Lehrende oder auch die ›Peers‹? Sitzordnung im Raum: Seminarräume sind häufig so gestaltet, dass die Studierenden neben- und hintereinander sitzen und ihren Blick auf den/die Dozent_in, den Rükken ihrer Kommiliton_innen und das eingesetzte Medium richten. Diese Sitzordnung unterstützt Monologe und bestenfalls Dialoge zwischen der präsentierenden Person und dem Auditorium. Wenn es gewünscht ist, dass die Studierenden miteinander reden, dass sie die Themen gemeinsam bearbeiten, sollten sie sich dabei anschauen können. Der Kontakt aller untereinander wird erheblich erleichtert, wenn die Stühle im Kreis oder Halbkreis (mit oder ohne Tisch in der Mitte) angeordnet sind. Manchmal ist es etwas aufwendig, aber es lohnt sich, und hierbei können die Studierenden miteinbezogen werden. Kennenlernen: Zu Beginn ist es hilfreich, an den Interessen der Teilnehmer_innen des Seminars anzuknüpfen II 71 II _ Material- und Methodensammlung _ Tipps und Anregungen Inhalte mitschreiben: II.2 Visualisierung von Inhalten In Teammeetings und Sitzungen sind Protokolle durchaus üblich. Im Hochschulkontext obliegt es jedoch meist jedem Einzelnen, Inhalte schriftlich zu sichern. Im besten Fall in Form von Lerntagebüchern. Sind nicht nur die zu lesenden Texte und die vorbereiteten PowerPoint-Präsentationen relevant, sondern auch die gemeinsam erarbeiteten Ideen, die Argumente und Thesen aus den Diskussionen und die geplanten Vorgehensweisen, so sollten diese öffentlich und strukturiert protokolliert werden. Visualisierung bedeutet Sichtbarmachen – von Zusammenhängen, Gedanken, Wissen, Prozessen etc. Die Möglichkeiten, mit ›sichtbaren Inhalten‹ zu arbeiten, geht weit über die Aufbereitung von theoretischen Inputs in Form von PowerPoint-Präsentationen hinaus. Insbesondere in interaktiven Seminaren braucht es Methoden der Visualisierung, die flexibler sind und z. B. dabei unterstützen, Themen gemeinsam zu erkunden, Sitzungen zu strukturieren und Diskussionen zu dokumentieren. Im Folgenden werden – angelehnt an Haussmann (2014) – einige Beispiele angeführt, in welcher Form Visualisierung in Seminaren als unterstützende Methode ohne großen künstlerischen Anspruch eingesetzt werden kann: Beiträge kartieren / Wissensbausteine bewegen: Eine erweiterte Form des Protokolls ist das Kartieren von Beiträgen, wobei Inhalte strukturiert grafisch abgebildet werden. Wissen kann von allen Beteiligten schnell gesammelt, sortiert und ggf. neu gruppiert werden. Die bekannteste Methode ist das Mindmapping an der Pinnwand mit Metaplankarten oder digital. Ebenso denkbar ist, Wissenslandkarten entstehen zu lassen, um sich im Themenfeld zurechtzufinden und darüber gemeinsam reflektieren zu können. Wissen grafisch darstellen: Sachverhalte, Zahlen, Abläufe und Strukturen können zur besseren Veranschaulichung grafisch dargestellt werden, zum Beispiel anhand von Infogrammen. Die Reduktion auf wesentliche, bildhafte Elemente unterstützt das Verständnis von Inhalten in Textform. Formulare ausfüllen: Wenn Kleingruppen Themen selbstgesteuert erkunden und danach Ergebnisse präsentieren, können vorgestaltete Arbeitsplakate sinnvoll sein. Sie helfen, sich auf die wesentlichen Punkte zu fokussieren und unterstützen eine ansprechende Darstellung, welche die Inhalte für alle schnell greifbar macht. Frontalpräsentationen in Dialoge verwandeln: »Wir lernen nicht durch Informationsaufnahme, sondern durch Informationsverarbeitung« (Haussmann, 2014, p. 34). Wird statt mit einem Beamer an einem Smartboard, Flipchart, Whiteboard oder einer Tafel präsentiert, können die Inhalte langsam entwickelt und Anmerkungen, Ideen etc. der Teilnehmer_innen sofort einfügt werden. Gedanken skizzieren: Ob Dozent_in oder Studierende – viele machen sich Notizen in ihren eigenen Unterlagen, um Gedanken zu skizzieren und weiterzuentwickeln. II 72 Abb. II.1: Wissen grafisch darstellen Abb II.2: Frontalsituationen in Dialoge verwandeln Abb II.3: Inhalte mitschreiben II 73 II _ Material- und Methodensammlung _ Tipps und Anregungen Feedback der Gruppe an Einzelne: Im seminaristischen Setting kann es hilfreich sein, diesen individuellen Prozess für alle sichtbar zu machen und somit den gemeinsamen Ideenfindungsprozess anzuregen. Gedanken werden so im Fluss gehalten und inspirieren sich gegenseitig. Studierende sollten auf ihre Beiträge – sei es ein Referat, eine Moderation oder ein Text – Feedback erhalten. In Seminaren des Forschenden Lernens sollte dieses nicht (nur) von der Seminarleitung ausgehen. Alle Teilnehmer_innen sind die Adressat_innen der theoretischen Inputs, alle sind Teilnehmende der moderierten Diskussion o. Ä. – und somit gleichberechtigte ›Kritiker_innen‹. Vielfältiges Feedback aus der Gruppe erweitert die Perspektive. Dabei könnte die Rolle der Feedbackgeber_innen rotieren. Gut überlegt sein sollte das Setting, in dem ein persönliches Feedback stattfindet. Eine intime Runde am Ende der Veranstaltung bietet viel Ruhe, um ausführlich einige Punkte zu besprechen. Öffentliches Feedback kann auch zu Lerneffekten bei den anderen Teilnehmenden führen und diverse Einschätzungen zutage fördern. Letzteres gilt auch für Textfeedback. So könnte ein PeerReview beispielsweise eines Blogeintrags auch für alle Studierenden sichtbar sein. Zu der Kategorie ›Feedback der Gruppe an Einzelne‹ gehört auch das Feedback, das die Rolle des/der Lehrenden von der Gruppe erhalten kann. Gerade dann, wenn der/die Dozent_in sich frisch in die Rolle im Rahmen des Forschenden Lernens hineinbegeben hat, können Rückmeldungen sehr inspirierend und informativ sein. II.3 Feedback Feedback steuert Verhalten. Es hilft, zielgerichtet zu arbeiten. Positives Feedback ermutigt, hilft bei der Fehlersuche und fördert persönliche Lernprozesse. Feedback hebt die Motivation. Feedback hilft bei der Selbsteinschätzung. Feedback führt zu einem Zuwachs an Einfluss sowohl beim Empfänger als auch beim Geber von Rückmeldungen. Es bewirkt eine engere Verbindung mit der Aufgabe. Feedback hilft, die Qualität von Entscheidungen adäquat zu bewerten und zu beurteilen. In der Konsequenz führt diese Kommunikationstechnik dazu, den Bereich des wechselseitigen Sichverstehens zu vergrößern (siehe u. a. Fengler, 2009; Luft & Ingham, 1955). Dies sind viele gute Gründe, Feedback gezielt in Seminaren Forschenden Lernens einzusetzen und als didaktische Methode zu begreifen. Dabei ist ein ausführliches, konstruktives Feedback des/der Dozent_in an Studierende nach einem Referat nur eine der möglichen Formen. Feedback kann sich grundsätzlich an einzelne Personen, an Teilgruppen und Teams richten. Es kann Verhalten, Atmosphäre, Kommunikation, Inhalte, Veränderungen und Beziehungen zum Gegenstand haben. Feedback des Einzelnen an die Gruppe: Lehrende sollten ein Gefühl dafür entwickeln, ob einzelne Studierende das Bedürfnis haben, der Seminargruppe ein Feedback zu geben. Dies könnte sich u. a. auf Arbeitsprozesse oder die Kommunikation miteinander beziehen. In diesem Fall bietet es sich an, zum Feedback einzuladen und entsprechend strukturierten Kontext II 74 Abb II.4: Beiträge kartieren, Wissensbausteine bewegen Abb II.5: Formulare ausfüllen Abb II.6: Gedanken skizzieren II 75 II _ Material- und Methodensammlung _ Tipps und Anregungen zu bieten, damit es nicht den Anschein persönlicher Befindlichkeiten hat. Schließlich soll die Arbeitsfähigkeit der ›Forschergruppe‹ gewahrt bleiben. halte, prüfen das Verständnis und schaffen eine Überleitung in die nächste Woche. Selbstfeedback: Natürlich kommt man schlecht aus der eigenen Haut und kann eine völlig andere Perspektive einnehmen. Selbstfeedback als Stichwort in dieser Liste soll aber dazu anregen, die Seminarsitzungen und das didaktische Handeln regelmäßig in schriftlicher Form zu hinterfragen. Was sind Best-Practice-Beispiele? Was ist besonders gut gelungen und woran lag das? Was würde ich noch einmal genauso machen? Welche Pannen gab es? Was würde ich beim nächsten Mal anders machen? Was haben Lehrende selbst gelernt? Was sollten die Studierenden beim nächsten Mal mitnehmen? Wie hat sich eine bestimmte Rolle angefühlt? Wo haben Lehrende an sich selbst Entwicklungen bemerkt? (vgl. auch Abschnitt B.4.3 sowie die beispielhaften Fragen zur Reflexion einer einzelnen Sitzung in Abschnitt I.5) Für alle Formen gilt, dass Feedback dann erfolgreich ist und blinde Flecken erhellen kann, wenn es bestimmten Kriterien genügt. Nach Antons (1998) sind dies: Feedback an Kleingruppen durch andere Kleingruppen: Wird die Forschungsphase mit Präsenzphasen in Form eines Kolloquiums gestaltet, so können die verschiedenen Arbeitsgruppen ihren jeweiligen Arbeitsstand präsentieren – und von den anderen Gruppen Feedback einfordern. Dabei geht es weniger um die Präsentationsfähigkeiten Einzelner, als um die inhaltliche und methodische Arbeit der Gruppe und die Bezüge zum Gesamtkontext des Seminars. Seminarfeedback: Eine Evaluation am Ende eines Seminars gehört inzwischen zum Standard an Hochschulen und Universitäten. Unabhängig davon können Lehrende eigene Feedbackrunden gestalten, die sich eher auf die Lernerfolge der Teilnehmer_innen und die Prozesse in der Gruppe beziehen. Dies dient nicht nur der Qualitätskontrolle, sondern auch dem Gestalten eines Abschlusses nach einer intensiven Zusammenarbeit über Monate hinweg. Bei einer solchen Zeitspanne bietet sich auch ein Zwischenfeedback zur Halbzeit an. Die Ergebnisse ermöglichen gegebenenfalls eine gezielte Modifikation der Veranstaltung. Einige Dozent_innen arbeiten auch mit einem ›Tagesfeedback‹ nach jeder einzelnen Sitzung. Hier lässt sich z. B. in sehr knapper Form reflektieren, was wichtige oder besonders interessante Punkte waren und wo offene Fragen bestehen. Das hat vielerlei Nutzen: die Studierenden (und die Lehrenden selbst) durchdenken noch einmal die In-  eher beschreibend als bewertend und interpretierend,  eher konkret als allgemein,  eher einladend als zurechtweisend,  eher verhaltensbezogen als charakterbezogen,  eher erbeten als aufgezwungen,  eher sofort und situativ als verzögert und rekonstruierend,  eher klar und pointiert als verschwommen und vage,  eher durch Dritte überprüfbar als auf dyadische Situationen beschränkt. II 76 Die Formulierung ›eher‹ ist hier bewusst gesetzt, da es immer Ausnahmen geben kann. Zum Beispiel kann es an Hochschulen und Universitäten durchaus notwendig sein, Feedback auch ungefragt zu geben oder in der Seminarevaluation nicht nur situativ rückzuspiegeln, sondern das gesamte Semester zu betrachten. Natürlich ist auch die Haltung des oder der Feedbacknehmer_innen entscheidend. Wenn eine Person neugierig ist und das Gesagte erst einmal aufnehmen kann (ohne es annehmen zu müssen), wird der Erkenntnisprozess gefördert. Denn: »Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor ich die Antwort meines Gegenübers gehört habe« (Paul Watzlawick). Begünstigend wirkt hierbei eine Seminaratmosphäre, in der gegenseitige Unterstützung selbstverständlich ist, um nicht alte Muster einer Schülerhaltung zu aktivieren, welche in Erwartung von Lob und Tadel innere Abwehr und Verteidigung hervorrufen. Um eine angemessene Feedbackkultur in Seminaren zu schaffen, empfiehlt es sich, auf Formulierungshilfen, Vordrucke oder andere Instrumente (z. B. Tagesauswertung mit Leitfragen an der Pinnwand) zurückzugreifen. Durch den regelmäßigen und begründeten Einsatz etablieren Lehrende strukturiertes und konstruktives Feedback. Einige Beispiele hierzu sind in der Toolbox zu finden. II 77 III Toolbox zur Seminargestaltung Diese Toolbox gibt konkrete Anregungen zur didaktischen Gestaltung forschungsorientierter Seminare. Es handelt sich hierbei nicht um einen vollständigen Methodenkatalog, sondern vielmehr um eine Auswahl von Methoden, die sich im Rahmen des Forschenden Lernens besonders bewährt haben. Dieser Abschnitt stellt nicht nur Methoden für verschiedene Situationen vor. Er bietet auch Informationen hinsichtlich des Stellenwertes im Prozess des Forschenden Lernens. III.1 Einstieg gestalten In den ersten Sitzungen des Semesters geht es zunächst darum, mit der Gruppe einen motivierenden Einstieg in das Forschungsprojekt zu finden. Dieser Abschnitt beinhaltet Methoden, die insbesondere das gegenseitige Kennenlernen und die Abfrage von Teilnahmemotiven und Erwartungen erleichtern sollen. III 79 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.1.1 Kennenlernen durch Aufstellung Hintergrund Aufstellungen sind eine lockere, methodisch unkomplizierte Form des Kennenlernens, die ihren Ursprung in der Soziometrie nach Jacob L. Moreno haben. Das Grundprinzip besteht darin, dass die Seminarteilnehmer_innen sich bezüglich einer Impulsfrage im Raum verteilen – sie geben also Auskunft über sich selbst und ihre Beziehung zueinander, ohne sich zwangsläufig zu exponieren. Inhaltlich lässt sich diese Methode beliebig ausgestalten. Durchführung Die Lehrperson bittet die Studierenden, aufzustehen und genügend Platz zu schaffen. Als nächstes instruiert sie die erste Aufgabe. Hier eignen sich z. B. »Stellen Sie sich in einer Reihe auf, alphabetisch nach den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen geordnet. Hier beginnt das A (Der Startpunkt wird markiert)«. Wenn sich die Reihe gebildet hat, sollten sich die Studierenden noch einmal vorstellen. Das kann mit einer weiteren Information verknüpft werden (z. B. in welchem Semester sie studieren). Die Lehrperson fährt mit weiteren Aufgabenstellungen fort. Der Fokus kann so gesetzt werden, wie es für den jeweiligen Zweck geeignet ist. Einige Beispiele sind: Persönliche Fragen, z. B. in verschiedenen Seiten des Raumes aufstellen nach Kaffee- oder Teetrinkern. In einem interdisziplinären Rahmen können sich die Studierenden nach Studienrichtungen aufstellen. Meist bilden sich dann kleinere Gruppen. Eine mögliche Frage wäre, was die jeweilige Disziplin zum Thema beitragen kann. Eine Rangreihe mit der bisherigen Erfahrung mit dem Thema (von ›Laie‹ bis ›ich habe dazu schon geforscht‹) kann Aufschluss darüber geben, was die Studierenden an Kompetenzen mit in das Seminar bringen. III 80 Durchführung In geeigneten Settings (z. B. Seminare zu interkulturellen Themen) kann die Lehrperson die Studierenden anhand der Himmelsrichtungen nach ihren Herkunftsorten aufstellen lassen und fragen, inwiefern sie das geprägt hat. Die letzte Aufgabe sollte so gewählt werden, dass daran anknüpfend zu den nächsten Punkten übergeleitet werden kann. Stellenwert im Forschenden Lernen Diese Methode kann die Heterogenität der Teilnehmenden transparent machen. So können Lehrende im Forschungsprozess auf die individuellen Erfahrungen und Bedürfnisse besser eingehen. Die Methode kann zudem zu Beginn bereits ein erstes Teamgefühl aufbauen. Materialien keine; evtl. Markierungen für die verschiedenen Ecken / Anfang – Ende Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: ab 6 Benötigte Zeit: richtet sich nach der Anzahl der Fragen und der Intensität der Auswertung, mind. 10 Min. Für die Aufstellung wird viel Raum benötigt. Falls der Platz im Stuhlkreis dafür zu klein ist, kann die Aufstellung auf dem Flur oder draußen durchgeführt werden. Diese Methode können Lehrende auch abwandeln und z. B. dafür einsetzen, bestimmte Positionen zu einem Thema sichtbar zu machen (Pro – Contra, Nähe – Distanz usw.) Quelle diverse; u. a. Grolman (2016): 11 Methoden für Interaktive Konferenzen, Seminare und Workshops. III 81 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.1. 2 Vorstellungsrunde mit inhaltlichem Zentrum Hintergrund Diese Methode bietet sich bereits für die erste Sitzung des Seminars an. Sie ermöglicht die Verknüpfung von Kennenlernen, Heranführung an das Thema sowie bereits eine erste Präzisierung bzw. Eingrenzung der Inhalte. Vorstellungsrunden nehmen insbesondere in größeren Gruppen oft sehr viel Zeit in Anspruch, daher kann die Bildung von kleineren Gruppen angebracht sein. Zur Weiterarbeit bietet sich im Anschluss eine Erläuterung des Semesterablaufs an. Dabei können die inhaltlichen Zentrierungen, die durch die Methode erarbeitet wurden, mit den Schwerpunkten der Programmplanung verknüpft werden. Durchführung Die Gruppen bilden sich möglichst nach einem Zufallsprinzip, z. B. durch Abzählen (je nach Anzahl der Teilnehmenden ca. zwei bis fünf Gruppenmitglieder) Die Teilnehmenden sollen sich austauschen zu: Ich bin … Zum Thema dieses Seminars bringe ich mit … (z. B. bestimmte Fragen oder Erfahrungen) Mich interessiert an dem Seminar … Variation: Die Studierenden machen sich miteinander bekannt und entwickeln eine erste Definition des interessierenden Gegenstandes / Phänomens Im Anschluss werden die Aspekte, die den Teilnehmenden im Laufe ihres Austausches gemeinsam wichtig geworden sind, auf einem Plakat festgehalten. (z. B. Stichwörter, Motto oder These). Die Plakate der Gruppen werden aufgehängt und jeweils von einer Person erläutert (Vorstellung der Gruppenmitglieder und der zentralen gemeinsamen Punkte). III 82 Stellenwert im Forschenden Lernen Diese Methode stellt die gemeinsamen Interessen der Studierenden heraus und vereinfacht es Lehrenden, an diese Interessen im Forschungsprozess anzuknüpfen. Die Zentrierung auf gemeinsame Aussagen fördert bereits zu Beginn ein erstes Teamgefühl sowie erste Prozesse der Kooperation. Materialien Flipcharts, Stifte Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 10 – 50 Benötigte Zeit: ca. 50 Min. (20 – 30 Min. für den Kleingruppenaustausch und die Ergebnissicherung, 20 – 30 Min. für die anschließende Vorstellung und Zusammenführung im Plenum) Bei der Vorstellung der Plakate im Plenum kann es vorkommen, dass sich die Sprechenden auf den Inhalt fokussieren und die Nennung der Gruppenmitglieder vergessen. In diesem Fall ist eine Erinnerung sinnvoll, da auch die anderen Teilnehmenden die einzelnen Personen zumindest ansatzweise kennenlernen sollen. Quelle Knoll, J. (2007). Kurs- und Seminarmethoden. Ein Trainingsbuch zur Gestaltung von Kursen und Seminaren, Arbeits und Gesprächskreisen (11. Aufl.). Weinheim und Basel: Beltz. (Methode: S. 122f.) III 83 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.1.3 Erwartungsabfrage als Zeitreise Hintergrund Es ist hilfreich, wenn sich die Lehrperson zunächst einen Eindruck über die Erwartungen der Studierenden verschafft, damit das Konzept auch auf konkrete Bedürfnisse und Kompetenzen der Teilnehmenden ausgerichtet werden kann. Beim Einsatz dieser oder ähnlicher Methoden in der zweiten Sitzung ist bereits der erste Schritt in Richtung der gemeinsamen Zieldefinition erfolgt. Aus diesem Grund wird die hier vorgestellte Erwartungsabfrage auch aus der Zukunftsperspektive durchgeführt. Das Element einer imaginären Zeitreise schafft einen lockeren Einstieg. In der ersten Woche sind die Erwartungen meist noch zu global und unkonkret, da die Studierenden diese bis dato nur auf die Seminarbeschreibung stützen können. Ein Teil der Abfrage sollte auch den eigenen Anteil beinhalten, den die Studierenden bei sich selbst sehen, um ihre Erwartungen zu erfüllen. Dies verdeutlicht von Anfang an, dass Forschendes Lernen von den Beiträgen aller profitiert und von Interaktion lebt. Durchführung Die Lehrperson beginnt mit einer Zeitreise zur Einleitung (z. B. »Stellen Sie sich vor, wir setzen uns jetzt in eine Zeitmaschine. Diese bringt uns ein paar Monate in die Zukunft. Das Semester ist vorbei und Sie treffen sich in einem Café mit dieser Seminargruppe wieder. Das Gespräch kommt auf die gemeinsamen Erfahrungen in dieser Veranstaltung, und ich würde jetzt gerne wissen ...«) Auf einer Pinnwand sind drei Bereiche durch Überschriften gekennzeichnet: »Zum Glück ist folgendes passiert … « »Zum Glück ist folgendes nicht passiert … « » … und dazu habe ich folgendes beigetragen … « Die Teilnehmenden schreiben auf vorher bereitgelegte Karten ihre Ideen dazu. Im Anschluss kommen die Teilnehmenden nacheinander zur Pinnwand, bringen ihre Karten an und kommentieren ihren Beitrag kurz und knapp. III 84 Stellenwert im Forschenden Lernen Diese Methode ermöglicht es den Lehrenden, stärker auf die jeweiligen Erwartungen und Bedürfnisse im Forschungsprozess eingehen zu können. Durch den Einbezug des Anteils der Studierenden fördert diese Methode bereits zu Beginn die persönliche Verbundenheit mit dem gemeinsamen Ziel. Die Ergebnisse der Erwartungsabfrage können zudem am Ende oder während des Forschungsprozesses erneut betrachtet werden und so als Basis für die gemeinsame Reflexion dienen. Materialien Pinnwand, Moderationskarten, Stifte, Pinnnadeln (Alternativ: Whiteboard und Magnete) Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 3 – 30 Benötigte Zeit: Instruktion und stille Arbeit ca. 10 – 15 Min., Sammeln an der Pinnwand ca. 3 Min. je Teilnehmer_in Diese Methode kann mit einer großen Gruppe etwas langwierig werden. In diesem Fall empfiehlt sich, paarweise oder zu dritt über die Erwartungen zu reflektieren und diese auf Karten zu notieren (ohne Beschränkung der Kartenanzahl). Die Beiträge sollten nicht bewertet werden. Allerdings kann im Anschluss besprochen werden, welche Konsequenzen die gesammelten Erwartungen für die Gestaltung des Seminars haben. Dabei wird auch deutlich gemacht, was eventuell unrealistisch ist. Quelle Knoll, J. (2007). Kurs- und Seminarmethoden. Ein Trainingsbuch zur Gestaltung von Kursen und Seminaren, Arbeits und Gesprächskreisen (11. Aufl.). Weinheim und Basel: Beltz. (Methode: S. 124f.) III 85 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.2 Ideen und Fragen entwickeln und präzisieren Für Studierende ist es oft eine besondere Herausforderung, im Rahmen Forschenden Lernens eine eigene Forschungsfrage zu finden, diese einzugrenzen und ein geeignetes Forschungsdesign zu wählen (vgl. Abschnitt B.3.1). Die Methoden in diesem Abschnitt sollen dabei unterstützen, die individuellen Interessen der Studierenden zu präzisieren, in Bezug zueinander zu setzen und Ideen für Forschungsfragen zusammenzutragen. Sie fördern zudem den Einbezug der Studierenden in die Planung des Forschungsprozesses und unterstützen die Studierenden, in die aktive forschend-lernende Rolle hineinzufinden. III 86 III.2.1 Brain Walking Hintergrund Eine gute Durchblutung des Gehirns fördert den Ideenfluss im Gehirn ganz entscheidend. Daher ist Bewegung ein wesentliches Element im Zusammenhang mit kreativem Denken. Hat eine Seminargruppe schon längere Zeit gesessen, dann lockert diese Methode auf und ist deshalb auch nach dem Mittagessen gut anwendbar. Es handelt sich um eine Weiterführung der bekannteren Varianten ›Brain Writing‹ oder ›Brainstorming‹, sollen deren Vorteile (ungestörte Assoziationsmöglichkeiten, keine Bewertung im Ideenfindungsprozess) übernommen werden, deren Nachteile (statisch, etwas komplizierte Nachbearbeitung) jedoch vermieden werden. Die Teilnehmer_innen bringen eigene Ideen ein und bauen auf Ideen anderer auf, entwickeln diese weiter. Durchführung Auf mehreren, im Raum verteilt angebrachten Flipchartblättern steht oben das gleiche Thema (Das ist wandelbar: Es lassen sich auch z. B. vier Flipcharts mit vier verschiedenen Themenbereichen im Raum verteilen). Während der ersten Minuten schreiben die Teilnehmer_innen spontane Einfälle auf das Flipchartblatt, bei dem sie stehen. Dann gehen sie im Raum herum, sehen sich auf anderen Flipchartblättern die Einfälle der übrigen Studierenden an und schreiben dort neue Assoziationen dazu. Sie schreiten so nach und nach den Raum ab und entwickeln immer wieder neue Ideen, die auf den Gedanken der anderen aufbauen. Während der Ideensammlung wird nicht gesprochen, um den spontanen Assoziationsfluss nicht zu unterbrechen (das muss nicht streng gehandhabt werden, manchmal wirken kleine Gespräche unter den Teilnehmenden auch auflockernd). Die Blätter werden anschließend an einem gemeinsamen Ort aufgehängt. Die folgende Auswertung richtet sich nach dem Ziel der Übung (Prioritäten setzen, Clustern … ). III 87 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung Stellenwert im Forschenden Lernen Diese Methode vereinfacht es, Ideen für Unterthemen und Teilfragen zu entwickeln, diese zu ordnen und in Bezug zu der übergeordneten Forschungsfrage des Seminars zu setzen. Sie kann auch bei der Auswahl von Teilfragen oder bei der Präzisierung vom Teilfragen und der übergeordneten Forschungsfrage hilfreich sein. Die Methode ermöglicht die gemeinsame Entwicklung des Forschungsprozesses und fördert die Teamentwicklung. Materialien Flipchartblätter, Stifte Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 3 – 20 Benötigte Zeit: ca. 20 Min. Quelle Beyer, G., Dirlewanger, A., Schmidt, P., Schlicksupp, H., Kaan, E. G. & Bußmann, N. (2001). So springt der Funke über. Kreativität im Team. managerSeminar, 49, 32–42. III 88 III.2.2 Themenlandkarte Hintergrund Eine Themenlandkarte zeigt die Teilbereiche und Zusammenhänge eines Forschungsfeldes auf. Als Einstieg gibt sie eine grafisch visualisierte Inhaltsstruktur, die die Vorkenntnisse der Studierenden aktiviert, ihr Interesse erhöht und eine erste Orientierung im Thema ermöglicht. Sie kann über das gesamte Semester genutzt werden. So kann sie aufzeigen, was bereits bearbeitet wurde und wo noch Lücken bestehen. Auch kann sie sukzessive ergänzt werden, wenn sich durch die Beschäftigung mit dem Themenfeld neue Perspektiven (z. B. weitere Theorien, Praxisanwendungen, Autoren) eröffnen. Durchführung Eine Themenlandkarte kann auf unterschiedlichste Weise erstellt und ergänzt werden. Sinnvoll ist die Wahl einer beständigen Variante (nicht das Whiteboard), die flexibel genug ist, um im Laufe des Semesters angepasst zu werden. Es bieten sich z. B. eine Pinnwand oder ein digitales MindmappingProgramm an. Es ist hilfreich, wenn die Lehrperson eine Grundstruktur vorschlägt, an der die Studierenden anknüpfen können. Stellenwert im Forschenden Lernen Diese Methode fördert die gemeinsame Entwicklung und Kontrolle des Forschungsprozesses. Die Themenlandkarte kann auch zur Motivation der Studierenden dienen, da die Themenlandkarte im Laufe des Semesters Fortschritte und Erfolge der Studierenden aufzeigen kann. Materialien Die benötigten Materialien richten sich nach der gewählten Form. Quelle diverse; u. a. Arnemann (2016): Einstieg mit grafischer Themenübersicht. Unter: https://dbs-lin.ruhr-uni-bochum.de/lehreladen/lehrformate-methoden/aktivieren-und-motivieren/motiviert-ins-semester/einstieg/ III 89 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.2. 3 Buzz Groups Hintergrund Buzz Groups, oder Murmelgruppen, stellen eine Form des Brainstormings dar und können in verschiedenen Phasen einer Veranstaltung eingesetzt werden. Grundprinzip ist, dass kleine Diskussionsgruppen gebildet werden, die innerhalb von wenigen Minuten Ideen generieren, Problemlösungen sammeln oder einen gemeinsamen Standpunkt zu einem Thema formulieren. Buzz Groups können zur Aktivierung einer Lehrveranstaltung eingesetzt werden. Sie fördern die Interaktion innerhalb der Studierenden sowie der Teilnehmer_innen mit der Lehrperson. Durch das Gespräch in kleineren Gruppen sinkt die Hemmschwelle zur Beantwortung einer Frage, es entsteht Raum für die aktive Auseinandersetzung mit einem Problem. Die Methode lässt sich flexibel anwenden, einige Beispiele für ihre Funktion können sein: Einstieg in neues Problem, neues Thema Vorwissen aktivieren Diskussion animieren Hemmschwelle für die Beantwortung von Fragen abbauen (z. B. wenn sich auf Fragen in einer größeren Gruppe selten jemand meldet, können Studierende kleine Diskussionsgruppen bilden, bevor Wortmeldungen nach ein bis zwei Minuten im Plenum erfolgen) Gehörtes Vertiefen Aufmerksamkeit nach längeren Frontalphasen wieder erhöhen Durchführung Die Lehrperson stellt nach Ziel und Thema eine Frage an die Gesamtgruppe. Sie bittet die Studierenden, mit ihren unmittelbaren Nachbarn zu zweit oder zu dritt eine Gruppe zu bilden und die Frage kurz zu besprechen. Die Studierenden werden informiert, wie viel Zeit ihnen zur Verfügung steht. Meist reichen zwei bis fünf Minuten völlig aus. Es sollten nicht mehr als vier Personen gemeinsam murmeln. Nun stellt die Lehrperson die Frage noch einmal an das Plenum. Sie kann das Zusammentragen bzw. die Diskussion frei öffnen oder sie bittet die Gruppen, ihre Kerninhalte nacheinander vorzustellen. III 90 Durchführung Beispielfragen: Einstieg in ein neues Thema – »Was wissen Sie schon über … ?« Sie fördern damit die Motivation. Evaluation – »Was war heute das Interessanteste für Sie?« Lehrende können damit zu viele Wiederholungen vermeiden (wie sie mitunter bei Blitzlichtrunden auftauchen) und regen eine Auseinandersetzung mit anderen Perspektiven an. Stellenwert im Forschenden Lernen Durch die aktive Beteiligung unterstützt diese Methode die Studierenden, in die aktive forschend-lernende Rolle hineinzufinden. Sie kann die Hemmschwelle für die aktive Beteiligung bei Studierenden mit geringem Vorwissen abbauen und die Balance zwischen deren Wortbeiträgen und Beiträgen von aktiveren Studierenden mit größerem Vorwissen herstellen. Materialien Ggf. zur Visualisierung der Frage Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: ab 4 Benötigte Zeit: 5 – 10 Min. zuzüglich der gemeinsamen Diskussion im Plenum Quelle Weidenmann, B. (2006). Handbuch Active Training. Die besten Methoden für lebendige Seminare. Weinheim und Basel: Beltz. (Methode: S. 25f.) III 91 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.2.4 Reality Check Hintergrund Der Reality Check unterstützt die Studierenden dabei zu präzisieren, wo ihre Interessen liegen. Es geht auch darum, die Gruppe dafür zu sensibilisieren, wie sich das, was in einem begrenzten Zeitraum und mit den vorhandenen Fähigkeiten realistisch möglich ist, möglichst anspruchsvoll gestalten lässt. Durchführung Variante 1 zur Präzisierung von Forschungsfragen: Die Studierenden schreiben ihre Teilfragen individuell oder in den bereits gebildeten Kleingruppen auf. Dabei kommen – gerade bei unerfahreneren Studierenden – häufig ziemlich anspruchsvolle Projektideen heraus. Eine der eingereichten Teilfragen wird dann im Plenum einer Realitätskontrolle unterzogen und überarbeitet: Wo liegt der Kern der Frage, was genau soll untersucht werden? Welche Art von Daten (und Methoden) werden zur Beantwortung der Frage benötigt? Welche Informationen und Daten sind (für Teilnehmer_innen) verfügbar? Warum ist das so? Gibt es in den gesichteten Quellen Studien, an die sich vom Ansatz oder Design her anknüpfen lässt? Welches Fachwissen und welche Fähigkeiten bringen die Forscher_innen mit? Das Prinzip der Überarbeitung wird ein- oder zweimal gemeinsam im Plenum durchlaufen. Die Studierenden beteiligen sich am Feedbackprozess. Im Anschluss lassen sich die übrigen Vorschläge in Kleingruppen überarbeiten – bei Einzelprojekten mit der Maßgabe, dass das Projekt durchführbar, aber weiterhin spannend bleibt; bei Gruppenprojekten mit der Maßgabe, einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten. Variante 2 zur Entwicklung eines Forschungsdesigns: Nachdem die Studierenden eine vorläufige Forschungsfrage gefunden haben, schreiben sie die Antworten zu den folgenden Leitfragen individuell oder in den bereits gebildeten Kleingruppen auf: III 92 Durchführung Welche Untersuchungsgegenstände, welche Stichproben etc. werden untersucht und warum genau diese? Mit welchen Methoden und Instrumenten? Wie werden die Ergebnisse ausgewertet? Ein eingereichter Vorschlag wird wie zuvor im Plenum einer Realitätskontrolle unterzogen und überarbeitet. Im Anschluss lassen sich die übrigen Vorschläge in Kleingruppen überarbeiten. Alternativ können die Studierenden auch aufgefordert werden, jeweils zwei Untersuchungsdesigns zu lesen und Rückmeldung zu geben, um ein Peer-Feedback zu ermöglichen. Stellenwert im Forschenden Lernen Die Entwicklung einer eigenen Forschungsfrage und eines Forschungsdesigns sind zentrale Momente im Prozess des Forschenden Lernens. Häufig haben Studierende gerade bei diesen Aufgaben Schwierigkeiten und nehmen sich zu viel vor. Ein Reality Check ist hilfreich für die Präzisierung und die Überprüfung der Realisierbarkeit. Das gegenseitige Feedback durch die Studierenden fördert auch während der Forschungsphase die aktive forschend-lernende Rolle der Studierenden. Materialien Ggf. Arbeitsbögen mit den Leitfragen Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: ab 4 Personen Benötigte Zeit: Die Zeit richtet sich nach den Vorarbeiten, der Anzahl der zu diskutierenden Projekte pro Kleingruppe und nach dem individuellen Beratungsbedarf. Einige Studierende werden Probleme dabei haben zu formulieren, welcher wissenschaftlichen Fragestellung sie nachgehen möchten. Hier ist es sinnvoll, diese im oben genannten Prozess besonders zu unterstützen – oder zur Not mögliche Teilfragen oder geeignete in der Hinterhand zu haben, aus denen diese Studierenden auswählen können. Quelle Deicke, W. (2008). reality check – a tool for developing research questions. Oxford: Ruskin College Oxford (unpublished manuscript). III 93 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung hineinzubringen. Die Methoden in diesem Abschnitt geben konkrete Anregungen dazu, wie die Studierenden eigenständig erarbeitetes Wissen teilen und sich gegenseitig vermitteln können. III.3 Wissen teilen und vermitteln Auch bei der Vermittlung von zentralen Inhalten ist es wichtig, die Studierenden durch aktive Beteiligung in die aktive forschend-lernende Rolle III.3.1 Jigsaw Hintergrund Die Methode des Jigsaw (oder Gruppenpuzzle) unterstützt die Studierenden darin, Inhalte selbst zu erarbeiten und zu präsentieren. Dabei werden die Inhalte nicht nur rezipiert, sondern gleich in der Gruppe strukturiert und bearbeitet. Sie eignet sich insbesondere, wenn eine gemeinsame Wissensbasis als Diskussionsgrundlage geschaffen werden soll. Durchführung Nach einer Einführung der Methode und einer Übersicht über die betreffenden Inhalte, werden die Studierenden je nach Vorwissen, Erfahrungen oder Kompetenzen in Kleingruppen aufgeteilt. Diese Expert_innengruppen beschäftigen sich mit dem jeweiligen Inhalt und erarbeiten dessen Vermittlung. In der zweiten Phase gehen die Expert_innen in neu gebildete Kleingruppen und vermitteln den zuvor erarbeiteten Inhalt. Diese Kleingruppen setzen sich so zusammen, dass aus jeder Expert_innengruppe eine Person anwesend ist. Im Anschluss erfolgt eine gemeinsame Bearbeitung im Plenum. Das kann die Diskussion der Ergebnisse, die Anwendung an einem konkreten Fallbeispiel oder etwas anderes sein. III 94 Stellenwert im Forschenden Lernen Durch die eigenständige Erarbeitung einer gemeinsamen Wissensbasis unterstützt diese Methode die Studierenden, in die aktive forschendlernende Rolle hineinzufinden. Sie kann die Hemmschwelle für die aktive Beteiligung bei Studierenden mit geringem Vorwissen abbauen und die Balance zwischen den Wortbeiträgen dieser Studierender und der aktiveren Studierenden mit größerem Vorwissen herstellen. Materialien Ggf. Texte mit den Inhalten für die Expert_innengruppen, Material zur Vorbereitung der Präsentation in den Kleingruppen (Blätter oder Flipcharts, Stifte) Zu beachten … Empfohlenen Teilnehmerzahl: ab 4 Personen möglich Benötigte Zeit: Jigsaw ist sehr zeitaufwendig. Die Studierenden müssen sich koordinieren, Inhalte aneignen, aufbereiten und weitergeben. Genauere Angaben sind ohne die Kenntnis des Inhaltes nicht möglich. Die Methode lässt sich jedoch auch auf zwei Sitzungen verteilen. Quelle Stary, J. & Kretschmer, H. (1994). Umgang mit wissenschaftlicher Literatur. Berlin: Cornelsen Scriptor. III 95 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.3.2 Fishbowl-Diskussion Hintergrund Die Fishbowl-Methode ist eine abgewandelte Form der Podiumsdiskussion. Hier diskutiert ein Teil einer größeren Gruppe stellvertretend für den Rest der Gruppe. Die anderen Teilnehmenden können jedoch die Diskussionen kommentieren und zeitweilig auch der Diskussion neue Impulse geben. Die Fishbowl-Diskussion lässt sich vielfältig anwenden, u. a. um Entscheidungen zu finden, Arbeitsergebnisse und verschiedene Standpunkte zu diskutieren oder das Wissen in größeren Gruppen zu teilen und zu vermitteln. Durchführung Ca. vier bis fünf Studierende bilden einen Innenkreis, in dem eine bestimmte Frage diskutiert wird. Die restlichen Studierenden bilden einen Außenkreis und beobachten die Diskussion. Die moderierende Person (Lehrende_r oder Studierende_r) stellt eine Frage zur Diskussion. Es können auch nacheinander mehrere Fragen diskutiert werden. Primär diskutiert der Innenkreis, der Außenkreis beobachtet die Diskussion. Er bewertet und analysiert den Verlauf und gegebenenfalls den Weg zur Entscheidungsfindung. Der Innenkreis kann beispielsweise mit Vertreter_innen bestimmter Arbeitsgruppen besetzt oder zufällig bestimmt werden. Abhängig ist dies vom jeweiligen Ziel der Diskussion. Eine Moderation ist nicht unbedingt notwendig, bei Diskussionen mit hohem Konfliktpotenzial jedoch zu empfehlen. Varianten zum Einbezug des Außenkreises: Der Innenkreis lädt den Außenkreis gelegentlich dazu ein, sich in die Diskussion einzubringen. Im Innenkreis wird ein zusätzlicher Stuhl platziert, auf den sich Personen aus dem Außenkreis setzen können, um sich in die Diskussion einzubringen. Die Studierenden aus dem Außenkreis können eine Person im Innenkreis antippen und ablösen, wenn sie sich einbringen möchten oder das Gefühl haben, dass die Diskussion in eine einseitige Richtung verläuft. III 96 Stellenwert im Forschenden Lernen Die Fishbowl-Methode kann Frontalsituationen im Seminar auflösen. Durch die aktive Beteiligung unterstützt diese Methode die forschendlernende Rolle der Studierenden. Sie verringert die Hemmschwelle für die aktive Beteiligung bei Studierenden mit geringem Vorwissen und kann eine Balance zwischen den Wortbeiträgen aktiverer und weniger aktiver Studierender herstellen. In der Phase der Umsetzung kann sie als Format für ›Reality Checks‹ einzelner Forschungsfragen und Forschungsdesigns dienen oder zur Entscheidungsfindung über den weiteren Forschungsprozess beziehungsweise das Abschlussprodukt. Die Methode ist zudem geeignet, um Zwischenergebnisse der einzelnen Projektgruppen zu präsentieren und zu diskutieren. Materialien Stühle für den Innen- und Außenkreis Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 4 – 5 im Innenkreis, ca. 10 – 20 im Außenkreis Benötigte Zeit: Die Zeit richtet sich nach dem Ziel und der Komplexität der Frage. Pro Frage sollten etwa 15 – 30 Min. eingeplant werden. Quelle Grolman, F. (2016): 11 Methoden für Interaktive Konferenzen, Seminare und Workshops. Unter: https://organisationsberatung.net/methoden-fuer-interaktive-konferenzen-seminare-workshops/#Fishbowl-Diskussionen, GoetheInstitut (2016): »Fishbowl«-Diskussionsmethode. Unter https://www.goethe.de/resources/files/pdf1/pk5793988.pdf III 97 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.3.3 Gallery Hintergrund Gallery knüpft an eine Gruppen- oder Einzelarbeit an und dient dem Austausch und der Auswertung von Arbeitsergebnissen. Sie kann z. B. in der Phase der eigentlichen Umsetzung des Forschungsdesigns an den Präsenzterminen angewandt werden und frontale Präsentationen ersetzen, um mehr Interaktion und Kooperation zu fördern. In der Literatur finden sich unter dem Namen ›Gallery‹ zwei sehr unterschiedliche Vorgehensweisen, die hier beide vorgestellt werden. Voraussetzung ist jedes Mal, dass die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse bereits visualisiert bzw. aufbereitet haben. Am besten funktioniert es, wenn die Kleingruppen bereits Fragen an die anderen Studierenden vorbereitet haben, um das Potenzial des Feedbacks ausnutzen zu können. Durchführung Variante 1: Die Arbeitsergebnisse der Gruppen (Forschungsdesign, erste Ergebnisse, Darstellung einer theoretischen Perspektive o. Ä.) sind auf Plakaten visualisiert und werden im Raum aufgehängt. Die gesamte Seminargruppe läuft nun gemeinsam an den Postern entlang, ähnlich eines Museumsbesuchs oder einer Postersession auf einer Konferenz. An jedem Plakat gibt es ein kurzes Impulsreferat mit anschließender Diskussion, bevor die Studierenden weiterziehen. Variante 2: Es werden, ähnlich wie beim Jigsaw, Kleingruppen gebildet, die sich aus Mitgliedern der Arbeitsgruppen zusammensetzen. Die Beiträge der einzelnen Gruppen werden nun nacheinander vorgestellt und diskutiert. Das Feedback sollte protokolliert werden, damit es wieder zurück in die ursprünglichen Arbeitsteams getragen werden kann. Stellenwert im Forschenden Lernen Durch diese Methode behalten die Studierenden die Projekte ihrer Mitstudierenden und das gemeinsame Ziel im Blick. Das gegenseitige Feedback durch die Studierenden fördert auch während der Umsetzungsphase die aktive forschend-lernende Rolle der Studierenden. III 98 Materialien Flipcharts oder Plakatvorlagen Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: max. 25 Benötigte Zeit: Die Zeit richtet sich nach dem Umfang der aufbereiteten Ergebnisse und der Anzahl der Kleingruppen. Bei beiden Varianten sollte eine Person auf die Zeit achten, damit alle Gruppen genügend Raum zur Besprechung ihrer Ergebnisse haben. Quelle Romoth, F. (2014). Reader: Methodenkoffer. Tutoren-Handreichung. Rostock: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Rostock. Bühs, R. (2016). Gallery Walk. Unter: http://www.buehs.com/Publikationen/ lerntagbuch_gallery_walk.pdf III 99 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung Meinungen der Lehrperson orientieren. Vielmehr erhalten sie Anregungen aus der gesamten Gruppe. Die Methoden in diesem Abschnitt illustrieren, wie Lehrende Feedback unter den Studierenden anregen können (vgl. auch die einführenden Abschnitte B.3.3 und II.3 zum Thema Feedback sowie B.4.3 zum Thema Reflexion). III.4 Feedback Regelmäßiges kollegiales Feedback der Studierenden fördert deren aktive forschendlernende Rolle im gesamten Forschungsprozess. Eine entsprechende Feedbackkultur unterstützt die eher moderierende Rolle von Lehrenden im Forschenden Lernen, da die Studierenden ihren Arbeitsprozess nicht allein an den Bewertungen und III.4.1 One-Minute-Paper Hintergrund Mit Hilfe des One-Minute-Papers werden Lernergebnisse und offene Fragen am Ende einer Seminareinheit erhoben. Dabei setzen sich die Studierenden noch einmal aktiv mit den Inhalten auseinander, ziehen ihre eigenen Schlüsse. Lehrende erhalten einen guten Überblick zum aktuellen Stand und Bedarf. Diese Methode ist sehr kurzweilig und niedrigschwellig und eignet sich dafür, regelmäßig eingesetzt zu werden. Durchführung Am Ende eines Veranstaltungsblocks beantworten die Studierenden schriftlich auf einem Blatt folgende Fragen: »Welche wichtigen Erkenntnisse haben Sie heute gewonnen?« »Welche Fragen sind offen geblieben bzw. welche weiterführenden Fragen haben sich heute herauskristallisiert?« Die Antwortzeit sollte auf max. drei Minuten begrenzt sein. Im Anschluss werden alle Zettel eingesammelt (anonym). Die Lehrperson kann diese zwischen den Sitzungen auswerten und die ›Ergebnisse‹ in die weitere Seminarplanung einfließen lassen. Die Impulsfragen können bei Bedarf variiert werden. III 100 Durchführung Varianten: Diese kleine Sequenz kann auch als eine Art Lerntagebuch dienen. In diesem Fall würden die Studierenden die Antworten behalten. Die Lehrperson bittet die Studierenden, die offenen Fragen zum nächsten Mal mitzubringen oder selbst zu beantworten (in ihren Impulsvorträgen, Forschungsgruppen …). Die gewonnenen Erkenntnisse könnten in einem wöchentlichen Blog zusammengetragen werden. Stellenwert im Forschenden Lernen Diese Methode ermöglicht es den Studierenden, Einfluss auf den weiteren Verlauf des Seminars zu nehmen. Gerade bei Studierenden mit sehr unterschiedlichem Vorwissen wird durch das One-Minute-Paper deutlich, wer an welcher Stelle weitere Hilfestellungen benötigt. Die gemeinsame übergeordnete Forschungsfrage und der Bezug der Einzelsitzungen zum gesamten Forschungsprozess bleiben so stets im Blick. Materialien Vorbereitete Blätter mit den Fragen Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: unbegrenzt Benötigte Zeit: 5 Min. (inkl. Instruktion und Einsammeln) Die Studierenden sollten nicht das Gefühl bekommen, kontrolliert oder bewertet zu werden. Quelle angelehnt an Lehner, M. (2013). Viel Stoff – wenig Zeit. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt-Verlag. III 101 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.4.2 Punkteabfrage Hintergrund Punkteabfragen dienen dazu, Urteile oder Bewertungen der Gruppe sichtbar zu machen. Sie können sowohl Ausgangspunkt einer Diskussion darstellen, als auch Feedback übersichtlich abbilden oder Entscheidungen über das weitere Vorgehen erleichtern. Gerade in größeren Gruppen kann jede_r ein eigenes Urteil abgeben, ohne dass z. B. recht zeitaufwendig reihum alle zu Wort kommen. Ausgangspunkt ist immer eine oder mehrere präzise formulierte und visualisierte Fragen und ein vorstrukturiertes Antwortformat. Durchführung Auf einem vorbereiteten Plakat werden nach ausführlicher Instruktion zu verschiedenen Aspekten des Seminars (Thema, Klima, Methode …) Punkte platziert, welche die relative Zustimmung zu den entsprechenden Äußerungen sichtbar macht. Vorher muss die Anzahl der Punkte festgelegt werden, die jedes Gruppenmitglied vergeben darf. Dann werden die Punkte ausgeteilt und individuell aufgeklebt. Das entstandene Bild sollte kommentiert und ausgewertet werden. Stellenwert im Forschenden Lernen Durch diese Methode können Studierende Einfluss auf den weiteren Verlauf des Seminars nehmen. Sie kann z. B. genutzt werden, um Prioritäten hinsichtlich relevanter Teilfragen, des Abschlussprojekts oder weiterer Vorgehensweisen zu verdeutlichen. Ebenso kann die Punkteabfrage den Stand des Arbeitsprozesses und den Beratungsbedarf der Studierenden während des Forschungsprozesses ermitteln. Um Fortschritte darzustellen, kann das Plakat zu einem späteren Zeitpunkt nochmals mit Klebepunkten in einer anderen Farbe beklebt werden. Materialien Vorbereitete Pinnwand, Klebepunkte (ersatzweise Whiteboard und Stifte) Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 5 – 50 Benötigte Zeit: 5 – 10 Min. für Instruktion und Durchführung, Auswertungszeit ist abhängig von Ziel und Gegenstand der Abfrage. III 102 Quelle u. a. Freimuth, J. (2000). Moderation in der Hochschule. Konzepte und Erfahrungen in der Hochschullehre und Hochschulentwicklung. Hamburg: Windmühle. (Grafik: S. 55) Beispiel Durchführung: Punkteabfrage III 103 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.4. 3 Auswertungszielscheibe Hintergrund Die Auswertungszielscheibe ist eine mögliche Form, Seminarfeedback am Ende oder zur Hälfte des Semesters einzuholen. Wie auch bei einigen anderen Methoden fungiert es wie eine ›Schablone‹, in die die relevanten Aspekte eingetragen werden. Diese kann die Lehrperson im Voraus festlegen oder gemeinsam mit den Studierenden erarbeiten. Durchführung An einer Pinnwand (o. ä. Visualisierung) wird eine Zielscheibe erstellt, auf der von 1 (Volltreffer, Mitte) bis 5 (kaum, nur am Rande) einzelne Aspekte des Seminars bewertet werden sollen. Zunächst erstellen die Studierenden die Bewertungen erst einmal für sich selbst. Diese werden dann mit einem Punkt oder Kreuz auf die Pinnwand übertragen. Das gesamte Feedbackbild wird im Anschluss gemeinsam ausgewertet. Stellenwert im Forschenden Lernen Die Methode eignet sich als Zwischenfeedback oder für die Reflexion am Semesterende, um insbesondere den gemeinsamen Forschungsprozess zu reflektieren und Feedback zum eigenen Lehrhandeln zu erhalten. Materialien Vorbereitete Pinnwand, Klebepunkte oder Stifte (alternativ Whiteboard, Flipchart, Smartboard), Notizblätter Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 5 – 25 Benötigte Zeit: mind. 30 Min. Es wird anonymer, wenn die Studierenden die Aspekte gleichzeitig evaluieren, anstatt nacheinander. Quelle Ladwig, A. & Auferkorte-Michaelis, N. (2012). Feedback – Methodenbar. Feedbackmethoden im Lehralltag. Universität Duisburg-Essen. III 104 Beispiel Durchführung: Auswertungszielscheibe III 105 III _ Material- und Methodensammlung _ Toolbox zur Seminargestaltung III.4.4 Zeitungsredaktion Hintergrund Diese Methode ermöglicht ein umfassendes Bild der aktuellen Seminarsituation aus mehreren Perspektiven. Das Erstellen einer fiktiven Seminarzeitung eignet sich insbesondere für ein Zwischenfeedback oder die Auswertung des gemeinsamen Arbeitsprozesses am Semesterende. Durch die verfremdete Darstellung (Zeitung) gewinnt die Gruppe Distanz zur eigenen Situation. Das Medium regt dazu an, die Dinge etwas zu überzeichnen und humoristisch zu beschreiben. So fällt es vielen leichter, positive Ereignisse ins Licht zu setzen und kritische Aspekte offen darzustellen. Durchführung Es werden kleinere Redaktionsgruppen analog zu den Ressorts einer Zeitung gebildet, z. B. Titelseite, Wetterbericht, Anzeigenmarkt, Wirtschaft & Politik, Feuilleton usw. Aufgabe ist es, die aktuelle Situation bzw. rückblickend das Seminar zu erörtern und passend zum jeweiligen Ressort dazu eine aktuelle Zeitungsseite zu gestalten. Die Ergebnisse werden anschließend in einer gemeinsamen ›Redaktionskonferenz‹ präsentiert, gewürdigt und ausgewertet. Variante: Diese Methode kann auch in einer Kurzform als eine Art erweitertes Blitzlicht zur Auswertung einer Sitzung verwendet werden. Die Lehrperson vergibt die Ressorts an zwei bis drei Sitznachbar_innen und stellt die Aufgabe, alles Revue passieren zu lassen und dann entsprechend dem jeweiligen Ressort eine Schlagzeile zu formulieren. (z. B. Anzeigenmarkt: ›Suchen Experten für Theorie X‹ oder Titelseite: ›Endlich Durchbruch bei …‹) Stellenwert im Forschenden Lernen Die Methode eignet sich als Zwischenfeedback oder für die Reflexion am Semesterende, um den Lern- und Forschungsfortschritt der Studierenden festzuhalten und den gemeinsamen Forschungsprozess zu reflektieren. III 106 Beispiel Durchführung: Zeitungsredaktion III 107 Materialien Flipchart oder Pinnwand, um die Ergebnisse zu sammeln; Papier und Stifte; ggf. Zeitungen als Anregungen, Schere, Kleber, farbiges Papier Zu beachten … Empfohlene Teilnehmerzahl: 6 – 30 Benötigte Zeit: Wenn die Studierenden Zeit haben sollen, ausführlich über das Seminar, den Arbeitsprozess und die Gruppenatmosphäre zu reflektieren und das entsprechend aufzubereiten, werden 60 – 90 Min. benötigt. Der Prozess lässt sich auch verkürzen, indem die Studierenden nur Schlagzeilen produzieren oder weniger Wert auf die Gestaltung legen. Quelle Funcke, A. & Havenith, E. (2014). Moderations-Tools. Anschauliche, aktivierende und klärende Methoden für die Moderationspraxis (4. Aufl.). Bonn: managerSeminare Verlags GmbH. (Methode: S. 115 – 117) III 108 Die Autorinnen und Autoren Monika Sonntag studierte Geographie, Soziologie und Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Stadt- und Regionalforschung an der Universität Trier und an der Université de Montréal in Kanada. Nach Forschungs- und Lehrtätigkeiten am Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner bei Berlin und an der Universität Bremen promovierte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin in der Kultur- und Sozialgeographie. Am bologna.lab der HumboldtUniversität betreut sie derzeit Projekte und Fortbildungen zum Forschenden Lernen mit dem Ziel, die Verbindung von Forschung und Lehre an der Universität zu stärken und innovative Lehr- und Lernformen zu fördern. Julia Rueß studierte Diplom-Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin, wobei empirische Sozialforschung den Schwerpunkt ihres Studiums bildete. Vor ihrer Tätigkeit am bologna.lab arbeitete sie als Beraterin bei Rambøll Management Consulting, wo sie vorrangig in die Evaluation bildungspolitischer Projekte eingebunden war. Im bologna.lab ist sie für die wissenschaftliche Begleitforschung der umgesetzten Projekte zuständig. Dabei untersucht sie die Wirkungen und Wirkmechanismen der erprobten Lehr-Lernformate mit dem Ziel einer systematischen Weiterentwicklung. In ihrer Doktorarbeit analysiert sie vertiefend die Frage, wie die epistemologischen Überzeugungen von Studierenden verändert werden können. Carola Ebert studierte Architektur an der Technischen Universität Berlin sowie am University College London und promovierte an der Universität Kassel im Bereich Architektur- und Kulturgeschichte. Neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit am Fachbereich Architektur Landschaftsplanung Stadtplanung der Universität Kassel war sie als Dozentin für fachspezifische wie auch fächerübergreifende Schlüsselqualifikationen an verschiedenen Universitäten tätig. Am bologna.lab ist sie für die Konzeption und Durchführung verschiedener Fortbildungsangebote zum Forschenden Lernen zuständig. Seit ihrer Ausbildung bei artop, einem Institut der Humboldt-Universität zu Berlin, ist sie zudem freiberuflich als Coach und Kommunikationstrainerin tätig. Kathrin Friederici studierte Psychologie mit den Nebenfächern Vergleichende Erziehungswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre an der HumboldtUniversität zu Berlin. Zurzeit promoviert sie im interdisziplinären Postgraduate Program Microenergy Systems am Zentrum für Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin. Seit ihrer Ausbildung zum Trainer and Coach for Cross-Cultural Competence bei artop und einer Weiterbildung als Online-Tutorin bei der Daten+Dokumentation GmbH ist sie an verschiedenen Hochschulen als freie Dozentin, Trainerin und Beraterin tätig. Am bologna.lab ist sie zuständig für die Konzeption und Durchführung des didaktischen Begleitprogramms im Q-Programm. Laura Schilow studierte Anglistik und Italianistik an der Universität Leipzig, der Università degli Studi di Palermo und der Bangor University sowie Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Am bologna.lab der Humboldt-Universität ist sie sowohl für die Koordination des Q-Programms als auch für die Konzeption und Durchführung von Fortbildungen zum Forschenden Lernen zuständig. Wolfgang Deicke studierte Soziologie und Politikwissenschaften an der Universität Hamburg und der Postgraduate School of Peace Studies in Bradford. Er war Dozent für Soziologie, Politikwissenschaften und Europäische Sozial- und Geistesgeschichte an der Universität Northampton, der School of Oriental and African Studies in London und am Ruskin College, Oxford. In Northampton und Oxford sammelte er als Fachbereichsleiter für Politik bzw. Sozialwissenschaften umfangreiche Erfahrungen in der Umsetzung des Bologna-Prozesses und der Entwicklung innovativer und interdisziplinärer Studiengänge. Seit 2012 ist er Leiter des bologna.labs an der Humboldt-Universität zu Berlin und beschäftigt sich insbesondere mit der curricularen Verankerung von Forschendem Lernen. III 111 Das Interesse an einer engeren Verbindung von Forschung und Lehre hat in jüngster Zeit stark zugenommen. Dieser Leitfaden bietet Hochschullehrenden einen Einstieg in das ›Forschende Lernen‹ vom Konzept bis hin zur konkreten praktischen Umsetzung im Seminar. Inhalt Zielgruppen  Im ersten Teil des Leitfadens wird die Lehr-Lernform Forschenden Lernens zunächst definiert und in den zentralen Charakteristika beschrieben.  Hochschullehrende, die Interesse daran haben, (die eigene) Forschung mit Lehre zu verbinden  Der zweite Teil enthält konkrete Hinweise zur Vorbereitung und Durchführung von Seminaren im Format des Forschenden Lernens.  Im dritten Teil wird Forschendes Lernen im weiteren Feld forschungsbezogener Lehre verortet, um die Besonderheiten dieser Lehr-Lernform im Vergleich herauszuarbeiten und interessierten Lehrenden ergänzende Anregungen zu geben, wie Forschung und Lehre auch in anderen Formaten miteinander verbunden werden können.  Eine ergänzende Material- und Methodensammlung enthält Arbeitsmaterialien und Empfehlungen zu didaktischen Methoden, die speziell für die praktische Umsetzung Forschenden Lernens genutzt werden können.  Hochschuldidaktiker_innen und Hochschulentwickler_innen, die Interesse daran haben, Fortbildungen, Workshops oder Beratungen zum Forschenden Lernen anzubieten Autor_innen Monika Sonntag, Julia Rueß, Carola Ebert, Kathrin Friederici, Laura Schilow und Wolfgang Deicke sind Mitarbeiter_innen des bologna.labs der Humboldt Universität zu Berlin und dort seit 2012 mit der Entwicklung und wissenschaftlichen Begleitung von Projekten zum Forschenden Lernen befasst. In diesem Rahmen bieten sie für Lehrende Fortbildungen zur Didaktik im Forschenden Lernen an. ISBN 978-3-86004-328-8