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Rosa Luxemburg. Bd. 1: Leben und Wirken
Jacob, Frank (Ed.); Scharenberg, Albert (Ed.); Schütrumpf, Jörn (Ed.)
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Sammelwerk / collection
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Jacob, F., Scharenberg, A., & Schütrumpf, J. (Hrsg.). (2021). Rosa Luxemburg. Bd. 1: Leben und Wirken. Marburg:
Büchner-Verlag. https://doi.org/10.14631/978-3-96317-782-8
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Rosa Luxemburg. Band 1: Leben und Wirken
Prof. Dr. Frank Jacob, geb. 1984, studierte von 2004 bis 2010 an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg sowie an der Osaka University Geschichte und Japanologie. 2012 wurde er an der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Fachbereich Japanologie mit einer Arbeit
zu Geheimgesellschaften in Deutschland und Japan promoviert. 2014 erhielt er einen Ruf auf eine
Tenure-Track-Professur für Welt- und Globalgeschichte ab 1500 an die City University of New
York, 2018 einen Ruf auf eine Professur (tenured) für Globalgeschichte (19. und 20. Jahrhundert)
an die Nord Universitet, Norwegen. Er ist Autor und Herausgeber von mehr als 70 Büchern,
darunter 1917: Die korrumpierte Revolution, der Sammelband Engels @ 200 und Rosa Luxemburg:
Living and Thinking the Revolution.
Dr. Albert Scharenberg leitet das Historische Zentrum der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin.
Von 2012 bis 2018 war er Ko-Direktor des New Yorker Büros der Stiftung, vorher Redakteur der
Blätter für deutsche und internationale Politik und Lehrbeauftragter für Nordamerikastudien an
der FU Berlin. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen Martin Luther King: Eine Biografie und,
als Herausgeber, die Anthologie Rosa Remix.
Dr. Jörn Schütrumpf ist Leiter der Fokusstelle Rosa Luxemburg der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Zuletzt sind von ihm die Quelleneditionen ›Spartakusaufstand‹. Der unterschlagene Bericht des Untersuchungsausschusses der verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung über die Januar-Unruhen 1919 in Berlin (2018) und Paul Levi, Ohne einen Tropfen Lakaienblut. Spartakus (2 Bde., 2018)
erschienen. 2021 erscheint von Michael Brie und Jörn Schütrumpf Rosa Luxemburg. A Revolutionary Marxist at the Limits of Marxism (Palgrave 2021).
Frank Jacob ∙ Albert Scharenberg ∙ Jörn Schütrumpf (Hg.)
Rosa Luxemburg
Band 1: Leben und Wirken
Frank Jacob, Albert Scharenberg, Jörn Schütrumpf (Hg.)
Rosa Luxemburg. Band 1: Leben und Wirken
ISBN (Print) 978-3-96317-244-1
ISBN (ePDF) 978-3-96317-782-8
DOI: 10.14619/978-3-96317-782-8
Erschienen 2021 Büchner-Verlag eG, Marburg
Coverabbildung: Rosa Luxemburg, zwischen 1895 und 1905
Satz: DeinSatz Marburg | tn
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Inhalt
1
Einleitung
................................................................
7
Frank Jacob, Albert Scharenberg und Jörn Schütrumpf
2
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters:
The Woman Question in Rosa Luxemburg’s
Life and Work . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
Dana N. Mills
3
Rosa Luxemburg: Revolution Theory
and Revolutionary Practice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
Frank Jacob
4
World Revolution and its Requirements:
On the National Right to Self-determination,
Autonomy, and the Accumulation of Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
Hedwig Lieback
5
(Re)Reading the Notion of Ideology:
Luxemburg and Gramsci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
117
Sevgi Doğan
6
Rosa Luxemburg, »deutsches Denken« und
die These vom »künstlichen« Lodz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Soonim Shin
151
7
Rosa Luxemburg und die Dresdner
Antisemiten um 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187
Sven Brajer
8
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD:
A Peripheral Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215
Rosa Rosa Gomes
9
Klassenbewusstsein und Aufklärung:
Zur Funktion sozialistischer Rhetorik
bei Rosa Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249
Dietmar Till
10 Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften –
und jene über sie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
273
Malte Meyer
11
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin:
Charakterisierung Rosa Luxemburgs
durchs Film-Szenenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
315
Kathrin Nachtigall
12 Die Darstellung Rosa Luxemburgs in der
biographischen und literarischen Prosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
351
Julia Killet
13 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
365
1.
Einleitung
Frank Jacob, Albert Scharenberg und Jörn Schütrumpf
»Warum ist alles so?« Sie Kind, »so« ist eben das Leben seit jeher,
alles gehört dazu: Leid und Trennung und Sehnsucht. Man muss
es immer mit allem nehmen und alles schön und gut finden.
Ich tue es wenigstens so. Nicht durch ausgeklügelte Weitsicht,
sondern einfach so aus meiner Natur. Ich fühle instinktiv, dass
das die einzige richtige Art ist, das Leben zu nehmen, und fühle
mich deshalb wirklich glücklich in jeder Lage. Ich möchte auch
nichts aus meinem Leben missen und nichts anders haben,
als es war und ist.«1
Rosa Luxemburg lebte ein bewegtes Leben, in dem vor allem zwei
Dinge zählten: die »Einheit von Wort und Tat« und »eigenständiges
Denken«.2 Wer einen Blick auf das Leben und Wirken der jüdischen
Polin, der Revolutionärin und Sozialistin wirft, der begegnet »einem
der ungewöhnlichsten Menschen, der je aufseiten der europäischen
Linken stand«3, und einer bedeutenden Frau, die bis heute – sozial
wie politisch – nichts von ihrer emanzipatorischen Strahlkraft verloren
hat. Das Urteil der großen Luxemburgforscherin Annelies Laschitza
(1934–2018) hat daher immer noch Gültigkeit: »Rosa Luxemburg ge1
2
3
Brief an Sophie Liebknecht, Wronke, 19. April 1917, in: Rosa Luxemburg:
Briefe aus dem Gefängnis, 20. Auflage, Berlin 2019, S. 31.
Jörn Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn. Rosa Luxemburg, in: ders.
(Hrsg.): Rosa Luxemburg oder: Der Preis der Freiheit, 3. ergänzte und überarbeitete Auflage, Berlin 2018, S. 12.
Ebd, S. 14–16.
8
Frank Jacob, Albert Scharenberg und Jörn Schütrumpf
hört zu den interessantesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.«4
Dass die berühmte Sozialistin, wie eingangs schon anhand eines ihrer Briefe aus dem Gefängnis deutlich wurde, ihr Leben aktiv genoss,
gleichzeitig aber versuchte, es zu nutzen, um die Welt in eine bessere
zu verwandeln, unterstreicht diese Bewertung nur, die Laschitza wie
folgt erweitert: »Sie sprühte vor Ideen, war außergewöhnlich gebildet, vielseitig talentiert und ehrgeizig. Das ermöglichte es ihr, sich als
emanzipierte Frau zu behaupten, ohne an Situationen der Ohnmacht
und persönlichen Niederlagen zu zerbrechen.«5
Luxemburg war ohne Frage brillant und eine der wichtigsten europäischen Intellektuellen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts;6
gleichzeitig war sie ein mitfühlender Mensch und Freund. Gegenüber
Sophie Liebknecht betonte sie in einem Brief aus dem Gefängnis Anfang Januar 1917 selbst: »Nichts Menschliches und auch nichts Weibliches ist mir fremd und gleichgültig.«7 Wie andere Menschen auch
kämpfte Luxemburg Zeit ihres Lebens dabei allerdings ebenso mit
Widersprüchen: »Obwohl sie Geselligkeit liebte, flüchtete Rosa Luxemburg doch oft in die Einsamkeit. Sie konnte freundlich und grob,
verständnisvoll und jähzornig, heiter und trübsinnig, bescheiden und
überheblich, einsichtig und streitbar, nüchtern und beseelt sein.«8
Aufgrund ihrer charismatischen Persönlichkeit gelang es ihr, andere
Menschen mitzureißen und zu begeistern. Andererseits weckten diese Eigenschaften auch Neid und Missgunst, so dass die intellektuell
und rhetorisch hochbegabte Luxemburg viel Hass auf sich zog. In
einer von Krieg und Revolution geprägten Zeit, die von der Existenz
4
Annelies Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem. Rosa Luxemburg –
Eine Biographie, 2. Auflage, Berlin 1996, S. 9.
5 Ebd.
6 Giuseppe Berti: Gli scritti politici di Rosa Luxemburg, in: Studi Storici 9/
1968, H. 1, S. 225; Dana Mills: Rosa Luxemburg, London 2020, S. 7.
7 Brief an Sophie Liebknecht, Wronke, Anfang Januar 1917, in: Rosa Luxemburg: Briefe aus dem Gefängnis, 20. Auflage, Berlin 2019, S. 17.
8 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 9.
Einleitung
9
und dem Ende des Deutschen Kaiserreiches bestimmt wurde, gegen
dessen Missstände sich Luxemburg mit all ihrer Kraft gewandt hatte,
»zog [sie] schon früh Emotionen der unterschiedlichsten Art auf sich,
gleichgültig ließ sie kaum jemanden.«9 Ihre Zeitgenossen erblickten in
ihr nicht nur »eine ungewöhnlich intelligente Frau« (Theodor Heuss),
eine »[v]ernünftige« Revolutionärin (Kurt Eisner) oder einen fähigen
»Staatsmann« (sic!) (Harry Graf Kessler)10, sondern jemanden, dem
Freiheit und Wahrhaftigkeit im Zweifelsfall mehr bedeuteten als politischer Einfluss bzw. politische Macht. Vor ihrem Spott war niemand
sicher. Sie lebte in Lassalles Geiste und sagte jedem, auch denen, die
es nicht hören wollten, dass es »die revolutionärste Tat« sei und bleibe, immer ›das laut zu sagen, was ist‹.«11 Gerade weil sie unbequeme
Wahrheiten benannte und keine Diskussion scheute, war sie vielen
Parteigenossen ein Dorn im Auge. Die Person Luxemburgs und die
Interpretation ihres Wirkens haben daher »viele Biographen in ihren
Bann gezogen.«12 Dabei wurde besonders mit Blick auf die historische
Reflexion auch um Luxemburgs Erbe bzw. die Interpretation ihres
Lebens und ihrer Schriften gestritten: »Selektiv verfuhren in der Regel
jene, die Rosa Luxemburg ideologielastig in die kommunistische oder
9 Ernst Piper: Rosa Luxemburg. Ein Leben, 2. Auflage, München 2019, S. 11.
10 Zitiert nach ebd., S. 10 f.
11 Rosa Luxemburg: In revolutionärer Stunde: Was weiter? in: Dies.: Gesammelte Werke, Bd. 2, S. 36.
12 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 10. Zu nennen wären hier,
unter anderem und in chronologischer Reihenfolge: Paul Frölich: Rosa Luxemburg. Gedanke und Tat, Paris 1939; Peter Nettl: Rosa Luxemburg. The
Biography, 2 Bde., London 1966 [zuletzt erneut 2019]; Gilbert Badia: Rosa
Luxemburg. Journaliste, polemiste, revolutionnaire, Paris 1975; Elzbietta Ettinger: Rosa Luxemburg. Ein Leben, übers. von Barbara Bortfeldt, Bonn
1990; Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem (1996); Dietmar Dath:
Rosa Luxemburg, 2. Auflage, Berlin 2019; Piper: Rosa Luxemburg, 2019;
Michael Brie/Jörn Schütrumpf: Rosa Luxemburg. A Revolutionary Marxist at the Limits of Marxism, London 2021; Frank Jacob: Rosa Luxemburg
(1871–1919): Ein Leben für und mit der Revolution, Leipzig 2021.
10
Frank Jacob, Albert Scharenberg und Jörn Schütrumpf
in die sozialdemokratische Parteitradition integrierten.«13 Gerade weil
sich die so produktive Sozialistin aber mit vielen wichtigen Fragen
ihrer Zeit – Demokratie, Diktatur, Imperialismus14, Kapitalismus,
Nationalismus15, Revolution16, etc. – auseinandergesetzt hatte, boten
und bieten sich bis heute viele Ansatzpunkte, sich mit Luxemburg zu
befassen und auseinanderzusetzen, sie quasi neu zu entdecken.17 Das
Denken Rosa Luxemburgs ist nach wie vor unentdeckt. Wie Marx
stellte sie Fragen, die nicht abgegolten sind und auf die es immer aufs
Neue Antworten zu finden gilt. Rosa Luxemburg ist heute mehr denn
je nicht stumme Ikone – das war sie lange genug –, sondern Partnerin
im Dialog über das Verständnis der Welt wie für Ausstiege aus der
kapitalgetriebenen Selbstvernichtung.
Rosa Luxemburgs Leben war, um noch einmal Annelies Laschitza
zu zitieren, »aufreibend und konfliktreich. Sie kämpfte für eine bessere
Welt. Ihr Ideal war ein Sozialismus, der vom Volk mitgestaltet wird, auf
uneingeschränkter Freiheit und Demokratie basiert und einen dauerhaften Frieden garantiert.«18 John Peter Nettl hatte in seiner biographischen
Studie Luxemburgs darauf hingewiesen, dass Luxemburg besonders politisch war und deshalb so aktiv Anteil an der historischen Entwicklung
bis zum Ende des Deutschen Kaiserreiches genommen hatte.19
13 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 10.
14 Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus, Berlin 1913.
15 Rosa Luxemburg: Internationalismus und Klassenkampf, hrsg. von Jürgen
Hentze, Berlin 1971.
16 Rosa Luxemburg: Sozialreform oder Revolution? in: Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke, Bd.1, Erster Halbbd., Berlin 1982, S. 369–445; Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, hrsg. und übersetzt von Holger Politt,
Berlin 2015.
17 Michael Brie: Rosa Luxemburg neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen zu
»Freiheit für den Feind! Demokratie und Sozialismus«, Hamburg 2019.
18 Annelies Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 9.
19 John Peter Nettl, Rosa Luxemburg. The Biography, London/New York 2019,
S. 55.
Einleitung
11
Urteile über ihr Leben fielen allerdings nicht immer derart positiv
aus. Joachim C. Fest schrieb etwa im April 1971 im Spiegel, dass »Rosa
Luxemburg […] am Ende gar keine Revolutionärin [war], sondern
nur ein aufsässiges Temperament, und erst der Lebenszufall hatte sie
in die Politik verschlagen, die sie im Grunde verabscheute.«20 Derlei
Aussagen entsprechen jedoch nicht den historischen Realitäten. Rosa
Luxemburg war eine Revolutionärin, schon weil sie »Marxistin war«
und »ihre Begriffe durch Marx mitgeprägt waren«.21 Dabei war sie
keine doktrinäre Marxistin, sondern versuchte, Marx und Engels zu
begreifen und deren Arbeiten durch eigene zeitbezogene Reflexionen
zu erweitern, im Sinne ihrer eigenen Zeit zu interpretieren. Schon
dadurch war sie im Engelsschen Sinne zu einer Art »operativen Intellektuellen« geworden, einer aktiven Revolutionärin und einer zukunftsorientierten Sozialistin, die »unentwegt auf eine gerechte und
gleiche Welt für alle«22 hinarbeitete.
Dass sie dabei vielerorts Missmut hervorrief, kann nicht überraschen. Radikaler als manche Sozialdemokraten, waren es die zu
»Hyänen« verklärten Frauen wie Luxemburg, die den theoretischen
Diskurs innerhalb der deutschen Sozialdemokratie vorantrieben, den
unentwegten Klassenkampf forderten sowie Verrat an der sozialistisch-revolutionären Sache geißelten – und das nicht nur während
des Ersten Weltkrieges.23
20 Joachim Fest, Die Dingsda, in: Der Spiegel 25/1971, H. 16, S. 159, zitiert nach
Helmut Peitsch: Rosa Luxemburg in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 65/2013, H. 2,
S. 155.
21 Klaus Kinner/Helmut Seidel: Vorwort, in: Dies. (Hrsg.): Rosa Luxemburg.
Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2. korrigierte Auflage, Berlin 2009, S. 7–9, hier S. 7.
22 Mills: Rosa Luxemburg, S. 8.
23 Vgl. dazu, auch mit internationaler Perspektive, Vincent Streichhahn/Frank
Jacob (Hrsg.): Geschlecht und Klassenkampf. Die »Frauenfrage« aus deutscher und internationaler Perspektive im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin
2020.
12
Frank Jacob, Albert Scharenberg und Jörn Schütrumpf
Ein einst enger Vertrauter und späterer – ebenso entschiedener –
Gegner beschrieb Rosa Luxemburg so:
»Diese Freiheit von kleinbürgerlichen Instinkten wirkte innerhalb der
deutschen Sozialdemokratie, die ja doch zum größten Teil aus kleinen
Leuten besteht, aus Elementen, die auch geistig dem Kleinbürgertum
und seiner Gefühlswelt angehören, wie ein störender Fremdkörper, und
hierauf führte sich ein großer Teil der Unbeliebtheit, um nicht zu sagen des Verhasstseins, zurück, deren sich die Verstorbene in weiten Parteikreisen zu erfreuen hatte. Sie liebte keine Schonung, weder in der
Presspolemik noch in der mündlichen Debatte, und dass sie dabei oft
genug erst Schwierigkeiten schuf, wo keine waren, und vorhandene Gegensätze verschärfte, die zu mildern die Klugheit gebot, soll nicht geleugnet werden. Ihre Schriften, und zwar ihre Broschüren genauso wie
ihre großangelegte Arbeit über die Akkumulation des Kapitals verrieten
in jeder Zeile das feurige Temperament der Verfasserin wie die strenge
Schulung an Karl Marx. Auf der Universität in der Schweiz stand sie
vor der Entscheidung, ob sie sich der Mathematik und besonders der
Astronomie oder der Volkswirtschaft und Politik zuwenden solle. Sie
entschied sich für das letztere, wobei sicherlich ihr angeborenes Kampfbedürfnis wesentlich mitgesprochen hat.«24
Rosa Luxemburg war Zeit ihres Lebens »eine Advokatin des Rechts auf
Widerspruch«25 und machte von ebendiesem immer wieder Gebrauch.
Vielleicht wurde sie gerade deshalb ab 1901 zur »blutigen Rosa« erklärt.26 In einem Porträt in der Weltbühne hieß es einen Tag nach ihrer
Ermordung: »In Berlin tobt der Bürgerkrieg, und die blutige Rosa ist,
als das Pulverfass in Berlin explodiert, ins Reich gefahren, um auch
24 Paul Lensch: Ein Ende und ein Anfang, in: Die Glocke, 4/1919, H. 43, S. 1333 f.
25 Mills: Rosa Luxemburg, S. 10.
26 Julia Killet: Fiktion und Wirklichkeit: Die Darstellung Rosa Luxemburgs in
der biographischen und literarischen Prosa, Ochsenfurt 2020, S. 18.
Einleitung
13
hier die Brandfackel in die aufgeregten Massen zu schleudern. Röslein, Röslein, Röslein rot; Deutschland steht in Flammen!«27 Dass
Luxemburg keine Bolschewisierung Deutschlands forderte, sondern
eine Revolution im Sinne eines freiheitlichen Sozialismus, spielte in
den Folgejahren, in denen neben antisemitischer Hetze gegen die tote
Revolutionärin von Seiten des nationalistischen – bald nationalsozialistischen – Spektrums28, eine Leugnung ihrer Bedeutung von Seiten
der SPD sowie der Versuch einer partiellen – da nicht immer für die
Partei günstigen – Inanspruchnahme ihres Gedenkens als Märtyrerin
der deutschen Revolution durch die KPD dominierten, kaum eine
Rolle, denn sie wurde verklärt, und ihr Andenken glich dem einer
stummen Heiligen, die zwar beschworen werden, aber nicht selbst zu
Wort kommen sollte.
Der Mittelalterhistoriker Johannes Helmrath hat mit Blick auf die
Arbeit von Historikerinnen und Historikern darauf verwiesen, dass
diese »in der Tat neohistorisch – die Historiker auf Trab [halten], als
erzwänge die Geschichte auf diese Weise gleichsam selbst ihre Erforschung.«29 Dieser Problematik ungeachtet sollte der 150. Geburtstag
Rosa Luxemburgs jedoch mehr als genügend Anlass bieten, das Leben und Wirken dieser so wichtigen Intellektuellen, Revolutionärin
und Sozialistin zu würdigen. Die im vorliegenden ersten von zwei
Bänden versammelten Beiträge versuchen genau das, indem sie sich
verschiedenen Aspekten des so bewegten Lebens von Rosa Luxemburg widmen. Sie erheben dabei in ihrer hier präsentierten Form
27 Zitiert nach Piper: Rosa Luxemburg, S. 10.
28 Vgl. dazu exemplarisch: Genosse Ballstrom an Kurt Eisner, 18. Januar 1919,
SAPMO-BArch NY 4060/64, Bl. 232, abgedruckt in: Frank Jacob/Cornelia
Baddack: 100 Schmäh- und Drohbriefe an Kurt Eisner 1918/19, Berlin 2019,
Nr. 41.
29 Johannes Helmrath: Das Reich: 962 – 1356 – 1806. Zusammenfassende
Überlegungen zur Tagung »Die Goldene Bulle«, in: Ulrike Hohensee et al.
(Hrsg.): Die Goldene Bulle. Politik – Wahrnehmung – Rezension, Bd. 2,
Berlin 2009, S. 1138.
14
Frank Jacob, Albert Scharenberg und Jörn Schütrumpf
weder Anspruch auf Vollständigkeit noch Absolutheit, wenn es um
die Darstellung von Luxemburgs Leben und Wirken geht, belegen
aber, wie viele Fragen mit Blick auf ebendiese existieren. Die beiden
Sammelbände verstehen sich damit gleichfalls als Bestandsaufnahme
aktueller Arbeiten und Ideen einer in großen Teilen neuen und jüngeren Generation von Luxemburg-Forscherinnen und -Forschern, die
sich im 21. Jahrhundert mit der Aktualität und Bedeutung Rosa Luxemburgs konfrontiert sieht und gewillt ist, sich erneut und auf Basis
neuer Zugänge und Reflexionsansätze mit ihrem Leben und Wirken
auseinanderzusetzen. Dabei wird zudem eine globale Perspektive eröffnet, denn es kommen nicht nur deutschsprachige, sondern ebenso
internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Aktivistinnen und Aktivisten – bisweilen in Personalunion – zu Wort.
Literaturverzeichnis
Berti, Giuseppe: Gli scritti politici di Rosa Luxemburg, in: Studi Storici 9/1968,
H. 1, S. 225–232.
Badia, Gilbert: Rosa Luxemburg. Journaliste, polemiste, revolutionnaire, Paris
1975.
Brie, Michael: Rosa Luxemburg neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen zu
»Freiheit für den Feind! Demokratie und Sozialismus«, Hamburg 2019.
Dath, Dietmar: Rosa Luxemburg, 2. Auflage, Berlin 2019.
Ettinger, Elzbietta. Rosa Luxemburg. Ein Leben. Übers. von Barbara Bortfeldt,
Bonn 1990.
Helmrath, Johannes: Das Reich: 962 – 1356 – 1806. Zusammenfassende Überlegungen zur Tagung »Die Goldene Bulle«, in: Ulrike Hohensee et al. (Hrsg.)
Die Goldene Bulle. Politik – Wahrnehmung – Rezension, Bd. 2, Berlin
2009, S. 1137–1151.
Jacob, Frank/Baddack, Cornelia: 100 Schmäh- und Drohbriefe an Kurt Eisner
1918/19, Berlin 2019.
Einleitung
15
Jacob, Frank: Rosa Luxemburg (1871–1919): Ein Leben für und mit der Revolution, Leipzig 2021.
Killet, Julia: Fiktion und Wirklichkeit: Die Darstellung Rosa Luxemburgs in der
biographischen und literarischen Prosa, Ochsenfurt 2020.
Kinner, Klaus/Seidel, Helmut: Vorwort, in: Dies. (Hrsg.): Rosa Luxemburg.
Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2. korrigierte Auflage, Berlin 2009, S. 7–9.
Laschitza, Annelies: Im Lebensrausch, trotz alledem. Rosa Luxemburg – Eine
Biographie, 2. Auflage, Berlin 1996.
Lensch, Paul: Ein Ende und ein Anfang, in: Die Glocke, 4/1919, H. 43, S. 1333 f.
Online: https://www.rosalux.de/historisches-zentrum/rosa-luxemburg/einende-und-ein-anfang.
Luxemburg, Rosa: Arbeiterrevolution 1905/06, hrsg. und übersetzt von Holger
Politt, Berlin 2015.
Luxemburg, Rosa: Briefe aus dem Gefängnis, 20. Auflage, Berlin 2019.
Luxemburg, Rosa: Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus, Berlin 1913.
Luxemburg, Rosa: Internationalismus und Klassenkampf, hrsg. von Jürgen
Hentze, Berlin 1971.
Luxemburg, Rosa: Sozialreform oder Revolution? in: Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke, Bd. 1, Erster Halbbd., Berlin 1982, S. 369–445.
Mills, Dana: Rosa Luxemburg, London 2020.
Nettl, John Peter: Rosa Luxemburg. The Biography, 2 Bde., London/New York
1966 [zuletzt 2019].
Peitsch, Helmut: Rosa Luxemburg in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts,
in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 65/2013, H. 2, S. 152–172.
Piper, Ernst: Rosa Luxemburg. Ein Leben, 2. Auflage, München 2019.
Schütrumpf, Jörn: Zwischen Liebe und Zorn. Rosa Luxemburg, in: ders.
(Hrsg.): Rosa Luxemburg oder: Der Preis der Freiheit, 3. ergänzte und überarbeitete Auflage, Berlin 2018, S. 11–100.
Streichhahn, Vincent/Jacob, Frank (Hrsg.): Geschlecht und Klassenkampf. Die
»Frauenfrage« aus deutscher und internationaler Perspektive im 19. und
20. Jahrhundert, Berlin 2020.
2.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
The Woman Question
in Rosa Luxemburg’s Life and Work
Dana N. Mills
In one of the most beloved and retold stories on her life and work,
Rosa Luxemburg recounted how she and Clara Zetkin went on a walk
that led them astray, and August Bebel, co-founder of the German
Social Democratic Party (SPD) and crucial organizer of socialism of
her time, tried to compose an epitaph for them but Luxemburg responded with her own epitaph: »here lie the last two men of German social democracy.«1 Rosa Luxemburg reexamined, not as the last
man of German social democracy but rather as a woman fighting in a
man’s world, gives us a different angle on her life’s work. This chapter
seeks to understand Rosa Luxemburg and the Woman Question; how
women in her circles influenced her thinking, and how her friendships and collaborations had shaped her life.
There are several reasons for the focus of this chapter as well as
choice of method. This theoretical and methodological positioning
arises from response to many prevalent accounts of Luxemburg who
situate her opposite two men who were central to both her private life
as well as her work. Leo Jogiches (1867–1919) was famously her »comrade and lover,«2 as Luxemburg biographer entitled their collection
of letters. A fellow Jewish socialist who hailed from Lithuania, their
relationship had intrigued many in radical history. However, their
1
2
Paul Frölich: Rosa Luxemburg. Ideas in Action, 3rd Ed. London 1994, p. 192.
See Elzbieta Ettinger: Comrade and Lover, Cambridge 1981.
18
Dana N. Mills
relationship (which no doubt was significant for Rosa personally, it
will be argued, as were many others), often brings about sexist undertones in writing and reduces complexities of Rosa’s life to a tragic
romance. Indeed, Ettinger’s biography includes not much analysis of
Rosa’s work itself, but a dramatic and romantic portrayal of a woman
in constant turmoil.3
The second man whose life often structures debates in Luxemburg’s
biography and theory is Lenin (1870–1924). The Lenin-Luxemburg
debate, or perhaps more accurately, the Luxemburgism-Lenininsm
debate (as crucially their own debate had been taken off to completely
different angles of respective followings), occupies a disproportionate
amount of the writing on and discussion of Luxemburg.4 The personal relationship between Luxemburg and Lenin was complex and
had its ups and downs. Their ideas evolved in uniquely revolutionary
times, and there is no doubt both shared, albeit in different interpretations, an unequivocal commitment to revolution. And yet again,
discussions of Lenin and Luxemburg tend to revoke sexist narratives,
positioning her as the »other« to Lenin, his emotional, empathetic
and rapturous contrary. This reading often reproduces binaries of order versus spontaneity, Lenin evoking the former and Luxemburg the
other. Yet, in her spirit, a commitment to dialectics must go beyond
binaries and seek complexities which were the essence of both the arc
of her biography and her work. Specifically, her writing on women
read differently when understood within a broader context of the life
and times of her comrade sisters, the women whose work was central
to her time while they came in and out of her own life.
3
4
Elzbieta Ettinger: Rosa Luxemburg. A Life, London 1987.
There are ample resources to look at for this debate. Most recently Ottokar Luban published a comprehensive and rigorous account; see Ottokar
Luban: Rosa Luxemburg’s Critique of Lenin’s Ultra-Centralist Party Concept and the Bolshevik Revolution, in: Journal of Socialist Theory 50/2012,
pp. 357–365. Jaqueline Rose positions Luxemburg as Lenin’s other. See
Jaqueline Rose: Women in Dark Times, London 2014.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
19
In order to understand why and how women were significant
for Rosa Luxemburg, and following the methodological positioning
above, it would be helpful to pause and reflect a bit on the unique
arc and trajectory of Rosa Luxemburg’s life. Born to a Polish-Jewish
family in 1871 in the Russian empire, Rosa knew many constraints for
her action, as a woman and a Pole. She was disabled from childhood
and walked with a limp throughout her life. She pursued further education in Zurich and from a young age it was clear both her temperament and intellectual abilities were singular. And yet, alongside
brilliance and truly unique determination and commitment to social
justice, Luxemburg’s life echoes many who shared her time and faced
sexist constraints structuring their life. From casual sexism in remarks
concerning her work to intimate violence, she was not immune to the
maladies of patriarchy. And so, although forming close bonds with
her male allies, female friendships were an ongoing strand of her life,
and she collaborated with many women leaders of her time, and was
influenced by those who had come before her.
Rosa Luxemburg and Eleanor Marx
In 1889, Rosa Luxemburg was yet to make an entrance onto the international socialist stage. However, one of the most central companions and interlocutors to her, Clara Zetkin (1857–1933), was to make
a powerful socialist-feminist intervention. The Second International
was crucial for Luxemburg as well as for other women of her time as
an organizing arena, and in 1889, at its founding congress in Paris,
Zetkin gave a blasting speech on the question of female labor. That
speech was translated by another contemporary and comrade sister
to Rosa, Eleanor Marx (1855–1898).5 Marx, Karl and Jenny’s youngest
5
A comprehensive new biography has illuminated Marx’s role within the British Labour Movement and Second International anew and placed her work
20
Dana N. Mills
surviving daughter, was the foremother of socialist-feminism and an
important organizer in the Second International as well as in the fledgling Labour movement. Three years before Zetkin gave her speech
that Marx translated, she authored with her common-law husband,
Edward Aveling, the first text on socialist-feminism on either side
of the Atlantic (together with another text they co-authored, »The
Working-Class Movement«, published in the same year)6 »The Woman Question« (from a Socialist Point of View), especially, sets the stage
for many of the discussions about women that would be the backdrop to Luxemburg’s own work. In the text, which is a response to
August Bebel’s »Woman: Past, Present and Future« in English, Marx
locates »the Woman Question« within socialism, forcefully showing
the inseparability of capitalism and patriarchy. A powerful statement
on the treatment of women as well as on the neglect of working-class
women within feminist circles of her time, »The Woman Question
(from a Socialist Point of View)« is a powerful statement on structural
oppression. Marx writes: »The life of woman does not coincide with
that of man. Their lives do not intersect; in many cases do not even
touch. Hence the life of the race is stunted.«7 She continues: »The
woman question is one of the organisation of society as a whole.«8
The context for analyzing the argument has to be an economic one:
»It has not been understood even by those men and women above the
average who have made the struggle for the greater freedom of women
the very business of their lives. This fundamental fact is, that the question is one of economics. The position of women rests, as everything
6
7
8
in its rightful place. Rachel Holmes: Eleanor Marx. A Life, London 2005,
p. 315.
Ibid, p. 279.
Eleanor Marx Aveling/Edward Aveling: The Woman Question (from a Socialist Point of View), London 1886, p. 7.
Marx/Aveling: The Woman Question, p. 5. Holmes notes that although the
text is co-authored Eleanor did the lion share of the work.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
21
in our complex modern society rests, on an economic basis.«9 This is
a foundational statement that would carry through the work of many
of Luxemburg’s comrade sisters as well as her own. Specifically, the
question of women’s suffrage and universal suffrage that would underpin the work of the Second International is deconstructed carefully
by Marx and Aveling here: »These are the excellent and hard-working folk who agitate for that perfectly just aim, woman suffrage; for
the repeal of the Contagious Diseases Act, a monstrosity begotten of
male cowardice and brutality; for the higher education of women;
for the opening to them of universities, the learned professions, and
all callings, from that of teacher to that of bagman. In all this work –
good as far as it goes – three things are especially notable. First, those
concerned in it are of the well-to-do classes, as a rule.«10 The Woman
Question focuses on the interleaving of capitalist oppression and oppression towards women, and the tendency of those who focus on the
›Woman Question‹ alone to disregard the first for the second.
When Rosa Luxemburg first crossed paths with Eleanor Marx at
the Zurich congress of 1893, the former was denied official delegate
status due to splits within the Polish contingency; however, Marx had
approved of Luxemburg,11 recognizing both the talent of the young
woman as well as the hardships she was about to face in the circles they
were about to share. Both women organized, educated and agitated
in the hope of bringing about a radical new life for those most oppressed. Eleanor Marx’s premature and dramatic death in 1898 meant
she never lived to see Luxemburg’s flourishing career, yet Marx’s work
as central theorist and organizer in the Second International certainly
paved the way for Luxemburg and other comrade sisters to develop
their thinking.
9 Ibid.
10 Marx/Aveling: The Woman Question, pp. 5 and 7.
11 Holmes: Eleanor Marx, p. 400.
22
Dana N. Mills
Clara Zetkin’s Role
Clara Zetkin, who had given that historical speech translated in 1889,
was undoubtedly one of the most significant people in Luxemburg’s
life, both professionally and personally. By the time the latter arrived
in Berlin in 1898 Zetkin was already well known within the SPD and
the Second International, both significant arenas for Luxemburg’s
work. Her work within socialist-feminism was to be hugely significant within both German radical history and international feminist
history. A trained teacher who understood the need for education
as part of the radical struggle, Zetkin’s exile due to the anti-socialist
laws of the early 1880s in Germany put her in a prime position to
be interleaved in the founding moments of the Second International,
alongside Eleanor Marx. This foundational speech, given on 19 July,
echoes much of Marx’s argument above.
»Women workers who strive for social equality do not expect to obtain their emancipation from the women’s movement of the bourgeoisie
which allegedly fights for women’s rights. That edifice is built on sand
and has no realistic foundation. Women workers are totally convinced
that the question of social emancipation of women is not an isolated
issue but rather constitutes a part of the great social question. They
know very well that this question in today’s society cannot be solved
without a basic transformation of society. The question of emancipation
of women is a child of modern times, born by the machine age.«12
Zetkin expands on the question of suffrage within the same speech:
»The right to vote which is not accompanied by economic freedom is
more or less a change without direction.«13
12 Clara Zetkin: For the Liberation of Women, in: Philip S. Foner (Ed.): Clara
Zetkin. Selected Writings, 2nd ed, Chicago 2015, pp. 45–50, here p. 46.
13 Ibid., p. 50.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
23
In 1907, when Luxemburg was already firmly walking alongside
her, Zetkin delivered a speech on women’s right to vote. Women’s
campaign for suffrage was intertwined with the work to expand male
suffrage: »In countries where the democratization of men’s suffrage
has already progressed very far or has been accomplished, the Socialist parties must take up the battle for the introduction of universal
women’s suffrage. They must, of course, at the same time support all
demands which are still made at the interests of full civil rights for
the male proletariat.«14 This speech was dedicated to advocating for
support for a resolution on women’s right to vote, and Zetkin continued: »we socialists do not demand women’s suffrage as a natural right
with which women are born. We demand it as a social right which is
anchored in the revolutionized economic activity and in the revolutionized social state and personal consciousness of women.«15 Zetkin’s
work was life-long and rich in themes and ideas. Her commitment to
feminist-socialism was unwavering, though she advocated and wrote
around many other issues as well. She was a staunch anti-militarist
and alongside Luxemburg formed the Gruppe Internationale, then
the Spartacus League, and she co-founded, again with Luxemburg,
among others, the German Communist Party (KPD).
As in every relationship, there were ups and downs. It should be
noted here that Zetkin contributed after Luxemburg’s murder to one
of the biggest controversies that would haunt the latter’s legacy when
she claimed that she had changed her mind after writing the pamphlet
on the Russian Revolution16 (which would enable »Leninists« to vilify
14 Clara Zetkin, Women’s Right to Vote, in: Philip S. Foner (Ed.): Clara Zetkin. Selected Writings, 2nd ed., Chicago 2015, pp. 98–107, here p. 98.
15 Ibid., p. 100.
16 This debate has been recently revisited. See Peter Hudis response to Jaqueline Rose. Comments on »What More Can We Ask of Ourselves! Jaqueline
Rose Reviews the Letters of Rosa Luxemburg,« Verso Blog. Online: https://
www.versobooks.com/blogs/595-comments-on-what-more-could-we-wantof-ourselves-jacqueline-rose-s-review-of-the-letters-of-rosa-luxemburg.
24
Dana N. Mills
Luxemburg as an anti-Leninist; in fact her writing, as well as her private correspondence, show that the female intellectual was consistent
in her opinions and critique, yet was warmly enthused about the Russian Revolution from the moment it broke out.17
The breadth of Zetkin’s work can be seen in an essay from 1932 in
which she wrote about the »Scottsboro Black Youth,« in which she
stood up for eight young black men who were sentenced to death for
alleged rape of two white women. Zetkin’s scathing critique of the
American justice system in the South is remarkably, and sadly, timely:
»All those of you who possess a humane mind and heart! Let us save
these eight young men from the executioner and the pyre of the electric chair. Their only crime has been that they were born with Black
Skins.«18 Zetkin’s analysis of structural racism shows a deep understanding of the connectivity of all oppressions. Perhaps more famously, Zetkin is remembered for opening the last sitting of the Reichstag
in 1932 as its Honorary President, being its oldest member, when she
was nearly blind and very frail. Her anti-fascist agitation, again, sadly
resonates with our own struggles 150 years after Luxemburg’s birth:
»The fight of the laboring masses against the disastrous suffering of the present is, at the same time, the fight for their full liberation. The glances of the
masses must be steadily directed towards this luminous goal which must not
be shrouded by the illusion of a liberating democracy. The masses must not
allow themselves to be frightened by the brutal use of force by which capitalism seeks its survival in the form of new world wars and fascist civil strife.«19
17 For accounts of Zetkin’s life see Wolfram Klein: Clara Zetkin. Vorkämpferin der proletarischen Frauenbewegung, Berlin 2017; Dorothea Reetz: Clara
Zetkin as a Socialist Speaker, New York 1978.
18 Clara Zetkin, Save the Scottsboro Black Youth, in: Philip S. Foner (Ed.):
Clara Zetkin. Selected Writings, 2nd ed., Chicago 2015, pp. 167–169, here
p. 168.
19 Clara Zetkin, Fascism must be Defeated, in: Philip S. Foner (Ed.): Clara
Zetkin. Selected Writings, 2nd ed., Chicago 2015, pp. 170–175, here p. 174.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
25
She concludes her blasting speech with the words, »fascism must be
defeated […] I am opening this Congress in the fulfillment of my
duties as honorary president and in the hope that despite my current
infirmities I may yet have the fortune to open as honorary president
the first Soviet Congress of Soviet Germany.«20
The two female socialists’ personal correspondence reveals warmth
and generosity. They shared a political path but their friendship transcended it, and their relationship was a deep emotional connection of
care and compassion. It was not always a smooth friendship; notably,
for a while, Luxemburg was the lover of Kostja Zetkin, Clara Zetkin’s
son; they hid the relationship at first so as not to upset Zetkin but
in the end were a public couple within SPD circles, and Luxemburg
even helped Kostja to get a teaching job at the trade union school.
This seemingly did not fracture their friendship, as their correspondence, especially during Rosa’s time in prison, was rich. Rosa’s letters pass through different registers, from intimate reflections about
the world to political reflections about the SPD’s turn to the right.
Luxemburg’s commentary on Zetkin’s work shows her respect and
understanding of Clara’s position in the movement, which was different to hers. In a letter from 24 November 1918, at the height of
revolutionary upheaval across Germany, Rosa writes: »Now about the
agitation on women’s issues! Its importance and urgency is clear to
us exactly as it is to you.«21 Clara organized and worked closely with
Luxemburg throughout their shared life span, both in the SPD and in
the International. Zetkin was undoubtedly the best known organizer of socialist-feminism after Marx’s untimely death, but Rosa’s own
writing on women gains interesting perspectives when read against
this intellectual backdrop.
20 Ibid., p. 175.
21 Rosa Luxemburg: A Letter to Clara Zetkin (1918), in: Georg Adler/Peter
Hudis/Annelies Laschitza (Eds.): The Letters of Rosa Luxemburg, London
2013, p. 431.
26
Dana N. Mills
Rosa Luxemburg on the Woman Question
Rosa Luxemburg wrote consistently, at different points of her life, on
inequalities and structural oppressions faced by women. In 1902 she
wrote »Russian Women Workers in the Battle,« in which she starts by
saying
»Whoever needs convincing that women are just as capable as men of
experiencing both citizenship in its highest sense and the noblest of civic
virtues would do well to study the history of the liberation struggles that
have shaken Russia since the abolition of serfdom. There is not a single
newspaper here that doesn’t name in lines of gold specific women who
lived and suffered as heroes, with the courage of lions and a martyr’s
enthusiastic readiness to sacrifice – all for the cause of freedom and for
the liberation of the people.«22
The spirit of Rosa Luxemburg’s feminism is intertwined in her understanding of structural change in society which can only occur through
revolution. Her agitation for socialism from below, a running thread
throughout her life, interleaved with her work as an educator, her
writing and organizing career, guides Rosa’s writing on women. »The
revolutionary movement relates to these women as a bearer of culture, in the broadest sense of the word. Not only does it enlighten
them socially and politically, not only does it steel their character by
enjoining in them the principles of solidarity and self-sacrifice, but it
also teaches them the most basic skills of reading, writing, arithmetic
etc.«23 Consciousness is transformed in the process of revolutionary
organizing itself, thus involving women in all stages of the revolu22 Rosa Luxemburg: Russian Women Workers in the Battle, in: Peter Hudis/
Axel Fair-Schultz/William A. Peltz (Eds.): The Complete Works of Rosa Luxemburg, vol. 3, Political Writings 1, London 2019, pp. 13–16, here p. 13.
23 Ibid., p. 14.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
27
tion will be part of their process of liberation, as well as their ability
to contribute to the liberation of the entirety of humanity. A strong
statement of appraisal of women within the Russian revolutionary
movement sums up this article, several years before the revolution of
1904/5 broke out, a revolution that would be crucial for radical history
as well as for Luxemburg’s understanding of revolution.
»The Russian woman proletarian has become enlisted as a regular member of the fighting international proletariat. And when the Russian
revolutionary movement has achieved its immediate goal of toppling
absolutism, which will leave the road free for the toughest battle against
capitalism, when the morning of political freedom dawns for those millions who are still tamed today by our Little Father’s lash,24 the Russian
women and Russian women workers will deserve a good deal of credit
for the spoils of victory.«25
Perhaps, Luxemburg’s sharp understanding of history allows her to
capture the fact that Russian women in the revolutionary battle will
be wiped out of history; thus she emphasizes here the need to credit
them for their work.
In the spirit of socialist-feminism of her time, crystalized in this
chapter in the work of Eleanor Marx and Clara Zetkin who preceded
her, Rosa Luxemburg saw the woman question as intertwined in all
other issues that require displacement of order within society as we
know it today. Her sharp mind, »the best brain after Marx,« as Franz
Mehring referred to her, and her analytical brilliance shone throughout any issue she put herself to write about. She continued to tackle
issues that were at the height of discussion of her time in her unique
voice. In 1902 she weighed into a debate in Belgium and attacked
24 An ironic reference to Tsar Nicholas II which Luxemburg often used in her
writing.
25 Luxemburg, Russian Women Workers, p. 16.
28
Dana N. Mills
reformism within the Social Democratic movement that had agreed
to drop its call for women’s suffrage. She unpacks the Belgian social
democrats arguments against the right to vote (which she terms »rationale«): »the public is not mature enough to exercise the right to
vote.«26 She continues: »as if there were some other school of political maturity for members of the public than simply exercising these
rights themselves! As if the male working class had also not already
learned to gradually use the ballot as a weapon to defend its class
interests and must still learn this!«27 Here, Luxemburg’s writing on
women sheds light on another element of her thought, the intertwining of democracy within Marxism as essential for the transformation
of consciousness. Returning to Eleanor Marx here is telling; Marx
was a revolutionary to her core, yet agitated and organized within the
fledgling New Trade Unionism (which placed her in a different position with regards to social democracy to that of her father, and much
closer to Luxemburg’s own position, despite her lasting and scathing
critique of German Trade Unionism which was far more conservative
than its sibling in Britain). Nevertheless, both women believed that it
is necessary to organize within democratic structures to ensure rights
in the process of organizing itself.
Targets of Sexism and the Power
of Relying on Our Comrade Sisters
Eleanor Marx, Clara Zetkin and Rosa Luxemburg were targets of
sexism in both their life and afterlife. Rosa Luxemburg’s significant
place at the time within socialist debates elicited as much venom and
26 Rosa Luxemburg: A Tactical Question, in: Peter Hudis/Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg Reader, New York 2004, pp. 233–236, here
p. 235.
27 Ibid., p. 236.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
29
hatred as it did camaraderie and discussion. She was never part of the
SPD’s inner circle, which was essentially older men.28 The Austrian
socialist and labor leader Victor Adler (1852–1918) wrote to August
Bebel (1840–1913), chairman of the SPD and the author of »Woman:
Past, Present and Future« that elicited Eleanor Marx’s »The Woman
Question«: »The poisonous bitch will yet do a lot of damage, all the
more so because she is as clever as a monkey [blitzgescheit] while
on the other hand her sense of responsibility is totally lacking and
her only motive is an almost pervasive desire for self-justification.«29
Her combative nature baffled her comrades, as can be seen in trade
unionist responses to her intervention in the revisionist debate: »One
should always be polite to ladies, but Comrade Rosa Luxemburg
will certainly not insist on velvet gloves in political matters.«30 Luxemburg’s insistence on ideological integrity was part of her way of
fighting against sexism. Even within the German Communist Party
she was dubbed »the syphilis of the Comintern.«31 Fellow socialist
Rosa Levine-Meyer (1890–1977) recalls her husband, Eugen Levine
(1883–1919), commenting to her on the street: »there goes a woman
of quite extraordinary brain. She frightens me.«32 Clara Zetkin was
quoted as saying it took a strong man like Leo Jogiches to live with
Luxemburg.33 Her strength scared women, too.
In 1907 Rosa spoke to the International Socialist Women’s Conference. The speech is revealing of the way she understood herself
28 Jörn Schütrumpf: Rosa Luxemburg, or: The Price of Freedom, Berlin 2008,
p. 21.
29 Raya Dunayevskaya: Rosa Luxemburg, Women’s Liberation and Marx’s Philosophy of Revolution, Atlantic Highlands, NJ 1985, p. 27.
30 Quoted in John P. Nettl: Rosa Luxemburg, London 1966, p. 153.
31 Ankica Čakardić: Luxemburg’s Critique of Bourgeois Feminism and Early Social Reproduction Theory, quoted in Historical Materialism. Online:
www.historicalmaterialism.org.
32 Rosa Levine-Meyer: Levine. The Life of a Revolutionary, Farnborough 1973,
p. 69.
33 Frolich: Rosa Luxemburg, p. 33.
30
Dana N. Mills
within the circle of her comrade sisters as well as her understanding
of feminism at that time. »The wish has been expressed that the international women’s movement affiliate with the International Socialist
Bureau in Brussels. Since I am myself a member and indeed, I am the
only member of the fairer sex in this Bureau, I feel inclined to say a
few things about it.«34 While discussing with her women comrades
the administrative challenges the Bureau faced, she ends on a note of
sisterhood and solidarity: »I can only marvel at Comrade Zetkin that
she too will still shoulder this workload.«35
Several issues interleave in Luxemburg’s approach to the Woman
Question, as for the women of her time. In a desperately sexist world,
Rosa and her comrade-sisters knew first-hand the power of relying on
their comrade sisters. This is not to sugar-coat their relationships; like
all human relationships they knew ups and downs, and hot-tempered
Luxemburg especially could flare up passionately at her friends, yet
was deeply loving in reconciliation. At the same time Eleanor Marx,
Clara Zetkin and Rosa Luxemburg were women leaders in a deeply
unequal world. The uniqueness of the socialist movement in which
they organized was that it was a movement on the crux of arguing for
equality for all, but in which some of its central forces were deeply
unequal themselves.
The Second International and its adjacent organizational structures are fascinating from a feminist historiographical point of view as
it signals the crossroads between heightened revolutionary action and
the burgeoning of social democracy, including campaigns for political
and civil rights fundamental to the feminist struggle (especially universal suffrage).36 Ongoing debates in the feminist movement, both
34 Rosa Luxemburg: Address to the International Socialist Women’s Conference, in: Peter Hudis/Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg
Reader, New York 2004, pp. 236–237, here p. 236.
35 Ibid., p. 237.
36 The archives of the Second International which include the minutes of all
congresses, which included universal suffrage as key issue throughout its
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
31
in practice and in theory and feminist historiography, resonate with
the divides and disagreements Luxemburg and her comrade sisters
partook in passionately. The tension between the growing revolutionary impulses, resulting eventually in the Russian and German revolutions, and impulses towards reformism, pushed by the growing
parliamentary presence of the SPD and then the Labour Party in the
UK, created a divide still unresolved and questions still burning within feminism, between revolutionary tendencies and liberal-reformist
groups. As this chapter shows, Luxemburg and her comrade sisters
had rigorous and well-argued positions that, despite the content of
debates changing today, are still educational when it comes to asking
social reform or revolution? from a 21st-century feminist perspective.
At the same time, Luxemburg and her comrade sisters insisted on the
need for social democracy as a sphere of action in all struggles, including feminist struggles.
»Let Us Have Suffrage!«
In 1912 Rosa Luxemburg weighed in clearly on the same issue that
bothered Eleanor Marx and Clara Zetkin and sat firmly within the
agenda of the Second International, that of suffrage. She begins by
her own testimony to comrade sisters from the past: »why are there
no organizations for working women in Germany? Why do we hear
so little about the working women’s movement?« With these questions, Emma Ihrer, one of the founders of the proletarian women’s
movement of Germany, introduced her 1898 essay, »Working women
in the Class Struggle.« She says: »More than a thousand women are
time, are kept in the International Institute of Social History in Amsterdam.
A rigorous investigation of the struggle for universal suffrage in the context of socialist history can be found in Eleanor Marx’s biographer’s Rachel
Holmes recent biography of Sylvia Pankurst (Sylvia Pankhurst: Natural
Born Rebel, Bloomsbury, 2020).
32
Dana N. Mills
organized in unions and are among the most active troops in the
economic struggle of the proletariat. Many thousands of politically
organized women have rallied to the banner of social democracy: the
Social Democratic women’s paper [Die Gleichheit, edited by Clara
Zetkin] has more than 100,000 subscribers; women’s suffrage is one
of the vital issues on the platform of social democracy.«37 Indeed, the
spirit in which this chapter is written, of recognizing women’s work,
often going unnoticed, past and present, in the struggle of liberation
for all, is very much apparent in Luxemburg’s speech. She continues:
»the political and syndical awakening of the masses of the female proletariat during the last fifteen years has been magnificent. But it has
been possible only because working women took a lively interest in
parliamentary struggles of their class in spite of being deprived of their
rights.«38 Luxemburg sharpens her point: »The irresistible progress of
the proletarian class struggle has swept working women right into the
whirlpool of political life. Using their right of union and assembly,
proletarian women have taken a most active part in parliamentary life
and in election campaigns. It is only the inevitable consequence, only
the logical result of the movement that today millions of proletarian
women call defiantly and with self-confidence: Let us have suffrage!«39
Luxemburg was far less active than Zetkin or Marx as an organizer,
but she intuitively grasped the power of claiming political rights from
the ground up. This is a red thread throughout her entire work and
characterizes her analysis of women’s suffrage: »women’s suffrage is the
goal. But the mass movement to bring it about is not a job for women
alone, but is a common class concern for women and men of the proletariat.«40 Luxemburg was a hugely empathetic person and knew that
37 Rosa Luxemburg: Women’s Suffrage and Class Struggle, in: Peter Hudis/
Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg Reader, New York 2004,
pp. 237–242, here p. 238.
38 Ibid.
39 Ibid., p. 239.
40 Ibid.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
33
organizing can only succeed in bringing down patriarchal capitalism
through collaboration from all (the same argument that Eleanor Marx
had made in »The Woman Question« in 1886). However, Luxemburg
adds further gloss to this argument:
»In truth, our state is interested in keeping the vote from working
women and from them alone. It rightly fears they will threaten the traditional institutions of class rule, for instance militarism (of which no
thinking proletarian woman can help being a deadly enemy), monarchy,
the systematic robbery of duties and taxes on groceries etc. Women’s suffrage is a horror and abomination for the present capitalist state because
behind it stand millions of women who would strengthen the enemy
within i. e. revolutionary Social Democracy.«41
This is a stronger argument than that iterated thus far; it sees the crux
of the downfall of patriarchal capitalism on granting women the right
to vote and thus giving them full political rights. The understanding of the possible threats women bear to the state is a radical move
within the context of Luxemburg’s writing on women, as it was in the
context of her time. Perhaps herself being deemed »dangerous« (by
the time she had written about this state, she was incarcerated herself )
gave her the energy to inspire her comrade sisters. Luxemburg brings
this blasting speech to a crescendo with a historical reflection, quoting
from Engels as well as Fourier: »in any society, the degree of female
emancipation is the natural measure of the general emancipation.42
She concludes:
»Because of the female proletariat, general, equal, direct suffrage for
women would immensely advance and intensify the proletarian class
struggle. This is why bourgeois society abhors and fears women’s suf41 Ibid., p. 240.
42 Ibid., p. 242.
34
Dana N. Mills
frage. And this is why we want and will achieve it. Fighting for women’s
suffrage, we will also hasten the coming of the hour when the present
society falls in ruins under the hammer strokes of the revolutionary proletariat.«43
A famous photograph of Rosa Luxemburg and Clara Zetkin shows
them walking arm in arm in 1910, Luxemburg wearing a cheery skirt,
Zetkin smiling slyly. 1910 was a big year for Clara and for socialist-feminism; it was the year in which she would second Luise Zietz’s
(1865–1922) proposal to found an International Women’s Day at an
International Women’s Conference in Copenhagen. It was a distinctly socialist organization that gave rise to International Women’s Day
as we know it today, and it was Rosa’s comrade sisters who founded
it (Zietz was one of the women who welcomed Rosa when she was
freed from prison). Luxemburg’s entanglements with her comrade
sisters are significant for our understanding of her work as they are
for our understanding of feminist history more broadly. International
Women’s Day is an exemplar for the lasting influence of Luxemburg’s
inner circle, and her own work, on our understanding of feminism today. She wrote in 1914 on the Proletarian Women’s Day: »the party of
the disinherited places its female columns in the front lines by sending them into the battle for eight days, in order to spread the seeds
of socialism into new fields. And the call for the political equality of
women is the first one they make as they prepare to win over new
supporters for the working class as a whole.«44 There is new maturity
in this argument, setting a comprehensive agenda from the start of
the article. No doubt the new institutional frameworks for advocacy
of socialist-feminism within the SPD and International are helpful in
consolidating this robust and coherent message. Luxemburg writes:
»for the property-owning bourgeoise (sic!) woman, her house is the
43 Ibid.
44 Ibid.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
35
world. For the proletarian woman,45 the whole world is her house,
the world with its sorrow and joy, with its cold cruelty and raw size.
The proletarian woman marches with the tunnel workers from Italy
and Switzerland, camps in the barracks and whistles as she dries diapers next to cliffs exploding into the air with blasts of dynamite.«46
This is a robust statement about the different lives led by middle-class
and working-class women and perhaps also allows us to add to Luxemburg’s impressive theoretical credentials a critique of liberalism,
which echoes strongly with current critiques of liberal feminism. For
the middle-class woman, she shows forcefully, there is a sphere in
which she can seek protection, in which she can hide from the world.
The force, and yet the challenge, of the proletarian woman is that
she cannot escape into the private; the lack of »a room of her own«
allows her, contra Woolf, to understand the challenges of injustice
more vividly. Luxemburg writes eloquently, again in a statement that
resonates sharply with our current times, 150 years after her birth: »at
a formal level, women’s political rights conform quite harmoniously with the bourgeoise state. The examples of Finland, of American
states, of a few municipalities, all show that a policy of equal rights for
women has not yet overturned the state; it does not encroach upon
the domination of capital.«47 Here another layer to her critique is
added: sustaining bourgeois feminism, which we can read as liberal
feminism, sustains the capitalist state. This is the crux of Rosa Luxemburg’s revolutionary feminism – like Clara Zetkin’s and Eleanor
Marx’s – which seeks to overturn the system from its deepest structure
of oppression, from the household of the proletarian woman. »Pro45 This is a very similar argument to the one pursued by Eleanor Marx in The
Proletarian Woman in the Home, originally published in Justice, in which
she defends Clara Zetkin’s work of the same title in 1896.
46 Rosa Luxemburg: The Proletarian Woman, in: in: Peter Hudis/Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg Reader, New York 2004, pp. 242–247,
here p. 243.
47 Ibid., p. 244.
36
Dana N. Mills
letarian woman, the poorest of the poor, the most disempowered of
the disempowered, hurry to join the struggle for the emancipation of
women and of humankind from the horrors of Capitalist domination!
Social Democracy has assigned you a place of honor. Hurry to the
front lines, into the trenches!«48
Sophie Liebknecht and Luise Kautsky
Luxemburg’s writings on women, as well as those of many of her contemporaries, focus on the need to undo the evacuation of working
women, including within their households, as part of the struggle
to bring down capitalism that enables that unpaid labor. Clara Zetkin and Eleanor Marx both benefited considerably more from the
»spoils of victory« in how they are remembered today in radical history. However, the life of Rosa Luxemburg was sustained with interactions with women who fared substantially less well in how their
work was remembered. Perhaps it is intriguing and necessary to begin
by thinking of two of Luxemburg’s comrade sisters who were the
spouses of her male comrades: Sophie Liebknecht (1884–1964) and
Luise Kautsky (1884–1964). Rosa’s emotional depth as well as her care
for her comrade sisters is evident in the fact that her relationship with
them transcended the political ups and downs that she had known
with their husbands. Her relationship with them is illuminating on
many levels: Luxemburg was very able to see her comrade sisters as
much more than their husband’s wives, while our historiography is
substantially lagging behind in that regard (ironically, these women
are remembered as »Rosa Luxemburg’s friends,« i. e. still in relation
to another figure in their lives). Her warmth towards these women,
sharing holidays together, writing constant letters even in her busiest
48 Ibid., p. 245.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
37
and darkest times, shows how important they had been to her and
how significant these relationships were in her life.
Sophie Liebknecht was Karl Liebknecht’s wife. She had a close
relationship with Rosa independently from Luxemburg’s political entanglements with her spouse. She too was a socialist and a feminist;
she summoned the deepest trust from Luxemburg, who confided her
innermost feelings in her. In a letter from 1917 Luxemberg wrote: »my
inner equanimity and my blissful happiness can, unfortunately, go to
pieces at the slightest shadow that falls across me, and then I suffer in
silence. Literally, Sonyihcka, I cannot make a single word cross my
lips.«49 The depth of Luxemburg’s trust is revealed in this expression.
Her friendships allowed Rosa to be vulnerable when as a public leader
she had to maintain a firm persona.
Luise Kautsky was Karl Kautsky’s second wife. She was a significant
figure in her own right. In 1920 she accompanied her husband Karl on
a journey to Georgia and wrote her recollections. She had wanted to
focus on the status of women in the former Menshevik country while
looking at the effect of the Bolshevik army’s presence on the lives of
women. In 1932 she published an article entitled »Russian Women of
Yesterday and Today,« but much of her editorial and publishing work
was to commemorate Rosa Luxemburg.50 The letters between them
show the latter’s deep appreciation and love for her sister comrade.
She was able to share with her intimate stories and political gossip,
such as her cat Mimi meeting Lenin for the first time. The friendship
between Luise Kautsky and Luxemburg transcended the latter’s big
and very public quarrel with Karl Kautsky, and they remained in close
contact all of Luxemburg’s life. She was not only deep and dark, as is
evident from this letter to Luise: »That’s exactly what I love about you,
49 Rosa Luxemburg: Letter to Sophie Liebknecht (1917), in: Georg Adler/Peter
Hudis/Annelies Laschitza (Eds.), The Letters of Rosa Luxemburg, London
2013, p. 413.
50 Barbara Hahn: The Jewess Pallas Athena. This too a Theory of Modernity,
Princeton 2005.
38
Dana N. Mills
that I can always put you in a champagne mood, with life making our
fingers tingle and us ready for any kind of foolishness.«51 It is through
Luxemburg’s writing to her women friends that we see the breadth of
her emotional spectrum, her ability to live with periods of depression
to come through fighting, and her loyalty and warmth as a person.
Rosi Wolfstein and Mathilde Jacob
Rosi Wolfstein (1888–1987) occupied a slightly different position
in Luxemburg’s life. She was te latter’s student during her time as a
teacher in the SPD and transcribed some of her lectures, including
»What is Political Economy?« She continued to keep in touch with
Luxemburg during her incarceration and collaborated with her closely. She was a co-founder of the USPD in 1917 and a fellow member
of Luxemburg in the Spartacus League in 1919. During the November Revolution she became a member of the Workers’ and Soldiers’
Council in Düsseldorf. In 1920 she met Lenin at the Second World
Congress of the Comintern and argued with him over issues of using
force. Wolfstein was a founding member of the KPD, alongside Zetkin and Luxemburg, and in 1921 she was elected as a KPD representative in the Prussian provincial parliament and became the party’s
spokesperson on political rights. In 1924 she resigned from the KPD
in opposition to the left faction and continued her work as a publisher.
It should be noted that Rosi Wolfstein’s husband, Paul Frölich, was
Rosa Luxemburg’s first biographer. Wolfstein and Frölich escaped to
New York and were active during the war in support of comrades left
behind in Germany.52 She was a lifelong activist against war, racism
51 Rosa Luxemburg: Letter to Luise Kautsky (1917), in: Georg Adler/Peter Hudis/Annelies Laschitza (Eds.), The Letters of Rosa Luxemburg, London 2013,
p 365.
52 On Paul Frölich and Rosi Wolfstein see Riccardo Altieri’s in volume 2.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
39
and social injustice. Luxemburg’s relationship with Wolfstein continued to be warm after she was no longer her student; Wolfstein sent
to Luxemburg two kittens and an elephant for one of her birthdays
celebrated in prison. Here again we see a different side of Luxemburg;
her ability to sustain warm relationships with her former students, in
this case; to inspire younger women and to keep an emotionally deep
relationship with them.53
Last, but by no means least, is Luxemburg’s right hand Mathilde
Jacob (1873–1943), who sustained her during her time in prison, was
caretaker for Rosa’s beloved cat Mimi, and, like all the other women
discussed above, was crucial in transcribing and preserving her mentor’s legacy, and saw herself as humble in relation to Luxemburg. She
too was a founding member of the Spartacus League and the KPD.
Jacob smuggled some important manuscripts, including the now
famous Junius pamphlet, on behalf of Luxemburg, and her skills as
a typesetter enabled her to preserve many of Luxemburg’s writings.
After the latter’s murder she worked with Clara Zetkin on Kommunistin ([female] Communist). Jacob was devoted to Luxemburg and supported her in manifold ways, not least her caretaking of Mimi, which
takes up a large amount of space in their letters: »You must visit me
sometime: first of all because of Mimi, second to see my paintings
and third to give me pleasure.«54 For Luxemburg all elements of life
were intertwined; politics, personal relationships, care for her cat. The
passion with which she threw herself into every facet of her life shines
53 Esther Dischereit: Rose Frölich: ein Leben für den Sozialismus, in; Die Neue
Gesellschaft/Frankfurter Hefte 2/ 1988, pp. 165–176; Martina Kliner-Lintzen: »… vergessen kann man das nicht.« Wittener Jüdinnen unter dem
Nationalsozialismus, Witten 1992; Klaus-Dieter Vinschen: Jüdische Frauen
in der Arbeiterbewegung. Rosi Wolfstein-Frölich, in: Ludger Heid/Arnold
Paucker (Eds.): Juden und deutsche Arbeiterbewegung bis 1933. Soziale Utopien und religiös-kulturelle Traditionen, Tübingen 1992, pp. 165–176.
54 Mathilde Jacob: Rosa Luxemburg: An Intimate Portrait, London 2000,
p. 25.
40
Dana N. Mills
through her correspondence, especially her women comrades, whose
trust enabled her to have a warm circle of support despite volatile her
hot temper that often slipped into her letters.
Rosa’s exchanges with women of her time influenced both her own
thinking as well as theirs; it is easy to discern even from this short
chapter a coherent and vibrant social-economic circle of women who
supported and aided each other. Rosa’s influence lay beyond her most
immediate circles on other women revolutionaries of her time, such
as Angelica Balbanoff, a Russian-Jewish communist and secretary of
the Comintern. In 1910 Balbanoff and Luxemburg met during a congress in Copenhagen where they met another revolutionary woman,
Helene Deutsch.55 Deutsch was inspired by Rosa and found both her
ideas and personality deeply compelling. Deutsch was to play a significant part in the history of psychoanalysis.56 Luxemburg’s influence
on women transcended her immediate circles as well as socialist history, a strand of her life and work that would carry on after her death.
It is important to note here that Luxemburg was not only a woman
a man’s world, she was also a Jewish woman. She faced antisemitism
as well as sexism in her life and afterlife. She herself noted in a letter:
»the entire bourgeois press has pulled out all the stops against us. In
the process – and this is what’s most noteworthy – the attacks on us
have come from above all the so-called progressive press … And the
main point is that this ›Free Thought‹ publication has suddenly begun
preaching against us with the slogan ›down with the Jews!‹ – and the
entire liberal, progressive press has abandoned itself to an all-out orgy
of anti-semitism. Socialists are ›Jews,‹ our Mtot [hammer] is an organ
of ›the Jewish syndicate,‹ we are all agents of ›Jewry,‹ and the pro-
55 Gilles Trehel: Helene Deutsch, Rosa Luxemburg, Angelica Balbanoff, in:
L’information Psychatriatique, 86/2010, H. 10, pp. 339–346.
56 For more on Deutsch’s intellectual history see Lisa Appignanesi/John Forrester: Freud’s Women, London 1992.
Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
41
gressive press is overflowing with personal slander and vulgarity.«57
It is then perhaps not surprising that so many of her closest women
friends were also Jewish women (Luise Kautsky, Mathilda Jacob, Rosi
Wolfstein). It is perhaps also not surprising that the rise of Nazi powers
which sought to attack both communists and Jews meant that many
of Rosa’s closest friends found horrific deaths. (Mathilde Jacob died in
1943 in Theresienstadt and Luise Kautsky died in 1944 in Auschwitz
from a heart attack). Clara Zetkin died in exile in the Soviet Union in
1933, aged nearly 76.
Rosa’s Comrade Sisters Going Onwards
Perhaps revisiting the image of Zetkin and Luxemburg walking
together at the same time as International Working Women’s Day
was called is an apt way to conclude this chapter, which is very much
a call for expansion; there are many tomes that can be written on the
interactions between the women discussed here as well as about their
work individually. Luxemburg and Zetkin, like many of their sister
comrades, lived constantly marching towards a tomorrow they did
not yet know; they never displaced the horizon of the dismantling of
the capitalist state-organized world and equality for all as their final
goal. They were women working in a grossly unequal world, and their
call for justice resonates with us sharply now.
A call for feminism inspired by Rosa Luxemburg requires a
cross-temporal change. It requires a constant reconsideration of the
present, working to change the future to be equal and free for all,
emancipating us from patriarchal capitalism, but it also requires a
critical examination of how women have been chronicled through57 Rosa Luxemburg: Letter to Emile Vandervelde (1910), in: Georg Adler/Peter
Hudis/Annelies Laschitza (Eds.), The Letters of Rosa Luxemburg, London
2013, p. 295.
42
Dana N. Mills
out history. Our histories are nowhere near becoming a her-story, nor
are they allowing manifold other voices excluded from historiography
that present history as consolidated and devoid of the possibility of
change. Luxemburg devoted her entire life to showing the masses that
they have more agency to bring down capitalism than they might
consider. Inspired by her writings, this chapter has aimed to reclaim
a forgotten part of feminist history, where women on the cusp of the
foundation of social democracy as we know it today fought for freedom and equality for all. Writing about Rosa Luxemburg 150 years
after her birth, it is endlessly inspiring and energizing to observe her
commitment to »the cause.« As Luxemburg and her comrade sisters
knew then, a more rigorous understanding of history enables us further agency.
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Rosa Luxemburg and Her Comrade Sisters
43
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Vinschen, Klaus-Dieter: Jüdische Frauen in der Arbeiterbewegung. Rosi Wolfstein-Frölich, in: Ludger Heid/Arnold Paucker (Eds.): Juden und deutsche
Arbeiterbewegung bis 1933. Soziale Utopien und religiös-kulturelle Traditionen, Tübingen 1992, pp. 165–176.
»What More Can We Ask of Ourselves! Jaqueline Rose Reviews the Letters
of Rosa Luxemburg,« Verso Blog. Online: https://www.versobooks.com/
blogs/595-comments-on-what-more-could-we-want-of-ourselves-jacque
line-rose-s-review-of-the-letters-of-rosa-luxemburg.
3.
Rosa Luxemburg: Revolution Theory and
Revolutionary Practice
Frank Jacob
That Luxemburg’s legacy is still fought over in the 21st century1 was
obvious during a debate about a memorial for her in Berlin in 2002.
German historian Heinrich August Winkler argued that the German
Left only wanted to secure its »cultural hegemony« by displaying Luxemburg as a representation of »communism with a human face.«2
His arguments still emphasized the split between the Social Democratic and the Socialist Left traditions in contemporary Germany,
while Andreas Wirsching, Director of the Center for Contemporary
History (Institut für Zeitgeschichte), simply declared that Luxemburg
must be considered a »totalitarian theorist at heart.«3 It is obvious that
although the intellectual’s works are classics of socialism for some,4
they remain for others the products of a »most extreme thinker.«5
1
2
3
4
5
Hartfrid Krause: Rosa Luxemburg, Paul Levi und die USPD. Münster 2019, p. 11.
Heinrich August Winkler: Nachdenken über Rosa L.: Ein Denkmal als
Kampf um die kulturelle Hegemonie, in: Heinrich August Winkler et al.
(Eds.): Arbeit am Mythos Rosa Luxemburg: Braucht Berlin ein neues Denkmal für die ermordete Revolutionärin? (Reihe Gesprächskreis Geschichte,
44), Bonn 2002, pp. 9–15, here pp. 9 and 15.
Cited in Helmut Peitsch: Rosa Luxemburg in der deutschen Literatur
des 20. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte
65/2013, no. 2, pp. 152–172, here p. 152.
Helga Grebing: Rosa Luxemburg, in: Walter Euchner (Ed.): Klassiker des
Sozialismus II, Munich 1991, pp. 58–71.
Peter Engelhard: Die Ökonomen der SPD. Eine Geschichte sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik in 45 Porträts, Bielefeld 2014, p. 27.
46
Frank Jacob
Whether the negative views are related to an illiteracy with regard to
Luxemburg’s writings or are just an expression of a political interpretation of history depends on the case, but this short survey of different opinions about Luxemburg in contemporary Germany shows that
the struggle over her legacy has not ended yet.6
One idea, expressed by the well-known Hitler biographer Joachim
C. Fest in 1971, is, however, completely wrong. Fest argued that »Luxemburg was ultimately no revolutionary.«7 Until today, Luxemburg’s
theoretical reflections about revolutions have only been discussed in
relation to specific events or issues, i. e. the debate with Eduard Bernstein (1850–1932), the Russian Revolution in 1905, the Russian Revolutions of 1917, and the German Revolution of 1918/19, yet her theoretical reflections as they emerged and developed during her lifetime
have not yet been discussed in detail.8 German writer Dietmar Dath’s
characterization of Luxemburg as a »professional revolutionary«9 does
not fully align with her own theoretical reflections, as the famous revoutionary did not consider revolutionism to be a profession but rather
an organic process people should try to help succeed by their own
actions. She definitely was not only a »thinker of the revolution,«10 but
actively tried to participate in it, whether in 1905–1906 or 1917–1919.
Her thoughts were consequently also based on practical experiences,
6
This paper is a shortened version of Frank Jacob: Rosa Luxemburg. Living
and Thinking the Revolution, Marburg 2021.
7 Joachim Fest, Die Dingsda, in: Der Spiegel 25/1971, no. 16, 12.4.1971, cited
in Peitsch: Rosa Luxemburg, p. 155.
8 Jörn Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn. Rosa Luxemburg, in: Jörn
Schütrumpf (Ed.): Rosa Luxemburg oder: Der Preis der Freiheit, 3rd edition, Berlin 2018, pp. 11–100, here p. 96.
9 Dietmar Dath: Rosa Luxemburg, 2nd edition, Berlin 2019, p. 19.
10 Alexandra Kemmerer: Rosakind. Luxemburg, die Revolution und die Bildpolitik, in: Zeitschrift für Ideengeschichte 10/2016, no. 3, pp. 44–52, here
p. 52.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
47
combining revolutionary theory and practice.11 It is also not deniable
that Luxemburg referred to Marx and his works when thinking about
revolution,12 yet she also read her theoretical predecessors’ work quite
critically and was, as mentioned before, not a Marxist in the doctrinal
sense of the term. However, she »was fully Marxist, attempting to
define action by theory and theory by experience.«13 What value could
Marx’s writings have if they were not applied in practice, even if the
actual experience proved the theories wrong? For Luxemburg, »socialism was not a theory to be acquired and [nothing to] act as though
according to the Ten Commandments.«14 Therefore, as the Italian anti-fascist intellectual Piero Gobetti (1901–1926) worded it, Luxemburg
»wanted to be, and knew she was, a real revolutionary, above human
things like homeland, family, private life.«15 It was therefore her life
and hope for »[r]evolution [that] energized Rosa’s theory and practice
throughout her life. A momentous revolutionary moment was about
to unfold, and she was not going to be barred from it, even if she was
still behind physical bars.«16
What makes Luxemburg’s revolutionary ideas important is the fact
that she always, in theory and practice alike, »condemned all forms
of ›Jacobinism‹ or ›Blanquism,‹ that is, all forms of revolutionary elitism,«17 which is why her »commitment to democratic politics stands
11 Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein, Neuwied/Berlin 1970,
p. 117.
12 Klaus Kinner/Helmut Seidel: Vorwort, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel
(Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, p. 7.
13 Krause: Rosa Luxemburg, p. 11.
14 Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 62.
15 Piero Gobetti: On Liberal Revolution, edited by Nadia Urbinati, transl. by
William McCuaig, New Haven, CT 2000, p. 46.
16 Dana Mills: Rosa Luxemburg, London 2020, p. 136.
17 Andrzej Walicki: Rosa Luxemburg and the Question of Nationalism in
Polish Marxism (1893–1914), in: The Slavonic and East European Review
61/1983, no. 4, pp. 565–582, here p. 568.
48
Frank Jacob
as her most pronounced intellectual legacy.«18 Her principles made
clear that she could not and would not accept any attempt to usurp
power:
1.
2.
3.
4.
5.
a steadfast belief in democracy;
complete faith in the common people (the masses);
dedication to internationalism in word and deed;
a commitment to a democratic revolutionary party; and
the unshakable practice of humanism.19
According to her beliefs, the masses needed to be involved and in control of the revolutionary process all the time, because without their
involvement there could be no freedom and equality – the ultimate
aims of each revolutionary process.
These considerations are directly and dichotomously in opposition to Leninist revolutionary theory.20 Almost like her contemporary Emma Goldman (1869–1940),21 the Polish socialist revolutionary
opposed not only Lenin’s theoretical claims with regard to a revolutionary avant-garde party but also the idea that a revolution needed
to lead into a new hierarchical rule of a minority, as revolutionary as
18 Eric D. Weitz: »Rosa Luxemburg Belongs to Us!« German Communism
and the Luxemburg Legacy, in: Central European History 27/1994, no. 1,
pp. 27–64, here p. 27.
19 William A. Pelz: Another Luxemburgism is Possible: Reflections on Rosa
and the Radical Socialist Project, Paper Presented to the International Rosa
Luxemburg Conference, 1–2 April 2007 in Tokyo (Japan). Online: http://
www.internationale-rosa-luxemburg-gesellschaft.de/Downloads/16-Pelz.pdf,
p. 4.
20 Ernst Vollrath: Rosa Luxemburg’s Theory of Revolution, in: Social Research
40/1973, no. 1, pp. 83–109, here p. 88.
21 Frank Jacob: Emma Goldman and the Russian Revolution. From Admiration to Frustration, Berlin 2021.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
49
the latter might have been.22 Luxemburg also rejected the assumption that revolutions could be planned or scheduled.23 She instead
identified the masses as the true revolutionary force that should not
be abused: »Revolutionary activity issues from an ultracentralistically
organized collective will which, in accordance with a plan worked out
in advance, in every detail, turns the broad masses of the people into
its disciplined tools, to which the strength of the center is mechanically transferable.«24 The contrast with Lenin was consequently existent
early on, especially with regard to the theoretical interpretation of
a revolution per se. The German philosopher Ernst Vollrath (1932–
2003) tried to explain Luxemburg’s concept of revolution as follows:
»What Rosa Luxemburg calls revolution is an activity of those whom the
sheer facts of proletarian life – in other words, economic reasons – keep
from participating actively in the determination of their fate. It is the
activity in which they set out to win this participation. Such a view of
the nature of revolution excludes the assumption that revolution is a
means to quite another end. And it is equally out of the question, then,
to see the essence of revolution in violence or in a pure shift of power
according to plans laid by a centralized collective will.«25
In addition, one would have to add here that it is not solely the masses’ participation but also the end of the existent »determination of
their fate,« i. e. the capitalist system of exploitation, which should be
overcome and transformed into a truly free and equal, namely socialist society. This transformation can only be achieved through 1) the
awareness of the masses about their own revolutionary potential and
22 Günter Heyden: Einführung in Lenins Schrift »Was tun?«, 5th edition, Berlin 1989.
23 Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke, Berlin 1970– (henceforth GW),
vol. 1, p. 141.
24 Vollrath: Rosa Luxemburg’s Theory of Revolution, pp. 88–89.
25 Ibid., p. 93.
50
Frank Jacob
2) a democratic revolutionary process that is neither led nor corrupted
by a minority, but remains a process in which the people decide as
a democratic union about their future independently and not controlled by economic means and the hierarchies the former usually create in a capitalist system.
These considerations are often quite unknown, especially by a
broader public to whose members Luxemburg’s name might sound
familiar but whose »associations are vague – German, Jewish, and
revolutionary; that is as far as it goes.«26 Of course, Luxemburg’s ideas
about revolution and socialism had quite some impact on important
thinkers of the 20th century, including Georg Lukács (1885–1971)27
and Hannah Arendt (1906–1975)28, and since the 1960s they have also
stimulated timely discourses about revolutions, mass strikes, as well
as the role of the masses for political emancipation.29 In the 1970s,
the »problem of a just relocation of the thought of the Polish revolutionary in the theoretical and fighting heritage of the international
communist movement has arisen in the last ten years with increasing
urgency,«30 and not only in Italy, as historian Aldo Agosti confirmed.
In addition, it was not only scholars but also university students who
returned to Luxemburg, especially since her opposition to Lenin had
26 John P. Nettl: Rosa Luxemburg, vol. 1, London 1966, p. 1.
27 Antonia Opitz: Georg Lukács und Rosa Luxemburg, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen
ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 238–247.
28 Francis Moreault: Hannah Arendt, lectrice de Rosa Luxemburg, in: Canadian Journal of Political Science / Revue canadienne de science politique
34/2001, no. 2, pp. 227–247, here p. 227. Also see Werner Abel: Hannah
Arendt über Rosa Luxemburg, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa
Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen
Werkes, zweite korrigierte Auflage, Berlin 2009, pp. 248–272.
29 Giuseppe Berti: Gli scritti politici di Rosa Luxemburg, in: Studi Storici 9/
1968, no. 1, pp. 225–232, here p. 225.
30 Aldo Agosti: Rosa Luxemburg e il pensiero marxista, in: Studi Storici 14/
1973, no. 4, pp. 953–959, here p. 953.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
51
stimulated interest in her writings.31 Although the American philosopher Dick Howard declared in 1976 that »it has become impossible
to share the optimism of Rosa Luxemburg,«32 the works of the Polish revolutionary still tend to attract reflections and discussions even
today. She has not been forgotten,33 nor have her thoughts lost their
momentum when applied to critical reflections about a possible better
future.34 The American scholar Helen Scott highlighted this actuality
of Luxemburg’s writings, describing them as »deeply compassionate,
and above all, thoroughly committed to socialist revolution.«35
Neither Luxemburg’s commemoration nor her impact could be
fully suppressed during the 20th century, and even if her ideas are still
often represented in a misleading way, she continues to question existent rules and to move people, to make them conceptualize their own
revolutionary power.36 Consequently, one can agree with Volker Caysa’s evaluation that Luxemburg’s »life, thoughts, work and impact«
are really modern in a threefold sense: 1) with regard to globalization
theory, which is discussed in her accumulation theory, 2) with regard
to public theory, in which Luxemburg’s discussions about the organization of the masses and the party are echoed, and 3) with regard
31 Gilbert Badia: La place de Rosa Luxemburg dans le mouvement socialiste,
in: Revue Historique 252/1974, no. 1, pp. 107–118, here pp. 107–108.
32 Dick Howard: Rosa Luxemburg: théorie et pratique, in: Esprit, Nouvelle
série 454/1976, no. 2, pp. 263–285, here p. 263.
33 Michael Brie: Rosa Luxemburg neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen zu
»Freiheit für den Feind! Demokratie und Sozialismus«, Hamburg 2019, p. 8.
34 Dietmar Dath: Eine sehr große Ausnahme, in: Rosa Luxemburg, Friedensutopien und Hundepolitik: Schriften und Reden, 2nd edition, Stuttgart
2018, pp. 104–108, here p. 105; Dath: Rosa Luxemburg, p. 8.
35 Helen Scott: Introduction. Rosa Luxemburg, in: Helen Scott (Ed.): The
Essential Rosa Luxemburg. Reform or Revolution & The Mass Strike, Chicago, IL 2007, pp. 1–36, here p. 2.
36 Michael Brie: Rosa Luxemburgs Symphonie zur Russischen Revolution, in:
Standpunkte 10 /2011, pp. 1–6, here p. 1; Dath: Rosa Luxemburg, p. 8.
52
Frank Jacob
to questions of individual ways of life.37 In addition to these aspects,
Luxemburg’s ideas about revolution are also important today, as they
point the way to possibilities for a resistance of the masses against
capitalist exploitation, toward a democratic socialism.
How Rosa Luxemburg combined theoretical thinking and actual
practice with regard to revolution during her eventful life shall be
taken into closer consideration in the following analysis. Her debates
with Bernstein and Lenin will be followed by sections about her theoretical development during the Russian Revolution of 1905 as well as
her views about the Russian Revolution of 1917. Her development as
a revolutionary will be outlined by analyzing some of her key texts
while considering her own revolutionary actions at the same time to
highlight how Luxemburg combined revolution theory and revolutionary practice during her life.
The Debate with Bernstein
While Luxemburg wrote many theoretical works about the important issues and questions of her time, her main work was that of a
journalist and politician. She did not intend to provide a systematic
interpretation of Marx, but she wanted to apply Marxist ideas to solve
relevant political and social issues. This does not mean that she was
not interested or not aware of works and their debates by other revolutionary theorists, but that Luxemburg is rather to be understood
as an operative intellectual whose main task was progress, not dry
debate. That is why she not only thought about revolutions but was
actively engaged in demanding them and, if possible, driving them
37 Volker Caysa: Rosa Luxemburg – das Leben als Werk, in: Klaus Kinner/
Helmut Seidel (Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 11–36, here
p. 11.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
53
forward. Her reflections about revolutionary processes were consequently determined by the course of history, which Luxemburg tried
to understand and interpret accordingly.38 Therefore, her works contain, as German author Uwe-Jens Heuer called it, the »vivid revolutionary spirit of Marxism.«39
During her Marxist socialization in Switzerland, Luxemburg met
Leo Jogiches (1867–1919), who would play an important role for the
Polish revolutionary as her lover and lifelong friend.40 Both founded,
together with Julian Marchlewski (1866–1925), the Social Democracy of the Kingdom of Poland (SDKP, in 1900 renamed the Social
Democracy of the Kingdom of Poland and Lithuania, SDKPiL). In
contrast to the nationalist course of the Polish Socialist Party (PPS),
whose members demanded a nationally independent Poland, Luxemburg argued for a solidarization of the Polish and Russian proletariat to achieve a post-revolutionary society, i. e. one based on freedom and equality for both. Therefore, »she advocated the overthrow
of the tsarist autocracy in alliance with the Russian working class as
the primary task of the Polish revolutionary movement. She aimed
at the establishment of a Russian democratic republic within which
Poland would merely enjoy cultural autonomy.«41 Or, to quote Jap38 Uwe-Jens Heuer: Rosa Luxemburgs Demokratieverständnis und unsere
Epoche – oder: Ist Rosa Luxemburg noch aktuell? in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 152–170, here
p. 152; Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 25; Helmut Seidel: Bemerkungen zu Rosa Luxemburgs Marx-Rezeption, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen
ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 37–52, here p. 47.
39 Heuer: Rosa Luxemburgs Demokratieverständnis, p. 152.
40 Tim Mason: Comrade and Lover. Rosa Luxemburg’s »Letters to Leo Jogiches«, in: History Workshop 13/1982, pp. 94–109, here p. 95.
41 Francis L. Carsten: Rosa Luxemburg, Freedom and Revolution, in: Francis L. Carsten: Essays in German History, London 2003, pp. 271–281, here
p. 271.
54
Frank Jacob
anese scholar Nobuhiro Takemoto: »As a dedicated revolutionary,
Rosa was found in her youth to have been seeking a key to liberate
Poland in international proletarian cooperation, and fighting for total human emancipation through such international solidarity as a
springboard of such a movement, thus living her life in pursuit of a
socialist revolution.«42 Jogiches and Luxemburg used the magazine
Sprawa Robotnicza (The Workers’ Cause) as a means to advocate their
internationalist ideas. Although the political relationship between the
two has been called »symbiotic,«43 Jogiches often tried to control the
overall course, although it has to be emphasized here that he needed
Luxemburg’s skills as a writer and as somebody who had command of
both German and Polish, languages Jogiches initially did not speak.
While Luxemburg often gave Jogiches a voice in that regard, the former was able to further intensify her standing as a well educated social
democratic internationalist as well.
After finishing her doctoral thesis, Luxemburg, who would have
faced problems, like exile in Siberia, if she returned to Russian Poland,44 decided to move to Germany. Therefore, she arranged a marriage with the son of Carl Lübeck, an old German Social Democrat,
for whom Luxemburg had worked as a secretary in Zurich. Her marriage of convenience with Gustav Lübeck in April 1898 consequently
made it possible for the Polish revolutionary to move to Berlin, where
she would begin her work for the German Social Democratic Party
(SPD) and she went on a campaign tour for the party in Upper Silesia
in June of the same year.45 Within the party, the rhetorically gifted
42 Nobuhiro Takemoto: Rosa Luxemburg’s Arguments on the Socialst Movements, in: Kyoto University Economic Review 41/1971, no. 1, pp. 49–77,
here p. 49. 103 Also see Mason: Comrade and Lover, p. 96; Schütrumpf:
Zwischen Liebe und Zorn, p. 21.
43 Ibid., 25.
44 Ibid., 19. On the Siberian exile system see: George Kennan: Siberia and the
Exile System, 2. vols., New York 1891.
45 Dath: Rosa Luxemburg, p. 18.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
55
young woman would gain attention quite fast and she rose to become
one of the central figures of the SPD’s left wing. There was probably
not a man in that party who was not criticized by Luxemburg,46 who
joined a party-organization that was still in dispute about its own
course and purpose.47 At the same time, Luxemburg remained active
as a leading figure of the SDKP and later SDKPiL as well, leading a
kind of political double life.48
Luxemburg »consistently challenged convention and shook up institutional patterns«49 and reminded the SPD about its initial goals.
She did not accept a course that was directed towards power instead
of revolution. It is no surprise that she caused antagonism, especially
from rather conservative men within her own party, since she was so
rhetorically gifted that her lectures usually caused aggressive responses
to her well-directed and heavily dosed polemics. Paul Frölich, with
regard to these skills, emphasized that Luxemburg
»was economical in the use of grand words and gestures; she achieved
her effect purely by the content of her speeches, though in this she was
assisted by a silver toned, rich and melodious voice which could fill,
without effort, a great hall. She never spoke from notes, and preferred to
walk casually up and down the platform because she felt closer to her audience this way. She could establish contact within a few sentences, and
from then onwards she kept her audience completely under her spell.«50
Whoever witnessed Luxemburg in such a role was deeply impressed,
like in August 1893 when Luxemburg, at the age of 22, made her first
political appearance in Zurich, climbing a chair and giving a speech
46
47
48
49
50
Seidel: Bemerkungen, p. 44.
Scott: Introduction, p. 12.
S. 18 9
Scott: Introduction, p. 13.
Paul Frölich: Rosa Luxemburg. Ideas in Action, transl. Joanna Hoornweg,
London 1972, p. 204 cited in Scott: Introduction, p. 14.
56
Frank Jacob
at the Congress of the Socialist International.51 She was a powerful
woman, and it is not surprising that her male colleagues in the SPD
referred to her and other women, like Clara Zetkin (1857–1933), as
»hyenas,«52 while Luxemburg and Zetkin considered themselves to be
the last men of the party.
Luxemburg’s first larger debate, or rather theoretical dispute about
the practical future of the SPD, arose when Eduard Bernstein (1850–
1932) published articles in the Neue Zeit in the late 1890s, which he
had titled »Probleme des Sozialismus« (Problems of Socialism) and
which were later published in an extended form as a book under the
title »Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der
Sozialdemokratie« (The Requirements of Socialism and the Tasks of
Social Democracy; the English work was published under the title
»Evolutionary Socialism« in 1907).53 In his works, Bernstein offered
»Marxism lite«54 and demanded an evolutionary rather than revolutionary course of the SPD, a demand that the philosopher Miaofen
Chen called »a somehow bizarre revision of Marx’s texts and theories.«55 Bernstein’s argument was based on the assumption that times
had changed since Marx wrote his works and that a revolution was no
longer necessary:
51 Eric Blanc: Rosa Luxemburgs Allianz mit der SPD-Bürokratie. Eine Kritik ihrer Politik in Polen, 1893–1918, in: Arbeit – Bewegung – Geschichte
18/2019, no. 2, pp. 27–42, here p. 9.
52 Ernst Piper: Rosa Luxemburg. Ein Leben, 2nd edition, Munich 2019, p. 10.
53 For a detailed analysis see: Wolfgang Eichhorn: Über Eduard Bernstein und
Rosa Luxemburg, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Ed.): Rosa Luxemburg.
Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 297–304.
54 Dath: Rosa Luxemburg, p. 20.
55 Miaofen Chen: From Class to Freedom – Rosa Luxemburg on Revolutionary Spontaneity and Socialist Democracy, in: ARSP: Archiv für Rechts- und
Sozialphilosophie / Archives for Philosophy of Law and Social Philosophy
101/2015, no. 1, pp. 75–86, here p. 80.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
57
»In general, one may say … that the revolutionary way (always in the
sense of revolution by violence) does quicker work as far as it deals with
removal of obstacles which a privileged minority places in the path of
social progress that its strength lies on its negative side. Constitutional
legislation works more slowly in this respect as a rule. Its path is usually
that of compromise, not the prohibition, but the buying out of acquired
rights. But it is stronger than the revolution scheme where prejudice and
the limited horizon of the great mass of the people appear as hindrances
to social progress, and it offers greater advantages where it is a question
of the creation of permanent economic arrangements capable of lasting;
in other words, it is best adapted to positive social-political work. In
legislation, intellect dominates over emotion in quiet times; during a
revolution emotion dominates over intellect. But if emotion is often an
imperfect leader, the intellect is a slow motive force. Where a revolution
sins by over haste, the every-day legislator sins by procrastination. Legislation works as a systematic force, revolution as an elementary force. As
soon as a nation has attained a position where the rights of the propertied minority have ceased to be a serious obstacle to social progress,
where the negative tasks of political action are less pressing than the
positive, then the appeal to a revolution by force becomes a meaningless
phrase. One can overturn a government or a privileged minority, but not
a nation. When the working classes do not possess very strong economic
organisations of their own, and have not attained, by means of education on self-governing bodies, a high degree of mental independence,
the dictatorship of the proletariat means the dictatorship of club orators and writers. I would not wish that those who see in the oppression
and tricking of the working men’s organisations and in the exclusion of
working men from the legislature and government the highest point of
the art of political policy should experience their error in practice. Just as
little would I desire it for the working class movement itself.«56
56 Eduard Bernstein: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben
der Sozialdemokratie, Stuttgart 1899, English translation online: https://
58
Frank Jacob
Bernstein, with these statements, claimed to provide a necessary update to Marx, and had also, while »acting as one of the literary executors after his death, … yoked Engels into the reformist project,«57
although Marx’s dearest friend and intellectual companion had never
ceased to be a convinced revolutionary.58
Luxemburg countered Bernstein’s dichotomy of reform and revolution and thereby challenged the revisionist views within the party,
where these seemed to remain unchallenged, because of »the habit of
the SPD to compromise, balance, and avoid open disagreements.«59
The Polish revolutionary, who had just returned from Silesia and knew
first-hand about the workers’ conditions, »saw that Bernstein was out
of touch with the real conditions of workers, and also that his theories represented a fundamental and pernicious challenge to socialism
that had to be confronted and rejected.«60 In her public lectures as
well as articles,61 and finally in her work Sozialreform oder Revolution?
(Reform or Revolution, 1899), Luxemburg replied to Bernstein’s arguments and outlined the necessity for revolution, and she made clear
that the SPD changing its course could not be allowed if a successful
change toward socialism were ever to be achieved.62 Since this work
57
58
59
60
61
62
www.marxists.org/reference/archive/bernstein/works/1899/evsoc/ch04conc.htm.
Helen Scott: Introduction to Reform or Revolution, in: Helen Scott (Ed.):
The Essential Rosa Luxemburg. Reform or Revolution & The Mass Strike,
Chicago, IL 2007, pp. 37–40, here p. 37.
Frank Jacob: Friedrich Engels and Revolution Theory. The Legacy of a Revolutionary Life, in: Frank Jacob (Ed): Engels @ 200. Reading Friedrich Engels in the 21st Century, Marburg 2020, pp. 49–90.
Scott: Introduction to Reform or Revolution, p. 38. Also see Anne-Kathrin
Krug/Jakob Graf: Zur Aktualität der Organisationstheorie von Luxemburg
und Gramsci. Zwischen emanzipatorischer Theoriebildung und ahistorischer Bezugnahme, in: PROKLA 171/2013, pp. 239–259, here p. 243.
Scott: Introduction to Reform or Revolution, p. 38.
Dath: Rosa Luxemburg, p. 20.
Michael Löwy: Rosa Luxemburg. Der zündende Funke der Revolution,
transl. by Arno Münster, Hamburg 2020, p. 11.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
59
is one of the »basic texts of modern revolutionary socialism,«63 Luxemburg’s main points shall be presented here as well.
She highlighted that »[b]etween social reforms and revolution
there exists for social democracy an indissoluble tie. The struggle for
reform is its means; the social revolution, its aim.«64 Bernstein, in
contrast to the assumption of this existent tie, tried to argue on behalf
of an existent »opposition of the two factors of the labor movement.
His theory tends to counsel us to renounce the social transformation,
the final goal of the social democracy and, inversely, to make of social
reforms, the means of the class struggle, its aim.«65 Luxemburg considered such an interpretation as treason, because »[t]he opportunist
theory in the party, the theory formulated by Bernstein, is nothing
else than an unconscious attempt to assure predominance to the petty
bourgeois elements that have entered our party, to change the policy
and aims of our party in their direction.«66 In contrast to Bernstein,
Luxemburg did not abandon the revolutionary belief that the masses
had to liberate themselves and thereby continued Engels’s demand
for a mass revolution: »Only when the great mass of workers take
the keen and dependable weapons of scientific socialism in their own
hands will all the petty bourgeois inclinations, all the opportunistic
currents, come to naught.«67 She also emphasized that class struggle
was still essential for the realization of socialism: »From [Bernstein’s]
theoretical stand is derived the following general conclusion about the
63 Ibid., p. 55. On the impact of Reform or Revolution see: Dath: Rosa Luxemburg, p. 20 and, more detailed, Ingo Wagner: »Sozialreform oder Revolution?« Historisch passé – oder? in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa
Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen
Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 171–178.
64 Rosa Luxemburg: Reform or Revolution, in: Helen Scott (Ed): The Essential Rosa Luxemburg: Reform or Revolution & The Mass Strike, Chicago,
IL 2007, pp. 41–104, here p. 41.
65 Ibid.
66 Ibid., p. 43.
67 Ibid. On Engels’s view see: Jacob: Friedrich Engels and Revolution Theory.
60
Frank Jacob
practical work of social democracy. The latter must not direct its daily
activity toward the conquest of political power, but toward the betterment of the condition of the working class within the existing order.
It must not be expected to institute socialism as a result of a political
and social crisis, but should build socialism by means of the progressive extension of social control and the gradual application of the
principle of cooperation.«68 Luxemburg also criticized Bernstein for
considering these theoretical reflections to be in line with Marx, although in reality he argued for leaving the socialist path to revolution.
The SPD politician, in contrast, rather called for a reliance on trade
unions to achieve social reforms for »the political democratization of
the state,« because he considered these aspects to be »the means of
the progressive realization of socialism.«69 Luxemburg criticized these
views as follows:
»At present, the trade union struggle and parliamentary practice are
considered to be the means of guiding and educating the proletariat
in preparation for the task of taking over power. From the revisionist
standpoint, this conquest of power is at the same time impossible and
useless. And therefore, trade union and parliamentary activity are to be
carried on by the party only for their immediate results, that is, for the
purpose of bettering the present situation of the workers, for the gradual
reduction of capitalist exploitation, for the extension of social control.
[…] From the viewpoint of a movement for socialism, the trade union
struggle and parliamentary practice are vastly important insofar as they
make socialistic the awareness, the consciousness, of the proletariat and
help to organize it as a class. But once they are considered as instruments
of the direct socialization of capitalist economy, they lose not only their
68 Luxemburg: Reform or Revolution, p. 44.
69 Ibid., p. 56.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
61
usual effectiveness but cease being means of preparing the working class
for the conquest of power.«70
Luxemburg also refers to Bernstein’s claim that legislative reform,
i. e. »a methodical force,« and revolution, i. e. »a spontaneous force,«
were two dichotomic elements on the path to a socialist society.71 Luxemburg countered this Bernsteinian dichotomy and declared:
»Legislative reform and revolution are not different methods of historical development that can be picked out at pleasure from the counter of
history, just as one chooses hot or cold sausages. Legislative reform and
revolution are different factors in the development of class society. They
condition and complement each other, and are at the same time reciprocally exclusive, as are the north and south poles, the bourgeoisie and
the proletariat. Every legal constitution is the product of a revolution. In
the history of classes, revolution is an act of political creation, while legislation is the political expression of the life of a society that has already
come into being.«72
For Luxemburg, reform and revolution actually went hand in hand,
as »work for reforms is carried on only in the direction given to it by
the impetus of the last revolution, and continues as long as the impulsion of the last revolution continues to make itself felt.«73 All in all, a
revolution was for her »a condensed series of reforms,«74 which is why
the separation of the two elements, as intended by Bernstein’s clear
distinction between one and the other, would have been fatal for the
socialist movement and its revolutionary duty. And Luxemburg did
70
71
72
73
74
Ibid., pp. 66–67.
Ibid., p. 89.
Ibid.
Ibid., p. 90.
Ibid.
62
Frank Jacob
not mince her words when bringing this oxymoronic interpretation of
Marx’s ideas about revolution into plain sight:
»[P]eople who pronounce themselves in favor of the method of legislative reform in place of and in contradistinction to the conquest of political
power and social revolution do not really choose a more tranquil, calmer,
and slower road to the same goal, but a different goal. Instead of taking a
stand for the establishment of a new society they take a stand for surface
modifications to the old society. If we follow the political conceptions
of revisionism, we arrive at the same conclusion that is reached when
we follow the economic theories of revisionism. Our program becomes
not the realization of socialism, but the reform of capitalism: not the
suppression of the system of wage labor, but the diminution of exploitation, that is, the suppression of the abuses of capitalism instead of the
suppression of capitalism itself.«75
Consequently, Bernstein’s demands were out of the question for Luxemburg, who also argued that »[h]is theory condemns the proletariat,
at the most decisive moments of the struggle, to inactivity, to a passive betrayal of its own cause.«76 In contrast to Bernstein, Luxemburg
demanded that the masses be actively involved in the revolution and
argued that revolution was the only possible way to achieve an overthrow of the bourgeoisie and the capitalist order it represented. Agreeing with Bernstein was similar to defeat by surrender, because according to the revisionist position, »the final aim of the socialist movement
is really a recommendation to renounce the socialist movement itself.«77 For the anti-revisionists around Luxemburg, it was clear that
this could not have been the chosen method for the SPD, but that
75 Ibid.
76 Ibid., p. 94.
77 Ibid., p. 96.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
63
without a revolution there would be no hope for a democratic socialism in the future, no chance to overcome the existent class society.
What Luxemburg asked for was consequently a revolutionary practice, a position Luxemburg would not give up on, as she believed in
the potential of the masses to democratically drive a revolution to the
point where it would actually achieve a better future for all people.78
The debate with Bernstein made her well known in Germany, even
beyond the SPD, and she was joined by other social democrats, first
and foremost by Karl Kautsky, who also criticized Bernstein’s position,
until the Party Congress in Dresden in 1903 solved the issue in favor
of the anti-revisionists.79 In later publications, Luxemburg expressed
similar anti-Bernsteinian views again, namely that she considered parliamentarianism to be one historical form of bourgeois class rule, and
therefore continued to argue on behalf of a revolutionary course.80
Reform or Revolution must therefore also be regarded as a summary of
an »original Marxism«81 that Luxemburg wanted to be taken seriously
with regard to future party activities.82
The Russian Revolution of 1905
As mentioned before, Rosa Luxemburg was an internationalist and
a revolutionary who was not only concerned about the course of the
German Social Democratic Party, but also about Russia and the Pol78 Dath: Rosa Luxemburg, pp. 21–22.
79 Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 30. The proceedings of the Party
Congress can be read online: http://library.fes.de/parteitage/pdf/pt-jahr/pt1903.pdf.
80 Rosa Luxemburg: Sozialdemokratie und Parlamentarismus (1904), in: GW,
vol. 1/2, pp. 447–455.
81 Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 32.
82 Lelio Basso: Rosa Luxemburg y la ambigüedad de la Historia, in: Materiales
3/1977, pp. 8–26, here p. 15.
64
Frank Jacob
ish development within the Tsarist Empire.83 After she began to become politically active, she was consequently broadly involved in the
Central European revolution movement and commented on Polish
events as much as she participated in German debates. The SDKPiL published journals (Przeglad Socjaldemokratyczny, 1902–1904,
and Czerwony Sztandar from 1903) in which Luxemburg was one of
the leading voices. Within her articles she was, as mentioned earlier,
against the nationalist position of the PPS, and rather demanded a
solidarization of the Polish and Russian workers’ movements to create
a truly internationalist revolutionary potential.84 The end of the Russian autocratic rule and the European reactionary forces needed parallel revolutionary upheavals in Warsaw, Moscow, and St. Petersburg,
which, according to Luxemburg, meant an orchestrated internationalist revolution against the rule of the Tsar and the capitalist system
of exploitation he stood for.85 At the Congress of the International
in Amsterdam in August 1904 and backed by Kautsky, Luxemburg
would gain attention for her ideas and was also so successful in her
anti-revisionist agitation that a majority of the delegates at the Con-
83 Ernstgert Kalbe: Rosa Luxemburg zur nationalen Problematik im Kontext
von Krieg und Revolution, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 179–199, here p. 179.
84 Holger Politt: Unter Blitz und Donner. Zusammenstoß zweier Zeitalter, in:
Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 9–34, here p. 14. A good introduction to Luxemburg’s
position towards the Polish question can be found in Holger Politt: Die polnische Frage bei Rosa Luxemburg, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.):
Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 200–214.
85 Rosyjscy socjaldemokraci o polskiej i narodowościowej kwestii, in: Przeglad
Socjaldemokratyczny, Nr. 2, Februar 1903, pp. 74–78, cited in Politt: Unter
Blitz und Donner, p. 16. Also see: Kalbe: Rosa Luxemburg zur nationalen
Problematik, p. 179.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
65
gress eventually agreed that class struggle and not reforms would lead
to socialism.86
When she returned to Germany, however, she had to face trial for
lèse-majesté because she had insulted Wilhelm II (1859–1941) during
one of her agitation speeches. She had called him a man who had no
clue about the sorrows of the German workers, and although this
might have been true, the government came after the Polish revolutionary. She was sentenced to three months in jail, although she was
later released after only six weeks due to an amnesty granted after the
accession of Friedrich August III (1865–1932) to the Saxonian throne
on 15 October 1904.87 Fresh out of jail, Luxemburg turned her attention to Russia, where the Russo-Japanese War88 had shown that
the Tsarist Empire was militarily weaker than many observers had
anticipated and that the revolutionary potential seemed to have been
ripe to create internal turmoil. In May 1904, Luxemburg had already
emphasized the impact this war would have as follows:
»The thunder of the cannons of Port Arthur – which have made the
stock exchanges of Europe tremble convulsively – recall to the intelligible voices of these socialist ideologists of bourgeois society that, in
their fantasies of European peace, they’d forgotten only one thing: modern colonial politics, which have, as of now, gone beyond the stage of
local European conflicts in transporting them to the Great Ocean. The
Russo-Japanese War now gives to all an awareness that even war and
peace in Europe – its destiny – isn’t decided between the four walls of
the European concert, but outside it, in the gigantic maelstrom of world
and colonial politics. And its in this that the real meaning of the current
war resides for social-democracy, even if we set aside its immediate effect:
86 Dath: Rosa Luxemburg, p. 28.
87 Ibid.
88 Frank Jacob: The Russo-Japanese War and Its Shaping of the Twentieth
Century, London/New York 2018.
66
Frank Jacob
the collapse of Russian absolutism. This war brings the gaze of the international proletariat back to the great political and economic connectedness of the world, and violently dissipates in our ranks the particularism,
the pettiness of ideas that form in any period of political calm.«89
In December 1904, when the first major Japanese victories on both
land and sea had been observed, the DSKPiL published a call to the
workers of Russia, especially in its Polish lands, in which the party
board claimed that the »moment has come« for »the workers in Poland« to get rid of the »yoke of Tsarist despotism.«90 It was time to
»win political freedoms« and become part of the civilized world. The
Russo-Japanese War marked the right time for a revolutionary uprising, as »[t]he Tsarist regime, this monstrosity which has been sucking and choking millions of people for centuries, is wavering in its
foundations. The Japanese war exposed the rotting of this monstrosity
and ignited the revolutionary struggle among the broad masses of the
working class in Russia.«91 At the same time, the party leadership emphasized that the revolution needed to be driven by the masses, who
would secure the named political freedoms for all, against a minority
of people who only represented the aristocracy or the interests of the
bourgeoisie.92
The war in East Asia sparked the revolution93 when the regime
reacted violently against the protesters who, led by the priest Georgy
Apollonovich Gapon (1870–1906), had marched to the Tsar’s Winter
89 Rosa Luxemburg: In the Storm (1904), online: https://www.marxists.org/
archive/luxemburg/1904/05/01.htm.
90 Aufruf des Hauptvorstands der Sozialdemokratie des Königreichs Polen und
Litauens (SDKPiL) vom Dezember 1904, in: Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 50–52,
here p. 50.
91 Ibid.
92 Ibid., p. 51.
93 For a detailed and extensive survey of the revolution of 1905 see: Abraham
Ascher: The Revolution of 1905. A Short History, Stanford, CA 2004.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
67
Palace on 22 January 1905 to request his support against the suffering
of the industrial workers and the granting of some popular rights.
Gapon described the events of the day, which would later be remembered as Bloody Sunday and marked the point of no return within the
revolutionary process in 1905,94 as follows:
»The crowd had grown to immense proportions. The men came with
their wives, and some with their children, all in their Sunday clothes; and
I noticed that argument or dispute among them was at once stopped by
such words as, ›This is not the time for talking.‹ Soon after ten we started
upon our journey from just outside the south-western boundary of the
city to its centre at the Winter Palace – the first procession that ever
went through the streets of St. Petersburg to demand of the Sovereign
some recognition of popular rights. It was a dry, frosty morning, typical
of the Russian mild winter. I had warned the men that whoever carried
the banners might fall the first in case of shooting; but in answer to my
invitation a crowd of them rushed forward, fighting for this dangerous
distinction. An old woman, who evidently wished to give her son, a boy
of seventeen, a chance of seeing the Tsar, placed an icon in his hands and
put him in the front rank. In the first row were the men [were] carrying
a large framed portrait of the Tsar … They all marched bareheaded, in
spite of the bitter cold, full of the simple intention of seeing their Sovereign in order, as one of them said, ›to cry out their griefs like children
on the breast of their father.‹«95
When these people were attacked by the Tsar’s Army later that day,
the »bond between the mass of workers and the Tsar’s government
was cut,«96 and the chances for a compromise vanished. Luxemburg
94 The analytical model for revolutions referred to here is described in some detail in Frank Jacob: Mut zur Freiheit. Ein Essay zur Revolution im 21. Jahrhundert, Bielefeld 2021.
95 George Gapon: The Story of My Life, New York 1906, pp. 178–179.
96 Politt: Unter Blitz und Donner, p. 17.
68
Frank Jacob
commented on these events in January 1905 and condemned the reaction of the absolutist ruler in Russia, who »had shown its heroic
greatness by staining the pavement of St. Petersburg with the blood of
the proletariat that was fighting for freedom.«97 However, the workers
who marched to the Winter Palace were only the »alarming harbinger
of the people’s revolution.«98 Spontaneously, in consequence of the
events of 22 January, the revolution had broken out in St. Petersburg and, surprisingly, due to the loyal body of the workers, who
had hoped that the Tsar would react positively to their demands and
grant them some rights as a form of compromise.99 Regardless of such
hopes, the violent answer that day caused a mass strike and the spread
of revolution, although the regime had hoped to be able to suppress
the revolutionary process in the capital.
Luxemburg, almost naturally, »threw herself into agitation throughout Germany«100 on behalf of the Russian workers and also published several articles in Polish about the events. She received her
information from Jogiches and other colleagues in Poland and Russia. Luxemburg was quite enthusiastic about the mass strike and the
active participation of the workers in the revolution.101 In December
1905 she decided to move to Warsaw, where she arrived two days
after the failure of the mass strike, but she remained optimistic that
the revolution could still be successful and wrote about it and the
related events in the following months.102 However, the counter-revolution, after the end of the war in East Asia, began to suppress the
protesters, and in March 1906, although they had not been involved
97 Rosa Luxemburg: Aufstand des Petersburger Proletariats (January 1905), in:
Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 54–59, here p. 56.
98 Ibid., p. 57.
99 Ibid., p. 59.
100 Scott: Introduction, p. 15.
101 Politt: Unter Blitz und Donner, p. 18.
102 Ibid., p. 19.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
69
in any public events, Luxemburg and Jogiches, who had also been
in Warsaw, were arrested. Luxemburg was taken to the prison in
Warsaw Town Hall, before she was later taken to the city’s famous
prison, the Citadel.103 Although Luxemburg had been tarned as a
German journalist with the alias Anna Matschke, the authorities had
eventually found her. In Germany, August Bebel (1840–1913) tried
to use diplomatic pressure to free her, while her Polish comrades
collected 3,000 Rubles for her bail and also made it publicly known
that they would begin to kill Russian officials if Luxemburg were to
be harmed in any way.104
Eventually, the Polish revolutionary was able to leave prison and
moved to Kuokkala in Finland (today’s Repino in Russia), from
where she would sometimes travel to St. Petersburg to meet with
Russian revolutionaries, such as Alexander Parvus (1867–1924) and
Leon Trotsky (1879–1940).105 Although Luxemburg hated hiding and
lacking the freedom of an open revolutionary fight,106 she resided in
Kuokkala under the name of Felicia Budelovich and began to write
her reflections about the Russian Revolution of 1905 as well as her
work on the mass strike.107 In these days, she also debated with Lenin
and his followers about the revolution and its failure, continuing the
theoretical discourse they had had in previous years about its organization and the nature of a possibly more successful revolutionary
movement.108 Grigory Zinoviev (1883–1936) would later remember
Luxemburg as a woman who possessed the »characteristics of a fiery
103 Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 36; Scott: Introduction, p. 16.
104 Dath: Rosa Luxemburg, p. 33; Politt: Unter Blitz und Donner, p. 20; Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, pp. 1–17.
105 Dath: Rosa Luxemburg, pp. 33–34; Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn,
p. 17.
106 Ibid., p. 36.
107 Politt: Unter Blitz und Donner, p. 21.
108 Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, pp. 79–81.
70
Frank Jacob
agitator, a brilliant politician and at the same time [was] one of the
greatest theorists and writers of Marxism united.«109
In August 1906 she expressed her worries about the future of the
revolution, if party structures were to be too decisive for its course,
when she told Luise and Karl Kautsky in a letter, almost prophetically
for Russia in 1917 and Germany in 1918/19: »By God, the revolution
is big and strong if social democracy won’t destroy it!«110 In September
1906 she managed to escape from Finland and got back to Germany.
Although she would never return to Warsaw, her experiences there
during the Revolution of 1905 were important to further strengthen
her views about the role of the masses and their revolutionary potential. She also remained optimistic that although the revolution
had failed this time, there was no alternative. For her, the events in
1905/06 had been proof of the existent class struggle, which needed
to be fought by revolutionary means and not through slow reforms.
She was also sure that a revolution by a minority was not the way to
achieve a socialist society, a view that was even stronger in 1906 than
in the earlier, more theoretical debates with Lenin.111 For Luxemburg,
it was now more than obvious »that immediately after the victory over
the tsarist rule, the proletariat must necessarily seize political power in
the form of a Provisional Government in which proven revolutionary
forces played the leading role.«112 In this position, the proletariat needed to secure the aims of the revolution, i. e. the realization of socialism,
before its course would swing back to a »normal,« non-revolutionary
stage.113 She would later express similar thoughts with regard to the
events of 1917 as well. Her works in relation to the Russian Revolution
109 Cited in ibid., p. 18.
110 Rosa Luxemburg to Luise and Karl Kautsky, August 11, 1906, cited in Politt:
Unter Blitz und Donner, p. 21.
111 Politt: Unter Blitz und Donner, pp. 18–29; Schütrumpf: Zwischen Liebe
und Zorn, p. 18.
112 Politt: Unter Blitz und Donner, p. 31.
113 Ibid.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
71
of 1905, nevertheless, already expressed some of her main theoretical
reflections about the events, pointing to the fact that Luxemburg’s
revolution theory was based on revolutionary practice.
Luxemburg described the events in Warsaw in May 1905 and the
violent reactions of the regime against the workers’ strike movement.114
She described the fear of the absolutist ruler of the power of a revolution by the masses, driven forward like an avalanche, like a proletarian
army whose soldiers had gathered around the flag of social democracy.115 Regardless of the countless victims of the Polish proletariat,
including Marcin Kasprzak (1860–1905), the »martyr« of the workers’
class struggle, the revolution continued on its way forward without
any hesitation.116 The regime at the same time only left »scorched
earth« behind whenever it had to draw back from a defensive line
against the revolutionary movement.117 It used dragoons and cossacks
against the protesters, and could only win because the mass of the
soldiers remained neutral, because they had been locked in their barracks.118 This time, the revolution was unable to gain their support,
but Luxemburg, similarly to Engels before her, remained optimistic
that the soldiers could not be segregated from the revolutionary masses forever but would sooner or later join the revolution as well.119
114 Rosa Luxemburg: Ein Jahr der Revolution (May 27, 1905), in: Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 80–83, here p. 80.
115 Ibid.
116 Rosa Luxemburg: Es Lebe die Revolution!, in: Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 130–132,
here p. 132.
117 Ibid., p. 82. On the cruelties of the counter revolutionary forces in Moscow
see: Rosa Luxemburg: Bewaffnete Revolution in Moskau (January 3,1906),
in: Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger
Politt, Berlin 2015, pp. 146–150, here p. 149.
118 Ibid., p. 150.
119 Ibid.
72
Frank Jacob
For Luxemburg, one central lesson of the events in 1905/06 was
the realization that the working class first and foremost had to rely on
its own strength. It had to learn from the revolutionary processes of
the past and use its knowledge for its future path toward a successful
revolution that would eventually realize the socialist ambition for a
classless society.120 She also compared the events to the French Revolution and considered the Russian Revolution of 1905 to be »a breakthrough in human history.«121 Bloody Sunday had marked the beginning of a »new era in the history of all modern countries,«122 an era
that began of all places in the »Tsarist Empire, the oldest stronghold
of barbarism.«123 It was the general strike in response to the events of
Bloody Sunday that saw the birth of a revolutionary working class
that consciously longed for a change of the existent order.124 Consequently, Luxemburg prophetically announced that the Tsarist regime
would end before the third anniversary of that day, yet this evaluation
was rather too optimistic, especially since the end of the Russo-Japanese War had been achieved early enough to prevent a further increase
in the revolutionary mass movement’s influence. The Tsar had also
announced reforms, although they would ultimately not materialize,
and the promised change turned out to be nothing more than a fraud.
Luxemburg’s actual impressions of the revolutionary process were
vital for her theoretical considerations. It was obvious that social
democracy had to play within the rules of the bourgeois society in
non-revolutionary times, acting within the existent legal boundar120 Rosa Luxemburg: Kritik in der Arbeiterbewegung (January 9, 1906), in:
Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 151–154, here p. 151.
121 Rosa Luxemburg: Das Jahr der Revolution (January 28, 1906), Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 181–187, here p. 181.
122 Ibid., p. 182.
123 Ibid.
124 Ibid., p. 184.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
73
ies of the capitalist system.125 Only the revolution could provide the
context in which these limitations could be overcome and the class
struggle could actually be taken up unchallenged by the proletarian
masses. 126 For Luxemburg, the revolutionary tactics of the working
class consequently had to be based on efforts that would »strive for
the complete and de facto rule of the proletariat, strive for a kind
of political ›dictatorship‹ of the proletariat, admittedly not to bring
about the socialist overthrow, but first of all to achieve the goals of
the revolution.«127 The »dictatorship of the proletariat« Luxemburg
was talking about in 1906 would ultimately hold the power to fulfill the revolutionary ambitions of the working class,128 yet, like Marx
and Engels before her, she does not explain what exactly is meant
by that, but she also believed in the revolutionary potential of the
masses within the climax of this class struggle.129 The events of 1917
would later demand her to reflect on this question again, as will be
shown in some detail later on. It was nevertheless her idea that this
»dictatorship of the proletariat« had to secure the achievements of the
revolution before the revolutionary pendulum would swing back:
»The fighting proletariat must of course have no illusions about the duration of its rule in society. After the end of the current revolution, after
the return of society to «normal» conditions, the rule of the bourgeoisie,
both within the factory and in the state, will in the first phase most certainly push aside and eliminate a large part of what has been achieved in
the current revolutionary struggle. It is all the more important that the
proletariat breaks the strongest breaches in the present situation, that it
125 Rosa Luxemburg: Taktik der Revolution (March 23, 1906), in: Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 204–209, here p. 205.
126 Ibid.
127 Ibid., p. 206.
128 Ibid.
129 Krug/Graf: Zur Aktualität der Organisationstheorie, p. 240.
74
Frank Jacob
revolutionizes the conditions within the factory and in society as far as
possible.«130
Though the term might have remained vague, another article in June
1906 discussed Luxemburg’s position in a bit more detail, and although
she had demanded a »dictatorship of the proletariat,« she emphasized
that this would not mean the rule of a minority:
»The realization of socialism by a minority is absolutely impossible,
since the very idea of socialism precludes the rule of a minority. So the
proletariat will lose power to the majority the next day after its political
victory over tsarist rule. In concrete terms: After the fall of the tsarist
rule, power will pass to the revolutionary part of society, to the proletariat, because this proletariat will occupy all posts and will remain in the
post until power falls into the hands of those legally appointed to do so
in the hands of the new government, which can only be determined by
the constituent assembly, by the legislative body elected by the entire
population.«131
At the same time, Luxemburg had consequently realized that the
masses were not as revolutionary as they needed to be to achieve socialism’s aims: »But in view of the fact that in society it is not the
working class or the proletariat that makes up the majority, but the
petty bourgeoisie and the peasants, there will be no majority of the
social democrats in the constituent assembly, but of the peasant-petty-bourgeois democrats. We may find that unfortunate, but we cannot change it.«132 Sooner or later, society would get back to »normal«
conditions, which was why the revolution had to secure as much so130 Luxemburg: Taktik der Revolution, p. 208.
131 Rosa Luxemburg: Blanquismus und Sozialdemokratie (June 27, 1906), Rosa
Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt,
Berlin 2015, pp. 214–219, here p. 218.
132 Ibid.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
75
cial progress as possible to provide the best possible conditions for the
post-revolutionary order.
The revolution, as Luxemburg outlined in another article, was
therefore just an acceleration of changes that had to be implemented
by the proletariat to secure as much change as they could.133 Her outlook for the future and other revolutions therefore remained naturally
optimistic, as long as the unity of the proletariat could be secured:
»Experience clearly shows that … only the united, concentrated revolution can secure the triumph of democracy, but not the scattered
one, which is torn into isolated constituencies.«134 Ten years after the
Russian Revolution of 1905, in her »Junius Pamphlet,« Luxemburg
provided the following evaluation of the events, and though she considered the revolution had failed, she also thought it to be an important step for revolutionary development on the proletarian path to
socialism:
»The revolution was overthrown, but the very causes that led to its temporary downfall are valuable in a discussion of the position taken by
the German social democracy in this war. That the Russian uprising in
1905–06 was unsuccessful in spite of its unequalled expenditure of revolutionary force, its clearness of purpose and tenacity can be ascribed to
two distinct causes. The one lies in the inner character of the revolution
itself, in its enormous historical program, in the mass of economic and
political problems that it was forced to face. Some of them, for instance,
the agrarian problem, cannot possibly be solved within capitalist society. There was the difficulty furthermore of creating a class state for the
supremacy of the modern bourgeoisie against the counter-revolutionary
opposition of the bourgeoisie as a whole. To the onlooker it would seem
133 Rosa Luxemburg: Praxis der Revolution (September 5, 1906), in: Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 233–238, here p. 234.
134 Ibid., p. 238.
76
Frank Jacob
that the Russian Revolution was doomed to failure because it was a
proletarian revolution with bourgeois duties and problems, or if you
wish, a bourgeois revolution waged by socialist proletarian methods, a
crash of two generations amid lightning and thunder, the fruit of the
delayed industrial development of class conditions in Russia and their
over-ripeness in Western Europe. From this point of view its downfall
in 1906 signifies not its bankruptcy, but the natural closing of the first
chapter, upon which the second must follow with the inevitability of a
natural law.«135
It was part of this »natural law,« to which Luxemburg referred ten
years after her remarks in March 1906, that »[t]he revolution does not
tolerate half measures and drives everything to the ultimate conclusion, unfolds all contradictions.«136 At the same time, she considered
the revolution to be »like a magical force that is able to bring hidden
things to the surface and which, under our conditions, holds an inexorable dilemma: either the camp of social democracy or the camp
of reaction!«137
Having observed the role of the mass strike during the events in
Poland, Luxemburg also emphasized its role, which she considered
to be a consequence, not a means, of revolution.138 It was an essential
element of the revolutionary process, as the Polish revolutionary highlighted in her work »The Mass Strike« (1906) in some detail:
135 Rosa Luxemburg: Die Krise der Sozialdemokratie (1916), online: http://
www.mlwerke.de/lu/luf.htm, V. Aber der Zarismus! English text taken from:
https://www.marxists.org/archive/luxemburg/1915/junius/ch05.htm.
136 Rosa Luxemburg: Unter Einwirkung der Revolution (March 8, 1906), in:
Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06, ed. and transl. by Holger Politt, Berlin 2015, pp. 200–203, here p. 203.
137 Ibid.
138 Dath: Rosa Luxemburg, p. 34.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
77
»The mass strike is the first natural, impulsive form of every great revolutionary struggle of the proletariat and the more highly developed the
antagonism is between capital and labour, the more effective and decisive must mass strikes become. The chief form of previous bourgeois
revolutions, the fight at the barricades, the open conflict with the armed
power of the state, is in the revolution today only the culminating point,
only a moment on the process of the proletarian mass struggle. … History has found the solution in a deeper and finer fashion: in the advent
of revolutionary mass strikes, which, of course, in no way replaces brutal
street fights or renders them unnecessary, but which reduces them to a
moment in the long period of political struggle, and which at the same
time unites with the revolutionary period and enormous cultural work
in the most exact sense of the words: the material and intellectual elevation of the whole working class through the «civilising» of the barbaric
forms of capitalist exploitation.«139
Luxemburg’s ideas did not reach the majority of the SPD when she
presented her thoughts at the Party Congress in 1906, but it laid the
foundations, as Jörn Schütrumpf remarked, for the party’s left in the
years to come. Although Luxemburg had not intended a division of
the party, her theoretical reflections put the finger into a wound that
would decide the fate of the SPD, namely a struggle between the
revolutionary and anti-imperialist forces in the party and its conservative leadership.140 To prevent the »blind obedience« of the masses
in the event of another revolutionary attempt, Luxemburg argued for
education that was not only supposed to generate »incitement to fight
on the basis of indignant feelings of injustice,«141 but also provide a
form of socialist enlightenment. In 1917, however, she would witness
139 Rosa Luxemburg: The Mass Strike (1906), online: https://www.marxists.org/
archive/luxemburg/1906/mass-strike/ch07.htm.
140 Jörn Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 41.
141 Dath: Rosa Luxemburg, p. 36.
78
Frank Jacob
another revolution and as it must have seemed, the revolutionary enlightenment was still far away.
The Russian Revolution of 1917
The Russian Revolution in 1917 sparked not only Luxemburg’s hopes
for world revolution but also the dreams for an ex oriente lux among
many left intellectuals of her time.142 The revolutionary events in
Russia also pointed toward the First World War nearing its end, and
global protest movements against the war seemed to emphasize the
potential for a world revolution.143 Luxemburg herself also considered the events to continue the revolution of 1905,144 especially since
she had emphasized in her writings related to these events that the
revolutionary process would be continued at a later moment in time.
When she heard the news about the Russian Revolution in 1917 while
still in prison, Luxemburg was excited. In a letter to Hans Diefenbach (1884–1917) from March, she wrote: »You can imagine what a
turmoil [the news from] Russia has stirred within me. So many old
friends who have been languishing in prison for years in Moscow, in
St Petersburg, Orel or Riga are now walking around free. How much
that lightens the burden for me sitting here! … I am content with it
and do not begrudge them their freedom even if my chances have
142 For a broader discussion see Frank Jacob/Riccardo Altieri (Eds.): Die Wahrnehmung der Russischen Revolutionen 1917. Zwischen utopischen Träumen und erschütterter Ablehnung, Berlin 2019.
143 Francis L. Carsten: Revolutionary Situations in Europe 1917–1920, in: Francis L. Carsten: Essays in German History, London 2003, pp. 283–293, here
p. 283. For a global perspective see Marcel Bois/Frank Jacob (Eds.): Zeiten
des Aufruhrs (1916–1921). Globale Proteste, Streiks und Revolutionen gegen
den Ersten Weltkrieg und seine Auswirkungen, Berlin 2020.
144 Rosa Luxemburg, Zur russischen Revolution (1918), in: GW, vol. 4, pp. 332–
365, here p. 336.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
79
become so much the worse as a direct result.«145 However, and not
only because she was imprisoned, »the revolution was personal, organizational and theoretical, with those aspects often hard to untangle
from each other.«146 She was still, regardless of her former experiences, convinced that a successful revolution was possible and could not
only end the slaughtering of the First World War but also lay the
ground for a better world built according to the values of a democratic socialism, especially since the »concept of freedom remained central
and galvanizing.«147
Luxemburg expressed these hopes in a letter to Sophie Liebknecht
(1884–1964) in mid-November 1917: »[D]espite all the terrible things
going on in the world. You know […], the longer it takes and the
more the wicked and monstrous things that happen every day exceed
all limits and dimensions, the calmer and firmer I become inwardly,
as one cannot apply moral standards towards an element, a blizzard
[buran], a flood of water, a solar eclipse, but must just consider them
as something given, as an object of research and knowledge.«148 Luxemburg had come to the conclusion that it made no sense to resist
against the whole of humanity, but instead had to follow the course of
history without losing one’s own direction. In addition, she felt that
the revolution was near: »I have the feeling that all of this moral mud
through which we wade, this great lunatic asylum in which we live,
can suddenly and overnight, as if through a magic wand, turn into
the opposite, into something enormously great and heroic, and – if
the war will last a few more years – must turn.«149 The war would, ac145 Letter to Hand Diefenbach, March 1917, in: Georg Adler/Peter Hudis/Annelies Laschitza (Eds.): The Letters of Rosa Luxemburg, trans. George Shriver,
London 2013, p. 381, cited in Mills: Rosa Luxemburg, p. 138.
146 Mills: Rosa Luxemburg, p. 138.
147 Ibid.
148 Letter to Sophie Liebknecht, mid-November 1917, in: Rosa Luxemburg:
Briefe aus dem Gefängnis, 20th edition, Berlin 2019, pp. 87–94, here p. 88.
149 Ibid., S. 88–89
80
Frank Jacob
cording to Luxemburg’s considerations, inevitably lead to revolution
and wash away everything to create a new and better world.150 It was
therefore only necessary to survive these few fatal years and to keep up
the hope for the future but not so distant revolution.151
When the first news about the revolutionary events eventually arrived in Germany, Luxemburg was happy, but also careful not to join
a theoretical debate too early and without proper information about
the actual developments.152 She tried to remain calm and read the
news carefully, as she was never really cut off from the events and was
fully aware of what was happening in the world outside of her prison
cell.153 An event that really shocked her, however, was the Treaty of
Brest-Litovsk in March 1918, as it made agents of German imperialism
out of Lenin and his revolutionary politics. The »union of the Bolsheviki with Germany« was perceived as a »scary ghost«154 as it turned
the defense of revolutionary ideals into a surrender and eventually
support for the counter-revolution. Luxemburg was sure that only
the »proletarian world revolution«155 could end the war, not a separate
peace with the forces of capitalism, imperialism, and militarism. In
her article »The Russian Tragedy« (1918),156 Luxemburg would consequently harshly criticize the peace treaty:
150 Ibid., S. 89.
151 Letter to Sophie Liebknecht, [Breslau,] November 24, 1917, in: ibid., pp. 95–
99., here pp. 96–97.
152 Letter to Sophie Liebknecht, Breslau, mid-Dezember 1917, in: ibid., pp.100–
108, here p. 100.
153 Jörn Schütrumpf (Ed.), Diktatur statt Sozialismus. Die russische Revolution und die deutsche Linke 1917/18, Berlin 2017.
154 Rosa Luxemburg, Brennende Zeitfragen, in: GW 4, p. 278.
155 Ibid., 277.
156 Rosa Luxemburg: Die russische Tragödie, in: Jörn Schütrumpf (Ed.): Diktatur statt Sozialismus. Die russische Revolution und die deutsche Linke
1917/18, Berlin 2017, pp. 358–364. English take from https://www.marxists.
org/archive/luxemburg/1918/09/11.htm. My emphasis.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
81
»Their [the Bolshevikis’] decision was dictated by two revolutionary
viewpoints: by the unshakable faith in the European revolution of the
proletariat as the sole way out and the inevitable consequence of the
world war, and by their equally unshakable resolve to defend by any
means possible the power they had gained in Russia, in order to use it
for the most energetic and radical changes. And yet these calculations
largely overlooked the most crucial factor, namely German militarism,
to which Russia surrendered unconditionally through the separate peace.
The Treaty of Brest-Litovsk was in reality nothing but the capitulation of
the revolutionary Russian proletariat to German militarism.«157
Luxemburg continued her sharp evaluation of the peace treaty when
she outlined its consequences for the Russian Revolution and the international proletariat alike:
»[T]his has meant a number of things. In the first place, the strangulation of the revolution and the victory of the counter-revolution in the
revolutionary strongholds of Russia. […]
Secondly, this means the isolation of the Great Russian part of the revolutionary terrain from the grain-growing and coal-mining region and
from the sources of iron-ore and naphtha, that is, from the most important and vital economic resources of the revolution.
Thirdly, the encouragement and strengthening of all counter-revolutionary elements within Russia, thus enabling them to offer the strongest
resistance to the Bolsheviks and their measures.
Fourthly, Germany will play the role of arbiter in Russia’s political and
economic relation with all of its own provinces: Finland, Lithuania, the
Ukraine and the Caucasus, as well as with the neighbors, for example
Rumania.
The overall result of this unrestricted and unlimited German power over
Russia was naturally an enormous strengthening of German imperialism
157 Ibid.
82
Frank Jacob
both internally and externally, and thereby of course a heightening of
the white-hot resistance and war-readiness of the Entente powers, i. e.
prolongation and intensification of the world war.«158
Although her article was published in the Spartakusbriefe (Spartacus
Letters) in September 1918, editor Ernst Meyer (1887–1930) published
Luxemburg’s discussion together with an editorial notice that relativized her criticism.159
The imprisoned Luxemburg was furious about this procedure and
wrote another article that was not accepted by Meyer for publication
at all, which is why she eventually decided to work on a full-length
manuscript about the Russian Revolution. The basis for this work was
articles from German and Russian newspapers and brochures about
the events. It was friends who provided her with those materials, and
Luxemburg was as well informed in prison as anyone else would
have been in freedom.160 So, eventually, the revolutionary intellectual
worked on her reflections about yet another revolution and the politics
of Lenin and the Bolsheviki who had supposedly taken over its process and progress. The manuscript remained unfinished and was not
published before 1922 in an edition by Paul Levi (1883–1930). American historian Eric D. Weitz has highlighted that, »[w]ritten within
months of the Bolshevik Revolution and while she still languished in
prison, the oft-cited passages [from the manuscript] offer some of the
finest expressions of her democratic sensibilities.«161 Weitz continues
his evaluation of the text by pointing out that Luxemburg »provided a vision of a participatory socialism that echoed the humanism
of the early Marx, and a sweeping critique of bureaucratic socialism
158 Ibid.
159 Annelies Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem. Rosa Luxemburg –
Eine Biographie, 2nd edition, Berlin 1996, pp. 570–571.
160 Rosa Luksemburg: Rukopis o russkoi rewoluzii, in: Woprossy istorii (Moskau), Nr. 2, Februar 1919, S. 3–33 cited in ibid., p. 571.
161 Weitz: »Rosa Luxemburg Belongs to Us!«, p. 27.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
83
that many subsequent commentators have lauded for its predictive
powers.«162 Of course, the Polish revolutionary was involved not only
theoretically but also emotionally, as she had hoped for another revolution to end the war and to pave the way to socialism.
Nevertheless, and maybe due to the fact that Luxemburg herself
would not witness the further rise of Leninism and Stalinism in later
years, her work was ambivalent, in the sense that it praised the revolutionary initiative of the Bolsheviki but at the same time criticized
some of their activities, e.g. their dealings with the national question
and the private land ownership of the peasants.163 Luxemburg was well
aware that there would be no easy way toward revolution and that, as
German historian Manfred Kossok later worded it, »no revolution
remains a nice revolution.«164 However, she could not hold back her
criticism considering that the Bolsheviki had neither established socialism nor the dictatorship of the proletariat, but, if anything, only
a caricature of the latter.165 She criticized the terror, and her acts, as
Annelies Laschitza emphasized, »sprang from her absolute solidarity
with the Russian Revolution as the most formidable fact in world
history and from her concern for the fate of the world revolutionary process of liberation from imperialism and war.«166 Like Kautsky,
who in contrast to Luxemburg could actually participate in the public
discussion about the revolution,167 Luxemburg focused on the relationship between democracy and dictatorship while being convinced
162 Ibid.
163 Kalbe: Rosa Luxemburg zur nationalen Problematik, p. 190.
164 Manfred Kossok: Requiem auf die schöne Revolution, in: Manfred Kossok:
Sozialismus an der Peripherie. Späte Schriften, ed. by Jörn Schütrumpf, Berlin 2016, pp. 23–28, here p. 25.
165 Letter to Julian Marchlewski, September 30, 1918, cited in Laschitza: Im
Lebensrausch, p. 573.
166 Laschitza: Im Lebensrausch, p. 574.
167 Karl Kautsky: Demokratie oder Diktatur, Berlin 1918. On the discourse see
Frank Jacob: 1917. Die korrumpierte Revolution, Marburg 2020, pp. 149–
202.
84
Frank Jacob
»that socialism could only succeed if it emerged from a world revolutionary upheaval and if it were the work of the popular masses.«168
In »The Russian Revolution,« Luxemburg emphasized that the
world could now observe its first experiment with the »dictatorship
of the proletariat«:
»Clearly, not uncritical apologetics but penetrating and thoughtful criticism is alone capable of bringing out treasures of experiences and teachings. Dealing as we are with the very first experiment in proletarian
dictatorship in world history (and one taking place at that under the
hardest conceivable conditions, in the midst of the world-wide conflagration and chaos of the imperialist mass slaughter, caught in the coils of
the most reactionary military power in Europe, and accompanied by the
most complete failure on the part of the international working class), it
would be a crazy idea to think that every last thing done or left undone
in an experiment with the dictatorship of the proletariat under such abnormal conditions represented the very pinnacle of perfection. On the
contrary, elementary conceptions of socialist politics and an insight into
their historically necessary prerequisites force us to understand that under such fatal conditions even the most gigantic idealism and the most
storm-tested revolutionary energy are incapable of realizing democracy
and socialism but only distorted attempts at either.«169
Luxemburg therefore demanded critical studies of the Russian revolutionary process, as both German and international workers could
learn a lot from it.170 Further on, she does not paint a positivistic
image of the revolution, but she made it clear that »[t]he ›golden
mean‹ cannot be maintained in any revolution. The law of its nature
168 Laschitza: Im Lebensrausch, p. 575.
169 Rosa Luxemburg: Die Russische Revolution. Eine kritische Würdigung, ed.
and introd. by Paul Levi, Berlin 1922, pp. 70–71. English taken from https://
www.marxists.org/archive/luxemburg/1918/russian-revolution/ch01.htm
170 Ibid., p. 73.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
85
demands a quick decision: either the locomotive drives forward full
steam ahead to the most extreme point of the historical ascent, or it
rolls back of its own weight again to the starting point at the bottom;
and those who would keep it with their weak powers half way up the
hill, it drags down with it irredeemably into the abyss.«171 She valued
the Bolshevikis’ decision to take power into their own hands and to
establish the »dictatorship of the proletariat.«172 Luxemburg emphasized in this regard that the »October uprising was not only the actual
salvation of the Russian Revolution; it was also the salvation of the
honor of international socialism.«173
In addition, Luxemburg was willing to accept the conditions under which the revolutionary process developed in Russia, writing that
»It would be a sorry jest indeed to demand or expect of Lenin and his
comrades that, in the brief period of their rule, in the center of the
gripping whirlpool of domestic and foreign struggles, ringed about by
countless foes and opponents – to expect that under such circumstances
they should already have solved, or even tackled, one of the most difficult tasks, indeed, we can safely say, the most difficult task of the socialist
transformation of society! Even in the West, under the most favorable
conditions, once we have come to power, we too will break many a
tooth on this hard nut before we are out of the worst of the thousands
of complicated difficulties of this gigantic task!«174
171 Ibid., p. 80.
172 Ibid., p. 81. On the term and its political implications in Soviet Russia and
the early Soviet Union see Mike Schmeitzner: Lenin und die Diktatur des
Proletariats. Begriff, Konzeption, Ermöglichung, in: Totalitarismus und Demokratie. Zeitschrift für Internationale Diktatur- und Freiheitsforschung
14/2017, no. 1, pp. 17–69.
173 Luxemburg: Die Russische Revolution, p. 81.
174 Ibid., p. 84.
86
Frank Jacob
However, and regardless of this praise, Luxemburg also criticized
some elements of Bolshevik policies as being anti-socialist, especially,
and as mentioned before, the questions related to nationalism and
land possession.175 What was missing from Luxemburg’s point of view
were two things she had previously defined as essential for every revolutionary process, namely enlightenment in the sense of education for
the masses and absolute freedom for everyone. She argued that education would be »the most essential thing: bourgeois class rule has no
need of the political training and education of the entire mass of the
people, at least not beyond certain narrow limits. But for the proletarian dictatorship that is the life element, the very air without which it
is not able to exist.«176 And in probably her most often cited quote of
the work, she demanded freedom: »Freedom only for the supporters
of the government, only for the members of one party – however
numerous they may be – is no freedom at all. Freedom is always and
exclusively freedom for the one who thinks differently. Not because
of any fanatical concept of ›justice‹ but because all that is instructive, wholesome and purifying in political freedom depends on this
essential characteristic, and its effectiveness vanishes when ›freedom‹
becomes a special privilege.«177
This, however, was not simple lip service but »very serious« (bitterernst) for her, as Jörn Schütrumpf has highlighted, and »not for reasons of shallow morality or stupid suicidal fairness. It was really about
freedom for all sides, and not just about freedom ›for the revolutionary class,‹ for the workers.«178 An »emancipation with anti-emancipatory means«179 was unthinkable for Luxemburg. Freedom for all
was ultimately the conditio sine qua non for Luxemburg’s revolution
theory, and in revolutionary practice she would not accept a corrup175 Ibid., pp. 84–106.
176 Ibid., p. 108.
177 Ibid., p. 109.
178 Schütrumpf: Zwischen Liebe und Zorn, p. 65.
179 Ibid., p. 66.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
87
tion of the revolutionary process by any kind of minority. Regardless
of these considerations, the Luxemburgian idea of freedom was often
perverted after her death to fit a cause or claim.180 German scholar
Michael Brie therefore pointed out three elements of Luxemburg’s
ultima ratio: »1. freedom that is not a universal freedom for each individual is not freedom but a privilege, of few or of many. […] 2. Freedom is a precondition for modern social progress. […] 3. Freedom is
always the freedom of the dissenter.«181 Those who did not respect the
precondition of freedom during a revolutionary process acted against
democratic and socialist values.182
Lenin might have realized that the centuries of degradation of the
masses could not simply be reverted in an instant, but Luxemburg
criticized the methods the leader of the Bolsheviki had chosen to imply the socialist change, because, as Luxemburg emphasized, neither
Kautsky’s idea of democracy nor Lenin’s idea of dictatorship complied
with truly socialist politics.183 What would ultimately remain in place
in Soviet Russia was simply a dictatorship by a small group of party
members, led and further centralized by Lenin.
»In place of the representative bodies created by general, popular elections, Lenin and Trotsky have laid down the soviets as the only true
representation of political life in the land as a whole, life in the soviets
must also become more and more crippled. Without general elections,
without unrestricted freedom of press and assembly, without a free
struggle of opinion, life dies out in every public institution, becomes
180 Michael Brie: Die Freiheit ist immer die Freiheit der anderen. Zur sozialphilosophischen Dimension von Rosa Luxemburgs Kritik an den Bolschewiki,
in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa Luxemburg. Historische und
aktuelle Dimensionen ihres theoretischen Werkes, 2nd edition, Berlin 2009,
S. 66–69, here p. 66.
181 Ibid., pp. 66–67.
182 Brie: Rosa Luxemburgs Symphonie, p. 2.
183 Luxemburg: Die Russische Revolution, p. 115.
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a mere semblance of life, in which only the bureaucracy remains as the
active element. Public life gradually falls asleep, a few dozen party leaders of inexhaustible energy and boundless experience direct and rule.
Among them, in reality only a dozen outstanding heads do the leading
and an elite of the working class is invited from time to time to meetings
where they are to applaud the speeches of the leaders, and to approve
proposed resolutions unanimously – at bottom, then, a clique affair – a
dictatorship, to be sure, not the dictatorship of the proletariat but only
the dictatorship of a handful of politicians, that is a dictatorship in the
bourgeois sense, in the sense of the rule of the Jacobins (the postponement of the Soviet Congress from three-month periods to six-month
periods!) Yes, we can go even further: such conditions must inevitably
cause a brutalization of public life: attempted assassinations, shooting of
hostages, etc.«184
Lenin’s Bolsheviki had consequently turned out to be a Blanquist party rather than a social democratic party whose task it would be to
guide the masses to their own revolutionary potential, to help them
to seek freedom and power on their own. Luxemburg therefore considered the revolution per se to be a mighty teacher for the masses,
as each revolutionary process would lead them to realize their own
capabilities. Therefore, the purpose of any revolutionary party activity should be nothing more than activating the masses’ revolutionary
conscience. Instead, Lenin and the Bolsheviki limited the freedom of
the masses in the post-revolutionary order that had been established
in post-revolutionary Russia.185 Schütrumpf is right when he consid184 https://www.marxists.org/archive/luxemburg/1918/russian-revolution/ch06.
htm, ch. 6.
185 Wolfgang Fritz Haug: Revolutionärer Determinismus? Notiz zum Fokus der
Luxemburgschen Dialektik, in: Klaus Kinner/Helmut Seidel (Eds.): Rosa
Luxemburg. Historische und aktuelle Dimensionen ihres theoretischen
Werkes, 2nd edition, Berlin 2009, pp. 53–65, here pp. 60–61; Schütrumpf:
Zwischen Liebe und Zorn, p. 70.
Revolution Theory and Revolutionary Practice
89
ers Luxemburg’s idea of a revolution to be an organic one in which
the revolutionary potential had to react like a body that united the
full potential of the masses to move as a whole, and the revolution as
such would grow out of the revolutionary experiences of the past.186
Luxemburg’s work about the Russian Revolution was consequently
also a »passionate plea for a socialist democracy in which the masses
act as an independent revolutionary subject – supported by the party,
but not dominated.«187 At the end of her prison time in Germany in
late 1918, she hoped that this revolutionary project could probably still
be realized,188 although she had realized and emphasized that the revolution would react according to its own dynamics and could not just
be »initiated.«189 This would become one of the problems Luxemburg
would have to face during the German Revolution of 1918/19 as well.
Conclusion
Rosa Luxemburg was a true revolutionary, whose theoretical reflections were not only based on Marx’s and Engels’s writings but also
on her practical experiences during the Russian Revolution of 1905.
She consequently considered her revolutionary concept as a work in
progress and did not only demand that others understand revolutions
as a possibility to learn something about historical processes. Luxemburg never lost her revolutionary enthusiasm, and while she kept
an open mind to learning new things due to both living through and
thinking about revolutions, she could not accept the corruption of
two basic elements she considered essential: freedom and democracy.
This brought her posthumously into conflict with Lenin and those
186 Ibid., pp. 70–71.
187 Kemmerer: Rosakind, p. 45.
188 Letter to Sophie Liebknecht, Breslau, October 18, 1918, in: Luxemburg:
Briefe aus dem Gefängnis, p. 131.
189 Laschitza: Im Lebensrausch, pp. 576–577.
90
Frank Jacob
who needed to deny her the standing and rank of a brilliant socialist
intellectual, and who rather damned her to be remembered as a woman who failed or a socialist who was, like Lenin or Stalin, nothing
more than a totalitarian mind longing for power. Luxemburg was and
still is more than that and will continue to inspire those who keep an
open mind, consider freedom to be the basis for human coexistence,
and demand a revolution to reach a better and juster world, expressed
by a truly democratic socialism.
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Essential Rosa Luxemburg. Reform or Revolution & The Mass Strike, Chicago, IL 2007, pp. 37–40.
96
Frank Jacob
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für die ermordete Revolutionärin? (Reihe Gesprächskreis Geschichte, 44),
Bonn 2002, pp. 9–15.
4.
World Revolution and its Requirements
On the National Right to Self-determination,
Autonomy, and the Accumulation of Capital
Hedwig Lieback
Before German officers murdered Rosa Luxemburg in January 1919,
she devoted her life to the promotion of socialism, anti-imperialism,
and anti-militarism. While she was a prolific writer of shorter articles,
polemics, and party commentaries, two of her best-known works deal
with the so-called »national question« in light of capitalist development, a question that was on her mind throughout her political career.
This essay is based on these two works: »The National Question and
Autonomy«1, first published as a series of articles in Przegląd Socjaldemokratyczn (Social Democratic Review), and »The Accumulation of
Capital.«2 My primary focus will lie on the first of these two works.
Rosa Luxemburg’s assessment of this question can be read both considering the specific Polish-Russian situation she was commenting on
in 1908 and in a broader context of different forms of burgeoning
nationalisms in Europe at the beginning of the 20th century. Her understanding of capital accumulation, imperialism, and the meaning
of self-determination in the context of certain social and economic
constraints make her account compelling from a normative point of
view. While many of her contemporaries – Lenin (1870–1924) among
them – criticized her heavily for generalizing her »Krakow horizon«
to assess the viability and dangers of national self-determination, I argue that her narrowly tailored local analysis offers insightful angles on
1
2
Rosa Luxemburg: Nationalitätenfrage und Autonomie, Berlin 2018.
Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals, Berlin 1923.
98
Hedwig Lieback
»the national question« that go beyond the specific historical context
and have broader implications for socialist theory. Drawing from her
observations of large, multi-ethnic empires and the perks of centralized government, she develops an account of local self-governance
that does not reject but rather contributes to a broader state-building
project.
In the early 20th century, Poland was divided into three parts. The
three consecutive partitions occurred in the 18th century and eventually dissolved the Polish-Lithuanian Commonwealth.3 At the time
of the publication of »National Question« (Nationalitätenfrage), one
of the parts was under Prussian and then – after the German unification – German rule, one under Tsarist Russian rule, and one under
Austro-Hungarian rule.4 Following the partitions, Poland stayed divided until 1918, creating tensions between the Poles and the respective ruling powers in each part of the former Polish-Lithuanian Commonwealth.5 Luxemburg’s engagement with Polish sovereignty, the
lack thereof, and the possibilities and limits of the Polish proletariat
in revolutionizing society were shaped by her upbringing as a child of
a bourgeois Jewish family rooted in Zamość who later moved to Warsaw.6 Since 1809, Zamość had been under Russian control, and while
»the Jewish community […] suffered under Russian rule, […] they
were able to maintain and develop a thriving cultural and religious
life, giving the city a disproportionately important role in Polish-Jew-
3
Justin Corfield: Partitions of Poland, in Facts on File (Eds.): World History.
A Comprehensive Reference Set, New York 2016.
4 Dieter Bingen: Polnische Geschichte vom Anfang bis zur Wiederherstellung der Staatlichkeit 1918, Bundeszentrale für Politische Bildung, 10.2.2009.
Online: https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutsch-polnische-be
ziehungen/39751/geschichte-polens-bis-1918?p=1.
5 Ibid.
6 Rory Castle: »You Alone Will Make Our Family’s Name Famous.« Rosa
Luxemburg, Her Family and the Origins of her Jewish-Polish Identity, in:
Praktyka teoretyczna 06/2012, pp. 96–97; 104.
World Revolution and its Requirements
99
ish culture.«7 Rory Castle assumes that Luxemburg’s grandfather and
other assimilated Jews supporting the Haskalah8 »were enthusiastic in
their support« for anti-Russian Polish resistance and eager to prove
their allegiance to their home country.9 Like her grandfather, Luxemburg’s father was also »a leading member of the reformist Jewish
community in the city.«10 This embeddedness in both Jewish congregational life and Polish civic life under Russian rule led to support for
Polish independence within the Luxemburg family while also elevating the importance of the religious cultural heritage.11 The local rootedness of the Luxemburg family was accompanied by multilingualism,
as they spoke Polish, German, and Yiddish and »had contacts with
like-minded people around Poland, and in Austria and Germany.«12
Thus, the environment Luxemburg was brought up in was both decidedly ›Polish‹ and firmly international.
Having witnessed the 1863 Rising against Russia and its failure,
Rosa Luxemburg did not join the chorus advocating for another
armed uprising for the cause of Polish independence.13 After seeing
the military supremacy of the Russian army, »Luxemburg’s conclusion
was that the struggle for the restoration of the Polish state must be
abandoned.«14 For her, the distribution of power rendered the likelihood of success minimal, which is why different coalitions needed
to be organized and another kind of struggle needed to be priori7
8
9
10
11
12
13
14
Ibid., p. 97.
According to Sara Karesh and Mitchell Hurvitz’s definition, »the Haskalah
[…] was the Jewish version of the European Enlightenment; it began in the
1770s and continued for the next 100 years« (Haskalah, in Encyclopedia of
World Religions: Encyclopedia of Judaism, Facts on File, 2nd edition, New
York 2016).
Castle: »You Alone«, p. 99.
Ibid., pp. 101–102.
Ibid., pp. 99–103.
Ibid., 102–103.
Ibid., pp. 108–109.
Ibid., p. 109.
100
Hedwig Lieback
tized. This stance led her to break with the Polish Socialist Party (PPS),
which connected »the demands for socialism with the restoration of
Poland.«15 Both strategically and morally, the connection of national
liberation with socialism was regarded as a »betrayal of workers’ interests, as a watering down of the socialist idea« by Luxemburg and
her party colleagues from the Social Democracy of the Kingdom of
Poland and Lithuania (SDKPiL).16
Rosa Luxemburg conceptualized class struggle primarily from an
international perspective. For her, any revolution should also always
contribute to world revolution. Her analyses started from the goal
of a world of classless societies and defined this goal with reference
to specific historical situations. She was interested in a method that
allowed for a balancing of the self-determination of specific national
or ethnic groups with the broadest possible progress and development. In »Nationalitätenfrage,« Luxemburg denaturalizes nationality
to some extent. For her, the cultural components of sharing a language and sometimes – though not always – a geographic space and
certain cultural practices are the most important markers of ethnicity
and/or nationality. Therefore, these terms will be used interchangeably and operate independently of nation-states. In her analysis of the
»national right to self-determination,« she points out that nations are
not something metaphysical generating a sacred right but are always
bound by their capacity (or the lack thereof ) to defend themselves.17
When writing about the aspects of social life that constitute ›nations,‹
she emphasizes »the respective language and intellectual culture of
any one nationality.«18 The aim of her socialist project moves beyond
15 Holger Politt: Rosa Luxemburgs »Krakauer Horizont,« in: Rosa Luxemburg:
Nationalitätenfrage und Autonomie, Berlin 2018, p. 11. Translations from
German, if not stated otherwise, are my own.
16 Ibid., p. 11.
17 Rosa Luxemburg: Nationalitätenfrage und Autonomie, Berlin 2018, p. 83.
18 Ibid., p. 223.
World Revolution and its Requirements
101
the aims of any one nation-state and towards an internationalism of
classless societies.
To illuminate her analytical angle, her specific concerns, and her
harsh criticism of the formula of »a nation’s right to self-determination,« I will connect her specific take on the Polish question to
her later theory of capital accumulation. This theory underlines the
global dimensions of capitalist development and the subsequent consequences for any national struggle within an internationalized economic system. I disagree with the criticism that Robert O’Brien and
Michael Forman have voiced about her works when they argue that,
for Luxemburg, »socialism and nationalism were incompatible.«19
While she believed that militarist European and capitalist expansionist nationalism were incompatible with socialism, her writings on national autonomy and self-governance reveal a complex understanding
of the importance of cultural identities. When following this line of
her thought, oppressive regimes demanding the assimilation or acculturation of a subject-population such as colonial governments and
also state-socialist regimes privileging one national culture within
multi-ethnic empires20 have to be opposed when regional languages
and cultures are oppressed. Because of this sensitivity to cultural variety, anti-colonial thinkers point to Luxemburg’s work both because
of her analysis of imperialism and her attentiveness regarding the role
and importance of cultural sovereignty when debating questions of
self-determination and protection from coercion.21 According to her
19 Michael Forman referenced in Robert O’Brien: Revisiting Rosa Luxemburg’s
Internationalism, in: Journal of International Political Theory 19/2019, no. 3,
p. 9.
20 The Serbian domination of Yugoslavia and the Russian domination of the
Soviet Union come to mind here.
21 Jie-Hyun Lim: Rosa Luxemburg on the Dialectics of Proletarian Internationalism and Social Patriotism, in: Science & Society 59/1995–96, p. 500;
Kanishka Chowdhury: Rosa Luxemburg’s »The Accumulation of Capital«,
Postcolonial Theory, and the Problems of Present Day Imperialisms, in:
New Formations 94/2018, pp. 145–147.
102
Hedwig Lieback
perspective, nationalism – if it should serve progressive ends – must
be thought of and enacted following socialist principles.
To emphasize her internationalist commitments, I will provide a
brief sketch of the main argument in »Die Akkumulation des Kapitals« (The Accumulation of Capital), and then turn towards her
understanding of capitalist nationalisms emerging in the 19th century and their consequences for the working class. In the second part
of this chapter, I will analyze Luxemburg’s fierce opposition to the
phrase of »national self-determination« as a viable political guiding
principle for her party, the SDKPiL.22 In response to this, she develops an alternative and contrasts »the right of self-determination«
with local autonomy and self-government. Here, her broader theoretical aims and principles meet concrete infrastructure and governance
requirements such that theory and practice converge. I will briefly
address how her commitments to social democracy relate to ideas of
self-determination and how her answers to the national question are
connected to notions of progress, regress, and solidarity. To conclude,
I will discuss the historical context in which she was writing, address
the contemporary interest in Luxemburg’s work on nationalism and
internationalism, and try to connect this to contemporary discussions
on the idea that tackling capitalism on a national basis only is at best
a first step and at worst a futile effort.
22 Holger Politt in Rosa Luxemburg: Nationalitätenfrage und Autonomie,
Berlin 2018, p. 12.
World Revolution and its Requirements
103
The Intertwined and Global Dimensions of Capitalism
Luxemburg’s work, according to Stephen Morton, »emphasizes how
the capitalist economy is at one and the same time a world economy.«23 This becomes especially clear when reading »The Accumulation of Capital« where she describes the process by which »capital
rummages through the entire world, wrangles means of production
from all corners of the earth« and obtains access to more and more
raw materials, cheap labor, and formerly non-capitalist spaces.24 She
perceives Marx’s analysis as short-sighted because he »sets out to describe the accumulative process on the assumption that the capitalists and the workers are the sole agents of capitalist consumption.«25
This account, for her, is deficient because it does not consider that
the realization of surplus requires a non-capitalist periphery where
capital will inevitably move to once the market in already capitalist
societies is »saturated.« Capitalism in its »full maturity is in every respect dependent on the simultaneous existence of non-capitalist strata
and societies.«26 Because of this interdependence, Luxemburg argues
that »modern capitalist development is incompatible with an actual
becoming-independent of all nations.«27 To her, then, the notion of
capitalist nationalism is a contradiction in terms.
This emphasis on the role of the ›periphery‹ and of ›free‹ but exploited labor in the core of global capitalism has frequently been analyzed with a focus on the racial subjugation of the peripheral populations, their resources that are frequently expropriated by colonial
powers, and the potential for conflict between workers in the center
23 Stephen Morton: Capital Accumulation and Debt Colonialism after Rosa
Luxemburg, in: New Formations 94/2018, p. 84.
24 Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals, Berlin 1923, pp. 279–280.
25 Quoted in Morton: Capital Accumulation, p. 86.
26 Luxemburg: Akkumulation des Kapitals, p. 286.
27 Luxemburg: Nationalitätenfrage und Autonomie, p. 68.
104
Hedwig Lieback
and the periphery.28 Ingo Schmidt emphasizes how Luxemburg’s analysis in »The Accumulation of Capital« observed and anticipated how
those peripheral populations are pitted against the European proletariat in the center and summarizes: »This form of capital accumulation
which was dependent on external colonization had to find its limits
in the partition of the world among a handful of colonial powers.
Thus, Luxemburg concluded, it would come to economic stagnation
and heightened competition and subsequently to an intensification of
international conflicts and class wars.«29 Prior to the outbreak of open
conflict, however, »there is constant change in the power relations
between different capitalist countries. Driven by competition, capital
shifts from one country to the next, constantly transforming the international division of labour in the process. As a result, the political
situation becomes extremely unstable.«30 This notion of instability
shaped European politics in the late 19th and early 20th century until
the cumulation of tension resulted in the First World War.
Capitalist Nationalism
Luxemburg understands »nations« as historical constructs and contends that »affording all […] ethnic groups or nationalities the possibilities of actual ›self-determination‹ is, in light of the historical development of contemporary societies, a utopia.«31 For her, »the fact
of the matter is that all former states are, without exception, […]
28 See, for example, Gargi Bhattacharyya: Rethinking Racial Capitalism, London 2018.
29 Ingo Schmidt: Rosa Luxemburgs »Akkumulation des Kapitals«: Die Aktualität von ökonomischer Theorie, Imperialismuserklärung und Klassenanalyse, Hamburg 2013, p. 7.
30 Marcel van der Linden: Rosa Luxemburg’s Global Class Analysis, in: Historical Materialism 24/2016, p. 139.
31 Ibid., p. 61.
World Revolution and its Requirements
105
extremely diverse constructs.«32 Writing in early 20th century Europe,
Luxemburg saw herself confronted with empires, large, multi-ethnic
states, or loose associations of small and ever smaller kingdoms and
princedoms: German regionalism (Kleinstaaterei), the Austro-Hungarian empire, and multi-ethnic Tsarist Russia. For her, the question
of national self-determination is not only complicated by capitalist
interdependence but also by the complexities of the concept itself – a
nation is neither a clearly defined, self-evident, and empirically »real«
subject, let alone a »subject« that is stable over time, nor, and this
is arguably the most important concern from a socialist perspective,
politically progressive.
Nation-states, as Luxemburg sees them emerging in the late 19th
century, are primarily a project of the bourgeoisie to rid themselves
of feudalism and to solidify their social status as the owners of capital
and holders of political power. In her brief account of national development and the eventual emergence of consolidated nation-states,
she points out that »apart from the market, even though here exists
the closest connection, the capitalist bourgeoisie needs many other
factors for its appropriate development«: a strong military, tariffs, infrastructure, an appropriately trained bureaucracy, a legal system, an
educational system, appropriate financial policies, an entire state apparatus.33 Nationalism, for her, is always bourgeois nationalism and
brings with it both specific institutions and a certain national culture
that is constructed to defend the bourgeoisie’s interests and directed
against other nations.
Luxemburg, however, does not reject the state as an organizational
form because this would be a regressive move away from the broader
project of capitalist and, subsequently, socialist development. Accordingly, the contradiction of historical development at the time of Luxemburg’s intervention was not the emergence of nation-states as such
32 Ibid.
33 Ibid., pp. 89–90.
106
Hedwig Lieback
but the »murderous struggle« among them and their drive towards
domination and oppression.34 Accepting the organizational form of
a state as a product of progress and capitalist development leads Luxemburg to differentiate between national self-determination and the
autonomy of certain ethnic or national groups. This allows her to develop a specifically socialist approach that does not fall prey to either
regressive localism or militarist imperialism.
Autonomy versus National Self-Determination
Luxemburg’s account in »The National Question and Autonomy«
opens with a polemical dismissal of a paragraph in the program of
the Russian Social Democratic Labour Party (SDAPR) that grants every nation the right to self-determination.35 According to her analysis,
this paragraph merits special scrutiny because several left Polish parties have used it to make their claim for independence.36 Based on her
assessment of centralized states as progressive organizational forms
despite their specific ties to bourgeois interests, any attempt to split
up existing states into smaller »national« or ethnic units would lead
sooner or later to »pre-bourgeois, feudal conditions.«37 This return
contradicts the desire of the proletariat for modernization and would
amount to a rejection of the advantages of improved – and centrally
regulated – institutions such as public schools, modern transportation
systems, water supply infrastructure, etc.38
Another, potentially more important point for her rejection of
the right to national self-determination is her sober assessment of the
de facto impossibility of true self-determination within internation34
35
36
37
38
Ibid., p. 65.
Ibid., p. 45.
Ibid., pp. 48–51.
Politt in Luxemburg: Nationalitätenfrage., p. 31.
Ibid.
World Revolution and its Requirements
107
al capitalism. She states that »today, social democracy comprehends
that ›the right to work‹ stops being sound and fury only at a point in
time when capitalism has been abolished.«39 Analogously, the right to
self-determination stops being an empty phrase only when nations are
no longer threatened by invasion, bound by debt, object to the whims
of and exploitation by their hegemonic neighbors, or constrained by
market forces. According to her argument, the formula of national
self-determination makes no sense in the system she analyzes because
it fails to connect specifically to the goals and demands of »socialism
or workers’ politics.«40 Since Luxemburg acknowledges exploitative
or oppressive structures within large empires or centralized states, she
proposes regional autonomy as a more viable – and more socialist –
alternative to either classic federalism or national self-determination.
Due to her childhood and adolescent experiences in Russian-ruled
Congress Poland and her family’s emphasis on Jewish congregational
life as well as on Polish national identity, she did not advocate the
giving up of one’s language or culture in pursuit of the greater good.
Instead, she »called for Polish workers to cooperate with the other
nationalities in their respective empires; Austrians, Germans and Russians, towards the goal of socialism.«41 Jie-Hyun Lim makes a useful
distinction when writing about Luxemburg’s »opposition to Polish
independence [which] never carried an automatic implication of anti-patriotism.«42 This thinking, which consequently opposes »every
form of social injustice and societal domination,«43 would consequently reject both government that aims to level regional and cultural specificities as well as the kind of government built solely around
an idea of national independence divorced from workers’ governance.
For Luxemburg, questions of national independence, the embedded39
40
41
42
43
Luxemburg, Nationalitätenfrage, p. 61.
Ibid., p. 45.
Castle: »You Alone«, pp. 109–110.
Lim: Rosa Luxemburg, p. 500.
Luxemburg, Nationalitätenfrage, p. 51.
108
Hedwig Lieback
ness of ethnic groups within larger empires, and demands for self-governance can only be decided with regard to the specific historical and
material conditions of any given place.44 There could and should be
no formula privileging national independence at the expense of international labor solidarity. Her template for preserving local differences
and cultural goods, then, does not necessarily center the nation-state.
Autonomy, according to Luxemburg’s theory, consists of »a combination of broad local self-government based on equality of all citizens
[…] with a respective federal language law.«45 Here, she emphasizes
the non-competitive nature of this form of self-governance and the
protection of minority cultures. By combining the advantages of a
strong centralized legal system and public infrastructure that would
not be possible on a smaller scale with strong local ties and institutions that allow for territorial and cultural diversity within state
boundaries, the working class will have access to the progress achieved
by the bourgeoisie. Her two-level approach would – in theory – also
allow for the cultural and economic flourishing of rural areas, a part
of any centralized state that risks being neglected in a bourgeois order
centered on a few urban centers. For autonomy to be a viable alternative to national self-determination, the role of public education cannot be overestimated. In her book about the national question, she
devotes entire sections to the development of different educational
systems in different countries and emphasizes the importance of local
institutions to provide anyone, not just bourgeois elites or the urban
proletariat in the metropole, with the tools necessary for advancing
the socialist cause. In her view, local self-governance and education
provide the preconditions for agency within the centralized state. She
thus provides a comprehensive approach to the intricate balancing act
of industrialist progress, international class struggle, cultural independence, and freedom from oppression.
44 Ibid., p. 53.
45 Ibid., p. 186.
World Revolution and its Requirements
109
Regress, Progress, and Solidarity
Rosa Luxemburg’s analyses of and answers to pressing political and
economic issues were always connected to and built upon her conviction that the ultimate goals of all historical development should be a
classless society which realizes »society as a sum of individuals who are
connected to a greater whole via harmony and solidarity of interests.«46
The notion of solidarity of interests is crucial for Luxemburg’s conception of both politics in general and autonomy in particular. Contrary to the German word »Interessengemeinschaft,« which translates
to »community of interests,« »Interessensolidarität,« i. e. »solidarity of
interests,« implies an acknowledgment and acceptance of differences.
Those differences, however, are not negotiated via war, oppression of
marginalized groups, imperialist expansion, or exploitation, but in
solidarity, that is, with a willingness to understand other peoples’ or
other groups’ demands without having to automatically align oneself
with these interests. This scenario, while already utopian, still addresses
the continuities of conflicts tied to as well as going beyond economic
interests. Thus, it can be read as an intermediary stage on the way to a
classless world community. Luxemburg’s investment in pragmatic approaches to pressing political and economic problems, however, leads
her to an analysis of nation-states and empires as she sees them in the
late 19th and early 20th centuries. Holger Politt points out that this
may be seen as one of the weaknesses of Nationalitätenfrage because
she »held on to the European world as it were. The border between
the large territorial states were unalterable to her.«47 It is precisely this
pragmatism, however, and her willingness to think about alternatives
other than small and ever-smaller nation-states largely at the whim
of a few hegemons that make her account insightful today. When we
ask what a world without or at least with significantly less economic
46 Ibid., p. 72.
47 Politt in Luxemburg: Nationalitätenfrage, p. 30.
110
Hedwig Lieback
and political competition, without the pitting of workers in developed countries against workers in developing countries, and without
the constant domination and suppression of ethnic minorities and
regional cultures would look like, Luxemburg does offer intriguing
perspectives. These perspectives may still be worthwhile precisely because they do not anticipate the breakup of the European empires
and believe in a solidarity among workers who later generations of
Marxists were far less confident in.48
For Luxemburg, »the fight and protest against national oppression
[…] does not result from a special ›right of nations‹ […] but from
a general opposition to the class system, to every form of social inequality and societal domination, […] from the fundamental stance
of socialism.«49 Thus, any analysis of national liberation struggles has
to pay attention to the agents of the struggle, the respective interests
at play, and whether or not this struggle aligns more broadly with the
international socialist struggle. If it does not – and Luxemburg is very
clear on this – there is no socialist duty to support it. Her first unit of
analysis, here and elsewhere, is the class struggle. Both in »The National Question« and later in »The Accumulation of Capital,« she attempts
to connect the local, national, and international concerns of the proletariat. Even though these interests might contradict themselves at
times depending on the respective level of analysis, her writing depicts
a deep concern with urgent problems in need of quick solutions as
well as the much broader perspective of long-term historical development. In creating a centralized state, then, that supports strong local
institutions and »dismantl[es] the standing army, [supports] the general armament of the public, and mak[es] the decision over peace and
war dependent on public representatives,« her socialist principles aim
48 Mark P. Worrel: Dialectic of Solidarity: Labor, Antisemitism, and the Frankfurt School, Boston 2008, p. 9.
49 Ibid., p. 51.
World Revolution and its Requirements
111
at curbing the potential for imperialist warfare.50 The principle agent
of socialist revolution, the proletariat, aims to ameliorate the existing state structures while relentlessly working towards the eventual
abolition of the bourgeois state. While keenly aware of the traps of
nationalist perspectives that lose sight of either the long-term socialist
perspective or the intricacies of capitalist economic interdependence
and competition, she remains committed to a belief in progress and
social development towards a global sphere of classless societies.
Context, Conclusion, Connections
When the German Social Democrats (SPD) supported war bonds
in 1914 and eventually the entry of Germany into the First World
War, Rosa Luxemburg was shaken.51 For her, the war meant »a reversion to barbarism,« the embodiment of socialism’s alternative and
the consequences of the collapse of capitalism.52 Her previous – and
subsequent – work aimed at supporting international working-class
solidarity, accommodating and protecting minorities within the large
and multi-ethnic European empires of the time, opposing colonialism and the exploitation of non-capitalist spheres, and being both
practical and principled, two stances that, as Hannah Arendt (1906–
1975) observed, do not always go together.53 Thus, the fulfillment of
her grim prophecy of increased competition leading to war and mass
death and, on top of this, the German SPD’s support of the war went
against everything Luxemburg advocated for politically.
50 Ibid., p. 202.
51 Evelin Wittich: Perspectives on Rosa Luxemburg 1, in: New Formations 94/
2018, p. 46.
52 Luxemburg quoted in Norman Geras: The Legacy of Rosa Luxemburg,
London 2015, p. 32.
53 Hannah Arendt: A Heroine of Revolution, in: New York Review of Books,
October 1966.
112
Hedwig Lieback
After she was murdered in 1919, the European empires broke up,
new – and smaller – nation-states emerged, and the international
struggle for a socialist world became even more fragmented. One hundred years after her death, however, Luxemburg’s work has elicited a
variety of new editions, critical re-assessments, and popular takes on
her life and writings.54 Her theory of the interdependence of capitalist
and non-capitalist spheres in particular can be read as a wise foreshadowing of economic subjugation via »development« policy and the
increasing awareness that capitalist development is more often than
not tied to underdevelopment.55 They also provide starting points for
analyses of racial capitalism, a concept introduced by Cedric Robinson in 1983 when writing about the Black Marxist tradition.56 Racial
capitalism aims to provide a framework within which structures of
capitalist exploitation, expropriation and dispossession can be understood in conjunction with regimes of racial domination.57 The framework thus emphasizes a concern with people’s actual working and
living conditions, which mirrors Luxemburg’s approach. Marcel van
der Linden emphasizes that, in her work, Rosa Luxemburg did not
imagine the world as a sphere of abstract economic relations among
54 Among the recent works on Luxemburg are Ernst Piper: Rosa Luxemburg.
Ein Leben, Munich 2019; Kate Evans: Red Rosa. A Graphic Biography of
Rosa Luxemburg, New York 2015; the republished biography by John Peter
Nettl: Rosa Luxemburg. The Biography, London 2019; the English version
of Klaus Gietinger: The Murder of Rosa Luxemburg, London 2019; and
countless journal and newspaper articles commemorating the 100th anniversary of her death in 1919.
55 Andre Gunder Frank: The Development of Underdevelopment, in: Monthly Review, 41/1989, pp. 17–31; Walter Rodney: How Europe Underdeveloped
Africa, London 1972.
56 Cedric Robinson: Black Marxism. The Making of the Black Radical Tradition, London 1983.
57 Nancy Fraser: Roepke Lecture in Economic Geography – From Exploitation to Expropriation. Historic Geographies of Racialized Capitalism, in:
Economic Geography 94/2017, pp. 3–7.
World Revolution and its Requirements
113
faceless agents but as »a globe that is populated, invigorated and cultivated by the most diverse peoples and tribes, who are made into ›land‹,
›spheres of capital investment‹ and ›sales markets‹ by brute force.«58
Critically analyzing capitalism means extending a reading of labor
conditions and confronting the numerous ways in which economic relations stratify, categorize, and rank people. It also, importantly,
urges us to move beyond a narrow European-centered analysis and to
highlight the connections between production and consumption in
the Western world and production and consumption in developing
countries.
Beyond the economic realm, Luxemburg’s reflections on the role
of centralized states in conjunction with autonomous self-governance
provide starting points for assessing the relations of local, national,
and international emancipatory claims and projects. Thus, they lead
us back to discussions of post-colonial thinkers, the questions on the
necessity and dangers of nationalism, and the long and contested
search for an international agent of change. For Luxemburg, once
more, national self-determination remains a farce if the ambitions do
not go any further than delineating new borders and writing a new
legal code while maintaining prior economic and social relations. Her
thought did not stop at the vision of an independent Poland or socialist Russia or social democratic Germany. The enormous tasks of
taking on existing states, using their structures for the advancement of
the working class, and progressing towards non-exploitative relations
could only be thought of from an international perspective because to
Luxemburg, as a socialist, »no nation is free whose national existence
is based upon the enslavement of other people.«59
58 van der Linden: Global Class Analysis,, p. 136.
59 Nye quoted in O’Brien: Revisiting Rosa Luxemburg’s Internationalism, p. 9.
114
Hedwig Lieback
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5.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
Luxemburg and Gramsci
Sevgi Doğan
Introduction
What was ideology for Rosa Luxemburg? Is her view different from
that of Marx? These questions can also be asked about the Italian
thinker Antonio Gramsci (1891–1937),1 who suffered a similar fate and
died at almost the same age as Luxemburg.2 The former suffered from
fascism while the latter lived on the eve of it. Gramsci was aware of
Luxemburg’s writings.3 In one of his pre-prison writings (June 1919),
Gramsci mentions the assassinations of Karl Liebknecht (1871–1919)
and Rosa Luxemburg and considers them as two heroes of revolu-
1
2
3
The Italian abbreviation of Gramsci’s »Prison Notebooks (Quaderni del
Carcere)«, if necessary, is used in the text with the reference to the paragraph number respectively as follows: Q, §. For the reference in Italian the
following Italian edition is used: Valentino Gerratana (Ed.): Quaderni del
Carcere, 3 vols., Torino 1977.
For a similar interpretation see, Tibor Szabó: Dittatura, Democrazia e Fattore Soggettivo nel Pensiero di Luxemburg, Gramsci e Lukács, in: Il Politico
3/1987, p. 486.
Gramsci reads some of her writings and mentions in his pre-prison and
prison writings: for example, in one of his Notebooks, he mentions Luxemburg’s Massenstreik, Partei und Gewerkschaften (1906) (»The Mass
Strike, the Political Party and the Trade Unions«) regarding war of maneuver
and war of position and syndicalism (in: Q7, § 10, vol. 2, pp. 858–859; Q7,
§ 16, p. 867).
118
Sevgi Doğan
tion.4 In another work (September 1920), he affirmed that they are
greater than the greatest saints of Christ because their militant aim
is concrete, humane and limited.5 According to him, by assassinating
these two heroes of revolution, the German majority tried to assassinate the world revolution and thus they suffocated the only hope of
salvation or emancipation that existed for the German people.6 Here,
Gramsci analyzed the antagonism between states like the Russian Empire, the French Third Republic, the United Kingdom and Germany,
which was no longer a military and imperialist order but the locale
of class antagonism between capitalism and the German proletariat.
At that point, Gramsci highlights that this antagonism could only be
solved by the method and tactic of proletariat struggle and by the
international proletariat’s solidarity. According to him, the Spartacus
League’s members were aware of this phenomenon: international revolution or internationalism.7 In this period (August 1919), it seems that
Gramsci also underlined the importance of internationalism, as Luxemburg did.8
In another pre-prison writing published in Ordine Nuovo, Gramsci
refers to Luxemburg’s thesis about the party and trade union, which
was argued in »The Mass Strike, the Political Party and the Trade
Unions«9 (1906); the thesis points out that political movements and
unrest are the most energetic determinants of the solidarity of trade
4
5
6
7
8
9
Antonio Gramsci: Vita Politica Internazionale, in: Valentino Gerratana e
Antonio A. Santucci (Eds.): L’Ordine Nuovo 1919–1920, Torino 1987, p. 101.
Antonio Gramsci: Il Partito Comunista, in: Valentino Gerratana e Antonio
A. Santucci (Eds.): L’Ordine Nuovo 1919–1920, Torino 1987, p. 654.
Ibid.
Ibid., p. 102.
Antonio Gramsci: Cronache Dell’»Ordine Nuovo« [XII] (August 1919), in:
Valentino Gerratana e Antonio A. Santucci (Eds.): L’Ordine Nuovo 1919–
1920, Torino 1987, p. 189.
Luxemburg’s writing was translated in Italian in 1919. Rosa Luxemburg: Lo
Sciopero Generale – Il Partito e I Sindacati, Milano 1919.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
119
unions.10 For Gramsci, the concrete experience that one had witnessed
in Fiat Centro and Brevetti Fiat confirmed this conviction.11
These two revolutionary philosophers, in many respects, also bring
similar approaches to concepts such as ideology, hegemony, culture,
self-consciousness, party, intellectuals, and the relationship between
praxis and theory. The present contribution, therefore, deals with the
concept of ideology and its relation to the party, theory and praxis, and revolutionary actions in the thought of both Luxemburg and
Gramsci. In doing so, it seeks to disclose the common aspects found
both in Luxemburg’s and in Gramsci’s approaches to the concept of
ideology and its role in revolutionary actions and struggles. Their
views of the self-emancipation and self-consciousness and of the oppressed are compared with and connected to the thought of Marx in
relation to the concept of ideology.
Luxemburg’s »Stagnation and Progress of Marxism«12 (1903) and
Gramsci’s »Prison Notebooks« (1929–1935), for example, give some
evidence about the philosophical continuity between both regarding
their views of culture, ideology and hegemony. Although Luxemburg
does not elaborate these concepts as much as Gramsci, her writings
on the national question, for instance, discuss the concepts of ideology
and culture.
The present paper tries to answer the following questions: What
is the role of ideology in Luxemburg’s and Gramsci’s philosophical
10 Antonio Gramsci: Verso Nuove Istituzioni. Postilla (August 1919), in: Valentino Gerratana e Antonio A. Santucci (Eds.): L’Ordine Nuovo 1919–1920,
Torino 1987, p. 191.
11 Ibid.
12 Gramsci refers to Luxemburg’s »Stagnation and Progress of Marxism« in different Prison Notebooks: Q3, § 31; Q4, § 46; Q7, § 43; Q11, § 70. Gramsci
read this article in a work of the collected writings of Marx edited by David Rjazanov in French: Karl Marx homme, penseur et rèvolutionaire, Paris
1928. Probably Gramsci read also György Lukács’s (1885–1971) article »The
Marxism of Rosa Luxemburg« which was published in „Rassegna Comunista« in different periods in 1921.
120
Sevgi Doğan
and political thought? And how can their approaches be differentiated from that of Marx, if possible? For this purpose, the article concentrates on some of Gramsci’s writings from the pre-prison period
and from his »Prison Notebooks« (Quaderni del Carcere) and Luxemburg’s «The National Question and Autonomy.«
Ideology: The Problem of the True Picture
Marx’s problem with ideology is based on the mode and manner of
introducing, submitting and fostering a true picture with true facts.
One of the definitions of ideology refers to the systematic structure of
thought or the structure of ideas and beliefs which does not represent
reality as it is.13 Marx, in this respect, used the term, ideology, in the
sense of an unfair, sided or partial idea.14 In other words, it is an illusion and creates mystifications. Ideology, in Marx’s writings, means a
totality of ideas. This complex totality of ideas and beliefs is the product of a social consciousness of an individual or a group of people who
are members of a social group. The theory created by these ideas and
beliefs presents the justification of an existing social situation. Moreover, ideology consists of »collective illusions, mystifications and false
ideas« that are »learned« by people through tradition or education.15
Even though Marx had some systematic ideas about social reality,
he did not see them as ideology. Marxists did not view Marxism as
an ideology for quite a while. For Marx, his ideas were to be a means
through which the world could be correctly perceived. Since ideology does not perceive the world in a correct way, Marx’s claim »I am
not Marxist«16 signifies that he did not consider Marxism or his idea
13
14
15
16
Şerif Mardin: Ideoloji, Istanbul 1997, p. 21.
Ibid., p. 31.
Henri Chambre: Soviet Ideology, in: Soviet Studies, 3/1967, p. 315.
Engels reported the statement in his letter to Eduard Bernstein in 1882. Referring to the French thinkers claiming to be Marxists, Marx wrote: »Ce
(Re)Reading the Notion of Ideology:
121
about reality and the world as an ideology. In »German Ideology«
(1846), Marx and Engels focused on the ideal and material form of the
world and its reality. They, in this respect, especially criticized German
idealism, which was not different from »the ideology of all the other
nations.«17 This ideology views the world in relation to ideas and concepts »as determining principles.«18 Thus, they lack its materialistic aspect. In this regard, they believe that, in particular, German philosophy and in general »the whole ideology amounts either to a distorted
conception of this history [of man] or to a complete abstraction from
it.«19 Ideology, therefore, speculates only one side of this history. Its
philosophers or theorists design a world on images, concepts, ideas,
that is, on the products of ideas. This one-sidedness creates abstraction and a false consciousness. In the Preface to »A Contribution to
the Critique of Political Economy« (1859), Marx, in this regard, dealt
with the problem of ideology first, especially in terms of consciousness,20 and secondly in terms of history. History keeps dropping the
ideas, concepts, and images back down to the earth. In contrast to
the illusions and falsifications of ideology, Marx had a tendency to
consider his works as theory or science that uncovers the misrepresentations or hidden world of ideology.21 Marx posed the problem of all
17
18
19
20
21
qu’il y a de certain c’est que moi, je ne suis pas Marxiste.« [If anything is
certain, it is that I myself am not a Marxist]. Friedrich Engels: Engels to
Bernstein, 2–3 November 1882, in Karl Marx/Friedrich Engels: Marx/Engels
Collected Works (MECW): Marx-Engels: Letters: 1880–1883, Moscow 1992,
vol. 46, p. 356.
Karl Marx/Friedrich Engels: The German Ideology, New York 1998, p. 30.
Marx criticizes the followers of Hegel such as Strauss, the Bauers, Stirner,
Feuerbach, etc.
Ibid., p. 30.
Ibid., p. 34.
Karl Marx: A Contribution to the Critique of Political Economy, Chicago
1904, pp. 9–15.
Douglas Kellner: TV, Ideology and Emancipatory Popular Culture, in: Socialist Review 45/1979, p. 14.
122
Sevgi Doğan
the ideologies in terms of their deprivation of dialectics, the dialectical
relations between the material and ideal.
The false consciousness of the bourgeoisie, for Marx and Engels,
is that »it is unable to perceive its true interests, but because it proclaims and believes that these partial and class interest have a universal
and classless character.«22 In »German Ideology,« they write that »each
new class which puts itself in the place of one ruling before it, is
compelled, merely in order to carry through its aim, to represent its
interest as the common interest of all the members of society, that is,
expressed in ideal form: it has to give its ideas the form of universality,
and represent them as the only rational, universally valid ones.«23 For
these revolutionary philosophers, each ruling class considers itself as
being an ideal form of the common interest of all society. Ideology, for
them, is »precisely the attempt to ›universalize‹ and give ›ideal‹ form
to what are no more than limited, class-bound ideas and interests: it is
in this sense that they use the word ›ideology‹ pejoratively, as meaning
a false representation of reality.«24 The problem, for Marx and Engels,
is that these ideologies apply the ideas (mental productions) to certain
fields such as politics, laws, morality, religion, economy, metaphysics, etc. without considering the materialistic and historical aspects
of their reality.
Marx and Engels, in »German Ideology,« write that »the ideas
of the ruling class are in every epoch the ruling ideas: i. e., the class,
which is the ruling material force of society, is at the same time its
ruling intellectual force. The class which has the means of material
production at its disposal, has control at the same time over the means
of mental production, so that thereby, generally speaking, the ideas
of those who lack the means of mental production are subject to it.«25
22
23
24
25
Ralph Miliband: Marxism and Politics, Oxford 1977, p. 32.
Marx/ Engels: Ideology, p. 68.
Miliband: Marxism, p. 32, my emphasis.
Marx/Engels: Ideology, p. 67.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
123
Here, Marx and Engels refer to the structure of a ruling class that not
only possesses material force but also intellectual force. The hegemony
of the means of material production determines, therefore, the means
of mental production. This relation of structure to superstructure is
discussed in »A Contribution to the Critique of Political Economy.«
It is widely recognized that some currents within Marxism underwent some important changes from the beginning of the 1900s to the
1920s, especially before the rise of fascism. These changes at a theoretical level can be observed in Gramsci’s and Luxemburg’s extant and
later theories and in their approaches to a Marxist understanding of
class and structures. For quite a while, »Marxists« gave a negative connotation to the term »ideology.« However, in the 20th century, this
view changed considerably. After Marx, Lenin, Gramsci and Lukàcs
in particular used the term »ideology« in a positive and non-pejorative
sense. For Lenin, as for Marx, ideology is also a class element and concept. However, in »What is to be done?« (1902), Lenin differentiated
bourgeois ideology from the socialist26 or revolutionary one, which
is able to »struggle against all other ideologies.«27 Therefore, ideology
shifted from the idea of a false consciousness to the importance and
role of socialist ideology. Lenin, in the same work, states that »without revolutionary theory there can be no revolutionary movement.«28
The socialist ideology is created not only by the socialist intelligentsia but by the workers themselves in the process of their movement.
These workers, however, are those who are able to acquire and develop
the knowledge of their age.29 Gramsci, presumably, takes the positive side of the notion from Lenin. This will be discussed below, but
it is worth briefly mentioning that Gramsci, in »Prison Notebooks«
26 Vladimir Lenin: What is To Be Done? Burning Questions of Our Movement, in: Collected Works: May 1901 – February 1902, Moscow 1961,
vol. 5, p. 384.
27 Ibid., p. 386.
28 Ibid., p. 369.
29 Ibid., p. 384.
124
Sevgi Doğan
(in Notebook 7, dated between 1930 and 1932, § 33), refers to Marx’s
theory and Marxism as Weltanschauung. Here, he refers to Lenin for
the importance of the concept of hegemony.30 While Lenin intended
to place ideology – revolutionary ideology – into action or into revolutionary action, Gramsci, following Lenin, elaborated its role and
function in his philosophy of praxis and his theory of the historical
bloc (blocco storico).
Marx, Luxemburg and Gramsci analyzed the notion of ideology
through the relationship between structure and superstructure and
by means of the concept of civil society. These concepts are differentiated in their writings. Since Gramsci developed these concepts more
than Luxemburg, an immediate difference can be observed between
Gramsci’s and Marx’s views. Marx and Engels talked about the concept of civil society in »German Ideology«: »Civil society embraces
the whole material intercourse of individuals within a definite stage of
the development of the productive forces. It embraces the whole commercial and industrial life of a given stage, and insofar, transcends the
State and the nation, though, on the other hand again, it must assert
itself in its foreign relations as nationality, and inwardly must organise itself as State.«31 Civil society is the sphere of the economy. This
economic sphere, therefore, determines the State. According to Marx,
legal relations and political forms can be comprehended only through
the material conditions of life that Hegel embraced within civil society. And »the anatomy of this civil society […] has to be sought
in political economy.«32 For Gramsci, however, civil society takes on
another form and meaning. Civil society, for him, is an important
sphere where ideology is (re)constructed along with hegemony. While
Marx did not amply emphasize or deeply expound the development
30 Antonio Gramsci: Statement of the Problem, in: Quintin Hoare/Geoffrey
Nowell-Smith (Eds.): Selections from the Prison Notebooks, New York
1992, p. 381.
31 Marx/Engels: Ideology, p. 98.
32 Marx: A Contribution, p. 11.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
125
and importance of superstructure in civil society, Gramsci tried to
complete this deficiency with his theory of the historical bloc. However, it is worth mentioning that this does not mean that a dialectical
relationship between structure and superstructure is absent in Marx’s
explanation. This dialectical relationship, in fact, refers to Gramsci’s
historical bloc. Consequently, ideology, in Luxemburg’s and Gramsci’s works, is related to the concepts and theories of intellectuals, culture, and hegemony.
The Notion of Ideology: Rosa Luxemburg
Since Luxemburg never explicitly talked about the notion of ideology,
it might be more difficult to discuss the term immediately and directly.
However, the following question can still be posed: What does ideology mean for Luxemburg’s political and philosophical thought? Does
she differentiate her conception from that of Marx? Needless to say,
her conception of ideology is one of a Marxist and is based on historical and scientific materialism. Her ideology can be regarded as being
critical and therefore can be labeled as critical Marxism along with that
of Gramsci. The term »critical Marxism« refers to both criticizing and
advancing, deepening, and perfecting Marx’s own ideas. Her ideology is
based on strengthening the masses by promoting their consciousness.
Therefore, her conception can be characterized by the ideology of consciousness. Following Marx’s understanding of ideology, according to
Luxemburg, all ideologies »lack firm roots in the material interests of
social classes.«33 Since all ideologies are deprived of the material and
historical understanding of societies, Luxemburg identifies all ideologies as illusionary, as Marx does.
33 Rosa Luxemburg: Up-And-Coming Men in Russia [Die kommenden Männer in Russland] (1905), in: Peter Hudis/Axel Fair-Schulz/William A. Pelz
(Eds.): Complete Works of Rosa Luxemburg, London 2018, vol. 3, p. 169.
126
Sevgi Doğan
Luxemburg’s notion of ideology is not different from Marx’s critique of bourgeois ideology. In this respect, she attacks the ideological elements of counterrevolution and states that »the national state,
national unity and independence were the ideological shield under
which the capitalist nations of central Europe constituted themselves
in the past century.«34 For Luxemburg, a »national program could
play a historical role only so long as it represented the ideological
expression of a growing bourgeoisie.«35 She regards the concept of
nation as an ideological mask that covers imperialistic desires.36 While
the concept of nation, for Luxemburg, is preserved, its function and
its real content are perverted into its opposite and it is used as an ideological element by imperialists and the bourgeoisie. All these ideological measures are set in order to send the masses to war for imperialist
aims. Luxemburg, here, sees ideology as a bourgeois apparatus, as
Marx and Engels explain in »German Ideology.«
Luxemburg, in »The National Question« (1909), touches upon the
right of nations to self-determination by referring to the concept of
nation as »one of those categories of bourgeois ideology which Marxist theory submitted to a radical re-vision, showing how that misty
veil, like the concept of the ›freedom of citizens‹, ›equality before the
law‹, etc., conceals in every case a definite historical content.«37 She
views the concept of ideology as a false consciousness in the sense of
producing an illusion and hiding the truth. She marks it as a »misty
veil,« which might correspond to Marx’s statement of false conscious34 Luxemburg: The Junius Pamphlet (1915), in: Peter Hudis/Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg Reader (RLR), New York 2004, p. 326. Luxemburg, in the pamphlet, criticizes the decision of SPD for its affirmation
and participation of the First World War.
35 Ibid., p. 327.
36 Ibid., p. 327.
37 Rosa Luxemburg: The Right of Nations to Self-Determination, in: The National Question, Rosa Luxemburg Archive, 16.5.2020. Online: https://www.
marxists.org/archive/luxemburg/1909/national-question/ch01.htm.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
127
ness. Being worried about the future of the Russian Revolution and
uncovering the concept of nation as bourgeois ideology, Luxemburg
believes that it might endanger the development of revolution as
long as the independence of the nations might create a separation
among the proletariat in Russia. Moreover, the nations, with the independence and freedom that they gained, might not care enough
about or pay attention to revolution anymore. This is the result of the
bourgeois notion of nation or a »nationalistic phraseology«38 of the
Bolsheviks. In »The Russian Revolution« (1918),39 she indicates the
ideology which asserts an idea against the revolutionary movement
and strengthens the position of the bourgeoisie but weakens that of
the proletariat.40 The ideology of the right of nations to self-determination formulated by the Bolsheviks, in other words, strengthens the
position of the bourgeoisie.
Criticizing the bourgeois woman for not having a »real interest in
political rights because she does not exercise any economic function
in society, because she enjoys the finished products of class domination,«41 in »The Proletarian Women« (1914), Luxemburg asserts that
»the call for women’s equality, when it does well up among bourgeois
women, is the pure ideology of a few feeble groups without material roots, a phantom of the antagonism between man and woman, a
quirk.«42 She describes the same Marxist understanding of bourgeois
ideology about the woman question as one-sided, partial, abstract and
with a lack of »material roots.«
38 Rosa Luxemburg: Russian Revolution (1918), in: Peter Hudis/Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg Reader, New York 2004, p. 297.
39 She wrote it in prison when she was arrested because of her opposition to
the First World War, but after being released, she did not finish it and it was
therefore never published during her lifetime.
40 Luxemburg: Russian Revolution, p. 297.
41 Rosa Luxemburg: Proletarian Women (1914), in: Peter Hudis/Kevin B. Anderson (Eds.): The Rosa Luxemburg Reader, New York 2004, p. 243.
42 Ibid.
128
Sevgi Doğan
Luxemburg’s view of ideology can be evaluated in terms of her
approach to culture and intellectuals. Discussing the development
of the capitalist economy, she does not limit herself to the material and economic development of such elements of capitalist society
as exchange, communication, or relationships of production. Indeed,
she also touches on the cultural and intellectual development of the
capitalist economy. Luxemburg, in this respect, details the ideological
development of that sort of society. The dominant class creates its
hegemony not only through material production but also through the
spiritual or cultural one.
Luxemburg speaks of the social classes that play the biggest role in
society in carrying out the intellectual, spiritual and political development. She addresses the petty bourgeoisie as follows:
»Above all, what is entirely lacking in Russia are the social classes that
played the biggest role, in fact the leading role, in all previous modern
revolutions because economically and politically they formed an intermediate layer between the bourgeoisie and the proletariat and served
as a revolutionary link connecting both of them, thus determining
the radical and democratic character of the bourgeois class struggle,
through which the proletariat was won over to serve as a fighting force
[Heerbann] for the bourgeoisie, and thus provided the necessary material mechanism for those previous revolutions. We are referring to
the petty bourgeoisie. This was undoubtedly the living cement that
held together the most varied social strata in the European revolutions,
functioning to create and propagate the necessary fiction of a united
folk (›the people‹) in the class struggles whose historical content actually
boiled down to movements favoring the bourgeoisie. The same petty
bourgeoisie was also the political, spiritual, and intellectual educator
of the proletariat, and it was precisely in that February Revolution [of
1848] in which the Parisian proletariat for the first time entered into
the revolutionary process with class consciousness, making a conscious
distinction between itself and the bourgeoisie – it was in that February
(Re)Reading the Notion of Ideology:
129
Revolution that the influence of the petty bourgeoisie became most
strongly evident.«43
This passage is remarkably important for the fact that it demonstrates
a similarity between Luxemburg and Gramsci regarding the role and
function of intellectuals and therefore the notion of ideology. The intellectuals described as petty bourgeoisie not only have a leading role
and are not only political, spiritual, and intellectual educators of the
proletariat, but they are also producers and creators of political, spiritual, and intellectual ideology, as Gramsci affirms in the »Prison Notebooks.«44 Luxemburg construes the petty bourgeoisie as »the living
cement« that acts to »create and propagate the necessary fiction of a
united folk (›the people‹) in the class struggles.« Regarding this role of
the petty bourgeoisie in modern Europe, she maintains that in Russia
there is a similar »widespread social stratum,« that is, intelligentsia.
She adds that »it is this stratum that has devoted itself for the past
many years to the political education of the working people.«45 But
according to Luxemburg, this intelligentsia is not »the ideological representative of definite classes, that is, of the liberal bourgeoisie and the
43 Luxemburg: Revolution in Russia (January 22, 1905), in: Peter Hudis/Axel
Fair-Schulz/William A. Pelz (Eds.): Complete Works of Rosa Luxemburg,
London 2018, vol. 3, p. 54, my emphasis.
44 Gramsci attacks Croce’s position and points out that philosophy and ideology in Croce become identical. Philosophy, in this regard, is not more
than »a practical instrument for organization and action«. Gramsci refers
to the organization of a party. As an intellectual, Benedetto Croce puts his
philosophy as ideology at the ruling class’ disposal. In the same passage
mentioned here Gramsci, in this respect, criticizes also the ideologue of fascism, the Italian philosopher, Giovanni Gentile for whom force and consent
are the same and for whom there is no difference between hegemony and
dictatorship. Antonio Gramsci: Historical Belles-Lettres, in: Quintin Hoare/
Geoffrey Nowell-Smith (Eds.): Selections from the Prison Notebooks, New
York 1992, pp. 270–271.
45 Luxemburg: Revolution in Russian (January 22, 1905), p. 54.
130
Sevgi Doğan
democratically minded petty bourgeoisie« as »previously was the case
in Germany and France.«46 This intelligentsia does not represent the
ideological apparatus of the liberal bourgeoisie or a »vehicle of liberalism« but »of reactionary conservatism or, even worse, of a completely
reactionary passivity.«47 As can be seen in this passage, Luxemburg
regards the intellectuals as the bearers of ideology and intermediators
between two classes: the bourgeoisie and the proletariat.
Luxemburg, in »The National Question,« describes »any ideology
as only a superstructure of the material and class conditions of a given epoch.« But each ideology has its own logical development while
having a relationship with the previous ideologies. Luxemburg admits
that the ideological apparatus of bourgeois society is at the same time
the means for the rise of the proletariat as a class to struggle for emancipation and thus for the abolition of bourgeois rule. This means that
she recognizes the positive aspect of ideology that works for emancipation from the ruling class. The democratic institutions which serve
the capitalist class and bourgeois parliamentarianism »are, at a certain
level, an indispensable school of the proletariat’s political and class
maturity, a condition of organizing it into a Social Democratic party, of training it in open class struggle.«48 Thereupon, she adds that
the same can be applied to the sphere of intellectuals. Knowledge
as ideology is the power of bourgeois society, but the proletariat can
notice that knowledge can be power as ideology for them as well. This
knowledge is seen as »a lever of class struggle« and as »the revolutionary consciousness of working masses.«
In »Stagnation and Progress of Marxism,« Luxemburg underlines
the stagnation in Marxism because »the substance of that theory re-
46 Ibid.
47 Ibid.
48 Rosa Luxemburg: The National Question and Autonomy, in: Rosa Luxemburg Internet Archive, 16.5.2020 Online: www.marxists.org/archive/luxem
burg/1909/national-question/ch05.htm.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
131
mains just where the two founders of scientific socialism left it.«49
According to Luxemburg, it is necessary to improve Marxism, and
one of the fields to be improved is Marx’s materialist-dialectical conception of history because it remains »unelaborated and sketchy.«50
Luxemburg believes that it is wrong to claim that there are no deficiencies in Marxism or that there are no gaps in Marxist theory. She
tries to show the poverty of some Marxists who, for a long time, believed that the first volume of »Capital« had solved a fundamental
economic problem but, in fact, without third and second volumes,
Marx’s theory of capitalism is incomplete. In this regard, it seems that
Gramsci agrees with Luxemburg about the development of Marxism.
In one of his notebooks (Q3, § 31), while discussing the development
of Marxist theory, Gramsci refers to Luxemburg and writes that »One
can say about the philosophy of Marxism what Luxemburg says about
the economic theory:51 in the romantic period of struggle, of popular
Sturm und Drang, all the interest is focused on the most immediate
weapons or on problems of political tactics. But as soon as a new type
of state comes into existence, it gives rise [concretely] to the problem
of a new civilization and hence to the need to elaborate more general
concepts, the most refined and decisive weapons.«52 Both Luxemburg
and Gramsci underscore the use of Marx’s theory as an essential mental weapon in the new cultural, political, economic and historical context. Both Luxemburg and Gramsci agree that in a new cultural, political and economic framework, it is necessary to create and elaborate
the concepts and weapons of Marxist theory. In this regard, Gramsci
addresses Antonio Labriola (1843–1904), who could put in circulation
49 Rosa Luxemburg: Stagnation and Progress of Marxism, in: Rosa Luxemburg Internet Archive, 16.5.2020. Online: www.marxists.org/archive/luxemburg/1903/
misc/stagnation.htm.
50 Ibid.
51 Gramsci refers to Luxemburg’s »Stagnation and Progress of Marxism«.
52 Antonio Gramsci: Types of Periodicals, in: Joseph A. Buttigieg (Ed.): Prison
Notebooks, vol. 2, New York 1996, p. 31.
132
Sevgi Doğan
his approach to the philosophical problem as an original contribution to Marxism in terms of the Italian context.53 However, Gramsci
criticizes those who consider practices superior to theory and regard
theory as a complement or an accessory of practice.54 In »Stagnation,«
Luxemburg affirms that »theory is an incomparable instrument of intellectual culture,«55 which Gramsci would disagree with as long as he
underlined the unity of theory and practice in terms of the philosophy
of praxis.
Gramsci, in another Notebook (Q4, § 46), again refers to Luxemburg’s »Stagnation« and her emphasis on »the impossibility of
dealing with certain questions of historical materialism insofar as they
have not yet become actual for the course of history in general or for
the history of a particular social group.«56 Every era has its particularity, its currents and its conceptions of the world. The task of historical
materialism is to deal with the problem of the particular historical
period by creating its ideology through culture and philosophy as well
as through struggle.
Luxemburg, in »Stagnation and Progress of Marxism,« talks about
the function of bourgeois culture as ideology. She, therefore, writes
that »in every class society, intellectual culture (science and art) is created by the ruling class; and the aim of this culture is in part to ensure
the direct satisfaction of the needs of the social process, and in part to
satisfy the mental needs of the members of the governing class.«57 In
the article, there are also some indications recalling the relationship
between Gramsci’s trilogy: hegemony, culture and ideology. As Gram53 Ibid.
54 Antonio Gramsci: Relation Between Science, Religion and Common Sense,
in Quintin Hoare/Geoffrey Nowell-Smith (Eds.): Selections from the Prison Notebooks of Antonio Gramsci, New York 1992, p. 334.
55 Luxemburg: Stagnation and Progress of Marxism.
56 Antonio Gramsci: Philosophy – Politics – Economics, in: Joseph A. Buttigieg (Ed.): Prison Notebooks, vol. 2, New York 1996, p. 197.
57 Luxemburg: Stagnation and Progress of Marxism.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
133
sci says, the ruling classes create their own cultural means to sustain
their hegemonies (Q29 § 3, 1935; Q6 § 10, 1930–1932). These hegemonic weapons are the intellectuals that Gramsci scrutinizes carefully
in Notebook 4 (Q4 § 49, 1930–1932). Gramsci, here, writes that every
class has their own intellectuals who keep their ideology going. In
a letter to his sister-in-law Tatiana Schucht (1887–1943), written in
1931, he states that the main category of hegemony is the intellectual one.58 While Luxemburg states that in class societies, the creator
of art and science, i. e. of intellectual culture, is the dominant class,
Gramsci makes similar statements when he refers to the creative class
of Renaissance culture in the Notebooks.59 The aim of this intellectual
culture is to satisfy the social needs and to please the dominant aspect
of the dominant class. It is in the service of the ruling classes.
It might not be surprising to find some similarities between Luxemburg’s and Gramsci’s thoughts on hegemony, ideology and culture. As understood from the »Notebooks« (Q16 § 9, 1933–1934),
Gramsci read Luxemburg’s »Stagnation and Progress of Marxism.«60
Luxemburg, of course, does not clarify the concepts of ideology, culture, and intellectuals as Gramsci does. While the progressive classes
are subjugated, they emerge with a new science and movements in
the arts against the old corrupt culture, thereby trying to establish
political sovereignty on intellectual dominance. This fact is similar to
Gramsci’s emphasis on the power of superstructure. In other words,
as the field of activities, culture, including ideology, art, and science,
determines the superstructure along with the political. Similar to
Gramsci, Luxemburg, in »The National Question,« highlights the
58 Antonio Gramsci: Lettera a Tatiana Schucht (7.10.1931), in: Aldo Natoli/
Chiara Daniele (Eds.): Lettere: 1927–1935, Torino 1997, p. 791.
59 Antonio Gramsci: The State, in: Quintin Hoare/Geoffrey Nowell-Smith
(Eds.): Selections from the Prison Notebooks, New York 1992, p. 264.
60 Antonio Gramsci: The Philosophy of Praxis and Modern Culture, in: Quintin Hoare/Geoffrey Nowell-Smith (Eds.): Selections from the Prison Notebooks, New York 1992, p. 392.
134
Sevgi Doğan
development of intellectuals under the capitalist system, the intellectuals who render a service to educate the people in the interest of
the dominant class. »Capitalist production requires not only specially
trained production managers but universal, elementary, popular education, both to raise the general cultural level of the people which creates ever growing needs, and consequently demand for mass articles,
and to develop a properly educated and intelligent worker capable of
operating large-scale industry. Hence, bourgeois society everywhere,
popular education and vocational training are indispensable. Consequently, we see public schools and numerous elementary, secondary,
and college teachers, libraries, reading rooms, etc.«61
Luxemburg underlines that bourgeois society not only requires a
certain production, exchange and communication for its existence
and development but also reveals specific intellectual relations within
the class contradictions.62 This cultural and intellectual development
helps the dominant class to realize its political hegemony. The capitalist,
being the dominant class, creates a new culture: »public education,
development of science, the flowering of learning, journalism, a specifically geared art.«63 The ruling class’s intellectual and cultural development brings the appearance of bourgeois ideology. »In a word, the
vulgar material process of capitalism creates a whole new ideological
›superstructure‹ with an existence and development which are to some
extent autonomous,« writes Luxemburg.64 She, therefore, accentuates
the importance of the proletariat’s intellectual development. According to her, the conditions of class struggle are not only created and
made possible »by modern political forms, democracy, parliamentarianism, but also open public life, with an open exchange of views and
conflicting convictions, an intense intellectual life.«65
61
62
63
64
65
Luxemburg: National Question and Autonomy.
Ibid.
Ibid.
Ibid.
Ibid.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
135
When Luxemburg writes that »revolutions are not ›made,‹«66 she
underscores the power of the masses who can introduce a serious
change in society and who can transform it. She continues to mark
that »great movements of the people are not produced according to
technical recipes that repose in the pockets of the party leaders.«67 The
task and duty of the masses are to create a transformation. There is no
ready recipe to direct the masses to rebel and to radically revolutionize
the society, but »a number of economic, political and psychological
factors« would decide »the success of the great popular movements.«68
Luxemburg, as a great follower of Marx, demonstrates how she evaluates the popular movement in a scientific way.
Ideology, in short, for Luxemburg, is »the medium through which
class struggle is conducted in theory,« as McCarney points out in
»The Real World of Ideology« (1980).69 The functions of ideas, beliefs,
discourses and thoughts are important for the emergence of class consciousness. This account is a functionalist claim for which Gramsci
criticizes Luxemburg along with other so-called Marxists.
Ideology: Gramsci
Unlike Marx, Gramsci, following Lenin, offers a different approach to
the concept of ideology. As Giuseppe Cospito puts it, Gramsci does
not place philosophy or idealism on its feet as Marx does but tries to
transcend and overcome it.70 Joseph V. Femia, in his book »Gramsci’s
Political Thought« (1981), provides a similar interpretation. Under the
subheading, »Base and Superstructure: The Role of Consciousness,«
he points out that Gramsci does not put speculative idealism on its
66
67
68
69
70
Luxemburg: Junius Pamphlet, p. 328.
Ibid.
Ibid.
Joe McCamey: The Real World of Ideology, Sussex 1980, p. 22.
Giuseppe Cospito: Introduzione a Gramsci, Genova 2015, p. 82.
136
Sevgi Doğan
feet as Marx does. Going further, he states that Gramsci has injected
some Marxist elements in his theory.71 His interpretation seems exaggerated because asserting that Gramsci adds some Marxist elements to
his doctrine means underestimating the place of Marx’s philosophy in
Gramsci’s thought. Carlos Nelson Coutinho, a Brazilian Gramscian,
affirms in »Lukács e Gramsci: un’analisi comparativa« (Lukács and
Gramsci: A Comparative Analysis, 2012)72 that ideology for Gramsci,
as for Lukács, is not only false consciousness but something that intervenes in the structure of social life and becomes almost a socio-ontological reality. Here, the interpretation of Coutinho is important for
emphasizing the socio-ontological character of ideology. The latter,
in this sense, is not estimated only as a tool, as can be found in Luxemburg. On the contrary, for Gramsci, ideology is a form of social
existence, the social manifestation of being. Here, there appears to be
a significant difference between Gramsci and Luxemburg.
In Gramsci’s philosophy, there are different meanings of ideology.
Here, two meanings might be mentioned: 1) ideology perceived as
false consciousness, and 2) ideology as a vision or understanding of a
world.73 Gramsci refers to the second meaning of ideology more than
to the first. It would be well worth mentioning Raymond Williams’
three definitions of ideology, common in Marxist thought and close
to Gramsci’s view: 1) »a system of beliefs characteristic of a particular class or group«; 2) »a system of illusory beliefs – false ideas or
false consciousness – which can be contrasted with true or scientific
knowledge«; and 3) »the general process of the production of mean-
71 Joseph V. Femia: Gramsci’s Political Thought: Hegemony, Consciousness,
and the Revolutionary Process, Oxford 1981, pp. 61–62.
72 Carlos Nelson Coutinho: Lukács e Gramsci: un’analisi comparativa, in Critica marxista, 1/2012, pp. 45–56.
73 Guido Liguori: Ideologia, in: Fabio Frosini/Guido Liguori (Eds.): Le parole
di Gramsci, Roma 2010, p. 140.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
137
ings and ideas.«74 The latter reminds us of Weltanschauung, the concept with which Gramsci describes Marxism.
Gramsci’s philosophy has an ontological structure, just like Marx’s.
Therefore, it can be said that he does ontology. Gramsci does not
ignore the Marxian elements or Marx’s conceptions. He uses them
for his socio-ontological analysis. This is not an ontology that can
be found in the philosophies of Aristotle or Hegel, but a Marxian
ontology that can be found in Marx’s »Economic and Philosophic
Manuscripts of 1844.« Gramsci strikingly accentuates culture because
he desires to understand the conditions in which the individuals try
to exist, to prove their existences and to experience their own lives.
Culture is an essential element for his ontology. Ideology, as an element of culture, is another critical element of existence. Moreover, it
opens up a place for politics in this ontology.
Following Marx, Gramsci also views ideology as a superstructure
element.75 He refers to structure and superstructure in different parts
of the »Prison Notebooks.« In Notebook 7, under the subheading
»Struttura e superstruttura« [Structure and superstructure] (Q7 § 24,
February 1931), Gramsci begins to describe how economy is the structure and ideology is the superstructure. Gramsci refuses any mechan-
74 Raymond Williams: Marxism and Literature, Oxford 1977, p. 55.
75 The article of Gianni Francioni, »L’estensione del concetto di ideologia in
Gramsci e la genesi delle sue articolazioni«, clarifies the development of the
category of ideology in »Notebooks« between 1929 and 1930. Francioni analyzes the cateogry of ideology in relation to some fundamental concepts
such as superstructure, philosophy, the conception of the world along with
religion, common sense and folklore. He considers all these concepts as a
member of a family of ideology in which he puts also hegemony, conformism, language, utopia, myth, etc. Gianni Francioni: L’estensione del concetto di ideologia in Gramsci e la genesi delle sue articolazioni, in: Francesca Antonini/Giuliano Guzzone (Eds.): Materialismo Storico: L’estensione
dell’ideologia folclore, religione, senso comune, buon senso, filosofi, Vol. 5,
Urbino 2018, pp. 130–149.
138
Sevgi Doğan
ical relationship between structure and superstructure.76 For him, the
material forces in the historical bloc are content and the form is ideology (Q7 § 21). This distinction between form and content becomes
»just heuristic because material forces would be historically inconceivable without form and ideologies would be individual fantasies
without material forces.«77
According to Gramsci, ideology, not directly but indirectly and
implicitly, is found in art, law, and economic activity. In other words,
in the expression of all individual and collective life, ideology demonstrates itself. For him, ideology is the domain of the struggle of Marxism and Leninism.78 Gramsci recalls that in Italy (other than Antonio
Labriola), Marxism is studied by bourgeois intellectuals rather than
by revolutionaries. They do this both to misrepresent Marxism and to
use it for bourgeois politics.79 They, in a few words, do so in order to
spread their ideology and to defame the opposing one. Unlike Marx,
Gramsci sets forth that a party must focus on the field of ideology and
systematize its activities in the ideological sphere.80
Gramsci, in his writings, seeks to reveal the nature and role of ideology along with politics in the process of history. Before everything
else, he denies »the traditional mechanistic interpretation of cause
and effect in the relation between structure and superstructure.«81 The
noble cause of his theory is to comprehend and to reflect upon the
culture in which the working class was defeated and fascism came to
power. The culture as a superstructure is a determining and crucial
76 Giuseppe Cospito: The Rhythm of Thought in Gramsci: A Diachronic Interpretation of Prison Notebooks, Leiden 2016, p. 23.
77 Antonio Gramsci: Validity of Ideologies, in: Joseph A. Buttigieg (Ed.): Prison Notebooks, Vol. 3, New York 2007, p. 172.
78 Antonio Gramsci: L’Ordine nuovo (May 1925), in: Eugenio Garin: Intellettuali del XX secolo, Roma 1987, p. 322–323.
79 Ibid., p. 323.
80 Szabó: Dittatura, p. 497.
81 Joseph A. Woolcock: Politics, Ideology and Hegemony in Gramsci’s Theory,
in: Social and Economic Studies 3/1985, vol. 14, pp. 200–201.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
139
element for the comprehension of ideology, which is settled in civil
society. Gramsci’s conception of civil society is different from that of
Marx. He writes as follows:
»[…] what we can do for the moment, is to fix two major superstructural »levels«, the one that can be called »civil society«, that is, the ensemble
of organisms commonly called »private‹, and that of »political society«
or the State. These two levels correspond on the one hand to the function of »hegemony« which the dominant group exercises throughout society, and on the other hand to that of »direct domination« or command
exercised through the State and »juridical« government.«82
According to Gramsci, the distinction between civil society and political society is methodical but not organic. He condemns the idea
that economic activity belongs to civil society and that political society does not have to intervene in its regulation. But for him, in the
concrete historical life, political society and civil society are the same
(Q4, § 38).
Civil society, in Gramsci’s philosophy, includes both structure and
superstructure. For both Marx and Gramsci, civil society is the theatrical scene of history. Gramsci places the hegemonic relations in
civil society, in which one can find the bourgeois hegemony. It might
be said that Gramsci’s theory is based on the theory or concept of
hegemony. This theory includes many elements such as classes, ideology, the theory of intellectuals, and the theory of culture/new culture.
Ideology is the crucial element to understand the theory of hegemony. Moreover, ideology is fundamental to construct an intellectual
and moral structure of the hegemony of the working class. »For the
Italian Marxist theorist, Antonio Gramsci, the ruling intellectual and
cultural forces of the era constitute a form of hegemony, or domina82 Antonio Gramsci: The Intellectuals, in: Quintin Hoare/Geoffrey Nowell-Smith
(Eds.): Selections from the Prison Notebooks, New York 1992, pp. 3–23.
140
Sevgi Doğan
tion by ideas and cultural forms which induce consent to the rule of
the leading groups in a society.«83 Culture as an element of ideology
paves the way to the hegemony of classes. Gramsci, in this regard, describes ideology as follows: »[…] material forces are the content and
ideologies the form, though the distinction between the form and the
content has purely ›didactic‹ value, since the material forces would
be inconceivable historically without form, and ideologies would be
individual fancies without the material forces.«84 According to Gramsci, the meaning of ideology has changed throughout history. In the
»Prison Notebooks,« Gramsci writes that »›Ideology‹ was an aspect
of ›sensationalism‹, i. e. eighteenth-century French materialism.«85 It
was the science of ideas and, as a scientific method, the analysis was
applied and therefore it means an analysis of ideas and investigation
of the origin of ideas. Unlike Marx, Gramsci characterizes ideology as
science, the science of ideas. He affirms that the concept of ideology
has changed from the meaning of science of ideas to a specific system
of ideas86 that needs to be examined historically.87 Ideology, for him,
must be analyzed historically based on the philosophy of praxis.88
In order to establish his theory of the historical bloc, Gramsci
needed to discover the real relation of superstructure to structure, of
form to content. Gramsci, therefore, attempted to uncover the following misunderstanding of ideology: »1. ideology is identified as distinct from the structure, and it is asserted that it is not ideology that
83 Meenakshi Gigi Durham/Douglas M. Kellner (Eds.): Media and Cultural
Studies: KeyWorks, Oxford 2012, p. 3.
84 Antonio Gramsci: The Concept of ›Ideology‹, in: Quintin Hoare/Geoffrey
Nowell-Smith (Eds.): Selections from the Prison Notebooks of Antonio
Gramsci, New York 1992, pp. 375–377. This passage is from the Prison
Notebook 4 (Q4), § 35. See also: Antonio Gramsci: Ideologies, in: Joseph A.
Buttigieg (Ed.): Prison Notebooks, Vol. 3, New York 2007, pp. 170–171
85 Gramsci: ›Ideology‹, p. 375.
86 Ibid., pp. 375–376.
87 Ibid., p. 376
88 Ibid.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
141
changes the structures but vice versa; 2. it is asserted that a given political solution is ›ideological‹ – i. e. that it is not sufficient to change
the structure, although it thinks that it can do so; it is asserted that
it is useless, stupid, etc.; 3. one then passes to the assertion that every
ideology is ›pure‹ appearance, useless, stupid, etc.« (Q7 § 19).89
Engels, in a letter written to Franz Mehring on July 14, 1893, describes the misconception of ideology as follows: »Ideology is a process accomplished by the so-called thinker consciously, indeed, but
with a false consciousness. The real motives impelling him remain
unknown to him, otherwise it would not be an ideological process at
all.«90 In the continuation of his letter, he states that ideologues are
wrong about them (Marx and Engels) because, in reality, they both
do not think that the different ideological areas involved in history
have an independent historical development. Hence, they accept that
these various ideological areas have a significant impact on history.
Dialectic does not deny mutual influence. However, their thoughts
are based on the »undialectical conception of cause and effect as rigidly opposite poles,«91 so they are mistaken. According to Engels, the
reason for their misconception is that they »deliberately forget that
once an historic element has been brought into the world by other elements, ultimately by economic facts, it also reacts in its turn
and may react on its environment and even on its own causes.«92 The
multi-faceted effect of the events and phenomena, or the mutual effect, therefore, is forgotten. Gramsci evaluates this letter of Engels in
his »Notebooks.« According to Guido Liguori, Engels’ ideas produce
a positive perception of ideology as an effective engine by Gramsci.93
89 Ibid.
90 Friedrich Engels: Engels to Franz Mehring, 14.7.1893, in: Marx Engels Internet Archive, 16.5.2020. Online: https://www.marxists.org/archive/marx/
works/1893/letters/93_07_14.htm.
91 Ibid.
92 Ibid.
93 Liguori: Ideologia, p. 134.
142
Sevgi Doğan
When one looks at the terms used by Engels, the expression »having
any effect on history«94 gives to Gramsci the idea that ideology does
affect the motor power influencing history. Thereafter, Gramsci starts
to have a positive perception of ideology.95
Gramsci, in his pre-prison essay »Astrattismo e intransigenza,«
written in 1918, criticizes Marx for making fun of ideologies. He, in
these early writings, states that Marx himself was an ideologue as well
as a real political and revolutionary man.96 In his Notebooks, Gramsci’s approach to ideology and his critique of Marxism become much
clearer. For Gramsci, Marxism is a moment in modern culture (un
momento della cultura moderno). He writes that one of the greatest
weaknesses of immanentist philosophies in general consists precisely
in not having been able to create an ideological unity between the low
(vulgar/base) and the high (top), between the »simple« (semplici) and
the intellectuals (Q11, § 12).
94 Engels to Mehring.
95 Fabio Frosini believes that Gramsci in »Notebooks« seeks to succeed in two
task: on the one hand, he deals with redeeming Marx from the crocean
influence, on the other hand he wants to positively develop a theory of
ideology without reducing it only into a mere falsity. Fabio Frosini: Ideologie, superstrutture, linguaggi nei Quaderni del carcere di Antonio Gramsci, in: Francesca Antonini/Giuliano Guzzone (Eds.): Materialismo Storico:
L’estensione dell’ideologia folclore, religione, senso comune, buon senso,
filosofi, Vol. 5, Urbino 2018, p. 51.
96 Antonio Gramsci: Astrattismo e intransigenza (May 1918), in: Sergio Caprioglio (Ed.): Il nostro Marx: 1918–1919, Torino 1984, p. 17. Gramsci, in this
article, writes that: »Marx laughs at ideologies, but he is an ideologue as a
current politician, as a revolutionary. The truth is that ideologies are laughable when they are pure chatter, when they are aimed at creating confusions,
deluding and enslaving potentially antagonistic social energies, to an end
that is foreign to these energies. […] But as a revolutionary, that is, a current
man of action, he cannot disregard ideologies and practical schemes, which
are potential historical entities, in formation.«
(Re)Reading the Notion of Ideology:
143
The following quotation is worth repeating at length here because
Gramsci explicitly distinguishes himself from Marx regarding the notion of ideology:
»The source of Croce’s theory on ideologies – recently repeated in his
review of Malagodi’s booklet in La Critica – is obviously Marxist: ideologies are practical constructs, they are instruments of political leadership. Croce’s theory, however, reproduces only one part, the critical-destructive part, of Marxist theory. For Marx, ›ideologies‹ are anything but
appearances and illusions: they are an objective and operative reality; they
just are not the mainspring of history, that’s all. It is not ideologies that
create social reality but social reality, in its productive structure, that creates ideologies. How could Marx have thought that superstructures are
appearance and illusion? Even his theories are a superstructure. Marx explicitly states that humans become conscious of their tasks on the ideological
terrain of the superstructures, which is hardly a minor affirmation of ›reality‹, and the aim of his theory is also, precisely, to make a specific social group
»become conscious« of its own tasks, its own power, its own coming-into-being. But he destroys the ›ideologies‹ of the hostile social groups; those
›ideologies‹ are in fact practical instruments of political domination over
the rest of society, and Marx shows how they are meaningless because
they are in contradiction with actual reality. Intellectually, Croce is in a
bad position.«97
It seems that the difference between Marx and Gramsci regarding
our argument, i. e. the concept of ideology, is that Gramsci in the
»Notebooks« designs and establishes ideology as a conception of the
world (for Marx, it is bourgeois ideology) and as a place of the constitution of collective subjectivity, actually, for all fundamental classes.
Ideology has a constitutive role not only in the revolutionary struggle
97 Antonio Gramsci: Croce and Marx, in: Joseph A. Buttigieg (Ed.): Prison
Notebooks, vol. 2, New York 1996, p. 157, my emphasis.
144
Sevgi Doğan
but also for the ruling class in the struggle from liberal-democratic to
authoritarian-conservative.
The ideological tools in a constitutive manner can be comprehended through an analysis of some current political regimes and their
policies which, in general, aim to maintain the traditional view of
society, which is conservative. It is especially schools and the media,
in this respect, that take this in charge. These institutions remind the
citizens of their ancestry, how they can remain faithful to their ancestry, and how they can resemble them instead of developing the
mentality of citizenship.98 In this way, they constitute their hegemony
in an ideological sphere. The school is the main institution that the
traditionalist is quite aware of.
Conclusion
For Gramsci, Marxism has nourished and determined some currents,
but this situation is unfortunately overlooked, especially by the »official« representatives of Marxism (Q4 § 3).99 According to him, Marxism includes a dual composition. On the one hand, certain elements
of Marxism are directly and indirectly absorbed by some idealist currents, such as Croce, Sorel, Bergson and pragmatists (Q4 § 3).100 On
the other hand, the »official« Marxists are engaged in finding a philosophy that would include Marxism, and they find it either in the
idealistic currents of Kantianism, as Max Adler did, or in the modern
derivative of vulgar materialist philosophy (Q4 § 3).101 Referring to
98 Ali Mezghani: Tamamlanmamış Devlet: Arap Ülkelerinde Hukuk Sorunu,
İstanbul 2015, p. 153.
99 Antonio Gramsci: Two Aspects of Marxism, in: Joseph A. Buttigieg (Ed.):
Prison Notebooks, vol. 2, New York 1996, p. 140.
100 Ibid.
101 Ibid., p. 140–141.
(Re)Reading the Notion of Ideology:
145
Labriola at this point, he insists that his Marxism is an independent
and original philosophy and that it is separated from the two.
Gramsci states that a party should focus on the field of ideology
and make its activities systematic in the ideological sphere. In this area
of ideology, it must be a militant task to raise awareness of the Marxist-Leninist doctrine. In contrast to Marx, he does not view ideology
only as false consciousness. Luxemburg, on the other hand, considers
ideology as false consciousness but, as seen in some of her writings,
she seems closer to Gramsci than to Marx regarding the concept of
ideology when her understanding of ideology is evaluated in terms of
her theory of consciousness and her conception of intellectuals: the
relationship between the intellectuals and the masses. However, it is
worth mentioning that even if Marx and Engels regard (bourgeois)
ideology as false consciousness and consider it as »a system of beliefs
founded on a class position,«102 this does not mean that they deny
one of Williams’ classifications of ideologies mentioned above: »the
general process of the production of meanings and ideas.« The contributions of Marxists such as Luxemburg, Gramsci, and Lenin can
be seen as a kind of development of Marx’s own ideas and those of
Marxism or an application of them in specific and different historical and national contexts. This continuity with Marx’s ideas emerges
by a harsh critique, a scientific interpretation and a contradiction or
conflict with Marxist elements. To conclude, one can respect Lenin’s
differentiation between socialist ideology as scientific and bourgeois
ideology as one-sided and partial. The post-Marxist changes radically
begin with Luxemburg and Marx but with a departure from classical Marxist understanding. The change and transformation from the
classical Marxist tradition resulting in this critical Marxism at the end
of the 19th century relied on a body of theory and praxis in relation
to ideology.
102 Kai Nielsen: The Concept of Ideology: Some Marxist and Non-Marxist
Conceptualizations, in: Rethinking Marxism 4/1989, vol. 2, p. 148.
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6.
Rosa Luxemburg, »deutsches Denken« und
die These vom »künstlichen« Lodz
Soonim Shin
Der polnische Historiker Krzysztof Woźniak spricht von einer »Auseinandersetzung«1, von einem »Streit« über die »Entstehung« der »Industriestadt Lodz« »zwischen polnischen, deutschen und jüdischen
Autoren«2. Die Frage ist, wer diese Stadt geschaffen hat. In der Literatur gebe es »entsprechend der Nationalität der jeweiligen Verfasser
drei Trends«, »drei Strömungen« der Geschichtsschreibung, berichtet
Woźniak: »Die deutschen Verfasser betonten die Größe […] der industriellen Pioniertat ihrer Landsleute. Die jüdischen Autoren unterstrichen die Verdienste der Juden als Initiatoren des Verlagswesens
im Textilgewerbe. Für die polnischen Historiker besaß die Frage nach
dem Beginn der Lodzer Industrie noch eine zusätzliche Dimension;
denn sie bedeutete zugleich die Frage nach den Anfängen des Kapitalismus auf polnischem Boden […] und ob er dabei aus eigenen
Kräften entstanden oder von außen hereingetragen worden sei.«3 Im
Verlagssystem stellte ein Verleger den Arbeiterinnen und Arbeitern
Webstühle und Rohstoffe zur Verfügung, damit sie in Heimarbeit
Textilien herstellen; diese Produkte vermarktete der Verleger, nicht
1
2
3
Krzysztof Woźniak: Die Industriestadt Lodz. Der Streit um ihre Entstehung
zwischen polnischen, deutschen und jüdischen Autoren, in: Jürgen Hensel
(Hrsg.): Polen, Deutsche und Juden in Lodz 1820–1939. Eine schwierige
Nachbarschaft, Osnabrück 1999, S. 85.
Ebd., S. 67.
Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 67, 68.
152
Soonim Shin
die Arbeiterinnen und Arbeiter.4 Das Verlagswesen hatten die Juden
in Lodz eingeführt.
An diesem Streit, so Woźniak, habe sich auch Rosa Luxemburg
mit ihrer Dissertation »Die industrielle Entwicklung Polens« von 1898
beteiligt. Woźniak sagt, Luxemburg komme aus einer »jüdischen« Familie.5 Diese jüdische »Nationalität« dürfe »aber kein Beurteilungskriterium für das Werk«, also für Luxemburgs Doktorarbeit, bilden:
»Geistig« sei Luxemburg – trotz ihrer jüdischen Herkunft – »dem
deutschen Denken verhaftet« – »in dieser Sprache« sei ja auch ihre
Arbeit geschrieben; deshalb müsse ihre Doktorarbeit »zur deutschen
Literatur gerechnet« werden.6
Elżbieta Ettinger (1925–2005) kritisierte 1990 in ihrer Biographie
»Rosa Luxemburg. Ein Leben«, dass Luxemburg »in vielen Publikationen als ›deutsche Revolutionärin‹ bezeichnet« werde, und zwar
»ungeachtet ihrer prominenten Rolle im polnischen Sozialismus«:
Dass Luxemburg als »deutsche Revolutionärin« gesehen werde, deute
»nicht nur auf Ignoranz« hin, sondern sei auch »ein Zeichen für die
allgemeine Verwirrung, die um sie herrscht«.7
Der Streit um Luxemburgs Zugehörigkeit zu Polen
Maciej Górny und Kornelia Kończal zufolge zieht sich der »einst verbissen geführte Streit darüber, ob Rosa Luxemburg eine [polnische]
›Einheimische‹ oder aber eine Fremde sei […] bis heute hin«.8 Der
polnische Sozialist Adam Ciołkosz (1901–1978) etwa habe geschrie4
5
6
7
8
Karl Borromäus Murr: Textilindustrie, 20.2.2018, unter: https://www.histo
risches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Textilindustrie.
Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 72.
Ebd.
Ettinger: Rosa Luxemburg, S. 10.
Maciej Górny/Kornelia Kończal: Rosa Luxemburg. Alle Namen der Rose,
in: Hans Henning Hahn/Robert Traba (Hrsg.) unter Mitarbeit von Maciej
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
153
ben, dass »Rosa Luxemburgs Größe nicht aus polnischem Boden hervorging«; vielmehr sei Luxemburg »ein Kind der deutschen geistigen
Kultur«.9 Auch der polnische Historiker Norbert Michta (1923–2016)
habe Luxemburgs Haltung als charakteristisch für »jemanden, der keinen Bezug zu Land und Volk hat« bezeichnet.10 Der Kommunist Józef
Zawadzki kritisierte Michtas Sicht – und auch die des polnischen Historikers Jan Sobczak (1932–2013) – mit diesen Worten: »Verwundern
muss auch, warum Sobczak, Michta und einige andere Autoren mit
aller Gewalt sich bemühen, Rosa aus der polnischen Arbeiterbewegung hinauszuwerfen, und sie mit allem Eifer der deutschen Sozialdemokratie als ausschließliches Eigentum abzugeben.«11 Gegen Sobczak,
Michta und Ciołkosz wandte sich auch Józef Żuraw, Dozent an der
Pädagogischen Hochschule in Częstochowa, als er 2009 schrieb, dass
seine »Landsmännin« Luxemburg »ein Kind der polnischen Kultur«
gewesen sei: Sie »lebte mit und in ihr, verteidigte sie und ließ sich von
ihr sowohl im persönlichen, privaten Bereich als auch im Öffentlichen leiten«.12
Die Frage, ob Luxemburg als Polin anzusehen ist oder nicht, ist bei
Woźniak mit der Frage verknüpft, ob sie im Streit um die Entstehung
von Lodz richtig geurteilt hat, also nicht in unsachlicher Weise für
die von deutschen Historikern vertretene Meinung Partei ergriffen
hat. Daher soll erst einmal die Streitfrage thematisiert werden – und
danach die sich daran knüpfenden Vorwürfe Woźniaks, Luxemburg
sei parteiisch gewesen.
Górny und Kornelia Kończal: Deutsch-Polnische Erinnerungsorte. Band 2:
Geteilt / Gemeinsam, Paderborn 2014, S. 570.
9 Ebd.
10 Ebd., S. 569.
11 Ebd., S. 570.
12 Ebd.
154
Soonim Shin
Die Streitfrage, wer die Großstadt Lodz geschaffen hat
Woźniaks Frage ist letztlich, welche »Nationalität« – so sein Begriff –
die Industriestadt Lodz geschaffen hat: Er fragt, ob die eigentlichen
Gründer von Lodz der deutschen, jüdischen oder polnischen »Nationalität« angehörten. In diesem Sinne sagt auch der polnische Historiker Wiesław Puś, dass es in Lodz eine »Koexistenz dieser drei Nationalitätengruppen«, nämlich von Deutschen, Juden und Polen, gegeben
habe.13 Diese Begrifflichkeit ist aber hochproblematisch. So bemerkt
der deutsche Historiker Wolfgang Wippermann mit Blick auf die
»Rolle der Juden« in der »deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte«,
dass ein eigener »Nationsbegriff […] auf Juden nicht anwendbar ist«.14
Aber auch wenn – ohne sich auf die »Nationalität« zu beziehen –
nur gefragt wird, ob Deutsche, Juden oder Polen Lodz gegründet
haben, so ist auch diese Formulierung mit der darin enthaltenen
Kategorisierung noch immer problematisch: Waren die Juden, die
in Lodz wohnten, etwa keine Polen? Oder waren sie nicht vielmehr
Polen jüdischer Herkunft? Und gab es nicht auch jüdische Deutsche,
die ab 1826 nach Lodz kamen? Müsste also nicht eher gefragt werden,
ob (christliche und jüdische) Deutsche oder aber jüdische Polen oder
christliche Polen Lodz geschaffen haben? Zu klären ist, ob es jüdische
Deutsche in Lodz gab – und vor allem, ob die in Lodz lebenden Juden
jüdische Polen waren. Dazu wird kurz dargestellt, wie die Großstadt
Lodz entstanden ist.
13 Wiesław Puś: Die Berufs- und Sozialstruktur der wichtigsten ethnischen
Gruppen in Lodz und ihre Entwicklung in den Jahren 1820–1914, in: Jürgen Hensel (Hrsg.): Polen, Deutsche und Juden in Lodz 1820–1939. Eine
schwierige Nachbarschaft, Osnabrück 1999, S. 33.
14 Wolfgang Wippermann: Probleme und Aufgaben der Beziehungsgeschichte zwischen Deutschen, Polen und Juden, in: Stefi Jersch-Wenzel (Hrsg.):
Deutsche – Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20.
Jahrhundert, Berlin 1987, S. 9.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
155
Die »Bevölkerungsexplosion« in Lodz:
Vom Dorf zur Großstadt
Mit etwa 700 000 Einwohnern ist Lodz heute die drittgrößte Stadt in
Polen – nur die Hauptstadt Warschau sowie Krakau zählen mehr Einwohnerinnen und Einwohner. Noch vor 200 Jahren war Lodz allerdings nur ein kleiner Ort: 1820 hatte Lodz nur 767 Einwohner.15 Noch
nicht einmal 100 Jahre später aber, im Jahr 1914, lebten in der Stadt
mehr als 500 000 Menschen.16 Das war eine »Bevölkerungsexplosion«.17
Wie lässt sich dies erklären? Lodz entwickelte sich »aus einer kleinen Siedlung zu einem riesigen Industriezentrum« und wurde deshalb
»polnisches Manchester«, »Manchester des Ostens« oder »deutsches
Manchester« genannt.18 Der Schriftsteller Israel Joshua Singer (1893–
1944) bezeichnete Lodz in seinem Roman »Die Brüder Aschkenasi«
(1933) als »jüdisches Lodz, ein Jerusalem auf polnischem Boden«.19
Von den 767 Einwohnern, die 1820 in Lodz lebten, waren etwa zwei
Drittel polnische Christen und ein Drittel polnische Juden20 – vor der
»Bevölkerungsexplosion« lebten also keine Deutschen in Lodz.
1815 wurde Polen zwischen Russland, Preußen und Österreich neu
aufgeteilt.21 Im gleichen Jahr machte der russische Zar Alexander I. einen Teil von Russisch-Polen (»Kongresspolen«) zum »Königreich Po-
15
16
17
18
Wiesław Puś: Die Berufs- und Sozialstruktur, S. 33.
Ebd., S. 37.
Ebd., S. 33.
Paweł Samuś: Lodz. Heimatstadt von Polen, Deutschen und Juden, in: Jürgen Hensel (Hrsg.): Polen, Deutsche und Juden in Lodz 1820–1939. Eine
schwierige Nachbarschaft, Osnabrück 1999, S. 13.
19 Israel Joshua Singer: Die Brüder Aschkenasi, München 1986, S. 477.
20 Puś: Die Berufs- und Sozialstruktur, S. 33.
21 Fritz Peter Habel/Helmut Kistler: Deutsche und Polen. Teil 1. Von der Entstehung des polnischen Staates bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges, in:
Informationen zur politischen Bildung 142, 1970, S. 12.
156
Soonim Shin
len«;22 der Zar wurde damit zugleich »König von Polen«23 – und das
»Königreich Polen« wurde dadurch ein Teil von Russland. Hauptstadt
dieses russischen Königreichs war Warschau.24 Auch Lodz gehörte
zum russischen Königreich Polen – und so erklärte 1821 die Regierung dieses Königreichs Lodz zur Fabriksiedlung.25 Ab 1826 siedelten sich Deutsche als Handwerker und Unternehmer in Lodz an, es
kamen aber auch Juden und Polen.26 Die Deutschen waren Weber
und Textilspezialisten.27 Zu Beginn des Ersten Weltkrieges lebten in
Lodz etwa 250 000 polnische Christen, 160 000 polnische Juden und
70 000 Deutsche.28
Juden in Polen: Keine »Randgruppe« der Gesellschaft,
sondern »Kerntruppe« der Könige
Waren unter den ab 1826 nach Lodz gekommenen Deutschen auch Juden? Singer berichtet in seinem Roman »Die Brüder Aschkenasi« davon, dass mit den deutschen Webern, die meistens auch Kleinbauern
waren, »evangelisch-lutherische Pastoren samt ihren Familien nach
Polen kamen, um in dieser Brutstätte der Papisterei über den protestantischen Glauben zu wachen«.29 Sei ein Jude in dieser Anfangszeit
einmal zufällig in den von den Deutschen bewohnten abgelegenen
Teil von Lodz geraten, so hätten ihm Jugendliche Steine nachgewor22
23
24
25
26
27
Ebd., S. 13.
Elżbieta Ettinger: Rosa Luxemburg. Ein Leben, Bonn 1990, S. 18.
Ebd.
Puś: Die Berufs- und Sozialstruktur, S. 33.
Ebd.
Wiesław Puś/Stefan Pytlas: Industry and Trade in Łódź and the Eastern
Markets in Partitioned Poland, in: Uwe Müller/Helga Schultz (Hrsg.): National Borders and Economic Disintegration in Modern East Central Europe, Berlin 2002, S. 67 f.
28 Puś: Die Berufs- und Sozialstruktur, S. 37.
29 Singer: Die Brüder Aschkenasi, S. 11.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
157
fen und »mit dem alten Ruf ›Hepp, Hepp, Jude‹« die Hunde auf ihn
gehetzt.30 Unter den nach Lodz gekommenen Deutschen waren also
offenbar keine Juden. Zu fragen ist dann nur noch, ob die Juden in
Lodz Polen – und zwar jüdische Polen – waren.
Zwar bezeichnen die »uns zur Verfügung stehenden Quellen« die
vor den Kreuzfahrern 1097 oder 1098 aus Prag geflohenen Juden als
»die ersten Juden« in Polen; dem polnischen Historiker Maurycy
Horn (1917–2000) zufolge fehlen aber die »Berichte über die ersten
Niederlassungen von Juden auf polnischem Boden«.31 Juden, so Horn,
hatten sich also schon vor 1097 in Polen niedergelassen, auch wenn
die vorhandenen Quellen dazu nichts überliefern. In der zweiten
Hälfte des 13. Jahrhunderts waren die Juden »eine ziemlich große Bevölkerungsgruppe« in Polen; im Statut von Kalisz garantierte ihnen
Fürst Boleslaw 1264 die »Freiheit der Religionsausübung« und »freien Handel«.32 Das Statut von Kalisz habe jedoch eine »Gegenaktion
des Klerus« hervorgerufen: »1267 beschloss das Konzil von Breslau
[…], für die Juden gesonderte, von den Christen getrennte Viertel
zu schaffen und ihre Bewohner zum Tragen besonderer Abzeichen zu
verpflichten. Den Juden wurde untersagt, Ämter zu bekleiden […],
bei denen Christen ihre Untergebenen gewesen wären.«33
Allerdings bestätigte Kasimir der Große 1334 das Statut von Kalisz
und unterstützte die weitere Ansiedlung von Juden in Polen; Kasimirs Beschluss blieb »bis zur Teilung Polens [1772] „das grundlegende
Dokument für die allgemeine rechtliche Stellung der Juden« in Po-
30 Ebd., S. 13. Zum Ursprung des Ausrufes vgl. Jacob Katz: Die Hep-Hep-Verfolgungen des Jahres 1819, Berlin 1994.
31 Maurycy Horn: Wirtschaftliche Tätigkeit der polnischen Juden im Mittelalter unter Berücksichtigung des Siedlungswesens, in: Stefi Jersch-Wenzel
(Hrsg.): Deutsche – Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis
ins 20. Jahrhundert, Berlin 1987, S. 49–51.
32 Ebd., S. 52.
33 Ebd., S. 52 f.
158
Soonim Shin
len.34 Für den deutschen Historiker Winfried Schich erreichte »die
herrschaftliche Schutzpolitik gegenüber den Juden« mit Kasimirs
Garantien einen »Höhepunkt«, jedoch seien »die Juden in Polen im
späten Mittelalter« dadurch nicht »vor Behinderungen und vor Pogromen bewahrt« geblieben; die Christen hätten sie als »Sündenböcke
für die verschiedenartigsten Schwierigkeiten verantwortlich machen«
können.35 Schich stimmt dem tschechoslowakischen Historiker František Graus (1921–1989) zu, der die Juden 1981 eine »Sondergruppe
am Rande der Gesellschaft« genannt hatte.36 Und Horn wies darauf
hin, dass auch reiche Juden nur durch die Taufe Bürger oder Adlige werden konnten.37 Dabei sagte er jedoch auch, dass der polnische
Adel »in finanzielle Abhängigkeit von den Juden« geriet; zum Beispiel
seien Kasimir der Große, Ludwig I., Königin Hedwig und Władisław
Jagiełło »sowie viele andere Würdenträger« Kreditnehmer des jüdischen Bankiers Lewko und seiner Söhne in Krakau gewesen.38 Die
deutsche Historikerin Stefi Jersch-Wenzel (1937–2013) sagte über die
Juden in Polen, dass sie als Kaufleute, aber auch als Pächter, Verleger,
Handwerker und Gastwirte »über die Jahrhunderte einen wesentlichen Bestandteil des städtischen und ländlichen Wirtschaftslebens«
bildeten; ihre Erfahrungen brachten sie »bei der Herausbildung eines modernen städtischen Bürgertums in Polen« ein.39 Auch wenn
34 Ebd., S. 53. Zur Teilung Polens vgl. Anja Ströbel: Die polnischen Teilungen –
Ein analytischer Vergleich, in: Riccardo Altieri/Frank Jacob (Hrsg.): Spielball der Mächte – Beiträge zur polnischen Geschichte, Bonn 2014, S. 14–36.
35 Winfried Schich: Zum Problem der Juden in der frühen deutschrechtlichen
Stadt im östlichen Mitteleuropa, in: Stefi Jersch-Wenzel (Hrsg.): Deutsche –
Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert,
Berlin 1987, S. 101.
36 Ebd.
37 Horn: Wirtschaftliche Tätigkeit der polnischen Juden, S. 63.
38 Ebd., S. 58.
39 Stefi Jersch-Wenzel: Einführung, in: Stefi Jersch-Wenzel (Hrsg.): Deutsche –
Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert.
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»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
159
christliche Kleriker die Juden zu einer »Randgruppe« machen wollten,
so konnten sich die Juden als Protagonisten einer fortschrittlichen
Ökonomie in Polen jahrhundertelang behaupten und ihre Rolle als
königsnahe »Kerntruppe« verteidigen. Auch die Juden in Lodz waren
daher Polen – und zwar jüdische Polen. Die Eingangsfrage ist also so
zu formulieren: Wer hat Lodz geschaffen – Deutsche, jüdische Polen
oder christliche Polen?
Woźniaks Vorwurf, Luxemburg teile die
»sozialökonomische Sicht« ihres Doktorvaters Julius Wolf
In seinem Aufsatz zum »Streit« über die »Entstehung« der »Industriestadt Lodz« versucht Woźniak zu begründen, dass Luxemburg »dem
deutschen Denken verhaftet« sei und dass ihre Arbeit »zur deutschen
Literatur gerechnet« werden müsse. Was sind Woźniaks Argumente?
Woźniak sagt, Luxemburgs Doktorarbeit verrate »deutlich die geschichtswissenschaftliche und sozialökonomische Sicht« ihres Doktorvaters Julius Wolf (1862–1937); Wolf sei ein »führender Vertreter
der jüngeren historischen Schule in der Wirtschaftswissenschaft« gewesen.40 Von der »bis dahin üblichen Geschichtsschreibung« sei eine
»Glorifizierung der Verdienste von Herrschern, Politikern oder Feldherren« betrieben worden. Die historische Schule der Wirtschaftswissenschaften habe diese »Glorifizierung« durch eine neue Verherrlichung, nämlich durch »die neue Apotheose des kapitalistischen
Unternehmertums […] ersetzt«.41 Es werde, so Woźniak, ein »Kult«
um die sogenannten »Pioniere der Industrie«, also um deutsche Unternehmer und Fabrikherren, veranstaltet, der sich »wie ein roter Faden durch die deutschen Arbeiten über Lodz« ziehe.42
40 Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 68.
41 Ebd., S. 69.
42 Ebd.
160
Soonim Shin
Wenn Luxemburg in ihrer Doktorarbeit »dem deutschen Denken
verhaftet« ist, wie Woźniak behauptet, dann müsste sie also den Kapitalismus und die deutschen Kapitalisten in Lodz verherrlichen. Tut
Luxemburg das? Nein. Luxemburg schreibt etwa in ihrer Dissertation:
»Polen, das ehemals so sehr eigenartige Land in sozialer Beziehung,
ist jetzt ein typisches kapitalistisches Land geworden. Der mechanische Webstuhl und der Dampfmotor haben es der originellen Physiognomie beraubt und ihm das nivellierende internationale Gepräge
aufgedrückt. Schon im Jahre 1884 hatte Polen die spezifisch kapitalistische Krankheit – die erste große Krise – durchgemacht.«43 Mitte
der Achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts war es nämlich zum »Kampf
zwischen Lodz und Moskau« gekommen; um Moskaus Industrie zu
schützen, wurden polnische Lieferungen nach Russland mit einem
hohen Zoll belegt.44
Spiegelt Luxemburgs Dissertation aber »deutlich die geschichtswissenschaftliche und sozialökonomische Sicht« Julius Wolfs wider,
wie Woźniak behauptet? Luxemburg schreibt in einem Brief an Boris
Kritschewski vom 5. Mai 1897: »Übrigens können Sie mir zum Doktortitel gratulieren, den ich vor zwei Wochen erworben habe, ich habe
die Ehre, mich Ihnen als Doctor juris publici et rerum cameralium
vorzustellen. Und als solche sende ich Ihnen und allen Ihrigen einen
herzlichen Gruß. […] Eine interessante Kuriosität: Ich habe eine sozialistische Dissertation verfasst, und sie wurde mit großem Lob von
Professor Julius Wolf angenommen! Das gibt ein Gaudium!«45
Luxemburg erhielt ihre Doktorurkunde – nach Übersendung der
Pflichtexemplare an die Bibliothek der Universität – am 20. Juli 1898,
mit der Bewertung »magna cum laude«.46 Luxemburgs Brief macht
deutlich, dass sie eine andere Meinung als ihr Doktorvater – eben eine
43 Rosa Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, Leipzig 1898, S. 34.
44 Puś/Pytlas: Industry and Trade in Łódź and the Eastern Markets, S. 72.
45 Annelies Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem. Rosa Luxemburg. Eine
Biographie, Berlin 1996, S. 66. Vgl. Ettinger: Rosa Luxemburg, S. 89.
46 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 90.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
161
»sozialistische« Meinung – hatte, die aber von Julius Wolf akzeptiert
wurde.47 Robert Seidel (1850– 1933), ein Sozialdemokrat, der schon
1870 aus Sachsen in die Schweiz gekommen war, nannte Luxemburgs
Dissertation in der Zürcher Zeitung Volksrecht vom 11. August 1898
eine »wissenschaftlich-revolutionäre Schrift«.48 Luxemburgs Dissertation gibt also nicht »deutlich die geschichtswissenschaftliche und sozialökonomische Sicht« ihres Betreuers Wolf wieder. 1924, Jahrzehnte
nach dem Abschluss der Promotion durch Luxemburg, schreibt Julius
Wolf über seine Zeit in Zürich: »Dort lebte ich weiter ganz dem Vorlesungsbetrieb, hielt dem begabtesten der Schüler meiner Züricher Jahre,
Rosa Luxemburg, die freilich fertig als Marxistin aus Polen und Russland zu mir gekommen war, die akademischen Steigbügel, sie machte
ihren staatswissenschaftlichen Doktor (mit einer trefflichen Arbeit über
die industrielle Entwicklung Polens) bei mir, wie auch die Daszynska
und der später zu politischen Ehren gekommene Marchlewski […].«49
Schon vor Luxemburg war Zofia Daszyńska (1866–1934) nach Zürich gegangen; auch sie erlangte den Doktortitel50 – und zwar 1891
mit einer Arbeit über »Zürichs Bevölkerung im XVIII. Jahrhundert«.51
Heinrich Herkner (1863–1932) war von 1898 bis 1907 Professor an
der Universität Zürich;52 er bemerkte in einem Artikel 1899: »Unter
den nationalökonomisch gebildeten Polinnen ragen Frau Dr. Zofia
47 Vgl. Hubert Kiesewetter: Julius Wolf 1862–1937 – zwischen Judentum und Nationalsozialismus. Eine wissenschaftliche Biographie, Stuttgart 2008, S. 174 ff.
48 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 33, 90.
49 Julius Wolf: [Selbstdarstellung], in: Felix Meiner (Hrsg.): Die Volkswirtschaftslehre der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Leipzig 1924, S. 220.
50 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 33, 91.
51 Grzegorz Krzywiec: Daszyńska-Golinska, Zofia, in: Francisca de Haan/Krassimira Daskalova/Anna Loutfi (Hrsg.): Biographical Dictionary of Women’s
Movements and Feminisms. Central, Eastern, and South Eastern Europe,
19th and 20th Centuries, Budapest 2006, S. 102
52 Heinrich Herkner: [Selbstdarstellung], in: Felix Meiner (Hrsg.): Die Volkswirtschaftslehre der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Leipzig 1924, S. 99.
162
Soonim Shin
Daszyńska und Frau Dr. Rosa Luxemburg hervor.«53 Zofia Daszyńska, geborene Poznańska, heiratete 1888 Feliks Daszyński (1863–1890),
dessen jüngerer Bruder Ignacy Daszyński (1866–1936) Anführer der
Polnischen Sozialdemokratischen Partei Galiziens und des Teschener Schlesiens war.54 In den Sozialistischen Monatsheften distanzierte
sich Zofia Daszyńska von Luxemburgs Thesen: »Das sind kulturelle
Faktoren, die von den wirtschaftlichen nicht zu trennen sind, und
die Fräulein Luxemburg vergisst, wenn sie die politische Equilibristik
einer Handvoll fremder großkapitalistischer Unternehmer mit dem
nationalen Credo der Polen verwechselt.«55
Der von Wolf ebenfalls erwähnte Julian Marchlewski56 (1866–1925)
hatte 1893 zusammen mit Leo Jogiches, Luxemburg und Adolf Warski
(1868–1937) die »Sozialdemokratie des Königreiches Polen« gegründet und war im Ersten Weltkrieg Mitbegründer der Spartakusgruppe,
aus der 1919 die KPD hervorging.57 Während Wolf also Luxemburg
eine »Marxistin« nennt, sieht er sich selbst gerade nicht als Marxisten.
Wolf sagt nämlich über sein 1892 erschienenes Buch »Sozialismus und
kapitalistische Gesellschaftsordnung«, dass es die »schärfste Zurückweisung der wirtschaftlichen Evolutionstheorie des Marx, wonach der
individualistische Wirtschaftsstaat vermöge zunehmender Gebresten
notwendig im sozialistischen münden müsse«, sei.58 Statt den Untergang des Kapitalismus vorauszusagen, habe Wolf »eine Aufdeckung
der sozialen Funktionen der kapitalistischen Ordnung« betrieben –
53 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 91.
54 Krzywiec: Daszyńska-Golinska, Zofia, S. 102.
55 Zofia Daszyńska (Krakau): Kapitalismus und nationale Frage in Polen, in:
Sozialistische Monatshefte 3/1899, H. 2, S. 71–76.
56 Vgl. Horst Schumacher/Feliks Tych: Julian Marchlewski-Karski. Eine Biographie, Berlin 1966; ein satzfertiges, nie gedrucktes Manuskript mit Briefen
Marchlewskis befindet sich im Archiv des Warschauer Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
57 Holger Politt: Biographische Angaben, in: Rosa Luxemburg: Nationalitätenfrage und Autonomie, hrsgg. v. Holger Politt, Berlin 2012, S. 293.
58 Julius Wolf: [Selbstdarstellung], S. 216.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
163
und damit eine »Umwertung der Werte«.59 Wolf kritisiert dabei den
Sozialismus für dessen »Verkennung« eben dieser »sozialen Funktionen« des Kapitalismus.60 Wegen dieses Buches habe er 1892 und 1893
»Angriffe« auch von »Schweizer sozialistischen Blättern« erlebt.61 Es
bestehe, so meint Wolf 1924, aber eine »ungeheure Überlegenheit
des bürgerlichen Wirtschaftsstaats gegenüber dem sozialistischen
[…] auch unter dem sozialen Gesichtspunkt, das heißt im Hinblick
auf das der Masse gebotene Einkommen und die ihr gewährten sozialen und anderweiten Fortschrittsmöglichkeiten«.62 Zwar seien die
»Krisen« im Kapitalismus – neben dem »Übermaß von Glücks- und
Beuteeinkommen« – »bedenkliche Mängel der reinen Konkurrenzwirtschaft«; diese Krisen müssten aber »in weitem Umfang mit in
den Kauf genommen werden«, wenn man »das Kind nicht mit dem
Bade ausschütten« wolle, »das heißt auf die bürgerliche Wirtschaftsordnung mit all ihren die Nachteile reichlich wettmachenden Vorzügen zu Gunsten einer sozialistischen Ordnung mit ihrem Plus an
Nachteilen – siehe Erfahrungen an den kommunistischen Gemeinden in Amerika und am Sowjetstaat! – verzichten«.63 Wie oben bereits
erwähnt, weist Luxemburg in ihrer Doktorarbeit auf die »Krise« als
»spezifisch kapitalistische Krankheit« hin – und auch ihr Doktorvater sieht in solchen Krisen »bedenkliche Mängel« des Kapitalismus.
Bis zu diesem Punkt stimmt Wolf also mit seiner Doktorandin überein – das mag erklären, warum er – als Gegner des Marxismus – die
Arbeit der »Marxistin« Luxemburg überhaupt betreute. Während
Wolf aber die These von Marx scharf zurückweist, vertritt Luxemburg
gerade diese in ihrer Doktorarbeit, jedenfalls bezogen auf Russland
und Polen: »Früher oder später« komme es – im Interesse der Proletarier dort – zu einem »Bankrott […] der polnisch-russischen Kapi59
60
61
62
63
Ebd.
Ebd.
Ebd., S. 220
Ebd., S. 237
Ebd.
164
Soonim Shin
talherrschaft«.64 In seinem Referat zur Dissertation kritisierte Julius
Wolf, dass »der Standpunkt« Luxemburgs »etwas einseitig« sei: »Die
Verfasserin ist Sozialistin und steht zu der sogenannten materialistischen Geschichtsauffassung. Hin und wieder benützt sie Quellen der
sozialistischen Pamphletsliteratur.«65 Damit verwies der Doktorvater
Luxemburgs auf deren Nutzung von Karl Marx’ »Kapital« für ihre Arbeit, die nicht dem Standard der wissenschaftlichen Literatur der Zeit
entsprochen hätte. Wolf schrieb weiter: »Das tut aber der Tüchtigkeit
der Leistung nicht Abbruch, welche weit darüber hinausgeht, was
von einer Dissertation gefordert werden muss.«66 Die Arbeit zeichne
»volle Beherrschung des Gegenstandes, große Sorgfalt [sowie] großer
Scharfsinn« aus; sie sei eine »Ausgestaltung« der »wirtschaftlichen, sozialen, politischen« Kräfte, die die industrielle Entwicklung Polens
»bestimmen«.67
Ernst Piper sagt, dass Julian Marchlewski 1919 in seinem Nachruf
auf Luxemburg über diese und Julius Wolf folgendes schrieb: »Ich
brachte den würdigen Professor auf das für ihn heikle Thema, worauf
wir ihm mit allen Waffen des Marxismus bewiesen, dass er von diesen Dingen ganz und gar nichts verstehe. Man muss der Universität
Zürich die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass die Fakultät uns
beiden, ungeachtet unserer Auftritte, keinerlei Schwierigkeiten bei
der Erlangung des Doktorgrades machte.«68 Wolf selbst sagt, er habe
gegenüber seinen Schülern »nie auf hohem Rosse« gesessen.69 Aber
»durch Menschliches, allzu Menschliches Anderer« habe er sich »so
wenig anfechten« lassen »wie möglich«.70 Max Gallo (1932–2017) sagt,
dass Wolf es Luxemburg »keineswegs nachtrug, dass sie ihm häufig wi64
65
66
67
68
69
70
Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, S. 92.
Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 69.
Ebd.
Ebd.
Ernst Piper: Rosa Luxemburg. Ein Leben, München 2018, S. 74.
Wolf: [Selbstdarstellung], S. 244.
Ebd.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
165
dersprach, seine Seminare störte und, von der Logik ihrer Argumente
überzeugt, mit klarer Stimme die an der Universität gelehrte Wissenschaft kritisierte«.71 Wie Peter Nettl (1926–1968) bemerkt, wurden
Luxemburgs schriftliche Äußerungen über Wolf mit der Zeit »immer
unfreundlicher«; schließlich habe Luxemburg Wolfs Namen, so Nettl,
»als Synonym für leere akademische Wortkrämerei« benutzt.72
Woźniaks Vorwurf, Luxemburg leugne die Warschauer
Initiative zur Gründung von Lodz
Der zweite Vorwurf Woźniaks lautet: Deutsche Autorinnen und Autoren – darunter auch Luxemburg – leugneten jede Initiative der »autonomen Behörden« in Warschau zur Gründung der Lodzer Tuchindustrie. Woźniak zufolge gebe es eine »lange Reihe deutscher Publikationen
[…], in denen den kongresspolnischen Behörden jegliche Initiative für
eine wirtschaftspolitische Belebung, die Gründung neuer Industriezweige und somit auch der Tuchindustrie, abgesprochen wird«.73 Mit
»Kongresspolen« ist das russische »Polnische Königreich« gemeint, das
der russische Zar Alexander I. (1777–1825) nach dem Wiener Kongress bildete,74 das jedoch nach dem polnischen Nationalaufstand von
1863 aufgelöst und dem russischen Reich ohne die bis dahin geltenden
polnischen Sonderrechte einverleibt worden war.75 Deutsche Historiker haben also argumentiert, dass die Behörden in Warschau nur Befehlsempfänger des Zaren in Moskau waren – und es deshalb keine
polnische Initiative zur Gründung der Industrie in Lodz gab. Woźniak
71
72
73
74
75
Max Gallo: Rosa Luxemburg. Eine Biographie, Zürich 1993, S. 63.
Peter Nettl: Rosa Luxemburg, 2. Aufl., Köln 1968, S. 75.
Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 69.
Habel/Kistler: Deutsche und Polen. Teil 1, S. 13.
Zu den Hintergründen vgl. Laura Metz: Die polnische Frage auf dem Wiener Kongress, in: Riccardo Altieri/Frank Jacob (Hrsg.): Spielball der Mächte – Beiträge zur polnischen Geschichte, Bonn 2014, S. 57–84.
166
Soonim Shin
kritisiert, dass bei den deutschen Historikern »sämtliche Initiativen der
autonomen Behörden« in Warschau »als Beschlüsse der zarischen Regierung« in Moskau gelten.76
Wie Woźniak ist auch Yedida Sharona Kanfer der Ansicht, dass
die Industrie in Lodz auf polnische Initiative hin entstand. In ihrer
Doktorarbeit schreibt die Autorin, dass es die »relativ autonome Regierung« Kongresspolens »in den frühen Jahren der russischen Herrschaft« war, die eine »Initiative« startete, um die »Ansiedlung von
deutschen Textilexperten in Polen« zu fördern: Die Regierung habe
den Unternehmern Land und Rohmaterial gegeben und auch andere Anreize zum Bau von Fabriken geschaffen.77 Lodz, zu dieser Zeit
noch ein »Dorf«, sei ein »direkter Begünstigter« dieser Kampagne,
einem Muster von »staatlich gefördertem industriellem Wachstum«,
gewesen – und die Kampagne sei von Stanislaw Staszic (1755–1826)
als Direktor für Industrie veranlasst worden.78 Die Industrialisierung
von Lodz habe aber nicht nur Staszic, sondern auch Rajmund Rembieliński (1775–1841), ein »visionärer Provinzgouverneur«, gefördert:
1820 habe Rembieliński verschiedene Orte als »Fabriksiedlungen«, die
staatliche Förderung verdienten, vorgeschlagen; Lodz sei sein »Lieblingsprojekt« geworden.79 Unter seiner »Schirmherrschaft« hätten die
neuen Bewohner des Ortes – deutsche Textilexperten und zugezogene
jüdische Händler – den Ort in ein »Textilzentrum« verwandelt: In
einer Region, in der es nur Wollstoffe gegeben habe, habe Rembieliński in die Herstellung von Baumwolltextilien investiert.80 Als in den
1840er Jahren dann die Produktion von Baumwolltextilien mechanisiert wurde, sei es zur »industriellen Revolution« in Polen gekommen.81
76 Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 69 f.
77 Yedida Sharona Kanfer: Łódź: Industry, Religion, and Nationalism in Russian Poland, 1880–1914, Ann Arbor, MI 2011, S. 16.
78 Ebd.
79 Ebd.
80 Ebd., S. 17.
81 Ebd.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
167
Nach Czesław Domański ist es das »Verdienst« von Staszic, die
Textilindustrie in Lodz angesiedelt zu haben: 1825 habe letzterer als
Minister Kongresspolens unter anderem auch Lodz besucht.82 In
einem Bericht vom September 1825 habe Staszic geschrieben, dass
Lodz wegen seiner Nähe zu vielen kleinen Flüssen ein guter Platz
zur Entwicklung der Textilindustrie sei; die Textilindustrie brauchte
Wasser, so Domański.83 Die Unterstützung von Staszic habe geholfen, das staatliche Programm zum Bau industrieller Anlagen in Lodz
umzusetzen.84
War also die Gründung der Industrie in Lodz wirklich eine Initiative der »autonomen Behörden« in Warschau, wie Woźniak sagt?
Oder haben die deutschen Historiker recht, die – so der Eindruck
von Woźniak – »sämtliche Initiativen« Warschaus »als Beschlüsse der
zarischen Regierung« in Moskau ansehen? Luxemburg jedenfalls teilte
tatsächlich die Meinung der deutschen Historiker. In ihrer Doktorarbeit schreibt sie: »Das Jahrzehnt 1820–1830 ist die Entstehungsperiode
der polnischen Industrie oder richtiger der polnischen Manufaktur«;
die »Regierung Kongress-Polens« habe »durch allerlei Privilegien
fremde Arbeiter nach Polen zu locken« versucht; eine »ganze Reihe
von bezüglichen Zarenukasen«, also Anordnungen des Zaren, sei »in
den Jahren 1816–1824 erlassen« worden.85 Luxemburg meint also, dass
die Regierung in Warschau mit ihren Gründungsbemühungen nur
auf zaristische Befehle reagiert habe und es daher keine polnische,
sondern nur eine russische Regierungsinitiative gab. Damit sagt Luxemburg nur die Wahrheit: Woźniaks Behauptung, dass die Behörden
in Warschau »autonome« polnische Behörden waren, stimmt nicht.
82 Czesław Domański: Stanisław Staszic – a sympathizer of Łódź (1755–1862),
in: Acta Universitatis Lodziensis. Folia Oeconomica 322/2016, S. 20. Online:
https://czasopisma.uni.lodz.pl/foe/article/view/764.
83 Ebd.
84 Ebd.
85 Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, S. 3.
168
Soonim Shin
Das souveräne Polen hatte aufgehört zu existieren.86 Entweder ist eine
Regierung souverän und damit »autonom« oder eben nicht – ein Dazwischen gibt es nicht. Kanfers Formulierung, die Regierung Kongresspolens sei »relativ autonom« gewesen, ist daher ein Widerspruch
in sich. Luxemburg ist mit ihrer Aussage, der Zar habe die polnische
Industrie gegründet, der Wahrheit »verhaftet« und nicht irgendeinem
nationalen Denken, wie Woźniak unterstellt. Staszic war Direktor der
Abteilung für Industrie, also Beamter, im Innenministerium in Kongresspolen;87 dieses Amt hatte er von 1816 bis 1824 inne, als er Minister
wurde.88 Wenige Monate, nachdem der Minister seinen Bericht über
Lodz geschrieben hatte, starb er im Januar 1826 in Warschau.89 Wie
kann es aber das »Verdienst« eines Mannes sein, der kurze Zeit nach
seinem Bericht starb, die Industrie in Lodz gegründet zu haben, wenn
der Plan zur Industrialisierung vom Zaren und von der Moskauer
Regierung stammte? Dieses »Verdienst« um Lodz kann dann auch
nicht untergeordneten Beamten von Staszic wie etwa Rembieliński
zugesprochen werden. Kanfer sagt ja ebenfalls, dass der Provinzgouverneur von Masowien, Rembieliński, nach seinem Besuch in Lodz
im Sommer 1820 seinen »Vorgesetzten« in der »Zentralverwaltung«
Kongresspolens einen Bericht schickte.90 Mitglied dieser »Zentralverwaltung« – und damit Vorgesetzter Rembielińskis – war eben Staszic.
Falsch wäre es zudem, den Polen Staszic als Vertreter eines unabhängigen Polen zu sehen. Nach William John Rose (1885–1968) hoffte jener stets, dass die slawischen Völker »zusammenstehen« würden:
Rose nennt den Minister deshalb einen »Vorläufer« der späteren panslawistischen Bewegung – es habe nur wenige Polen in dieser Kategorie
86 Ettinger: Rosa Luxemburg, S. 18.
87 William John Rose: Stanisław Staszic, 1755–1826, in: The Slavonic and East
European Review 33/1955, H. 81, S. 299.
88 Domański: Stanisław Staszic, S. 19 f.
89 Ebd., S. 23.
90 Kanfer: Łódź, S. 36.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
169
gegeben.91 Seine Landsleute hätten solchen Ideen »überhaupt nicht«
zugestimmt.92 Bei einer Veranstaltung in Warschau im August 1815
plädierte Staszic sogar für eine »Brüderschaft slawischer Völker« unter
Zar Alexander I.; er habe also keine polnische Republik gewollt, sondern eine panslawistische konstitutionelle Erbmonarchie mit Moskau
als Zentrum.93 Wenn von polnischer Seite heute unberechtigterweise
versucht wird, Staszic das »Verdienst« der Industriegründung in Lodz
zuzuschreiben, so bleibt es doch jedenfalls dabei, dass der postum verklärte Minister eigentlich Anhänger der russischen Monarchie war.
Die Bemühungen Staszics können demnach nicht als Aktivitäten eines polnischen Nationalisten gesehen werden.
Lodz als »etwas Künstliches«
Woźniaks drittem Vorwurf zufolge habe Luxemburg Lodz als »etwas
Künstliches«, als eine von Ausländern geschaffene Industriestadt, betrachtet. Woźniak kritisiert aber nicht nur, dass die deutschen Historiker die Rolle der russischen Regierung übertrieben; er macht
Luxemburg auch den Vorwurf, dass sie die Rolle der deutschen Arbeiter, der deutschen Unternehmer und des russischen Absatzmarktes überschätze: In ihrer Doktorarbeit sehe Luxemburg »die Lodzer
Textilindustrie als etwas Künstliches« an, »das nur aufgrund ausländischer Unternehmer, zugeflossenen Fremdkapitals, zugewanderter
Arbeitskräfte und eines entstehenden Absatzmarktes existierte«.94 Luxemburg, so Woźniak, mache »dabei die Entwicklung dieser Industrie
im Königreich Polen von der Aufnahmefähigkeit der östlichen Märkte und dem Arbeitsbeitrag fremder Facharbeiter abhängig«.95 Nach
91
92
93
94
95
Rose: Stanisław Staszic, S. 298.
Ebd.
Ebd.
Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 70.
Ebd.
170
Soonim Shin
Woźniak geht Luxemburg also davon aus, dass sich die Industrie in
Lodz nur wegen der deutschen Textilarbeiter und Unternehmer und
wegen der Absatzmärkte in Russland entwickeln konnte. Das »wirtschaftliche Wohl« Polens sei nach Luxemburg nur durch eine »völlige
Integration mit Russland« gewährleistet; das sei Luxemburgs »Lehre
von der sogenannten organischen Verschmelzung« zwischen Polen
und Russland.96
Luxemburg benutzte jedoch nicht den Begriff »organische Verschmelzung«, sondern nur die Formulierung »kapitalistische Verschmelzung Polens und Russlands«.97 Jedoch hatte sie an anderer Stelle – und zwar schon 1893 – von einer »organischen« Verschmelzung
Polens mit Russland gesprochen. In einem Bericht an den dritten Internationalen Sozialistenkongress, der im August 1893 in Zürich tagte,
schrieb Luxemburg im Namen der auch von ihr gegründeten Zeitung
Sprawa Robotnicza (Sache der Arbeiter): »Die ökonomisch-soziale Geschichte der drei Teile des ehemaligen Königreiches Polen hat sie den
drei großen Annexionsstaaten organisch einverleibt und in jedem besondere Bestrebungen und politische Interessen geschaffen.«98
Was meint die sozialistische Theoretikerin, wenn sie eine solche
»kapitalistische Verschmelzung Polens und Russlands« anspricht? Luxemburg unterstrich, »dass die aus der allgemeinen inneren Natur der
großkapitalistischen Produktion selbst sich ergebenden Tendenzen«
Polen »ökonomisch mit jedem Jahr stärker an Russland fesseln. Es ist
ein immanentes Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, dass sie
danach strebt, nach und nach die entlegensten Orte mit einander materiell zu verknüpfen, in ökonomische Abhängigkeit von einander zu
bringen und schließlich die ganze Welt in einen einzigen fest zusammengefügten Produktionsmechanismus zu verwandeln.«99 Die »pol96
97
98
99
Ebd.
Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, S. 92.
Zit. n. Nettl: Rosa Luxemburg, S. 82.
Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, S. 90 f.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
171
nische Bourgeoisie« glaube, ein »tausendjähriges Reich des Kapitals
bauen zu können«.100 »Früher oder später« müsse aber, so Luxemburg
weiter, »die Stunde schlagen, wo dieselbe heute von der Zarenregierung so gehätschelte polnische und russische Bourgeoisie ihres politischen Anwalts – des Absolutismus – überdrüssig und den König
matt setzen wird.«101 Damit komme es zu einem »Bankrott zuerst der
russischen Zarenherrschaft, und dann der polnisch-russischen Kapitalherrschaft« – und bei diesem Bankrott werde das vereinigte polnische und russische Proletariat der »Syndikus«, also der Masseverwalter,
sein.102 Luxemburg meint also nicht, dass eine »Verschmelzung« Polens mit Russland das »wirtschaftliche Wohl« Polens im Sinne eines
»tausendjährigen Reiches des Kapitals« gewährleiste – wie Woźniak
ihr das unterstellt. Sie meint vielmehr, dass die »Verschmelzung« zum
wirtschaftlichen »Bankrott […] der polnisch-russischen Kapitalherrschaft« führe – und damit zu einer Chance auf wirtschaftlichen Neubeginn für das »vereinigte polnische und russische Proletariat«.
Für Woźniak aber bildeten nicht – wie für Luxemburg – »die Absatzmärkte im Osten, die Zuwanderung von Arbeitskräften oder die
protektionelle Politik die ausschlaggebenden Faktoren« für die Industrialisierung in Lodz.103 Die Regierung des russischen »Polnischen Königreichs« hatte Schutzzölle gegen Importwaren aus Österreich und
Preußen verfügt;104 diese Schutzzölle meint Woźniak, wenn er den
Protektionismus der Behörden erwähnt. Wenn aber weder die deutschen Arbeiter noch die Schutzzölle oder der russische Absatzmarkt
die Industrialisierung von Lodz bewirkten, was sind für Woźniak
dann »die ausschlaggebenden Faktoren«?
Wozniak verweist als »Gegenpol« zu Luxemburgs Doktorarbeit auf
die Dissertation von Ludwik Janowicz von 1907, der die »These, das
100 Ebd., S. 91.
101 Ebd., S. 92.
102 Ebd.
103 Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 70.
104 Puś/Pytlas: Industry and Trade in Łódź and the Eastern Markets, S. 67.
172
Soonim Shin
Lodzer Textilgewerbe stelle etwas Fremdartiges dar«, verworfen habe;
Janowicz führte die Industrialisierung in Lodz auf die »günstigen Bedingungen« zurück, die die ausländischen Handwerker in Lodz »vorgefunden« hätten.105 Woźniak selbst sagt, dass das Kapital in Lodz
nicht »fremd« gewesen sei: »Bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts« sei »kein Kapital aus dem Ausland in die größten Lodzer Fabriken« geflossen, sondern »vor Ort durch Akkumulation und durch die
Umwandlung von Handels- in Industriekapital geschaffen« worden;
die »Vermögen deutscher Großunternehmer« seien »aus Regierungskrediten und der Ausbeutung der Arbeiter entstanden«.106
Tatsächlich schrieb Luxemburg in ihrer Doktorarbeit, die Industrie in Polen sei »aus einer künstlichen obrigkeitlichen Verpflanzung
aus Deutschland« entstanden107 – die russisch-polnische Regierung
habe also künstlich die deutsche Industrie nach Polen verpflanzt. Luxemburg bleibt aber nicht dabei stehen, die Industrie in Polen nur
als »etwas Künstliches« – so Woźniaks Formulierung – zu sehen; Luxemburg argumentiert weiter: »[…] trotz ihres fremden deutschen
Ursprungs fasst sie [= die Industrie] […] tiefe Wurzeln in dem nationalen Leben Polens.«108 Luxemburg hebt also hervor, dass die Industrie in Polen nur entstehen konnte, weil das geteilte Land einen geeigneten Nährboden für diese Entwicklung besaß. Sie belegt damit nicht
nur den Beitrag der Deutschen, sondern auch den der jüdischen und
christlichen Polen. Luxemburgs Urteil war demnach wissenschaftlich
ausgewogen – bei ihrer Beurteilung war sie keiner der verschiedenen
Gruppen gegenüber parteiisch.
105 Woźniak: Die Industriestadt Lodz, S. 72 f.
106 Ebd., S. 80.
107 Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, S. 35.
108 Ebd.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
173
Woźniaks Vorwurf, Luxemburg propagiere die
Fremdherrschaft über Polen
Woźniaks vierter – impliziter – Vorwurf, nämlich dass Luxemburg
mit ihrer »Lehre von der sogenannten organischen Verschmelzung«
keinen polnischen Nationalstaat, sondern ein Polen unter russischer,
deutscher und österreichischer Herrschaft propagieren wolle, bedarf
ebenfalls kritischer Betrachtung.
Woźniak wirft Luxemburg vor, sie überschätze die Rolle der Deutschen als Arbeiter und Unternehmer bei der Industrialisierung von
Lodz. Auch aus diesem Grund sieht er sie »dem deutschen Denken
verhaftet«. Woźniak macht Luxemburg noch den versteckten – aber
doch erkennbaren – Vorwurf, sie wolle mit ihrer »Lehre von der sogenannten organischen Verschmelzung« Polen nicht als Nationalstaat
wiedererrichtet sehen. Wenn Kongresspolen aber nach dieser Lehre ein
Teil Russlands ist, dann können sich – wegen dieser »Verschmelzung«
mit Russland – auch die von Preußen und Österreich annektierten
Teile Polens nicht mit Kongresspolen vereinigen. Der eigentliche und
implizite Vorwurf Woźniaks geht also dahin, dass Luxemburg große
Teile Polens im Besitz Preußens und Österreichs belassen wollte und
dass sie von daher »dem deutschen Denken verhaftet« sei. Andrzej
Walicki weist darauf hin, dass nicht nur Kongresspolen, sondern auch
der preußische und der österreichische Teil Polens für Luxemburg mit
Preußen und Österreich »organisch verschmolzen« waren.109 Die »von
Zeit zu Zeit« gestellte Frage, ob letztere eine gegenüber den Polen
»feindliche Ausländerin« war, beantwortet Walicki mit diesen Worten: »[E]s war nicht so.«110 Dabei betont er, dass Luxemburg sich, –
wie sie in ihren privaten Briefen an Leo Jogiches bekannte – unter den
109 Andrzej Walicki: Rosa Luxemburg and the Question of Nationalism in
Polish Marxism (1893–1914), in: The Slavonic and East European Review
61/1983, H. 4, S. 569.
110 Ebd., S. 571.
174
Soonim Shin
Deutschen unwohl fühlte.111 So schrieb Luxemburg etwa am 17. Mai
1898: »Ich fühle mich, als ob ich gekommen wäre, ganz allein, fremd,
Berlin zu ›erobern‹, und, als ich es mit den Augen messe, ein bisschen
bange werde angesichts seiner kalten und mir gegenüber gleichgültigen Mächtigkeit.«112 Einen Tag zuvor war Luxemburg in Berlin angekommen.113 In einem anderen Brief schrieb sie am 19. August 1898:
»Ein Hans ohne Land, wie ich bin, muss auch mit dem deutschen
Vaterland vorlieb nehmen.«114 Und in ihrem Brief vom 11. Oktober
1902 an August Bebel schrieb sie von der ihr widerfahrenen »merkwürdigen Aufnahme« in der SPD, »der ich wie andere Nichtdeutsche,
nicht ›de la maison‹ Genossen […] begegnete«.115
Warum war Luxemburg überhaupt ein »Hans ohne Land« geworden, warum hatte sie Polen verlassen? In einem Gespräch mit Ettinger
1978 erzählte Zofia Marchlewski (1898–1983), die Tochter von Julian
Marchlewski, dass Luxemburg ihr, als sie zehn Jahre alt war, gesagt
hätte: »In Deinem Alter habe ich nicht mit Puppen gespielt, da habe
ich die Revolution gemacht.«116 Ettinger konstatiert hingegen, dass
sich Luxemburg erst nach ihrem Schulabschluss am 14. Juni 1887 einer
illegalen sozialistischen Gruppe angeschlossen habe.117 »Wie weit Rosas Engagement ging«, sei allerdings nicht bekannt.118 Ettinger dazu:
»Sicher scheint, dass Rosas Wunsch, zu studieren (in Polen gab es
keine akademischen Bildungseinrichtungen, zu denen Frauen zugelassen waren) und von zu Hause wegzukommen, gegenüber ihrer po-
111 Ebd, S. 571 f.
112 Rosa Luxemburg: Briefe an Leon Jogiches, hrsgg. v. Feliks Tych, Frankfurt
am Main 1971, S. 69.
113 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 78.
114 Ebd., S. 80.
115 W. B.: Einige Briefe Rosa Luxemburgs und andere Dokumente, in: Bulletin
of the International Institute of Social History 1952, S. 34.
116 Ettinger: Rosa Luxemburg, S. 44.
117 Ebd.
118 Ebd.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
175
litischen Betätigung das Übergewicht gewann.«119 Am 5. März 1888
stellten die russischen Behörden Luxemburg den von ihr beantragten
Pass aus, und diesen legte sie im Februar 1889 – nach ihrer Ankunft in
Zürich – den Schweizer Behörden vor. Dass fast ein Jahr zwischen der
Ausstellung des Passes und der Einreise Luxemburgs in die Schweiz
vergingen, erklärt Ettinger so: »Vermutlich hat sie nach dem Schulabschluss als Gouvernante in der Gegend von Warschau gearbeitet,
eine typische Tätigkeit für Absolventinnen des Gymnasiums, die sich
für ein Studium im Ausland Geld verdienen wollten.«120 Luxemburgs
Berliner Freundin Luise Kautsky (1864–1944) schrieb dagegen 1929
in ihrem Gedenkbuch, dass Luxemburg sich zur Flucht vor der Polizei entschlossen habe – »und in ihrer Schülertracht, noch mit der
Schürze der Gymnasiastinnen, kam sie nach der Schweiz«.121 Rosa
Luxemburg ist also wohl nicht zum Studium ins Ausland gegangen,
um von ihrer Familie »wegzukommen«; Rosa Luxemburg musste ins
Ausland fliehen, um nicht verhaftet zu werden.122
Luxemburg verließ nicht nur Polen, sie wurde auch preußische
Staatsbürgerin – und zwar durch die Scheinheirat mit Gustav Lübeck
(1873–1945) am 19. April 1898 in Basel.123 Lübeck war der Sohn des
deutschen Sozialdemokraten Karl Wilhelm Lübeck, der an der von
Wilhelm Liebknecht herausgegebenen Zeitung Der Volksstaat mitgearbeitet hatte, aber wegen eines drohenden politischen Prozesses
Deutschland hatte verlassen müssen; bei ihm und seiner Frau Olympia, die – so Piper – eine »revolutionär gestimmte Polin« war, fand
Luxemburg als Untermieterin ihre erste Wohnung in der Schweiz.124
119 Ebd., S. 45.
120 Ebd.
121 Piper: Rosa Luxemburg, S. 54.
122 Vgl. hierzu jüngst Julia Killet: Fiktion und Wirklichkeit: Die Darstellung
Rosa Luxemburgs in der biographischen und literarischen Prosa, Hamburg
2020, S. 311.
123 Piper: Rosa Luxemburg, S. 105.
124 Ebd., S. 54 f., 57 f.
176
Soonim Shin
Warum wollte Luxemburg durch eine Scheinehe preußische Staatsbürgerin, also Deutsche, werden? Paul Frölich (1884–1953) kommentierte dies wie folgt:
»Im Osten umschloss Deutschland weite, vormals polnische Gebiete
mit überwiegend Polnisch sprechender Arbeiterbevölkerung; in diesen
Gebieten, namentlich in Oberschlesien und der Provinz Posen, bestanden legale sozialdemokratische Organisationen und Gewerkschaften,
eine eigene Presse usw. Von diesem Boden aus die Auffassungen der
polnischen Sozialdemokraten zu vertreten und zu verteidigen […] und,
wenn irgend möglich, Verbindungen von hier aus zur illegalen Partei
in Russisch-Polen herzustellen, das waren Aufgaben, die den höchsten
Einsatz rechtfertigten. […] Als Ausländerin aber hätte Rosa Luxemburg
diesen Dienst nicht leisten können. Ausländern war jede politische Betätigung strikt verboten, namentlich in Preußen, und erst recht in den
Grenzgebieten.«125
Deshalb, so Frölich, habe Luxemburg Gustav Lübeck geheiratet.126
Wenige Wochen nach der Heirat verließ sie die Schweiz; in Berlin
kam sie am 16. Mai 1898 an.127 Demnach wurde Luxemburg deshalb
Deutsche, um den Polen im preußischen Teil Polens, aber auch in
Kongresspolen besser helfen zu können.
Andrzej Niemojewski (1864–1921) schrieb im November 1910 in
seiner Zeitung Myśl Niepodleglła (Der unabhängige Gedanke) über
Luxemburg:
»Die Juden suchen unseren Arbeitern einzureden, Sozialismus sei gleichbedeutend mit Hass auf das eigene Vaterland. […] Was Rosa Luxemburg
und ihre Anhänger den Arbeitern einflößen, ist nichts anderes als das
125 Frölich: Rosa Luxemburg, S. 57 f.
126 Ebd., S. 58.
127 Piper: Rosa Luxemburg, S. 105.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
177
Gift der Schreiberlinge. […] Das teuflische Zerstörungswerk, das der
jüdische Auswurf unter der Maske von Verteidigern der Arbeiterklasse
betreibt, hat nicht weniger als die Ermordung Polens zum Ziel; so wie
alle Juden die Nichtjuden hassen, so sind Luxemburgs Sozialdemokraten von brennendem Hass auf Polen erfüllt.«128
Schon früher im Jahr 1910 hatte Niemojewski in seinem Artikel »Koniec mistyfikacij luxemburskiej« (Das Ende der luxemburgischen
Täuschung) geschrieben, dass Luxemburg nicht einmal wisse, was
Nationalgefühl sei: »Sie lässt sogar keine Gelegenheit aus, darauf herumzutrampeln, und hat dafür nur Hohn und Spott übrig. Das ist sehr
einfach zu erklären. Es ist eine Kategorie von Gefühl, die ihr fremd
ist […] Aber was kann ihr Polen dann bedeuten?«129 1893 wurde die
Partei Sozialdemokratie des Königreiches Polen (SDKP) gegründet,
die sich – nach ihrem Zusammenschluss mit den litauischen Sozialdemokraten – Sozialdemokratie des Königreiches Polen und Litauens
(SDKPiL) nannte.130 Vom 6. August bis zum Verbot am 14. Dezember
1910 erschien in Polen legal das Wochenblatt Młot (Der Hammer) der
SDKPiL, das Jogiches herausgab und für das auch Luxemburg arbeitete. Niemojewski bezog sich in seinen Angriffen gegen Luxemburg
auf ihre Artikel im Młot. Letztere schrieb dahingehend am 7. Oktober 1910 an Jogiches: »Der gestrige Brief zusammen mit der Myśl
Niepodleglła war wieder eine liebe Überraschung für mich, so dass ich
vor Depression bis ein Uhr nicht einschlafen konnte. Kann meine
polnische Arbeit gar nicht ohne ewige und unaufhörliche Nörgelei,
Antreiben, Beanstandungen, Vorwürfe usw. auskommen? […] Gestern hatte ich wieder eine halbe Stunde lang einen Herzanfall, dass
ich mich gleich ins Bett legen musste.«131 Einen Tag später schrieb
128 Nettl: Rosa Luxemburg, S. 95, Fußnote 56.
129 Ettinger: Rosa Luxemburg, S. 220 f. u. 364 f., Fußnote 45.
130 Ebd., S. 68.
131 Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem, S. 367.
178
Soonim Shin
Luxemburg an Émile Vandervelde, dass die Angriffe gegen sie vor allem von der Myśl Niepodleglła »eines gewissen Niemojewski« kämen;
mit ihm gebe sich »die gesamte liberale, fortschrittliche Presse« einem
»Taumel des Antisemitismus« hin.132 Das sei eine »Dreyfus-Affäre en
miniature«.133 In der »bürgerlichen Presse« würden »die französischen,
deutschen und anderen Sozialisten« als die »guten Sozialisten« bezeichnet, während »wir als die ›unechten und vaterlandslosen‹ Sozialisten hingestellt werden«.134
Ettinger nennt die von Luxemburg und Jogiches gegründete
SDKP eine »antinationalistische Partei«. Nettl sagt, dass Luxemburg
»in der polnischen Frage« einen »Antinationalismus« vertrat.135 War
Luxemburg, die in ihrer Doktorarbeit die »kapitalistische Verschmelzung Polens und Russlands« konstatierte, also »antinationalistisch«?
Zwar argumentiert auch Holger Politt, dass ein »unabhängiges Polen« für Luxemburg »nicht mehr Ziel der Arbeiterbewegung sein«
konnte.136 Aber Politt meint damit, dass Polens Unabhängigkeit für
Luxemburg eigentlich nur eine theoretische Frage ohne praktische
Bedeutung war: »In ihrer jahrelangen Auseinandersetzung mit dem
auf die Wiederherstellung Polens zielenden PPS-Programm hatte
sie vor allem objektive Gründe geltend gemacht. Anders gesagt, sie
sprach sich weniger gegen eine polnische Unabhängigkeit oder eine
Wiederherstellung Polens aus, sie hielt vielmehr dieses Begehren für
illusorisch, für eine Frage, die durch die geschichtliche Entwicklung
längst ausreichend beantwortet und erledigt sei. Die Frage stand für
sie einfach nicht mehr.«137
132
133
134
135
136
Ebd., S. 369.
Ebd.
Ebd.
Nettl: Rosa Luxemburg, S. 812.
Holger Politt: Rosa Luxemburgs »Krakauer Horizont«, in: Rosa Luxemburg:
Nationalitätenfrage und Autonomie, hrsgg. v. Holger Politt, Berlin 2012, S. 12.
137 Ebd., S. 16.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
179
Luxemburg hatte schließlich in ihrer Doktorarbeit darauf hingewiesen, »dass die aus der allgemeinen inneren Natur der großkapitalistischen Produktion selbst sich ergebenden Tendenzen« Polen »ökonomisch mit jedem Jahr stärker an Russland fesseln«. Damit urteilte sie
über einen ökonomischen Sachverhalt. Stellte sie damit nur fest, was
wirtschaftlich gegeben sei – oder argumentiert sie damit auch für das,
was politisch sein möge? Sagte Luxemburg nur, dass es wirtschaftlich
eine »kapitalistische Verschmelzung« mit Russland gebe – oder stellte
sie ferner fest, dass diese »Verschmelzung« politisch auch wünschenswert sei? Im letzten Satz ihrer Arbeit »Die industrielle Entwicklung
Polens« bemerkt Luxemburg, dass diese Veröffentlichung ihre »Doktordissertation« sei: »Dies mag auch den akademischen Ton, in dem
sie stellenweise gehalten ist, und das Überwiegen der statistisch-ökonomischen über die politische Seite der Frage erklären.«138 Dort hieß
es weiterhin, dass die »kapitalistische Verschmelzung« mit Russland
zum »Bankrott […] der polnisch-russischen Kapitalherrschaft« im Interesse der Proletarier führe – womit sie durchaus ihre Sympathie für
diese »Verschmelzung« einfließen ließ.
In ihrer Broschüre »Niepodległa Polska i sprawa robotnicza« (Das
unabhängige Polen und die Sache der Arbeiter) konnte sich Luxemburg aber ganz offen über »die politische Seite der Frage« nach der
industriellen Entwicklung Polens äußern. Diese – unter dem Pseudonym Maciej Rożga veröffentlichte – Broschüre erschien 1895, also drei
Jahre vor ihrer Doktorarbeit, in Paris.139 Darin kritisierte die Autorin
das Programm ihres politischen Gegners, der Polnischen Sozialistischen Partei (PPS). Die PPS, so Ettinger, »ordnete die sozialistischen
Ziele der nationalen Unabhängigkeit unter«;140 es sei der PPS also in
erster Linie um die Wiedererrichtung eines polnischen Nationalstaats
gegangen, sozialistische Ziele seien bestenfalls zweitrangig gewesen.
138 Luxemburg: Die industrielle Entwicklung Polens, S. 92.
139 Nettl: Rosa Luxemburg, S. 99, 868.
140 Ettinger: Rosa Luxemburg, S. 68.
180
Soonim Shin
Die PPS wurde 1892 ins Leben gerufen; ein Jahr später gründeten
Luxemburg und Jogiches – wie schon erwähnt – die SDKP.141 Luxemburg folgerte in ihrer Broschüre:
»Die Polnische Sozialistische Partei schreibt, dass in Russland völlige
Barbarei herrsche, dass das Volk sich dort ganz aus zurückgebliebenen
Bauern zusammensetze, die an den Zaren glaubten wie an einen Gott.
Und dann gebe es nur noch sehr wenige städtische Arbeiter, aber die wenigen, die es gebe, kämpften nicht. Genau aus diesem Grund überreden
sie uns zur Lostrennung von Russland, denn in Russland könne der Zar
weiß Gott wie lange noch herrschen, und wir allein wüssten uns mit ihm
nicht zu helfen.«142
In der gleichen Broschüre führte Luxemburg aus: »Die Zarenregierung, der Tyrann schwankt und zittert in seinen Fundamenten. Vereinen wir unsere Kräfte und stürzen ihn in den Abgrund.«143 Also
sogar wenn es denn möglich wäre, ein unabhängiges Polen zu errichten, wollte Luxemburg diese »Lostrennung von Russland« nicht: Die
Polen in Kongresspolen und die Russen sollten ihre Kräfte vereinen
können, um den Zar zu stürzen – und das ginge nur in einem Polen,
das zu Russland gehört. Nettl fasst Luxemburgs Argumentation so
zusammen: »Die Revolution in Russisch-Polen würde schneller kommen, wenn sich die polnische Industrie im gesamtrussischen Rahmen
entwickeln konnte.«144
Luxemburg sagte beim ersten Parteitag der SDKP im März 1894,
die Unabhängigkeit Polens sei »eine utopische Fata Morgana, eine
Irreführung der Arbeiter, die sie von ihrem Klassenkampf ablenken
soll«.145 Auch wenn in diesem Sinne eine Unabhängigkeit Polens, laut
141 Ebd.
142 Holger Politt: Rosa Luxemburgs »Krakauer Horizont«, S. 12 f.
143 Ebd., S. 13.
144 Nettl: Rosa Luxemburg, S. 812 f.
145 Ebd., S. 86.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
181
Politts Dafürhalten, »illusorisch« war, hatte sie gegen diese Unabhängigkeit nicht »vor allem objektive Gründe«, also die Unmöglichkeit
der Wiederherstellung Polens, vorzubringen. Luxemburg lehnte vielmehr eine solche Wiederherstellung Polens – zu der es noch zu ihren
Lebzeiten, nämlich im November 1918, kam – ganz deutlich und entschieden ab, wie schon aus ihrer 1895 erschienenen Broschüre hervorgeht. In ihrer Broschüre argumentierte Luxemburg aber nicht nur,
dass die polnische Unabhängigkeit die Revolution verhindere, sie war
zudem der Auffassung, dass der Sozialismus letztlich vom Nationalismus abgelöst würde, wenn sich beide verbündeten.146
Nettl konstatiert, dass die Geschichte Luxemburg und ihrer ökonomischen These, dass die polnische Wirtschaft mit der russischen
verschmolzen sei, recht gegeben habe: Zwischen dem Ersten und
Zweiten Weltkrieg, als Polen von Russland unabhängig war, habe es
in Polen eine »chronische Unterkonsumation und eine übergroße,
unausgeglichene Industrie« gegeben, »die beim leisesten Krisenhauch
zu taumeln begann«.147 In seinem Roman »Die Brüder Aschkenasi«
zeichnet Singer ein trauriges Bild vom Polen der Zwischenkriegszeit:
Singer berichtet von einem »aufbrandenden polnischen Chauvinismus. […] Polen war jetzt ein unabhängiger Staat«.148 Die »Krakauer
Legionäre« – polnische Soldaten, die für Deutschland und Österreich gegen Russland gekämpft hatten – marschierten nach Lemberg,
um dort die Ukrainer zu vertreiben.149 Als »Siegestrophäe«, schreibt
Singer, wurde ihnen das jüdische Viertel Lembergs offeriert, das zusammen mit den Synagogen niedergebrannt wurde; »für die Opfer
des Pogroms« gab es ein »Massenbegräbnis«.150 Als die Titelfigur des
Romans, Jakub Aschkenasi, als Jude vor polnischen Soldaten tanzen
146 Ebd., S. 99.
147 Ebd., S. 796.
148 Singer: Die Brüder Aschkenasi, S. 448, 450.
149 Ebd., S. 450.
150 Ebd., S. 452, 453, 454. Zu den Hintergründen vgl. Frank Golczewski: Pogrome in der Ukraine, in: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemi-
182
Soonim Shin
soll, gibt er einem Offizier eine Ohrfeige und wird von diesem erschossen.151 Sein Bruder Max will das Land verlassen, »in dem man
als Jude wie der letzte Dreck behandelt wurde«.152 Im unabhängigen
Polen kann das jüdische Lodz, »ein Jerusalem auf polnischem Boden«,
nicht »wiedererstehen«.153
Abschließend kann hier konstatiert werden, dass Luxemburg definitiv »anti-nationalistisch« dachte, nämlich in dem Sinne, dass sie vor
einem nationalistischen Polen warnte – vor einem Polen der 1920er
und 1930er Jahre, in dem ein brutaler Nationalismus über den Sozialismus triumphierte. Für ihre Warnung zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sie gute Gründe, wie die von Singer dargestellten Zustände im Polen zwischen den Kriegen belegen. Luxemburg konnte
einem solchen polnischen Nationalismus nicht verhaftet sein, wie sie
auch einem deutschen reaktionären Nationalismus – der sie ermordete – nicht verbunden sein konnte. Luxemburg war eine Weltbürgerin,
eine Internationalistin und Kosmopolitin154. Der polnische Politologe
Ryszard Rauba irrte, als er 2004 über Luxemburg urteilte, »dass es
ihr an einer tieferen Verwurzelung in einer Kultur fehlte« und dass
sie sich deswegen »in der multikulturellen Gesellschaft« verlor.155 Lu-
tismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 4: Ereignisse,
Dekrete, Kontroversen, Berlin/Boston 2011, S. 307.
151 Singer: Die Brüder Aschkenasi, S. 468.
152 Ebd., S. 471.
153 Ebd., S. 477.
154 Hier wird bewusst affirmativ auf den ursprünglichen Sinngehalt dieses Begriffes rekurriert. Zur antisemitischen Stereotypisierung der Jüdinnen und
Juden als »heimatlose« Kosmopolit*innen vgl. Eva Kreisky/Saskia Stachowitsch: Jüdische Staatsperspektiven: Kosmopolitismus, Assimilationismus
und Zionismus, in: Saskia Stachowitsch/Eva Kreisky (Hrsg.): Jüdische
Identitäten und antisemitische Politiken im österreichischen Parlament
1861–1933, Wien/Köln/Weimar 2017, S. 50.
155 Ryszard Rauba: Rosa Luxemburg als eine in multikultureller Gesellschaft
verlegene Person, in: Rocznik Lubuska (2004), Heft 1, S. 154.
»Deutsches Denken« und die These vom »künstlichen« Lodz
183
xemburg war nämlich verwurzelt in einer Kultur der transnationalen
Solidarität als Voraussetzung für eine friedliche Welt.
Piper zeigt in seiner umfassenden Biographie das Foto einer Hausfassade in Zamość, von der erst in jüngster Vergangenheit, und zwar
am 13. März 2018, und auf staatliche Anordnung eine Gedenktafel
demontiert wurde; er kritisiert, dass infolgedessen »an ihrem Geburtsort nichts mehr an Rosa Luxemburg« erinnert.156 Zu Luxemburgs
150. Geburtstag sollte die polnische Regierung diesen unwürdigen
Zustand beenden.
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7.
Rosa Luxemburg und die Dresdner
Antisemiten um 19001
Sven Brajer
Während der Zeit, in der sich Rosa Luxemburg in Dresden aufhielt, sei
es als Redakteurin der Sächsischen Arbeiter-Zeitung (1898) oder als Rednerin für die Sozialdemokratische Partei, so zuletzt 1911, kann man die
Stadt durchaus als politisch und ökonomisch gespalten ansehen. War
sie einerseits Hauptstadt des »roten Königreichs«2 mit jeweils drei 1898,
1903 und 1912 gewonnenen sozialdemokratischen Reichstagsmandaten,3
so fungierte sie andererseits als ein reichsweites Sammelbecken des völkisch-nationalen Spektrums,4 das hier 1893 alle drei Abgeordnetenmandate für die antisemitische Deutsche Reformpartei gewonnen hatte.
Im Folgenden soll daher versucht werden, das stets angespannte
1
2
3
4
Genehmigter Wiederabdruck von: Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900, in: Klaus Kinner/Manfred Neuhaus (Hrsg.), in Verbindung mit Sven Brajer und Wilfried Trompelt: »Neustadt – das ist der
radikale Teil«. Rosa Luxemburg in Dresden, 2. Aufl. Leipzig 2019, S. 65−82.
James Retallack: Red Saxony. Election Battles and the Spectre of Democracy
in Germany, 1860–1918, Oxford 2017; Das »Rote Königreich« und sein Monarch (Dresdner Hefte 80), Dresden 2004; Karsten Rudolph: Die sächsische
Sozialdemokratie vom Kaiserreich zur Republik (1871–1923), Köln [u. a.] 1995.
Das waren jeweils die Reichstagswahlkreise Dresden rechts der Elbe, Radeberg, Radeburg; Dresden links der Elbe sowie Dresden-Land links der Elbe,
Dippoldiswalde.
Dazu einführend Sven Brajer: Rechtspopulistische Milieus in der ›konservativen Kulturstadt‹ Dresden (1879−1933), in: Joachim Klose/Walter Schmitz
(Hrsg.): Freiheit, Angst und Provokation. Zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der postdiktatorischen Gesellschaft, Dresden 2016, S. 27−47.
188
Sven Brajer
Verhältnis zwischen Rosa Luxemburg, als einer Vertreterin des linken
Flügels der Sozialdemokratie während ihrer Dresden-Aufenthalte,
und der völkischen Bewegung zu charakterisieren. Ergänzt wird das
durch grundsätzliche Bemerkungen zum politischen Spektrum und
besonders zur völkischen Bewegung in Dresden per se sowie dem damaligen medialen Umfeld der sächsischen Residenzstadt.
Rosa Luxemburg in Dresden I –
Chefredakteurin der Sächsischen Arbeiterzeitung
1898 kam Rosa Luxemburg das erste Mal nach Dresden. Hier wirkte
sie 39 Tage als Chefredakteurin der Sächsischen Arbeiter-Zeitung.5 Neben ihrer fachlichen Qualifikation profitierte sie unfreiwillig auch von
der Politik der konservativen sächsischen Regierung. Die hatte ihre
beiden nichtdeutschen Vorgänger Alexander Helphand (Pseudonym
Parvus) (1867–1924) und Julian Marchlewski (1866–1925), die »nur«
Emigrantenstatus besaßen, als politisch nicht erwünschte Personen
ausgewiesen.6 Zumindest dieses Schicksal sollte Rosa Luxemburg, die
durch eine Scheinehe mit Gustav Lübeck die preußische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, erspart bleiben.7
5
Rolf Ziegenbein: Rosa Luxemburg – Chefredakteurin in Dresden, in: Klaus
Kinner/Manfred Neuhaus (Hrsg.), in Verbindung mit Sven Brajer und Wilfried Trompelt: »Neustadt – das ist der radikale Teil«. Rosa Luxemburg in
Dresden, 2. Aufl. Leipzig 2019, S. 11–36.
6 Annelies Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem − Rosa Luxemburg. Eine
Biographie, Berlin 2002, S. 97 f.
7 Ebd. S. 74 f. Die Dresdner Polizei interessierte sich unter ihren damaligen
Polizeichef Albin Le Maistre bereits 1896 für Rosa Luxemburg, die seit dem
Kongress der Zweiten Internationale 1896 in London Artikel für die Dresdner
Sächsische Arbeiterzeitung verfasste. Hierzu: Eckhard Müller: »Wer den Frieden will, sendet keine Kriegsschiffe in ein anderes Land« – Rosa Luxemburg
als sozialdemokratische Wahlkämpferin in den Reichstagswahlen 1898–1912,
in: Kinner/Neuhaus (Hrsg.): »Neustadt – das ist der radikale Teil«, S. 37–64.
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
189
Dass die Sächsische Arbeiter-Zeitung mit ihrer politischen Einstellung
in Dresden ziemlich allein da stand,8 beweist ein Blick auf die zeitgenössische Dresdner Presselandschaft. Explizit sind dabei die in den 1880er und
1890er Jahren dominierenden rechtskonservativen Dresdner Nachrichten
zu nennen. In diesem Zeitraum besetzten gleich drei Akteure mit nationalistisch-völkischem Gedankengut, nämlich Emil Bierey (1838−1899),
Paul Liman (1860−1916) und Max Lohan (1857−1920) den Posten des
Chefredakteurs. Der Dresdner Anzeiger existierte bereits seit 1730 und publizierte als Amtsblatt offizielle Mitteilungen sächsischer Behörden und
8
Der damalige Leiter der Kriminalabteilung in Dresden, der 1904 selbst Artikel
für die Dresdner Sächsische Arbeiterzeitung verfasste, Paul Koettig, Leiter der
Kriminalabteilung und von 1904 bis 1919 Polizeipräsident, sollte sich später
zwar auch mit den Aktivitäten von nationalistischen, in Dresden besonders
mächtigen Vereine wie dem Alldeutschen Verband befassen. Deren rassistische
und antisemitische Agitation wurde allerdings auch unter seiner Amtsführung
nicht konsequent geahndet. Exemplarisch zeigte sich das bei den Feierlichkeiten der über 1 000 Teilnehmer des Verbandstages des Alldeutschen Verbandes
1906 in Dresden an Themen wie »Die Abrüstungsfrage (Erhaltung der deutschen Wehrkraft), [der] Neuaufbau der deutschen Kolonialpolitik, [sowie] die
Arbeit der deutsch-österreichischen Schutzvereine«. (Stadtarchiv Dresden (im
Folgenden: StADD). 13. 1. Alldeutscher Verein, Ortgruppe, Nr. 20. Bl. 235 f.)
Überwacht wurden nur die österreichischen Teilnehmer und deren Redner,
die eine Abspaltung der deutschsprachigen Gebiete Österreich-Ungarns und
den Anschluss an Deutschland forderten; die sächsischen Behörden wollten
die benachbarte Donaumonarchie nicht verärgern. Seit 2013 vergibt der Landesverband Sachsen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Dresden alljährlich den Paul-Koettig-Preis für »herausragende kriminalistische oder kriminaltechnische Leistungen«, Paul-Koettig-Preis 2019 geht an Sabine Pätzig
von der KPI Dresden, Bund Deutscher Kriminalbeamter, 30.5.2020. Online:
https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/paul-koettig-preis-2019geht-an-sabine-paetzig-von-der-kpi-dresden.
Später sollte noch die kommunistische Arbeiterstimme folgen, Mike Schmeitzner/Swen Steinberg: Links der Mitte. Politische Presse im Dresden der Weimarer Republik, in: Das »linke« Dresden – Eine Spurensuche über 100 Jahre
(Dresdner Hefte 130), Dresden 2017, S. 36−46.
190
Sven Brajer
der Dresdner Stadtverwaltung.9 Er fungierte bis 1933/1934 als eines der
führenden Informationsmedien für ein zumeist konservatives Publikum.10
Eine ähnliche politische Richtung vertrat das offiziöse Dresdner Journal.
Es verstand sich, so auch der Untertitel, als Königlich Sächsischer Staatsanzeiger und war Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Gemäßigter und dem eigenen Verständnis nach politisch neutraler agierten die seit 1893 erscheinenden, inhaltlich breit gefächerten, am
ehesten nationalliberal einzuordnenden Dresdner Neuesten Nachrichten.11
Das Blatt sollte bis zum Ersten Weltkrieg alle anderen Dresdner Zeitungen mit seiner Auflagenhöhe in den Schatten stellen: Betrug diese bei den
Dresdner Nachrichten 1893 noch 55 000, stagnierte sie seit etwa 1908 bis
1914 bei 40 000. Während sich die Auflage des Dresdner Anzeigers in dieser
Zeit von 15 500 auf 44 500 fast verdreifachte, verfünffachten die Dresdner
Neuesten Nachrichten ihre Auflage von 24 000 auf 119 00012 − 1900 hatte
die Stadt 400 000, 1910 knapp 550 000 Einwohner.13
Einige inhaltliche und personelle Überschneidungen mit den
eben genannten großen Blättern finden sich bei den beiden Dresdner Rechtsaußenzeitungen Deutsche Reform14 und deren Nachfolgerin
Deutsche Wacht. Als Presseorgan der antisemitischen deutschen Re-
9
10
11
12
13
14
Herbert Zeißig: Eine Deutsche Zeitung. 200 Jahre Dresdner Anzeiger. Eine
zeitungs- und kulturgeschichtliche Festschrift, Dresden 1930, S. 1−40, 83−99
und 175−248.
Gabriela Christmann: Dresdens Glanz, Stolz der Dresdner. Lokale Kommunikation, Stadtkultur und städtische Identität, Wiesbaden 2004, S. 167–169;
Zeißig: Eine Deutsche Zeitung, S. 301–304 und 349–356.
Zur Einordnung siehe Christmann: Dresdens Glanz, S. 169.
Helmut Fiedler: Geschichte der »Dresdner Nachrichten« von 1856 – 1936,
Olbernhau in Sachsen 1939, S. 170.
Holger Starke (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dresden, Bd. 3. Von der Reichsgründung bis zur Gegenwart. Stuttgart 2006, S. 27 und 33.
Die Antisemiten bezeichneten sich selbst als Reformer im Gegensatz zu »roten
Revolutionären« und »schwarzen Reaktionären«. Die antisemitischen Reformer dürfen dabei keineswegs mit den Revisionisten in der SPD verwechselt
werden, welche aber auch auf Reformen abzielten (Reform statt Revolution).
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
191
formvereine erschien diese Zeitung seit Ende 1879 zweimal wöchentlich, seit dem 1. April 1882 sogar täglich. Der Deutsche Reformverein
in Dresden sollte sich nicht zuletzt dank der Unterstützung des Blattes zu einem der dominanten politischen Faktoren in der Stadt bis in
die Zeit des Ersten Weltkrieges entwickeln.15 Inhaltlich hörte und las
man immer das Gleiche: Der bedrängte Mittelstand, zumeist Handwerker16 und kleinere Kaufleute,17 glaubte im stereotypisierten18 Juden
den »Agenten der Moderne«, den Feind, der die negativen Auswirkungen der Industrialisierung befeuerte, zu erkennen.19 Für die Antisemiten trat er entweder in Form der »Goldenen Internationale« als
gieriger Kapitalist oder als Vertreter der »Roten Internationale«, hier
oft in Gestalt des sozialdemokratischen Funktionärs bzw. der Funktionärin, auf. Neben Teilen von Hessen wurde das hochindustriali15 Immer noch grundlegend Matthias Piefel: Antisemitismus und völkische
Bewegung im Königreich Sachsen. 1879−1914, Göttingen 2004, S. 103−112.
16 Shulamit Volkov hat beispielhaft gezeigt, wie sich im Handwerk Antisemitismus als politische Alternative zum Liberalismus etablieren konnte.
Shulamit Volkov: Antisemitismus als kultureller Code. Zehn Essays. 2. Aufl.
München 2000, S.. 37−53.
17 Claudius Torp/Heinz-Gerhard Haupt: Einleitung. Die vielen Wege der
deutschen Konsumgesellschaft, in: Die Konsumgesellschaft in Deutschland
1890−1990. Ein Handbuch, Frankfurt am Main [u. a.] 2009, S. 9−24.
18 Exemplarisch wird die Figur des vermeintlich habgierigen, cleveren und
hässlichen »Juden« als Kontrast zum ehrlichen, schwer arbeitenden, deutschen Bauern (analog zum »Mittelständler«) um 1900 in Polenz’ viel gelesenem Roman »Der Büttnerbauer« generiert, Wilhelm von Polenz: Der Büttnerbauer, Berlin 1895, hierzu Sven Brajer: Angst vor dem Fremden in Zeiten
des Umbruchs? Aspekte von Antisemitismus und Rassismus im Kaiserreich
in der Oberlausitz, in: Neues Lausitzisches Magazin 141/2019, S. 81−92.
19 Exemplarisch für Sachsen Michael Schäfer: Eine andere Industrialisierung:
Die Transformation der sächsischen Textilexportgewerbe 1790−1890, Stuttgart 2016. − Zu Ostsachsen Sven Brajer: Der wirtschaftliche Strukturwandel in der südlichen Oberlausitz im Textilgewerbe in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Firmen ›Carl Gottlieb Hoffmann‹ aus
Neugersdorf und ›Hermann Wünsches Erben‹ aus Ebersbach / Sa, in: Neues
Lausitzisches Magazin 138/2016, S. 69−84.
192
Sven Brajer
sierte Sachsen zu einem Zentrum des Antisemitismus im Kaiserreich,
trotz oder gerade wegen seines reichsweit geringen jüdischen Bevölkerungsanteils von fast durchgängig unter einem Prozent der Gesamtbevölkerung zwischen 1871 und 1914.20
Unter diesen Verhältnissen stellte die Ausweisung des linken jüdischen Redakteurs Helphand21 im September 1898 für die Deutsche Wacht
ein gefundenes Fressen dar: »Lange genug haben die beiden ausländischen Juden22 die hiesige Presse als Tummelplatz benutzt zur Ausstreuung ihrer aufreizenden Lehren. Es war Recht und Pflicht der sächsischen
Behörde, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Denn lästig gemacht haben sich diese Ausländer, für die nun in der sozialdemokratischen Presse
noch das Mitgefühl wachrufen möchte.«23 Rosa Luxemburg geriet als
Nachfolgerin ebenfalls rasch in den Fokus der Antisemiten: »Durch die
Ausweisung aus Sachsen hat das Spiel der Juden eine Störung erfahren.
Doch scheint dafür gesorgt zu sein, daß der Geist, der in der ›Sächsischen
Arbeiterzeitung‹ sein Unwesen treibt, der gleiche bleibt. Nach der ›Leipziger Volkszeitung‹ wird die Chefredaktion der ›Sächsischen Arbeiterzeitung‹ Frau Dr. Rosa Luxemburg übernehmen, die ja innerhalb der Sozialdemokratie die Geschäfte des Judenthums rührigst betrieben hat.«24
20 Retallack: Red Saxony, S. 157 und 221; Piefel: Antisemitismus, S. 15−30;
Hansjörg Pötzsch: Antisemitismus in der Region: antisemitische Erscheinungsformen in Sachsen, Hessen, Hessen-Nassau und Braunschweig 1870−
1914, Wiesbaden 2000.
21 In der Darstellung, nicht zuletzt der Dresdner Zeit, bis heute unübertroffen:
Winfried B. Scharlau, Zbynek A. Zeman: Freibeuter der Revolution. ParvusHelphand. Eine politische Biographie, Köln 1964, hier bes. S. 42−52.
22 Neben Helphand ist hier noch Julian Marchlewski gemeint, seine Mutter
war allerdings eine evangelische Adlige deutscher Herkunft, sein Vater war
ein polnischer Katholik.
23 Die russisch-jüdischen Leiter der Sozialdemokratie, Deutsche Wacht, 28.9.
1898, S. 2.
24 Ebd. − Dass Rosa Luxemburg »ihr Judentum« nicht besonders wichtig war,
spielte für die Antisemiten dabei keine Rolle. Zum Judentum von Rosa Luxemburg konstatiert Werner Abel: »Das sie [R. L.] Jüdin war, hatte wohl
kaum eine weitere Bedeutung für sie. Sie glaubte wie viele herausragende jü-
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
193
Doch das ließ die Sächsische Arbeiter-Zeitung nicht unkommentiert
stehen: »Die ›Deutsche Wacht‹, die berühmte Kämpferin für Recht
und Freiheit, läßt es sich nicht entgehen, die Ausweisung der Genossen
Helphand und Marchlewski in ihrer bekannten, von keines Gedankens
Blässe angekränkelten Manier zu besprechen, um daraus wieder einen
Anlaß zu ihrer blöden Judenhetze herzuleiten.«25
Helphand war in seiner Dresdner Zeit von 1896 bis 1898 einer der
produktivsten Publizisten der deutschen Sozialdemokratie. Das bezeugen die im Verlag der Sächsischen Arbeiter-Zeitung erschienenen
und noch heute interessanten Studien »Die Gewerkschaften und die
Sozialdemokratie. Kritischer Bericht über die Lage und die nächsten
Aufgaben der deutschen Arbeiterbewegung« (1896), »Wohin führt die
politische Maßregelung der Sozialdemokratie? Kritik der politischen
Reaktion in Deutschland« (1897) sowie »Marineforderungen, Kolonialpolitik und Arbeiterinteressen« (1898). Besonders die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema des politischen Massenstreiks war
seinen Gegnern auf Seiten des Bürgertums freilich ein Dorn im Auge.26
Es blieb nicht aus, dass auch Rosa Luxemburg als Chefredakteurin und
Person immer heftiger angegriffen wurde. Als polnisch-stämmige Jüdin,
dische Persönlichkeiten der Linken, daß die Lösung der jüdischen Frage nicht
mehr sei als ein Teil der allgemeinen gesellschaftlichen Emanzipation, daß also
mit dem Verschwinden der Klassen auch diese Frage von der Tagesordnung
verschwände. Die Betonung, ihr Mitgefühl mit den unterdrückten Juden sei
ebenso groß, wie das mit den vom Kolonialismus Unterdrückten, brachte ihr
einen ähnlichen Vorwurf ein wie den, der gegenüber Hannah Arendt erhoben
wurde, daß sie ihr Volk nicht genügend lieben würde.« Werner Abel: Hannah
Arendt über Rosa Luxemburg, in: Rosa Luxemburg. Historische und aktuelle
Dimensionen ihres theoretischen Werkes, hrsgg. von Klaus Kinner und Helmut Seidel (Geschichte des Kommunismus und Linkssozialismus 3), Berlin
2002, S. 251. Für den Hinweis danke ich Rolf Ziegenbein.
25 Dresden und Sachsen, in: Sächsische Arbeiter-Zeitung, 29. 9. 1898, S. 2.
26 Winfried Scharlau: Parvus-Helphand als Theoretiker in der deutschen Sozialdemokratie und seine Rolle in der ersten russischen Revolution (1867–
1910), Münster 1964, S. 72−77.
194
Sven Brajer
aber auch als Frau und Sozialdemokratin verkörperte sie für die Völkischen
das perfekte Feindbild.27 Das hinderte sie jedoch nicht daran, sich per se
oder mit Hilfe ihrer Redaktionskollegen entschieden mit Antisemiten
auseinanderzusetzen und vor allem deren Vorsitzenden und Verleger der
Deutschen Wacht, Oswald Zimmermann (1859–1910),28 hart anzugehen:
»Sobald Juden in Frage kommen, geht diesem Hanswurst unserer Lokalpresse das letzte Restchen politischer Verstand und politischer Anstand
flöten – da ist die ›Wacht‹ trotz all ihrer sehr betonten ›Vornehmheit‹
nur noch Dreck und Unrath. Das grunzt und blöckt, und brüllt und
schreit in ihren Spalten, daß man sich ob dieses Tohuwabohus entsetzt
die Ohren zuhalten möchte, aber aus all dem Höllenlärm klingt siegreich und triumphierend nur das eine: ›Heil, Heil, drei Mal Heil der
sächsischen Polizei‹, die die mißliebige politische Gesinnung mit dem
Polizeiknüppel todtschlägt. Elendes Gezücht, das den Mißhandelten
und Verfolgten [Helphand und Marchlewski] noch kläffend in die Beine fährt, wenn es sich durch die Macht gedeckt weiß, das aber sogleich
ein Jammergeheul anstimmt, sobald es auch einen Fußtritt abkriegt.«29
27 Zur Weltanschauung der Völkischen siehe Stefan Breuer: Die Völkischen in
Deutschland. Kaiserreich und Weimarer Republik, Darmstadt 2008; Uwe
Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache –
Rasse − Religion. Darmstadt 2001; Uwe Puschner/Walter Schmitz/Justus H.
Ulbricht (Hrsg.): Handbuch zur »völkischen Bewegung« 1871–1918, München
1996. − Zur Position von Rosa Luxemburg zum Antisemitismus siehe Rosa
Luxemburg: Nach dem Pogrom. Texte über Antisemitismus 1910/11, hrsgg.
und aus dem Polnischen übersetzt von Holger Politt, Potsdam 2014.
28 Zimmermann kann als eine Art »Spinne im Netz der völkischen Bewegung« in Dresden und Sachsen betrachtet werden, war er doch Herausgeber
(Deutsche Wacht), Parteivorsitzender (Deutsche Reformpartei bzw.-Verein
in Dresden), Redner und Verfasser zahlreicher Artikel und Bücher sowie
Reichstagsabgeordneter und Mitglied in zahlrechen völkischen Vereinen
und Verbänden (Alldeutscher Verband).
29 Sonntagsplauderei, in: Sächsische Arbeiter-Zeitung, 2.10.1898, S. 5. − Ob
der Titel von Rosa Luxemburg oder einem ihrer Kollegen stammt ist nicht
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
195
Darauf reagierte die Deutsche Wacht ebenso schroff und verschärfte
den Ton sogar noch weiter:
»Die Hiebe, die das jüdische ›Arbeiterblatt‹ von uns erhalten hat, scheinen
also gesessen zu haben, das stellen wir nach diesem saftigen Ergusse mit
Genugthuung fest. Wir haben früher schon bemerkt, dass wir es verschmähen müssen, im Kothe uns mit den erleuchteten Häuptlingen der jüdischen ›Arbeiterzeitung‹ auseinanderzusetzen, das Vergnügen überlassen wir
neidlos den Juden, die sich erfahrungsgemäß dort am wohlsten fühlen.«30
Abb. 1: Die antisemitische Deutsche Wacht. Dresden. Jg. 17. Nr. 154, 7. Juli 1903. Titelseite. (Sächsisches Staatsarchiv. Hauptstaatsarchiv Dresden. 10736. Ministerium
des Innern. Nr. 10992. Bl. 192.)
eindeutig, da er nicht gezeichnet ist und sie zu dieser Zeit (Übernahme der
Geschäfte, Parteitag in Stuttgart) eventuell verhindert war.
30 Deutsche Wacht, 2.10.1898, S. 3.
196
Sven Brajer
Im Kontext des Stuttgarter Parteitages der Sozialdemokratie und der
parteiinternen Auseinandersetzungen31 fand Rosa Luxemburg in der
Berichterstattung der antisemitischen Reformer ebenfalls Erwähnung:
»Die streitbare Genossin Zetkin verlangte, daß Genosse Heine [ein
›Revisionist‹] und seine Anhänger zwar nicht durch ein Ketzergericht
verurteilt, aber kräftig und ›mit Wucht‹ abgeschüttelt würden. Auch
die Genossen Schönlank und die neue Redaktrice der sächsischen Arbeiterzeitung, die Jüdin Rosa Luxemburg, stimmten dieser Forderung
bei«.32 Und in einer der nächsten Ausgaben wurde mit Entzücken
vermerkt, dass sich Georg von Vollmar auf dem Parteitag von seinem revisionistischen Standpunkt aus »die Dresdner Richtung und
den jüdischen ›Ba[c]kfisch‹ Rosa Luxemburg samt deren Vorgängern
Helphland und Marklewsky [sic!]«33 vornahm. Die Antisemiten frohlockten schon über eine vermeintliche Spaltung »der mehr deutschen
und der rein jüdischen Richtung34 der Sozialdemokratie: »wer sich
mit dem Juden abgiebt, geht an ihm zugrunde«.35 In der Tat wurden
Auseinandersetzungen in der Sozialdemokratie verbal scharf geführt,36
doch es gab keinerlei Anzeichen für rassistische oder antisemitische
Spaltungstendenzen.
Die Sächsische Arbeiter-Zeitung hatte am 16. Oktober 1898 − Rosa
Luxemburg trug bereits als Chefredakteurin die Verantwortung für
das Blatt − unter der Überschrift »Der keifende Mops« einen Parteitag
31 Ziegenbein: Rosa Luxemburg, S. 18–28. Als »Mittler« zwischen Revolutionären, Zentristen und Revisionisten kann der 1898 in die sozialdemokratische Partei eingetretene spätere »Stern der Münchner USPD« und erste
bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner gesehen werden, Frank Jacob et
al. (Hrsg.): Kurt Eisner-Studien, 7 Bde., Berlin 2016–2019; Riccardo Altieri:
Der Pazifist Kurt Eisner, Hamburg 2015.
32 Vorsicht! Weiber und Geld, in: Deutsche Wacht, 6.10.1898, S. 1.
33 Schuljungen, alte Esel und anderes mehr, in: Deutsche Wacht, 7.10.1898,
S. 1.
34 Ebd., S. 2.
35 Ebd.
36 Laschitza: Im Lebensrausch, S. 99−106.
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
197
der Deutsch-Sozialen Reformpartei glossiert, der wenige Tage zuvor
in Kassel stattgefunden hatte und durch widersprüchliche Entscheidungen Aufmerksamkeit erlangt hatte.37 Dabei war der Tenor wieder
sehr kräftig und direkt. Die Antisemiten wurden als »Tröpfe«, »keifender Mops« und »heuchlerische Sippe« betitelt.38 Die Antwort folgte sofort: »Die schöne Rosa schimpft und keift, wie nur irgend je eine
alte Trödeljüdin es zu Wege gebrachte«39 und, so das Fazit, »mit einem
jüdischen Frauenzimmer, das mit solchen geschmackvollen Redensarten um sich wirft [werden wir uns] nicht ernstlich beschäftigen können«.40 Auch der wenig revolutionäre Georg Gradnauer (1866–1946),
der später erster Ministerpräsident Sachsens werden sollte,41 bekam
sein Fett ab. Die Auseinandersetzungen zwischen der reformistischen
und der revolutionären Strömung in der Partei erschien den Antisemiten als Steilvorlage für ihre Agitation: »Der zerschmetterte Hebräer Gradnauer […] der die gesellschaftlichen und literarischen Gepflogenheiten der ›süßen Rosa‹, seiner Stammes-, Gesinnungs- und
Berufsgenossin, sicherlich genau kennt […] hat auf dem Stuttgarter
Parteitag bekanntlich das Urtheil gefällt: ›Das [in der Redaktion der
»Sächsischen Arbeiter-Zeitung« unter Rosa Luxemburg – S. B.] nicht
mehr Kritikerei, sondern Skandaliirerei‹ [sei] – wir schließen uns dieser Anschauung des großen Gradnauer an.«42 Darauf antwortete Rosa
Luxemburg in der Ausgabe vom 18. Oktober:
37
38
39
40
41
Sächsische Arbeiterzeitung, 16.10.1898. S. 2.
Ebd.
Deutsche Wacht, 16.10.1898, S. 3.
Siehe ebd.
Mike Schmeitzner: Georg Gradnauer – Der Begründer des Freistaates
(1918−20), in: Mike Schmeitzner/Andreas Wagner (Hrsg.): Von Macht und
Ohnmacht. Sächsische Ministerpräsidenten im Zeitalter der Extreme 1919–
1952, Beucha 2006, S. 52−88.
42 Deutsche Wacht, 16.10.1898, S. 3.
198
Sven Brajer
»Nun muß ich die ›Deutsche Wacht‹ leider enttäuschen, die Bemerkungen, die sie so gekränkt haben, wurden diesmal nicht von mir, sondern
von meinem gut christlichen Kollegen geschrieben. Ich persönlich vermied bis jetzt, eigenhändig die antisemitische Presse anzufassen, weil ich
bei dieser Berührung stets eine eigenartige Empfindung habe, die mich
die Worte Gottfried Kellers paraphrasieren läßt: Hui, wie das krabbelt,
wie das kriecht, Hui, wie das infernalisch riecht, Nun fahre hin, du liebe
Ruh’, eh, Grete, mach das Fenster zu, Es sind die Antisemiten.«43
Nur einen Tag später wurde freilich aufs Schärfste zurück-»paraphrasiert«, die Antisemiten konnten doch nicht von Rosa Luxemburg
lassen. Sie fragten, ob es denn überhaupt christliche Kollegen in
der Redaktion der Sächsischen Arbeiter-Zeitung gebe: »Hui, wie das
krabbelt, wie das kriecht, Hui, wie das infernalisch riecht, Nun fahre
hin, du liebe Ruh’, Geh Rosa, mach die Fenster zu – Es duftet zu
sehr uns nach Juden.«44 Aufmerksam registrierten die antisemitischen
Reformer dann auch das schnelle Ende der Redaktionszeit von Rosa
Luxemburg in Dresden und steckten ihre Finger tief in die sozialdemokratische Wunde: »Der jetzige Reichstagsabgeordnete Gradnauer
kämpft gegen die neue Chefredakteurin Rosa Luxemburg, der getaufte Jude gegen die ungetaufte Jüdin«.45 Regelrecht begeistert waren
die Antisemiten der Deutschen Wacht über die »lebhafte[n] innere[n]
Kämpfe«46 in der sächsischen Sozialdemokratie, die schließlich zum
Rückzug Rosa Luxemburgs aus der Redaktion der Sächsischen Arbeiter-Zeitung führten.47 Die Antisemiten beschlossen die Angelegenheit für sich mit dem zynischen Kommentar: »Schade, wir hatten uns
43 Sächsische Arbeiterzeitung, 18.10.1898, S. 3; Rosa Luxemburg: Entgegnung,
in: Dies.: Gesammelte Werke, Berlin 1970 ff., Bd. 1/1, S. 256.
44 Deutsche Wacht, 18.10.1898, S. 3.
45 Genosse Gradnauer gegen Genossin R. L., in: Deutsche Wacht, 25.10.1898,
S. 3.
46 Rosa Luxemburgs Abschied, in: Deutsche Wacht, 3.11.1898, S. 3.
47 Rolf Ziegenbein: Rosa Luxemburg, S. 33−35.
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
199
von den Salbadereien der Frau Luxemburg noch manche genußreiche
Stunde versprochen! Welcher Jude oder welche Jüdin wird nun sozialdemokratischer Chefredakteur in Dresden?«48 Es sollte der getaufte
Protestant und später konfessionslose Georg Ledebour sein.
Auseinandersetzungen zwischen antisemitischen Reformern und
Sozialdemokraten waren in Dresden seit der Entstehung des Dresdner
Reformvereins 1879 an der Tagesordnung, da beide eine ähnliche Klientel ansprachen. Für die Reformer stellte der Antisemitismus jedoch
den Kern ihrer Weltanschauung dar. Wie oben beschrieben, suchten
und fanden sie in »den Juden« das perfekte Feindbild für ihre wirtschaftlichen, religiösen und zunehmend auch rassistischen Verlautbarungen und Argumentationen. Je nach politischer Großwetterlage
waren Verflechtungen, sei es aus pragmatischer oder ideologischer
Perspektive, mit anderen konservativen Fraktionen, ob auf Stadtratsoder Landesebene, eher die Regel als die Ausnahme.49
August Bebel, der von 1878 bis 1881 selbst einen Dresdner Reichstagswahlkreis als Abgeordneter vertreten hatte und mit Rosa Luxemburg ein zumeist gutes Verhältnis pflegte, äußerte sich ganz als
Kind seiner Zeit folgendermaßen über die Antisemiten und ihre
Weltanschauung:
»Die eigentlichen Träger des Antisemitismus, das kleine Gewerbe und
der kleine Grundbesitz, haben von ihrem Standpunkte aus nicht so
unrecht. Ihnen tritt eben das Kapital hauptsächlich in der Gestalt des
48 Rosa Luxemburgs Abschied, in: Deutsche Wacht, 3.11.1898, S. 3. − In dieser
Ausgabe (S. 3) druckte die Deutsche Wacht sogar Textpassagen aus Rosa Luxemburgs Abschiedserklärung, die wiederum in der Leipziger Volkszeitung
erschien.
49 Zu den inhaltlichen Überschneidungen zwischen Konservativen und Antisemiten siehe Retallack: Red Saxony, S. 188−192; Ders.: Herrenmenschen
und Demagogentum. Konservative in Sachsen und Baden, in: Ders. (Hrsg.):
Sachsen in Deutschland. Politik, Kultur und Gesellschaft 1830−1918, Bielefeld 2000, S. 117 f. und 137−139 und Piefel: Antisemitismus und völkische
Bewegung im Königreich Sachsen, S. 144−147.
200
Sven Brajer
Juden entgegen. In Hessen und anderen Teilen Südwestdeutschlands
zum Beispiel, wo ich die Verhältnisse kenne, da sind die Hypotheken
in den Händen der Juden und die Käufer agrarischer Produkte auf allen
Märkten sind Juden. Dadurch erscheinen alle schlimmen Wirkungen
des Kapitalismus den Leuten immer in der Gestalt des Juden, und da
ist es ganz natürlich, daß diese Schichten, die nicht gewohnt sind, viel
über das kapitalistische System zu grübeln, sondern sich an die Formen und Erfahrungen halten, in denen es ihnen gegenüber tritt, dem
Antisemitismus verfallen. Das Kleingewerbe wird wiederum sehr stark
von der Konkurrenz der jüdischen Handelsgeschäfte getroffen. So sind
die Kleider-, die Schuhläden, die Läden mit Manufakturwaren etc. fast
ausschließlich in Händen der Juden und die Konkurrenz derselben ist
für diese Schichten erdrückend. Bei den Offizieren und Beamten liegen andere Gründe vor. Ein großer Teil derselben macht Schulden und
der Kreditgeber ist wiederum sehr oft ein Jude. Daher ihr Hass gegen
dieselben. […] Das hängt also alles mit den ökonomischen Zuständen
mehr oder weniger zusammen. […] So kann man sich den Antisemitismus aus der Tatsächlichkeit der Verhältnisse vollkommen erklären,
wozu noch kommt, daß er von allerhand Leuten künstlich gezüchtet
und geschürt wird.«50
Bebel vergaß leider zu erwähnen, dass jüdische Mitmenschen seit dem
Mittelalter immer mehr von der christlichen Mehrheitsgesellschaft
und damit auch von vielen Berufsfeldern ausgegrenzt und so in bestimmte Tätigkeiten, wie in den Handel oder Geldverleih, gedrängt
wurden. Eine Teilung der Menschen in »Rassen« ist für Bebel an dieser Stelle gleichfalls realiter.51 Rassistische Komponenten als Allein50 Hermann Bahr: Der Antisemitismus. Ein internationales Interview, in:
Deutsche Zeitung (Wien), 6.4.1893, S. 1 f. – In Band 3 der von Claus Pias
herausgegebenen Kritischen Texte in Einzelausgaben, 2., verb. Aufl. Weimar
2013, befinden sich Bebels Interview-Texte auf den Seiten 20–25.
51 Zu den damals zeitgenössischen Stereotypen über »die Juden«, die auch
stellenweise bei Bebel auftauchen, siehe ders.: Sozialdemokratie und Anti-
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
201
stellungsmerkmal des Antisemitismus52 fanden infolge des Gründerkrachs und solcher Vordenker wie Wilhelm Marr (1819–1904), Adolf
Stöcker (1835–1909) oder August Rohling (1839–1931) in den 1870er
Jahren bis weit in die »Mitte der Gesellschaft« Adressaten.53 Auch die
Sozialdemokraten waren also keineswegs immer ganz frei von Antisemitismus, erkannten jedoch im Gegensatz zu den Antisemiten in der
Klassengesellschaft des Kaiserreiches dessen Ursprung.
Zwischenspiel: Polizei, Streiks, Revisionisten
Selbst nachdem Rosa Luxemburg Dresden verlassen hatte, blieb ihr
die sächsische Polizei auf den Fersen. So notierte beispielsweise ein
Leipziger Polizeiinspektor in einer für das Innenministerium bestimmten Übersicht: »Die Leipziger Volkszeitung als Organ der extrem radikalen [linken] Richtung trat unter der Leitung R. Ls noch
semitismus. 27. 10.1893, in: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 3. Bearb.
von Anneliese Beske [u. a.] München [u. a.] 1995, S. 363−397, insbesondere
S. 369 f. Siehe auch Lars Fischer: The Socialist Response to Antisemitism in
Imperial Germany, Cambridge 2007, S. 70–72; Rosemarie Leuschen-Seppel: Sozialdemokratie und Antisemitismus im Kaiserreich. Die Auseinandersetzung der Partei mit den konservativen und völkischen Strömungen
des Antisemitismus 1871−1914, Bonn 1978; Ludger Joseph Heid: Juden in
der deutschen Arbeiterbewegung vor, während und nach dem Großen
Krieg, in: Angelika Timm (Hrsg.): Spurensuche. Das Vermächtnis Rosa Luxemburgs für deutsche und israelische Linke, Tel Aviv 2009, S. 17–19. Für
den Hinweis darauf danke ich Eckhard Müller.
52 Im Vergleich zum religiös motivierten Antijudaismus.
53 Thomas Gräfe: Antisemitismus in Deutschland 1815−1918. Rezensionen –
Forschungsüberblick – Bibliographie. 3., erw. und überarb. Aufl, Norderstedt 2016, S. 137−168, und grundlegend dazu Wolfgang Benz (Hrsg.):
Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Bd. 1−8, Berlin [u. a.] 2008−2015.
202
Sven Brajer
schärfer zu Tage.«54 Die Forderung bzw. Billigung von Generalstreiks
war der Behörde ein Dorn im Auge.55 Etwa zur gleichen Zeit gab
ein Aufsatz Luxemburgs in der Neuen Zeit,56 in der sie »Gewalt […]
als ultima ratio auch der Arbeiterklasse« auffasste, den nächsten Angriffspunkt für die Antisemiten in Dresden. Für die Deutsche Wacht
hatte »die exaltierte Jüdin«57 damit den Beweis erbracht, dass »die
Sozialdemokratie […] Gewaltthaten [gegenüber] grundsätzlich nicht
abgeneigt sei«.58
Im Kampf um höhere Löhne und eine Verkürzung der Arbeitszeit war in Dresden besonders seit 1903 ein Anwachsen der Streikbewegung zu verzeichnen, die kaum einen Industriezweig aussparte.
Zwischen 1903 und 1909 wurden 185 Streiks in mehreren hundert Betrieben registriert. Dabei betrug die Höchstzahl der gleichzeitig die
Arbeit verweigernden Arbeiterinnen und Arbeiter 6 400.59 Während
dieser Krisenjahre entwickelte sich auch eine starke und gut orga54 Hauptstaatsarchiv Dresden (im Folgenden HStADD) 10736 Ministerium
des Innern, Nr. 10992, Bl. 282 RS / Übersicht über die politische und gewerkschaftliche Bewegung im 12. und 13. Reichswahlkreis Leipzig Stadt und
Land während des Jahres 1902 verfasst von Polizeiinspektor Förstenberg.
55 Ebd.
56 Siehe Rosa Luxemburg: Und zum dritten Male das belgische Experiment,
in: Die Neue Zeit 20/1901/2, Bd. 2. Nr. 7. S. 203−210 (Teil 1/2), und Nr. 9.
S. 274−280 (Teil 3). − Teil 1 trägt den Untertitel »Zur Antwort an Genosse E.
Vandervelde«, Teil 2 »Der Generalstrike« und Teil 3 »Gewalt und Gesetzmäßigkeit«. (Siehe auch Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke. Bd. 1/2, Berlin
1970, S. 229−248. Zum argumentativen Kontext der Textpassage »Gewalt
ist und bleibt die Ultima ratio auch der Arbeiterklasse« siehe ebd., S. 247.)
Kontext und Dialektik der ausführlichen Argumentation Rosa Luxemburgs
zur Rolle der Gewalt in der Geschichte des Klassenkampfes müssen daher
zwingend der Interpretation der Deutschen Wacht entgegengesetzt werden.
Für den Hinweis danke ich Eckhard Müller.
57 Rosa Luxemburg plaudert aus der Schule, in: Deutsche Wacht, 10.6.1902,
S. 2.
58 Ebd.
59 Friedrich Schäfer: Arbeiterverhältnisse und soziale Fürsorge, in: Otto Richter (Hrsg.): Dresdens Entwicklung in den Jahren 1903 bis 1909. Festschrift
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
203
nisierte proletarische Frauenbewegung, die sich unter anderem bei
Arbeitskämpfen in der Zigarettenindustrie profilierte, als 3 000 Arbeiterinnen für ihre gewerkschaftlichen Rechte streikten.60 Nun kam
es auch verstärkt zu politischen Demonstrationen gegen den Zarismus sowie gegen das die Arbeiterschaft ausgrenzende, vergleichsweise
überholte sächsische Wahlsystem.61
Dass in Dresden gemäßigtere Sozialdemokraten bzw. Revisionisten wie der bereits erwähnte Georg Gradnauer und August Kaden
(1850–1913) seit 1905 zunehmend an Einfluss gewannen, hängt auch
mit der sozialen Struktur der Arbeiterschaft zusammen. Im Unterschied beispielsweise zu Leipzig, wo einfache Arbeiter und Arbeiterinnen dominierten, gab es in der Residenzstadt zahlreiche Facharbeiter
und Spezialisten.62 Verstärkt wurde diese Entwicklung durch eine an
der Spitze von SPD und Gewerkschaften sich etablierende, oftmals
aus dem Bürgertum stammende, gut gebildete Elite, welche auch als
»Arbeiteraristokratie« zynisch verlacht wurde. Gelbe Gewerkschaften
und kirchliche Arbeitervereine wie der evangelische Arbeiterverein
trugen zu einer weiteren Schwächung der proletarischen Bewegung
bei. Dennoch oder gerade deswegen gewann die Dresdner Sozialdemokratie bei den Reichstagswahlen 1898 über fünfzig Prozent und 1903
des Rates der Kgl. Haupt- und Residenzstadt Dresden zur Einweihung des
neuen Rathauses am 1. Oktober 1910, Dresden 1910, S. 197−236, hier S. 212.
60 Siehe Rudolf Förster: Damals in Dresden. Porträt einer Stadt um 1900, Berlin 1988, S. 114.
61 Siehe zu den Demonstrationen Simone Lässig: Der »Terror der Straße« als
Motor des Fortschritts? Zum Wandel der politischen Kultur im »Musterland der Reaktion«, in: Simone Lässig/Karl Heinrich Pohl (Hrsg): Sachsen
im Kaiserreich Weimar 1997, S. 191−237. Zum Wahlgesetz siehe Josef Matzerath: Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte. Präsidenten und Abgeordnete
von 1833 bis 1952, Dresden 2001, S. 89−93.
62 Siehe Sven Brajer: Reflexionen der »Oktoberrevolution« 1917 im »Roten Königreich« Sachsen, in: Frank Jacob/Riccardo Altieri (Hrsg.): Die Wahrnehmung der Russischen Revolutionen 1917. Zwischen utopischen Träumen
und erschütterter Ablehnung, Berlin 2019, S. 199−217.
204
Sven Brajer
sogar 62,4 Prozent der Stimmen.63 Die Sächsische Arbeiter-Zeitung, seit
1908 mit dem neuen Namen Dresdner Volkszeitung und unter Georg
Gradnauers Leitung zum eher zentristischen Blatt gewandelt, behauptete sich als ein auflagenstarkes Massenblatt, das sich mit der Phalanx
der großen konservativen und nationalistischen bzw. völkischen Blätter messen konnte. Bis 1914 erreichte die Zeitung eine Auflage von
36 000 Exemplaren.64 Die SPD war 1914 in Sachsen die stärkste Mitgliederpartei. Daher verwundert es auch nicht, wenn der konservative Innenminister Christoph Johann Friedrich Vitzthum von Eckstädt
(1863–1944) nach Kriegsbeginn im September 1914 seine Hoffnung auf
reformorientierte Sozialdemokraten setzte: Wenn »jemals der Versuch
gemacht werden soll, die Arbeiterschaft aus sich heraus zu einer politischen Gesundung [!] zu führen, so ist dies nur in Zeiten der nationalen
Erhebung möglich, wie wir sie jetzt haben. Eine günstigere Gelegenheit dürfte in den nächsten 100 Jahren kaum je wiederkommen.«65
Rosa Luxemburg in Dresden II –
Wahlkampfrede im »Deutschen Kaiser«
Bereits einige Jahre zuvor hatten einige Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten die drohende Kriegsgefahr erkannt. So resümierte
Rosa Luxemburg in ihrer Dresdner Rede 1911 wie viele andere die
Risiken, die der sogenannte Panthersprung nach Agadir heraufbe-
63 Statistisches Jahrbuch der Stadt Dresden, Jg. 1905, S. 68.
64 Siehe Fritz Staude: Sachsen im preußisch-deutschen Reich (1871−1917/18),
in: Sächsische Heimatblätter 30/1984, H. 4: Sächsische Geschichte im Überblick. Beiträge zur Landesgeschichte 1917−1945 und 1945−1952, S. 27−41, hier
S. 34.
65 Christoph Johann Friedrich Vitzthum von Eckstädt an Ernst von Salza und
Lichtenau, 9. September 1914, in: HStADD, Bestand 10736, 10999 Ministerium des Innern. Bl. 53 f. bzw. 46 f., hier 54 bzw. 47 RS.
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
205
schwor.66 Während sich die Zeitungen der Reformpartei diesmal in
der Bewertung der antiimperialistischen Rede zurückhielten, dominierten die auflagenstarken Dresdner Neusten Nachrichten die Berichterstattung und beschworen das Schlimmste für Adel und Bürgertum:
»Rosa Luxemburg hat aus ihrem Herzen der Wahltaktik zuliebe gestern keine Mördergrube gemacht. Ihre Deutlichkeit wird auch dem
Naivsten sagen, was diejenigen, die anderen Glaubens sind und denen
die hübschen Kosenamen für Monarchie, Armee und Bürgertum anders ins Ohr klingen wie den überzeugten Genossen, als Mitläufer zu
erwarten haben. Die Moral: nur die allergrößten Kälber wählen ihre
Metzger selber.«67
Die Dresdner Neusten Nachrichten sprachen von 2 000 Zuhörern
im Deutschen Kaiser: Zwei Stunden Vortrag ohne »daß der Unbefangene etwas Neues vernommen hätte. Man erinnert sich noch aus den
Tagen des Dresdner Parteitags der wüsten Uebertreibungen und radikalistischen Phrasen. […] Der gegenwärtige Krieg sei nur der Anfang
einer Reihe weiterer Kriege. Wer ein Kriegsschiff nach Afrika schicke,
wünsche nicht, den Frieden zu erhalten.«68 Die Dresdner Neuesten
Nachrichten unterstützten, wie der Dresdner Anzeiger und die Dresdner Nachrichten, nationalistische Vereine und Verbände, so vor allem
den Alldeutschen Verband.69 Dessen 1898 gegründete Dresdner Orts66 Zur Rede im Einzelnen und dem sogenannten Panthersprung siehe Müller, »Wer den Frieden will, sendet keine Kriegsschiffe in ein anderes Land,
S. 37–63, bes. S. 56–59.
67 Dresdner Neueste Nachrichten (im Folgenden DNN), 13. Dezember 1911,
S. 3.
68 Ebd.
69 Vielsagend ein Auszug aus der Satzung vom November 1903: »§ 1 Der Alldeutsche Verband erstrebt Belebung der deutschnationalen Gesinnung, insbesondere Weckung und Pflege des Bewußtseins der rassenmäßigen und
kulturellen Zusammengehörigkeit aller deutschen Volksteile […] § 2. 1 Erhaltung des Deutschtums in Europa und über See […] 2. 2. Lösung der
Bildungs-, Erziehungs- und Schulfragen im Sinne des deutschen Volkstums;
2. 3. […] Bekämpfung aller Kräfte, die unsere nationale Entwicklung [ge-
206
Sven Brajer
gruppe besaß seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts enormen Einfluss
und galt neben dem seit 1879 existierenden Reformverein als größter
nationalistisch und spätestens seit Beginn des Ersten Weltkrieges auch
völkisch agierender Verband. Er zählte 1905 beispielsweise jeden zweiten Abgeordneten des Stadtrates zu seinen Mitgliedern.70
Als Rosa Luxemburg im »Kaiser« in Dresden-Pieschen ihre große
Rede hielt, wurde vor allem die Altstadt mit rechtslastigen Veranstaltungen regelrecht überflutet: Am 10. März 1911 hielt der Archivar und
einflussreiche Historiker Armin Tille (1870–1941), seit 1907 fest angestellter Bibliothekar des Sächsischen Landtages,71 in der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe der Alldeutschen einen Vortrag »Über
die nationale Bedeutung des Rasseproblems«.72 Darin äußerte sich Tille
dahingehend, dass »grundsätzlich jede Blutmischung zwischen Deutschen und Negern oder Mongolen verboten bzw. strafrechtlich verfolgt
wird«.73 Körperlich oder geistig behinderte Menschen diskreditierte er
als »Krüppel«74 und stellte sie mit Verbrechern auf eine Stufe. Ihnen
wollte er die Ehe verbieten.75 »Der nationale Selbsterhaltungstrieb« sollte über das »Mitleid mit dem Individuum« triumphieren.76 Tille forderte ein amtliches Gesundheitsattest, das zukünftigen Ehepartnern physi-
70
71
72
73
74
75
76
meint sind »Sozialdemokraten, Linksliberale, Juden und nationale Minderheiten«] hemmen […] 2. 4 für eine staatskräftige deutsche Interessenpolitik
in der ganzen Welt, insbesondere Fortführung der deutschen Kolonialbewegung zu praktischen Ergebnissen«. (Handbuch des Alldeutschen Verbandes,
22. Aufl., 1918. o. O. o. S.)
Gerald Kolditz: Rolle und Wirksamkeit des Alldeutschen Verbandes in
Dresden zwischen 1895 und 1918, Bd. 1, Dresden 1994, S. 146.
Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 2 (Anhang), Anhang B Biographien 4,
Armin Tille. − Zitat ebd.
Dresdner Anzeiger, 12.3.1911, S. 6.
StADD, ADV-OG Nr. 50. Bl. 91.
Ebd.
Siehe Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 1, S. 257.
StADD, ADV-OG Nr. 50, Bl. 91.
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
207
sche und psychische Stabilität attestieren sollte.77 Er verlangte vor allem
von den »höheren Schichten«78, möglichst jung Familien zu gründen.79
In Tilles Vortrag und Ansichten finden sich 1911 bereits Gedanken,
die während des Nationalsozialismus in den sogenannten Nürnberger Rassegesetzen und der Ermordung von Psychiatriepatienten und
Behinderten grauenhafte Realität wurden.80 Der Dresdner Anzeiger
berichtete über zahlreiche Teilnehmer, die Tilles Ausführungen lebhaften Beifall spendeten.81 Nur einen Tag später lud die Dresdner
Ortsgruppe des antipolnischen Deutschen Ostmarkenvereins82 in
Meinholds Sälen, einem großzügigen Balllokal mit Wintergarten in
der Moritzgasse 10, zu einer gut besuchten Versammlung ein.83 Dabei
ging es um die preußische Siedlungspolitik in den mehrheitlich von
Polen bewohnten preußischen Ostprovinzen, wie die Dresdner Neuesten Nachrichten in ihrer Abendausgabe berichteten.84 Der Vortragende, Generalsekretär des Ostmarkenvereins Berlin,
Victor Schoultz, appellierte unter großem Beifall an die Zuhörer,
77
78
79
80
81
82
83
84
Siehe Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 1, S. 257.
Ebd.
StADD. ADV-OG Nr. 50, Bl. 91.
Darum ist es kaum verwunderlich, dass Tille 1937 vom NS-Reichsstatthalter
in Thüringen, Fritz Sauckel, für seine »wissenschaftlichen Leistungen« zum
Ehrenmitglied der Thüringischen Historischen Kommission eingesetzt wurde. Siehe Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 2, Anhang B Biographien 4.
Armin Tille. o. S.
Dresdner Anzeiger, 12.3.1911, S. 6.
In ihm war auch der Ortsvorsitzende des Alldeutschen Verbandes Eugen
Hopf tätig.
Dresdner Neueste Nachrichten, 12.3.1911, S. 3.
Ebd. − Artikel 1 der Satzung des Deutschen Ostmarkenvereins lautete: »Ziel
des Vereins ist Kräftigung und Sammlung des Deutschtums in den mit polnischer Bevölkerung durchsetzten Ostmarken des Reichs und Hebung und
Befestigung deutsch-nationalen Empfindens sowie durch Vermehrung und
wirthschaftliche Stärkung der deutschen Bevölkerung.« Sabine Grabowski:
Deutscher und polnischer Nationalismus. Der Deutsche Ostmarken-Verein
und die polnische Straz 1894−1914, Marburg 1998, S. 65.
208
Sven Brajer
die »Regierung an die Erfüllung ihrer vaterländischen Aufgaben zu
erinnern und dabei mitzuhelfen«, dass das »Deutschtum in den Ostprovinzen vor der Ausrottung geschützt werde«.85
Die jahrelange Propaganda nationalistischer Organisationen blieb
nicht folgenlos. Als der Historiker und völkische Rassenforscher Albrecht Wirth, ein Wanderredner des Alldeutschen Verbandes, am
29. August 1911 im großen Saal des Tivoli zum damals aktuellen Thema
»Marokko – eine deutsche Macht- und Ehrenfrage« referierte, hatten
sich mehr als 2 400 Zuhörerinnen und Zuhörer eingefunden.86 Wirth
forderte, mit harter Hand, gegebenenfalls auch mit kriegerischen
Mitteln, gegen die kolonialen Mitbewerber Frankreich und England
vorzugehen. Währenddessen gelang es der Dresdner Sozialdemokratie, sicher nicht zuletzt dank des agitatorischen Engagements Rosa
Luxemburgs, Gegendemonstrationen mit mehreren Tausend Menschen zu organisieren.87 Dies änderte aber nichts daran, dass sich der
Alldeutsche Verband und andere nationalistische Organisationen besonders gegenüber der Reichsregierung öffentlichkeitswirksam als die
vermeintliche Gesamtstimme des Volkes darstellten.88 Unzufrieden
mit der politischen Linie der Reichsregierung in der Marokkofrage,
forderten die Alldeutschen eine »völkische Diktatur«.89 Deutschland
benötige mehr Platz zur geographischen Entfaltung,90 verkündete der
Münchner Geschichtsprofessor Richard Graf Du Moulin-Eckardt
85 Dresdner Neueste Nachrichten, 12.3.1911, S. 3. − Alle Zitate ebd.
86 Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 1, S. 264.
87 Siehe dazu exemplarisch Simone Lässig: Der »Terror der Straße« als Motor
des Fortschritts? Zum Wandel der politischen Kultur im »Musterland der
Reaktion«, in: Lässig/Pohl (Hrsg): Sachsen im Kaiserreich, S. 191−239.
88 Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 1, S. 264 f. Zur »Schicksalsgemeinschaft« des deutschen Volkes, die dem Verfassungsstaat gegenübersteht, siehe Götz Aly: Volk ohne Mitte. Die Deutschen zwischen Freiheitsangst und
Kollektivismus, Frankfurt am Main 2015, S. 23.
89 Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 1, S. 266.
90 Die Nazis nannten das später »Volk ohne Raum«, analog zu Hans Grimms
gleichnamigem völkischen Roman aus dem Jahr 1926.
Rosa Luxemburg und die Dresdner Antisemiten um 1900
209
(1864–1938) ganz im Sinne des Verbandsvorsitzenden der Alldeutschen
Heinrich Claß (1868–1953) am 25. November 1911.91 Um ein möglichst
großes Publikum für derartige Veranstaltungen der Dresdner Alldeutschen zu mobilisieren, verteilte die Expedition des Dresdner Anzeigers
und der Dresdner Nachrichten kostenlos Eintrittskarten.92
Zusammenfassung
Wie gezeigt werden konnte, herrschte in Dresden um 1900 ein politisch polarisiertes Klima, das in hohem Maße durch die medialen
Auseinandersetzungen zwischen den Presseorganen der Sozialdemokratie und denen der antisemitischen Reformer geprägt wurde. Obwohl Rosa Luxemburg 1898 nur wenige Wochen redaktionelle Verantwortung in Dresden trug, hinterließ der verbale Schlagabtausch
zwischen der von ihr als Chefredakteurin geleiteten Sächsischen Arbeiter-Zeitung und der Deutschen Wacht Spuren.
Der rassistisch konnotierte Antisemitismus war in der Stadt jedoch bereits spätestens seit 1879 anzutreffen und sollte nach 1933 unermessliches Leid verursachen. Der Deutsche Reformverein Dresden
und später die Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes haben dafür
weltanschauliche »Weichen« gestellt. Selbst nach ihrem Weggang
aus Dresden wurde Rosa Luxemburg von rechten und konservativen
Medien und der sächsischen Polizei weiterhin aufmerksam verfolgt.
Obwohl die Sozialdemokratie in der sächsischen Landeshauptstadt
zeitweilig große Wahlerfolge verbuchen konnte, war die Dresdner
Gesellschaft, ob medial, ökonomisch oder von exekutiver und legislativer Seite betrachtet, um 1900 zum Großteil fest im konservativen
Lager mit Drall nach rechts verortet. Diese Erfahrung musste auch
Rosa Luxemburg in Dresden wiederholt machen.
91 Kolditz: Rolle und Wirksamkeit, Bd. 1., S. 265.
92 Ebd.
210
Sven Brajer
Quellen- und Literaturverzeichnis
Ungedruckte Quellen
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10736 Ministerium des Innern, Nr. 10992.
10736 Ministerium des Innern, Nr. 10999
Stadtarchiv Dresden
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Dresdner Anzeiger
Deutsche Wacht
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Ziegenbein, Rolf: Rosa Luxemburg – Chefredakteurin in Dresden, in: Klaus
Kinner/Manfred Neuhaus (Hrsg.), in Verbindung mit Sven Brajer und Wilfried Trompelt: »Neustadt – das ist der radikale Teil«. Rosa Luxemburg in
Dresden, 2. Aufl. Leipzig 2019, S. 11–36.
8.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory
and the SPD
A Peripheral Perspective
Rosa Rosa Gomes
In the last decades, Rosa Luxemburg’s theory of capital accumulation
has been recovered in the light of our time, although the same old
criticisms arise. The most common criticisms of Luxemburg’s economic theory are that she was fatalistic and underconsumptionist.1
These go back to her time and to the discussions about collapse theory
in the German Social Democratic Party (SPD). According to some
authors,2 she introduced a theory in which capitalism should fall apart
on its own even if the working class do nothing. At her time, the SPD
sorely discussed the historical necessity of socialism as an evolution of
the capitalist mode of production; this was called the collapse debate.3
This debate was based on Marx’s assertion that capitalism tends to
make workers’ living conditions progressively worse, amplifying impoverishment. So, as long as capitalism exists, more and more people
would be part of the working class.
1
2
3
For example, David Harvey: The New Imperialism, New York 2003.
As Miron I. Nachimson and Gustav Eckstein (1875–1916). See: Die Akkumulation des Kapitals, in Dresdener Volkszeitung, n. 17, year 24, Dresden,
January 22, 1913; and Gustav Eckstein, Crítica à Acumulação do Capital de
Rosa Luxemburgo, in Rosa Luxemburgo: A Acumulação do Capital. Contribuição ao Estudo Econômicos do Imperialismo, São Paulo 1985, pp. 405–
416.
See Lucio Colletti: El marxismo y el »derrumbe« del capitalismo, 3rd edition,
Mexico City 1985. This book summarizes quiet well this debate. It includes
excerpts from Eduard Berstein, Mijail I. Tugán-Baranovski, Rudolf Hilferding (1877–1941), Karl Kautsky (1854–1938).
216
Rosa Rosa Gomes
The revisionists argued that Marx was wrong about impoverishment and therefore that the basic social-democratic analysis was also
inaccurate. According to the revisionists, the workers’ living conditions have not got worse but better; capitalism would thus not simply
fall apart as a necessity of historical evolution. It could be improved.
Luxemburg discussed this with revisionists since 1898. In her book
»The Accumulation of Capital,« published in 1913, she developed an
accumulation theory that has as a logical conclusion the fall of capitalism without any struggle since this mode of production cannot survive without being expanded over non-capitalist societies and non-explored land.4 So, at some point, the system could not be reproduced,
because there would neither be land nor people to conquer and start
the accumulation process again. That was understood from her time
on as a fatalistic point of view. Though she was explaining the historical and logical movement of capital accumulation, for Luxemburg,
history must be done by the workers in a day-by-day struggle, and it
is impossible to determine a »line« of history only by mechanical assumptions; the subjective factor is determinant.5 Another widespread
criticism is that Luxemburg was an underconsumptionist, which
means she allegedly analyzed capitalist society only from the circulation point of view, which means the problems of capitalism would
have been confined to the distribution problems of the social product. So thought her opposers. The revisionists believed that capitalism
could be reformed when the global social product was fairly divided.
Luxemburg’s starting question was: who consumes the surplus value represented in products? She put her problem in the circulation
sphere, because, as she said, Marx had no time to analyze this sphere,
dying before finishing the last two volumes of »Das Kapital.« Based
4
5
See Michael Krätke: Rosa Luxemburg und die Analyse des gegenwärtigen
Kapitalismus, in: Narihiko Ito/Annelies Lashitza/Ottokar Luban (Eds.):
Rosa Luxemburg. Ökonomische und historisch-politische Aspekte ihres
Werkes, Berlin 2010, pp. 130–174.
See Michael Löwy: Método Dialético e Teoria Política, Rio de Janeiro 1975.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
217
on that, some of her critics said that she was attributing the problem
of capitalism to the lack of consumers, ignoring the problem of production. Actually, Luxemburg agreed that the central problem of the
capitalist social system is the way production works, based on private
property and exploitation. However, to understand the whole society,
one must analyze both spheres – production and circulation – because together they form social reproduction, more precisely, enlarged
reproduction. When she states that capitalism needs to expand over
other societies to reproduce itself, she does not mean only by selling products. She talks about acquiring raw material and labor power
to feed capitalist industries in developed countries. Therefore, she is
trying to fill the hole in Marx’s analysis by connecting production
and circulation processes to understand the enlarged reproduction
movement.
In a few words, these are the main criticisms of Luxemburg’s accumulation theory that prevail until today, though less strongly. Being
a hard-to-ignore figure in the socialist movement during her lifetime
and afterward, a segregation in her thought was set: she was sometimes right when talking about politics and completely wrong when
carrying out economic analysis.6 The problem, however, is that Luxemburg did not herself segregate economics from politics. She always thought in terms of political economy, in which one cannot be
understood without the other. So, when reading her texts, it is impossible to understand her political writings if one does not consider her
understanding of the capitalist economy at each conjuncture, because
it changes too. If one wants to claim her thought, it must be done as a
whole. One may criticize her economic theory but has to understand
6
This segregation works for the ones that followed her political thought, because the majority of socialists considered her only as a workers’ martyr, but
as an idealistic and therefore politically and economically wrong theoretician.
218
Rosa Rosa Gomes
its relationship to her political position in the 1910s and the debate in
which she was involved with German social democracy.
This is the central point of this article and of my research. I am
aware of texts dedicated to her political thought and those dedicated to her economic thought, and my point is to unify the two
perspectives. Even her book »The Accumulation of Capital« has a
political view and intention. I am also aware that some texts have already stressed this point, but I am doing it from a peripheral country,
therefore, with a peripheral perspective, much like Luxemburg’s was,
and basing myself on original sources, relating her political economic
thought to contemporary debates on her. Luxemburg’s accumulation
theory responded to a political necessity to make the SPD understand that capitalism could not be reformed or driven to a revolution
through parliament, but rather that it had to be revolutionized by a
conscious working class. Otherwise, humanity would set on its way
towards barbarism. Some may say that Luxemburg’s motto »socialism
or barbarism« would be settled only in 1916 and that by 1913 she still
believed in the masses as the major political force against imperialist
war.7 That is true. By 1913 she believed the masses would prevent war,
but only if they were led to it. Socialism was still a staggering certainty,
but barbarism was the spectrum haunting Europe at that moment.8
7
8
See Isabel Loureiro: Rosa Luxemburg. Os Dilemas da Ação Revolucionária,
São Paulo 1995.
See the debate between Michael Löwy and Norman Geras on this theme.
Norman Geras, Rosa Luxemburg. Barbarism and The Collapse of Capitalism, in: New Left Review, I/82, 1973, pp. 17–37; Norman Geras: A Atualidade de Rosa Luxemburgo, Lisboa, 1978; Michael Löwy: Rosa Luxemburg. A
Re-Assessment, in: New Left Review 101–102/1977, no. 1, pp. 138–142.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
219
Germany and the Age of Empires
Rosa Luxemburg was a Jewish Polish woman. This fact must always
be remembered because it influences her perspective. At that time,
Poland was not a national state. The territory we know today as Poland was divided amongst three empires: the Russian, the German
and the Austro-Hungarian. This went back to the 18th century, and
even Marx had discussed the »Polish question.« Luxemburg and her
Polish comrades had a particular point of view and defended the idea
that the fight in Poland should be based on class, not nation. This
is related to the fact that the industrial development of Poland was
strictly connected to the Russian Empire.9
The Polish question itself brings up the conjuncture of what historian Eric Hobsbawm (1917 – 2012) called »The Age of Empire.« First,
the region was divided among three empires, specifically those that
had a central role in the events from the end of the 19th century to the
First World War. Second, this discussion leads to the matters of industrialization, class struggle and, consequently, the workers’ movement.
According to Hobsbawm, the age of empire’s seven economic
characteristics were as follows. First, a »more broad-based economy,«
meaning that there was a larger number of industrial and industrializing countries and more areas integrated into the national trade.
Germany and the United States had gone through phases of rapid
industrial development and, therefore, a larger number of their inhabitants were integrated into the capitalist trade economy, not to
mention the number of immigrants the United States received at this
time to strengthen its labor power, which meant more people entering the capitalist trade economy. This leads to the second characteristic: Britain was not ruling the world’s economy alone anymore; it
had Germany and the United States as its main competitors, though
9
Rosa Luxemburg: El Desarrollo Industrial de Polonia y otros Escritos sobre
el Problema Nacional, Cuadernos de Pasado y Presente, Mexico City 1979.
220
Rosa Rosa Gomes
the global dependence on some of Britain’s services such as finances,
trading and shipping also grew. Third, the second technological revolution was in progress. The telephone, the wireless telegraph, cinema,
the automobile, aspirin, the bicycle, the well-known developments
in electricity and chemistry, and the combustion engine were some
of the technological novelties, although Hobsbawm says, »for the
contemporaries, the major innovation consisted in the updating of
the first industrial revolution.«10 Therefore, despite the invention of
the automobile, railways were built all over Europe and other continents. Fourth, the concentration of capital allowing the formation
of big companies and the application of »scientific methods« to organize production were top trends of the period. Taylorism was applied
all over the production chain. Fifth, there were big changes in the
consumption and development of the mass market. Mass consumers
started playing a bigger role than wealthy people, and products such
as gas cookers and bananas were produced or shipped to them. Sixth,
there was the growth of the service sector of the economy, both public
and private. A lot of workers were hired to work in the offices where
the capital was being managed. Seventh, the state started playing a
major role in economic politics. After the Great Depression of 1873,
liberalism was not so convincing anymore, so the state appeared as an
important piece to make things flow correctly for the benefit of profit.
Considering this panorama, it is possible to see all these themes
in Luxemburg’s texts. For instance, the sequence of texts called
»Wirtschaftliche und Socialpolitische Rundschau«11 dealt with the
majority of them: international competition for land to exploit, the
growth of French bureaucracy and the question of civil servants, the
growth of big companies forming cartels and trusts, the growth of the
10 Eric Hobsbawm: The Age of Empire, 1875–1914, First Vintage Books Edition, New York 1989, p. 52.
11 In Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke, Berlin, vol. 1/1, 1974, pp. 278–294,
308–317, 326–347, and 352–360.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
221
United States economy, the increase in railways throughout the world,
and so on. Luxemburg was quite aware of her contemporary scenario
and was a great analyst of her époque’s political economy, having written a number of texts about it.
As far as this contribution is concerned, Germany’s context is the
most important since the subjects discussed here are related to Luxemburg’s debates on the SPD. Of course, the matters of industrialization, class struggle and the workers’ movement can be expanded to
the international social democracy scene at that time and include her
position towards the national state. But I am convinced that if one understands her debates among the Germans, one can also understand
her positions on other subjects. In the end, they are all related to her
understanding of how capitalism works. From the start, Luxemburg
had been conducting an analysis based on her reality, especially Germany’s reality, and making propositions to lead the proletariat to the
revolution, or at least closer to it.
Germany at this time was a young nation state, unified in 1871 by
the hands of Otto von Bismarck (1815–1898) and the Prussian sword.
In 1888, Wilhelm II (1859–1941) rose to the throne and changed the
strategy towards the world planned by Bismarck, who was withdrawn
from his role as chancellor in 1890. Between 1888 and 1914, Wilhelm
II tried to make himself the German figure, the expression of the
nation, and started an expansion policy.12 Imperialistic disputes in
Africa, America and Asia were put at the center of German foreign
politics, and the race to dominate the largest part of the world began
for Germany. The reign of Wilhelm II until the beginning of the First
World War was one in a context of great economic growth everywhere
in the world, including Germany. Germany’s net domestic product
12 Karl Erich Born: Von der Reichsgründung bis zum Ersten Weltkrieg,
Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, vol. 16, Munich 1975.
222
Rosa Rosa Gomes
grew by 75 % from 1895 to 1913, while wages grew by 25 %.13 Germany was expanding its industrial and farming production and looking
for markets to sell its products. As for German domestic politics, the
bourgeoisie was not totally unified around themes such as tariffs and
the military budget, and there were debates in the German parliament
around these specific themes and the state budget as a whole.
There were also disputes within the bourgeoisie between the agrarians and the industrials. The agrarians wanted to protect their corn
production from competition from the United States, so they wanted
to raise tariffs. The industrials, on the other hand, were afraid that
this policy would damage their commerce with other countries in retaliation, because even though, in this age of empires, disputes about
foreign markets and colonies outside Europe are well-known, the industrialized countries were important markets between themselves.
During Wilhelm II’s rule, there were many attempts to conciliate
these interests, especially because social democracy was expanding its
influence among the workers and the necessity thus arose to stop the
socialist movement. This was the »Sammlungspolitik« that also supported the imperialistic policy of Wilhelm’s government. According
to historian Ulrich Herbert, it worked on the basis of raising tariffs
and investing in naval power. This way, both agrarians and industrials
would be satisfied and German imperialism could go on its way. It
did not always work well, since from time to time, budgets, especially the military budget, had to be submitted to parliament and new
agreements and alliances had to be made. But it did work well in the
Herero crisis of 1907 and in breaking the ideals of social democracy
from inside.
13 See Walther G. Hoffmann et al.: Net Domestic Product by Economic Sector (1870–1913), in: Forging an Empire: Bismarckian Germany, 1866–1890,
German History in Documents and Images, 7.7.2020. Online: http://ger
manhistorydocs.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=1743.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
223
In 1906, because of the Herero war in Southwest Africa, where
Germany had a colony, the government shut down parliament and
called new elections for 1907. The rightists were especially successful in their campaign against the SPD: they inflated national feelings and campaigned claiming social democrats were anti-nationals.
In the elections of 1907, the SPD lost almost half of its deputies in
the German parliament. This deepened the discussions about tactics
inside the party and empowered the right wing, since they continued
using the tactic of bargaining with the bourgeoisie and were indirectly
supported by some leaders of the party after 1907. There was a lack of
understanding about colonialism and militarism in relation to capital,
and the majority of the party felt the necessity of stressing its patriotic
point of view, stifling the differences inside the organization, especially in relation to political tactics and strategies.14
This was the historical context in which Luxemburg acted during
her life in Germany. We must keep in mind that she was originally
from Poland and never stopped taking action there. Therefore, she
was an outsider in many ways: as a woman talking about big theories
and political strategies; as a Polish citizen against the independence of
her country; and as a European coming from a peripheral country in
the continent.
Main Aspects of Luxemburg’s Theory
A summary of Rosa Luxemburg’s accumulation theory is necessary
to clarify how all the political-economic problems related above are
explained and intertwined in her theory. In 1913, Luxemburg pub14 See Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Esse vom
15. bis 21 September 1907, 7.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/
pdf/pt-jahr/pt-1907.pdf.
224
Rosa Rosa Gomes
lished her most relevant work, »The Accumulation of Capital.« According to the German Social Democratic Party’s protocol of 1913,
its first edition had a print run of 2 000 copies, and each copy was
sold at 6 Marks and published by the party’s publishing house Buchhandlung Vorwärts. The debates aroused around her theory were
enormous and directly connected to the discussions inside the party
at that moment.15 Luxemburg’s theory basically states that capitalism
needs to expand over other modes of production, stealing their raw
material and labor power and transforming them into capitalist areas
at the end of the process. She describes capitalism’s development as
war-driven and intrinsically violent. The system is based on land grabbing and therefore develops by destroying other societies.
Luxemburg developed her theory from a problem she found in
Marx’s analysis of capitalist social reproduction. He did not analyze
the circulation sphere satisfactorily because, as Luxemburg argued,
Marx did not have the time, as he died before he could finish the
last two volumes of »Das Kapital.« Marx had explained how capitalist
production works, and Luxemburg agreed that the central problem of
this social system rested in the way production works based on private property. However, to understand the whole society, one has to
analyze both the production and circulation spheres because together
they form social reproduction, more precisely, enlarged reproduction.
On this matter, Marx’s analysis was not enough because capitalist reproduction cannot be fully understood in a society based only on
workers and capitalists. Capitalism needs other modes of production
15 According to Annelies Laschitza, almost all social-democratic newspapers
published some sort of review on Luxemburg’s book, only Franz Mehring’s
(1846–1919) positiv review was published in 25 different newspapers. See
Michael Krätke: The Luxemburg Debate. The Beginnings of Marxian
Macroeconomics, Paper presented at the International Rosa Luxemburg
Conference, Wuhan University, 2006; Annelies Laschitza: Im Lebensrausch,
trotz alledem. Rosa Luxemburg, eine Biographie, Berlin, 2000; Rosa Rosa
Gomes: Rosa Luxemburgo. Crise e Revolução, Cotia 2018.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
225
to reproduce itself on a larger scale, i. e. capitalism is intrinsically expansionist.
Before coming to this conclusion, Luxemburg presented her problem and wrote a history of it. The first two sections of her book are
actually the history of political economy theories on the theme of
enlarged reproduction. She somehow fulfilled her quote in one of her
classes’ notes when she said, »there is no decent book on the history of
political economy. Only a good Marxist could write it.«16
She thoroughly analyzed the reproduction problem from François
Quesnay up until Marx. The first section of »The Accumulation of
Capital« follows Marx’s structure in section 3, volume 2 of »Das Kapital.« She follows this script to present the problems she found in
section 3 – the most incomplete, according to her.
Luxemburg states that capital reproduction has two specific characteristics: it is based on exchange and on crisis. The issue of the crisis, if it could be avoided or if it was essential in the capital mode
of production, was a central discussion in the collapse debate. But
Luxemburg does not follow this line in »The Accumulation«; on the
contrary, she said, »Periodical cycles and crises are specific phases of
reproduction in a capitalist system of economy, but not the whole of
this process. In order to demonstrate the pure implications of capitalist reproduction we must rather consider it quite apart from the periodical cycles and crises.«17 That is why she does not analyze the form
of crisis in the capitalist system, rather she researches the movement
of enlarged reproduction without disturbances.
That is how she found a problem in Marx’s analysis; he did not
answer the question of who consumes the surplus value. After establishing her starting point, she makes a history of the theories that
dealt with the question of whether capital-enlarged reproduction is
16 Bundesarchiv, Nachlass Rosa Luxemburg, in: BArch NY 4002/16, fol 101.
17 Rosa Luxemburg: The Accumulation of Capital, London and New York
2003, p. 7.
226
Rosa Rosa Gomes
possible or not and whether it has a limit. She presents the debates
associating them with their specific conjunctures. In a lot of the issues
about the different authors that she brings to the fore, the problem
of foreign markets or commerce appears, and she examines the way
some of them analyze their role in social reproduction. There is a division between authors who accept the accumulation of capital inside
national borders and others who analyze this movement on a global
scale, making it impossible in the long-term.
After establishing the point of the debate until her time, Luxemburg develops her theory in the third section of the book, which
is divided into three parts: chapters to summarize Marx’s examination
of reproduction schemes and to present her thesis; chapters describing
the historical development of capital accumulation; and chapters to
describe specific methods and their roles in the imperialism phase
(loans, tariffs and militarism).
During the historical presentation, Luxemburg emphasizes the
means of transportation as one of the most important instruments
capitalism uses to expand over unexplored land – back then, mostly railways, as Hobsbawm stresses. Luxemburg describes that these
railways opened space for capital to settle, destroying former and different ways of life that were not based on the exchange of commodities. Railways appear in Luxemburg’s book as an important character,
opening ground for capital investment and devastating the native societies that did not fit in with the profit logic of capital.
In Brazilian history, one episode illustrates what Luxemburg describes: the Contestado War between 1912 and 1916. The movement,
started by religious issues, grew with the gathering of mostly land
workers expelled from their lands by the construction of a railway by
the Brazil Railway Company, people left unemployed by the same
company, and former employees of the Southern Brazil Lumber and
Colonization Company. Both companies were connected to Percival
Farquhar (1864–1953), an American entrepreneur. The rebels wanted
the land, a change to the railway route, and the deposition of the
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
227
president, among other things. They were brutally beaten down by
the army and state troops.18 This rebellion was caused by the advance
of foreign capital that displaced peasants, exploiting them and the
local natural resources, since the land around the route was given to
the lumber company that then had the right to exploit them.
As countries develop, they look for new areas to exploit and to
compete on a global scale for consumers, labor power and raw materials – this is imperialism. Luxemburg defines imperialism as the
stage where capital competes on a global scale for accumulation areas. At this moment, violence and robbery continue to be the soul of
the accumulation process, which is based, according to Luxemburg,
on three major operational methods: loans, protectionism and militarism. These were the main subjects of Luxemburg’s time; as stated
above, these policies were not a consensus, not even among the bourgeoisie, but there were different interests to be satisfied, and the state
was responsible for aligning and pacifying them. Luxemburg explains
why these things are combined in the capitalist society and why the
socialist movement cannot use them to improve the workers’ lives.
Loans are a way to submit recently independent countries to the necessities of capital in the center. They also allow foreign over-accumulated capital to find space for capitalization, expanding its limits.
The tariff policies function in the same way. While central countries
protect their industries and markets with protectionism, they demand
that colonies or former colonies adopt free trade. This way, the industrialized countries protect their markets and exploit the sales possibilities and investments in the conquered areas.
Brazil, for example, won its independence as a national state after
having shipped quantities of gold and silver, among other things, to
18 Boris Fausto: História do Brasil, São Paulo 2004; Rogério Rosa Rodrigues:
Guerra do Contestado, in: Dicionário Histórico-Biográfico Brasileiro, Centro de Pesquisa e Documentação de História Contemporânea do Brasil,
8.7.2020. Online: http://cpdoc.fgv.br/sites/default/files/verbetes/primeirarepublica/GUERRA%20DO%20CONTESTADO.pdf.
228
Rosa Rosa Gomes
Portugal and then to England for centuries. Brazil actually had to buy
its independence since a loan was taken out from England to pay an
indemnification to Portugal. The most important Brazilian historian,
Caio Prado Junior (1907–1990), said that, from this point until the
beginning of the Brazilian Republic in 1889, the Brazilian economy
had to live with foreign loans and that it would be impossible to have
an independent economy: »the deficit will be covered by inflows of
foreign capital, above all public loans that started to come to Brazil
effectively since the country was franchised out.«19
After 1822, Brazil was allowed to sell to countries other than Portugal; it was a free country and had the freedom to produce goods for
exportation, although those goods were all commodities. Foreign capital owned the most important sectors of the Brazilian economy and
bought its natural resources, and the country was completely contingent on the international interests of investments and market movements. Caio Prado says that, after independence, »to a large extent, it
was according to English commercial interests that the new Brazilian
economy oriented itself.«20
Luxemburg establishes this relationship between center and periphery, stressing that while the former protects its areas of influence
from other states, it also keeps the latter in a submissive position as
areas to execute their overaccumulation or overproduction, as seen
in Brazil’s example. With these methods, capitalism creates not only
a difference between center and periphery but also different levels
among peripheral countries, since they play different roles in the
system.
Finally, the most important element of capitalism is militarism.
It was an essential weapon in the age of empire in the competition
among nations on the world stage. Militarism acts in two ways: first,
as a military force, destroying other societies and making sure the
19 Caio Prado Júnior: História Econômica do Brasil, São Paulo 1987, p. 133.
20 Ibid., p. 137.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
229
workers stay put; second, as an area for accumulation itself. In the
arms industry, the state creates an effective demand controlled by the
capitalists themselves since they control the modern state. It is not the
only area where the state represents a demand for capital. In »Social
Reform or Revolution,« Luxemburg compares militarism and culture,
saying that both represent demand when the investment is made with
the state budget, but the demand from militarism is continuous because of technological development and the growth of conflicts. Militarism is not just a force to conquer and submit to, it is also an area
of investment. Both ways lead to the continuous growth of militarism.
These three methods are implemented by the modern state of the
central countries. This is one type of centralized state, but not the
only one. Luxemburg also talks about an Eastern state that is also
centralized and despotic. Where there is an Eastern state, there seems
to be an easier way for capitalism to take possession: by dominating
the central power, the colonizer dominates the whole or the majority
of the territory. »When the War of Secession interfered with the import of American cotton, causing the notorious ›cotton famine‹ in the
Lancashire district, new and immense cotton plantations sprang up in
Egypt almost at once, as if by magic. Here it was Oriental despotism,
combined with an ancient system of bondage, which had created a
sphere of activity for European capital.«21 The modern state imposes
loans and financial policies, determines the tariffs, and controls the
military force. This means that the state is the fundamental agent of
the accumulation process. The indispensable instruments or methods of accumulation are controlled by the state. It is possible to see
this in Germany’s parliamentary debates, since they revolved around
these subjects. This way, Luxemburg demonstrates that the idea of an
automatic reproduction circuit is a complete abstraction since without imperialism and its methods, state and state demand, there is no
capitalism.
21 Rosa Luxemburg: The Accumulation of Capital, p. 338.
230
Rosa Rosa Gomes
It is clear from this summary that Luxemburg’s theory was entirely
based on the analysis of capitalism and its real development until that
time. Nevertheless, she received harsh criticisms from both wings of
the party, left and right. Some of them did not accept her critique
of Marx’s reproduction schemes and analysis.22 Others had problems
with the logic of her line of thought.23 Her theory has a logical ending where capitalism cannot survive because Earth and non-capitalist
societies have a limit, so at some point, the system cannot be further
reproduced because there would not be any spaces left to conquer and
so restart the accumulation process. However, she says that before this
final stage where capitalism has nowhere left to expand, the workers
would start the revolution. A lot of critics called her fatalistic because
of that. But it was a logical ending, not a fatalistic one;24 Luxemburg
always stressed that men make history, it does not go on by itself,25
and that capitalism always has ways of recovering, as is suggested by
militarism being an open door of endless opportunity to enlarged
accumulation. »Capital itself ultimately controls this automatic and
rhythmic movement of militarist production through the legislature
and a press whose function is to mould so-called ›public opinion‹.
That is why this particular province of capitalist accumulation at first
seems capable of infinite expansion.«26
The problem of her book seems to be that it explained to German
Social Democrats why they should not make alliances with the bourgeoisie and that no war could be justified, since every war was an im22 Such as Gustav Eckstein that published his review in the Vorwärts on February 16, 1913, and Anton Pannekoek (1873–1960) that published his review in
the Bremer Bürger-Zeitung on January 29, 1913.
23 Such as Miron I. Nachimson that published a review in the Dresdner Volkszeitung on January 21–22, 1913, and Max Schippel (1859–1928) that published his critique in the Sozialistische Monatshefte in 1913. Ibid.
24 Although it seems today that she was entirely right: either the world will end
because of a nature collapse, or the proletariat will rise and save humanity.
25 See Löwy: Método Dialético.
26 Rosa Luxemburg: The Accumulation of Capital, p. 446.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
231
perialistic one. Luxemburg explained that using arguments from the
SPD itself, arguments approved in party congresses. Below, we will
see how her theory unifies some of the party’s understanding of those
policies, mainly concerning tariffs and the military budget.
SPD Debates and Luxemburg’s Ideas27
What happened to German social democracy between 1898 and 1913?
Germany’s context of economic growth and improvement of workers’
life generated the feeling that capitalism had succeeded and that it was
possible to live a good worker’s life inside the system – it just needed
adjustments. That was the Zeitgeist, so to speak, and it formed the
basis of the revisionism/reform strategy. One wing of the SPD started
arguing that Marx was wrong about the impoverishment of the working class and that it was possible to change the system from inside
through elections and parliamentary action.28 The debates inside the
party between 1898 and 1913 show that, first, the revisionism/reform
debate formed the background to every discussion within the SPD at
that time, and second, that at the heart of the matter were differences
in analyzing capitalist development and society. Luxemburg joined
the party exactly at the moment when this debate was at its peak and
threw herself into it.
In 1898, 1899 and 1903, the revisionism debate was at the center
of the party’s congresses, and the right wing was the biggest problem
for the revolutionaries, who were supported by the party leadership
27 See Carl Schorske: German Social Democracy, 1905–1917. The Development of the Great Schism, Cambridge, 1993; Bernt Engelmann: Vorwärts
und nicht vergessen. Vom verfolgten Geheimbund zur Kanzlerpartei, Munich 1989.
28 Eduard Bernstein was the most important revisionist theoretician, but there
were the men of reformist practices such as Georg von Vollmar (1850–1922)
and Eduard David (1863–1930).
232
Rosa Rosa Gomes
at this time. After 1903, the party leaders and the left wing believed
the revisionists had been defeated by the congress resolution, but this
resolution stated that the party would stand by the tactics and strategy adopted until then, since these had proven to be successful. This
vague resolution allowed the reformists to continue with their practice
and, in a way, reaffirmed the role of the election as the central weapon
in the socialist struggle, following reformists’ ideas.29
When, in 1905 and 1906, the Russian Revolution broke out and
strikes rose all over Germany too,30 the official resolutions did not
deny the mass strike as an important weapon, but they reaffirmed that
the main concern of the party members should be strengthening the
organization itself. August Bebel (1840–1913) said at the congress of
1906, »Our point of view is that before we let us in such a great fight,
we must first thoroughly organize, agitate, achieve political and economic enlightenment, make the masses conscious and resilient… .«31
Only then could a successful strike, i. e. a strike controlled by the
party direction, be achieved.
This was the moment of rupture between the leftists and the direction of German social democracy. The street struggle had been
considered a strategy of the past, according to the direction of social
democracy; however, it had emerged as the self-organization of the
workers in the struggles of 1905, which was seen as a problem by this
direction. The international tensions increased, and Germany was at
the center of it. Social democracy presented itself as a big problem for
29 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Dresden vom
13. bis 20 September 1903, 8.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/
pdf/pt-jahr/pt-1903.pdf.
30 Luiz E. V. Souza: Espelho Convexo. Os Escritos de Max Weber, Rosa Luxemburg, Karl Kautsky sobre a Revolução Russa de 1905, São Paulo 2017.
31 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Mannheim
vom 23. bis 29 September 1906, 8.7.2020. Online: http://library.fes.de/par
teitage/pdf/pt-jahr/pt-1906.pdf.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
233
the bourgeoisie, who solved it by spreading nationalism in the campaign for the 1907 election.
The internal debates in the SPD around imperialism and nationalism went on. In 1911, when Germany was involved in another crisis
around the region of Morocco and almost started a war against France
and its allies, the party direction held its former position and did not
put up a fight against the German state and its imperialistic policy by
refusing a war between nations.32
This summarizes the context related directly to the reformism
agenda – an agenda that believed in possible alliances with progressive forces of the bourgeoisie and the transformation of capitalism
from the inside out, taking the growth of the middle classes as a sign
of it and the expansion of credit as a way to achieve a socialized economy and better distribution of the social product. The point was that,
through credit, smaller enterprises could be financed and the number
of shareholders expanded, leading to some kind of economic democracy – as if a lot of people owned the companies. Credit would also
play a controlling role in avoiding overproduction. As stated previously, for Luxemburg, credit only expands the limits of capital, allowing
it to be capitalized elsewhere, and it also accelerates the rhythm of
commodities’ circulation.
There were also debates around practical matters, as Luxemburg
put it. These practical matters were related to day-by-day life, where
the SPD could take concrete action in the class struggle. These were
32 See, for example, the position of Hermann Molkebuhr (1851–1927) in a
letter to International Socialist Bureau on the Morroco question. For him,
social democracy should focus its forces in the internal affairs, because the
German government would not put capitalist interests in danger, so he was
against an international demonstration. Rosa Luxemburg: Um Marokko,
in: Gesammelte Werke, vol. 3, Berlin 1980, pp. 5–11. See also Friedrich Ebert
Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten in Jena vom 10. bis 16 September
1911, 9.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/pdf/pt-jahr/pt-1911.
pdf.
234
Rosa Rosa Gomes
mainly the military budget, the Weltpolitik (»world politics«) and colonialism, and the tariffs.
In 1900, the party congress discussed the Weltpolitik because of the
alliance of European powers to combat the Boxer Rebellion in China.
The resolution of the congress stated that colonialism was a result of
the capital necessity of expanding its investment areas and markets. It
also put together colonialism and military growth, as the former needed the latter to conquer new lands. The resolution stated, »the worldwide colonial politics, whose goal is capitalist exploitation and the
development of military power as it has shown recently in the move
towards China, arises first from the bourgeoisie’s greedy desires of new
opportunities of application for ever-growing capital, for which the
exploitation opportunities at home are not enough anymore, and second from the urge for new sales markets which every country aspires
to usurp for itself.«33 Further on in the text, the resolution also stated,
»the ultramarine conquest and robbery politics leads to hostilities and
frictions among the rival powers and, as a consequence, to intolerable armament on land and at sea. This politics contains the seed to
dangerous international conflicts that put into question the cultural
and exchange relations laboriously built in peaceful ways and, finally,
make a general disaster possible.«34
Although the main aspects of Luxemburg’s thought can be seen in
this resolution, there is also a big difference in the perspective of the
analysis since Luxemburg sees capitalist development as intrinsically
violent in all aspects.
At this same congress, tariffs were also discussed as a point in the
matter of commercial transportation, and the party resolution stated
that they were for free trade and to be accomplished on a gradual scale.
33 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Mainz vom 16.
und 17. September 1900, 9.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/
pdf/pt-jahr/pt-1900.pdf.
34 Ibid.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
235
Luxemburg proposed an amendment to this resolution, which was
approved. This amendment was »for the principle of ›open doors‹ and
against the principle of ›sphere of influence‹ with regard to China and
all non-European regions.«35 Though today this can be considered a
wrong analysis from the point of view of the colony, or subdued country, Luxemburg does explain in her book the relationships that arise
from the unequal trade between developed and undeveloped countries, or the center and periphery of the capitalist system, in which
the former try to hold their possessions, prohibiting trade between its
areas of influence and rival countries.
Even more interesting on this matter is the speech of Paul Singer
(1844–1911), who said that »the workers’ funds, which enable the Chinese policy since they come from indirect taxes and customs duties,
serve only to give capital the opportunity to produce in China and
use Chinese workers as Lohndrücker. […] So, colonial policy uses
materials paid mainly by the workers at the expense of the workers
themselves.«36 In summary, that is the point of Luxemburg’s analysis
on how the arms industry can be an area of accumulation itself, since
she writes that the money taken from indirect taxes and taxes taken
from peasants are the source for investing in the arms industry.37 Naturally, Luxemburg goes deeper on this matter and tries to clarify all
mechanisms, but it was not a new idea for Social Democrats when she
published her book in 1913.
It is possible to see in the debate around Weltpolitik that militarism
was a recurrent theme. The government needed to expand its military
power continuously; after all, they were in the middle of an arms race
and competing for areas of influence. Thus, the military budget was a
major and constant dispute. This theme almost never appeared in the
35 Ibid., p. 98.
36 Ibid., p. 157. Lohndrücker means that Chinese would keep the wages down,
because they were more exploited, which means cheaper from a capital
point of view.
37 See Luxemburg: Accumulation.
236
Rosa Rosa Gomes
program of the congresses – except once, at the congress of 1899 – but
it was always the subject of debate. In this way, it appeared during the
1899, 1900, 1907, 1911 and 1912 congresses.
The revisionists wanted to use militarism as a bargaining chip,
while Rosa Luxemburg and her comrades argued that there is no capitalism without militarism. Luxemburg said at the congress of 1899:
»Militarism is the most concrete and important expression of the capitalist class state, and if we do not fight militarism then our struggle
against the capitalist state is nothing more than empty phrases.«38 The
same topic appeared over and over again, each time with a more conciliatory discourse. After 1907, as stated, the efforts were to make it
clear that the SPD was German, after all.
In the congress of 1907, debates about speeches made in the German parliament by August Bebel and Gustav Noske (1868–1946) regarding the military budget were around patriotism, stressing that
social democratic – and therefore, working-class – patriotism would
be different from bourgeois patriotism. There was supposed to be a
proletarian patriotism that would defend the German nation against
an attack, meaning that socialists would defend the country in case
of a defensive war, which was the argument used by the party in
1914: a war against czarism. The understanding that Russia was the
last line of defense of European reaction was an old position in German social democracy, but some of its leaders saw that it had stopped
making sense after the Russian Revolution of 1905. As Paul Lensch
(1873–1926) said at the 1907 congress, being in favor of a defensive war
against czarism made sense in the 1870s, 1880s and 1890s. According
to him, after the revolution, if czarist military forces started a European war, that would mean a war to defend itself inside Russian territory,
38 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Hannover
vom 9. bis 14. Oktober 1899, 9.7.2020. Online: http://library.fes.de/partei
tage/pdf/pt-jahr/pt-1899.pdf.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
237
instigating reactionary forces all over Europe.39 After the Revolution
of 1905, there was an understanding among leftists that Russia was
the revolutionary vanguard of socialism in the world. The right wing
of the Social Democrats refused to see this as a world movement or
a lesson to be learned, changing the tactics adopted until then, and
that is why Luxemburg questioned in the congress of 1905, »are we
actually in the year of the glorious Russian revolution or are we still
ten years before it?«40
In 1907, despite a lot of debate and disagreements, the final word
on the speeches’ topic was that they would stand by their old position
against militarism and that they were satisfied with the parliamentary
group, and therefore no resolution was needed.41 But looking to the
discussions about colonialism, military budget, patriotism and so on,
it is possible to see that even members of the party direction avoided the analysis relating militarism and capitalism to their previous
iterations, so it was not very clear what the position of the party was
in relation to militarism. This intensified in the 1910s when Social
Democrats had to make a clear statement against militarism, while its
leaders, such as Karl Kautsky (1854–1938), actually saw the possibility
of peace through diplomacy.42 A few years before the war, the most
39 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages … 1907, 9.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/pdf/pt-jahr/
pt-1907.pdf.
40 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Jena vom 17.
bis 23. September 1905, 9.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/
pdf/pt-jahr/pt-1905.pdf.
41 Friedrich Ebert Stiftung, Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages…, 1907, p. 265.
42 In a pamphlet of 1911, Karl Kautsky wrote about the possibility of a world
war, but he said that by the Morroco crisis of 1911 it would not happen,
because that piece of land was not so important for French and German
capitalists, therefore they would not put themselves in danger for it. In this
pamphlet, Kautsky talked about social-democracy as a party that fought for
238
Rosa Rosa Gomes
important figures of international socialism were actually saying that
the interests of nations were too high to start a war that would destroy
everything.43
In the 1910s, for the majority of the party, war was a matter of
politics. They thought that the rulers of the Empire could sit together
and sign an agreement to avoid war. For Luxemburg, war was not a
matter of politics but a matter of political economy. She started stressing the relationship between capital and military industry as well as
the necessity of explaining it to the masses so that they would not be
deceived by imperial lies. She was in a campaign, so to speak, to elucidate what imperialism was and that a war would be in their bosses’
favor.44 In the first days of 1913, Luxemburg’s book making exactly this
point was published.
In all those subjects, the right- and left-wing positions were distinguished in the way they analyzed capitalism itself. The revisionists and
reformists thought it was no longer necessary to change the mode of
production. They thought that humanity had achieved such a point
of productivity that the world needed mere adjustments regarding
the split of the social product. On the other hand, the leftists saw the
relationship between colonialism, militarism, tariffs, arms race and so
peace and the class character fell behind it. See Karl Kautsky: Weltpolitik,
Weltkrieg und Sozialdemokratie, 12.7.2020. Online: https://www.marxists.
org/deutsch/archiv/kautsky/1911/08/flugmarok.htm.
43 See Eduard Bernstein speech in the party congress of 1911, in Friedrich Ebert
Stiftung, Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages…, 1911, p. 239;
and Hugo Haase’s (1863–1919) speech in the party congress of 1912, in Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten zu Jena vom 17. bis
23. September 1912, pp. 403–415, 12.7.2020. Online: http://library.fes.de/
parteitage/pdf/pt-jahr/pt-1912.pdf.
44 See Rosa Luxemburg: Friedensutopien, in: Rosa Luxemburg: Gesammelte
Werke, Berlin, vol. 2, 1981, pp. 491–504; Rosa Luxemburg: Kleinbürgerliche
oder proletarische Weltpolitik? in Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke,
vol. 3, Berlin 1980, pp. 26–31.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
239
on in a world system in a specific context. Following Marx’s analysis,
the leftists saw the moment of greatness they were living as a moment
that would be followed by a big depression. To change the way things
worked and to provide a better, long and sustainable life to the workers, socialism was necessary. As Clara Zetkin (1857–1933) said at the
congress of 1899: »For sure the Factory Acts protect the workers at
some point, but the crucial point, the dependence, is not eliminated,
their labor power still stays a commodity and is subordinated to the
laws of capitalist commodities production.«45
Luxemburg wrote a book to explain the relationships between
all those themes, capitalist development, and the role of the modern
state in it. In a way, she brings back some party resolutions and transforms them into a systematic and rationalized theory to comprehend
their global context, as was demonstrated here. Her intentions are
clearly considering her historical context: push the party’s leadership
to a more radical practice to avoid a slaughter of the working class.
When Luxemburg intertwines all these elements and the modern
state, she argues against the reformists, the right and central wing
of the party, that it is impossible to conciliate with the German state
or to make concessions to militarism because the German state and
militarism were essentially a capitalist instrument and the method in
the class struggle. Therefore, The Accumulation of Capital summarizes
the development of Rosa Luxemburg’s thought during 15 years of debates and political practice in the SPD. Some ideas in her book had
appeared in party discussions before. Nevertheless, the party leaders
abandoned those ideas, and this drove Luxemburg to write and warn
the party about the intimate relation between barbarism and the accumulation of capital, stressing that this system could not be reformed
45 Friedrich Ebert Stiftung: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages…, 1899, p. 179, 9.7.2020. Online: http://library.fes.de/parteitage/pdf/
pt-jahr/pt-1899.pdf.
240
Rosa Rosa Gomes
but rather needed to be overcome by socialism through a revolution
by the working class as a whole.
It is true that the idea of »socialism or barbarism« appeared in
written form only in the pamphlet »The Crisis of German Social Democracy« of 1915, but it appears as a result of Luxemburg’s political
activism and her debates within German social democracy from before the war and the disillusion caused by the outbreak of war. When
analyzing the development of Luxemburg’s thought, the context of
the age of empires and the disputes inside the SPD, it seems clear that
barbarism was gradually positioning itself as a non-spoken matter that
imposed its presence all the time, in particular in the 1910s. When
analyzing capital’s historical development, Luxemburg drew a conclusion that barbarism is part of this development and the only thing
that could make it recede was a workers’ revolution. That is the final
message of her book. In 1915, the workers had endured war and were
gladly going to their own slaughter, so barbarism had won that battle.
That is why the pamphlet »The Crisis of German Social Democracy«
has such a melancholic tone. However, she did see a way out even in
1915, as she wrote, »we are not lost, and we will be victorious if we
have not unlearned how to learn.«46
46 Rosa Luxemburg: The Junius Pamphlet. The Crisis of German Social Democracy (1915). Online: https://www.marxists.org/archive/luxemburg/1915/ju
nius/index.htm. My position stays in between Michael Löwy and Norma
Geras. Geras makes Luxemburg into a person that has never changed her
thought, while Löwy defends a complete transformation after the outbreak
of the war. As it is true that the war changed her enormously, I found in my
research that the perspective of barbarism had appeared before war, when
she was analyzing the transformations in the party and the gap between
organization and mass movement.
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
241
Conclusion in a Present Perspective
When I started this research in 2013, I intended to debate with the
theories that called Luxemburg fatalistic or an underconsumptionist.
But then I found the SPD congress protocols and I could look closely
through the debates she was involved in and how that, somehow, led
her to write an economic theory.
This introduced me to the development of social democracy from
a socialist movement to a conciliatory one. It is also impossible not to
compare SPD’s path with the Workers’ Party (PT) in Brazil, observing
each one’s time and space. Of course, Brazil and Germany are very
different countries. Brazil is a former colony, an agricultural exporter
country, the eighth largest economy in the world, a country formed
by peoples coming from Africa, Europe, and hundreds of indigenous
peoples, with an area of 8,516,000 km². Germany is a colonizer and
industrialized country, the fourth largest economy in the world, with
an area of 357,386 km². Even with such substantial differences, the
German and Brazilian parties seem to have a similar development.
As Hobsbawm said, »The first, which must warm the cockles of all
old red hearts, is the national rise, since its foundation in 1980, of the
Worker’s Party (Partido dos Trabalhadores or PT) in Brazil, whose
leader and presidential candidate ›Lula‹ (Luis Inácio da Silva) is probably the only industrial worker at the head of any Labour Party anywhere. It is a late example of a classic mass socialist Labour Party and
movement, such as emerged in Europe before 1914.«47 Both parties
followed the path from revolution to conciliation. In the German
SPD before 1914, Luxemburg fought against its bureaucracy and for
its radicalization when the time came in 1905, but the majority took
the organization in another direction, the way of order. In Brazil, it is
impossible to say we were on the cusp of a revolution; rather, Brazil
was nowhere near that (but was Germany anywhere near one at that
47 Eric Hobsbawm: Interestings Times, London 2002, p. 382.
242
Rosa Rosa Gomes
time? Certainly there were more radicals in the streets, in a leftist
way). In a country with a past permeated by slavery and in a subdued
position in the world, the improvements PT achieved for the poorest
were enough to make the middle and upper-middle classes lose their
temper when facing budget shortages. When the time came, PT did
not choose the side of the workers, but rather chose the side of order.
Much like the SPD, but with a different history, PT has transformed itself into a »party of Order.«48 However, the historian Lincoln Secco says that the PT, »[o]n the theoretical level, defined itself
as against European Social Democracy and ›Soviet bureaucracy‹, but
kept its distance from criticisms against Cuba«.49
Rosa Luxemburg’s debates in the SPD show that it is impossible
for the working class to bargain with elites. It must stand up and face
them. Instruments such as credit or the army serve to reproduce this
society, and socialists must revolutionize society, create a new one.
Like the right wing of the SPD, PT also thought it was possible to
make arrangements in the capital order so everyone could live satisfactorily. History has once again proved that it is not. I am not saying that the policies applied by the Workers’ Party in Brazil were unimportant, but they were not enough without a stronger movement
from bottom to top. The bottom-top movement existed in both cases,
SPD and PT, but in both cases it was not stimulated towards a radicalization in times of intense class struggle. Both parties centralized
themselves more and more as the years passed, but the SPD was the
first political party model and it is a model to this day. What is a Leninist party if not the mirror of a social democratic one? In Brazil, the
Workers’ Party started differently from probably any other in history
as a Luxemburguist party in a way, pooling together a lot of bottom
movements in Brazilian society of the 1980s. But time has passed and
48 Karl Marx: The Eighteenth Brumaire of Louis Bonaparte, Moscow 1972.
49 Lincoln Secco: História do PT, Cotia 2011, p. 74
Rosa Luxemburg’s Accumulation Theory and the SPD
243
the party became centralized with a large amount of bureaucracy, engulfing the local organizations that almost do not exist anymore.50
Rosa Luxemburg’s analysis of capital accumulation still stands. All
three methods stressed by her still have a major role in capital mobilization and they are still organized through the state, although there is
a major ideological speech that says that the state does not play a role
nowadays (or that it should not). The fact is that, without the state,
capitalists could not profit.
Militarism surely continues to be a motor for the capitalist economy. As an example, we could mention the USA’s attack against Iran
in January 2020 and all their campaigns since the terrorist attacks on
11 September 2001. Loans still make peripheral countries dependent
on central ones and submit them to international demands such as
pay squeezes and other austerity policies in crisis periods. Brazil is a
great example of that since it has been struggling with such policies
since independence. Protectionism still means high tariffs in the center and no tariffs in the periphery, though today, commercial policies
are not limited to these taxes. In Brazil, for example, there are almost
no taxes to avoid the transfer of profits, which attracts foreign investments since businesses can easily send money back to their mother
companies.
Brazil has a history of colonization and domination that persists
until today, so one can say it is still a sort of (neo-)colony. In the
beginning, Brazil’s territory was colonized by Portugal; then, the imperial state that formed after independence was submitted to English
interests. Later, the country was transformed into the backyard and
supporter of US interests in Latin America. Now the country, like
the whole world, finds itself in the middle of a fight for hegemony
between China and the United States. But some states have more
50 See Rosa Gomes: Com Classe sem Classismo na Batalha que não Foi, in:
Lincoln Secco (Ed.): A Ideia. Lula e o Sentido do Brasil Contemporâneo,
São Paulo 2018; Secco: História do PT.
244
Rosa Rosa Gomes
ways to protect themselves than others. That was made clear by the
COVID-19 pandemic crisis when central countries, mainly the US,
intervened in negotiations to practically rob equipment and medical
materials from less fortunate countries. This demonstrates that the
world lives in a kind of barbarism instead of the virus enlightening us
about humanism.
All in all, history has proved Rosa Luxemburg was right in many
aspects. From a peripheral perspective, which was also Luxemburg’s,
her economic thought and current events lead to the conclusion that
underdeveloped countries will never be developed, because development under capitalism is an illusion from the point of view of human necessities. The international division of labor and class society
defines capitalism. Peripheral countries and peoples are not exotic or
living the childhood steps of the evolution that will bring them to a
superior level of life. They are on the same step as the central countries, but the ruling classes need the periphery to live in worse conditions, at the edge of or living in barbarity. Socialism or barbarism is
a political economic motto that is very present nowadays, especially
in the world’s peripheries. It is never too much to say »workers of the
world, unite!«, but for real.
Works Cited
Unpublished Sources
Bundesarchiv, Nachlass Rosa Luxemburg, BArch NY 4002.
Published Sources and Secondary Literature
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9.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
Zur Funktion sozialistischer Rhetorik
bei Rosa Luxemburg
Dietmar Till
Unwahrscheinlichkeiten
Dass Rosa Luxemburg eine äußerst eindrucksvolle Rednerin war, gehört zu den Topoi der Luxemburg-Biographik. Ernst Piper bezeichnet sie in seinem unlängst erschienenen Buch »Rosa Luxemburg. Ein
Leben« gleich auf der ersten Seite der Einleitung als »brillante Rhetorikerin«.1 Schon während der Züricher Studienzeit war sie als studentische Rednerin in Erscheinung getreten,2 die politische Bühne betritt
sie dann als Teilnehmerin am Dritten Kongress der Sozialistischen Internationale, der Anfang August 1893 in Zürich stattfand. Hier finden
sich weitere Topoi der Luxemburg-Biographik: Luxemburgs Antrag
auf Zulassung zum Kongress sei zwar, so rekonstruiert Piper ihren
Auftritt, gescheitert, aber er »hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Davon zeugen nicht nur Aufzeichnungen verschiedener Teilnehmer, sondern auch die Resonanz in der Schweizer Presse. Immer wieder wurde
dabei die zarte Statur der Frau hervorgehoben, die nur 1,46 Meter
groß war.«3 Mit diesem ersten öffentlichen Auftritt empfahl sich Luxemburg nicht zuletzt bei der sozialistischen Parteielite, die »das rhetorische Talent der jungen Frau aufmerksam«4 registriert habe.
1
2
3
4
Ernst Piper: Rosa Luxemburg. Ein Leben, München 1998, S. 9.
Ebd., S. 62.
Ebd., S. 78.
Ebd., S. 79.
250
Dietmar Till
Dabei muss man zunächst die Unwahrscheinlichkeit der Rednerin
Rosa Luxemburg mitbedenken. Da ist die Körpergröße, auf die Biographen wieder zurückkommen und die bisweilen auch zum kitschigen Klischee gerinnt. Da ist aber gleichfalls die Tatsache, dass Rosa
Luxemburgs Muttersprache nicht Deutsch war – sie selbst hat das
zumindest in der Anfangsphase ihrer politischen Tätigkeit durchaus
selbstkritisch wahrgenommen.5
Die Unwahrscheinlichkeit der Rednerin Rosa Luxemburg liegt
aber nicht nur in ihrer Person begründet, sondern wesentlich auch
in den politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese reichen letztlich bis in die griechische Antike und damit zum Beginn
der Rhetorikgeschichte zurück. Die Tradition der Rhetorik war immer wesentlich männlich dominiert. Das betrifft die Auftritts- und
Redemöglichkeiten innerhalb politischer Institutionen, die Zugangsmöglichkeiten zu rhetorischer Bildung, aber ebenso die Erwartungen
seitens des Publikums, die auf männlich codierte Muster eingestellt
waren. Lily Tonger-Erk und Martina Wagner-Egelhaaf postulieren in
dem von ihnen herausgegebenen Band »Einspruch! Reden von Frauen«, »dass die Frage weiblicher Redekompetenz immer wieder verbunden werden muss mit einer Analyse der kulturhistorischen Wahrnehmung und Wirkung weiblicher Redeauftritte.«6 Dabei galt es für
Frauen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein vielfach als unschicklich,
als Rednerin öffentlich aufzutreten.7 Nicht überraschend ist deshalb,
dass in den bislang vorliegenden Sammlungen berühmter Reden
eine deutliche Marginalisierung von Rednerinnen zu beobachten ist.
Für die Antike und die frühe Neuzeit können überhaupt nur wenige Rednerinnen ausgemacht werden. Vielfach haben wir von diesen
historischen Figuren nur den Namen und wenige Informationen von
5
6
7
Vgl. Brief an Kautsky, zitiert nach ebd., S. 87.
Lily Tonger-Erk/Martina Wagner-Egelhaaf: Einleitung, in: Dies. (Hrsg.):
Einspruch! Reden von Frauen, Stuttgart 2011, S. 25.
Ebd., S. 19.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
251
insgesamt unsicherem Wahrheitswert, vollständige Redetexte aber in
keinem einzigen Fall. Im Grunde beginnt die Geschichte öffentlicher
Reden von Frauen nicht vor dem 19. Jahrhundert. Erst »die Frauenrechtsbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts […] bot ein Umfeld,
in dem Frauen gehäuft als Rednerinnen auftraten.«8
Institutionen und Organisationen regeln Partizipationsmöglichkeiten, d. h. dasjenige, was man in der Rhetoriktheorie den ›Zugang
zur Oratorrolle‹ bezeichnet,9 und sie gestalten diese inhaltlich wie formal aus. Hierzu gehören die prinzipielle Möglichkeit zu reden (zu
welchem Thema, vor welchem Publikum, in welchem Raum und von
welchem Platz aus, wie lange usw.), Diskursregulierungen und Disziplinierungsmöglichkeiten sowie gegebenenfalls auch das juristisch
einklagbare Recht auf Rede, das Rederecht, das etwa im Kontext des
Parlamentsbetriebs eine wichtige Rolle spielt.10 Organisationen wie
Parteien sind dabei in der Ausgestaltung dieser kommunikativen Interaktionsmöglichkeiten vielfach nicht frei. Vielmehr kann ihnen der
Gesetzgeber Rahmenbedingungen vorgeben, oft regulierten aber auch
implizite Normen oder Normannahmen das Verhalten. Die Möglichkeiten öffentlich-politischer Rede von Frauen sind im 19. Jahrhundert denkbar restriktiv ausgestaltet. In § 8 der ›Verordnung über die
Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes‹ vom
11. März 1850 heißt es: »Für Vereine, welche bezwecken, politische Gegenstände in Versammlungen zu erörtern, gelten […] nachstehende
Beschränkungen: […] sie dürfen keine Frauenspersonen, Schüler und
Lehrlinge als Mitglieder aufnehmen. […] Frauenspersonen, Schüler
und Lehrlinge dürfen den Versammlungen und Sitzungen solcher
8 Ebd., S. 25.
9 Joachim Knape: Was ist Rhetorik? Stuttgart 2000, S. 63 und S. 81.
10 Hierzu vgl. Michael Hoppmann/Ansgar Kemmann: Art. Rederecht, in:
Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 7, 2005,
Sp. 837–845.
252
Dietmar Till
politischen Vereine nicht beiwohnen.«11 Ähnliche Regelungen, zurückgehend auf das Preußische Vereinsgesetz, gab es auch in anderen
deutschen Staaten. Erst das neue reichsweite Vereinsgesetz von 1908
brachte hier eine gewisse Liberalisierung, denn es stellte gleich im
ersten Paragraphen unmissverständlich klar: »Alle Reichsangehörigen
haben das Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden und sich zu versammeln.«12 Wenige Jahre
zuvor hatte der preußische Innenminister übrigens die sogenannte
›Segment-Verordnung‹ erlassen. Sie ermöglichte Frauen die Teilnahme an politischen Versammlungen unter der Bedingung, dass sie im
Veranstaltungslokal durch ein Seil von den Männern räumlich klar
getrennt waren und sie sich, ebenfalls nicht durch Bekundung von
Zustimmung oder Ablehnung, an der Diskussion beteiligten.13 In ihrer – öffentlich auch so wahrgenommenen – Absurdität zeigte die
Verordnung nicht zuletzt, dass sich der Ausschluss von Frauen aus der
Politik überholt hatte.14
Die von Lily Tonger-Erk und Martina Wagner-Egelhaaf in ihrem
Band zusammengestellten Reden von Frauen vermitteln ein anschauliches Bild von den Restriktionen, mit denen diese sich auseinandersetzen mussten, was die prinzipiellen Auftrittsmöglichkeiten betraf.
Die Texte zeigen aber zudem, wie Frauen sich innerhalb der Rahmenbedingungen produktiv einrichteten und sich öffentliche Auftrittsmöglichkeiten jenseits rechtlicher Reglementierung schufen. Das
11 Verordnung über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung
gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes
vom 11. März 1850, in: Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten 20/1850, S. 277–283.
12 Deutsches Reichsgesetzblatt 18/1908, S. 151–157.
13 Ute Gerhardt: Grenzziehungen und Überschreitungen. Die Rechte der
Frauen auf dem Weg in die politische Öffentlichkeit, in: Dies. (Hrsg.):
Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis in die
Gegenwart, München 1997, S. 534.
14 Ute Planert: Antifeminismus im Kaiserreich. Diskurs, soziale Formation
und politische Mentalität, Göttingen 1998, S. 106.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
253
konnten Frauenvereine sein, die sich oft scheinbar unpolitische Bildungsbestrebungen auf die Fahnen schrieben, aber auch Parteiorganisationen auf internationaler Ebene, für die deutsches Recht nicht galt.
In solchen Kontexten hielten die bei Tonger-Erk und Wagner-Egelhaaf versammelten Frauen, also Helene Lange (1848–1930), Bertha
Pappenheim (1859–1936), aber auch Clara Zetkin (1857–1933), Reden.
Überlegt man, wo Rosa Luxemburg hier einzuordnen wäre, dann
hilft vielleicht ein Diktum von Karl Kautsky weiter, der ihr einmal
eine »geradezu fabelhafte Unerschrockenheit und Respektlosigkeit«15
bescheinigt hatte. Denn Rosa Luxemburg operiert zu Beginn ihrer
rednerischen Agitationstätigkeit auf einem, in erster Linie von Männern vorbehaltenen, rhetorischen Kerngebiet, nämlich dem des Wahlkampfes. Kaum, am 16. Mai 1898, in Berlin angekommen brach sie
schon drei Wochen später nach Oberschlesien auf, um für die SPD im
Vorfeld der Reichstagswahl am 16. Juni Wahlkampf zu machen. Am
5. Juni hielt sie in Breslau ihre erste öffentliche Rede auf einer Wahlversammlung, etwa eine Woche später, am 13. Juni in Liegnitz eine
weitere Rede und einen Tag später in Goldberg eine dritte.16 Die Auftritte waren offensichtlich allesamt ein Erfolg und die Versammlungen gut besucht, selbst wenn Luxemburg mit verschiedenen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Unter anderem gab es kaum geeignete
Lokalitäten für einen Auftritt.17 Das Verteilen gedruckter Flugblätter –
gewissermaßen die Rede als schriftlicher Text – musste deshalb an die
Stelle der mündlichen Rede treten.18 Aber wann immer es einen Saal
gab, scheint er seit dieser ersten Wahlkampftour eigentlich immer gut
15 Zitiert nach Heinz Kühn: Auf den Barrikaden des mutigen Wortes. Die politische Redekunst von Ferdinand Lassalle und Otto Bismarck, August Bebel und Jean Jaurès, Ludwig Frank und Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg
und Clara Zetkin, Giacomo Matteotti und Otto Wels, Konrad Adenauer
und Kurt Schumacher, Bonn 1986, S. 119.
16 Piper: Luxemburg, S. 145 f.
17 Ebd., S. 146.
18 Ebd., S. 148.
254
Dietmar Till
gefüllt gewesen zu sein. Wirkungsvoll reden zu können war für Rosa
Luxemburg nicht zuletzt ein Karrieremotor, der sie in die erste Riege
der SPD katapultierte.19 Anders als die Männer konnte sie nicht für
ein Parlament kandidieren, ihre wichtigste politische Bühne neben
der schriftstellerischen Tätigkeit waren also die öffentlichen Auftritte
als politische Rednerin der Linken. Nach der Entfremdung von weiten Teilen der deutschen Sozialdemokratie und dem Verlust publizistischer Wirkungsmöglichkeiten wurde die Rede letztlich zur einzigen
Möglichkeit, öffentlich-politisch wirken zu können.
Ernst Piper identifiziert in diesen allerersten Redeauftritten ein
Grundmodell der rhetorischen Wirkungskraft Luxemburgs, das sich
dann nicht mehr wesentlich verändern sollte. Schon in diesen ersten
Auftritten habe sie »als Wahlkämpferin und mehr noch als Rednerin
einen Ruf wie Donnerhall erworben.«20 Dabei waren die Ausgangsbedingungen denkbar ungünstig. Piper kommt – wie viele LuxemburgBiographen – auf ihre Körpergröße zurück (sie war »ein gutes Stück
kleiner als die Frauen in der damaligen Zeit, die im Durchschnitt
mindestens zehn Zentimeter mehr maßen«21), auf ihren großen Kopf,
die Hakennase, das Hinken infolge einer Behinderung, ja die insgesamt schwächliche Konstitution. Oratorische Handikaps, welche
Luxemburg in einen Vorteil zur verkehren vermochte: »Die Leidenschaftlichkeit, mit der sie auftrat, faszinierte das Publikum, und schon
bald eilte ihr der Ruf einer mitreißenden Rednerin voraus. Große
Versammlungen und Zuhörer, die bei ihren Reden in Begeisterungsstürme ausbrachen, waren ein neues Erlebnis für Luxemburg, das ihr
ungeheuer guttat und jene Anerkennung brachte, die sie so lange entbehrt hatte.«22
19 Luxemburg wurde oft als »Versammlungsrednerin« angefragt, weil »ihr Auftreten zuverlässig die Säle zu füllen vermochte.« Ebd., S. 217.
20 Ebd., S. 149.
21 Ebd.
22 Ebd., S. 150.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
255
Luxemburg positionierte sich selbstbewusst in einem Feld, dessen
symbolische Ordnung durch Regeln strukturiert war, die – im Grunde ausschließlich – auf Männer als Akteure zielten und die von Männern erdacht waren. Das einzige ihr zur Verfügung stehende Mittel,
sich auf diesem Feld behaupten zu könne, war ihre Redegewalt. Ernst
Piper charakterisiert diese metaphorisch als »Donnerhall«.23 Dahinter
verbirgt sich ein Kernkonzept der griechischen Rhetorik: deinótes, die
leidenschaftliche, vielfach geradezu ans Gewaltsame sich annähernde,
bezwingende Kraft des – in der Tradition stets männlichen – Redners,
für die in der Antike der Redner Demosthenes stand.24
Im Unterschied zu den anderen Frauen im Umfeld der SPD – Piper nennt Julie Bebel (1843–1910), die Frau von August Bebel – hatte
Rosa Luxemburg nicht nur studiert, sondern auch promoviert. Sie
war in Fragen der Nationalökonomie Expertin, konnte scharfsinnig
argumentieren und war der Polemik nur selten abgeneigt. Keine der
Frauen in Luxemburgs Umfeld, auch nicht Clara Zetkin, war »in den
theoretischen Debatten und Grundsatzdiskussionen so beschlagen
und den Männern ebenbürtig wie Luxemburg.«25 Als Frau war sie in
der Männerdomäne Politik in gewisser Weise eine Exotin – mit allen
möglichen negativen und positiven Bedeutungen, die man diesem
Wort zuweisen kann: Positiv, weil hier ein Gestus von Souveränität
und Stärke sichtbar wird, negativ, weil für das Exotische ja immer die
Idee einer Grenze, eines ›Anderen‹ maßgeblich ist. Möglicherweise ist
das ein wichtiger Grund dafür, weshalb die ›rote Rosa‹ vonseiten der
Rechten so viel Hass auf sich zog.
23 Ernst Piper verwendet die Charakterisierung in seiner Biographie gleich
mehrfach. Ebd., S. 149 und S. 358.
24 Ian Rutherford: Art. Deinotes, in: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 2, 1994, Sp. 467–472.
25 Piper: Rosa Luxemburg, S. 150 f.
256
Dietmar Till
Rednerin und Reden
Möchte man das Charakteristische der Rhetorik von Rosa Luxemburg
herausarbeiten, dann lassen sich zwei Wege verfolgen. Einer sammelt
möglichst viele Zeugnisse der Wirkung der Reden, um daraus ein rednerisches Profil zu abstrahieren. Zeugnisse können sein: Briefe, Erinnerungen von Zeitgenossen, Berichte in Zeitungen, Polizei- und
Spitzelberichte, schließlich auch Publikumsreaktionen in den Reden
sowie Bildmaterial von Auftritten. Das ist der Weg, den viele autobiographische Darstellungen wählen, um auf diese Weise das ephemere
Ereignis eines rednerischen Auftrittes zu rekonstruieren. Ein solcher
Ansatz integriert den Auftritt des Redners, also die Frage etwa der
Emotionalität, die Schärfe oder Süßlichkeit des Vortrags ebenso wie
die Reaktionen des Publikums, sieht aber vom eigentlichen Text vielfach ab oder reduziert ihn auf einige wenige Schlagworte.
Ein zweiter Weg besteht darin, die Texte der Reden Luxemburgs
zum Ausgangspunkt zu machen und diese rhetorisch zu analysieren.
Ein Fokus liegt dabei auf der Rekonstruktion der Beweisziele, der verwendeten Argumente und des Argumentationsgangs insgesamt. Publikumsreaktionen, die oft die emotionale Seite des Rede-Ereignisses
repräsentieren, treten dabei zurück, können aber dann miteinbezogen
werden, wenn diese im Text mit verzeichnet oder auf der Grundlage begleitender Dokumente, etwa von Zeitungsartikeln, zu rekonstruieren sind. Vorauszuschicken ist dabei, dass Luxemburg stets frei
sprach, aber die Reden mit allergrößter Akribie und immensem Vorbereitungsaufwand präpariert hatte. Oft wurden die Reden dann von
Stenographen mitgeschrieben und in Zeitungen abgedruckt. Das ist
ein in der Zeit vor der Erfindung technischer Aufzeichnungsgeräte
übliches Verfahren. Inwiefern diese Texte den Wortlaut der Reden
wiedergeben, bleibt dabei vielfach eine offene Frage, da Formulierungen, die nicht zur parteipolitischen Linie der SPD passten, bisweilen
einfach weggelassen wurden.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
257
Folgt man dem ersten Weg, dann entstehen oft szenische Schilderungen, vielfach auch zusammengezogen zu einem Rednerporträt.
Die aus der Biographie von Ernst Piper zitierten Stellen folgen diesem
Modell. Noch stärker von konkreten Anlässen abstrahierend schreibt
etwa Heinz Kühn in seinem Buch »Auf den Barrikaden des mutigen
Wortes« (1986): Rosa Luxemburg war
»eine mitreißende Rednerin, die mit ihrer silberhellen, volltönend-melodischen Stimme, die auch ihre Gegner an ihr rühmten, ohne Anstrengung einen großen Saal füllte. Stets sprach sie frei, um aus den Gesichtern und Reaktionen ihrer Zuhörer die Inspiration für den Magnetismus
ihrer Sprache zu gewinnen. Dabei liebte sie es, sich lässig vom Rednerpult zu entfernen, nicht aus Koketterie, die ihr fern lag, sondern um
damit gewissermaßen das Pult wegzuschaffen, das sie zwischen sich und
den Zuhörern als störend empfand.«26
Ein solches Vorgehen rekonstruiert und verdichtet – auf welcher
Quellengrundlage auch immer – charakteristische Merkmale des rednerischen Auftritts von Rosa Luxemburg in einer Weise, die man literarisch nennen kann und die die verfügbaren Dokumente mit Phantasie ausgestaltet.27 Im Zentrum solcher Luxemburg-Porträts steht
26 Kühn: Auf den Barrikaden, S. 116.
27 Solche Schilderungen gibt es auch von Zeitgenossen und Zeitgenossinnen,
etwa von Frieda Düwell, welche die Reden Rosa Luxemburgs für den »Vorwärts« mitstenographierte und in einem Erinnerungstext folgende Schilderung gibt: »Während des Referats blieb Rosa nicht ruhig stehen. Sie lief
mit kleinen Schritten auf dem Podium auf und ab, gestikulierte lebhaft,
unterstrich die Worte mit Gesten durch entsprechende Bewegungen. Es
war nicht schwer, ihren Ausführungen zu folgen. Sie sprach logisch und
einfach, verständlich für die Arbeiter, mit Nachdruck und Hervorhebung
des Wesentlichen. Sie war sehr beliebt als Rednerin; von weit her kamen
die Menschen, um sie zu hören.« Frieda Düwell: Karl und Rosa. Erinnerungen. Zum 100. Geburtstag von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg,
Berlin 1971, S. 44 f. Den Hinweis auf Frieda Düwell verdanke ich Claudia v.
258
Dietmar Till
dabei eigentlich immer ein beschränktes Set von Zuschreibungen: ihr
beißender Spott, ihr Sarkasmus und ihre Unerschrockenheit gerade
auch angesichts der Präsenz staatlicher Organe wie der Polizei. Aber
ein solches Vorgehen führt doch am Zentrum der Reden, dem politischen Anliegen Rosa Luxemburgs, ihren Argumenten und vor allem
dem rhetorischen Programm, vorbei. Denn es ist in der Forschung
auch immer wieder hervorgehoben worden: Bei aller Emotionalität
und auch Aggressivität haben die Reden der Luxemburg stets eine
deutlich ausgeprägte argumentativ-rationale Grundlage, deren Basis
Luxemburgs Interpretation des Marxismus ist.
Im Folgenden möchte ich Luxemburgs Rede »Der politische Massenstreik und die Gewerkschaften«, gehalten am 1. Oktober 1910 in
Hagen auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Metallarbeiterverbandes, rhetorisch analysieren. Diese Rede
steht exemplarisch für eine ausgedehnte Vortragstätigkeit Luxemburgs
im Jahre 1910, zunächst thematisch auf die Wahlrechtsreform bezogen,
dann immer stärker zum Thema des Massenstreiks.28
Meine Leitfrage dabei ist zunächst die nach dem prinzipiellen Status dieser Rede als einer politischen Rede. Geht man von der klassischen Rhetorik aus, dann gibt es drei verschiedene Redegattungen:
die Gerichtsrede, die politische Rede und die Lob- und Tadelrede
zu festlichen Anlässen. Politische Rede und Gerichtsrede haben gemeinsam, dass ihr Gegenstand etwas ist, das zweifelhaft ist, ein sogenanntes dubium. Es entsteht also ein Spielraum für den Redner,
Gélieu, Berlin. Eine Zusammenstellung solcher Zeugnisse der rednerischen
Wirkung Rosa Luxemburgs wäre ein wichtiges Unternehmen.
28 Vgl. Peter Nettl: Rosa Luxemburg, Frankfurt a. M./Wien/Zürich 1965,
S. 403–405. Der Text der Hagener Rede wird im Folgenden zitiert nach Rosa
Luxemburg: Der politische Massenstreik und die Gewerkschaften. Rede am
1. Oktober 1910 in Hagen in der außerordentlichen Mitgliederversammlung
des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, in: Dies.: Gesammelte Werke,
Bd. 2, hrsgg. v. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1972, S. 463–483.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
259
denn es gibt mehrere plausible Lösungen. Aufgabe des Redners ist es,
das Publikum in seinem eigenen Parteiinteresse von seiner Haltung
zu überzeugen. Mit Blick auf die Adressaten der Rede wird dieses
dubium dabei in etwas Gewisses überführt und die der Redesituation
vorgängige Offenheit durch den Redner geschlossen. Anders gestaltet sich dies im Falle der Lob- und Tadelrede. Hier wird durch den
festlichen Anlass die Lobenswürdigkeit des Lobgegenstandes immer
schon vorausgesetzt. Es handelt sich um ein sogenanntes certum, eine
Gewissheit, die der Rede vorgängig ist.
Historisches Modell dieser Form von radikaldemokratischer Rhetorik ist die athenische Demokratie, das Modell der Polis, in der alle
Bürger diejenigen Probleme, die die Gesellschaft angehen, in und
durch die öffentliche Rede diskutieren und dann kommunikativ zu
einer Lösung kommen konnten.29 Kern dieser Lösung ist der Prozess
der Überzeugung, die Persuasion, die schlussendlich auf eine Veränderung des Handelns im Sinne des Redners zielt. Diese Form von
Rhetorik – Rhetorik als Kunst der öffentlichen Deliberation mit dem
Ziel des argumentativ gestützten Konsenses – war in der Geschichte
der Rhetorik immer ein zwar früh gefundenes und theoretisch in der
aristotelischen ›Rhetorik‹ ausformuliertes, später aber kaum je wieder
erreichtes Ideal, ja geradezu ein rhetorischer Sehnsuchtsort.
Wie sieht es nun in Rosa Luxemburgs Rede mit Blick auf die Frage
der Überzeugung aus? Meine These ist, dass Luxemburgs Reden im
Grundsatz gar nicht auf Überzeugung des Publikums zielen, damit in
gewisser Weise ›unrhetorisch‹ genannt werden müssen. Luxemburg
war nicht daran gelegen, das Publikum von einer Sache zu überzeugen, die auch anders sein könnte, sondern über Gesetzmäßigkeiten
29 »Politisch sein, in einer Polis zu leben, das hieß, daß alle Angelegenheiten
vermittels der Worte, die überzeugen können, geregelt werden und nicht
durch Zwang oder Gewalt.« (Hannah Arendt: Vita activa oder vom tätigen
Leben, Stuttgart 1960, S. 30).
260
Dietmar Till
des Geschichtsprozesses im Sinne der Lehre von Marx aufzuklären.30
Auf der Grundlage der Marx’schen Entwicklungslogik des Kapitalismus stellt der Stoff ihrer Rede damit im Sinne der klassischen Rhetorik kein dubium, sondern ein certum dar. Für Luxemburg gibt es
keine denkbaren Alternativen, die sie argumentativ entkräften müsste, wie etwa ein Strafverteidiger in einem Gerichtsprozess auf mögliche Argumente der Gegenseite reagieren müsste. Daraus folgt die
spezifische kommunikative Funktion ihrer Reden: Luxemburg geht
es in ihrer Rede in erster Linie um die Aufklärung der Arbeiter über
die historische Entwicklungslogik und die Rolle der Arbeiterklasse
in diesem notwendig fortschreitenden historischen Prozess. Dies ist
ein Grundzug sozialistischer Rhetorik überhaupt, wie Francesca Vidal
im entsprechenden Artikel des »Historischen Wörterbuchs der Rhetorik« ausführt: »Die Rhetorik des Sozialismus verfolgt den Zweck,
die Adressaten von der Richtigkeit dieser Auffassungen zu überzeugen. Deshalb geht es primär um Aufklärung und Belehrung, obwohl
sie auch zwecks Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft und zur
Identifizierung mit den propagierten Zielen der eigenen Partei die
Polarisierung in Freund und Feind nicht scheut.«31
Damit zur Hagener Rede selbst: Über die Rahmenbedingungen
der Rede sind wir durch Zeitungsartikel ziemlich gut informiert. Etwa
2 000 Personen nahmen an der Versammlung teil, Rosa Luxemburg
sprach insgesamt etwa 90 Minuten. Es war also keine kurze Rede.32
Ein Bericht in der Dortmunder Arbeiter-Zeitung vom 5. Oktober 1910
registriert die Polarität der Rede: Einerseits ist der Redeauftritt ein
30 Zur Rolle von Marx (»Manifest der kommunistischen Partei« und »Kapital«)
für die intellektuelle Entwicklung von Luxemburg vgl. Christina Morina:
Die Erfindung des Marxismus. Wie eine Idee die Welt eroberte, München
2017, S. 340 f.
31 Francesca Vidal: Art. Sozialistische Rhetorik, in: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 8, Tübingen 2007, Sp. 1031.
32 August Bebel allerdings sprach auf dem SPD-Parteitag 1899 in Hannover
sechs Stunden. Piper: Luxemburg, S. 186.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
261
emotionales Ereignis, insofern sie immer wieder »von tosendem Beifall«33 unterbrochen wird. Am Beginn der Rede übt sie »mit beißender
Satire«34 Kritik an der Präsenz der Hagener Polizei im Versammlungslokal, am Schluss richtet sie einen zweifachen Appell an das Publikum,
der durch Beifall unterbrochen wird (im Text heißt es: »Lebhafter Beifall« und am Schluss noch einmal »Anhaltender tosender Beifall !«35).
Der eigentlich argumentierende Mittelteil der Rede aber hat, wie die
Zeitung präzise notiert, einen anderen Charakter, obwohl auch er immer wieder großen Beifall hervorruft: »Streng aber sachlich« sei dieser
Teil der Rede, in dem Rosa Luxemburg ihre Sicht zum Thema des
Massenstreiks ausführlich und unter Bezug auf eine Vielzahl historischer wie aktueller Quellen und philosophischer Theorien darlegt.
Die Polarität von Emotionalität und Rationalität wird dabei zu einem
Grundprinzip der Rede. Einerseits zeichnet Luxemburg am Beginn
der Rede die apokalyptische Vision vom bevorstehenden »gewaltigen
Kampf […], wie wir ihn in Deutschland noch nie erlebt haben«, ja
wie er »vielleicht in der Welt noch nie dagewesen« sei, ein Kampf »um
Sein oder Nichtsein zwischen der stärksten Gewerkschaftsorganisation und dem übermächtigen, protzigen Kapital.«36 Dieser Kampf allerdings wird von ihr als etwas behandelt, dem sie sich primär kühl-rational nähern möchte: Es ginge ihr darum, über das Thema des
Massenstreiks »nachzudenken«.37 Im Zustand höchster emotionaler
Aufgewühltheit geht es also explizit darum, ein für sie ganz zentrales
Moment der Reflexivität zurückzuerlangen: »So, Parteigenossen, so
werte Anwesende, lernt einmal die kämpfende, organisierte Arbeiterklasse in Deutschland und anderwärts, mitten im Schlachtfelde, mitten im Feuer des Kampfes einen Moment erhaschen, um nachzuden33 Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke, Bd. 7,2, hrsgg. v. Annelies Laschitza/
Eckhard Müller, Berlin 2017, S. 661.
34 Ebd.
35 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 483.
36 Ebd., S. 465.
37 Ebd., S. 464 f. Hier finden sich insgesamt drei Belegstellen in dichter Folge.
262
Dietmar Till
ken, zu analysieren, um das Bewußtsein zu schärfen, um die Waffen
zu prüfen, die sie im Kampfe anzuwenden hat.«38
»Schärfung des Bewusstseins« ist das programmatische Anliegen
der Luxemburg. Diese aber kann nur durch eine Form der Reflexion
geschehen, welche die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung des Kapitalismus in den Blick nimmt. Diese Reflexivität konstituiert erst echtes
Klassenbewusstsein: Die Arbeiterklasse muss »selbst aus eigenem Bewusstsein, aus eigener Überzeugung und auch aus eigenem Verständnis sich die Waffen zu ihrer eigenen Befreiung schmiede[n].«39 Diese
Waffen sind zunächst Waffen des Geistes, der Intellektualität. Hier
wird noch einmal deutlich, dass es Rosa Luxemburg nicht im rhetorischen Sinne um Überzeugungsarbeit ging, sondern um eine Aufklärungsarbeit, die zur Bewusstseinsbildung der Arbeiterklasse beitragen
sollte. In diesem Sinne spricht die Historikerin Christina Morina von
einer »Aufrüttelungsrhetorik«, deren Ziel die Erweckunng der »Arbeiterklasse als kollektiver Akteur«40 der kommenden Revolution sei.
Luxemburg selbst spricht an anderer Stelle davon, dass die »Praxis
der Arbeiterbewegung in Einklang mit ihrer Theorie gebracht« werden müsse.41 Nur im Bewusstsein der aktuellen historischen Position
innerhalb der historischen Entwicklung lassen sich auch Erfolgschancen für einen gesellschaftlichen Umsturz einschätzen. Man müsse, so
führt Luxemburg aus, »mit der Entwicklung der Zeit gehen.«42
Nach diesen grundsätzlichen Bemerkungen ging die Rednerin zu
ihrem eigentlichen Thema über, dem in der Sozialdemokratie kontro-
38
39
40
41
Ebd., S. 465.
Ebd.
Morina: Die Erfindung des Marxismus, S. 467 f.
Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals oder was die Epigonen
aus der Marxschen Theorie gemacht haben [1921], in: Dies.: Gesammelte
Werke, Bd. 5, hrsgg. v. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der
SED, Berlin 1985, S. 431.
42 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 466.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
263
vers diskutierten Thema des Massenstreiks.43 Das ist kein Zufall, zeigt
sich für Luxemburg gerade im Auftreten von Massenstreiks das »ewige
Gesetz der geschichtlichen Entwicklung in glänzender und schlagender Weise bestätigt.«44 In einer ausführlichen historischen Reihung
von Massenstreiks in unterschiedlichen Ländern, in denen der Kapitalismus regiert, zeigt sie, dass es in den Jahren nach 1900 eine kaum
zu übersehende Häufung von Massenstreiks gibt, kulminierend im
revolutionären Massenstreik in Russland im Jahre 1905.45 Blickt man
in die Massenstreik-Schrift von 1906, dann ist es gerade eine solche
historische Herleitung, die Luxemburg für das einzig wirksame Aufklärungsinstrument der Arbeiterklasse hält:
»Allein diesem Interesse, dem edlen intellektuellen Durst und revolutionären Tatendrang der Arbeiter kann man nicht dadurch entsprechen,
daß man sie mit abstrakter Hirngymnastik über die Möglichkeit oder
Unmöglichkeit des Massenstreiks traktiert, sondern dadurch, daß man
ihnen die Entwicklung der russischen Revolution, die internationale Bedeutung dieser Revolution, die Verschärfung der Klassengegensätze in
Westeuropa, die weiteren politischen Perspektiven des Klassenkampfes
in Deutschland, die Rolle und die Aufgaben der Massen in den kom-
43 Vgl. die Textsammlung von Antonia Grunenberg (Hrsg.): Die Massenstreikdebatte. Beiträge von Parvus, Rosa Luxemburg, Karl Kautsky und
Anton Pannekoek. Frankfurt 1970; insgesamt Frigga Haug/Florian Wilde/
Frank Heidenreich: Art. Massenstreik. In: Historisch-kritisches Wörterbuch
des Marxismus Bd. 9/I, Hamburg 2018, Sp. 95–113.
44 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 466.
45 Vgl. auch Rosa Luxemburg: Massenstreik, Partei und Gewerkschaften,
Hamburg 1906, S. 3 f. Das Ereignis der Russischen Revolution widerlegt
die anarchistische Theorie des Massenstreiks; sie ist dessen »Liquidation«
(ebd., S. 4). Manche der Argumente und Formulierungen in der Hagener
Rede sind fast wörtlich aus der Massenstreikschrift entnommen. – Bisweilen gilt die Massenstreikschrift als ideologischer Beginn des Kommunismus;
sie markiert eine zunehmende Distanzierung von Positionen der SPD. Vgl.
dazu Piper: Rosa Luxemburg, S. 302.
264
Dietmar Till
menden Kämpfen klar macht. Nur in dieser Form wird die Diskussion
über den Massenstreik dazu führen, den geistigen Horizont des Proletariats zu erweitern, sein Klassenbewußtsein zu schärfen, seine Denkweise
zu vertiefen und seine Tatkraft zu stählen.«46
Die Ereignisse von 1905 im zaristischen Russland sind auch für die
Beweisführung in der Hagener Rede zentral. Denn gerade dieser
Streik sei der eigentlich unwahrscheinlichste gewesen, insofern man
annahm, »daß die Gesetze der historischen Entwicklung ohnmächtig
an seinen Grenzen, an seinen Schwellen zusammenbrechen.«47
Nach der historischen Bestandsaufnahme, die ihre Überzeugungskraft aus dem Prinzip der induktiven Reihung ähnlicher Fälle zieht,
zieht die Rednerin ein Zwischenfazit: »Gewaltiges verändert sich in der
letzten Zeit.«48 Die Diagnose vom besonderen Status der Gegenwart
wird dann im Folgenden, wie immer bei Luxemburg, primär ökonomisch begründet, durch Rückgriff auf die »wirtschaftliche Entwicklung«, näherhin den Prozess einer immer stärkeren »Konzentration
des Kapitals«,49 wie er sich in der Entstehung und der Macht von Kartellen, Arbeitgeberorganisationen und in der Verflechtung von Politik
und Wirtschaft zeige. Alleine die Arbeiterklasse ist in der Lage, die
»elementarsten politischen demokratischen Rechte zu erkämpfen«,50
nämlich das »allgemeine Wahlrecht für beide Geschlechter zum preußischen Landtag.«51 Luxemburg benutzt diese Frage zu einer langen
Abrechnung mit dem Verhalten der »liberale[n] Bourgeoisie«52 nach
der Juni-Revolution von 1848, durch die die besondere historische
46
47
48
49
50
51
52
Luxemburg: Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, S. 9.
Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 468.
Ebd., S. 469.
Ebd., S. 470.
Ebd., S. 473.
Ebd.
Ebd., S. 474.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
265
Aufgabe der Arbeiterschaft begründet wird.53 Auch dieser Rückbezug
auf das revolutionäre Schlüsseljahr ist für Luxemburgs Denken zentral. Immer wieder stellte sie, wie Christina Morina herausgearbeitet
hat, einen »direkten Bezug zur Entstehungszeit des Kommunistischen
Manifests her und behauptete, man trete jeweils die direkte Nachfolge
der damals angestoßenen Revolutionsbewegung an.«54
Nur die »arbeitenden Massen« – so Luxemburg – könnten »in einer großen kühnen Aktion oder vielmehr in vielen langen Aktionen
der Massen draußen auf der Straße erworben werden.«55 Exemplarisch zeigt sie die Macht der eigentlich Machtlosen unter Bezug auf
den Aufmarsch im Berliner Tiergarten vom 6. März 1910.56 Die eigentlich Machthabenden aber sind die Arbeiter, denn für Luxemburg
liegt es in der Logik des Kapitalismus begründet, dass der Staat nicht
diejenigen töten werde, von deren Produktivkraft er unmittelbar abhängig sei: »Denn er würde ja mit eigenen Händen die Biene morden,
von deren Honig er als Drohne lebt.«57 Im Unterschied zur Gewaltandrohung und Gewaltausübung des Staates ist die »schärfste Waffe«
der Arbeiterschaft gewaltlos, denn diese ist »die friedliche und ruhige Waffe des politischen Massenstreiks«.58 Gewaltlosigkeit also statt
Gewalt, aber mehr noch: Die Arbeiter sind nicht die eigentlichen
Aggressoren, vielmehr »zwingt« der Staat die Arbeiter zur »Verteidi53 Vgl. auch Rosa Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie, in: Dies.:
Gesammelte Werke. Bd. 5, hrsgg. v. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Berlin 1985, S. 590.
54 Morina: Die Erfindung des Marxismus, S. 467.
55 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 475.
56 Vgl. zu der Tiergarten-Demonstration auch die weitergehenden Hinweise bei Bernd Jürgen Warneken: »Die friedliche Gewalt des Volkswillens.«
Muster und Deutungsmuster von Demonstrationen im deutschen Kaiserreich, in: Ders. (Hrsg.): Massenmedium Straße. Zur Kulturgeschichte der
Demonstration, Frankfurt a. M. 1991, S. 97–119.
57 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 476. Das Publikum mochte
diese Stelle und reagierte mit »Bravo!« und »Sehr richtig!«.
58 Ebd., S. 477.
266
Dietmar Till
gung«.59 Auf diese Weise stellt Rosa Luxemburg den eingangs visionär
entfalteten bevorstehenden Kampf als eine Verteidigungsschlacht der
Arbeiterklasse dar. Sie zeigt auf diese Weise noch einmal die historische Notwendigkeit des Konfliktes auf und begründet zugleich die
Legitimität der Vorgehensweise der Arbeiterklasse: Zum Massenstreik
gibt es keine Alternative. Dazu freilich braucht es einmal mehr Aufklärung der Arbeiter, also Einsicht in die Entwicklungsgeschichte des
Kapitalismus:60
»Daraus ergibt sich, daß es die praktischste Sache ist, der Zukunft klar in
die Augen zu blicken, sich zu sagen, je mehr die Massen des Proletariats
dazu vorbereitet werden durch klare Erfassung der gesamten Lage, durch
das Bewußtsein der großen Aufgaben, die ihnen bevorstehen, je mehr
sie vorbereitet werden, diesen großen Kampf auszufechten, um so mehr
Chancen haben wir, aus diesem Kampf als Sieger hervorzutreten.«61
In der Frage nach der Aufklärung der Arbeiterschaft ergibt sich allerdings ein Dilemma, das ein politisches ebenso wie ein rhetorisches ist.
Rosa Luxemburg möchte die Arbeiter aufklären, gleichwohl postuliert sie, dass man einen Massenstreik nicht »auf dem Wege eines
Vorstandsbeschlusses auf einen bestimmten Kalendertag ansetzen«
könne – wie sie in ihrer wenige Jahre zuvor entstandenen Massenstreik-Schrift hervorhebt. Vielmehr stellt sich die revolutionäre Situ59 Ebd.
60 Zum Übergang von Wissenschaft (Theorie) in die revolutionäre Praxis:
»Was weiter zu folgen hat, ist – außer dem Ausbau der Marxschen Lehre in
Einzelheiten – nur noch die Umsetzung dieser Lehre in die Tat, das heißt
der Kampf des internationalen Proletariats um die Verwirklichung der sozialistischen Wirtschaftsordnung. Der Ausgang der Nationalökonomie als
Wissenschaft bedeutet so eine welthistorische Tat: ihre Umsetzung in die
Praxis einer planmäßig organisierten Weltwirtschaft. Das letzte Kapitel der
nationalökonomischen Lehre ist die soziale Revolution des Weltproletariats.« Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie, S. 591 f.
61 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 477.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
267
ation spontan und unvorhergesehen ein. In der Massenstreik-Schrift
heißt es über die Spontaneität der Arbeiterklasse: »Wenn also die
russische Revolution etwas lehrt, so ist es vor allem, daß der Massenstreik nicht künstlich ›gemacht‹, nicht ins Blaue hinein ›beschlossen‹,
nicht ›propagiert‹ wird, sondern daß er eine historische Erscheinung
ist, die sich in gewissem Moment aus den sozialen Verhältnissen mit
geschichtlicher Notwendigkeit ergibt.«62
Es ging – rhetorisch gesprochen – also überhaupt nicht um Handlungsaufforderung, sondern letztlich um Vermittlung von Wissen, das
der Arbeiterschaft eigenes Erkennen ermöglichen sollte. Das war programmatisch gemeint und für Rosa Luxemburg keine Schwäche ihres
rhetorisch-agitatorischen Verfahrens. Ein weiteres Zitat aus der Massenstreik-Schrift kann dies verdeutlichen: »Es ist genau so unmöglich,
den Massenstreik als abstraktes Kampfmittel zu ›propagieren‹, wie es
unmöglich ist, die ›Revolution‹ zu propagieren.«63 Philosophisch ist
dieses Argument kohärent, aus der Perspektive der Rhetorik gesehen
spricht sich Rosa Luxemburg damit jegliche Einflussmöglichkeiten
ab. Die Folge ist, dass – bei aller Emotionalität – weite Strecken ihrer Rede doch im Stil eines nationalökonomischen Referates gehalten
sind. Durch den gezielten und geschickten Einsatz von Metaphern,
Zuspitzungen und auch Angriffen, sowie aggressiver Körpersprache,
Stimmeinsatz und allgemein leidenschaftlichem Vortrag, Präsenz und
Authentizität, schafft sie es geschickt zu überspielen, dass der Gegenstand ihrer Rede eigentlich reichlich trocken und abstrakt ist – und
sich für ein Publikum ungebildeter Arbeiter letztlich nur schwer eignet. Dass sie es schafft, ihre Adressaten für diese Materie zu begeistern, macht schlussendlich ihre Meisterschaft als Rednerin aus. Und:
Gerade diese immense rhetorische Geschicklichkeit wurde ihr auch
vom politischen Gegner zugestanden. Für Konservative und die Polizei bildet sie geradezu den Kern ihrer Gefährlichkeit.
62 Luxemburg: Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, S. 8.
63 Ebd.
268
Dietmar Till
Der Rest ihrer Rede beschäftigt sich schließlich mit möglichen Risiken und Problemen des Massenstreiks. Auffällig ist dabei, wie ausführlich sich Luxemburg mit diesem Komplex beschäftigt und wie
detailversessen sie ihn abarbeitet. Drei mögliche Einwände werden
diskutiert. Erstens: Das Risiko sei zu hoch, zweitens müsse man auch
die christlich organisierten Arbeiter berücksichtigen, drittens reiche
das Geld nicht für einen längeren Ausstand. Vor allem der erste und
dritte Einwand werden ausführlicher widerlegt. Rosa Luxemburg
schließt – unter Beifall – mit einem Hinweis auf das »Manifest der
kommunistischen Partei« von Marx und Engels, welches sie leicht abgewandelt zitiert: »Das Proletariat hat nichts zu verlieren als seine Ketten, zu gewinnen eine ganze Welt.«64 Die Rede bereitete also vor auf
dasjenige, was sich welthistorisch in naher Zukunft ereignen mochte, die »notwendige geschichtliche Etappe zur endgültigen Befreiung
vom Kapitalismus, zur sozialistischen Gesellschaftsordnung«: Nur
dann aber werde man »gewappnet sein zu der gewaltigen Schlacht«,
wenn jeder Proletarier, heißt es etwas schulmeisterlich, »die sozialistische Aufklärungsliteratur sich zu eigen«65 mache.
Schluss
Am Schluss steht ein Paradoxon: Einerseits ist Rosa Luxemburg zweifellos die bekannteste Rednerin deutscher Sprache – andererseits realisieren die Reden gerade nicht das klassisch rhetorische Ideal, nach
dem ein Redner oder eine Rednerin seine oder ihre Adressaten durch
kalkulierten Einsatz rhetorischer Mittel – in aristotelischer Tradition sind dies: Argumente, Emotionen und die Glaubwürdigkeit des
Redners selbst – von der Richtigkeit seines oder ihres Standpunkts
überzeugt und damit Handlung im Sinne des Kommunikators indu64 Luxemburg: Der politische Massenstreik, S. 483.
65 Ebd.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
269
zieren kann. Ein solches Programm verfolgte Luxemburg mit ihren
Reden gerade nicht. Natürlich argumentiert sie in ihren Reden, setzt
sich mit Einwänden des politischen Gegners auseinander, aber bestimmend für ihr Selbstverständnis als Rednerin ist, dass letztlich die
Entwicklungslogik des Kapitalismus in ihrer Fatalität die treibende
Kraft ist, nicht die Rede per se. Vor allem von dieser Logik versuchte
Luxemburg ihr Publikum zu überzeugen. Insofern könnte man auch
sagen, dass sie rhetorisch auf einer Meta-Ebene agierte.
Das rückt die Reden Luxemburgs in die Nähe zwei anderer, ebenfalls nicht-klassischer Redegattungen: Vorlesung und Predigt. Peter
Wende hat in einer fragmentarischen Interpretation dieser LuxemburgRede darauf hingewiesen, dass der Text eine charakteristische Doppelbödigkeit aufweise. Da gebe es einerseits Elemente einer »aufgesetzten
rhetorischen Dekoration«,66 auf einer tiefergehenden Ebene aber ein
»Vokabular des akademischen Disputs, des gelehrten Streitgesprächs«.67
Kritisch (und sicher zu negativ) diagnostiziert er: »Hinter der dürftigen Fassade einiger kraftmeierischer Adjektive verbirgt sich eine akademische Vorlesung, ein Beitrag zur intellektuellen Auseinandersetzung
über das Wesen des Massenstreiks, eine Widerlegung der Argumente
ihrer Gegner.«68 Die Nähe zur Predigt hebt Hans Jochen Schild hervor:
In der »Ohnmacht gegenüber der Macht der Ereignisse, in dem Bekenntniszwang und in der Kampfanalogie steht diese politische Rhetorik in der Tradition und Nachfolge apokalyptischer Predigtweise.«69
66 Peter Wende: Zur Rhetorik des deutschen Sozialismus, in: Helmut Viebrock
(Hrsg.): Sozialreform und Rhetorik/The Rhetoric of Welfare, Wiesbaden
1984, S. 74.
67 Ebd.
68 Ebd., S. 75.
69 Hans Jochen Schild: Anmerkungen zum Begriff ›Politische Rhetorik‹ aufgrund von Beobachtungen an sozialistischen und liberalen Reden um die
Jahrhundertwende, in: Helmut Viebrock (Hrsg.): Sozialreform und Rhetorik/The Rhetoric of Welfare. Wiesbaden 1984, S. 165–174, hier, S. 172.
270
Dietmar Till
Tatsächlich sind die Analogien deutlich, etwa in der Erwartung einer
bevorstehenden Endzeit, die durch Reinigung Erneuerung bewirkt.70
Ich will noch einmal die rhetoriktheoretische Zentralfrage nach
der Persuasion, der Erzeugung von Überzeugung, stellen. Darum geht
es Rosa Luxemburg in ihrer Rede nicht, vielmehr um die Erzeugung
von Einsicht in einen, mit Notwendigkeit ablaufenden, historischen
Prozess. Was bedeutet dies für das Publikum? Hier komme ich erneut
auf die beiden Pole zu sprechen, die Rosa Luxemburg in ihrer Rede
vereint. Einerseits geht es um Aufklärung in die geschichtlichen Prozesse, andererseits aber auch um eine emotionale Vorbereitung, ja Zurichtung der Arbeiter auf ihre Rolle als Kämpfer in der (irgendwann)
bevorstehenden Schlacht. Eines nämlich vermeidet Rosa Luxemburg
in ihrer Rede auffällig: den offenen Aufruf zu Aufstand und Kampf.
Man mag dafür rechtliche Argumente benennen können – ein solcher
Aufruf hätte wohl den Tatbestand des Hochverrates erfüllt71 –, aber
schlussendlich ist dieser nicht-persuasive Grundzug der Rede charakteristisch für sozialistische Rhetorik überhaupt.72
Literaturverzeichnis
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Liebknecht und Rosa Luxemburg, Berlin 1971.
70 Vgl. hierzu insgesamt die Studie von Klaus Vondung: Die Apokalypse in
Deutschland, München 1988.
71 Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich bestimmt 1871 im § 85: »Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen
Darstellungen zur Ausführung einer […] strafbaren Handlung auffordert,
wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. […] Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft
von Einem bis zu fünf Jahren ein.« Online: https://tinylink.net/NqQnG.
72 Wende: Zur Rhetorik des deutschen Sozialismus, S. 75 f.
Klassenbewusstsein und Aufklärung
271
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Deutungsmuster von Demonstrationen im deutschen Kaiserreich, in: Ders.
(Hrsg.): Massenmedium Straße. Zur Kulturgeschichte der Demonstration,
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Wende, Peter: Zur Rhetorik des deutschen Sozialismus, in: Helmut Viebrock
(Hrsg.): Sozialreform und Rhetorik/The Rhetoric of Welfare, Wiesbaden
1984, S. 71–77.
10.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften –
und jene über sie
Malte Meyer
In Theodor W. Adornos »Minima Moralia« aus dem Jahr 1944 findet
sich ein Gedanke, der im »offiziellen Optimismus ihrer Anhänger« ein
Symptom für den »Verfall der Arbeiterbewegung« erblickt.1 »Die Inauguratoren haben niemals das Gelingen für garantiert gehalten und
darum den Arbeiterorganisationen ihr Leben lang Unannehmlichkeiten gesagt.«2 Adornos Aphorismus heißt nicht nur »Abweichung«,
sondern könnte ebenso gut wie auf Marx auch auf eine marxistische
Dissidentin wie Rosa Luxemburg gemünzt gewesen sein. »Über die
Klassengrenzen hinweg ist das negative Element des Gedankens verpönt. Die Weisheit des Kaisers Wilhelm, ›Schwarzseher dulde ich
nicht‹, ist in die Reihen derer eingedrungen, die er zerschmettern
wollte.«3 Erweist solche Kritik an einem hurraoptimistisch verbrämten Verlust politischer Substanz etwa nicht direkt an Luxemburgs Junius-Broschüre Reverenz? Immerhin hatte es dort über den Zusammenbruch der Internationale geheißen:
»Das Ziel seiner Reise, seine Befreiung hängt davon ab, ob das
Proletariat versteht, aus den eigenen Irrtümern zu lernen. Selbstkritik,
rücksichtslose, grausame, bis auf den Grund gehende Selbstkritik ist
Lebensluft und Lebenslicht der proletarischen Bewegung. Der Fall des
1
2
3
Theodor W. Adorno: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten
Leben, Frankfurt/M. 1969, S. 146.
Ebd.
Ebd.
274
Malte Meyer
sozialistischen Proletariats im gegenwärtigen Weltkrieg ist beispiellos,
ist ein Unglück für die Menschheit. Verloren wäre der Sozialismus nur
dann, wenn das internationale Proletariat die Tiefe dieses Falls nicht
ermessen, aus ihm nicht lernen wollte.«4
Der Ausgangsvermutung, dass auch Rosa Luxemburg den Arbeiterorganisationen ihrer Zeit (und damit den Gewerkschaften) lebenslang vor allem Unannehmlichkeiten gesagt hat und dafür von ihnen
mit weitreichender Missachtung gestraft wurde (auch und erst recht
nach ihrer Ermordung), möchte ich im vorliegenden Aufsatz durch
eine Rekapitulation ihres gewerkschaftstheoretischen Wirkens und
Nachwirkens auf den Grund gehen. Zum Gang der Argumentation
sei zum einen angemerkt, dass diese Rekapitulation sich auf exemplarische Positionen konzentriert. Das bedeutet, dass zwar etliche wichtige lebens- wie wirkungsgeschichtliche Stationen näher beleuchtet
werden, Zwischenzeiten und Übergänge aber etwas zu kurz kommen,
selbst wenn sie das notgedrungen unvollständige Bild komplettieren
könnten. Wichtig scheint mir die Tendenz zu sein, die sich am Ende
aus dem Überblick ergeben soll. Zum anderen sei vorausgeschickt,
dass insbesondere der erste Teil des Artikels eine Reihe ausführlicherer
Luxemburg-Zitate enthält. Das scheint mir nicht nur durch deren
literarische Qualität gerechtfertigt zu werden, sondern ebenfalls dadurch, dass sie zu Unrecht sehr viel weniger bekannt sind als andere
prägnante Formulierungen Luxemburgs. Wie im zweiten Teil des Artikels deutlich werden wird, hängt dieser Umstand nicht zuletzt mit
den Eigenheiten der ohnehin eher spärlichen Luxemburg-Rezeption
in den deutschen Gewerkschaften zusammen. Last but not least konzentriert sich der Artikel – selbst wenn mir bewusst ist, dass sich Luxemburg z. B. auch mit den russischen, englischen und belgischen
4
Rosa Luxemburg: Die Krise der Sozialdemokratie, in: Dies.: Gesammelte
Werke. Bd. 4, Berlin (DDR) 1974, S. 53. Textstellen aus Luxemburgs Gesammelten Werken werden im Folgenden unter Hinzufügung der Nummer des
(Halb-)Bandes und der Seitenzahl mit dem Sigel LGW zitiert.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
275
Gewerkschaften intensiver befasst hat – aus Kapazitätsgründen vor
allem auf den deutschen Fall.
Darstellungen der gewerkschaftspolitischen wie gewerkschaftstheoretischen Einlassungen Luxemburgs existieren bislang übrigens nur
wenige5 und Studien zu ihrer Rezeptionsgeschichte in den deutschen
Gewerkschaften meines Wissens fast keine.6 Dennoch dürfte die Feststellung, dass Luxemburg keine geschlossene oder gar kompakt kanonisierbare Gewerkschaftstheorie hinterlassen hat, bei Anhängerinnen wie Gegnern auf überwiegende Zustimmung treffen.7 Neben der
berühmten Massenstreikbroschüre findet sich indes eine ganze Vielzahl weiterer Texte, die sich nicht nur mit gewerkschaftlichen Fragen
beschäftigen, sondern die zusammengenommen eine durchaus ausführliche Auskunft über die gewerkschaftstheoretische Positionierung
Luxemburgs ermöglichen. Weil sie von ihrer gewerkschaftskritischen
Haltung im Verlaufe ihres Lebens nicht etwa abließ, sondern sie sogar
noch verschärfte, galt die Erinnerung an die marxistische Zweiflerin
innerhalb der deutschen Gewerkschaften schon früh als inopportun.
»Der linke Optimismus«, so noch einmal Adorno, »wiederholt den
5
Drei eingehendere Analysen sind: Paul Frölich: Einleitung, in: Rosa Luxemburg: Gewerkschaftskampf und Massenstreik. Eingeleitet und bearbeitet
von Paul Frölich, Berlin 1931, S. 1–88; Annette Jost: Gewerkschaften und
Massenaktion. Rosa Luxemburgs Kritik der deutschen Gewerkschaftsbewegung, in: Claudio Pozzoli (Hrsg.): Jahrbuch Arbeiterbewegung, Bd. 3. Die
Linke in der Sozialdemokratie, Frankfurt/M. 1975, S. 74–100; Bernhard
von Mutius: Sisyphusarbeit oder Was ist die Rolle der Gewerkschaften im
Emanzipationskampf der Arbeiterklasse? In: Ders.: Die Rosa LuxemburgLegende, Bd. 1, Frankfurt/M. 1978, S. 132–147.
6 Eine Ausnahme bildet Jörg Wollenberg: Oppositionsfähig bleiben durch
Aufklärung historischer Fehler. 10 Jahre Rosa Luxemburg-Seminar der IG
Metall, in: Ders.: Von Ahrensbök über New York, Auschwitz und zurück.
Eine Spurensuche, Bremen 2016, S. 172–195.
7 Luxemburg selbst lehnte die Anfertigung einer speziellen »Gewerkschaftstheorie« auch deshalb ab, weil sich die Probleme der Gewerkschaften ohne
eine Einbeziehung des sonstigen Klassenkampfgeschehens aus ihrer Sicht
nur missverstehen ließen.
276
Malte Meyer
tückischen bürgerlichen Aberglauben, man solle den Teufel nicht an
die Wand malen, sondern sich ans Positive halten.«8
Der 1. Mai: Eine deutsche Tragikomödie
Wie bereits der Luxemburg-Herausgeber und -Biograf Paul Frölich
bemerkt hat, kehrte Luxemburg immer wieder einmal zu einem Thema zurück, mit dem sich bereits in einem ihrer ersten publizierten
Texte beschäftigt hatte: die Geschichte und Bedeutung der Maifeier
als internationalem Streiktag der Arbeiterklasse. Ob und vor allem
wie sozialdemokratische Parteien und Gewerkschaften überall auf der
Welt den 1. Mai begingen, konnte nach Luxemburgs Auffassung als
symptomatisch dafür gelten, wie es um den internationalistischen
Kampfgeist von Arbeiterorganisationen bestellt war.
Noch zu Beginn der 1890er-Jahre hatten sich auch die deutschen
Gewerkschaften dem Vorschlag der 1889 gegründeten Zweiten Internationale gegenüber durchaus aufgeschlossen gezeigt, in Erinnerung an das Polizeimassaker auf dem Chicagoer Haymarket (1886)
immer am 1. Mai grenzüberschreitend die Arbeit niederzulegen und
bei dieser Gelegenheit die sogar schon 30 Jahre ältere Forderung nach
einer allgemeinen Einführung des Achtstundentages zu bekräftigen.
Führende SPD-Funktionäre hatten sich allerdings bereits zu diesem
frühen Zeitpunkt vorbehalten, Streikaufrufe zum 1. Mai vom politischen Kräfteverhältnis abhängig zu machen (das z. B. auch dem späten Friedrich Engels als ungünstig erschien) und Demonstrationen
wie Kundgebungen in die Abendstunden oder gar auf einen Sonntag
zu verlegen. Für die zwar leicht wachsende, im internationalen Vergleich aber vergleichsweise niedrige Anzahl von Arbeiterinnen und
Arbeitern im Deutschen Reich, die trotzdem am 1. Mai die Arbeit
niederlegten und deshalb nicht selten von Unternehmern gemaßre8
Adorno: Minima Moralia, S. 148.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
277
gelt wurden, richteten die Gewerkschaften auf lokaler Ebene Solidaritätsfonds ein.
Seit Ende der 1890er-Jahre allerdings nahmen die innergewerkschaftlichen Blockaden gegen den 1. Mai zumindest in Deutschland
immer mehr zu. Der konservative Buchdruckerverband erklärte die
Teilnahme an den als politisch zu radikal eingeschätzten Maistreiks
schon 1901 zum »Tarifbruch«, und auf dem Kölner Gewerkschaftskongress von 1905, für den der 1. Mai nur noch ein »lahmer Gaul«
war, meinte ein Redner in der Debatte über den Maifeiertag, »Engländer, Botokuden und Chinesen« dürften nicht darüber bestimmen,
was deutsche Gewerkschaften zu tun oder zu lassen hätten.9 Weil er
die Arbeitsruhe am 1. Mai ganz offen für zwecklos erklärte, wandte
sich 1909 schließlich sogar der Metallarbeiterverband gegen eine verpflichtende Teilnahme seiner Mitglieder und machte damit aus der
Geschichte des 1. Mai in Deutschland nach Einschätzung von Paul
Frölich endgültig eine »Tragödie«.10
»Der befreiende Gedanke, einen proletarischen Feiertag als Mittel
zur Erlangung des achtstündigen Arbeitstages einzuführen«11, beschäftigte die damals 22-jährige Rosa Luxemburg bereits in einem Anfang
1894 erschienenen Beitrag für die polnischsprachige SDKP-Exilzeitung »Sprawa Robotnicza« (Arbeitersache). Die enorme Resonanz, auf
die der 1. Mai als Kampftag in den industriellen Zentren Russisch-Polens (v. a. in Łódź) gestoßen war, stellte für sie einen mächtigen Protest
gegen die repressiven Verhältnisse im Zarenreich dar. Abgesehen vom
naheliegenden Aufbegehren gegen den Absolutismus sei die Maifeier aber auch »die einzige konkrete Form, bei der die internationale
Solidarität unsern Massen ersichtlich wird; sie ist fast die einzige Ge-
9
Paul Frölich zitiert den Redner Johann Leimpeter auf S. 272 seiner »Vorbemerkung« zu Luxemburgs Maifeier-Artikeln.
10 Ebd., S. 265.
11 Rosa Luxemburg: Wie entstand die Maifeier? In: Dies.: Gewerkschaftskampf und Massenstreik, Berlin 1931, S. 276.
278
Malte Meyer
legenheit, bei welcher unser Proletariat sich als Glied der mächtigen
internationalen Arbeiterarmee fühlen und betätigen kann«.12
Durch die Konzentration auf die parlamentarischen Erfolge der
Sozialdemokratie sowie das Größenwachstum der Gewerkschaftsorganisationen sei die mit dem 1. Mai zunächst verbundene Arbeitermilitanz ab Mitte der 1890er-Jahre allerdings etwas in den Hintergrund
getreten. Die Maifeier verlor für die herrschende Klasse ihren anfänglichen Schrecken und wurde nach Luxemburgs Beobachtung »allmählich zu einem friedlichen Volksfest, dem die bürgerliche Gesellschaft
mit ziemlicher Seelenruhe zuschaut«.13 Sogar den internationalen
Charakter der Kundgebungen habe die Periode rückläufiger Klassenauseinandersetzungen verblassen lassen. »Solange der Klassenkampf
in jedem Lande ein Mindestmaß demokratischer Ellbogenfreiheit hat
und solange der parlamentarische Werktag der positiven Arbeit währt,
wird die Arbeiterbewegung von dem Besonderen jedes Staatsmilieus,
von der nationalen Zersplitterung beherrscht.«14
Spätestens mit der Revolution von 1905 aber nahm Luxemburg
eine Renaissance des revolutionären Maigedankens und damit auch
einen sich verschärfenden politischen Kontrast zur altväterlichen Behandlung des 1. Mai durch die Gewerkschaften in Deutschland wahr,
denen die Bonität ihrer Kassen über alles ginge:
»Mit der Psychologie eines Gewerkschaftlers, der sich auf keine Arbeitsruhe bei der Maifeier einlässt, bevor ihm eine genau bestimmte
Unterstützung für den Fall seiner Maßregelung im Voraus zugesichert
wird, lässt sich weder Revolution noch Massenstreik machen. Aber im
Sturm der revolutionären Periode verwandelt sich eben der Proletarier
aus einem Unterstützung heischenden fürsorglichen Familienvater in
einen ›Revolutionsromantiker‹, für den sogar das höchste Gut, nämlich
12 LGW 1.1, S. 10.
13 LGW 2, S. 202.
14 Ebd., S. 203.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
279
das Leben, geschweige das materielle Wohlsein im Vergleich mit den
Kampfidealen geringen Wert besitzt.«15
Etwa seit dem Internationalen Sozialistenkongress von Stuttgart im
Jahr 1907 warf Luxemburg der gewerkschaftlichen Führungsriege in
der Generalkommission in Fortführung dieser Argumentation vor, die
Maifeier auf dem Wege der sogenannten Unterstützungsfrage gänzlich erdrosseln zu wollen. Ihr vordergründiges Bestreben, ausnahmslos allen wegen Arbeitsniederlegung am Maifeiertag gemaßregelten
Arbeiterinnen und Arbeitern finanzielle Entschädigung zuzusichern,
müsse angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen und bürokratischer Auszahlungsunwilligkeit in Wirklichkeit als Versuch gewertet
werden, die Zahl der Streikenden nicht etwa zu vergrößern, sondern
möglichst klein zu halten. Einen besseren Schutz vor unternehmerischen Maßregelungswellen würde deshalb nur eine Ausweitung der
Maibewegung bieten. »Nur dann, wenn die Zahl der Feiernden eine
so gewaltige wird, dass eine Maßregelung unmöglich wird, nur dann,
wenn man die wirkliche Macht der klassenbewussten organisierten
Kämpfer der Arbeiterschaft mit ihrer ganzen Wucht dem Unternehmertum entgegenstellt, erst dann wagt das Unternehmertum nicht,
Maßregelungen gegen uns vorzunehmen.«16
Warum indes »die beiden Hauptparolen der Maifeier: der Achtstundentag und der Völkerfrieden«17 im imperialistischen Weltkrieg
nahezu verstummten, deutete Luxemburg in den handschriftlichen
Vorarbeiten an, die sie 1918 für eine offenbar geplante Fortsetzung der
Junius-Broschüre angefertigt hat:
»Aus frischem, kühnen Tatendrang geboren, wurde die Maifeier in dem
führenden Lande der zweiten Internationale, in Deutschland erst durch
15 LGW 2, S. 133.
16 LGW 2, S. 258.
17 LGW 3, S. 437.
280
Malte Meyer
die politischen Führer zu einer leeren Demonstration degradiert, zuletzt durch die gewerkschaftlichen Führer in der Schlinge der Unterstützungsklausel erdrosselt. In den Maifeierdebatten der deutschen Parteitage in den letzten Jahren vor dem Kriege war der Zusammenbruch der
deutschen u. der internationalen Sozialdemokratie schon vorgezeichnet
[…] Als die einzige Massenaktion von internationalem Charakter war
aus offen ausgesprochener Angst vor Opfern kaltblütig abgewürgt wurde, war die Internationale innerlich eine Leiche, die prunkvollen Fragen
der Massenaktionen der prunkvolle Basler Kongress war bereits ein unbewusster Leichenschmaus.«18
Revisionsmusstreit: Unentbehrliche Sisyphusarbeit
Eine erste prominente Kritik an Gewerkschaften hatte Rosa Luxemburg bereits im Kontext ihres Streits mit dem Revisionisten Eduard
Bernstein Ende der 1890er-Jahre formuliert. In seiner Schrift über
»Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie« erklärte der Halbfabianer die Gewerkschaften zum »demokratischen Element in der Industrie«, das geeignet sei, »den Absolutismus des Kapitals zu brechen und dem Arbeiter direkten Einfluss
auf die Leitung der Industrie zu verschaffen«.19 Die Gewerkschaften
dürften allerdings nicht etwa die alleinige Leitung wirtschaftlicher
Prozesse übernehmen. »Gleichviel ob der Staat, die Gemeinde oder
Kapitalisten Unternehmer sind, die Gewerkschaft als Organisation aller in bestimmten Gewerben beschäftigten Personen kann immer nur
so lange gleichzeitig das Interesse jener Mitglieder wahren und das
Allgemeinwohl fördern, als sie sich begnügt, Teilhaberin zu bleiben.«20
18 LGW 7.2, S. 1090 f.
19 Eduard Bernstein: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben
der Sozialdemokratie, S. 174.
20 Ebd., S. 175.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
281
Gemeinsam mit anderen sozialökonomischen Faktoren könnten die
Gewerkschaften die Gesellschaft gleichwohl reformieren und sogar
für eine schrittweise (und eben nicht revolutionäre) Überführung der
kapitalistischen Gesellschaft in eine sozialistische sorgen.
Gegenüber Bernstein als evolutionärem Sozialisten und frühem
Ideologen gewerkschaftlicher Mitbestimmung bestand Rosa Luxemburg auf der Feststellung, dass gewerkschaftlicher Praxis im Kapitalismus sehr enge Grenzen gesetzt seien. »Die Tätigkeit der Gewerkschaften beschränkt sich also in der Hauptsache auf den Lohnkampf
und die Verkürzung der Arbeitszeit, d. h. bloß auf die Regulierung
der kapitalistischen Ausbeutung je nach den Marktverhältnissen; die
Einwirkung auf den Produktionsprozess bleibt ihnen der Natur der
Dinge nach verschlossen.«21 Im Gegensatz zu Bernstein hielt sie die
Gewerkschaften auch für »gänzlich unfähig, die kapitalistische Produktionsweise umzugestalten«: »Sie können […] das Lohngesetz
nicht umstürzen; sie können im besten Falle die kapitalistische Ausbeutung in die jeweilig ›normalen‹ Schranken weisen, keineswegs aber
die Ausbeutung selbst stufenweise aufheben.«22
Das prominenteste Luxemburg-Zitat aus dem Revisionismusstreit
aber lautet: »In beiden wirtschaftlichen Hauptfunktionen verwandelt
sich also der gewerkschaftliche Kampf kraft objektiver Vorgänge in
der kapitalistischen Gesellschaft in eine Art Sisyphusarbeit. Diese
Sisyphusarbeit ist allerdings unentbehrlich, soll der Arbeiter überhaupt zu der ihm nach der jeweiligen Marktlage zufallenden Lohnrate kommen, soll das kapitalistische Lohngesetz verwirklicht und die
herabdrückende Tendenz der wirtschaftlichen Entwicklung in ihrer
Wirkung paralysiert, oder genauer, abgeschwächt werden.«23 Gewerkschaften sind für die Rosa Luxemburg von 1899 demnach nicht mehr,
aber auch nicht weniger als »die organisierte Defensive der Arbeitskraft
21 LGW 1.1, S. 391.
22 Ebd., S. 389.
23 LGW 1.1, S. 420.
282
Malte Meyer
gegen die Angriffe des Profits, als die Abwehr der Arbeiterklasse gegen
die herabdrückende Tendenz der kapitalistischen Wirtschaft«.24
Im Umfeld des Revisionismusstreits hat sich Luxemburg auch
noch eingehender mit dem theoretischen und praktischen Umfeld
auseinandergesetzt, auf das sich Bernsteins gewerkschaftspolitische
Ausführungen direkt oder indirekt bezogen. Zunächst einmal fehlte
ihr der Glaube, dass – wie Bernstein nachzuweisen versuchte – die
englische Gewerkschaftsbewegung ein politisches Vorbild für die
kontinentaleuropäische sein könnte. Interessanterweise differenzierte sie bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen unterschiedlichen Varianten bzw. historischen Phasen gewerkschaftlicher Politik. So stellte
Luxemburg fest, dass die englischen Gewerkschafter zum Zweck der
sozialen Besserstellung der Arbeiter seit den 1850er-Jahren nicht etwa
das Mittel der Volksagitation, sondern das des bürgerlichen Lobbyismus anwandten.
»In Zusammenhang mit der so gerichteten Tätigkeit sehen wir den Aufbau und den ganzen Charakter der englischen Gewerkschaften in der
zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts sich ändern. Von den ›nichtverantwortlichen Enthusiasten und Agitatoren‹ geht die Führerschaft der Bewegung auf ›eine Klasse ständiger, bezahlter Beamten‹ über, die zuweilen
sogar aufgrund einer regelrechten Schulprüfung angestellt werden. Aus
einer Schule der Klassensolidarität und sozialistischer Sittlichkeit wird
die Gewerkschaftsbewegung zum Business, zum Geschäft, die Gewerkschaft wird zu einem äußerst komplizierten Kunstwerk, einem zu dauernder Existenz behaglich eingerichteten Wohnhaus, und in der ganzen
Arbeiterwelt jener Epoche herrscht ›ein Geist vorsichtiger, wenn auch
etwas beschränkter Staatsmannschaft‹.«25
24 LGW 1.1, S. 419.
25 LGW 1.1, S. 476.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
283
Dieser in England bis in die 1880er-Jahre dominante Typus gewerkschaftlicher Politik sei von der aufgeklärten Bourgeoisie gerade seiner
sozial pazifizierenden Funktionen wegen, die ihm in einer Metropole
des Kapitals zukämen, anerkannt und protegiert worden.
»Der verständige Unternehmer und der ebenso verständige Gewerkschaftler, der korrekte Kapitalist und der korrekte Arbeiter, der weitherzige, arbeiterfreundliche Bourgeois und der engherzige, bürgerlich-beschränkte Proletarier bedingen einander, sind nur Korrelate eines und
desselben Verhältnisses, dessen gemeinsamen Boden die wirtschaftliche
Eigenstellung Englands seit der Mitte des Jahrhunderts bildete, die Stabilität und die ungeteilte Herrschaft der englischen Industrie auf dem
Weltmarkt.«26
Wenn Luxemburg im Streit mit Bernstein dem »kontinentalen« Typus
von klassenkämpferischer Gewerkschaftspolitik den Vorzug gegenüber dem bürgerlichen »englischen« Typus gab und im gewerkschaftlichen Kampf sogar ausdrücklich ein vorzügliches Erziehungsmittel
zum Sozialismus sah, so verwahrte sie sich trotzdem gegen eine Überschätzung der den Gewerkschaften zu Gebote stehenden Möglichkeiten: Kapitalistisches Eigentum könnten Gewerkschaften niemals
in sozialistisches verwandeln. »Es gibt keinen größeren Feind der Arbeiterklasse in ihrem Kampf als ihre eigenen Illusionen. Im Grunde
genommen sind die, die eine solche Auffassung vertreten, gar nicht
Freunde der Gewerkschaften, denn sie arbeiten notwendig auf eine
spätere Enttäuschung hin.«27
26 LGW 1.1, S. 478.
27 LGW 1.1, S. 569.
284
Malte Meyer
Massenstreikdebatte: Bürokratismus
der Gewerkschaftsbeamten
Zwei Entwicklungen kulminierten 1905/06 in der Massenstreikdebatte, in der sich Rosa Luxemburg bekanntlich überaus stark engagierte. Zum einen hatte es im zurückliegenden Jahrzehnt vor allem in
Deutschland einen starken Mitgliederzuwachs der Gewerkschaften
gegeben, der an der Spitze des ebenfalls größer gewordenen Apparats für zunehmendes Selbstbewusstsein gesorgt hatte. Parallel zur
Festigung gewerkschaftlicher Organisationen war in verschiedenen
Ländern (v. a. in Russland, aber nicht zuletzt auch in Deutschland)
aber auch ein Aufschwung massiver Streikbewegungen zu beobachten. In der Frage, welcher Entwicklungspfad für die Arbeiterklasse am
günstigsten sei: der sozialfriedliche oder aber der klassenkämpferische,
standen sich schließlich die Repräsentanten der Gewerkschaftsbürokratie und die inzwischen von Luxemburg angeführte SPD-Linke
gegenüber.
Rosa Luxemburg selbst war als eine von ganz wenigen Linken in
Deutschland Ende Dezember 1905 unter konspirativen Umständen
von ihrem Wohnort Berlin aus in ihre frühere Heimatstadt Warschau
gereist, um sich dort für eine zunächst unbestimmte Zeit aktiv an der
Russischen Revolution zu beteiligen, bis sie schließlich im März 1906
von der zaristischen Polizei verhaftet und in die Warschauer Zitadelle
gesperrt wurde. Die Erfahrungen, die sie in dieser proletarisch-revolutionären Bewegung, aber auch schon im Rahmen ihrer vorangegangenen journalistischen Beschäftigung mit dem neuen Kampfmittel des
Massenstreiks gemacht hatte, veranlassten sie dazu, politische Lehren
auch für die Perspektiven der Klassenkämpfe in Westeuropa zu ziehen.
»Madame Geschichte dreht den bürokratischen Schablonenmenschen,
die an den Toren des deutschen Gewerkschaftsglücks grimmige Wacht
halten, von weitem lachend eine Nase. Die festen Organisationen, die
als unbedingte Voraussetzung für einen eventuellen Versuch zu einem
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
285
eventuellen deutschen Massenstreik im Voraus wie eine uneinnehmbare Festung umschanzt werden sollen, diese Organisationen werden in
Russland gerade umgekehrt aus dem Massenstreik geboren.«28
In ihrer 1906 veröffentlichten Schrift »Massenstreik, Partei und Gewerkschaften« wehrte sich Luxemburg zunächst einmal gegen die
Unterstellung, sie leiste möglicherweise anarchistischer Generalstreikpropaganda Vorschub. Die dem Marxismus seit jeher verhasste anarchistische Konkurrenz lehnte Parteien und Parlamente als letztlich
staatstragende, »politische« Irrwege ab und setzte – zumindest in ihren syndikalistischen Spielarten – alle ihre revolutionären Hoffnungen auf einen »ökonomischen« Generalstreik. Mit der etwa seit Jahrhundertbeginn beileibe nicht nur in Russland beobachtbaren Welle
massiver Streikauseinandersetzungen hatte die Utopie eines plötzlich
herbeigeführten Sprungs ins Reich der Freiheit nach Luxemburgs
Auffassung indes nichts gemein. »Für den Anarchisten existieren als
stoffliche Voraussetzungen seiner ›revolutionären‹ Spekulationen nur
zwei Dinge: zunächst die blaue Luft und dann der gute Wille und der
Mut, die Menschheit aus dem heutigen kapitalistischen Jammertal
zu erretten.«29 Der Massenstreik sei in Russland nicht etwa ein Ersatz
für den politischen Kampf, sondern seine Voraussetzung. Insofern
müssten auch die traditionellen Vorbehalte des Marxismus gegen die
vermeintlich antiparlamentarischen Massenstreiks korrigiert werden.
Das Hauptargument in Luxemburgs Massenstreikbroschüre aber
bestand darin, diesen als Signum einer Epoche globaler Klassenauseinandersetzungen zu begreifen, in der die Momente des ökonomischen und des politischen Kampfes beständig ineinandergreifen und
in der von irgendeinem Primat der im engeren Sinne politischen Aktion nicht mehr die Rede sein könne.
28 LGW 2, S. 117.
29 LGW 2, S. 97.
286
Malte Meyer
„Der unaufhörliche ökonomische Kriegszustand der Arbeiter mit dem
Kapital hält die Kampfenergie in allen politischen Pausen wach, er bildet
sozusagen das ständige frische Reservoir der proletarischen Klassenkraft,
aus dem der politische Kampf immer von neuem seine Macht hervorholt, und zugleich führt das unermüdliche ökonomische Bohren des
Proletariats alle Augenblicke bald hier, bald dort zu einzelnen scharfen
Konflikten, aus denen unversehens politische Konflikte auf großem
Maßstab explodieren.«30
Wenn Luxemburg behauptete und nachzuweisen versuchte, dass die
revolutionären Bewegungen nicht etwa ein russisches Spezifikum waren, sondern Vorbildcharakter auch für andere Weltregionen hätten,
konnte sie sich des Unverständnisses speziell der deutschen Gewerkschaftsführungen sicher sein. Im Falle einer eventuellen Nachahmung
von Massenstreikaktionen sorgten sie sich um den Bestand ihrer Organisationen und Kassen und erklärten auf ihrem Kölner Kongress
1905 deshalb den Generalstreik schon einmal vorsorglich zum »Generalunsinn«. Für das Zurückschrecken vor Massenstreiks machte
Luxemburg das »Aufkommen eines regelrechten gewerkschaftlichen
Beamtenstandes« verantwortlich. Bornierterweise verwandele die Gewerkschaftsbürokratie die eigene Organisation »aus einem Mittel zum
Zweck allmählich in einen Selbstzweck«. Anstelle der für den Klassenkampf nötigen Selbstkritik würden die »unbedingte Lobhudelei,
der grenzenlose Optimismus […] zur Pflicht jedes ›Freundes der Gewerkschaftsbewegung‹ gemacht«.31 Für das Verhältnis von Führung
und Mitgliedermassen könne das nichts Gutes bedeuten. »An Stelle
der kollegialen, unentgeltlichen, aus reinem Idealismus betriebenen
gewerkschaftlichen Agitation durch lokale Kommissionen der Genossen selbst tritt die geschäftsmäßige, bürokratisch geregelte Leitung des
meistens von auswärts hergeschickten Gewerkschaftsbeamten. […]
30 LGW 2, S. 128.
31 LGW 2, S. 164.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
287
Es wird dabei von der Ansicht ausgegangen, dass die Arbeitermasse nur bei blindem, kindlichem Glauben an das Heil des Gewerkschaftskampfes für die Organisation gewonnen und erhalten werden
könne.«32 Die Erfahrungen der Russischen Revolution hätten aber im
Gegenteil gezeigt, dass die Selbsttätigkeit insbesondere der unorganisierten Arbeitermassen die eigentliche Quelle gewerkschaftlicher
Organisierung sei.
Mit der Massenstreikbroschüre hat Rosa Luxemburg ihre Gewerkschaftskritik aus der Zeit des Revisionismusstreits also noch einmal
deutlich verschärft und sie um ein dezidiert antibürokratisches Kapitel erweitert. Stärker noch als bis dahin erschien der deutsche Gewerkschaftsapparat als Bremse elementarer Klassenbewegungen und nicht
etwa als deren Motor. Der »englischen« Methode von Gewerkschaftspolitik stellt Luxemburg deshalb nicht länger eine deutsche, sondern
eine »russische« gegenüber. Und wie sich an ihren Stellungnahmen
zum Kampf gegen das preußische Dreiklassenwahlrecht zeigte, ließ
sie sich trotz oder gerade wegen der vehementen Ablehnung, auf die
ihre Ideen bei führenden deutschen Gewerkschaftern stießen, fortan nicht mehr davon abbringen, auf das revolutionäre Potential von
Massenstreiks hinzuweisen.
Weltkrieg und Revolution:
Gewerkschaften als Staatsorgane
Als explizit konterrevolutionär bzw. sozialimperialistisch charakterisierte Rosa Luxemburg die deutschen Gewerkschaften spätestens seit
dem Burgfriedensschluss von 1914. Zwar ergab sich bis zu ihrer Ermordung keine Gelegenheit mehr zu einer systematischen Gewerkschaftsanalyse, trotzdem reichen die über zahlreiche Texte verstreuten
Einschätzungen und Polemiken Luxemburgs aus, um verstehen zu
32 LGW 2, S. 165.
288
Malte Meyer
können, warum sie auf dem Gründungsparteitag der KPD zu dem
Ergebnis kam, der Kampf für Befreiung sei
»identisch mit der Bekämpfung der Gewerkschaften. Wir haben dazu
in Deutschland zehnmal mehr Grund als in anderen Ländern. Denn
Deutschland ist das einzige Land, in dem während der vier Jahre des
Weltkrieges keine Lohnbewegungen stattgefunden haben, und zwar
durch Parole der Gewerkschaften. Die offiziellen Gewerkschaften haben
sich im Verlauf des Krieges als eine Organisation des bürgerlichen Staates und der kapitalistischen Klassenherrschaft gezeigt.«33
Als zentrale Ursache für den gewerkschaftlichen »Sozialimperialismus« hat Luxemburg die soziokulturelle Disposition autoritärer Organisationsgläubigkeit ausgemacht. Auf Seiten der Arbeiterführer wie
auf Seiten der von ihnen repräsentierten Arbeitermassen führte die
Verwandlung der Organisation aus einem Mittel in den alleinigen
Zweck proletarischer Politik zu Gehorsam, Hierarchie und Korpsgeist
und gleichzeitig zu einer Verkümmerung von Eigeninitiative, spontaner Bewegung und kritischer Selbstaufklärung. Dieser Sichtweise
zufolge machten die Gewerkschaftsführer um der Organisation willen
gemeinsame Sache mit dem Imperialismus, und um der Organisation
willen ließen die meisten Arbeiterinnen und Arbeiter das lange über
sich ergehen.
»Deutschland war das klassische Land der Organisation und noch mehr
des Organisationsfanatismus, ja des Organisationsdünkels. Um ›Organisation‹ willen hatte man den Geist, die Ziele, die Aktionsfähigkeit der
Bewegung preisgegeben. Und was erleben wir heute? In den wichtigsten
Momenten der Revolution versagt vorerst das gerühmte ›Organisationstalent‹ in kläglichster Weise. Revolutionäre Aktionen zu organisieren ist
eben doch noch ganz was anderes, als Reichstagswahlen oder Gewerbe33 LGW 4, S. 486.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
289
gerichtswahlen nach Schema F zu ›organisieren‹. Die Organisation der
revolutionären Aktionen muss und kann eben nur in der Revolution
selbst gelernt werden, wie das Schwimmen im Wasser nur im Wasser
gelernt wird.«34
Organisation setzt Disziplin voraus und diese stand auf dem gar nicht
so heimlichen Lehrplan von Jahren oder sogar Jahrzehnten gewerkschaftlicher Schulung ganz weit oben.
»Gerade die mächtige Organisation, gerade die viel gepriesene Disziplin
der deutschen Sozialdemokratie bewährten sich darin, dass der vier Millionen starke Körper sich auf Kommando einer Handvoll Parlamentarier in vierundzwanzig Stunden wenden und vor einen Wagen spannen
ließ, gegen den Sturm zu laufen sein Lebensziel war. Die fünfzigjährige
Vorbereitungsarbeit der deutschen Sozialdemokratie realisiert sich im
heutigen Kriege, dessen Wucht und siegreiche Kraft auf deutscher Seite
von den Gewerkschaften wie von den Parteiführern in hohem Maße als
Frucht der ›Schulung‹ der Massen in proletarischen Organisationen beansprucht wird. Marx, Engels und Lassalle, Liebknecht, Bebel und Singer schulten das deutsche Proletariat, damit Hindenburg es führen kann.
Und je höher die Schulung, die Organisation, die berühmte Disziplin,
der Ausbau der Gewerkschaften und der Arbeiterpresse in Deutschland
als in Frankreich, umso wirksamer die Kriegshilfe der deutschen Sozialdemokratie im Vergleich mit derjenigen der französischen. Mitsamt ihren naiven Ministern sind die Sozialisten Frankreichs im ungewohnten
Handwerk des Nationalismus und der Kriegführung wahre Stümper
gegen die Dienste, die die deutsche Sozialdemokratie und die deutschen
Gewerkschaften dem vaterländischen Imperialismus leisten.«35
34 LGW 4, S. 524.
35 LGW 4, S. 23 f. Für die Nachricht, dass der Baugewerkschaftsführer August
Winnig der Reichswehr bei der Aufstellung antibolschewistischer Freikorps
im Baltikum assistierte, hatte Luxemburg nur folgenden Kommentar übrig:
»Wir können es ruhig aussprechen, dass die deutschen Gewerkschaftsfüh-
290
Malte Meyer
Auf diese Weise kamen die Gewerkschaften dem Militär schon vor
dem Krieg weit entgegen und konnten von ihm im Ernstfall umso
leichter in Dienst genommen werden. Mit Blick auf die funktionale
Identität von militärischem und gewerkschaftlichem Regiment zitierte Luxemburg deshalb auch zustimmend das Urteil, das die Frankfurter Volksstimme am 18. August 1914 über die Dienstbarkeit der
Gewerkschaften gefällt hatte: »Wenn es also anno 1866 hieß, der Vormarsch der preußischen Truppen sei ein Sieg des Schulmeisters gewesen, so wird man diesmal von einem Sieg des Gewerkschaftsbeamten
reden können.«36
In der Autoritätshörigkeit, dem Organisationsfetischismus und
der »standhafte[n] Kadaverhaltung des deutschen Proletariats« setzte
sich nach Luxemburgs Einschätzung das obrigkeitsstaatliche Erbe der
deutschen Geschichte bis in die gewerkschaftliche Alltagsarbeit hinein
fort. Von bloß organisatorischen Maßregeln, wie Lenin sie vorschlug,
konnte sie sich deshalb auch keine Erneuerung des revolutionären
Sozialismus erhoffen. Im Gegenteil: Aus ihrer Erklärung für die imperialistische Verstaatlichung der deutschen Gewerkschaften im Weltkrieg ergab sich zumindest implizit die Notwendigkeit einer antiautoritären Kulturrevolution, die weder mit sozialdemokratischen noch
mit bolschewistischen Organisationsmodellen vereinbar war: »Nicht
durch die Anknüpfung an die ihm durch den kapitalistischen Staat
eingeprägte Disziplin – mit der bloßen Übertragung des Taktstocks
aus der Hand der Bourgeoisie in die eines sozialdemokratischen Zentralkomitees –, sondern durch die Durchbrechung, Entwurzelung
dieses sklavischen Disziplingeistes kann der Proletarier erst für die
rer – es ist kein Zufall, dass ein deutscher Gewerkschaftsführer solche politischen Dienste leistet –, dass die deutschen Gewerkschaftsführer und die
deutschen Sozialdemokraten die infamsten und größten Halunken, die in
der Welt gelebt haben, sind.« LGW 4, S. 508.
36 LGW 4, S. 123.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
291
neue Disziplin – die freiwillige Selbstdisziplin der Sozialdemokratie –
erzogen werden.«37
In den bereits erwähnten Notizen Luxemburgs aus dem Jahr 1918
findet sich auch eine stichwortartige Bilanz über die »Rolle und Entwicklung der Gewerkschaften seit 20 Jahren«: »Verselbständigung,
Bürokratie über der Masse. […] Ausweichen allen großen Kämpfen.
Reine Defensive.« Weiter heißt es in diesem Manuskript: »Die deutschen Gew[erkschaften] haben eine rückläufige Entw[icklung] durchgem[acht] u. sind im Zeichen der imper[ialistischen] Orgie bei der
Taktik der engl[ischen] Tr[adeunions] aus den Anfängen der Großind[ustrie] u. der Blütezeit des Liberalismus angelangt. (Symptome:
Werftarbeiterstreik, Ruhrrevierstr[eik], Maifeier erdrosselt, Äußerungen Bömelburgs).«38
Gewerkschaften über Rosa Luxemburg
Was die Ideen Rosa Luxemburgs den von ihr zusehends vehementer
kritisierten Gewerkschaften bedeuteten, ist nicht ganz leicht einzuschätzen. Kann man in der Minderheit marxistischer Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter überhaupt die noch sehr viel kleinere
Minderheit ausmachen, die explizit oder klandestin den antiautoritären Marxismus Luxemburgs fortgesetzt hat oder gar noch heute
praktiziert? Gehört sie insofern vielleicht zu jenen kommunistischen
Gespenstern, vor denen sich die sozialdemokratischen Gewerkschaften insgeheim immer in Acht nehmen mussten? Haben politische
Theorien für die zumeist von Alltagsgeschäften absorbierten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter überhaupt irgendeine handlungsleitende Bedeutung? Und natürlich auch nicht ganz unwichtig: Ist
dort, wo Rosa Luxemburg draufsteht, auch tatsächlich immer Rosa
37 LGW 1.2, S. 431.
38 LGW 7.2, S. 1109.
292
Malte Meyer
Luxemburg enthalten? Da an dieser Stelle kein historisch vollständiger oder gar internationaler Überblick über die gewerkschaftliche
Luxemburg-Rezeption gegeben werden kann, werde ich mich auf vier
mir exemplarisch erscheinende Stationen beschränken: Erstens auf
den (schlechten) Ruf, den sich Luxemburg bereits zu ihren Lebzeiten bei führenden Gewerkschaftern erarbeitet hatte, zweitens auf eine
Kurzgeschichte des »Roten Gewerkschaftsbuches«, das 1932 aus dem
Kreis ihrer Anhängerinnen und Anhänger veröffentlicht worden ist,
drittens auf den Einfluss, den »Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen«, Oskar Negts Theorie der Arbeiterbildung aus dem
Jahr 1968, auf die gewerkschaftliche Bildungsarbeit in der Bundesrepublik gehabt hat und viertens auf die gewerkschaftspolitischen Aktivitäten, die die Linkspartei-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS)
im zurückliegenden Jahrzehnt entfaltet hat. Mit dieser Auswahl ist
bereits meine These angedeutet, dass Rosa Luxemburgs Denken aufgrund offizieller Verfemung zwar weder in der Gewerkschaftspraxis
noch in der Gewerkschaftsideologie und noch nicht einmal in der
Erinnerungskultur der deutschen Gewerkschaften eine größere Rolle spielen konnte, aber dass zumindest einige ihrer Anregungen von
Bewegungen, die sich zur offiziellen Gewerkschaftspolitik in Opposition begaben, in dem Jahrhundert nach ihrer Ermordung sehr wohl
aufgegriffen wurden.
Schlechter Ruf zu Lebzeiten
Rosa Luxemburg war weder die erste noch die einzige, die mit Blick
auf gewerkschaftliche Tätigkeit von einer Sisyphusarbeit gesprochen
hatte (den Begriff hatte die Tischlergewerkschaft schon 1893 geprägt,
und selbst Eduard Bernstein benutzte das Bild von einer »Kreisbewegung«) Trotzdem blieb das aus »Sozialreform oder Revolution«
verkürzt zitierte Schlagwort alleine an ihr hängen und trug ihr die
lebenslange Feindschaft gewerkschaftlicher Spitzenfunktionäre ein.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
293
Peter Nettl hat das geradezu chauvinistische Bild, das sich Gewerkschaftsführer schon bald von Rosa Luxemburg machten, gut auf den
Punkt gebracht: »Die Ausländerin, die Frau, die Theoretikerin ohne
praktische Erfahrung zog im Lande umher, im zivilisierten, fortgeschrittenen, sicheren Deutschland, und predigte Revolution und
Chaos – das Chaos und Elend des rückständigen Russlands.«39 Der
Bergarbeiterführer Otto Hue legte Luxemburg 1905 sogar die Ausreise
ins revolutionäre Russland nahe:
»In Russland blutet die Arbeiterschaft, weshalb eilen insbesondere die
aus Russland oder Polen stammenden, jetzt in Deutschland, Frankreich
und der Schweiz ›revolutionäre‹ Artikel schreibenden Theoretiker nicht
auf den Kampfplatz? Wer ein solches Übermaß von ›revolutionärer‹
Energie bietet wie unsere systematischen Generalstreikpropagandisten,
für den ist es Zeit, sich im russischen Freiheitskampfe praktisch zu beteiligen, statt aus der Sommerfrische Generalstreikdiskussion zu betreiben.
Probieren geht übers Studieren, darum auf in den russischen Freiheitskampf, ihr ›Theoretiker des Klassenkampfes‹.«40
Spätestens seit dem Kölner Gewerkschaftskongress von 1905, der sich
vehement vom Kampfmittel des Massenstreiks distanzierte, galt Rosa
Luxemburg in deutschen Gewerkschaftskreisen als Revolutionsromantikerin und Massenstreikapostel.41 Wie sehr sich die Gewerkschaften
von deren oppositioneller Haltung getroffen fühlten, dokumentierte
auch eine Broschüre, die von der Generalkommission der Gewerkschaften 1910 herausgegeben wurde. Sie trug den Titel: »Sisyphusarbeit oder positive Erfolge. Beiträge zur Wertschätzung der Tätigkeit
der deutschen Gewerkschaften«. Wie sehr die um den Bestand und
39 Peter Nettl: Rosa Luxemburg, Köln 1967, S. 294.
40 Hue zit. nach LGW 1.2, S. 598.
41 Vgl. Paul Frölich: Einleitung, in: Rosa Luxemburg: Gewerkschaftskampf
und Massenstreik, Berlin 1931, S. 63 ff.
294
Malte Meyer
die Vergrößerung ihrer Organisationen besorgten Gewerkschafter intellektuelle Dissidentinnen wie Rosa Luxemburg verachteten, macht
eine Bemerkung von Gustav Bauer, dem Vize der Generalkommission und später kurzzeitigen Reichskanzler, deutlich. Er sagte auf dem
SPD-Parteitag 1913: »Die Gewerkschaften haben ein bestimmtes Signum für solche Redner: ›L. S.‹ – Lasst schwätzen!«42 Vor diesem Hintergrund konnte es nicht verwundern, dass etliche Gewerkschafter der
Niederschlagung der revolutionären Nachkriegsunruhen und der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht offen applaudierten.43
Die bis zur Verachtung reichende Ablehnung, die Rosa Luxemburg
auf der Ebene der Gewerkschaftsvorstände entgegengebracht wurde,
erstreckte sich zwar nicht auf die komplette Gewerkschaftslandschaft.
Vereinzelt wurde sie in der Vorkriegszeit von lokalen Gewerkschaftsgliederungen sogar als Versammlungsrednerin eingeladen (im Oktober 1910 z. B. nach Hagen auf die dortige Mitgliederversammlung
des Deutschen Metallarbeiterverbandes), und mitunter konnte sie
auch in der Gewerkschaftspresse publizieren (so im August 1913 im
»Textil-Arbeiter«). Aber die demokratische Willensbildung in den
Gewerkschaften kam nicht erst an ihr Ende, als der Generalkommissionsvorsitzende Carl Legien das am 2. August 1914 verkündete: »Wie
die Dinge liegen, hört die Demokratie in den Gewerkschaften auf,
jetzt haben die Vorstände aus eigener Verantwortung zu entscheiden,
und zwar so, wie sie es vor ihrem Gewissen verantworten können.«44
Lange vorher schon hatte Luxemburg in den Gewerkschaften »Hetzer an der Arbeit« gesehen, die politische Kritik als Majestätsbeleidigung auffassten und entsprechend zu ahnden trachteten, indem sie
z. B. gegen die linksgerichtete Umbesetzung der »Vorwärts«-Redaktion intrigierten. »Jede Kritik an der gegebenen Taktik der leitenden
42 Gustav Bauer zit. nach Nettl: Luxemburg, S. 364.
43 Vgl. Hans-Joachim Bieber: Gewerkschaften in Krieg und Revolution. Arbeiterbewegung, Industrie, Staat und Militär in Deutschland 1914–1920,
Hamburg 1981, S. 721.
44 Legien zit. nach ebd., S. 89.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
295
Gewerkschaftsorgane ist verboten, der Zuwiderhandelnde wird auf
ewige Zeiten als ›Volksfeind‹ gebrandmarkt.«45
Kurzgeschichte des Roten Gewerkschaftsbuchs
1932 spotteten linke Gewerkschafter darüber, dass der amtierende Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)
Theodor Leipart »in seiner Gedenkschrift für Carl Legien mit stolzund triumphgeschwellter Brust Rosa Luxemburg dem vernichtenden Urteil der Geschichte ausliefern zu können vermeinte«.46 Leipart
nämlich hatte noch unmittelbar vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise geschrieben: »Und wie sehr hat Erfahrung seit 1893 den damaligen
Ausspruch einer namhaften Parteirednerin, ›dass der Wirkungskreis
der Gewerkschaften immer und immer verkleinert wird‹, ins Gegenteil verkehrt.«47 Beim Roten Gewerkschaftsbuch, in dem diese Sätze zitiert wurden, handelte es sich um alles andere als eine offiziöse
Gewerkschaftspublikation. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise stellte es vielmehr eine radikale Abrechnung sowohl mit sozialdemokratischer als auch mit stalinistischer Gewerkschaftspolitik dar.
Seine vier Autoren gehörten Anfang der 1930er-Jahre zwei kleinen,
aber wichtigen marxistischen »Zwischengruppen« an: August Enderle
und Jacob Walcher waren Ende der 1920er-Jahre Mitbegründer der
Kommunistischen Partei Opposition (KPO), Heinrich Schreiner und
Eduard Weckerle zählten zur 1931 gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP). Alle vier verband persönlich und/oder politisch viel
mit Rosa Luxemburg (Walcher z. B. hatte 1910 die SPD-Parteischule
besucht und 1918 zusammen mit Wilhelm Pieck den Gründungspar45 LGW 1.2, S. 607.
46 Leipart zit. nach August Enderle/Heinrich Schreiner/Jakob Walcher/Eduard
Weckerle: Das Rote Gewerkschaftsbuch, Berlin 1932, S. 13.
47 Ebd.
296
Malte Meyer
teitag der KPD präsidiert) und alle versuchten sie, deren politisches
Erbe mit ihrer eigenen, erklärtermaßen »revolutionären« Gewerkschaftsarbeit in Einklang zu bringen.
Das »Rote Gewerkschaftsbuch« kritisierte zunächst »die Entwicklung der Gewerkschaften von kleinen, ganz auf der Mitarbeit und
Aktivität der Mitglieder fußenden Kampfverbänden zu sehr komplizierten Apparatgebilden«.48 Aus einer unverkennbar von Luxemburg
beeinflussten Perspektive stellte es für die ersten drei Jahrzehnte des
20. Jahrhunderts eine starke Tendenz zur bürokratischen Zentralisation sowie eine Dominanz des sozialdemokratischen Reformismus fest,
die sich in einer Unterordnung der Arbeiterorganisationen unter den
kapitalistischen Staat äußere. Zum Schaden der in ihnen organisierten Arbeiterinnen und Arbeiter hätte sozialdemokratischer Reformismus die Gewerkschaften von ihrem ursprünglichen und eigentlichen
Zweck, Organisationen des Klassenkampfes zu sein, abgelenkt. Der
wichtigste Katalysator dieser Entwicklung sei der Erste Weltkrieg
gewesen.
»Unter dem Donner der todspeienden Kanonen wurde nicht nur die
Grundlage zu der Politik der Arbeitsgemeinschaft gelegt, sondern auch
das Schlichtungswesen, das die Gewerkschaften nie müde wurden, als
eine umstürzlerische Errungenschaft zu preisen, war bereits in dem
Hilfsdienstgesetz vorweggenommen. Das entscheidendste aber ist dies:
in jenen Jahren formte sich endgültig das gegenwärtige Gesicht der Gewerkschaften und wurden auch die letzten Reste einer klassenkämpferischen
Einstellung zum Kapitalismus begraben.«49
Auf das Problem eines »sozialpartnerschaftlichen« Korporatismus hätte die stalinistische Gewerkschaftspolitik ihrerseits mit einem falschen
48 Ebd., S. 94.
49 Ebd., S. 14 f.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
297
Lösungsvorschlag reagiert. Die »Kette von Misserfolgen«,50 die die im
Zuge eines stalinistischen »Linksrucks« vom ADGB abgespaltene Revolutionäre Gewerkschaftsopposition zu verzeichnen habe, resultiere
aus einem syndikalistischen Glauben an die Allmacht des gewerkschaftlichen Kampfes sowie einer gleichzeitigen Ignoranz gegenüber
den Auswirkungen der Massenerwerbslosigkeit. Insgesamt sei die
kommunistische Bewegung durch die »ultralinke« RGO-Politik nicht
stärker, sondern schwächer geworden.
Das »Rote Gewerkschaftsbuch« wollte aber nicht nur die dominanten Linien sozialdemokratischer und stalinistischer Gewerkschaftspolitik kritisieren, sondern nach dem Willen seiner Autoren ausdrücklich auch »ein brauchbarer Wegweiser in praktisch-revolutionärer
Gewerkschaftsarbeit« sein.51 Dieser Praxisbezug verdeutlicht vielleicht
am besten, wie das gewerkschaftspolitische Erbe Luxemburgs von ihrer politisch aktiven Anhängerschaft 1932 interpretiert wurde. Sollte
sich revolutionäre Gewerkschaftspolitik also innerhalb oder außerhalb der etablierten ADGB-Strukturen konstituieren? Waren diese
zumindest potenziell reformierbare Klassenorganisationen oder handelte es sich bei ihnen um strukturell sozialdemokratische und damit
systemimmanente Verbände? Die Antwort der RGB-Autoren fiel sehr
eindeutig aus. Die in der Gewerkschaftsgeschichte zu beobachtende
Tendenz zur bürokratischen Zentralisation dürfe nicht zu dem Fehlschluss verleiten, den sozialdemokratischen Reformismus in den Gewerkschaften für unüberwindbar zu erklären.52
»Die Gewerkschaften verneinen, sie gar bekämpfen und ihnen
neue ›bessere‹ entgegenstellen zu wollen, weil sie sich so, wie oben
geschildert, teilweise ›fehlentwickelt‹ haben, wäre daher grundfalsch.
[…] Unsere Aufgabe und die aller revolutionär-oppositionell eingestellten Gewerkschafter ist es vielmehr, die Bonzokratisierung zu ver50 Ebd., S. 140.
51 Ebd., S. 4.
52 Ebd., S. 94.
298
Malte Meyer
hindern und zu beseitigen, indem wir unablässig kämpfen gegen den
ganzen reformistischen Kurs, für die Revolutionierung der Gewerkschaften.«53 Mit dieser Kritik an Abspaltungsbemühungen war auch
klar: Bei aller immensen Wertschätzung für Luxemburg distanzierte
sich das RGB sehr deutlich von der Idee, Gewerkschaften zu Bollwerken der sozialdemokratischen Konterrevolution zu erklären.
Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen
Noch geringer als zu Zeiten der Weimarer Republik war der Einfluss
»luxemburgscher« Denk- und Handlungsansätze auf die Gewerkschaften der westdeutschen Nachkriegszeit. Wenn sie die Nazizeit oder den
Stalinismus überhaupt überlebt hatten, waren aktive Mitstreiterinnen
und Mitstreiter Rosa Luxemburgs häufig schon in einem recht fortgeschrittenen Alter. Auch Luxemburgs Schriften lagen längst noch nicht
vollständig vor. Am schwersten aber wog wohl, dass es politische Ideen, die nicht der Logik des Kalten Krieges folgten, auch und gerade
in den westdeutschen Gewerkschaften alles andere als leicht hatten.54
In den offiziellen Debatten, Medien und Kampagnen der DGB-Gewerkschaften kam der Name Rosa Luxemburgs deshalb noch seltener
vor als der von Marx – von ihren Theorien ganz zu schweigen.
Trotz dieser gewerkschaftsoffiziellen Marginalisierung sämtlicher
Strömungen des Marxismus gab es durchaus einzelne Gelegenheiten, bei denen zumindest der Geist des gewerkschaftspolitischen und
53 Ebd., S. 95.
54 So z. B. wurde Walter Fabian, der zeitweilige Vorsitzende der Deutschen
Journalisten Union (dju) und heimliche Luxemburgianer, durch den neuen DGB-Vorsitzenden Heinz Oskar Vetter 1970 endgültig von seinen Aufgaben als Chefredakteur der Gewerkschaftlichen Monatshefte entbunden.
Die IG Druck und Papier, aus der Fabian kam, blieb aber noch länger ein
Sammelbecken der gewerkschaftlichen Linken. Vgl. Frank Deppe: Linke in
Gewerkschaften – gestern und heute, in: Sozialismus 4/2020, S. 50–60.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
299
-theoretischen Denkens Luxemburgs mehr als nur eine zu vernachlässigende Nebenrolle spielte. Für das Revival eines antiautoritären
Marxismus sorgten vor allem die außerparlamentarischen Bewegungen um 1968. Einzelne Ideen Luxemburgs erreichten damals zwar
nur einen Bruchteil des Organisationsbereiches der westdeutschen
Gewerkschaften, übten aber zumindest auf die Bildungsarbeit von
Einzelgewerkschaften wie der IG Metall einen nicht zu unterschätzenden Einfluss aus. Ein Symbol dieses Einflusses war Oskar Negts
1968 veröffentlichte Schrift mit dem Titel »Soziologische Phantasie
und exemplarisches Lernen«. Der damals 31-jährige Marxist zählte neben seinen akademischen Lehrern Horkheimer und Adorno vor allem
Karl Korsch und Rosa Luxemburg zu jenen Theoretikerinnen und
Theoretikern, die ihn am meisten beeinflusst haben. Negt hatte am
Ende seines Studiums eineinhalb Jahre an der Bundesschule des DGB
in Oberursel gearbeitet und wurde anschließend von Hans Matthöfer
in die Bildungsarbeit der IG Metall geholt. Auf der Basis seines Studiums der Kritischen Theorie verarbeitete Negt die in dieser Arbeit
gesammelten Erfahrungen zu einer Theorie der Arbeiterbildung, die
vielleicht weniger die gewerkschaftliche Bildungspraxis, wohl aber die
gewerkschaftlichen Bildungsdebatten der folgenden Jahrzehnte stark
geprägt hat. Negts Schrift erlebte zahlreiche Auflagen und wurde über
die Jahre hinweg rund 60 000 Mal verkauft.
Worum ging es in dem Buch? Negt kritisierte kurz gesagt die expertokratische Trichterpädagogik der herkömmlichen gewerkschaftlichen Funktionärsbildung und plädierte stattdessen für Bildungsveranstaltungen, in denen einfache Gewerkschaftsmitglieder sich anhand
der Diskussion klassenspezifischer Erfahrungen ihre Selbstentfremdung als Arbeiter gegenseitig bewusst machen. »Um die illusionäre
Konfliktlösung auf dem Niveau von Ersatzbefriedigungen begreifen
und überwinden zu können, hat die gewerkschaftliche Bildungsarbeit
von dem Widerspruch auszugehen, der das Gesellschaftsbild ebenso
wie die Interessen des Arbeiters bestimmt: er will nicht mehr Arbeiter
sein und kann sich doch von dem Gefühl nicht befreien, es immer blei-
300
Malte Meyer
ben zu müssen.«55 Formen und Inhalte von Lernprozessen müssten
deshalb gleichermaßen emanzipatorischen Anforderungen genügen.
»Wenn alle Inhalte auf Autonomie, auf Selbstdenken, auf politisches
Bewusstsein und gewerkschaftlich aktives Verhalten abzielen, so muss
auch die Form des Unterrichts anders sein als die der autoritären Vermittlung an Schulen.«56
Oskar Negts Gesamtwerk enthält zahlreiche implizite wie explizite
Bezüge zum Werk Luxemburgs.57 »Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen« kann zumindest seinem Geiste nach als luxemburgianisch gelten, weil es auf die Entwicklung und Herausbildung
einer Entscheidungs- und Handlungsautonomie von Arbeiterinnen
und Arbeitern abzielt. Dieses Verständnis von Arbeiterbildung unterschied sich von leninistischer Schulmeisterei in Sachen Klassenbewusstsein ebenso fundamental wie von reformistischer Anpassung
an den Status quo. Bei aller Orientierung auf die Selbsttätigkeit von
Arbeiterinnen und Arbeitern lehnte Negt allerdings einen Bruch mit
den herkömmlichen Arbeiterorganisationen strikt ab und begriff die
Gewerkschaften zumindest ihrem Potential nach als Kampf- und
Widerstandsorganisationen.58
55 Oskar Negt: Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen. Zur Theorie und Praxis der Arbeiterbildung, Frankfurt/M. 1971, S. 55.
56 Oskar Negt: Marxismus und Arbeiterbildung – kritische Anmerkungen zu
meinen Kritikern, in: Adolf Brock u. a. (Hrsg.): Lernen und Verändern. Zur
soziologischen Phantasie und exemplarischem Lernen in der Arbeiterbildung, Marburg 1987, S. 48.
57 Vgl. vor allem Oskar Negt: Rosa Luxemburg. Zur materialistischen Dialektik von Organisation und Spontaneität, in: Claudio Pozzoli (Hrsg.):
Rosa Luxemburg und die Bestimmung des Sozialismus, Frankfurt/M. 1974,
S. 152–198.
58 Negt: Marxismus und Arbeiterbildung, S. 79 bzw. 77. Seine einflussreichen
Überlegungen zur Arbeiterbildung veröffentlichte Oskar Negt übrigens in
der Europäischen Verlagsanstalt (EVA). Dem gewerkschaftseigenen Verlag
bescherte sein prononciert linkes Programm bis 1970 einige goldene Jahre.
Gewissermaßen unter gewerkschaftlicher Ägide erschien in der Hochzeit
der außerparlamentarischen Protest- und Oppositionsbewegungen in West-
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
301
Luxemburg in den Gewerkschaften heute
Aus Anlass des 70. Jahrestages der Novemberrevolution von 1918 lud
das »Hattinger Forum« des DGB-Bildungswerks im Herbst 1988
Historikerinnen und Historiker sozialdemokratischer wie nicht-sozialdemokratischer Orientierung zu einem Streitgespräch über Luxemburg ein.59 Im Unterschied zu ihrer Bolschewismuskritik spielte
Luxemburgs Auseinandersetzung mit den real existierenden Gewerkschaften bei den dreitägigen Diskussionen zwischen Arno Klönne,
Annelies Laschitza, Johannes Agnoli, Manfred Scharrer, Helga Grebing, Susanne Miller und anderen jedoch kaum eine Rolle. Lediglich Wolfgang Uellenberg (damals Bundesvorstandssekretär beim
DGB) kam im Laufe der Konferenz kurz darauf zu sprechen, dass
Luxemburg »mit aller Schärfe diese Kriegstreiberei der Mehrheitssozialdemokratie und der Gewerkschaften angeprangert hat«.60 In einer
expliziten Wendung gegen vermutete Luxemburg-Sympathien auf der
gewerkschaftlichen Linken blieb es Peter Glotz, seinerzeit Bundesgeschäftsführer der SPD, vorbehalten, in seinem Beitrag Luxemburgs
Verdikt über die Gewerkschaften vom Gründungsparteitag der KPD
zu zitieren. »Die offiziellen Gewerkschaften haben sich im Verlaufe
des Krieges und der Revolution bis zum heutigen Tag als eine Organisation des bürgerlichen Staates und der kapitalistischen Klassenherrschaft gezeigt, deshalb ist es selbstverständlich, dass der Kampf um
deutschland auch eine Neuauflage von Paul Frölichs Luxemburg-Biografie
(»Gedanke und Tat«), die Broschüre »Rosa Luxemburg und die Oktoberrevolution 1917«, die dreibändige und von Ossip K. Flechtheim besorgte
Ausgabe politischer Schriften von Rosa Luxemburg, »Rosa Luxemburgs Dialektik der Revolution« des italienischen Linkssozialisten Lelio Basso sowie
die von Antonia Grunenberg herausgegebene Sammlung wichtiger Texte
zur »Massenstreikdebatte«.
59 Vgl. DGB-Bildungswerk (Hrsg.): Rosa Luxemburg im Widerstreit. Hattinger Forum, Marburg 1990.
60 Ebd., S. 89.
302
Malte Meyer
die Sozialisierung in Deutschland sich in erster Linie befassen muss
mit der Liquidierung dieser Hindernisse.«61
Der Konferenzband des Hattinger Forums sollte zwar auf viele
Jahre hinaus die (wahrscheinlich) einzige deutschsprachige Gewerkschaftspublikation zu Luxemburg bleiben, stellte aber trotzdem nicht
den Schlusspunkt gewerkschaftlicher Beschäftigung mit ihr dar. Vielmehr sorgte die von linken Minderheitsfraktionen in den DGB-Gewerkschaften protegierte Gründung von WASG (Wahlalternative
Arbeit und Soziale Gerechtigkeit) und Linkspartei seit Ende der Nullerjahre zumindest äußerlich für eine neuerliche Präsenz zumindest
von Rosa Luxemburgs Namen in gewerkschaftlichen Debatten. Hierfür verantwortlich war und ist vor allem die zunächst der PDS und
später der Linkspartei nahestehende Stiftung, die nach der marxistischen Revolutionärin benannt ist. Verstärkt seit etwa 2010 mischt sich
die RLS nicht nur mit zahlreichen Publikationen in gewerkschaftliche
und gewerkschaftsnahe Debatten ein, sondern hat zwischen 2013 und
2020 auch bereits vier große »Streikkonferenzen« veranstaltet, die sich
aktuellen Herausforderungen gewerkschaftlicher Erneuerung widmeten und mit ihren jeweils mehreren Hundert Teilnehmerinnen und
Teilnehmer zu einem wichtigen Forum für die Gewerkschaftslinke in
Deutschland geworden sind.
Die politische Absicht solcher Interventionen hat der vormalige
verdi-Funktionär Bernd Riexinger, erklärtermaßen der Vorsitzende einer »Partei der gewerkschaftlichen Erneuerung« 2016 in der RLS-Zeitschrift »Luxemburg« formuliert:
»Es ist eine zentrale Aufgabe der LINKEN, Ansätze gewerkschaftlicher
Erneuerung, von mehr Konfliktorientierung und einer Demokratisierung von Streiks zu unterstützen. Einen Beitrag dazu leistet die Partei,
indem sie Räume für den Erfahrungsaustausch zwischen Streikaktiven
aus verschiedenen Unternehmen und Branchen schafft, in denen wech61 Ebd., S. 114.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
303
selseitige Lernprozesse stattfinden können und sich eine solidarische politische Kultur entwickeln kann.«62
Außer den Streikkonferenzen zählen zu den parteinahen Austauschgelegenheiten auch ein »Gesprächskreis Gewerkschaften« der RLS sowie
die AG »Betrieb und Gewerkschaft« der Linkspartei. Darüber hinaus
regt insbesondere die RLS auch Forschungsarbeiten zu aktuellen Fragen der Gewerkschaftslinken im In- und Ausland an.
In solchen Zusammenhängen wird die sozialpartnerschaftlich ausgerichtete Hauptlinie der Politik von DGB und Einzelgewerkschaften
mehr oder weniger vehement kritisiert und stattdessen die Notwendigkeit unterstrichen, die institutionalisierte Tarifpartei durch Streikbewegungen, politische Proteste oder auch Organizinganstrengungen
von unten zu erneuern. Anders als der späten Rosa Luxemburg gelten
Gewerkschaften im politischen Umfeld der Linkspartei insofern als
zwar durchaus reformierungsbedürftige, aber nach wie vor »zentrale
Klassenorganisationen der arbeitenden Menschen«.63 Luxemburgs
zuletzt radikalisierte Kritik an Stellvertreterpolitik, Bürokratismus
und (Selbst-)Verstaatlichung der Gewerkschaftsapparate hingegen
bietet weder für die Propagierung wirtschaftsdemokratischer Konzepte noch für das taktische Ringen in innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen ausreichend Anknüpfungspunkte und bleibt deshalb unterthematisiert. Wo aber die strukturell sozialfriedliche Rolle
ausgeblendet wird, die Gewerkschaften spätestens seit dem Ersten
Weltkrieg in der kapitalistischen Klassengesellschaft spielen, drohen
auch die im marxistischen und zuletzt sogar in Luxemburgs Namen
unternommenen Anstrengungen zur Revitalisierung der Gewerkschaftslinken in eine bloß noch sozialdemokratische Arbeitsteilung
62 Bernd Riexinger: Ein unmoralisches Angebot. Die Linke als Partei gewerkschaftlicher Erneuerung, in: Luxemburg 2/2016, S. 48.
63 Florian Wilde: Vorwort, in: Jane McAlevey: Keine halben Sachen. Machtaufbau durch Organizing, Hamburg 2019, S. 9.
304
Malte Meyer
mit dem rechten Gewerkschaftsflügel überzugehen, dessen tagespolitische Kompromisse eines ideologischen Überbaus ebenso bedürfen
wie jener einer ökonomischen Basis.64
Resultate der Luxemburgschen Reflexionsprozesse
Rosa Luxemburgs kritische Interventionen haben in den deutschen
Gewerkschaften zwar einige Spuren hinterlassen, insgesamt gesehen
ist deren Anzahl – gemessen an einem Zeitraum von über hundert
Jahren – jedoch sehr gering. Mit ihrem Nimbus als revolutionäre
Marxistin vermochte sie selbst es zu ihren Lebzeiten wahrscheinlich
noch am ehesten, die ihr schon früh verhasste Gewerkschaftsbürokratie aus der Reserve zu locken. Bereits jenen politischen Aktivistinnen
und Aktivisten, die in Luxemburgs Nachfolge gewerkschaftspolitischen Einfluss ausüben wollten, fiel das aber erkennbar schwerer und
für die ohnehin wenig theorieaffinen Apparate lag daher die Strategie
des Totschweigens fortan sehr viel näher als jene der Diffamierung.
Die relative Ohnmacht luxemburgianisch inspirierter Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter hing aber nicht nur mit dem grassierenden Antikommunismus in den Gewerkschaften oder der stalinistischen Transformation der KPD zusammen, sondern ebenso mit
der zunehmenden Gewerkschaftsinkompatibilität von Luxemburgs
gewerkschaftstheoretischen Einschätzungen selbst. Immerhin war aus
der zur Zeit des Revisionismusstreits noch »linksgewerkschaftlich« argumentierenden Luxemburg in weniger als zwei Jahrzehnten eine Gewerkschaftsgegnerin geworden, die den Kampf für soziale Befreiung
und den Kampf gegen die Gewerkschaften für identisch erklärte. Luxemburg widersetzte sich zwar auch noch auf dem Gründungsparteitag der KPD dem ultralinken Vorschlag, Einheitsorganisationen bzw.
64 Vgl. Malte Meyer: Lieber tot als rot. Gewerkschaften und Militär in Deutschland seit 1914, Münster 2017, S. 229.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
305
Arbeiterunionen an die Stelle der überkommenen Gewerkschaften zu
setzen, eine positive Maßgabe zur Führung innergewerkschaftlicher
Auseinandersetzungen aber hatte sie zu diesem Zeitpunkt schon länger nicht mehr parat. Entsprechend schwach sind denn auch schon
die Kontakte gewesen, die die Spartakusgruppe während des Krieges
zu der sich allmählich herausbildenden Gewerkschaftsopposition wie
z. B. den Revolutionären Obleuten aufbauen konnte.
Wenn für Luxemburgs Gewerkschaftskritik also innerhalb der
Gewerkschaften immer weniger Platz war, so unterschied das ihre
gewerkschaftstheoretischen Ansätze und -politischen Schlussfolgerungen signifikant von jenen, die andere Marxisten wie Lenin oder
Gramsci zeitgleich oder etwas später entwickelten. Lenins Gewerkschaftstheorie stand in engem Zusammenhang mit seinem Modell einer Kaderpartei von Berufsrevolutionären. Dieser bolschewistischen
Avantgarde sprach Lenin die Aufgabe zu, revolutionäres Bewusstsein
»von außen« in die Arbeiterklasse zu tragen. Das Proletariat selbst
hielt er hingegen ausdrücklich für unfähig, von selbst bzw. spontan
ein politisches Bewusstsein zu entwickeln, das über einen rein gewerkschaftlichen »Ökonomismus« hinausginge. »Die Geschichte aller
Länder zeugt davon, dass die Arbeiterklasse ausschließlich aus eigener
Kraft nur ein trade-unionistisches Bewusstsein hervorzubringen vermag, d. h. die Überzeugung von der Notwendigkeit, sich in Verbänden zusammenzuschließen, einen Kampf gegen die Unternehmer zu
führen, von der Regierung diese oder jene für die Arbeiter notwendigen Gesetze abzutrotzen u. a. m.«65 Trotz seiner offenen Geringschätzung von Trade-Unionismus und vorfindbarem Arbeiterbewusstsein
warnte Lenin aber bis zuletzt davor, die Gewerkschaften zu verlassen
und forderte Kommunisten stattdessen dazu auf, in den als durchaus
konterrevolutionär eingeschätzten Arbeiterorganisationen der kapitalistischen Länder revolutionäre Wühlarbeit zu leisten. Die opportu65 Wladimir I. Lenin: Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung, in: Ders.:
Ausgewählte Werke. Bd. 1, Berlin (DDR) 1982, S. 365.
306
Malte Meyer
nistisch-arbeiteraristokratischen Führungsgruppen würden sich dieser
Gegnerschaft zwar nach Kräften zu widersetzen versuchen, aber man
müsse »all dem widerstehen können, muss zu jedwedem Opfer entschlossen sein und sogar – wenn es sein muss – alle möglichen Schliche,
Listen und illegalen Methoden anwenden, die Wahrheit verschweigen
und verheimlichen, nur um in die Gewerkschaften hineinzukommen,
in ihnen zu bleiben und in ihnen um jeden Preis kommunistische
Arbeit zu leisten.«66 Generationen von Parteikommunistinnen und
Parteikommunisten hat Lenin damit ein Credo hinterlassen, das ihrer Gewerkschaftsarbeit zwar »revolutionäre« Weihen verlieh, in der
Praxis aber der Gewerkschaftsloyalität keine Grenzen mehr setzte und
kommunistische Betriebspolitik stattdessen zu einer abhängigen Variable des Kurses gewerkschaftlicher Führungsgruppen degradierte.
Für den italienischen Kommunisten Antonio Gramsci wiederum
war Luxemburgs Massenstreikbroschüre Ausdruck des in Osteuropa
vorherrschenden, in Westeuropa allerdings von ihm für überwunden
erklärten »Bewegungskriegs«.67 Das Buch repräsentiere »eine Form
von eisernem ökonomistischem Determinismus, mit dem erschwerenden Umstand, dass die Wirkungen von ihm als äußerst schnell in der
Zeit und im Raum aufgefasst wurden: deshalb war es ein regelrechter historischer Mystizismus, die Erwartung einer Art wundersamen
Blitzschlages.«68 Als Theoretikerin des Bewegungskrieges verkenne
Luxemburg, dass die kapitalistische Ordnung in den fortgeschrittenen Gesellschaften ungleich schwerer und langsamer zu erschüttern
sei und der Klassenkampf daher dort eher einem Stellungskrieg gleiche: »die Superstrukturen der Zivilgesellschaft sind wie das System
der Schützengräben im modernen Krieg. […] Es geht folglich darum, gründlich zu untersuchen, welches die Elemente der Zivilgesell66 Wladimir I. Lenin: Der »linke Radikalismus«, die Kinderkrankheit im Kommunismus, in: Ders.: Ausgewählte Werke. Band 5, Berlin (DDR) 1984, S. 504 f.
67 Zu Gramsci und Luxemburg vgl. den Beitrag von Sevgi Dogan im vorliegenden Band.
68 Antonio Gramsci: Gefängnishefte. Bd. 4, Hamburg 1992, S. 876.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
307
schaft sind, die den Verteidigungssystemen im Stellungskrieg entsprechen.«69 Mit seinem vor allem in den Gefängnisheften entwickelten
Vorschlag, in den verschiedenen Bereichen der Zivilgesellschaft (und
mithin auch in den Gewerkschaften) um eine kulturelle Hegemonie
zu kämpfen, hat Gramsci insbesondere den »organischen« Intellektuellen der Arbeiterklasse eine wichtige politische Funktion zugewiesen.
Das dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, warum z. B. Gramscis Votum für die Schaffung gegenhegemonialer »Blöcke« (selbstverständlich mit gewerkschaftlicher Beteiligung) heute weitaus bekannter ist
als seine recht schroffe Gewerkschaftskritik aus der Zeit der Turiner
Fabrikrätebewegung. »Die Gewerkschaft kann nicht Werkzeug der
radikalen Erneuerung der Gesellschaft sein; sie kann dem Proletariat
bürokratische Erfahrungen bieten, technische Experten für allgemeine Fragen der Industrie zur Verfügung stellen, sie kann aber nicht
die Basis der proletarischen Macht sein.«70 Verglichen mit den Fabrikräten funktionierten die Gewerkschaften zu bürokratisch, zu dilettantisch, zu nationalistisch und seien auch insgesamt zu stark der
privatkapitalistischen Ordnung verhaftet. »Die gewerkschaftliche Aktion erweist sich somit als absolut unfähig, in ihrem Bereich und mit
ihren Mitteln das Proletariat zu seiner Emanzipation zu führen und
das hohe und universelle Ziel zu erreichen, das sie sich anfänglich
gesteckt hatte.«71
Gerade weil sich Luxemburg (ähnlich wie der Gramsci dieser historischen Periode) zuletzt äußerst scharf von den Gewerkschaften distanzierte, konnte sie zwar noch ergiebiges Material für eine kritische
Gewerkschaftssoziologie zur Verfügung stellen, im Unterschied zum
späten Gramsci und auch zu Lenin aber keine guten Ratschläge für
den innergewerkschaftlichen Richtungskampf mehr erteilen. Die69 Ebd., S. 868.
70 Antonio Gramsci: Philosophie der Praxis. Eine Auswahl, Frankfurt/M. 1967,
S. 41.
71 Ebd., S. 46.
308
Malte Meyer
se praktische Ratlosigkeit bedeutete aber nicht, dass Luxemburg zu
Klassenbewegungen nichts mehr zu sagen gehabt hätte. Im Gegenteil:
In ihr war zwischenzeitlich die Überzeugung gereift, dass zwischen
Organisations- und Klassenmacht möglicherweise ein negativer Zusammenhang bestehe. »Namentlich aber machen sich diese deutschen
›Unmöglichkeiten‹ schön angesichts der Tatsache, dass wir ja gerade
in Deutschland die stärkste Partei, die stärksten Gewerkschaften, die
beste Organisation, die größte Disziplin, das aufgeklärteste Proletariat und den größten Einfluss des Marxismus haben. Wir kämen ja
auf diese Weise tatsächlich zu dem eigentümlichen Resultat, dass, je
stärker die Sozialdemokratie, umso ohnmächtiger die Arbeiterklasse
ist.« »Noch« hielt sie es indes für verfrüht, dem deutschen Proletariat
ein solches Armutszeugnis auszustellen.72 Luxemburgs wichtigste und
für heute noch immer bedeutsame Erneuerung auf dem Feld marxistischer »Gewerkschaftstheorie« besteht deshalb darin, den analytischen und politischen Fokus weg von den Arbeiterorganisationen hin
zu den elementaren Klassenbewegungen verschoben zu haben. Wie
sie nicht nur in ihrer Massenstreikbroschüre praktisch demonstrieren
konnte, sind nämlich »die Fehltritte, die eine wirklich revolutionäre
Arbeiterbewegung begeht, […] geschichtlich unermesslich fruchtbarer und wertvoller als die Unfehlbarkeit des allerbesten Zentralkomitees«.73 Vor diesem Hintergrund kann es kaum verwundern, dass Luxemburgs gewerkschaftstheoretische Einschätzungen vornehmlich in
jenen Perioden wiederentdeckt, rezipiert und weiterentwickelt wurden, in denen sich nicht einmal mehr die deutschen Gewerkschaften
vollständig gegen den Druck sozialer Bewegungen und politischer
Emanzipationsprozesse abdichten konnten.
72 LGW 2, S. 406 f.
73 LGW 1.2, S. 444.
Rosa Luxemburg über die Gewerkschaften
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11.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
Charakterisierung Rosa Luxemburgs
durchs Film-Szenenbild
Kathrin Nachtigall
Kein Medium hat so großen Einfluss auf die Vorstellung der Allgemeinheit über geschichtliche Ereignisse und historische Persönlichkeiten wie
die bewegten Bilder des Films.1 Im Gegensatz zu älteren Medien formen
und charakterisieren Filme historische Protagonisten in einer erzählerisch eingebetteten und in bewegten Bildern gestalteten Umgebung.
Die weite Reichbarkeit des Mediums Film machte es seit seiner
Erfindung gerade für herrschende Köpfe und Regierungen attraktiv,
erwünschte Botschaften der Masse des Volkes zu vermitteln. Aus Historienfilmen sollten die Zuschauer dabei meistens auf aktuelle, tagespolitische Ereignisse schließen.2 Dafür ist Authentizität entscheidend:
historische Umgebungen müssen wiedererkennbar im Film nachinszeniert werden, damit die dargestellte Geschichte für den Zuschauer
1
2
Vgl. u. a. Harald Welzer: Das Kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie
der Erinnerung, München 2002; Andreas Sommer: Geschichtsbilder und
Spielfilme, Berlin 2010.
Vgl. z. B. Dominik Petzold: Der Kaiser und das Kino. Herrschaftsinszenierung, Populärkultur und Filmpropaganda im Wilhelminischen Zeitalter,
Paderborn 2012. Auch Lenin hatte den Film aus diesem Grunde zur »wichtigsten aller Künste« erklärt: A. Lunatscharski, in: Günther Dahlke/Lilli
Kaufmann: …wichtigste aller Künste. Lenin über den Film, Berlin 1970,
S. 171. Auch die Nationalsozialisten übernahmen mit ihrer Machtübernahme 1933 sofort die Kontrolle über die Filmwirtschaft Felix Moeller: Der
Filmminister. Goebbels und der Film im Dritten Reich, Berlin 1998.
316
Kathrin Nachtigall
glaubwürdig ist. Gleichzeitig sollen inhaltliche und oft ideologische
Botschaften vermittelt werden, die historische Ereignisse und Protagonisten deuten und positiv oder negativ charakterisiseren. Besonders die
für die Filme gestalteten Räume helfen Geschichtsbilder zu erschaffen,
zu werten und die Zuschauer in ihrer Meinung über das Gesehene zu
lenken. Wie Filmszenenbilder Rosa Luxemburg und ihr Leben interpretieren und bis heute das Geschichtsbild der Zuschauer prägen, soll
hier exemplarisch an einigen Filmbeispielen vorgestellt werden.
Seit den 1950er-Jahren entstanden sowohl in der DDR, als auch in
der BRD Filme, in denen Rosa Luxemburg zumindest als Nebenfigur
eine Rolle spielte. Ihre Charakterisierung unterlag dabei einer erstaunlichen Bandbreite, abhängig von der Tagespolitik und der Weltanschauung der Filmemacher. Aufgrund Luxemburgs kritischer Haltung Wladimir Iljitsch Lenin (1870–1924) und der sogenannten Oktoberrevolution
gegenüber wurde sie zeitlebens in der DDR zwar geehrt, jedoch in vielen
Fragen als irrende Politikerin (Luxemburgismus) interpretiert. Ein Spielfilm in dem sie die Hauptrolle gespielt hätte, wurde von der ostdeutschen Filmproduktionsfirma, der DEFA, weder gedreht noch geplant.
Als Nebenfigur ist sie allerdings in einigen Historienfilmen zu sehen.
Rosa Luxemburg im Ernst Thälmann-Film (1954)
Mit der Absicht, »ein von Grund auf pervertiertes Geschichtsbewusstsein […] vom Kopf auf die Beine zu stellen« wurde gleich nach der
DDR-Gründung ein Filmprojekt über den KPD-Vorsitzenden, Reichstagsabgeordneten und von den Nationalsozialisten 1944 ermordeten
Arbeiterführer Ernst Thälmann (1886–1944) in Angriff genommen.3
Thälmann sollte durch ein Filmwerk weitläufig in der DDR bekannt
3
Kurt Maetzig in einem Interview mit Günter Agde: Gesellschaftlicher Auftrag: Die Thälmann-Filme, in: Günter Agde (Hrsg.): Filmarbeit. Gespräche
Reden Schriften, Berlin 1987, S. 77.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
317
gemacht werden und zur Ikone und Vorbildfigur avancieren.4 In dem
aufwendig produzierten und von der SED-Führung geförderten, beaufsichtigten und angeleiteten prestigeträchtigen Zweiteiler »Ernst
Thälmann – Sohn seiner Klasse« (1954) und »Ernst Thälmann – Führer
seiner Klasse« (1955) von Kurt Maetzig (1911–2012) wurde auch Rosa
Luxemburg das erste Mal in einem deutschen Spielfilm verkörpert.
Obwohl Ernst Thälmann mit der Novemberrevolution, der KPDGründung und der Ermordung Karl Liebknechts (1871–1919) und Rosa
Luxemburgs nicht unmittelbar zu tun hatte, er zu der Zeit noch als einfaches USPD-Mitglied Lokalpolitik in Hamburg betrieb, zieht der Film
ideelle Verbindungslinien zu beiden Protagonisten und den mit ihnen in
Zusammenhang stehenden politischen Ereignissen in Berlin.
»Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse« (1954) setzt mit Bildern
an der Westfront 1918 ein, an der Ernst Thälmann seit 1915 stationiert
war. Im Gegensatz zu den historischen Tatsachen wird er im Film aber
nicht im Kampf gegen die französische Armee gezeigt, sondern ist
Kopf einer revolutionären Erhebung der einfachen deutschen Soldaten gegen ihre Offiziere. Mit seiner rechten erhobenen Faust und dem
Ausruf: »Es lebe die Revolution!« versetzt ein Schnitt die Zuschauer
auf das Dach des Berliner Schlosses, auf dem eben eine kaiserliche
Kriegsflagge heruntergezogen und eine rote Fahne gehisst wird.5
Es folgt eine Szene von Liebknechts Ausrufung der »Sozialistischen Republik« vom Balkon des Berliner Schlosses am 9. November
1918. Das Bild eines Güterzuginnenraumes mit von der Front heimkehrenden Soldaten zeigt Thälmann als einen von ihnen.
4
5
Kathrin Nachtigall: Szenographie einer Mythenbildung – Der Fall Ernst
Thälmann im DEFA-Historienfilm zwischen 1954–1986. Die Gewinnung
von Ideologie aus dem Authentischen, voraussichtliches Erscheinen 2021.
Diese Szene wird bis heute häufig Dokumentarfilmen als scheinbar originale
Aufnahme aus den 1910er-Jahren eingefügt. Z.B. in »Ernst Thälmann – Wie
er wirklich war« (2009, R: Michael Erler) oder in »Karl Liebknecht – Der
Märtyrer der Revolution« (2010, R: Michael Erler). Realisiert wurde sie in
den Studios von Babelsberg.
318
Kathrin Nachtigall
In der anschließenden Szene der KPD-Gründung 1918/1919 kommt
zum ersten Mal auch Luxemburg (verkörpert von Judith Harms) ins
Bild. Laut Drehbuch sollte in dieser Sequenz folgendes zu sehen sein:
»Im Präsidium erkennt man Wilhelm Pieck, der den Parteitag leitet,
neben ihm Rosa Luxemburg. An der Stirnwand ein Transparent: ›Es
lebe der Gründungsparteitag der KPD‹ und Bilder von Marx, Engels
und Lenin. Am Rednerpult steht Karl Liebknecht. Nachdem der Gesang verstummt, setzt er mit großer Leidenschaft seine Rede fort.«6
Zunächst erfasst die Kamera in einer Totalen die obere Empore im
Festsaal des Preußischen Abgeordnetenhauses (Abb. 1).
Abb. 1: Screenshot »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse«
6
Willi Bredel/Michael Tschesno-Hell: Ernst Thälmann 1. Teil Regiedrehbuch.
Produktion 1953, Exemplar Nr.: 70, Filmuniversität KONRAD WOLF/
Universitätsbibliothek: × 581/1a, S. 20.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
319
Das beschriebene rote Spruchband mit weißer Schrift zieht das Augenmerk auf sich. Die Kamera schwenkt langsam nach unten. Auf
dem Podium ist Rosa Luxemburg in der hinteren Reihe, neben anderen Abgeordneten zunächst kaum zu erkennen. Prominent am
Rednerpult steht Karl Liebknecht in der Mitte des Bildes. Auch als
Luxemburg mit den anderen, nach dem Absingen der Internationale,
das Podium verlässt und aus dem linken Seiteneingang in den Saal
tritt, bleibt die KPD-Gründerin bescheiden zwischen der Mehrheit
der Abgeordneten im Hintergrund, während die Genossen aus dem
Publikum Karl Liebknecht die Hände schütteln und ausschließlich
mit ihm in den Dialog treten.
Der Sitzungssaal des Preußischen Abgeordnetenhauses (heute Abgeordnetenhaus von Berlin, Niederkirchnerstraße 5) wurde in den
Filmstudios von Babelsberg dem Original getreu nachgebaut. Dabei
orientierten sich die Szenenbildner jedoch nicht am Aussehen des
Raumes von 1918/19, als die Parteigründung stattfand, sondern wählten die Ausstattung von 1900, die weitaus schlichter als die spätere
Fassung war.7 Es ist anzunehmen, dass diese historische Abweichung
bewusst vorgenommen wurde.8 Der Plenarsaal wirkte in seiner erneuerten Ausgestaltung nicht nur wesentlich prunkvoller, ausgerechnet
ein großes Wandbild vom Berliner Schloss – zur Zeit des Baus Sitz
der politischen Macht in Deutschland – prangte über dem Podium
(Abb. 2).
7
8
Der Saal wurde kurz nach seiner Fertigstellung wieder umgebaut, da die
Akustik vorher nur unzureichend war. Markus Richter: Bauplatz Leipziger
Str. 3/4. Der lange Weg zum neuen Haus des Preußischen Landtags, in:
Hanna-Renate Laurien (Hrsg.): Der Preußische Landtag. Bau und Geschichte, Berlin 1993, S. 131.
Bei der Gestaltung der historischen Räume für den Zweiteiler »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse« und »Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse« wurde viel Wert auf Wiedererkennbarkeit gelegt: z. B. Eberts Büro
im Reichskanzlerpalais, das Hotel Kaiserhof oder das Dienstgebäude der
Reichskanzlei wurden nach überlieferten Fotografien gestaltet.
320
Kathrin Nachtigall
Abb. 2: Plenarsaal im Preußischen Abgeordnetenhaus nach dem Umbau von 1900,
Fotogafie um 1930
Liebknecht hätte also, nachdem ihn der Film kurz zuvor auf dem
Berliner Schlossbalkon in sieghafter Pose gezeigt hat, in einem historisch korrekt nachgestalteten Interieur seine Partei unterhalb dieses
Symbols der preußischen Monarchie gegründet.
Tatsächlich fand die Parteigründung im weitaus kleineren Festsaal des Abgeordnetenhauses statt.9 Doch auch wenn dieser Raum
in seiner festlichen Ausgestaltung dem feierlichen Akt ein angemessenes Ambiente gegeben hätte, wählten die Filmemacher den bedeutendsten und größten Raum im Preußischen Landtag für den
9
Ute Herdmann: Preußische Demokratie. Der Preußische Landtag in der
Weimarer Republik, in: Hanna-Renate Laurien (Hrsg.): Der Preußische
Landtag. Bau und Geschichte, Berlin 1993, S. 147.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
321
Film, um damit auch die Parteigründung aufzuwerten. Wahrscheinlich wurde an dieser Stelle – wie häufig in Spielfilmen – auf historische Korrektheit bewusst verzichtet, um die inhaltliche Aussage
eindeutig zu halten.
Die im Drehbuch beschriebenen Porträts von Marx, Engels
und Lenin wurden weggelassen. Sie hätten sich in einer Szene
der Parteigründung neben dem Hohenzollernschloss merkwürdig
ausgenommen; in der bescheideneren Raumfassung von 1899 den
Raum eventuell optisch überladen. Sämtliche Sitzungsräume, die
die Szenenbildner für die KPD-Führung im Film entwarfen, wurden betont schlicht gehalten, auch damit sie sich von den Räumen
der Gegenseite abheben.
Der folgende Schauplatz, das Reichspräsidentenpalais, vereint
die im Film so interpretierten Feinde der Revolutionäre: »Volksbeauftragter« Friedrich Ebert (1871–1925) wird von Großindustriellen
und einem US-amerikanischen Gesandten aus dem Weißen Haus
unter Druck gesetzt, Schluss »mit den Umtrieben der Spartakisten« zu machen. Dieses Treffen findet im Film in einem Festsaal
des Reichskanzlerpalais statt, welcher ebenfalls in den Filmstudios
von Babelsberg getreu seinem Original nachgebaut wurde. Der aufwendig gestaltete Repräsentationssaal des im 18. Jahrhundert als
Wohnhaus eines Geheimen Rates errichtete und später in den Besitz
der Hohenzollern übergegangene Palais, mit seiner barocken Wandgliederung aus Doppelpilastern aus grünem Stuckmarmor, seinen
Reliefs, Wandspiegeln und Vergoldungen, sollten Ebert und seine
Regierung im Gegensatz zu den zuvor gezeigten Kommunisten als
Anhänger des eben überwundenen Systems und als Gegner der Revolution charakterisieren.
Aus einem Fenster des Hauses beobachten Ebert, Scheidemann,
Noske und ein amerikanischer General die Kämpfe der Reichswehr
gegen die revolutionären Matrosen am Marstall. In der folgenden
Straßenszene kleben ein »Student« – erkennbar an seiner Bruderschafts-Mütze und Nickelbrille – und ein als solcher kostümierter
322
Kathrin Nachtigall
»Bürger« Plakate mit der Aufforderung zur Ermordung Liebknechts
und Luxemburgs »an den Steinpfosten eines Vorgartens«.10
Ein Schnitt versetzt den Zuschauer in den Innenraum eines gutbürgerlich eingerichteten Arbeitszimmers. Rosa Luxemburg sitzt im
Vordergrund an einem großen Schreibtisch, auf dem zahlreiche Hefte und Bücher, ein schweres steinernes Schreibset mit Löwenskulptur und ein Telefon stehen. Karl Liebknecht schaut aus dem großen
breitgelagerten, von einem roten Vorhang gefassten Fenster auf die
Straße. Palmen und Statuen im Raum zeugen, neben der gemusterten Tapete, von den gutsituierten Lebensumständen seiner Bewohner,
die selbst nie ins Bild kommen. Drehbuch und das zum Film 1953
in Buchform erschienene Literarische Szenarium geben an, dass es
sich um die »Wohnung des Hauses Mannheimer Straße 26« handelt.11
Dort wohnte Kaufmann und USPD-Mitglied Siegfried Marcusson
(1864–1933), der den verfolgten Parteileitern kurz vor ihrer Verhaftung Unterschlupf gewährt hatte. Der Sohn der Marcussons, Erwin
Marcusson (1899–1976) war KPD-Mitglied und Arzt. Aufgrund seiner Vermittlung nutzten Liebknecht und Luxemburg die Wohnung
in Wilmersdorf als Versteck.12
Arzneiflaschen in Vitrinen, ein weißer Kittel am Haken, neben
einer Liege und zwei Waschbecken hinter Paravents in dem in den
Studios von Babelsberg gebauten Zimmer, sollen es als Behandlungsraum eines Arztes erkennbar machen (Abb. 3).
10 Willi Bredel/Michael Tschesno-Hell: Ernst Thälmann 1. Teil: Literarisches
Szenarium vom 25.11.1952, Exemplar Nr.: 12, Filmuniversität KONRAD
WOLF/Universitätsbibliothek: × 581/1, S. 43.
11 Bredel/Tschesno-Hell, Literarisches Szenarium (1952), S. 43 f. Willi Bredel/
Michael Tschesno-Hell: Ernst Thälmann. Sohn seiner Klasse. Literarisches
Szenarium, Berlin 1953, S. 24. Hausnummer heute: 27, im Jahr 1919 war es
Nummer. 43. Es wird die aktuelle, nicht die historische Hausnummer genannt.
12 Rosa-Luxemburg-Stiftung: Familie Marcusson. Online: https://www.rosalux.
de/stiftung/historisches-zentrum/rosa-luxemburg/familie-marcusson.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
323
Abb. 3: Werkfoto »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse«
Verbalisiert wird im Film weder, wem die Wohnung gehört noch, dass
sie sich in der Mannheimer Straße befindet. Dies konnte nur im Literarischen Szenarium nachgelesen werden.13
Der Wunsch nach positiver Auslegung dieses Schutzraumes für
Liebknecht und Luxemburg, unmittelbar vor ihrer Verhaftung, mag
die Filmemacher dazu veranlasst haben, dem üblicherweise zumeist
negativ gedeuteten Umraum einer gutbürgerlichen Wohnung hier
durch die Ausstattungselemente, die auf den Beruf des Mediziners
hinweisen, positiv auszulegen.14 Was in dem Falle besser funktioniert,
13 Bredel/Tschesno-Hell: Literarisches Szenarium (1953), S. 24.
14 So sollte z. B. in diesem Film ursprünglich der gegen Thälmann und die Arbeiter agierende Polizeisenator und SPD-Parteivorsitzende Höhn durch die
Visualisierung eines »gutbürgerliche[n] Speisezimmer[s]« negativ interpretiert werden. Bredel/Tschesno-Hell: Literarisches Szenarium (1952), S. 109.
324
Kathrin Nachtigall
als es entsprechende Gegenstände, die einen Kaufmann charakterisieren, getan hätten.
Auch in dieser kurzen Szene wirkt Rosa Luxemburg, wie schon
bei der KPD-Gründung im Sitzungssaal im Preußischen Landtag, kaum wie die selbstbewusste Revolutionärin und das Mitglied
der Partei-Zentrale als eher ihrem Parteikollegen Karl Liebknecht
nachgeordnet.
Brücken und Wasser werden visuelle Topoi
für Luxemburgs Ermordung
Die Verhaftung und Ermordung beider KPD-Gründer wird nicht ins
Bild gesetzt. Ein Sprecher aus dem Off erzählt vom Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Dazu werden Bilder eines Kanals mit
Brücke eingeblendet. Der Landwehrkanal in Berlin, in den die Leiche
Luxemburgs geworfen worden war, wurde im Film-Studio als verkleinertes Modell gebaut und aufgenommen. Diese Szene konnte noch Jahre später überzeugen und wurde DEFA-Dokumentar-Filmen zugefügt.15
Regisseur Günter Reisch (1927–2014) kopierte in seinem 1972 erschienenen Liebknecht-Film »Trotz alledem!« ebenfalls das bewährte
Motiv. Nach den dramatischen Bildern der Erschießung einiger Revolutionäre durch Freikorps-Truppen in einem Hinterhof, wird eine
winterliche Fluss-Landschaft eingeblendet. Reisch benutzte kein Modell, sondern ließ eine Brücke in winterlicher Umgebung am Original
aufnehmen. Die Kamerafahrt, langsam von den Baumwipfeln über
eine Brücke nach unten, bis im Bild nur die spiegelnde Wasseroberfläche zu sehen ist, entspricht der Kameraaufnahme aus »Ernst Thäl-
15 z. B. »Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden« (1967, R: Kurt Tetzlaff)
oder »Rosa Luxemburg – Stationen ihres Lebens« (1971, R: Renate Drescher). Die Farbbilder aus dem Spielfilm werden hier in Schwarz-Weiß wiedergegeben, die Herkunft aus einem Spielfilm verschwiegen.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
325
mann – Sohn seiner Klasse« (1954). Ein auditiver Kommentar war
nicht nötig; das Bild bekannt genug, um vom Zuschauer sofort mit
der Ermordung Liebknechts und Luxemburgs assoziiert zu werden.
Danach setzt in »Trotz alledem!« (1972) der 3. Satz aus Beethovens
Opus 26 ein. Das vom Komponisten selbst als »Trauermarsch auf den
Tod eines Helden« benannte Stück unterstützt auf auditiver Ebene
den visualisierten Inhalt, der keiner weiteren Erklärung mehr bedurfte.
Das Bild wurde zu einem Topos, eine Darstellung von Rosa Luxemburgs Leben und Wirken scheint bis heute kaum ohne die Visualisierung eines fließenden Gewässers als Symbol für das Ende ihres Lebens denkbar. Auch Margarethe von Trottas (*1942) Spielfilm
»Rosa Luxemburg« von 1986 schließt mit der Entsorgung der Leiche
der Filmheldin in den Landwehrkanal, an dem diese Szene auch gedreht wurde, und endet mit einem die Kinoleinwand füllenden Bild
der sich bewegenden Wasseroberfläche. Laut von Trotta sollte dies
gleichzeitig vermitteln, »dass die Geschichte nicht beendet ist […] die
fließt bis zu uns heute hin.«16
Das Brandenburger Tor als Siegessymbol
Mehrere Drehbuchvarianten des großen Filmprojektes über Ernst
Thälmann zeugen von dem Ringen der Filmemacher über die »richtige« Interpretation der Geschichte um den Arbeiterführer. Zu der
Szenariums-Fassung von 1952 fertigte der Kunstmaler Willi Eplinius
(1884–1966) nach Angaben der Szenenbildner Otto Erdmann (1898–
1965) und Willy Schiller (1899–1973) farbige Entwürfe zu einzelnen
Szenen, die heute vermitteln können, wie bestimmte, zum Teil nicht
umgesetzte Bilder hätten aussehen können. Rosa Luxemburg war in
dieser frühen Drehbuchvariante eine größere Rolle zugedacht gewesen.
16 Interview Margarethe von Trotta auf: Extras, DVD Rosa Luxemburg, arthaus 2009.
326
Kathrin Nachtigall
So sollte sie bereits während der Revolutionsereignisse in Berlin,
vor Liebknechts Balkonrede das erste Mal auftreten. Das Drehbuch
beschreibt die Szene:
»Berlin – Brandenburger Tor. (Tag)
Eine rote Fahne wird an der Spitze von bewaffneten Soldaten durch
das Brandenburger Tor getragen. Ein unabsehbarer Strom von Soldaten,
Matrosen, Arbeitern und Frauen ergiesst sich Unter den Linden zum
Schloss. Rufe ertönen:
›Hoch! Karl Liebknecht, Karl Liebknecht!
Hoch! Hoch!
Rosa Luxemburg! Hoch! Hoch!‹
Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg werden auf die Schultern gehoben und durch die wogende Menge zum Schloß getragen.
Ein älterer Soldat weist auf Rosa Luxemburg und sagt zu seinem kriegsverletzten Kameraden: ›Das ist Rosa… Unsere Rosa!‹«17
Eine farbige Zeichnung von Willi Eplinius im Querformat gibt das
geplante Aussehen dieser Szenen wieder (Abb. 4): Das Brandenburger Tor im Hintergrund nimmt die obere Hälfte des Blattes ein. Im
unteren Teil im Vordergrund strömen unzählige in dunkle Mäntel
und Hüte gekleidete Männer auf den Betrachter zu. Ein Mann und
eine Frau ziehen das Augenmerk auf sich, da sie von den anderen
auf den Schultern getragen werden und so prominent aus der Masse
herausragen. Es ist der in graue Hose und schwarze Jacke gekleidete
Karl Liebknecht und die in gleichfarbigen Rock und Jacke über einer
weißen Bluse gehüllte Rosa Luxemburg.
17 Willi Bredel/Michael Tschesno-Hell: Literarisches Szenarium des ThälmannFilms 1. Teil, 21. Oktober 1952, BArch DR 117/13283, S. 9. Später wurde diese
Szene ohne die KPD-Gründer geplant. Im Produktions-Drehbuch von 1953
sollte sie mit Kleindarstellern, »300 Soldaten und Arbeiter, 20 Arbeiterfrauen« darstellend, umgesetzt werden. Bredel/Teschesno-Hell, Literarisches
Szenarium (1953), S. 12.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
327
Abb. 4: Willy Schiller: Entwurf zu »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse«, Ausführung: Willi Eplinius
Warum diese Szene gestrichen wurde, ist nicht überliefert. Stattgefunden haben kann sie so nicht, denn die eben erst aus dem Gefängnis
entlassene Rosa Luxemburg saß am 9. November 1918 noch in Breslau
fest und hatte Probleme, in den Wirren dieser Tage von dort aus überhaupt bis nach Berlin zu kommen.18
Das Brandenburger Tor, bis heute eines der bekanntesten Wahrzeichen Berlins, war bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
politisches Symbol. Das zur Regierungszeit Friedrich Wilhelms II.
18 Ernst Piper: Rosa Luxemburg. Ein Leben, München 2018, S. 617.
328
Kathrin Nachtigall
(1744–1797, regierte ab 1786) zwischen 1788–1791 von Carl Gotthard
Langhans (1732–1808) errichtete Bauwerk war seit dem Sieg Napoleon
Bonapartes (1769–1821) in der Schlacht bei Jena und Auerstedt im
Jahre 1806 Einzugstor für Siegesfeiern. Früh wurden diese Ereignisse visualisiert, wie zum Beispiel auf einem Ölgemälde von Charles
Meynier (1768–1832): »Der Einzug Kaiser Napoleons in Berlin am
27. Oktober 1806« von 1810.19
Am 9. August 1814 wurde das Brandenburger Tor prächtig für den
Einzug des preußischen Königs und seiner Truppen geschmückt, die
von Napoleon geraubte, zurückgeholte Quadriga feierlich enthüllt.
Damit waren das Friedenstor und die Friedensgöttin zum Siegestor
mit Viktoria mutiert. »Das Tor war hinfort Zeuge und Symbol preußisch-deutscher Geschichte.«20 Für staatliche Gedenktage, wie z. B.
Reichsgründungstag oder Sedantag,21 Siegesfeiern oder Trauerzüge,
wie 1888 für Kaiser Wilhelm I. oder 1925 für Friedrich Ebert, gaben
Tor und Pariser Platz die würdevolle Kulisse eines Nationaldenkmals
ab.22 Zum Triumphbogen wurde es bei der Rückkehr der siegreichen
Truppen in den Kriegen von 1864, 1866 und 1870. Zahlreiche Fotografien mit dem Brandenburger Tor sind zu Bildikonen geworden und
später Vorlage für filmische Umsetzungen. Durch Filme wie »Die
Entlassung« (1942, R: Wolfgang Liebeneiner), der zum Beispiel den
Trauerzug Kaiser Wilhelms I. durch das Brandenburger Tor mit Hilfe
19 Renate Altner/Knut Brehm: Das Tor in der Kunst des 19. Jahrhunderts, in:
Willmuth Arenhövel/Rolf Bothe (Hrsg.): Das Brandenburger Tor 1791–1991,
2. Aufl., Berlin 1991, S. 194–229; Jürgen Reiche: Symbolgehalt und Bedeutungswandel eines politischen Monuments, in: ebd., S. 270–316.
20 Barbara Demandt: Metamorphosen eines Tores. Handreichungen zur Erklärung des Brandenburger Tores, in: Pegasus-Onlinezeitschrift 4/2004, H. 1,
S. 26–53. Online: http://www.pegasus-onlinezeitschrift.de/erga_1_2004_de
mandt.html.
21 Jährlich um den 2. September herum begangener Gedenktag an die Kapitulation der französischen Armee am 2. September 1870 bei Sedan, die entscheidend für den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg war.
22 Demandt: Metamorphosen, S. 38.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
329
eines verkleinerten Models im Studio realisierte, blieben diese politischen Inszenierungen den Menschen im Gedächtnis.
Wer durch das Tor zog, war also entweder eine bedeutende verstorbene Persönlichkeit oder stand gerade auf der Seite der politischen
Gewinner. Und so sollten auch in »Ernst Thälmann – Sohn seiner
Klasse« (1954) auf die Szene am Brandenburger Tor mit Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, Bilder folgen, die den Sieg der Gegenseite symbolisieren: »Volksbeauftragter für Heer und Marine« Gustav
Noske (1868–1946) sollte mit den zur Bekämpfung der Revolutionäre
angeforderten Reichswehr-Truppen ebenfalls durch das Brandenburger Tor in Berlin einmarschieren.23 Im Film bleibt das Tor letztendlich
den revolutionäre Massen vorbehalten. Nach Thälmanns Besuch in
Moskau 1921 wird das Tor eingeblendet, das zunächst ein einzelner
LKW mit Revolutionären und roten Fahnen passiert. Stark gerafft
lässt Maetzig Szenen aus verschiedenen Städten Deutschlands folgen,
die Begebenheiten zwischen 1921 bis zur Hyperinflation im Oktober
1923 zusammenfassen und gleichzeitig eine vereinte, sich stetig vergrößernde Widerstandsbereitschaft der Arbeiter suggeriert. Im letzten
Bild dieser Sequenz passiert eine die ganze Breite des Tores einnehmende Menschenfront, über deren Köpfen unzählige rote Fahnen
wehen, das Tor. Es steht an dieser Stelle des Films für die Hauptstadt
Berlin, als dem politischen Zentrum Deutschlands, an dem auch der
Widerstand gegen die bestehenden Verhältnisse kulminiert und mit
denen der Hamburger Lokalpolitiker Thälmann weiterhin eng verbunden interpretiert werden sollte.24
23 Auch diese Szene wurde nicht umgesetzt. Bredel/Tschesno-Hell: Literarisches Szenarium (1952), S. 37.
24 Gedreht am Originalschauplatz, war das Brandenburger Tor 1953 noch stark
vom Krieg beschädigt, die Quadriga noch nicht wieder aufgestellt. Mit Hilfe eines Vorsatzmodells wurden die Skulptur und die Dächer der Nebengebäude wieder auf das Gebäude gebracht. Zum Vorsatzmodell siehe: Uwe
Fleischer/Helge Trimpert: Wie haben sie’s gemacht … ? Babelsberger Kameramänner öffnen ihre Trickkiste, Marburg 2005, S. 79.
330
Kathrin Nachtigall
Originale Fotoaufnahmen von durch das Tor ziehenden Revolutionären wurden zur Zeit der Novemberrevolution als sogenannte
Feldpostkarten verkauft und waren damit auch auflagenstarkes Propaganda-Mittel, das die jeweiligen politischen Gruppen zur Deutung der Ereignisse nutzten.25 Motive mit dem Brandenburger Tor
vereinnahmten sowohl die Revolutionäre, Spartakisten und Matrosen, als auch die Gegenseite, also die Freikorps-Verbände für sich als
Siegessymbol. Das gleiche Motiv wurde, versehen mit verschiedenen
Bildunterschriften, beiden Seiten zugeordnet.26
Auch Margarethe von Trotta wollte auf dieses symbolträchtige
Motiv für ihren Film »Rosa Luxemburg« (1986) nicht verzichten und
fügte originale Aufnahmen revolutionärer Massen vor dem Brandenburger Tor in ihren Film ein.
Arbeiterwohnungen – Szenenbilder der
Verbundenheit von Parteileitung und Arbeitermasse
Ein weiterer Topos in Filmen über historische Helden in der DDR –
wie Karl Liebknecht, Ernst Thälmann oder Clara Zetkin (1857–1933) –
war die Darstellung ihrer engen Verbindung und Freundschaft zum
einfachen Arbeiter. Es sollte vermittelt werden, dass die KPD-Führung, in deren unmittelbarer Nachfolgerschaft sich die SED-Führung interpretiert sehen wollte, wenn sie auch nicht selbst aus der
Arbeiterschaft kam, so doch immer eng mit dieser in unmittelbarem
Kontakt agierte und ausschließlich zum Wohle der Arbeiter politische
Entscheidungen traf. So war es auch bei der Inszenierung von Karl
Liebknecht und Rosa Luxemburg in »Ernst Thälmann – Sohn seiner
25 Diethart Krebs: Die Fotopostkarte als aktuellstes Bildmedium während der
Revolution 1918/19, in: Revolution und Fotografie. Berlin 1918/19, Berlin
1989, S. 203–210.
26 Diethart Krebs: Methoden und Probleme der Bildquellenforschung, in: Revolution und Fotografie. Berlin 1918/19, Berlin 1989, S. 241–262.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
331
Klasse« (1954) vorgesehen. Nach der KPD-Parteigründung war eine
Szene in einer nächtlichen Arbeiterstraße in Berlin-Neukölln geplant:
»Winterlicher Abend, Schnee, Frost. Rosa Luxemburg und Clara Zetkin,
begleitet von einigen Arbeitern und Matrosen, bleiben vor dem Haus
stehen, in dem sie wohnen.
Rosa Luxemburg:
Habt vielen Dank für die Begleitung, Genossen.
Rosa und Clara treten in das Haus.«27
Ein Schnitt hätte die Zuschauer im Anschluss daran in eine »Arbeiterwohnung in Berlin-Neukölln« versetzt:
»Rosa und Clara treten in den Korridor und helfen sich gegenseitig aus
den Mänteln. Die Wohnungsinhaberin, eine ältere Arbeiterfrau, tritt
aus der Küche in den Korridor. Sie lächelt den beiden Frauen zu. Ihr
hartes Gesicht wird jäh wärmer und jünger:
Da seid ihr also wieder …
Rosa Luxemburg:
Laß dich umarmen, Lotte.«28
Ein farbiger Entwurf von Eplinius und eine Grundrissskizze von Szenenbildner Willy Schiller verdeutlichen zwei Hauptaspekte, die den
Zuschauern durch die Umgebung vermittelt werden sollten: In seiner Enge würde der Raum von den sozialen Umständen erzählen, in
der die fiktive Arbeiterfigur Lotte wohnt; die gemütliche Ausstattung
steht für das Klassenbewusstsein ihrer Bewohnerin, die ihren prominenten Besucherinnen in aller Bescheidenheit ein behagliches Heim
geschaffen hat (Abb. 5).
27 Bredel/Tschesno-Hell, Literarisches Szenarium (1952), S. 31.
28 Ebd., S. 32.
332
Kathrin Nachtigall
Abb. 5: Willy Schiller: Entwurf zu »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse«, Ausführung: Willi Eplinius
Eplinius Entwurf zeigt den Innenraum dieser Arbeiterwohnung im
Berliner Arbeiterviertel wie er in den Studios von Babelsberg gebaut
worden wäre. Der schmale, langgestreckte Raum bietet nicht mehr
als zwei Betten, einem Sofa mit Tisch, drei Stühlen und einer kleinen
Kommode Platz. Auch das hochgelagerte Fenster an der Schmalseite des Zimmers unterstreicht, wie klein dieser Raum ist, besonders
im Vergleich mit dem üppigen Wohnzimmer bei Familie Marcusson
(Abb. 4). Gleichzeitig vermittelt der freundlich mit Gardinen, Tischdecken, Bildern und Grünpflanzen ausgestattete und in warmes Licht
getauchte Raum die gemütliche Atmosphäre und damit einen positiven Zusammenhalt der in dieser Wohnung lebenden Arbeiterin
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
333
mit den berühmten Frauen der KPD. Die Grundrissskizze, mit eingetragenen Kamerawinkeln, vermerkt, dass Kameraaufnahmen hier
nur durch »Schiebewände« möglich gewesen wären, dass heißt jeweils
eine Wand hätte entfernt werden müssen, um Aufnahmen zur anderen Seite des Raumes hin mit der Kamera machen zu können.
Spätere DEFA-Historienfilme über berühmte Parteigrößen wie
Karl Liebknecht, August Bebel oder Clara Zetkin wiederholen permanent die Verbindung der Partei-Leiter mit fiktiven Arbeiterfiguren:
Von Regierungstruppen oder Nationalsozialisten bedroht, werden sie
von klassenbewussten, mutigen Arbeiterfamilien in deren typischen,
einfachen Behausungen untergebracht und beschützt.29
Rosa Luxemburg im Karl Liebknecht-Zweiteiler
(1965 und 1972)
Auch in dem 1965 und 1972 erschienenem Zweiteiler über Karl Liebknecht von Günter Reisch wird der unmittelbare Kontakt der Hauptfigur Liebknecht zum einfachen Arbeiter und dessen Leben in zahlreichen Szenen inszeniert.30 In »Solange Leben in mir ist« (1965) besucht
er die fiktive Familie Schreiner auf der Hochzeitsfeier ihres Sohnes
auf einem typischen Berliner Hinterhof in einem Arbeiterviertel und
kommt am Ende sogar mit auf das Familienfoto. In diesem Film
bleibt Rosa Luxemburg (verkörpert von Zofia Rysiówna) ebenfalls
eine Randfigur. In den drei Szenen, in denen sie zu sehen ist, wird sie
stets zusammen mit Liebknecht und fast jedes Mal in unmittelbarer
Nähe zu Arbeitern visualisiert.
29 Es sollten Bilder folgen, auf denen Karl Liebknecht und Wilhelm Pieck,
betreut von revolutionären Soldaten im Marstall, neben einer Staatskarosse
auf Feldbetten übernachten. Ebd., S. 35.
30 Günter Reisch war für »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse« (1954) und
»Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse« (1955) Regieassistent.
334
Kathrin Nachtigall
Laut Drehbuch im April 1916 spielend, treffen sich Luxemburg
und Liebknecht in einer Berliner U-Bahn. Zunächst am Original aufgenommen, filmt die Kamera durch das Fahrerhaus der Bahn die Einfahrt des Zuges in einen dunklen Tunnel. Dieses symbolträchtige Bild
ist Auftakt zu dem nun folgenden Gespräch zwischen Luxemburg
und Liebknecht über die Kriegslage in Deutschland und dem deprimierenden Zustand der Bevölkerung. In Nahaufnahmen erfasst die
Kamera, während auf der Ton-Ebene das Gespräch von Luxemburg
und Liebknecht weiter läuft, im Inneren der U-Bahn die »stumpf[en],
abgehärmt[en], ausgehungert[en]« Gesichter von versehrten Kriegsteilnehmern, alten und jungen Frauen und deren Kindern, die eng
nebeneinander stehend und sitzend das Zugabteil füllen.31 Liebknecht
und Luxemburg führen ein Gespräch über die nun zu erfolgenden
Maßnahmen, vor allem der Aufruf an die Jugend zur Teilnahme an
der Feier zum 1. Mai. Am Ende der Sequenz, als Luxemburg aus dem
Off spricht und damit ihre aus dem Gespräch mit Liebknecht sich
optimistisch entwickelnden Gedanken fortsetzt, endet mit einem entsprechend positiven Bild: die U-Bahn verlässt den dunklen Tunnel.
Auf dem schwarzen Filmbild zeichnet sich in der oberen Mitte ein
helles, durch den darauf zufahrenden Zug immer größer werdendes
Viereck ab, bis sich die Leinwand plötzlich wieder erhellt, als der Tunnel endgültig passiert ist.
Eine der aufwendigsten Sequenzen für »Solange Leben in mir ist«
(1965) war jene Inszenierung der Arbeiterdemonstration zum 1. Mai
1916 auf dem Potsdamer Platz, der eigens dafür auf dem Studiogelände von Babelsberg unter Leitung der Szenenbildner Willy Schiller
und Dieter Adam (*1931) errichtet wurde.32
31 Maskenanweisung in: Michael Tschesno-Hell: Optisches Drehbuch Karl
Liebknecht I. Satz II. Satz, vom 26.3.1964, D IV/38, IV.-Nr. 37/2000/DB,
S. II/91.
32 Kathrin Nachtigall: Berliner Metropolenflair – Raketenstart am Potsdamer
Platz, in: Annette Dorgerloh/Marcus Becker (Hrsg.): Alles nur Kulisse?!
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
335
Bis zum zweiten Stock hinauf wurden die ehemals berühmten Gebäude des Potsdamer Platzes, wie Pschorr-Brauhaus, Haus Vaterland
und der Bahn-Eingang auf dem Studio-Gelände von Babelsberg errichtet. Busse, Straßenbahnen und abendlicher Verkehr mit Droschken und Autos ermöglichten es einen der verkehrsreichsten Plätze
Europas, der in den 1910er- und 1920er-Jahren Sinnbild für die moderne Metropole Berlin geworden war, glaubhaft ins Bild zu setzen.
Ein ungeheures Komparsen-Aufgebot war notwendig, um allein die
vielen Menschen aus dem Eingangsportal des Potsdamer Bahnhofs
auf den davor liegenden Platz strömen zu lassen. Die folgenden Szenen zeigen diese Menschen, dicht an dicht gedrängt und von berittenen sowie zu Fuß laufenden Polizisten bedrängt, die bemüht sind,
die Veranstaltung zu beenden. Die Kamera fängt Rosa Luxemburg
und Karl Liebknecht mitten unter den Demonstranten ein. Während
Liebknecht von den Polizisten verschleppt und verhaftet wird, wird
Luxemburg durch die Arbeiter daran gehindert, sich den Polizisten,
die Liebknecht gepackt halten, in den Arm zu werfen. Einer der fiktiven Arbeiterfiguren schiebt sie zu ihrem eigenen Schutz von der Polizeistreife weg in die Masse der Demonstranten hinein.
Dies war nun wiederrum eine historisch so nicht überlieferte Situation und diente eher der Charakterisierung Luxemburgs als gefährdete, verfolgte und gleichzeitig mutige und kämpferische Politikerin,
denn aus Beschreibungen ihrer Freundin Mathilde Jacob (1873–1943)
ist bekannt, dass Luxemburg an jenem Abend Liebknecht sogar noch
bis auf die Wache auf dem Potsdamer Platz begleitete und sich erst
danach wieder zusammen mit Jacob unter die Demonstranten mischte. Aufgrund von Liebknechts Immunität als Reichstagsabgeordneter,
glaubte sie, ihr Parteikollege würde bald wieder auf freien Fuß gesetzt
werden.33
Filmräume aus der Traumfabrik Babelsberg, (SCENOGRAPHICA. Studien zur Filmszenographie, Bd. 1), Weimar 2015, S. 54–57.
33 Piper: Rosa Luxemburg, S. 525–527.
336
Kathrin Nachtigall
Wenn auch nicht so stark wie in »Ernst Thälmann – Sohn seiner
Klasse« (1954), so wirkt Rosa Luxemburg doch auch in diesem Film
zwar durchaus selbstbewusst, aber hier liegt der Fokus gleichermaßen
auf dem aktionsstarken Liebknecht, der sie am Ende ihrer Gespräche
eher überzeugen, bzw. ermutigen kann und somit ihr Tun und Denken fast zu bestimmen scheint.
Selbstbewusster, resoluter und ihrem Parteikollegen ebenbürtiger,
tritt Rosa Luxemburg in Reischs 1972 erschienenem zweiten Teil der
Liebknecht-Saga, »Trotz alledem!« auf. Der Film thematisiert die Ereignisse der Novemberrevolution und Liebknechts Rolle dabei. Luxemburg (verkörpert von Zofia Mrozowska) bleibt jedoch eine Randfigur. Erneut wird Liebknecht in zahlreichen Szenen seine Nähe zum
einfachen Arbeiter attestiert. Während ihn in der Zeit der Kämpfe im
Zeitungsviertel eine fiktive Arbeiterfamilie versteckt, wird Luxemburg
in den zwei Szenen, in denen sie zu sehen ist, als arbeitshungrige Intellektuelle interpretiert, die als Redakteurin der Roten Fahne die revolutionäre Erhebung unterstützt.
Nach dem Scheitern von Liebknechts Revolutionsaufforderung
beim Treffen der Arbeiter- und Soldatenräte am 16. November 1918
im Zirkus Busch zeigt die Kamera ihn und Franz Mehring in Liebknechts Arbeitszimmer in seiner Berliner Wohnung.34 Diese war schon
in »Solange Leben in mir ist« (1965) Ort für Diskussionen zwischen
Liebknecht und Parteifreunden. Doch während in dem SchwarzWeiß-Film das Zimmer neben der unermüdlichen Arbeit des Reichstagsabgeordneten und Anwalts Liebknecht Behaglichkeit vermittelt,
wirkt es in dem Farbfilm ungemütlicher. Das Klavier, auf dem Liebknecht Stücke Beethovens intonierte, kommt nicht mehr ins Bild.
Der nun in Gelb- und Brauntönen gehaltene, mit zahlreichen Büchern, Broschüren und Papieren vollgestopfte Raum soll Liebknechts
gehetztes Leben während der Revolutionszeit widerspiegeln. Für seine
34 Michael Tschesno-Hell: Trotz alledem. Ein Film über Karl Liebknecht, DII/
vom 28.1.71, IV. Nr. 18/2005/D13, S. 91 und S. 99–104.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
337
Familie oder seine musischen Hobbys bleibt da keine Zeit mehr, erzählt bereits die Raumausstattung und Wiedergabe durch die Kamera
den Zuschauern. Kälte vermitteln Schals und Mäntel, die alle tragen. Liebknechts halbwüchsige Tochter Vera betritt das Zimmer, um
ihrem Vater einen überraschenden Besuch anzukündigen. Um ihm
das Erraten zu erleichtern, fordert sie ihn auf, seine Zigarre wegzulegen, da »sie« Rauch nicht ausstehen könne. Sofort kommt Liebknecht
dieser Aufforderung nach, denn er weiß gleich: »Das ist Rosa!« Die
Kamera filmt ihre Ankunft bei Familie Liebknecht aus dem Arbeitszimmer heraus im Wohnungsflur, wo sie sich die Galoschen auszieht.
Sie stellt in der nun folgenden Sequenz den Mittelpunkt dar, um den
sich das Geschehen und sämtliche Personen drehen. Ein Redeschwall
Luxemburgs ergießt sich über alle Anwesende, der nur hin und wieder
von Liebknecht oder Mehring unterbrochen wird und ebenfalls von
der Achtung zeugt, die diese ihrer Parteikollegin entgegenbringen. In
Liebknechts privatem Arbeitszimmer bewegt sie sich selbstbewusst, ja
beinahe ungeniert. Sie greift ein Buch aus Liebknechts Schrank, blättert kurz darin und legt es an beliebiger Stelle wieder zurück. Schließlich setzt sie sich unaufgefordert auf Liebknechts Platz hinter seinem
Schreibtisch, so dass ihm nur die Schreibtischplatte bleibt (Abb. 6).
Abb. 6: Screenshot »Trotz alledem!«
338
Kathrin Nachtigall
Das Drehbuch bemerkt dazu:
»Rosa nimmt mit Selbstverständlichkeit hinter dem Schreibtisch Platz.
Sie schiebt das Bild Wilhelm Liebknechts zurecht, greift nach Papier und
Bleistift, als eröffne sie eine Redaktionssitzung. Im Kreise der Freunde
ist die erste Stunde der Freiheit leidenschaftliche Wiederaufnahme ihrer
Tätigkeit als revolutionäre Propagandistin.«35
Ihr Verhalten wird keineswegs negativ von dem anwesenden Liebknecht und Mehring aufgenommen und sollte auch den Zuschauern
lediglich vor Augen führen, mit wie viel Tatendrang und Enthusiasmus die von den beiden anderen hochgeehrte Parteikollegin aus dem
Gefängnis kam und sich auf die neue Herausforderung, der Leitung
der Revolution an die Arbeit machte. »Rosa Luxemburg unterbricht
sich. Die Blicke der beiden anderen ruhen mit großer Sympathie auf
ihr.«36 schreibt das Drehbuch. Es wird fast der Eindruck erweckt, als
habe man nur auf Luxemburg gewartet, um nun doch noch erfolgreich die Revolution zu Ende zu führen.
Dennoch ist sie im Film nur ein weiteres Mal zu sehen, zugleich
das erste Mal nicht im Beisein von Liebknecht:37 Vor einem großen auf einen Innenhof gehenden Fenster sitzt sie an einem kleinen
Schreibtisch in der Redaktion der Roten Fahne, in einem von Glasfenstern nach allen Seiten offenen sogenannten »Korrektorzimmer«.38
Papiere und Aktenordner türmen sich hinter und neben ihr auf den
Tischen und zeugen von ihrer unermüdlichen publizistischen Tätigkeit. Auch dieser Raum lässt den Zuschauer die Kälte der Jahreszeit
und das Provisorische der revolutionären Aktionen nachempfinden:
35 Ebd., S. 104.
36 Ebd.
37 Eine weitere im Drehbuch beschriebene Szene, die nicht im Film enthalten
ist, hätte sie im Preußischen Landtag neben Liebknecht bei der KPD-Gründung am 1. Januar 1919 inszeniert. Ebd. S. 177 f.
38 Ebd., S. 205.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
339
Eine Decke vor dem unteren Teil des Fensters soll den Raum vor
eindringender Kälte schützen. Luxemburg trägt über ihrer Bluse ein
braunes, wollenes Tuch. Auch ihr Besucher, ein Vertreter der Räteregierung aus Bremen, sitzt in seinen Mantel gehüllt vor ihr. Er will sie
überreden, aus Berlin fortzugehen, damit sie in Sicherheit wäre. Doch
sie antwortet, sowohl für sich selbst als auch für Liebknecht, dass sie
auf ihrem Posten bleiben werde.
Auch dieser Film inszenierte die Unterstützung, die die von den
Regierungstruppen verfolgten Parteileiter durch die klassenbewussten Arbeiter erhielten, indem sie diesen in ihren Arbeiterwohnungen kurzfristig Unterschlupf gewähren. Im Versteck bei Arbeitern
wird Liebknecht jedoch nicht mit Luxemburg, sondern zusammen
mit Wilhelm Pieck gezeigt, der als ehemaliger DDR-Präsident (1949–
1960) einen Zusammenhang zur DDR-Geschichte herstellen konnte
und eine positiv charakterisierte Nebenfigur im Film ist.39
Die veränderte Interpretation Luxemburgs in »Trotz alledem!«
(1972) mag verschiedene Ursachen haben: Inzwischen konnte der Regisseur auch auf historische Forschungsergebnisse über Luxemburg
zurückgreifen. In der DDR war 1971 von der Historikerin und RosaLuxemburg-Kennerin Annelies Laschitza (1934–2018) die Biographie:
»Rosa Luxemburg. Ihr Wirken in der deutschen Arbeiterbewegung«
erschienen.
In der BRD war seit 1967 Peter Nettls Rosa Luxemburg-Biographie
und 1969 Helmut Hirschs »Rosa Luxemburg in Selbstzeugnissen
und Bilddokumenten« im Handel. Die Studentenbewegung der
1960-er-Jahre, die auch in der DDR nicht völlig unbemerkt geblieben
war, bezog sich positiv auf Luxemburg. Nicht zuletzt deshalb setzte in
den 1970er-Jahren in der DDR eine sogenannte Tauwetterperiode ein,
in der es grundsätzlich mehr Interpretationsspielraum bei künstleri39 Auch Wilhelm Pieck wurde am 15. Januar 1919 zusammen mit Liebknecht
und Luxemburg verhaftet und ins Eden-Hotel verbracht, aber entlassen,
nachdem er eine Aussage gemacht hatte.
340
Kathrin Nachtigall
schen Interpretationen gab und die erst 1976 mit der Ausbürgerung
Wolf Biermanns (*1936) ein jähes Ende fand.40
Einige Aspekte haben jedoch alle Interpretationen Rosa Luxemburgs
in den DEFA-Filmen gemeinsam: Es wird nie etwas Privates über sie erzählt, sie wird nie in ihren Wohnräumen oder beim Halten politischer
Reden zu den Massen gezeigt, sie ist nicht als Gefangene, als Geliebte
oder SPD-Politikerin zu sehen. Ihre Ermordung und Misshandlung
durch die Garde-Schützen-Kavallerie wurde nicht visualisiert.
Im DDR-Film ist Luxemburg stets Kämpferin und Verfolgte an
Liebknechts Seite, den sie in erster Linie durch publizistische Tätigkeit unterstützt und mit dem sie kurz vor ihrer Ermordung die KPD
gründet, als deren Parteimitglied sie für die Geschichtsvermittlung in
der DDR bedeutend war.
Rosa Luxemburg als Hauptfigur im Film (1986)
Den ersten Spielfilm, in dem Luxemburg Hauptfigur war, schuf 1986
die westdeutsche Regisseurin Margarethe von Trotta. Im Vergleich
mit den filmischen DDR-Interpretationen gestaltete sie mit »Rosa
Luxemburg« eine neuartige filmische Beschreibung ihrer Person. Von
Trotta fragte sich, bei allem Bemühen um historische Korrektheit in
ihrer filmischen Darstellung, in erster Linie: »was sagt die Frau mir,
was bedeutet sie mir?«41 Dafür habe sie vor allem ihre Briefe gelesen und, wie sie selbst sagt: »den Menschen draus empfunden.« Was
nach fünfmaliger Lektüre bei ihr übrig geblieben ist, sei das, was sie
40 Dies zeigt sich auch bei der Inszenierung eines weiteren Thälmann-Filmes
in der DDR. Der Jugendfilm »Aus meiner Kindheit« erschien 1975 und zeigt
einen jugendlichen Helden in seiner Hamburger Heimat, der weniger schematisiert und heroisiert, als in dem Zweiteiler von Kurt Maetzig in Szene
gesetzt wurde. Nachtigall: Szenographie.
41 Interview Margarethe von Trotta, auf: DVD Rosa Luxemburg. Extras, arthaus 2009.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
341
persönlich interessiere.42 Das wollte sie in ihrem Film unterbringen.
Beratung erhielt von Trotta durch die DDR-Historikerin Annelies
Laschitza, mit der sie seit ihrer Zusammenarbeit eine Freundschaft
verband.43 Diese habe ihr auch geraten, das Angebot der DEFA, als
Co-Produzent einzusteigen, abzulehnen, da ihr das sonst die Freiheit genommen hätte, das über Rosa Luxemburg zu erzählen, was sie
wolle.44
Die meisten der zuvor in den DEFA-Filmen inszenierten oder geplanten Bilder von Luxemburg tauchen in diesem Film nicht auf: Sie
fährt nicht U-Bahn, wird nicht auf Arbeiterschultern durchs Brandenburger Tor getragen oder als Verteidigerin Liebknechts auf Demonstrationen zur 1. Maifeier gezeigt. Sie wird nicht als Gast bei den Liebknechts
inszeniert. Die bei Maetzig und Reisch so wichtige – weil Vorgeschichte
der SED – Parteigründung der KPD, fehlt in von Trottas Film.
Von Trotta zeigt Luxemburg (verkörpert von Barbara Sukowa) als
herausragende Frau und Intellektuelle ihrer Zeit, die selbstbewusst ihren Standpunkt innerhalb der SPD verteidigt, für ihre Überzeugungen kämpft und als Märtyrerin den Tod gefunden hat.
Luxemburgs Märtyrerstatus steht von Anfang an im Fokus der Interpretation ihrer Person: Bereits die ersten Bilder zeigen sie als Gefangene
im Zentralgefängnis Wronke in der Provinz Posen im Winter 1916. Die
Kamera erfasst zunächst zwei auf einer Mauer patrouillierende Soldaten.
Ein langsamer Schwenk nach unten bringt Luxemburg ins Bild, eine
ältere Frau, in dicke Winterkleider gehüllt, die von zwei hohen, unüberwindbaren Mauern umgeben und von einem schwarzen Raben begleitet
durch den Schnee läuft. Nach diesem Einstieg erzählt der Film in Rückblicken, deren erster Luxemburg erneut in einer Gefangenensituation –
dieses Mal in Polen – inszeniert. Als noch junge Frau, sieht man sie zwischen anderen Frauengefangenen in einer Gefängniszelle, von der aus
42 Ebd.
43 Ebd.
44 Ebd.
342
Kathrin Nachtigall
die Insassen einer Hinrichtung im Hof beiwohnen. Luxemburg selbst
wird in der folgenden Szene einer Scheinhinrichtung zugeführt.45
Neben ihren Gefängnisaufenthalten inszeniert der Film die Heldin hauptsächlich bei parteiinternen Debatten, entweder auf offiziellen Parteiversammlungen der SPD und internationalen Parteikonferenzen, im Heim ihrer Freunde, Karl und Luise Kautsky, oder in ihrer
eigenen Wohnung. Ihr scharfer Verstand und ihre Schlagfertigkeit
finden dabei immer wieder Ausdruck.
Das Heim der Kautskys in Berlin ist neben ihrer eigenen Wohnung
der im Film interpretierte Ort, an dem sie in zahlreichen Szenen bei
politischen Debatten im privaten kleinen Kreis von Parteifreunden
inszeniert wird. Nachdem Luxemburg aus dem Gefängnis entlassen
wurde, zeigt sie der Film bei ihrer Ankunft im Haus der Freunde: Die
Kamera nimmt in einer Totalen eine helle hohe Eingangshalle auf. In
der Mitte der hinteren Wand erhebt sich ein übermannshoher verzierter Spiegel auf dem die Zuschauer Luxemburg sehen, wie sie auf die
aus dem rechten Bildhintergrund kommende Luise Kautsky zugeht.
Mehrere Statuen, wie z. B. die Kopie einer antiken römischen Venus in
der linken Raumecke, mehrarmige Leuchter an den Wänden, üppige
Grünpflanzen und Vasen auf den Tischen lassen den Zuschauer eine
gutbürgerliche Wohnumgebung erwarten. Luise Kautskys Kostüm
charakterisiert jedoch die tatsächlich einem gutbürgerlichen Umfeld
entstammende Protagonistin als eher bescheiden. Sie läuft Luxemburg
in einer Schürze entgegen, die sie – so suggeriert es der Film – hauptsächlich zu Hause trägt und die sie mit der Verrichtung von Hausfrauentätigkeiten assoziiert. Nur Luxemburg zuliebe, die offensichtlich
eine Abneigung gegen dieses Kleidungsstück an ihrer Freundin hegt,
will sie sie sofort abnehmen. Das Dienstmädchen der Kautskys tritt
von rechts ins Bild. Es wird von der Filmheldin fast genauso herzlich begrüßt und mit Geschenken bedacht. Dieses Verhalten interpre45 Ob es sich dabei wirklich um eine Scheinhinrichtung handelte ist nicht klar.
Piper: Rosa Luxemburg, S. 292.
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
343
tiert einerseits ein vertrautes Verhältnis zwischen Luxemburg und den
Kautskys. Andererseits ist es eine Bestätigung des unkonventionellen
Umgangs der Hausbewohner miteinander. Um Standesunterschiede
wird wenig Aufhebens gemacht, obwohl die pompöse Wohnumgebung das eigentlich erwarten lassen würde.
Beide Frauen treten durch eine weit geöffnete Flügeltür. Ein Schnitt
versetzt die Zuschauer mit den Hauptprotagonisten in den Salon des
Hauses: Auch hier zeugt die Einrichtung von den gutbürgerlichen
Verhältnissen, in denen die Kautskys leben: dunkle, barockisierende
Möbel, ein kristallener Kronleuchter an der Decke, schwere Teppiche,
zahlreiche Statuen und Leuchter, ein reich verzierter Kamin richten
den Raum ein. Am Ende des Salons steht erhöht auf einem Podest ein
Flügel vor einem mit buntem Glasrahmen verzierten Fenster.
Zwei Essen mit Parteifreunden wurden in dem sich an den Salon anschließenden Esszimmer der Kautskys gedreht. Bei geöffneter
Flügeltür fängt die Kamera das Raum-Ensemble in einer Totalen ein.
Zusammen mit Familie Bebel, Ignaz Auer und Rosa Luxemburg findet bei den Kautskys ein Abendessen statt. Im Hintergrund erzählen
die Noten auf dem Klavier und dessen offener Deckel, die zahlreich
entzündeten Leuchter von einer dem Essen vorangegangenen Abendgeselligkeit unter Freunden, die jedoch alle auch politisch verbunden
sind. Dementsprechend wird die Unterhaltung bei Tisch über Revolution und den dazugehörigen Parteistandpunkt geführt. Die Gäste
bedienen sich aus Glastellern und Kristallgläsern.
Diese Raumbilder erzählen, dass Luxemburg sich hauptsächlich in
Kreisen bewegte, die nicht dem Arbeiterstand angehören. Sie berichten von ihrer intensiven Freundschaft zu den Kautskys und ordnen
damit deren Lebensumfeld ihrem eigenen zu. Ihre Freunde sind nicht,
wie in den DDR-Filmen, die klassenbewussten Arbeiter sondern Parteikollegen, die aus ähnlichen Verhältnissen kommen wie sie selbst.
Luxemburgs Berliner Wohnung erzählt im Film ebenfalls von
einem gehobenen Lebensstandard, aus dem Luxemburg kam und
in dem sie lebte, wenn er auch nicht so üppig ausfällt wie bei den
344
Kathrin Nachtigall
Kautskys. Neben einem Wohnungsflur wurden in den Filmstudios
drei Zimmer errichtet. Zwei große Räume sind durch eine Flügeltür
miteinander verbunden. Auch Luxemburg verfügt über ein Hausmädchen. In beiden Räumen deuten die Schreibtische und Bücherregale auf Luxemburgs ständige intellektuelle Arbeit hin. Ein Klavier
und zahlreiche Gemälde, Stiche und Statuen in den Räumen sollen
nicht nur ihren Kunstgeschmack und ihre hohe Bildung hervorheben,
sondern die Protagonistin und ihre Lebensumstände charakterisieren.
Eine weiße Büste des Philosophen Voltaire (1694–1778) z. B. erfasst
die Kamera mehrfach bei der Sitzgruppe im Wohnzimmer, auf der
Luxemburg im Gespräch mit Freunden und Parteigenossen inszeniert
wird. Wie Voltaire zu seiner Zeit Absolutismus und Feudalherrschaft
in seinen Schriften kritisierte und so zu einem der wichtigsten Vertreter der Aufklärung wurde und als Wegbereiter der späteren Französischen Revolution gilt, sollte auch Luxemburg durch den Film als
selbstbewusste, hoch intelligente und begabte Theoretikerin auftreten
und den Zuschauern im Gedächtnis bleiben.
Andere Werke der Kunst dienen u. a. der Interpretation ihrer Gefühlswelt und privater Schicksalsschläge. Das bekannte 1871 von Anselm Feuerbach (1829–1880) geschaffene Gemälde seiner »Iphigenie«
erfasst die Kamera in einer Szene, in der Luxemburgs Beziehung mit
Leo Jogiches einen dramatischen Höhepunkt erreicht. Das nach einem Bühnenstück »Iphigenie auf Tauris« von Johann Wolfgang von
Goethe (1749–1832) aus dem Jahr 1787 entstandene Gemälde zeigt
eine Frau als Ganzfigur, halb vom Betrachter weggedreht auf einer
Steinmauer sitzend und über eine höhere Mauer hinweg sehnsuchtsvoll auf einen Arm gestützt aufs Meer blickend. Sie gilt als Verkörperung der Sehnsucht schlechthin und charakterisiert im Film die vielen
Sehnsüchte Luxemburgs, die sich nicht erfüllt haben. Abgesehen von
ihren politischen Zielen, war es privat der Wunsch nach einem familiären Leben mit Kind und Ehemann, Aspekte die Trotta in ihrem Film
kurz anschneidet und durch das Bild der »Iphigenie« visualisiert. Die
Kamera erfasst die hochformatige Reproduktion der Iphigenie an der
Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
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Wand hinter beiden Protagonisten auf Kopfhöhe. Jogiches ist in dieser Szene in Eifersucht entbrannt, da Luxemburg inzwischen in einer
Beziehung mit dem Sohn Clara Zektins, Kostja lebt.
Die noch bei Maetzig geplante und bei anderen historischen Führungspersonen geradezu zwangsläufig inszenierte enge Verbindung
zum klassenbewussten Proletarier findet sich bei von Trotta kaum.
Zwar lässt auch sie Luxemburg auf einer Arbeiterversammlung in dem
verrauchten Ambiente eines Versammlungssaales eines Gasthauses zu
Arbeitern reden. Doch es stehen sich nicht gleich und gleich gegenüber. Als die Veranstaltung beendet ist, spricht ein junger, liebevoll
aber naiv dargestellter Arbeiter die große Parteigenossin ehrfürchtig
an und bittet sie um Rat bezüglich seiner Eheschließung. Obwohl Luxemburgs Antwort freundlich ausfällt, wird der Kontrast zwischen der
hoch gebildeten Revolutionärin und dem einfachen Arbeiter überaus
deutlich.
Später erzählt der Film, dass sich Luxemburg nicht auf den Schutz
der Arbeiter verlassen kann, im Gegenteil zu den zahllosen Inszenierungen dieser Art in den DEFA-Filmen. Auch in »Rosa Luxemburg« (1986)
muss sich die Filmheldin während der Kämpfe im Zeitungsviertel verstecken, da bereits auf Steckbriefen zu ihrer Tötung aufgerufen wird.
Doch im Gegensatz zu dem behaglichen Heim, das Maetzig für seine
weiblichen Protagonistinnen in seinem Film schaffen wollte, versetzt
von Trotta ihre Heldin zusammen mit Leo Jogiches in einen dunklen,
dreckigen und kalten Keller (auch hier erzählt die winterliche Bekleidung der Protagonisten von den niedrigen Temperaturen). Zwar reicht
eine Arbeiterfrau einen Teller mit Stullen die enge Treppe herunter,
gleichzeitig macht sie klar, dass die beiden Revolutionäre wieder verschwinden müssen, da ihr kranker Mann die Aufregung nicht vertrüge.
In sämtlichen DEFA-Filmen über historische Parteigrößen wie
Clara Zetkin (»Wo andere schweigen« 1984, R: Ralf Kirsten), Karl
Liebknecht, Ernst Thälmann oder August Bebel wird der häufig dramatische Tod der Protagonisten nicht visualisiert. Dies war der erwünschten Botschaft geschuldet, dass zwar die Protagonisten gestor-
346
Kathrin Nachtigall
ben seien, aber ihre Ideen weiterleben und in der DDR Wirklichkeit
werden oder schon geworden seien.
Margarete von Trotta wollte keine Ikone inszenieren, sondern den
Menschen Luxemburg in seinen dramatischen Lebensumständen, der
für seine Überzeugungen ermordet wurde, und verdeutlichen, dass
dieser Tod eine Zäsur bedeutete. Ihre Begründung für die Inszenierung des dramatischen Endes: »Es musste sein, es gehört zur Geschichte.«46 So endet »Rosa Luxemburg« mit ihrer Verschleppung ins
Berliner Eden-Hotel, in dem die Garde-Kavallerie-Schützen-Division
untergebracht ist und in dem unter der Regie des Offiziers Waldemar
Pabst (1880–1970) die Ermordung von Liebknecht und Luxemburg am
15. Januar 1919 geplant und durchgeführt wurde. Die Kamera erfasst in
einer Totalen von den obersten Stufen den Hoteleingangsbereich und
die Treppe im Innern des Luxushotels, auf der Luxemburg zusammen
mit Liebknecht zunächst nach oben geführt wird. Sie werden von Soldaten umringt, gestoßen und verhöhnt. Auf der oberen Ebene schauen
einige in ihrer Kleidung als vornehme Gäste des Hotels erkennbare
Figuren diesem Treiben neugierig zu. Luxemburg wird von Liebknecht
getrennt, der Fokus am Ende des Filmes liegt allein auf dem Schicksal
der Filmheldin. Sie wird in eines der Hotelzimmer geschoben, wo sie
auf einem Bett sitzen bleibt. Kurz darauf wird sie erneut die Treppe
im Hotel hinunter geführt. Dabei nimmt die Kamera aus einer erhöhten Perspektive das Treppenaus auf, in dem nun weder Soldaten noch
Gäste zu sehen sind. Dadurch fällt der breite bis nach unten reichende
dunkelrote Teppich auf, auf dem Luxemburg geht. Diese Farbdramaturgie war von der Regisseurin bewusst gewählt und sollte »die Blutspur, die durch das Jahrhundert geht« symbolisieren.47
46 Gespräch Margarethe von Trotta – Barabara Sukowa – Christiane Ensslin:
»Jetzt muss ich ein brillantes Stückchen Theorie von ihr lesen, damit ich mich
für ihre Spitzenkrägen interessieren kann.«, in: Margarethe von Trotta/Christiane Ensslin: Rosa Luxemburg. Das Buch zum Film, Nördlingen 1986, S. 109.
47 Interview Margarethe von Trotta, auf: DVD Rosa Luxemburg. Extras, arthaus 2009.
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Nach den Rekonstruktionen der Vorgänge im Edenhotel von
Historikern und Journalisten inszenierte von Trotta das Ende Luxemburgs in ihrem Film:48 Vor dem Hotel wird sie von einem Soldaten mit dessen Gewehrkolben niedergeschlagen. Die Kamera zeigt die
bewusstlose Frau auf einer von unten beleuchteten Glasfläche auf der
Straße neben ihrem Koffer und ihrer Handtasche liegen. Sie wird von
Soldaten ins Auto geschleift. Ein Offizier springt auf das Trittbrett des
Wagens. Nun fokussiert die Kamera Luxemburgs bereits blutendes
Haupt, welches auf der Wagenrückbank liegt. In dieser Großaufnahme nähert sich von links eine Waffe ihrem Kopf. Nach ihren Worten:
»Nicht schießen!« erfolgt der Schuss mit einem gleichzeigen Schnitt
auf das davon fahrende Auto. Der Film endet am Landwehrkanal, in
den Luxemburgs Leiche geworfen wird.
Spielfilmszenen werden Vorbilder für Dokumentarfilme
Diese Sequenz war offensichtlich Vorbild für die Spielszenen des Dokumentarfilms »Rosa Luxemburg und die Freiheit« (2010) von Ricarda
Schlosshan aus der ZDF-Doku-Reihe »Die Deutschen«. Auch der Dokumentarfilm setzt das große Treppenhaus im Eden-Hotel mit seinen
roten Teppichen auf den Stufen in einer Totalen eindrucksvoll in Szene.
Ähnlich wie bei von Trotta wird aus niedriger Perspektive gefilmt, wie
die bewusstlos geschlagene Frau auf der Straße von den Soldaten ins
Auto geschleift wird. Nachgestellt wurde auch die Szene der Tötung:
Wie bei von Trotta fokussiert die Kamera in einer Nahaufnahme Rosa
Luxemburgs (verkörpert durch Tereza Brodská) Kopf auf der Autorückbank. Dann spricht sie die gleichen letzten Worte, die schon Margarethe
von Trotta ihrer Heldin in den Mund gelegt hatte: »Nicht schießen!«
48 Dies wurde nach wissenschaftlicher Recherche schon in dem Fernsehzweiteiler »Der Fall Liebknecht/Luxemburg« (1969) von Dieter Ertel und Theo
Mezger inszeniert.
348
Kathrin Nachtigall
Von Rosa Luxemburg sind keine Film- oder Tonaufnahmen überliefert. Die von ihr bekannten Fotografien sind zumeist professionell
inszenierte Studioaufnahmen. Die für die Spielfilme erzeugten bewegten Bilder der Filme haben daher umso mehr die Chance, ihre
Wirkung auf die Zuschauer zu entfalten. So, wie populäre Filme sie
in Szene setzen, werden sie die meisten Menschen in erster Linie erinnern. Das Medium Film trägt selbst dazu bei, einmal erschaffene
Filmbilder zu festigen, wie einerseits die Nachinszenierung des Dokumentarfilmes beweist. Andererseits hilft das Einfügen von Spielfilmszenen in Dokumentationen dabei, Geschichtsbilder zu erzeugen und
zu prägen. Sie tragen zur Verbreitung des filmisch geschaffenen Bildes
Luxemburgs bei, bei den meisten Zuschauern sicher mehr, als es jeder
geschriebene Text tun wird, denn wie der Soziologe Harald Welzer es
formulierte, braucht das » Gedächtnis […] die Bilder, an die sich die
Geschichte als eine erinner- und erzählbare knüpft, und es gibt zwar
Bilder ohne Geschichte, aber keine Geschichte ohne Bilder.«49
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen
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Produktion 1953, Exemplar Nr.: 70, Filmuniversität KONRAD WOLF/
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49 Harald Welzer: Das Gedächtnis der Bilder. Eine Einleitung, in: der. (Hrsg.),
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Arbeiterfreundin, Intellektuelle, Märtyrerin
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12.
Die Darstellung Rosa Luxemburgs in der
biographischen und literarischen Prosa
Julia Killet
Rosa Luxemburgs Gedanken und ihr Einsatz für den demokratischen
Sozialismus sind auch 102 Jahre nach ihrem Tod noch immer aktuell.1
Dies bezeugen zahlreiche wissenschaftliche Konferenzen zu ihrem Wirken und Denken, die seit Jahrzehnten auf der ganzen Welt stattfinden.
Selbst in Lateinamerika,2 den USA,3 China4 und Japan5 werden ihre
1
Teile des Textes sind der gleichnamigen Dissertation der Verfasserin entnommen, die 2020 beim Kulturmaschinen Verlag erschien.
2 Vgl. die Bücher von Isabel M. Loureiro. In: Monographien über Rosa Luxemburg im Bestand der Bibliothek der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin.
Online: www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/ADS/Monographien_
ueber_R_L_08–2012.pdf.
3 Vgl. Peter Hudis (Hrsg.): The Complete Works of Rosa Luxemburg. Economic
Writings, Bd. 1, New York 2015; Peter Hudis/Paul Le Blanc (Hrsg.): The Complete Works of Rosa Luxemburg. Economic Writings, Bd. 2, New York 2015.
4 Vgl. Ito Narihiko/Theodor Bergmann et al. (Hrsg.): China entdeckt Rosa
Luxemburg: Internationale Rosa-Luxemburg-Gesellschaft in Guangzhou
am 21./22.11.2004, Berlin 2007. Siehe auch: Rosa Luxemburg in China. Dokumentarfilm von Franz Bielefeld und Klaus Gietinger. China/BRD 2006.
5 Vgl. Narihiko Ito: Die Entstehung der Akkumulation des Kapitals von Rosa
Luxemburg und ihre Aktualität, in: Narihiko Ito: Wegweiser zum Gedenken
Rosa Luxemburgs, Tokio 2007, S. 169–210; Ito Narihiko: Rosa Luxemburg.
Gesammelte Aufsätze über die Welt der Rosa Luxemburg, Tokio 1998; Masao Nishikawa: Rosa Luxemburg: Bibliographie ihrer Schriften und der Literatur über sie 1945–2003, in: Masao Nishikawa.: Studies in the Humanities.
A Journal of Senshu University 3/2004, S. 1–57.
352
Julia Killet
Schriften herausgegeben und besprochen.6 Vier Jahre lang hatte das
Berliner Grips Theater das Stück »Rosa« auf dem Spielplan.7 Sängerinnen wie Gina Pietsch besingen ihr Leben8 und Schauspielerinnen
lesen aus ihren Liebesbriefen. Ein ostdeutsches Modelabel druckte
Rosa Luxemburgs getrocknete Senfpflanze auf ein T-Shirt,9 und es gibt
ein Comicbuch über ihr Leben, das übersetzt in 16 Sprachen vorliegt.10
Berühmte deutsche Dichter wie Bertolt Brecht, Paul Celan oder Kurt
Tucholsky schrieben Gedichte über Rosa Luxemburg, und bildende
Künstlerinnen und Künstler verewigten und verewigen sie in Gemälden.
In zahlreichen Werken wird Luxemburg auch zum Motiv der Literatur. Bis ins 21. Jahrhundert hinein erschienen mehr als 40 Biographien, außerdem Romane, Thriller, Krimis, Kurzgeschichten, Essays und literarische Reportagen. In diesem Beitrag werde ich darauf
eingehen, wie sich die politische Rezeption Rosa Luxemburgs in der
DDR und BRD in der Literatur widerspiegelt.
Der politische Umgang mit Rosa Luxemburg nach ihrem Tod war
in Ost und West gleichermaßen polarisiert. Schon in der Weimarer
Republik, vor allem aber während der Zeit des Kalten Krieges, wurde Luxemburg aufgrund ihres politischen Denkens und Handelns zu
ideologischen und politischen Zwecken instrumentalisiert.
Kurz nach ihrer Ermordung versuchten Sozialdemokraten und
Kommunisten Luxemburg für sich zu vereinnahmen. Bei den Kommunisten etablierte sich eine neue Sichtweise auf Luxemburg, nachdem ihre fragmentarische Schrift über die Russische Revolution
1922 postum erschienen war. Darin begrüßte Luxemburg zwar die
6
7
Siehe dazu Vorbemerkung von Annelies Laschitza, GW, Bd. 1/1, S. VII.
Das Theaterstück »Rosa« von Volker Ludwig und Franziska Steiof wurde
2008 im Berliner GRIPS Theater uraufgeführt.
8 Die Sängerin Gina Pietsch hat seit 2018 ein Rosa-Luxemburg-November
revolutions-Programm in ihrem musikalischen Repertoire.
9 T-Shirt »Rosa × Senf«. Online: https://shop.laba.de/produkt/t-shirt-senf-her
barium-rosa-luxemburg-h/.
10 Kate Evans: Rosa. Die Graphic Novel über Rosa Luxemburg, Berlin 2019.
Rosa Luxemburg in der biographischer und literarischer Prosa
353
Revolution, kritisiert aber fehlende demokratische Strukturen. Lenin,
der seine Revolution angegriffen sah, antwortete auf diese Veröffentlichung durch Paul Levi mit einer Sentenz, die Rosa Luxemburgs
rezeptionsgeschichtliches Schicksal innerhalb der kommunistischen
Bewegung prägen sollte:
»Wir antworten darauf mit ein paar Zeilen aus einer trefflichen russischen Fabel: Wohl traf ’s sich, dass des Adlers Flug ihn niedriger, als
Hühner fliegen, trug, doch fliegen Hühner nie auf Adlershöh’n. Rosa
Luxemburg irrte in der Frage der Unabhängigkeit Polens; sie irrte 1903
in der Beurteilung des Menschewismus; sie irrte in der Theorie der Akkumulation des Kapitals; sie irrte, als sie im Juli 1914 […] für die Vereinigung der Bolschewiki mit den Menschewiki eintrat; sie irrte in ihren
Gefängnisschriften von 1918 […]. Aber trotz aller dieser ihrer Fehler war
sie und bleibt sie ein Adler […].«11
In der folgenden Zeit – vor allem aber nach Lenins Tod – wurden politische Positionen Rosa Luxemburgs von der Führung der Komintern
und KPD unter dem Begriff des Luxemburgismus als fehlerhaft abgewertet. Der Vorwurf des Luxemburgismus setzte sich in der DDR
fort und war ebenfalls in der Sowjetunion sowie in westdeutschen
K-Gruppen vorherrschend. Dies führte dazu, dass Luxemburg als
Märtyrerin und Mitbegründerin der KPD zu einer Symbolfigur stilisiert – eine theoretische Auseinandersetzung mit ihrem politischen
Denken jedoch gleichzeitig verhindert wurde. Dadurch war die Person Luxemburg von ihrem Werk getrennt worden. Zwar prangte ihr
Profilbild auf Fahnen, ihre Schriften jedoch rückten mehr und mehr
in den Hintergrund.
11 Wladimir Iljitsch Lenin: Notizen eines Publizisten. In: Wladimir Iljitsch
Lenin: Werke, Bd. 33, Berlin 1977, S. 194–195. Dem Artikel ist folgender Zusatz angefügt: »Geschrieben Ende Februar 1922. Zuerst veröffentlicht am
16. April 1924 in der Prawda Nr. 87. Nach dem Manuskript.«
354
Julia Killet
In der BRD hielt sich konträr dazu das Bild von der blutigen
Rosa als Repräsentantin des Kommunismus aufrecht, die Deutschland nach dem Vorbild der Russischen Revolution ins Verderben
stürzen wollte. Geprägt wurde dieses Bild von der nationalistischen
und bürgerlichen Presse seit dem Jahr 1901.12 Von diesem Zeitpunkt
an verwandten ihre Gegner und Feinde diese Bezeichnung als inoffiziellen Namen Rosa Luxemburgs. Während der Novemberrevolution wetterte selbst die sozialdemokratische Presse in diesem Tenor
gegen Rosa Luxemburg.
Inwiefern das Bild der blutigen Rosa die politische Landschaft der
BRD prägte, veranschaulicht ein Streit, der entbrannte, nachdem
Rosa Luxemburg auf einer Briefmarke abgebildet worden war. Während die Ermordung Luxemburgs im Bulletin der Bundesregierung13
unter Konrad Adenauer noch als »standrechtliche Erschießung« euphemisiert14 wurde, ließ die Deutsche Bundespost unter Willy Brandt
Mitte der 1970-er Jahre eine Sonderbriefmarke mit dem Portrait Rosa
Luxemburgs drucken. Die 40-Pfennig-Marke erschien auf den Tag
genau zu Luxemburgs 55. Todestag, am 15. Januar 1974,15 in der Briefmarkenserie Bedeutende deutsche Frauen zusammen mit den Konterfeis
der Frauenrechtlerinnen Luise Otto-Peters (1819–1895),16 Helene Lan-
12 Vgl. Paul Frölich: Rosa Luxemburg: Gedanke und Tat, Frankfurt a. M. 1967,
S. 98.
13 Auf der Webseite der Bundesregierung heißt es über das Bulletin: »Das Bulletin der Bundesregierung gibt es seit dem Jahr 1951. In gedruckter Fassung
wurden dort Reden, Verlautbarungen, Bekanntmachungen, auch Statistiken,
welche die Bundespolitik betrafen, veröffentlicht.«. Online: www.bundesre
gierung.de/Webs/Breg/DE/Service/Bulletin/erklaerender_Hinweis_artikel.
html.
14 Die Rolle Piecks, in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, 8.2.1962, S. 223.
15 Michel Deutschland-Katalog, Unterschleißheim 2006/2007, S. 845. Der
Satz erschien in einer Auflage von 20 Millionen.
16 Publizistin und Vorkämpferin der deutschen Frauenbewegung.
Rosa Luxemburg in der biographischer und literarischer Prosa
355
ge (1848–1930)17 und Gertrud Bäumer (1873–1954).18 Noch vor dem
Druck, nach der ersten Bekanntgabe in den Tageszeitungen, folgte
eine Welle der Empörung in der Öffentlichkeit, die der LuxemburgBiograph Frederik Hetmann ausführlich dokumentierte: »Dagegen
ist Ulrike Meinhof geradezu ein harmloses Schäfchen …«, schrieb ein
Leser in der Rheinischen Post.19 Ein anderer Leser fand, »dass die Widmung einer Sondermarke die selbstzerstörerische Verherrlichung einer
kommunistischen Diktatur« sei.20 Institutionen wie die Wiesbadener
Industrie- und Handelskammer lehnten die Annahme von Briefen
mit der Luxemburg-Briefmarke ab.21 Der Bundespostminister Horst
Ehmke22 von der SPD-Regierung verteidigte hingegen den Vorschlag
seines Referenten für Postwertzeichen und erhielt dafür 200 Protestbriefe.23 Selbst im Bundestag wurde das Erscheinen der LuxemburgBriefmarke debattiert.24 Richard Stücklen von der CSU beschuldigte
den Bundespostminister Ehmke, er »marschiere im Geiste bei der
SED mit«.25 Ehmke stellte seinerseits Luxemburg als eine »glühende
Pazifistin, eine Frau, die lange vor unserer Zeit wusste, dass es jenseits
des Friedens keine Existenz gibt«26 vor. Doch die Bemühungen des
17 Gründerin des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins.
18 Deutsche Schriftstellerin.
19 Frederik Hetmann: Rosa L. Die Geschichte der Rosa Luxemburg und ihrer
Zeit. Mit dokumentarischen Fotos, Weinheim 1976, S. 10. Hetmann: Rosa
L., S. 10. [Kurztitel]
20 Ebd., S. 11.
21 Vgl. ebd., S. 15 f.
22 Der Sozialdemokrat Horst Ehmke war 1972–1974 Bundesminister für das
Post- und Fernmeldewesen. Zuvor war er Bundesminister der Justiz.
23 Vgl. Hetmann: Rosa L., S. 13. [Kurztitel]
24 Vgl. Deutscher Bundestag, 61. Sitzung, Bonn, 25.10.1973. Online: http://
dipbt.bundestag.de/doc/btp/07/07061.pdf; Deutscher Bundestag, 79. Sitzung,
14.2.1974. Online: http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/07/07079.pdf; Deutscher Bundestag, 80. Sitzung, Bonn, 15.2.1974. Online: http://dip21.bundes
tag.de/dip21/btp/07/07080.pdf.
25 Vgl. Deutscher Bundestag, 80. Sitzung.
26 Deutscher Bundestag, 61. Sitzung, S. 3584.
356
Julia Killet
sozialdemokratischen Postministers fanden bei großen Teilen der Bevölkerung keinen Anklang. Die Wochenzeitung Das Ostpreußenblatt
schrieb 1974: »Zahlreiche Kunden lehnen das Postprodukt ab und
verlangen andere 40-Pfennig-Marken […]. Viele Kunden betonen
ausdrücklich beim Markenkauf: ›nicht das Flintenweib‹ oder ›das rote
Weib wollen wir nicht‹.«27
Diese emotional gefärbten und posthumen Wahrnehmungen Luxemburgs finden sich zum Teil auch in verschiedenen Biographien.
Beispielsweise in den Schriften der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Weggefährtinnen und Weggefährten Luxemburgs: Clara Zetkin
verwob in ihrem Nachruf »Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht«28
ihre Luxemburg-Darstellung von einer internationalen Sozialistin
mit Heinrich Heines Gedicht »Hymnus« und verband diese mit einer
erbitterten Anklage gegen die SPD, die sie für die Ermordung Luxemburgs verantwortlich machte. Luise Kautsky hingegen warnte in
ihrem Gedenkbuch »Rosa Luxemburg« (1929)29 eindringlich vor einer
Inanspruchnahme Luxemburgs durch die KPD; während Karl Radek
sie in seinem Nachruf »Leben und Kampf unserer Genossin Rosa Luxemburg« (1919)30 als eine Märtyrerin der KPD stilisierte. Frei von
politischen Zuschreibungen war das Luxemburg-Bild des Zeitzeugen
Paul Frölich in seiner Biographie »Rosa Luxemburg: Gedanke und
Tat«.31 Durch seine Unabhängigkeit von der KPD konnte er seine
Biographie 1939 jenseits der in der Komintern herrschenden Ideolo27 Verschonen Sie mich mit dieser Dame, in: Das Ostpreußenblatt. Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland, 23.2.1974, S. 2.
28 Clara Zetkin: Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Aus einem Artikel.
Februar 1919, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED
(Hrsg.): Clara Zetkin. Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 2. Auswahl
aus den Jahren 1918 bis 1923, Berlin 1960, S. 75–92.
29 Luise Kautsky: Rosa Luxemburg. Ein Gedenkbuch, Berlin 1929.
30 Karl Radek: Leben und Kampf unserer Genossin Rosa Luxemburg, in: Ernest Mandel/Karl Radek: Rosa Luxemburg. Leben – Kampf – Tod, Frankfurt a. M. 1986, S. 10–45.
31 Paul Frölich: Rosa Luxemburg: Gedanke und Tat, Berlin 1990 [1939].
Rosa Luxemburg in der biographischer und literarischer Prosa
357
giekämpfe veröffentlichen und präsentierte Rosa Luxemburg als undogmatische demokratische Sozialistin.32
Zum Abschluss der Umwandlung der SED in eine stalinistische
»Partei neuen Typus« schuf Fred Oelßner 1951 mit seiner Biographie
»Rosa Luxemburg. Eine kritische Skizze«33 ein »Gegengift« gegen
entscheidende Positionen Rosa Luxemburgs und systematisierte den
angeblichen Luxemburgismus zu einem eigenständigen Fehlersystem.
Wie Rosa Luxemburg in der DDR gesehen werden sollte, wird auch
am Beispiel eines DEFA-Zweiteilers von Günther Reisch deutlich. In
den Spielfilmen »Trotz alledem!« und »Solange Leben in mir ist« aus
den Jahren 1965 und 1971 stand die Figur Rosa Luxemburg im Schatten Karl Liebknechts, der zur wegweisenden Figur der Novemberrevolution aufgewertet wurde.34
Abgesehen von diesen Schriften (oder Darstellungen) ging es den
meisten Biographinnen und Biographen jedoch darum, die historische
Persönlichkeit Rosa Luxemburg von ihren politisch motivierten Stigmatisierungen zu befreien. In der BRD adressierte Peter Nettl 1965 seine
900 Seiten umfassende Biographie »Rosa Luxemburg«35 an die Studierenden der europäischen Universitäten und stellte Rosa Luxemburg
als Vorbild für die sozialistische Bewegung dar. Seine Biographie, die
noch heute als Standardwerk gilt und zuerst auf Englisch, dann auf
Deutsch publiziert wurde, erschien drei Jahre vor den großen Studentenrevolten und kurz vor einer dreibändigen Ausgabe ihrer Schriften,
die 1966 von Ossip K. Flechtheim herausgegeben wurde.36 Nettls Forschungsarbeit über Luxemburg ist auch deshalb so bedeutend, weil der
Forscher zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf die »Gesammelten Wer32 Vgl. zum Verhältnis Frölichs zu Luxemburg auch den Beitrag von Riccardo
Altieri in Bd. 2.
33 Fred Oelßner: Rosa Luxemburg. Eine kritische Skizze. Berlin 1951.
34 Vgl. dazu auch den Beitrag von Kathrin Nachtigall im vorliegenden Band.
35 Peter Nettl: Rosa Luxemburg, Frankfurt a. M. [u. a.] 1970 [1965].
36 Ossip K. Flechtheim (Hrsg.): Rosa Luxemburg. Politische Schriften I–III,
Frankfurt a. M. 1966.
358
Julia Killet
ke«37 und »Gesammelten Briefe«38 Rosa Luxemburgs zurückgreifen
konnte, allerdings umfassende Unterstützung durch den Begründer der
wissenschaftlichen Rosa-Luxemburg-Forschung, Feliks Tych, erhielt.39
Es kann davon ausgegangen werden, dass unter anderem Nettls Initiative die Bestrebungen in der DDR beförderte, das Gesamtwerk Luxemburgs herauszugeben. 1951 waren von der SED zunächst einige
ausgewählte Schriften veröffentlicht worden – mit umfangreichen zu
Einleitungen umfunktionierten Texten von Lenin, Stalin und Pieck,
wie man Rosa Luxemburg nicht verstehen dürfe. Danach geschah
lange Zeit nichts. Erst zwanzig Jahre später erschienen rund um den
100. Geburtstag Rosa Luxemburgs, im Jahr 1970, die ersten Bände
der »Gesammelten Werke« sowie eine Luxemburg-Biographie von
Annelies Laschitza und Günter Radczun.40 Auf die umstrittene Schrift
Rosa Luxemburgs »Zur Russischen Revolution« musste bis 1974 gewartet werden. (In Moskau und allen anderen ehemaligen Ostblockstaaten erschien sie erst 1990). Der Luxemburgismus herrschte, also
auch noch nach Stalins Tod im Jahre 1953 und nach dem historischen Parteitag der KPdSU im Jahre 1956, auf dem Parteichef Nikita
Chruschtschow die Entstalinisierung verkündete, vor.
Darum näherte sich der bekannte Feuilletonist der DDR Heinz
Knobloch in seiner 1985 in Ostberlin erschienenen Biographie »Meine liebste Mathilde. Geschichte zum Berühren«41 Rosa Luxemburg
über ihre Sekretärin und Vertraute Mathilde Jacob. Im gleichen Jahr
ließ der Moskauer Historiker Jakow Drabkin in seiner Gruppen-Bio37 Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke, Bd. 1–5, hrsg. v. Günter Radczun,
Berlin 1982–1984.
38 Rosa Luxemburg: Gesammelte Briefe, Bde. 1–5, hrsg. v. Annelies Laschitza/
Günter Radczun, Berlin 1982–1984.
39 Vgl. Nettl: Rosa Luxemburg. S. 15. [Kurztitel]
40 Annelies Laschitza/Günter Radczun: Rosa Luxemburg. Ihr Wirken in der
deutschen Arbeiterbewegung, Frankfurt a. M. 1971.
41 Heinz Knobloch: Meine liebste Mathilde. Geschichte zum Berühren, Berlin
1985.
Rosa Luxemburg in der biographischer und literarischer Prosa
359
graphie »Die Aufrechten. Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz
Mehring, Clara Zetkin«42 einen fiktiven Geschichtswissenschaftler
politisch heikle Positionen ansprechen, um nicht selbst dem Vorwurf
zu erliegen, Rosa Luxemburgs Fehler nicht erkannt zu haben.
In der BRD schrieben die Biographinnen und Biographen gegen
das Bild der blutigen Rosa an. Sie setzten Rosa Luxemburgs Humanismus dem Bild der blutigen Rosa entgegen. Helmut Hirsch vermied
es in seiner Biographie »Rosa Luxemburg in Selbstzeugnissen und
Bilddokumenten«,43 Rosa Luxemburg als Revolutionärin zu bezeichnen, vielmehr stellte er ihre Menschlichkeit in den Vordergrund, die
Antrieb für ihr politisches Wirken gewesen sei. In seiner Kinder- und
Jugend-Biographie »Rosa L. Die Geschichte der Rosa Luxemburg
und ihrer Zeit«44 diskutierte Frederik Hetmann genau die Themen,
die dem Bild der blutigen Rosa anhaften: die Frage der Gewalt und
Rosa Luxemburgs revolutionäre Ziele im Spartakusbund und in der
KPD. Er kommt zu dem Schluss, dass Rosa Luxemburgs Sinn für
eine gerechte Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung ihr
den Weg zu einem revolutionären Sozialismus geebnet habe. Margarethe von Trotta konzentrierte sich 1986 in ihrem bis heute einzigen
Spielfilm »Rosa Luxemburg«45 auf die private Seite Rosa Luxemburgs,
was dazu führte, dass der Film bei den Zuschauern in Ost und West
gleichermaßen Beifall fand.
Einen ähnlichen politischen Kurs wie die Biographinnen und Biographen verfolgten auch die Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Sie
zeigen eine Rosa Luxemburg, die in keine Schublade passt. Obwohl
ihnen durch das Medium der literarischen Prosa die Möglichkeit der
Fiktion, also der erfundenen Gestaltung, offensteht, weichen nur
42 Jakow Drabkin: Die Aufrechten. Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz
Mehring, Clara Zetkin, Berlin 1988 [1985].
43 Helmut Hirsch (2004): Rosa Luxemburg in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 2004. [1969].
44 Hetmann: Rosa L. a. a. O.
45 Margarethe von Trotta: Rosa Luxemburg, 1986.
360
Julia Killet
wenige Luxemburg-Darstellungen von dem Leben und Wirken der
historischen Rosa Luxemburg ab. Selbst in den kontrafaktischen Geschichten von Hans Pfeiffer46 und Christian von Ditfurth,47 bei denen
die Verlage im Klappentext der Bücher fragen, »Was wäre gewesen,
wenn Rosa Luxemburg nicht ermordet worden wäre?«, ereilt Rosa Luxemburg zu einem späteren Zeitpunkt das gleiche Schicksal wie in
ihrem realen Leben. Verzerrt und bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet
erscheint Rosa Luxemburg nur in Alfred Döblins Roman »November
1918. Karl und Rosa«.48 Frei nach seinem eigenen Leitsatz »Der historische Roman ist erstens ein Roman und zweitens keine Historie«
reduziert er seine Figur Rosa auf eine psychisch gestörte Frau, die zur
bereuenden Christin wird und ihre politischen Standpunkte am Ende
revidiert.
Den von der Zensur betroffenen Schriftstellerinnen und Schriftstellern der DDR bot die literarische Prosa die Möglichkeit, ein anderes Luxemburg-Bild zu erarbeiten, als es durch die luxemburgistische
Stilisierung der SED-Führung vorgegeben war. Heinz Knobloch beschreibt in seinem literarischen Artikel »Friedrichsfelder Gedanken«49
Rosa Luxemburgs Feinfühligkeit für die kleinen Dinge im Leben und
wies schon 1969 explizit darauf hin, dass auch Fehler menschlich seien.
In ihrem Kinderbuch »Rosalie«50 lässt Maria Seidemann ihre jugendliche Figur Rosa verschiedene Entwicklungsstufen auf dem Weg zu
einer Sozialistin beschreiten. In Heiner Müllers Dankrede »Die Wun-
46 Hans Pfeiffer: Der Selbstmord der Rosa Luxemburg. Historische Phantasien,
Leipzig 1997.
47 Christian von Ditfurth: Das Luxemburg-Komplott. Thriller, München 2008
[2005].
48 Döblin, Alfred : November 1918. Eine deutsche Revolution. Erzählwerk in
drei Teilen. Dritter Teil. Karl und Rosa. Frankfurt a. M. 2013 [1950].
49 Heinz Knobloch: Friedrichsfelder Gedanken, in: Heinz Knobloch: Täglich
geöffnet. Halle/Saale 1970 [1969], S. 143–153.
50 Maria Seidemann: Rosalie. Frankfurt a. M. 1990 [1988].
Rosa Luxemburg in der biographischer und literarischer Prosa
361
de Woyzecks. Für Nelson Mandela«51 bei der Verleihung des GeorgBüchner-Preises 1988 stand Rosa Luxemburg für das Scheitern des
Nationalsozialismus, für das Scheitern des Stalinismus und vorausschauend für das Scheitern der DDR.52
Schlussbetrachtung und Ausblick
Ihre alternativen, undogmatischen und vorausschauenden politischen
Anschauungen, ihre außergewöhnliche Persönlichkeit, ihre jahrelange
Gefangenschaft, ihre Ermordung und letztlich der Vorwurf des Luxemburgismus lassen Rosa Luxemburg für alle Seiten zu einem Mythos und damit auch zu einem Motiv der Prosa werden. Die Analyse
der Darstellung Rosa Luxemburgs in der Prosa ermöglicht es daher,
ihre Persönlichkeit gesellschaftlich, historisch, politisch und rezeptionsgeschichtlich einzuordnen. Weitere literaturwissenschaftliche
Analysen des Luxemburg-Bildes in Kinderliteratur, im Drama oder
in der Lyrik wären sicherlich ebenso ertragreich. Aber auch die eigene Beschäftigung Rosa Luxemburgs mit klassischer Literatur und
deren Einflechtung als Stilmittel in ihre politischen Reden53 würden
die Luxemburg-Forschung bereichern. Am 15. Januar 2019 jährte sich
Rosa Luxemburgs Todestag zum 100. Mal. Am 5. März 2021 wird ihr
150. Geburtstag gefeiert. Die Literatur-, Kultur- und Kommunikati51 Heiner Müller: Die Wunde Woyzecks. Für Nelson Mandela, in: Heiner Müller: Werke 8, Schriften. Frankfurt a. M. 2005 [1985], S. 281–283.
52 Es handelt sich in Heiner Müllers Dankrede nur um einen Satz über Rosa
Luxemburg, der jedoch einen großen Interpretationsspielraum eröffnet:
»Der Jäger Runge ist sein [Woyzecks, Anm. d. Verf.] blutiger Bruder, / proletarisches Werkzeug der Mörder von Rosa Luxemburg; sein Gefängnis / heißt
Stalingrad, wo die Ermordete ihm in der Maske der Kriemhild / entgegentritt; ihr Denkmal steht auf dem Mamaiahügel, ihr deutsches / Monument,
die Mauer, in Berlin, der Panzerzug der Revolution, zu Politik / geronnen.«
53 Zu Luxemburg als politischer Rednerin vgl. auch den Beitrag von Dietmar
Till im vorliegenden Band.
362
Julia Killet
onswissenschaft könnte weitere gewinnbringende Aspekte zur Erforschung der facettenreichen Persönlichkeit Rosa Luxemburgs beitragen und wird das hoffentlich, auch durch diese Jubiläen animiert, tun.
Rosa Luxemburg wurde in West und Ost als Gefahr angesehen, weil
ihre politische Überzeugung antikapitalistisch und demokratisch-sozialistisch war. Heute wird ihr Werk international als eine nicht erprobte sozialistische Alternative erforscht.
Literaturverzeichnis
Döblin, Alfred: November 1918. Eine deutsche Revolution. Erzählwerk in drei
Teilen. Dritter Teil. Karl und Rosa. Frankfurt a. M. 2013 [1950].
Drabkin, Jakow: Die Aufrechten. Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz
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Flechtheim, Ossip K. (Hrsg.): Rosa Luxemburg. Politische Schriften I–III, Frankfurt a. M. 1966.
Frölich, Paul: Rosa Luxemburg: Gedanke und Tat, Berlin 1990 [1939].
Frölich, Paul: Rosa Luxemburg: Gedanke und Tat, Frankfurt a. M. 1967.
Hetmann, Frederik: Rosa L. Die Geschichte der Rosa Luxemburg und ihrer
Zeit. Mit dokumentarischen Fotos, Weinheim 1976.
Hirsch, Helmut (2004): Rosa Luxemburg in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 2004. [1969].
Kautsky, Luise: Rosa Luxemburg. Ein Gedenkbuch, Berlin 1929.
Knobloch, Heinz: Friedrichsfelder Gedanken, in: Heinz Knobloch: Täglich geöffnet. Halle/Saale 1970 [1969], S. 143–153.
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Lenin, Wladimir Iljitsch: Notizen eines Publizisten. In: Wladimir Iljitsch Lenin:
Werke, Bd. 33, Berlin 1977, S. 194–195.
Rosa Luxemburg in der biographischer und literarischer Prosa
363
Luxemburg, Rosa: Gesammelte Briefe, Bde. 1–5, hrsg. v. Annelies Laschitza/
Günter Radczun, Berlin 1982–1984.
Luxemburg, Rosa: Gesammelte Werke, Bd. 1–5, hrsg. v. Günter Radczun, Berlin
1982–1984.
Müller, Heiner: Die Wunde Woyzecks. Für Nelson Mandela, in: Heiner Müller:
Werke 8, Schriften. Frankfurt a. M. 2005 [1985], S. 281–283.
Nettl, Peter: Rosa Luxemburg, Frankfurt a. M. [u. a.] 1970 [1965].
Oelßner, Fred: Rosa Luxemburg. Eine kritische Skizze. Berlin 1951.
Ohne Autor: Die Rolle Piecks, in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der
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Ohne Autor: Verschonen Sie mich mit dieser Dame, in: Das Ostpreußenblatt.
Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland, 23.2.1974.
Pfeiffer, Hans: Der Selbstmord der Rosa Luxemburg. Historische Phantasien,
Leipzig 1997.
Radek, Karl: Leben und Kampf unserer Genossin Rosa Luxemburg, in: Ernest
Mandel/Karl Radek: Rosa Luxemburg. Leben – Kampf – Tod, Frankfurt
a. M. 1986, S. 10–45.
Seidemann, Maria: Rosalie. Frankfurt a. M. 1990 [1988].
Von Ditfurth, Christian: Das Luxemburg-Komplott. Thriller, München 2008
[2005].
Zetkin, Clara: Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Aus einem Artikel. Februar
1919, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): Clara
Zetkin. Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 2. Auswahl aus den Jahren
1918 bis 1923, Berlin 1960, S. 75–92.
13.
Autorinnen und Autoren
Sven Brajer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Hygiene-Museum Dresden und freier Mitarbeiter am Zentrum Mittleres
und Östliches Europa an der TU Dresden.
Sevgi Doğan ist Gastforscherin und Koordinatorin des SAR-Netzwerks (Scholars at Risk) im International Office der Scuola Normale
Superiore, Italien.
Rosa Rosa Gomes hat ihr Masterstudium in Wirtschaftsgeschichte an
der Universität von São Paulo, Brasilien abgeschlossen und ist dort
ebenfalls Mitglied von GMARX-LEPHE.
Frank Jacob ist Professor für Globalgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Nord Universitet, Norwegen.
Julia Killet ist Regionalbüroleiterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Bayern mit Sitz in München.
Hedwig Lieback ist Doktorandin der Politikwissenschaften, mit einem
Schwerpunkt in politischer Theorie, an der Columbia University in
New York, USA.
Malte Meyer ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
in Sankt Augustin.
366
Autorinnen und Autoren
Dana N. Mills ist die Autorin von Rosa Luxemburg in der Reihe Critical Lives (Reaktion Books, 2020).
Kathrin Nachtigall ist Doktorandin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität Berlin und forscht zum Szenenbild
im Historienfilm.
Albert Scharenberg ist Leiter des Historischen Zentrums der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin.
Jörn Schütrumpf ist Leiter der »Fokusstelle Rosa Luxemburg« der RosaLuxemburg-Stiftung in Berlin.
Soonim Shin, Magistra Artium, ist Diplom-Sozialarbeiterin (FH) und
Psychologische Beraterin in Wien, Österreich.
Dietmar Till ist Professor für Allgemeine Rhetorik an der Universität
Tübingen.