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Präkanzeröse Veränderungen der Zervix

2011, Der Pathologe

Schwerpunkt: HPV-bedingte Veränderungen Nicht in allen Fällen gelingt es, mit dem Papanicolaou(PAP)-Abstrich eine präzise Vorhersage für eine möglicherweise vorliegende höhergradige präkanzeröse Läsion der Zervix zu stellen. Der Humane-Papilloma-Virus(HPV)-Test zeigt zwar das Risiko für die Entstehung einer solchen Veränderung an, weist aber keine hohe positive Prädiktion auf. Daher kann eine unerwünscht hohe Rate an Übertherapien resultieren. Demzufolge sind andere Testverfahren wünschenswert, mit denen eine effektive Follow-up-Erhebung für Frauen etabliert werden kann, die einen auffälligen zytologischen Vorbefund aufweisen. Eine Chance besteht im Einsatz von neuen Biomarkern. Schwerpunktherausgeber D. Schmidt, Mannheim Abb. 1 9 Starke diffuse p16-Reaktion in einem plattenepithelialen Carcinoma in situ und in einem angrenzenden Adenocarcinoma in situ. (p16 INK4a -Immunfärbung, Vergr. 100:1)

Schwerpunkt: HPV-bedingte Veränderungen Pathologe 2011 · 32:484–490 DOI 10.1007/s00292-011-1478-3 Online publiziert: 17. September 2011 © Springer-Verlag 2011 Schwerpunktherausgeber D. Schmidt, Mannheim D. Schmidt Institut für Pathologie, Mannheim Präkanzeröse Veränderungen der Zervix Biomarker in der zytologischen Diagnostik Nicht in allen Fällen gelingt es, mit dem Papanicolaou(PAP)-Abstrich eine präzise Vorhersage für eine möglicherweise vorliegende höhergradige präkanzeröse Läsion der Zervix zu stellen. Der Humane-Papilloma-Virus(HPV)-Test zeigt zwar das Risiko für die Entstehung einer solchen Veränderung an, weist aber keine hohe positive Prädiktion auf. Daher kann eine unerwünscht hohe Rate an Übertherapien resultieren. Demzufolge sind andere Testverfahren wünschenswert, mit denen eine effektive Follow-up-Erhebung für Frauen etabliert werden kann, die einen auffälligen zytologischen Vorbefund aufweisen. Eine Chance besteht im Einsatz von neuen Biomarkern. Diagnostische Probleme Die Diskussion um die geringe Sensitivität des PAP-Abstrichs in der Zervixkarzinomfrüherkennung für die Erkennung präkanzeröser oder karzinomatöser Veränderungen währt schon seit vielen Jahren, wird in letzter Zeit aber wieder mit größerer Intensität geführt. Die Befürworter der konventionellen zytologischen Untersuchung weisen auf die unbestrittenen Erfolge der PAP-Zytologie hin, die zu einer beeindruckenden Reduktion der Inzidenz und Mortalität des Zervixkarzinoms in Deutschland geführt haben. Die Kritiker beklagen die im internationalen Vergleich zu hohen Inzidenzund Mortalitätsraten, insbesondere im Vergleich zu den skandinavischen Ländern und den Niederlanden. In der täglichen zytologischen Diagnostik spielt jedoch nicht nur das richtige Erkennen behandlungsbe- dürftiger Läsionen im Screening eine wichtige Rolle, sondern es gilt, diejenigen Fälle weiterabzuklären, bei denen die Diagnose anhand der konventionellen Papanicolaou-Methode zunächst unklar bleibt [Gruppe III oder IIW der Münchner Nomenklatur, „atypical squamous cells of undetermined significance“ (ASC-US) der Bethesda-Klassifikation]. Des Weiteren ergeben sich Probleme bei den Fällen mit der Diagnose einer leichten Dysplasie [Gruppe IIID bzw. „low-grade squamous intraepithelial lesion“ (LSIL)]. Sowohl unter den unklaren als auch hinter den Fällen einer leichten Dysplasie können sich höhergradige Dysplasien [“cervical intraepithelial neoplasia“(CIN) 2/3] oder sogar invasive Karzinome verbergen: Bis zu 60% der CIN vom Grad 2 oder 3 manifestieren sich primär als Fälle mit einer zytologischen Beurteilung als unklaren Befunde (ASC-US) oder leichte Dysplasien (LSIL). Unklare Befunde Abb. 1 9 Starke diffuse p16-Reaktion in einem plattenepithelialen Carcinoma in situ und in einem angrenzenden Adenocarcinoma in situ. (p16INK4aImmunfärbung, Vergr. 100:1) 484 | Der Pathologe 6 · 2011 In der Gruppe der unklaren Befunde (ASC-US) verbergen sich in ca. 5–10% histologisch nachweisbare CIN-2/3-Läsionen [1]. Um die Diagnose bei den ASCUS-Fällen weitereinzugrenzen, wird heute entweder die zytologische Untersuchung wiederholt oder ein HPV-Test durchgeführt. Falls dieser positiv ist, folgen die kolposkopische Untersuchung und die Biopsie. Bei diesem Vorgehen ist zu berücksichtigen, dass deutliche Limitierungen hinsichtlich der Spezifität des HPVTests bestehen. Zirka 40–50% der ASCUS-Fälle sind positiv für Hochrisiko- HPV-Typen; bei den jungen Frauen kann dieser Anteil noch deutlich höher liegen [2]. In über 80% der HPV-positiven ASCUS-Fälle sind jedoch keine CIN 2 oder höhergradigen Läsionen nachweisbar. Leichte Dysplasie In der LSIL-Gruppe lassen sich in ca. 15– 20% der Fälle durch nachfolgende Kolposkopien und Biopsieentnahmen CIN 2 oder höhergradige Läsionen identifizieren [3]. Für die leichten Dysplasien besteht eigentlich nur die Möglichkeit der zytologischen Kontrolle oder der direkten Überweisung in die Dysplasiesprechstunde, nicht jedoch der Triage mit dem HPVTest, da ca. 80% der LSIL-Fälle positiv für Hochrisiko-HPV-Typen sind [3]. Niedrige positive Prädiktion Die Daten zeigen also zum einen, dass es mit dem PAP-Abstrich nicht in allen Fällen gelingt, eine präzise Vorhersage für eine möglicherweise vorliegende höhergradige Läsion zu stellen. Andererseits zeigt der HPV-Test zwar das Risiko für die Entstehung einer solchen Veränderung an; es gelingt aber mit diesem Test nicht, eine Erkrankung mit einem hohen Vor- hersagewert (positive Prädiktion) zu identifizieren. Daher kann es auch zu einer unerwünschten, hohen Rate an Übertherapien kommen. Der positive Prädiktionswert (PPV) des HPV-Tests ist schlecht und liegt bei ca. 10%, je nachdem, was als Zielläsion definiert ist, welches Kollektiv betrachtet wird und wie hoch die HPV-Prävalenz ist. Das bedeutet, dass von 100 Frauen mit einem positiven HPV-Test nur 10 im Sinne der Zielläsion erkrankt sind. Der PPV der zytologischen Methoden liegt demgegenüber deutlich höher, bei etwa 30–50%, wiederum je nach Zielläsion. Tests auf humane Papillomaviren Für die Testung auf HPV steht eine Vielzahl verschiedener Testverfahren zur Verfügung (Übersicht s. Beitrag Wentzensen in dieser Ausgabe von Der Pathologe). Darunter befinden sich DNA-Testverfahren, die von der Food and Drug Administration (FDA) der USA für bestimmte klinische Situationen zugelassen sind, aber auch eine Vielzahl anderer Methoden, die keine derartige Zulassung besitzen, nicht selten auch „im Eigenbau“ entwickelte Modifikationen der Polymerase-Kettenreaktion („polymerase chain reaction“, PCR), deren Qualität nicht sicher einzuschätzen ist. Es ist keineswegs so, dass sich in vergleichenden Untersuchungen die Ergebnisse der verschiedenen Verfahren decken, d. h., es kann an derselben Probe im einen Labor zu positiven, im anderen Labor zu negativen HPV-Befunden kommen. Eine Validierung eines Tests im eigenen Labor ist daher bei seiner Einführung unerlässlich. An dieser Stelle kann auf die Besonderheiten der verschiedenen Testverfahren mit ihren Vorteilen und möglichen „pitfalls“ nicht näher eingegangen werden. Es soll nur angemerkt werden, dass die Beschäftigung mit diesem Thema für die Pathologen in Deutschland durchaus relevant werden kann, wenn es infolge der momentan stattfindenden Diskussion zu einer Änderung des Verfahrens der Zervixkarzinomfrüherkennungsuntersuchung kommen sollte. Generell weisen die verschiedenen HPV-DNA-Tests HPV-DNA von „Highrisk“-(HR)Viren nach, können aber nicht unterscheiden, ob es sich um eine transiente oder eine persistierende Infektion handelt. Im Gegensatz dazu detektieren Tests wie der Aptima-HPV-Test der Fa. Gen-Probe die Expression der E6und E7-Gene der HPV-HR-Viren. Die- Schwerpunkt: HPV-bedingte Veränderungen p16INK4a Immunhistochemische Reaktion Abb. 2 9 CINtec-Pluspositive Dyskaryosen. Mehrere Zellen zeigen eine Doppelfärbung mit p16 (braun) und Ki-67 (rot; Vergr. 400:1) Abstrich Pap III / II W Pap III D p16 / Ki-67 Positiv Negativ Kolposkopie + Biopsie Weiteres Vorgehen abhängig vom Ergebnis p16 / Ki-67 Positiv Negativ Kolposkopie + Biopsie Reguläres Screening Weiteres Vorgehen abhängig vom Ergebnis Zytologische Kontrolle nach 1 Jahr Abb. 3 8 Diagnostisches Vorgehen bei unklaren (Pap III/IIW) und positiven (Pap IIID) zytologischen Befunden mit Einsatz der Biomarker p16 und Ki-67. Pap Papanicolaou-Abstrich se nimmt mit dem Schweregrad der Läsion zu, sodass Rückschlüsse auf das biologische Risiko der vorhandenen Läsion möglich sind. Im Vergleich zum hc2-Test zeigt der Aptima-Test eine signifikant höhere Spezifität für CIN 2 +- Läsionen bei gleich hoher Sensitivität. Ein Grund hierfür könnte die geringere Reaktivität für HPV in Proben ohne zytologische Auffälligkeiten und bei niedriggradigen Veränderungen sein (CIN 1; [4]). 486 | Der Pathologe 6 · 2011 Andere Biomarker Die Zahl der immunzytochemisch einsetzbaren Biomarker, die sich in der Routine bislang durchgesetzt haben, ist begrenzt. Es handelt sich um folgende Marker bzw. Antikörper: F p16INK4a, F Ki-67, F ProExC und F L1. Der am häufigsten eingesetzte immunzytochemische Biomarker ist p16INK4a. Dies ist ein indirekter Marker für die onkogene Aktivität von HPV-HR-Typen. Im Rahmen einer transformierenden HPV-Infektion (Aussetzen der normalen Zellzykluskontrolle mit der Folge, dass die Zelle sich unkontrolliert teilt) kommt es zu einer Überexpression des p16-Proteins. Diese Überexpression ist die direkte Folge der Zellzyklusveränderung durch HPVOnkoproteine, unabhängig vom auslösenden jeweiligen HPV-HR-Typ. Die so veränderten Zellen lassen sich immunhistochemisch im Paraffinschnitt oder immunzytochemisch in Ausstrich- oder Dünnschichtpräparaten darstellen. Die immunhistochemische Reaktion gilt nach Auffassung der meisten Autoren nur dann als positiv, wenn die Zellen diffus (bandförmig) angefärbt sind, bei der leichten Dysplasie (CIN 1) in den meisten Fällen nur in den unteren Epithelschichten, bei Zunahme des Dysplasieschweregrads (CIN 2/3) auch in den höheren Schichten des atypischen Plattenepithels [5]. Eine fokale Anfärbung (einzelne Zellen oder Gruppen von Zellen, insbesondere auch in höheren Zelllagen) gilt nicht als positiv im Sinne einer HPV-HR-assoziierten Dysplasie. Der Prozentsatz der p16-positiven Fälle nimmt von der leichten Dysplasie (CIN 1) zur schweren Dysplasie/zum Carcinoma in situ zu (CIS, CIN 3; [6]), kann aber auch in der Gruppe der leichten Dysplasien bis zu 72% betragen [7]. Nach Galgano et al. [6] ist die starke und diffuse Positivität für p16 hochsensitiv für eine CIN2- oder CIN-3-Läsion, nicht jedoch für eine CIN 1. Daher eignet sich die p16-Reaktion zur Unterscheidung einer höhergradigen CIN (CIN 2 +) von einer CIN 1 oder einer differenzialdiagnostisch infrage kommenden reaktiven Veränderung. Sie eignet sich auch, um die sog. atypische immature Metaplasie korrekt einzuordnen, bei der es sich entweder um eine CIN 2/3 oder um eine Metaplasie bzw. atypische Regeneration handelt [8, 9]. Invasive Plattenepithelkarzinome sind in den meisten Fällen p16-positiv. Gelegentlich kommen jedoch p16-negative, Zusammenfassung · Abstract HPV-positive Plattenepithelkarzinome vor [10], bei denen der Promoter des p16Gens wahrscheinlich durch eine Methylierung ausgeschaltet ist [11]. Auch das endozervikale Adenocarcinoma in situ (ACIS) zeigt in den meisten Fällen eine diffuse Anfärbung (vgl. Beitrag Löning u. Riethdorf in diesem Heft von Der Pathologe). Eine solche starke, diffuse p16-Reaktion sowohl eines plattenepithelialen CIS als auch eines angrenzenden ACIS ist in . Abb. 1 dargestellt. Kürzlich sind jedoch einige Adenokarzinome beschrieben worden, die sowohl negativ für p16 als auch für HPV-HR waren [12]. Es gilt daher festzuhalten, dass ein kleiner Teil der Zervixkarzinome wahrscheinlich nicht auf dem Boden einer HPV-Infektion entsteht. Neben Dyskaryosen und atypischen Zellen können auch andere Zellelemente, die in einem zytologischen Abstrich vorhanden sind, positiv für p16 reagieren. Hierzu zählen neben metaplastischen Plattenepithelzellen einige endozervikale Zellen, v. a. solche mit einer tubaren Metaplasie. Inzwischen ist allgemein akzeptiert, dass seröse Adenokarzinome des Uterus diffus-positiv reagieren, endometrioide Adenokarzinome demgegenüber nur fokal-positiv. Die mikroglanduläre Hyperplasie der Zervixschleimhaut ist stets p16-negativ, die mesonephrische Hyperplasie kann fokal-positiv reagieren. Bei alleiniger Verwendung eines Antikörpers für p16 in der immunzytochemischen Diagnostik ist es daher unerlässlich, die jeweiligen zytologischen Kriterien der positiven Zellen zu bewerten, insbesondere die morphologischen Merkmale der Zellkerne. Hierfür wurde von Wentzensen et al. [13] ein „nuclear score“ entwickelt, der die genauere Zuordnung der p16-positiven Zellen erlaubt. Pathologe 2011 · 32:484–490 © Springer-Verlag 2011 DOI 10.1007/s00292-011-1478-3 D. Schmidt Präkanzeröse Veränderungen der Zervix. Biomarker in der zytologischen Diagnostik Zusammenfassung Trotz der Erfolge des deutschen Programms zur Zervixkarzinomfrüherkennung ist die Diskussion um eine Verbesserung neu entbrannt. Grund hierfür ist v. a. die Erkenntnis aus einer großen Zahl internationaler Studien, dass der HumanePapilloma-Virus(HPV)-Test dem alleinigen Papanicolaou(PAP)-Abstrich hinsichtlich seiner Sensitivität für das Erkennen einer präkanzerösen Läsion oder eines manifesten Karzinoms deutlich überlegen ist. Andererseits ist unbestritten, dass die Spezifität der etablierten HPV-Tests deutlich schlechter ist als diejenige der zytologischen Untersuchung, d. h. wesentlich häufiger falsch-positive Befunde erstellt werden. Eine Chance, dieses Dilemma aufzulösen, bieten neue Biomarker wie z. B. p16INK4a, die die onkogene Transformation der Zelle morphologisch darstellbar machen. Mithilfe dieses Markers gelingt es, in der Gruppe der unklaren und leicht dysplastischen Befunde diejenigen Fälle zu identifizieren, die einer kolposkopischen und möglicherweise bioptischen Abklärung zugeführt werden sollten. Außerdem ist es nun möglich, das klinische Problem des PAPnegativen, aber HPV-positiven Falls zu lösen. Hierbei müssen jetzt nur noch 25% der Frauen direkt zur Kolposkopie überwiesen werden. In Kombination mit dem Marker L1 gelingt es darüber hinaus, die Prognose leicht und mäßig dysplastischer Fälle besser einzuschätzen. Schlüsselwörter Zervikale intraepitheliale Neoplasie · Humanes Papillomavirus · Biomarker · p16INK4a · Kapsidproteine Precancerous lesions of the cervix. Biomarkers in cytological diagnosis Abstract Despite the success of the German screening program for cervical cancer a new discussion has started with the aim to improve its quality. The main reason for this new discussion has been the finding of many international studies that the quality of screening programs could be improved by introducing human papillomavirus (HPV) testing. It is well known that the sensitivity of the HPV test is much better than that of a single Papanicolaou (PAP) smear. On the other hand, it is generally accepted that the specificity of the established HPV tests is significantly lower than that of cytology, i.e. the HPV test produces more false positive diagnoses. The introduction of new biomarkers could solve this problem and one of these biomarkers is p16INK4a which is a surrogate marker for the oncogenic transformation of cervical cells. Using this biomarker it is now possible to identify cases which should be sent for colposcopy and possibly biopsy directly, among those cases which have been classified cytologically as unclear (ASC-US) or mild and moderately dysplastic cervical intraepithelial neoplasia (CIN 1/2). Moreover, it is now feasible to identify the vast majority of underlying high-grade CIN disease in women tested Pap negative/HPV positive, while reducing the number of colposcopies to a level of approximately 25%. In addition, the combination of p16 and L1 probably allows a better estimate of the prognosis of cases with mild or moderate dysplasia. Keywords Cervical intraepithelial neoplasia · Human papillomavirus · Biomarkers · p16(INK4A) · Capsid proteins Aussagekraft In einer Literaturübersicht von Dehn et al. [14] aus insgesamt 10 Studien variierte die p16-Positivität bei den ASC-USFällen zwischen 13 und 63% sowie bei den LSIL-Fällen zwischen 21 und 74%. Guo et al. [15] fanden für den p16-Test einen höheren positiven Vorhersagewert für eine CIN-2/3-Läsion in LSIL-Fällen als für den HPV-Test (33 vs. 23%). Der Pathologe 6 · 2011 | 487 Schwerpunkt: HPV-bedingte Veränderungen Tab. 1 Vergleich von p16/Ki-67-Test (CINtec® Plus) und HPV-High-risk-DNA-Test (hc2) in der Gruppe der unklaren Befunde (ASC-US) der European Equivocal or Mildly Abnormal Pap Cytology Study Alle Altersstufen p16/Ki-67-Test Sensitivität 92,2% Spezifität 80,6% HR-HPV-Test Sensitivität 90,9% Spezifität 36,3% Die Werte für die Sensitivität sind für beide Tests in einer ähnlichen Größenordnung, bei deutlich höherer Spezifität des p16/Ki-67-Tests. Tab. 2 Vergleich von p16/Ki-67-Test (CINtec® Plus) und HPV-High-risk-DNA-Test (hc2) in der Gruppe der leichten Dysplasien (LSIL) der European Equivocal or Mildly Abnormal Pap Cytology Study Alle Altersstufen p16/Ki-67-Test Sensitivität 94,2% Spezifität 68,0% HR-HPV-Test Sensitivität 96,4% Spezifität 19,1% 137 Biopsiebestätigte Fälle von CIN 2 + Die Werte für die Sensitivität sind für beide Tests nahezu gleich, bei deutlich höherer Spezifität des p16/Ki-67Tests. Kombination von p16INK4a und Ki-67 PLUS-Test. In mehreren kürzlich durchgeführten Studien wurde die diagnostische Qualität dieser neuen Biomarkerkombination geprüft, die aus einer immunzytochemischen Doppelfärbung für p16 und dem Proliferationsmarker Ki-67 besteht [19, 20]. In einer normalen Zelle schließen sich diese beiden Reaktionen gegenseitig aus, d. h., eine Zelle ist entweder positiv für p16 oder für Ki-67. Bei der onkogenen Transformation der Zervixzelle durch eine persistierende HPV-HR-Infektion kommt es jedoch zu einer Regulationsstörung der Zellzykluskontrolle mit der Folge einer gesteigerten Proliferation, erkennbar an der Expression von Ki-67 auch in höheren Epithelschichten, und einer Überexpression von p16, das nicht mehr regulierend in die Zellzykluskontrolle eingreifen kann. Ein Beispiel für eine solche Zelle, die für beide Marker positiv reagiert, zeigt . Abb. 2. Diese Zellen sind leicht zu lokalisieren und zu interpretieren. Die Braunfärbung des Zytoplasmas signalisiert die Überexpression von p16, das rote Signal im Zellkern die Expression von Ki-67. Die Identifizierung von mindestens einer doppelt gefärbten Zelle ist ein Indikator für eine höhergradige Läsion und ein Hinweis darauf, die Patientin zur Kolposkopie zu überweisen. Immunhistochemische Reaktion Klinische Studien Ein Test, der unabhängig von der Beurteilung der zellmorphologischen Merkmale eingesetzt werden kann, ist der CINtec- Diese neue Methode wurde in der kürzlich abgeschlossenen European Equivocal or Mildly Abnormal Pap Cytology Study In der Studie von Samarawardana et al. [16] berichten die Autoren über eine signifikant höhere Spezifität von p16, verglichen mit einem HPV-PCR-Test (78,1 vs. 50,9%) bei nahezu gleicher Sensitivität. Der positive Vorhersagewert war mit 41,2% statistisch signifikant höher als derjenige des HPV-Tests (24,2%). Für den negativen Vorhersagewert ergab sich demgegenüber kein nennenswerter Unterschied. Klinische Studien Der Nuclear Score wurde für eine Gruppe von Fällen auch in einer kürzlich von Denton et al. [17] durchgeführten retrospektiven Untersuchung an 810 ASC-USund LSIL-Diagnosen verwendet. Es wurden die Sensitivität und Spezifität von p16 im Vergleich zum hc2-Test bestimmt. Wesentliches Ergebnis dieser Studie war der Befund einer etwa doppelt so hohen Spezifität des p16-Tests, verglichen mit dem hc2-Test, für das Erkennen höhergradiger zervikaler Läsionen (CIN 2 +) in Fällen einer ASC-US- oder LSIL-Diagnose. Dies bedeutet in der Praxis, dass etwa 25– 50% weniger Patientinnen zur Kolposkopie überwiesen werden müssen [18]. 488 | Der Pathologe 6 · 2011 (EEMAPS) erfolgreich angewendet [21]. Die Studie basierte auf Restmaterial in den Gefäßen von Dünnschichtzytologieproben der zuvor von Denton et al. [17] durchgeführten Studie, bei der die Leistungsfähigkeit des alleinigen Tests für p16 im Vergleich zum HPV-Test hinsichtlich Sensitivität und Spezifität zur Auffindung von CIN 2 + in der Triage von ASC-USoder LSIL-Fällen geprüft wurde. Es handelte sich um eine multinationale, multizentrische retrospektive Studie an Dünnschichtpräparaten von Frauen, bei denen zuvor ein ASC-US- oder LSIL-PAP-Zytologieergebnis aus denselben Dünnschichtzytologiegefäßen erhalten worden war. Goldstandard zur Überprüfung der Studienergebnisse war der histologische Befund, erstellt durch ein Panel europäischer Pathologen. Für die immunzytochemische Untersuchung mit dem CINtec-PLUS-Kit (mtm laboratories, Heidelberg) stand Restmaterial aus 776 Fällen zur Verfügung. Der Nachweis von mindestens einer oder mehr doppelgefärbten Zellen pro Präparat wurde als positives Testergebnis gewertet, unabhängig von den morphologischen Besonderheiten der jeweiligen Zellen. Die Testergebnisse wurden mit dem HPV-Befund (hc2) korreliert. Aus den Daten lässt sich ablesen, dass es mithilfe dieser Biomarkerkombination aus p16 und Ki-67 in der Triage von auffälligen oder leicht dysplastischen Fällen gelingt, die Zahl der unnötig zur Kolposkopie überwiesenen Patientinnen deutlich zu reduzieren, ohne dabei die vorhandenen hochgradigen Läsionen zu übersehen. Die Autoren der EEMAPS-Studie schlossen aus ihren Ergebnissen, dass es mit dem neuen CINtec-PLUS-Test zuverlässig gelingt, in den ASC-US- und LSILGruppen diejenigen zu identifizieren, die einer höhergradigen CIN (CIN 2 +) entsprechen. Im Vergleich zum HPV-Test war die Spezifität dieses neuen Tests bei vergleichbarer Sensitivität wesentlich besser (. Tab. 1, 2). Klinisch hat dies ein effizienteres Management zur Folge, insbesondere unter Ersparnis aufwendiger Follow-up-Prozeduren. Ein besonderes Problem im klinischen Management stellt nach wie vor die Gruppe derjenigen Frauen dar, die zytologisch- negativ, aber HPV-positiv sind. Bisher gab es nur die Möglichkeit der weiteren zytologischen Kontrolle oder des wiederholten HPV-Befunds nach 6 bis 12 Monaten. In einer Substudie der Wolfsburg-Studie [22] gelang es jetzt, mithilfe des CINtecPlus-Tests die Gruppe derjenigen Frauen zu definieren, die das höchste Risiko einer zugrunde liegenden CIN 2 + -Läsion haben und die direkt einer Kolposkopie zugeführt werden sollten ([19]; . Abb. 3). In mehr als 90% der Fälle konnte eine Verzögerung der Diagnose vermieden werden; die Zahl der zur Kolposkopie überwiesenen Frauen konnte um 75% gesenkt werden. ProExC Der Test ProExC besteht aus einer Antikörperkombination gegen 2 Proteine, die ebenfalls im Zusammenhang mit der Zellproliferation stehen: Topoisomerase-2α (Top2 A) und „minichromosome maintenance protein-2“ (MCM2). In 2 Studien zur Validierung an Dünnschichtpräparaten [23, 24] konnte gezeigt werden, dass dieser Test eine höhere Spezifität als die konventionelle dünnschichtzytologische Untersuchung aufweist. Fälle von „highgrade squamous intraepithelial lesion“ (HSIL) waren in 100% positiv, ASC-US in 20% und LSIL in 50%. Die Sensitivität für die Erkennung von HSIL betrug 85,3%, die Spezifität 71,7%, der positive Vorhersagewert 44,6% und der negative Vorhersagewert 94,8%. Depuydt et al. [25] kamen in einer neueren Untersuchung zu dem Schluss, dass unter 8 verschiedenen Screeningverfahren die Kombination aus primärem HPV-Screening und Triage mit ProExC die höchste Sensitivität (Ratio: 1,30) und den höchsten positiven Vorhersagewert (Ratio: 2,89) hat und mit diesem Modell 55% weniger Frauen zur Kolposkopie überwiesen werden mussten. Kapsidprotein L1 und Kombination mit p16INK4a Der Nachweis des Kapsidproteins L1 zielt darauf ab, produzierende (L1-positive) von transformierenden (L1-negative) Infektionen zu unterscheiden. Mehrere Untersuchungen haben belegt, dass ein Teil der leichten (CIN 1), mittelschweren (CIN 2) und schweren Dysplasien/CIS (CIN 3) das Kapsidprotein L1 des HPVVirus exprimieren [26, 27]. Dabei nimmt die Zahl der L1-positiven Fälle mit Zunahme des Dysplasiegrads ab, im Gegensatz zur p16-Positivität [28, 29]. Die Kombination aus L1- und p16-Färbung könnte als prognostischer Marker bei leichtgradigen und mittelschweren Dysplasien verwendet werden, da Läsionen mit L1-Positivität und p16-Negativität eine signifikant höhere Remissionsrate als L1-positive, p16-positive Fälle aufweisen [30]. Fazit für die Praxis F Die Sensitivität der HPV-Tests zur Erkennung einer höhergradigen Dysplasie oder eines Zervixkarzinoms ist deutlich höher als diejenige eines einzelnen PAP-Abstrichs, bei allerdings wesentlich geringerer Spezifität. F Die weitere Abklärung auffälliger bzw. unklarer zytologischer Befunde mit dem HPV-Test ist möglich, setzt allerdings die Möglichkeit der kolposkopischen Abklärung der HPV-positiven Befunde voraus. Der alleinige HPV-Befund reicht hierfür nicht aus. F Die weitere Abklärung eines PAP-IIID-Befunds (Verdacht auf leichte Dysplasie) mit einem HPV-Test ist nicht sinnvoll, da mehr als 80% dieser Fälle HPV-positiv sind. F Immunzytochemisch einsetzbare Biomarker helfen bei der Erkennung höhergradiger Dysplasien und Karzinome, die sich zytologisch in den Gruppen unklarer zytologischer Befunde (PAP IIW, PAP III, AC-US) und leichter Dysplasien (PAP IIID, CIN 1) verbergen. F Mithilfe des Biomarkers p16 gelingt es zu 90%, in der Gruppe der unklaren und leicht dysplastischen Fälle eine höhergradige Dysplasie tatsächlich nachzuweisen. F Zum ersten Mal ist es möglich, gezielt diejenigen Fälle, die HPV-positiv, aber zytologisch-negativ sind, einzugrenzen und direkt zur Kolposkopie zu überweisen. Korrespondenzadresse Prof. Dr. D. Schmidt Institut für Pathologie, A2,2 68159 Mannheim [email protected] Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehung hin: Es besteht ein Beratervertrag mit der Fa. laboratories, Heidelberg. Literatur 1. Solomon D, Schiffman M, Tarone R (2001) Comparison of three management strategies for patients with atypical squamous cells of undetermined significance: baseline results from a randomized trial. J Natl Cancer Inst 93:293–299 2. Arbyn M, Martin-Hirsch P, Buntinx F et al (2009) Triage of women with equivocal or low-grade cervical cytology results: a meta-analysis of the HPV test positivity rate. 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Diese Ergebnisse sind Grundlage für neue Erkenntnisse, nicht nur in der Differenziertheit der Stoffwechselprofile und -prozesse, sondern vielleicht auch in der Genetik, den DNAVeränderungen und anderen Grundlagenforschungen, für die bis jetzt die Geschlechtsspezifik nicht vordergründig relevant waren. Auch in therapeutischen Behandlungen und z. B. bei der Entwicklung von Pharmaka sollten die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Zukunft berücksichtigt werden. Die Kombination von „Genetics“ und „Metabolomics“ bietet Einsicht in die Ursachen und Progression weit verbreiteter Erkrankungen. Weitere Erkenntnisse könnten zu umfassenden Veränderungen in Pharmaentwicklung, Prävention, Früherkennung, Diagnostik, Therapie, Nachsorge führen. Literatur: Mittelstrass K. et al (2011) Discovery of sexual dimorphisms in metabolic and genetic biomarkers. PLoS Genetics 7:e1002215 Quelle: Helmholtz Zentrum München, www.helmholtz-muenchen.de Ausschreibung der Deutschen Stiftung Sklerodermie Die Deutsche Stiftung Sklerodermie hat sich die Unterstützung aller klinischen und experimentellen Arbeiten zur Sklerodermie zum Ziel gesetzt. Sie fördert dazu Vorhaben einzelner Personen oder auch von Arbeitsgruppen. Anträge für kurzzeitige Stipendien, Austausch von Wissenschaftlern und Forschungsvorhaben zur Verbesserung des Verständnisses von Pathogenese, Diagnostik und Therapie der Sklerodermie im allgemeinen sowie für ein spezielles Forschungsprojekt „Sklerodermie bei Kindern und Jugendlichen“ und Fortbildungsmaßnahmen für Ärzte, Therapeuten und Patienten können bei der Stiftung bis zum 29. Februar 2012 gestellt werden. Diese Anträge dürfen € 25.000 nicht überschreiten und sollen sich nach dem Muster der Deutschen Forschungsgemeinschaft richten. Die Seitenzahl ist auf 7 Seiten beschränkt. Ein kurzer Lebenslauf des Bewerbers sowie ein Literaturverzeichnis sollen den Antrag ergänzen. Eingereicht werden können sie unter: Dermatologische und Poliklinik der Universität zu Köln Deutsche Stiftung Sklerodermie z. Hd. Prof. Dr. med. Thomas Krieg Joseph-Stelzmann-Str. 9 50924 Köln Quelle: www.sklerodermie-stiftung.de