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p16-/Ki-67 in der Zervix-Zytologie: Indikationen

2017, Pathologe

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Originalien Pathologe DOI 10.1007/s00292-016-0262-9 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2017 Redaktion H. A. Baba, Essen Einleitung Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Pathogenese des Zervixkarzinoms haben zur Entwicklung von Zusatzmethoden geführt, die methodische Einschränkungen der Zytologie im etablierten System der Zervixkarzinomfrüherkennung verringern sollen. Angestrebt wird eine Verbesserung von Sensitivität und Spezifität der Zytologie, gefolgt von höherer Sicherheit für Gynäkologen und Patientinnen bei der Abklärung auffälliger zytologischer Befunde. Neben Methoden zum Nachweis einer Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) sind immunchemische Verfahren verfügbar. Der Nachweis des Proteins p16INK4a, dessen Überexpression als Surrogatmarker für eine transformierende High-risk-HPVInfektion gilt, ist seit 2002 für die histologische und zytologische Diagnostik möglich, seit 2010 ergänzt um den gleichzeitigen Nachweis des Antikörpers Ki67. Die kombinierte Markierung einer Zelle bei gleichzeitigem Einsatz von Antikörpern gegen p16INK4a und Ki-67 ist ein sicherer Hinweis auf ihre Transformation durch eine persistierende Highrisk-HPV-Infektion [15]. Die Aussagekraft des Verfahrens ist in größeren [7, 12, 15, 23, 25, 28] und kleineren [3, 8, 16, 24, 26] Studien untersucht worden. Daraus entstanden Ansätze, wie dieser Proteinnachweis in Algorithmen zur Abklärung auffälliger zytologischer Befunde [6, 13] eingebunden werden kann. Der größere Anteil der Untersuchungen zur Validität der p16-/Ki-67-Immunzytochemie beschäftigt sich mit dem Nachweis von zur Zeit der Untersuchung vorhandenen Läsionen i. S. einer Triage vor weiterführenden Abklärungsverfahren, insbe- P. Ziemke1 · H. Griesser2 1 2 Potsdam, Deutschland FB Pathologie und Zytologie, Labor Wisplinghoff, Köln, Deutschland p16-/Ki-67 in der ZervixZytologie: Indikationen sondere der Kolposkopie. Andere Publikationen beziehen bei unterschiedlicher Fragestellung zumindest partiell klinische Verläufe in die Analyse ein [5, 9, 10, 13, 18–21, 30]. Trotz einer mittlerweile fünfjährigen Erfahrung mit der p16-/Ki67-Immunzytochemie in der zytologischen Diagnostik fehlen bisher verbindliche Algorithmen zur Indikation dieser Zusatzuntersuchung in Bezug auf die klinischen Verläufe. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, durch Analyse eigener Ergebnisse und ihren Vergleich mit den Literaturdaten einen Beitrag zur Entwicklung derartiger Algorithmen zu leisten. Material und Methoden Die Aussagen der vorliegenden Untersuchung basieren auf der Analyse klinischer Verläufe von 1109 Patientinnen (. Tab. 1). Die Auswertung erfolgt getrennt in zwei zeitlichen Kategorien, jeweils bezogen auf die Eingangszytologie: 1. „Kurzfristig“: 409 Patientinnen sind kurzfristig (max. nach sechs, durchschnittlich nach 2,9 Monaten) im Rahmen therapeutischer Maßnahmen histologisch abgeklärt worden, wodurch zum Zeitpunkt der Untersuchung vorhandene Läsionen erfasst wurden. 2. „Langfristig“: In 700 Fällen ist bis zum Studienendpunkt (Mai 2016) ein Beobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr dokumentiert, die durchschnittliche Verlaufsdauer beträgt 34,7 Monate (max. 85). Diese Verlaufsbeobachtung erlaubt die Regression bzw. Progression eventuell zum Erfassungszeitpunkt vorhandener Läsionen. In 22,1 % besteht ein histologischer Endpunkt. Als Endpunkte des Follow-up wurden definiert: 4 positiv: histologisch ≥CIN2/HSIL (Histologie zum Zeitpunkt der Therapie), 4 negativ: histologisch ≤CIN1/LSIL oder zytologisch mindestens zwei aufeinanderfolgende negative Abstrichbefunde bei einer Mindestbeobachtungsdauer von 12 Monaten. Die Patientenauswahl ist an diagnostischen Indikationen orientiert und entspricht nicht einer Screeningpopulation. Alle Befunde wurden von einem Facharzt Tab. 1 Eigenes Material, Basisdaten Eingangsbefund Verlaufsdauer Anteil Zytologie (Ø in m) Histologie (%) Ø Alter (a) Abnorme Vorbefunde (%) I 34,3 1,7 41,5 20,5 II-a 32,9 6,0 37,8 100 III-p 9,1 86,7 40,2 65,3 IIID1 33,3 36,9 34,0 57,1 IIID2 16,3 74,5 34,6 81,0 IVa-p 2,2 100 34,4 78,1 IVb-p (3), V-p (2) 2,2 100 48,0 60,0 Der Pathologe Originalien 1.109 Frauen I 118 pos. 0 neg. 118 II-a 149 pos. 0 IIID1 331 IIID2 274 III-p 75 IVa-p 157 IVb-p, V-p 5 neg. 149 pos. 145 neg. 186 pos. 250 neg. 24 pos. 61 neg. 14 pos. 156 neg. 1 pos. 5 < CIN2 117 < CIN2 142 < CIN2 76 < CIN2 172 < CIN2 66 < CIN2 17 < CIN2 9 < CIN2 11 < CIN2 1 < CIN2 0 < CIN2 0 CIN2+ 1 CIN2+ 7 CIN2+ 69 CIN2+ 14 CIN2+ 184 CIN2+ 7 CIN2+ 52 CIN2+ 3 CIN2+ 155 CIN2+ 1 Ca 5 für Pathologie mit langjähriger Erfahrung in der gynäkologischen Zytologie erstellt. Nach Einführung der Münchner Nomenklatur III wurden die zytologischen Befunde dementsprechend klassifiziert. Im Erfassungszeitraum 2009 bis 2014 wurden zusätzlich zu den zytomorphologischen Befunden die immunzytochemischen Untersuchungen an konventionellen Präparaten nach fotografischer Dokumentation (278 Fälle) bzw. an einem zweiten Dünnschichtpräparat (831 Fälle) durchgeführt. Die überwiegende Anzahl der immunzytochemischen Untersuchungen erfolgte konsekutiv im Routinebetrieb. Ein Teil der Präparate, insbesondere des Jahres 2009 (n = 80), wurde nachträglich untersucht. Durchgängig wurde das Färbeprotokoll des kommerziellen Kits CINtec PLUS (mtm, Heidelberg; Roche mtm laboratories AG, Mannheim) unter Verwendung eines DAKO-Autostainers eingehalten. Die zytologischen Folgeuntersuchungen und ein Teil (12,8 %) der histologischen Untersuchungen wurden von demselben Untersucher in der Gemeinschaftspraxis für Pathologie, Potsdam-Bornstedt vorgenommen, die übrigen histologischen Befunde von den die Patientinnen betreuenden Gynäkologen erfragt. Statistische Berechnungen wurden in MS Excel vorgenommen bzw. online erstellt (http://faculty.vassar.edu/ lowry/clin1.html und http://vassarstats. net/odds2x2.html). Die Effektivität der p16-/Ki-67-Immunzytochemie wurde mit dem relativen Risiko (RR) erfasst. ® Der Pathologe Die Literaturrecherche erfolgte in den DIMDI-Literaturdatenbanken. Ergebnisse Die Verlaufsendpunkte für alle 1109 Patientinnen finden sich unter Bezug auf den positiven Endpunkt CIN2+ für die Zytologie und die p16-/Ki-67-Immunzytochemie in . Abb. 1. Die Effektivität der p16-/Ki-67-Immunzytochemie wird für den positiven Endpunkt CIN2+ mit dem relativen Risiko (RR) beschrieben. Bei kurzfristigen Verläufen (n = 409) ergibt sich ein RR von 3,79 (CI 95 % 2,15–6,67). Langzeitverläufe (n = 700) zeigen nach durchschnittlich 34,7 Monaten ein RR von 8,72 (CI 95 % 5,77–13,18). . Tab. 2 zeigt Ergebnisse deskriptiver Statistik für die einzelnen zytologischen Befundgruppen, getrennt nach Art des klinischen Verlaufes („kurzfristig“ bzw. „langfristig“). Die Analyse von Ergebnissen an konventionellen Präparaten und Dünnschichtpräparaten zeigt folgende Validierungen: Sensitivität 86,4 % vs. 96,3 %, Spezifität 72,5 % vs. 75,8 %, ppv 77,9 % vs. 74,4 %, npv 82,6 % vs. 96,6 %. RR für Dünnschichtpräparate 21,59 (CI 95 % 12,62–36,93) vs. 4,48 (CI 95 % 2,98–6,73) für konventionelle Präparate. Betrachtet man eine durch positive p16-/Ki-67-Immunzytochemie nachgewiesene transformierende HPV-Infektion als Risikofaktor für die Entwicklung einer höhergradigen Dysplasie bzw. eines Karzinoms der Cervix uteri (CIN2+), ist das relative Risiko (RR) ein Maß für die Assoziation dieses molekularen neg. 0 Abb. 1 9 Zytologische (Zeile 2) und immunzytochemische (Zeile 3) Eingangsbefunde sowie Ergebnis (Zeile 4 und 5) zum Verlaufsendpunkt Markers und der Läsion. Wie in . Tab. 3 ersichtlich, ist dieser Faktor in den einzelnen zytologischen Befundgruppen unterschiedlich groß. Er ermöglicht eine Aussage über die Effektivität der p16-/ Ki-67-Immunzytochemie. Diskussion Der kommerziellen Einführung der p16/ Ki-67-Immunzytochemie folgten Studien, die diese Zusatzmethode als hilfreich für die zytologische Diagnostik und Erfolg versprechend für die Prädiktion bei abnormen Abstrichbefunden kennzeichneten. Diese Aussagen basieren nicht auf randomisierten Studien, sondern auf vergleichenden Untersuchungen mit unterschiedlichem Design und dadurch eingeschränkter Vergleichbarkeit. Die Studienbedingungen entsprechen nicht der Realität einer Vorsorgezytologie. Trotz aller Unterschiede ist die signifikante Steigerung von Spezifität und positiver Prädiktion der p16-/Ki-67Immunzytochemie gegenüber Zytologie und HPV-DNA-Test Konsens aller Untersuchungen in der Literatur. Die Aussagen sind auf die Triagesituation beschränkt und lassen keine Auswertungen hinsichtlich der Prognose zu. In acht Publikationen, die jeweils mehrere unterschiedlich risikobehaftete zytologische Befundgruppen einbeziehen, zeigen die in . Tab. 4 dargestellten Maßzahlen der Validität erhebliche Unterschiede [7, 8, 12, 16, 23–25, 28]. Selbst in Studien mit identisch definierter Ausgangszytologie Zusammenfassung · Abstract Pathologe DOI 10.1007/s00292-016-0262-9 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2017 P. Ziemke · H. Griesser p16-/Ki-67 in der Zervix-Zytologie: Indikationen Zusammenfassung Hintergrund. Seit mehr als fünf Jahren wird die p16-/Ki-67-Immunzytochemie zum Nachweis einer transformierenden HPVInfektion in der gynäkologischen Zytologie eingesetzt. Material und Methoden. Anhand eigenen Materials und der Literatur werden praxisrelevante Indikationen abgeleitet. Der klinische Verlauf von 1109 Patientinnen bei unterschiedlicher Eingangszytologie und paralleler Immunzytochemie wird analysiert. Kurzfristige Beobachtungen mit Nachweis aktuell vorliegender Läsionen und Langzeitverläufe mit prognostischer Aussage werden für die zytologischen Befundgruppen getrennt ausgewertet und Literaturergebnissen gegenübergestellt. Ergebnisse. Die Effektivität der p16-/Ki-67Immunzytochemie wird für den positiven Endpunkt CIN2+ mit dem relativen Risiko (RR) beschrieben. Bei kurzfristigen Verläufen (n = 409) ergibt sich ein RR von 3,79 (CI 95 % 2,15–6,67). Langzeitverläufe (n = 700) zeigen nach durchschnittlich 34,7 Monaten ein RR von 8,72 (CI 95 % 5,77–13,18). Bezogen auf die zytologischen Eingangsbefunde findet sich das höchste RR mit 6,32 (CI 95 % 3,71–10,76) für die Gruppe IIID1, gefolgt von 3,98 (CI 95 % 1,45–10,91) für die Gruppe III-p. Diskussion. Unabhängig vom Studiendesign und trotz variierender statistischer Aussagen ist die signifikant höhere Spezifität und positive Prädiktion der p16-/Ki-67-Immunzytochemie im Vergleich zu Zytologie und HPV- DNA-Test Konsens aller Publikationen. Diese Überlegenheit lässt sich für den Einsatz bei persistierenden Befunden der Gruppe IIID1 und zweifelhaften Befunden der Gruppe III-p nutzen. Kolposkopische Abklärungen können insbesondere für Befunde der Gruppe IIID1 reduziert werden. Die p16-/Ki-67-Immunzytochemie sollte daher zu einer Verbesserung des Patientenmanagements führen. Eine Therapieindikation allein aufgrund eines positiven immunzytochemischen Befundes ist nicht gerechtfertigt. Schlüsselwörter Zervixzytologie · p16 · Ki-67 · CIN · Indikationen Indications for p16/Ki-67 in cervical cytology Abstract Background. The p16/Ki-67 immunocytochemistry has been used for more than five years in cervical cytology to detect transforming HPV infections. Material and methods. Based on findings in the study presented here and data in the literature, practically relevant indications for this test are to be determined. The clinical course of 1109 patients with varying primary cytology results and simultaneous immunocytochemistry is analyzed. Short-term observations considering currently present lesions and long-term follow-up evaluation aimed at the prognostic evaluation are studied separately and compared with the literature. wie ASC-US („atypical squamous cells of undetermined significance“) und LSIL („low grade squamous intraepithelial lesion“) sind erhebliche Differenzen vorhanden, z. B. für die Spezifität für ASCUS 61,2–93,1 %, für LSIL 43,1–88,6 % [2, 3, 10, 14, 15, 20, 21, 30]. In keiner Publikation finden sich Analysen zu Ergebnisunterschieden zwischen konventionellen und Dünnschichtpräparaten. Im eigenen Material lassen sich signifikant bessere Ergebnisse für Sensitivität und negative Prädiktion für die Anwendung der p16-/Ki- Results. The p16/Ki-67 immunocytochemistry effectiveness is described by the relative risk (RR) for the positive endpoint CIN2+. For short-term observations (n = 409) a RR of 3.79 (CI 95% 2.15 to 6.67) and for long-term followup (n = 700) after an average 34.7 months a RR of 8.72 (CI 95% 5.77 to 13.17) was found. The highest RR of 6.32 (CI 95% 3.71 to 10.76) was determined for the group IIID1/LSIL, followed by 3.98 (95% CI 1.45 to 10.91) for the group IIIp (ASC-H). Discussion. Regardless of the study designs and significant differences of the resulting statistics in the literature, there is consensus concerning the significantly higher specificity and positive prediction of the p16/Ki- 67-Immunzytochemie bei Dünnschichtpräparation gegenüber konventionellen Präparaten ermitteln (p < 0,001). Auch das RR ist bei Dünnschichtpräparation hochsignifikant höher (p < 0,0001). Drei Studien nutzen ausschließlich konventionelle Präparate [18–20], in drei weiteren Arbeiten werden beide Präparationsarten angegeben [2, 7, 30]. Nur bei Uijterwaal et al. (2015) [19] findet sich eine sehr geringe Sensitivität der p16-/ Ki-67-Immunzytochemie (68,8 %) für die konventionellen Abstrichpräparate. Der überwiegende Anteil der Studien 67 immunocytochemistry compared to cytology or HPV DNA test results. Therefore, p16/Ki-67 immunocytochemistry is useful in cases of persistent group IIID1/LSIL and equivocal cytological findings (group III-p/ ASC-H). Especially in the former group, the frequency of colposcopic examinations can be reduced. In this respect, adding p16/Ki67 immunochemistry likely improves patient management. However, an indication for treatment solely based upon a positive immunocytochemical finding is unjustified. Keywords Cervical cytology · P16 · Ki-67 · CIN · Indications (17 von 24) verwendet – bei sehr unterschiedlichen Fallzahlen (92 bis 1290) – kolposkopisch geführte Biopsien für die Überprüfung von Zytologie, HPV-Test und Immunzytochemie. Unsere Daten zeigen, dass prognoserelevante, für das Management der einzelnen Patientin anwendbare Indikationen für die Immunzytochemie nur abgeleitet werden können, wenn außer der Momentaufnahme eines histologischen Biopsiebefundes mit den bekannten Einschränkungen in der Aussagekraft [17, 22] klinische Ver- Der Pathologe Originalien Tab. 2 Eigene Daten – Ergebnisse (CIN2+) in Abhängigkeit vom Verlauf Eingangsbefund Verlauf n Sensitivität (%), Zytologie p16/Ki-67 Spezifität (%), p16/Ki-67 I Langfristig 118 – II-a III-p Langfristig 149 – Kurzfristig 56 Langfristig Alle ppv (%) npv (%) Zytologie p16/Ki-67 Zytologie p16/Ki-67 – – – 99,2 99,2 – – – 97,0 97,0 93,5 70,0 82,1 93,5 – 70,0 19 100 – 47,4 60,0 – 100 75 94,6 55,0 73,3 85,3 – 78,6 Kurzfristig 54 100 70,4 50,0 77,1 – 100 Langfristig 277 75,0 69,2 19,9 38,2 – 100 Alle 331 83,1 69,4 24,9 47,6 – 92,5 Kurzfristig 137 96,1 – 93,4 93,9 – – Langfristig 137 99,8 – 46,0 51,3 – – Alle 274 96,3 – 69,7 73,6 – – IVa Kurzfristig 157 99,4 – 99,4 99,4 – – IVb, V Kurzfristig 5 100 – 100 100 – – IIID1 IIID2 Tab. 3 Relatives Risiko für die p16-/Ki-67-Immunzytochemie (CIN2+) in Abhängigkeit vom Verlauf Eingangsbefund Verlauf n Risiko Risiko Relatives Zytologie „positiv“ „negativ“ Risiko CI 95 % I Langfristig 118 n. a. 0,0085 n. a. – II-a III-p Langfristig 149 n. a. 0,047 n. a. – – Kurzfristig 56 0,9348 0,3 3,1159 1,2053 8,0556 Langfristig 19 0,6 0 n. a. – – Alle 75 0,8525 0,2143 3,9781 1,4511 10,9058 Kurzfristig 54 0,7714 0 n. a. – – Langfristig 277 0,3818 0,0838 4,5545 2,6148 7,9331 Alle 331 0,4759 0,0753 6,3222 3,7142 10,7615 Kurzfristig 137 0,9389 0,8333 1,1267 0,7857 1,6158 Langfristig 137 0,5126 0,1111 4,6134 1,2344 17,2418 Alle 274 0,736 0,2917 2,5234 1,3468 4,7280 Kurzfristig 162 0,9938 1 0,9938 0,9817 1,0060 IIID1 IIID2 IVa, b, V – n. a. nicht anwendbar laufskontrollen berücksichtigt werden (. Tab. 2 und 3). Gruppe I/II-a (NILM) Der Einsatz einer Zusatzmethode für negative zytologische Befunde (Gruppe I, NILM – „negative for intraepithelial lesion or malignancy“) erscheint vordergründig nicht sinnvoll. Obwohl als diagnostischer Vorteil der p16-/Ki-67Immunzytochemie die Unabhängigkeit von der Morphologie genannt wird [15], ist ein positives Ergebnis an die Erfassung atypischer Zellen gebunden, die auch morphologisch auffällig sein sollten. Die im Vergleich zur Zytologie bessere Visualisierung der immunzyDer Pathologe tochemisch markierten Zellen führt zu einer deutlichen Verringerung der Interobserver-Variabilität [1, 21, 24]. Nachteilig ist, dass die p16-/Ki-67-Immunzytochemie wie die Zytologie im Gegensatz zur HPV-Diagnostik die Erfassung repräsentativer Zielzellen voraussetzt. Dieser Nachteil wird durch die Möglichkeit, an Parallelpräparaten zytomorphologische Aussagen treffen zu können, kompensiert. Die Überprüfung negativer zytologischer Vorbefunde anlässlich eines aktuell positiven Befundes mit therapeutischer Konsequenz dient der Qualitätssicherung. Der Nachweis von gleichzeitig gegen p16 und Ki-67 markierten Epithelzellen objektiviert einen Vorbefund als falsch-negativ. Im eigenen Material finden sich unter den insgesamt 268 Frauen mit negativer Zytologie und gleichzeitig negativer p16-/ Ki-67-Immunzytochemie im weiteren Verlauf nach durchschnittlich 27,4 Monaten (12–54 Mon.) acht Frauen (3,0 %) mit einer CIN2+. Diese Patientinnen hatten im weiteren Verlauf zytologische Befunde der Gruppen IIID2, IVa-p bzw. IIIp, woraufhin die Indikation zur Therapie bzw. histologischen Abklärung gestellt wurde. Der Einsatz der Methode zur Überprüfung zytologisch-negativer, high-risk-HPV-positiver Befunde ist Gegenstand mehrerer Studien [1, 6, 13, 21, 25]. Die Triage mittels p16-/Ki67-Immunzytochemie kann hier zu ei- Tab. 4 Autor Daten und Ergebnisse aus der Literatur für p16-/Ki-67-Immunzytochemie (CIN2+) Zytologische Basis n Design Sensitivität (%) Spezifität (%) ppv (%) npv (%) Ikenberg et al. (2013) [7] Screening 25.577 Triage 86,7 95,2 15,6 99,9 Killeen et al. (2014) [8] ASC-US, LSIL, ASC-H 232 Triage 94,3 61,9 30,6 98,4 Ordi et al. (2014) [12] Alle 1123 Triage 90,9 72,1 63,9 93,6 Solares et al. (2015) [16] NILM, ASC-US, LSIL 160 Triage + Verlauf 82,4 78,3 31,1 97,4 Wentzensen et al. (2012) [23] ASC-US+ 612 Triage 86,4 59,5 60,1 86,1 Wentzensen et al. (2014) [24] Alle 478 Triage 84,0 62,5 n. a. n. a. Wentzensen et al. (2015) [25] ASC-US+, HPV positive 1509 Triage + Verlauf 83,4 58,9 21,0 96,4 Yu et al. (2016) [28] Alle 1290 Triage 90,9 79,5 49,2 97,6 Eigene Daten Alle 1109 Verlauf 93,5 74,5 75,2 93,3 n. a. nicht angegeben ner Reduktion unnötiger Kolposkopien führen [6, 13, 25]. Zweifelhafte Zytologie Zweifelhafte zytologische Befunde sind prädestiniert für den Einsatz von Zusatzmethoden. Die morphologische Diagnostik ist direkt abhängig von Wissen und Erfahrung der Untersucher und stößt zuweilen an Grenzen. Bei zweifelhafter Dignität zytomorphologischer Abweichungen vom Normalen ist es in der Routinediagnostik sinnvoll, eine Objektivierung mittels p16-/Ki-67-Immunzytochemie zu versuchen, um unnötige kolposkopische Untersuchungen zu vermeiden. Zusatzmethoden können aber zytomorphologische Expertise und eine zytologische Diagnose nicht ersetzen. Während die Befundgruppe II-p der Münchner Nomenklatur III eine geringe Häufigkeit aufweist [11], spiegelt sich das ASC-US-Problem in einer vergleichsweise großen Zahl von Untersuchungen zur Anwendung der p16-/Ki-67-Immunzytochemie wider. Relativ kleine Fallzahlen und ein unterschiedliches Studiendesign können Ursache der Ergebnisstreuung sein [2, 3, 10, 14, 15, 26]. Nur in der retrospektiven Studie von Loghavi et al. [10] wird ein klinisches Follow-up ausgewertet. Gruppe III-p (ASC-H) Ist zytomorphologisch das Vorliegen einer hochgradigen intraepithelialen Läsion wahrscheinlich (Gruppe III-p, ASCH – „atypical squamous cells, cannot exclude HSIL“), sollte das Management entsprechend den Empfehlungen der Fachgesellschaften [4] bzw. Leitlinien erfolgen. Eine Überprüfung dieser zytologischen Befunde durch p16-/Ki-67Immunzytochemie ist nur bei fehlender Verfügbarkeit kompetenter Kolposkopie sinnvoll [27]. Im eigenen Material wird für die Gruppe III-p die positive Prädiktion der Zytologie (CIN2+) von 73,3 % durch die p16-/Ki-67-Immunzytochemie auf 85,3 % angehoben. Dieser Unterschied ist nicht signifikant (p = 0,092). Das RR bei Gruppe III-p ist mit 3,98 vergleichsweise hoch. Bei der Inhomogenität dieser Befundgruppe ist der Einsatz der Immunzytochemie aber in hohem Maße vom Einzelfall, dem klinischen Umfeld und von der Kompetenz der Zytologen abhängig. Gruppe IIID1 (LSIL) Die Verbesserung der geringen prognostischen Aussagekraft zytologischer Befunde der Gruppe IIID1 (LSIL) ist ein hoffnungsvoller Ansatz für Zusatzmethoden. Wesentlich erscheint in dieser Befundgruppe eine Risikostratifizierung, um wirklich gefährdete Patientinnen zu erkennenund das Managementindividuell zu gestalten. Ein erstmalig bei einer Patientin erhobener zytomorphologischer Befund einer geringgradigen Dysplasie bedarf keiner Zusatzmethode. Erst bei Persistenz einer IIID-Zytologie ist mit höherer statistischer Wahrscheinlichkeit ein Endpunkt CIN2+ zu erwarten [29]. Die ermittelbaren Publikationen zur p16/Ki-67-Immunzytochemie bei LSIL lassen nicht erkennen, ob die zytologischen Befunde zum Zeitpunkt der immunzytochemischen Untersuchung erstmalig oder persistierend aufgetreten waren. Eine Studie bezieht nur Patientinnen mit wiederholter ASC-US/LSIL-Zytologie ein und weist mit 88,3 % eine überraschend hohe Spezifität für die p16-/ Ki-67-Immunzytochemie aus [26]. Im eigenen Material erfolgte die p16-/Ki67-Immunzytochemie in 135 Fällen bei einem ersten IIID1-Befund und in 196 Fällen bei Persistenz des IIID1-Befundes (durchschnittlich 2,8 pro Patientin). Das RR für CIN2+ steigt von 5,52 (CI 95 % 2,54–11,97) für erstmalige Befunde auf 6,99 (CI 95 % 3,32–14,70) bei IIID1Persistenz. Dieser Unterschied ist nicht signifikant, bestätigt aber einen Trend. Dernegative prädiktive Wertfürdie p16-/ Ki-67-Immunzytochemie bei Gruppe IIID1 beträgt 92,5 % und beschreibt ein nur geringes Risiko für CIN2+ als klinischen Endpunkt. Der positive prädiktive Der Pathologe Originalien Wert der IIID1-Zytologie bei den 277 Patientinnen mit Verlaufsauswertung (durchschnittlich 39,1 Monate) kann durch die zusätzliche p16-/Ki-67-Anwendung hochsignifikant erhöht werden (p < 0,001), lässt aber mit 38,2 % keine individuelle Risikobewertung zu. In keiner der drei Publikationen zum Einsatz der p16-/Ki-67-Immunzytochemie mit Auswertung eines klinischen Verlaufes bei LSIL-Zytologie ermöglicht der positive Prädiktionswert (32,8 %, 30,0 %, 29,3 %) eine zuverlässige Risikostratifizierung [10, 20, 21]. Allein der durchgehend hohe negative prädiktive Wert (100 %, 95,0 %, 95,2 %) lässt, wie auch im eigenen Material, eine statistisch relevante Aussage hinsichtlich eines geringen Risikos für CIN2+ im weiteren Verlauf zu. Für die Gruppe IIID1 insgesamt ist das RR mit 6,32 sehr hoch. Es erscheint somit sinnvoll, eine immunzytochemische Untersuchung mit p16/Ki-67 bei wiederholtem Befund einer Gruppe IIID1 in einen Abklärungsalgorithmus aufzunehmen. von Überweisungen zur Kolposkopie empfohlen. Es wird gezeigt, dass die signifikant höhere Spezifität der p16-/Ki-67-Immunzytochemie diese Methode gegenüber dem HPV-DNATest favorisiert. 4 Eine Indikation zur Therapie allein aufgrund eines positiven immunzytochemischen Befundes ist nicht gerechtfertigt. Nur im Kontext mit der Zytomorphologie ist die zusätzliche Information des Vorliegens einer transformierenden High-risk-HPVInfektion ein Beitrag zur Therapieentscheidung. 4 Eine zusätzliche Anwendung der p16-/Ki-67-Immunzytochemie sollte nur erfolgen, wenn dadurch das individuelle Patientenmanagement verbessert wird. Korrespondenzadresse Dr. P. Ziemke Kutscherweg 2, 14469 Potsdam, Deutschland [email protected] Gruppe IIID2, IVa-p, IVb-p (HSIL) Für die Gruppen IIID2 und IVa-p (HSIL, „high-grade squamous intraepithelial lesion“) konnten keine Untersuchungen zur Anwendung der p16-/Ki-67-Immunzytochemie gefunden werden. Eigene Auswertungen zeigen für die Gruppe IIID2 eine nichtsignifikante Steigerung des positiven prädiktiven Wertes von 69,7 % auf 73,6 %. Das RR für die Immunzytochemie bei Gruppe IIID2 mit kurzfristiger Abklärung sowie bei Gruppe IV/V liegt nahe bei 1 – ein Einsatz der Methode ist hier nicht indiziert. Fazit für die Praxis 4 Evidenzbasierte Algorithmen für die Anwendung der p16-/Ki-67-Immunzytochemie fehlen. Die präsentierten Daten lassen die Anwendung bei zweifelhaften Befunden der Gruppe III-p und bei persistierender Gruppe IIID1 sinnvoll erscheinen. 4 In der Literatur wird bei unklarer Zytologie und zytologischen Befunden einer leichten Dysplasie die p16-/Ki67-Immunzytochemie zur Reduktion Der Pathologe Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. P. Ziemke und H. Griesser geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Literatur 1. 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