Jahrgang 54 | Heft 1/2024 B 215 75 F
ALLMACHT,
MACHT UND
OHNMACHT
WIR HABEN DIE MACHT EINE ZEITENWENDE KERNFUSIONSFORSCHUNG
Petra Morsbach über Pflicht Unsere Gegenwart nach Das Sternenfeuer auf die
zum Widerstand Romano Guardini Erde holen?
THEOLOGIE | KIRCHE | SPIRITUALITÄT
Macht und Ohnmacht
Ein Blick auf die urchristlichen Gemeinden
von Hans-Georg Gradl
E
inen allseits gültigen Vorschlag, wie Macht zu ge-
stalten ist, gibt es im Urchristentum nicht: Zu unter-
Vertiefung des Themas von Seite 4–15
schiedlich entwickeln sich die einzelnen Gruppen,
zu verschieden ist die jeweilige (geistesgeschicht-
liche) Beheimatung der Autoren, zu disparat erscheinen
auch die Wahrnehmungen der jeweiligen Lebenswelt. All
dies aber wirkt sich auf die Sicht und Konzeption von Macht
aus. Allenfalls lässt sich nach Konvergenzen innerhalb der
Allmacht, Macht
verschiedenen Schriften des Neuen Testaments suchen, die
eine erste Vorstellung vom Verständnis und der Ausübung
von Macht im frühen Christentum vermitteln.
und Ohnmacht
Auf den Kontext kommt es an
Die soziale Schichtung und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts gilt, um
Das Urchristentum ist eine Bewegung der Unterschicht. zunichtezumachen, was etwas gilt, damit kein Mensch sich
Es gibt vereinzelt begüterte und gesellschaftlich höherge- rühme vor Gott.“ (1 Kor 1,26–29)
stellte Patrone in den Gemeinden: Synagogenvorsteher, Die Gemeinden an und für sich besitzen damit keine
die sich für die Botschaft begeistern, Angesehene und politische Macht und keinen gesellschaftlichen Einfluss.
Reiche, die für den sozialen Zusammenhalt sorgen, die Auch wenn für die 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts keine sys-
Gemeinden materiell unterstützen und ihre Häuser für tematische oder flächendeckende Verfolgung der Christen
die Versammlungen öffnen. Gerade der deutliche thema- anzunehmen ist, so stehen die Christen dennoch am ge-
tische Akzent auf die Thematik „Armut und Reichtum“ sellschaftlichen Rand: ökonomisch kaum potent, politisch
im lukanischen Dop- einflusslos, sozial zunehmend geächtet – gerade durch die
pelwerk lässt er- offensichtlich werdenden Unterschiede zur reichsrömischen
kennen, dass gegen Gesellschaft und gegenüber den Synagogen vor Ort. Ein ent-
Ende des 1. Jahrhun- scheidender Attraktivitätsfaktor für das Urchristentum war
derts eine soziale – gerade da der gesellschaftliche Druck auf die Gemeinden
Schichtung der Ge- wuchs – der innere Zusammenhalt: die soziale Fürsorge, die
meinden im Gange egalitären Gemeindestrukturen, die Einbindung jedes ein-
ist und soziale Span- zelnen in ein tragendes soziales Netz der Gemeinde.
nungen vorhanden
sind. Zu einem we- Die Beheimatung der Autoren
sentlichen Teil aber Die Wahrnehmung von politischer Macht und staatlicher
dürften die Christen Herrschaft unterscheidet sich in den einzelnen Schrif-
in den paulinischen ten des Neuen Testaments sehr voneinander. Die Johan-
Gemeinden aus der nesapokalypse etwa ist von
Unterschicht stam- einer durchwegs kritischen
men: Tagelöhner, Haltung gegenüber dem Im- Ein entscheidender
Saisonarbeiter und perium, dem Kaiser und den Attraktivitätsfaktor für
Sklaven und deren lokalen – die Macht Roms
Angehörige und Fa- symbolisierenden und pro- das Urchristentum war
Prof. Dr. Hans-Georg Gradl, Professor milien. Paulus bestä- pagierenden – kultischen und der innere Zusammen-
für Exegese des Neuen Testaments an der tigt dies, wenn er die politischen Institutionen ge- halt: die soziale Fürsorge,
Theologischen Fakultät Trier Christen in Korinth prägt. Etwa zur gleichen Zeit
wie folgt beschreibt: (am Ende des 1. Jahrhun- die egalitären Gemein-
„Schaut doch auf eure Berufung, Schwestern und Brüder: derts) und in der gleichen destrukturen, die Einbin-
Da sind in den Augen der Welt nicht viele Weise, nicht viele Region (in der Provinz Asia) dung jedes einzelnen in
Mächtige, nicht viele Vornehme. Im Gegenteil: Das Tö- vertritt der 1. Petrusbrief
richte dieser Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zu be- eine wesentlich kooperativere ein tragendes soziales
schämen, und das Schwache dieser Welt hat Gott erwählt, Sicht und plädiert – anders Netz der Gemeinde.
um das Starke zu beschämen, und das Geringe dieser Welt als die Johannesapokalypse –
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nicht für eine entschiedene Abgrenzung, sondern für eine begegnen in den Schriften der Propheten prophetischer
werbende Integration in die reichsrömische Gesellschaft Kritik und Anklage, wenn Arme unterdrückt oder ausge-
(1 Petr 2,12–14). Verantwortlich für die unterschiedlichen beutet werden, wenn Mächtige ihre Macht für sich selbst
Wahrnehmungen und Verhaltensimpulse mögen Erfah- nutzen oder gegen andere missbrauchen. Mit Blick auf die
rungen in den einzelnen Gemeinden, vor allem aber die jüdische Geschichte wächst auch dem frühen Christen-
geistesgeschichtliche Beheimatung der Autoren sein: Eine tum ein machtkritischer, prophetisch entlarvender und
Staats- und Gesellschaftskritik ist für den Seher Johan- den Machtmissbrauch anklagender Grundton zu.
nes in der Tradition der frühjüdischen Apokalyptik eine Zudem stellt die Tatsache, dass Jesus als politischer Ver-
Selbstverständlichkeit, während der römische Bürger Pau- brecher gekreuzigt wurde, eine mahnende Erinnerung in
lus eine generell positive Wahrnehmung der staatlichen jedweder Wahrnehmung von politischer Macht und staat-
Autorität erkennen lässt: licher Herrschaft dar. In der Kreuzigung Jesu zeigt sich die
„Jedermann ordne sich den Korrumpierbarkeit irdischer Macht, die Fehlerhaftigkeit
In der Konzeptionierung staatlichen Behörden unter, staatlichen Urteilens, aber auch die Ablehnung des Gottes-
die Macht über ihn haben. reichs, das Jesus angekündigt und dessen Wertigkeiten er –
und Ausübung von Macht Denn es gibt keine staatli- in Wort und Tat – vertreten hat. Kurzum: Der Blick auf den
sind und bleiben die che Behörde, die nicht von gekreuzigten Jesus mahnt zur Vorsicht und zur kritischen
Christen Kinder ihrer Zeit Gott gegeben wäre; die jetzt Distanz gegenüber Formen der Macht, die Menschen un-
bestehen, sind von Gott ein- kontrolliert und willkürlich über Menschen ausüben.
und Teil ihrer Lebenswelt. gesetzt. Also gilt: Wer sich Machtverhältnisse innerhalb der Gemeinden werden
Das Bekenntnis zu Jesus gegen die Autorität des durch einen gemeinsamen und die theologische Würde
modifiziert die Vorstellung Staates auflehnt, der wider-
setzt sich der Anordnung
aller Gemeindeglieder kennzeichnenden Initiationsritus
strukturiert: Paulus begreift die Taufe als Inkorporierung
und Ausübung von Macht. Gottes; die sich aber wider- in den Leib Christi, dessen Glieder fundamental gleichwer-
setzen, werden ihr Urteil tig sind. Die Geistbegabung, die mit der Taufe verbunden
empfangen. Denn nicht die ist, bedingt Charismen, die aufgrund ihrer Herkunft (vom
gute Tat muss die Machthaber fürchten, sondern die Geist) und ihres Geschenkcharakters keine Über- oder Un-
böse. Willst du die Autorität des Staates nicht fürch- terordnung zulassen: „Ihr alle seid Kinder Gottes durch
ten müssen? Dann tue das Gute, und du wirst bei ihr den Glauben in Jesus Christus, denn ihr alle, die ihr auf
Anerkennung finden!“ (Röm 13,1–3) Christus getauft wurdet, habt Christus angezogen. Da gibt
Indirekt stellt diese Sicht der staatlichen Autorität als es also nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie,
Garant der Ordnung aber doch einen Tugendspiegel für Mann und Frau, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“
die staatliche Gewalt dar: Daran haben sich der Staat und (Gal 3,26–28)
seine Repräsentanten und Institutionen zu messen. Kritik Schließlich besitzt auch die Christologie ein machtmodi-
ist vorprogrammiert, wenn der Staat seinen hier beton- fizierendes Drehmoment. Das Zentrum ist nämlich besetzt:
ten Funktionen und Aufgaben nicht nachkommt. Die Sicht Christus wird als der Herr bekannt, von dem alle Macht
von Paulus mag zudem von der Absicht geprägt sein, die abhängig und dem alle
kleine und sozial schwache christliche Gemeinde inner- Macht Rechenschaft
halb der Gesellschaft zu schützen. Paulus schürt nicht den schuldig ist. Eindrück- In der Kreuzigung Jesu
Konflikt, sondern favorisiert einen zunächst wertschätzen- lich zeichnet Paulus im
den und integrationsbereiten Weg, um die Außenseiterpo- Philipper-Hymnus die
zeigt sich die Korrumpier-
sition der Christen nicht noch zusätzlich zu verschärfen. Erniedrigung und Hin- barkeit irdischer Macht,
gabe Jesu nach, der nicht die Fehlerhaftigkeit staat-
an seiner Macht festhielt
Die paulinischen Gemeinden
und den Machtlosen
lichen Urteilens, aber
In der Konzeptionierung und Ausübung von Macht sind gleich wurde (Phil 2,6– auch die Ablehnung des
und bleiben die Christen Kinder ihrer Zeit und Teil ih- 11). Diese Lebensbewe- Gottesreichs, das Jesus
rer Lebenswelt. Diese Tatsache spiegelt sich schon in den gung wird den Christen
verwendeten Titeln und Diensten (Episkopen, Presbyter, als Modell vor Augen ge-
angekündigt und dessen
Hausvorsteher), die einerseits übernommen, aber anderer- stellt: „Habt diese Gesin- Wertigkeiten er – in Wort
seits doch inhaltlich verändert werden. Das Bekenntnis zu nung in euch, die auch und Tat – vertreten hat.
Jesus und die Orientierung an seiner Verkündigung mo- in Jesus Christus war.“
difizieren auch die Vorstellung und Ausübung von Macht. (Phil 2,5) Macht dient
nicht dem eigenen Renommee und dem eigenen Nutzen:
Theologische Ansatzpunkte zur Wahrnehmung Macht ist – christologisch verstanden – auf das Leben und
von Macht das Wohl der anderen auszurichten!
Das frühe Christentum steht auf dem Boden der Ge- In den vergangenen Jahren hat die These einige Dis-
schichte Israels. Die prophetischen Schriften Israels wer- kussionen hervorgerufen, dass der Monotheismus doch
den als verbindlich erachtet: Das frühe Christentum weiß die Gewalt fördere. Aber auch das Gegenteil ist denkbar:
um die Ohnmachtserfahrung Israels in der Gefangen- Da das Zentrum besetzt ist und die Macht damit nicht in
schaft, in Ägypten und in Babylon. Die ersten Christen Menschenhand liegt, könnte der Monotheismus auch ge-
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gen Gewalt und Machtmissbrauch stehen, Unrechtsmächte (1 Kor 12,7). Angefangen von den eigenen Fähigkeiten bis
kritisch hinterfragen, egalitäre Strukturen fördern und zu hin zu den in der Gemeinde übernommenen Aufgaben ist die
einem respektvollen Umgang miteinander inspirieren! jeweils damit verbundene Macht proexistent: nicht Selbst-
zweck und kein Eigennutz, sondern Macht als Hingabe zur
Apostolisches Selbstverständnis und egalitäre Ermächtigung anderer.
Gemeinschaft
Paulus übt Macht aus. Er versteht sich als Gesandter Christi Die Entwicklung von Ämtern: Qualifikation und Funktion
und unterstreicht die Autorität, die ihm in seiner Berufung Die Frage nach der Ausbildung von Diensten und Ämtern
von Christus übertragen wurde (Röm 1,1). Er tritt bevoll- (und der Übertragung von Macht) ist in urchristlicher und
mächtigt in den Gemeinden auf: Er lobt und tadelt, mahnt frühkirchlicher Zeit komplex und im Rahmen dieses Vor-
und kritisiert. trags kaum zureichend zu beantworten. Die Anfänge von
Gleichwohl weiß Paulus um Grenzen, die seine Macht Diensten und Ämtern in den paulinischen Gemeinden zei-
temperieren und modifizieren: Das menschliche Unver- gen sich relativ charismatisch: Sie sind von den Herausfor-
mögen, die eigene Schwachheit aufgrund von Krankheit derungen konkreter Situationen und Probleme veranlasst,
oder Überlastung, die dem Tod unterworfene menschliche durch die Erwartung der baldigen Wiederkunft des Herrn
Existenz lassen ihn vorsichtig sein. Paulus versteht sich als temperiert und durch die je unterschiedlichen Möglich-
schwaches Gefäß. Er lebt von der Gnade (2 Kor 4,7). Es keiten in den einzelnen Gemeinden oder Hauskirchen
ist nicht seine Macht. Er ist Mitarbeiter und Dienstbote strukturiert. Die sich dehnende Zeit, die wachsenden Ge-
und muss sich und die anderen immer meinden, der gesellschaftliche Druck,
wieder daran erinnern, wem eigentlich Probleme der Versorgung und Heraus-
das Feld gehört und die Ehre gebührt Die Art, wie Paulus seinen forderungen des alltäglichen Gemein-
(1 Kor 3,10). Er steht zu Diensten, delebens tragen zur Entwicklung und
aber ist nicht der Dienstherr; er übt
Dienst versteht und aus- Verfestigung von Ämtern bei. Dabei
Macht aus, aber allenfalls als Bevoll- übt, soll das Miteinander bieten sich – mit Blick auf die Synago-
mächtigter und nicht als Machthaber. in den Gemeinden prägen. gen und die Verwalter- und Vorsteher-
Die Gebrochen- und Gebrechlich- dienste in den griechisch-römischen
keit der eigenen Macht ist Ausdruck
Auch als Apostel ist er Gemeinwesen – Presbyter und Episko-
einer theologisch-christologischen Glied des Leibes Christi, pen an, die – auffällig genug – zunächst
Notwendigkeit: Die eigene Kraft und Teil einer fundamental nur im Plural erwähnt und als Gemein-
Stärke zehren stets von der Kraft und schaft dargestellt werden (Phil 1,1;
Größe Christi. Sie tragen – anders for-
egalitären Gemeinschaft, Jak 5,14). Der Presbyter-Dienst scheint
muliert – die Gravur des Kreuzes und deren Haupt Christus ist. aus der Gestaltung der jüdischen Syn-
erweisen ihre Kraft in der Ohnmacht. agogalgemeinde zu stammen und Lei-
Jede scheinbar beeindruckende Fähig- tungsfunktionen verschiedenster Art
keit und auch jede Äußerung von Macht hat sich an der zu umfassen: ausgeübt von Personen, die aufgrund ihrer
kenotischen Liebe des Herrn zu messen: Jede Propheten- Erfahrung und ihres Alters über die natürliche Autorität
gabe, alle Erkenntnis und jedwede religiöse Spitzenleistung zur Übernahme von Verantwortung verfügen. Episkopen
ist nichts ohne die Liebe – und damit immer nur so gut dagegen weisen auf Beamte im griechisch-römischen Ver-
wie ihre Ausrichtung auf die anderen und ihr Dienst an eins- oder Gemeinwesen hin, die Aufsicht führen und ver-
den Schwächsten! waltende und organisatorische Tätigkeiten ausüben.
Paulus stellt sich auch hinsichtlich seines Selbstver- Doch auch hier entwickeln die frühchristlichen Schrif-
ständnisses den Gemeinden als Modell vor Augen: Die Art, ten – bei aller Übernahme feststehender Begrifflichkei-
wie er seinen Dienst versteht und ausübt, soll das Mitei- ten und Vorstellungen – ein eigenes Anforderungs- und
nander in den Gemeinden prägen. Auch als Apostel ist er Inhaltsprofil: „Wenn einer ein Aufseheramt erstrebt, so
Glied des Leibes Christi, Teil einer fundamental egalitä- begehrt er ein rechtes Werk. Der Aufseher nun muss unta-
ren Gemeinschaft, deren Haupt Christus ist. Diese neue, delig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, besonnen,
Standesunterschiede aufbrechende, eine grundlegende ordentlich, gastfreundlich, lehrgewandt, nicht weinse-
Würde aller Menschen bejahende Sicht dürfte ein wesent- lig, kein Schläger, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht
licher Attraktivitätsfaktor in den urchristlichen Gemein- geldgierig, dem eigenen Haus recht vorstehend, Kinder ha-
den gewesen sein. Generell kann Paulus die Christinnen bend, die er anständig erzieht, denn wenn einer dem ei-
und Christen in den Gemeinden als Heilige – freilich nicht genen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll er für eine
im Sinne einer moralischen Qualifizierung, sondern im Gemeinde Gottes sorgen?“ (1 Tim 3,1–5)
Sinne einer grundlegend geschenkten Würde – anreden. Solche Tugendspiegel haben nicht nur die Funktion,
Er grüßt Frauen und Männer, Sklaven und Freie, Juden die Realität zu beschreiben. Sie dienen auch der Auffor-
und Heiden (Röm 16,1–16). Kerygmatische, diakonische derung und Mahnung und wollen die Wirklichkeit der
und kybernetische Dienste werden – ohne Über- oder Gemeinden möglichst positiv beeinflussen. Deutlich wird
Unterordnung – nebeneinander erwähnt und aufgezählt: daran, dass Verantwortung und Macht kritisch in den
Sie alle sind vom Geist geschenkt und von dieser Quelle Blick genommen und auch inhaltlich bestimmt werden.
her geadelt und geeint. Alle Dienste sind – was entschei- Auch im Urchristentum, in den paulinischen Gemeinden
dend ist – auf den Aufbau des Leibes Christi ausgerichtet und in den sich zahlenmäßig stärker entwickelnden und
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ausdifferenzierenden Gemeinden der nachpaulinischen laufs oder des kommenden Weltendes. Die Apokalypse
Zeit gibt es Macht: Sie dient dazu, das Gemeindeleben dient der veränderten Wahrnehmung der Gegenwart: Die
zu organisieren, für die soziale Verteilung von Gütern zu kritische Auseinandersetzung mit dem Imperium und die
sorgen, Streitfragen zu klären und die Verkündigung des Demaskierung Roms als Menschen missbrauchende Bes-
Evangeliums zu fördern. Gerade auch angesichts des Miss- tie soll die Sicht der Leserinnen und Leser verändern. Sie
brauchs und der Korrumpierbarkeit von Macht bleiben das blicken hinter die Kulissen: Johannes lüftet das Geheimnis
Wohl der Gemeinde und die Verkündigung des Evangeli- der Hure Babylon, deren Geschmeide (nur) auf den ersten
ums entscheidende inhaltliche Kriterien zur Bestimmung Blick fasziniert (Offb 17,7). Rom beutet Menschen aus und
und Ausübung von Macht: Das Evangelium bestimmt in- führt sie in die Abhängigkeit.
haltlich und funktional die in den Gemeinden und für die Die staatliche Macht sieht Johannes in Konkurrenz zur
Gemeinden ausgeübte Macht. Macht Gottes. Dies spiegelt sich etwa in der Titulatur Got-
tes: Ließ sich – nach einer Bemerkung Suetons in seinen
Abgeleitete, zielgerichtete und inhaltlich Kaiserviten – Domitian als „dominus et deus noster“ anre-
strukturierte Macht den, so spricht Johannes nun exklusiv Gott diesen Titel zu.
Die mit den übertragenen Aufgaben ausgeübte Macht steht Mehr noch: Gott ist der „Pantokrator“, der Allbeherrscher
im Dienst des Gemeindeaufbaus und der Verkündigung. (Offb 4,8; 11,17; 15,3; 16,7).
Damit ist die Macht inhaltlich orientiert und auch be- Einerseits depotenziert Johannes in der Visionswelt
grenzt: Sie ist nicht uferlos, sondern funktional limitiert! seiner Schrift irdische Mächte und Gewalten. Die Macht
Macht untersteht stets der Macht Jesu, an dessen Leben Gottes wird sich durchsetzen: Irdische Throne werden un-
und Wirken sie Maß zu nehmen hat. In den Fußspuren eines tergehen, gottvergessene Machtausübung wird scheitern.
Gekreuzigten lassen sich nur schwer – und nur, wenn die Andererseits adelt Johannes – als Kehrseite der Medail-
Wurzeln vergessen werden und die le apokalyptischer Machtkritik –
Ohnmacht Jesu verdrängt wird – die Adressaten seiner Schrift und
Machtinsignien prägen. Macht untersteht stets der nennt sie „ein Königreich“, eine
Macht bleibt stets auch eingebet- „Priesterschaft für Gott“ (Offb 1,6).
tet in die – bereits erwähnte – ega-
Macht Jesu, an dessen Leben Auffällig ist zudem, dass – au-
litäre Form der Gemeinde: „Ihr alle und Wirken sie Maß zu neh- ßer den Patriarchen und den zwölf
seid einer in Christus!“ (Gal 3,28) men hat. In den Fußspuren Aposteln des Lammes – keine wei-
Temperiert ist die Macht schließ-
lich auch in eschatologischer Hin-
eines Gekreuzigten lassen sich teren Titel oder Ämter in der Jo-
hannesapokalypse genannt werden:
sicht. Alle irdischen Mächte und nur schwer – und nur, wenn die Johannes vermittelt den Adressaten
Gewalten sind unter der Erwartung Wurzeln vergessen werden und ein hohes, adeliges Selbstverständ-
des Gottesreichs vorläufig und zeit- nis. Ihnen, den Außenseitern, die
lich begrenzt: Selbst der Sohn un-
die Ohnmacht Jesu verdrängt nicht dem Kaiser huldigen und an
terwirft sich schließlich dem, dem wird – Machtinsignien prägen. Prozessionen und Spielen zu sei-
alle Macht gebührt, „damit Gott al- nen Ehren nicht teilnehmen, wird
les in allem ist.“ (1 Kor 15,28) Macht verheißen. Sie werden mit
Insofern zeigen sich in der Praxis urchristlicher Ge- Gott auf dem Thron sitzen und Gericht halten (Offb 3,21).
meinden theologisch wie christologisch veranlasste Wie mag dies auf die gesellschaftlich ausgegrenzte christ-
machttemperierende Elemente und Faktoren: Macht wird liche Minderheit gewirkt haben? Die Apokalypse enthüllt
in zeitlicher, in inhaltlicher Hinsicht und durch die Einbet- und tröstet: Sie demaskiert das auf Unterdrückung und
tung in eine fundamental gleichwertige Gemeinschaft der Machterhalt ausgerichtete Imperium und verheißt den Op-
Getauften strukturiert und begrenzt. fern der Geschichte die machtvolle Durchsetzung Gottes,
der auf der Seite der Schwachen steht.
Zweifellos ist der Johannesapokalypse ein macht-
Die Johannesapokalypse
kritisches Element und Grundanliegen eigen: Sie stellt
Bevor einige synthetische Eindrücke zur Gestaltung und Macht auf den Prüfstand und macht die Adressaten
Ausübung von Macht im frühen Christentum den neutes- zu Mitwisserinnen und Mitwissern. Das Enthüllungs-
tamentlichen Studientag beschließen sollen, sei der Blick anliegen der Apokalypse ist von machtkritischer Art:
noch auf die Johannesapokalypse gerichtet. Das letzte Buch Unkenntnis, fehlendes Wissen oder absichtliche Ge-
der Bibel klagt – wie keine andere Schrift des Neuen Tes- heimhaltung stützen die Macht der einen bzw. hal-
taments – gottvergessene, selbstherrliche und Menschen ten die anderen in der (unwissenden) Macht- und
unterdrückende Macht an! Wehrlosigkeit gefangen. Die Johannesapokalypse da-
gegen zielt ihrem Inhalt und ihrem Vermittlungsansatz
Ermächtigendes Wissen nach auf die Ermächtigung der christlichen Mino-
Dem Wortsinn nach meint das Wort „Apokalypse“ Ent- rität Kleinasiens: Die „enthüllte“ und in der Schrift
hüllung, Entdeckung. In der Tat: In Form zahlreicher Vi- geäußerte Kritik am Imperium dient der Ermächti-
sionen und Auditionen enthüllt Johannes den Adressaten gung der Unterdrückten, der Aufwertung ihres Selbst-
seiner Schrift eine neue Welt. Dabei geht es keineswegs verständnisses und dem Ausbau einer gesellschaftskriti-
nur um die Offenbarung des zukünftigen Geschichtsver- schen Form gemeindlichen Lebens.
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Gewaltfreier Machtverzicht und die Macht des Wortes – also abermals durch das Wort (Offb 2,6; 19,15.21). Gott
Die Johannesapokalypse wendet sich an eine – zwar nicht schlägt die Feinde nicht mit einer militärischen Superwaffe
systematisch und aktiv verfolgte, aber doch – politisch und in die Flucht: Sein bloßes Erscheinen – das Offenbarwerden
sozial machtlose Adres- Gottes – klärt den Sachverhalt (Offb 20,11). Auch die Jo-
satenschaft: eine kleine hannes verbliebene – und zugegebenermaßen begrenzte –
Die erduldete Situa- Minderheit von Chris- Macht ist eine Macht im Dienst für andere: Sie zielt auf die
tion der Machtlosig- tusgläubigen, die in der Ermächtigung der Machtlosen durch die Enthüllung von
reichsrömischen Gesell- Hintergründen und die Stabilisierung der Hoffnung, damit
keit bricht Johannes schaft am Rand stehen. Leben nicht in der Verzweiflung verkommt.
nicht das Rückgrat. Im Das Bekenntnis zu Chris-
Gegenteil: Er fordert zu tus isoliert sie. Johannes Zusammenfassung und Impulse
plädiert dafür, sich als
Geduld und Treue, zu christliche Kontrastge- Wir blicken aus einer Zeit heraus auf die Texte des Neuen
einem intensiven Aus- sellschaft entschieden von Testaments, in der vielfacher Missbrauch von Macht in der
harren im Vertrauen auf der reichsrömischen Ge- Kirche offensichtlich wurde, großes Unrecht geschehen ist
sellschaft abzusetzen und und Menschen zutiefst verletzt wurden. Schnelle und ein-
die sich durchsetzende die Grenzen deutlich zu fache Lösungen lassen sich für gegenwärtige Fragen nicht
göttliche Macht auf. markieren: „Und ich hörte aus den Texten des Neuen Testaments gewinnen. Aber ins-
eine andere Stimme aus pirierend kann der Blick auf die Anfänge der urchristlichen
dem Himmel sagen: Geht Gemeinden doch sein: Welche Impulse lassen sich aus dem
aus ihr (der Stadt) hinaus, mein Volk, damit ihr nicht an urchristlichen Ringen um die Verteilung von Macht in den
ihren Sünden teilhabt und damit ihr nicht von ihren Pla- Gemeinden und die Wahrnehmung von politischer Macht
gen empfangt!“ (Offb 18,4) in der Welt und Gesellschaft ableiten?
Johannes empfiehlt, sich der Macht Roms zu verwei-
gern: dies sogar zum Preis von wirtschaftlichen, politi- Alternative Formen der Macht
schen und gesellschaftlichen Nachteilen! An keiner Stelle Im besten Sinne des Wortes muss es im Christentum – so
aber fordert Johannes die Adressaten zum militanten Wi- man in Verbindung mit dem Ursprung bleiben will – um
derstand auf. Im Gegenteil: Nicht der Löwe siegt, sondern alternative Formen der Macht und Machtausübung gehen.
das Lamm, das Opfertier, das die Male der Schächtung Durch die Geschichte Israels, die Machtkritik der alttesta-
trägt und aufgrund der eigenen gewaltfreien Lebenshin- mentlichen Propheten, vor allem aber durch das Wirken,
gabe den Sieg errungen hat (Offb 5,5–10). die Verkündigung und die Kreuzigung Jesu ist dem Chris-
Johannes selbst erduldet wohl – nach dem Zeugnis der tentum eine reservierte, kritisch prüfende Haltung gegen-
Alten Kirche – eine befristete Strafmaßnahme: „Wegen des über Macht und Machthabern eingestiftet. Letztlich geht das
Wortes Gottes“ (Offb 1,9) ist er auf der Insel Patmos in Christentum doch auf Jesus zurück, der von den Römern
Gefangenschaft. Was ihm bleibt, ist die Macht des Wor- außerhalb der Stadt als Hochverräter gekreuzigt wurde.
tes: Schonungslos und mutig klagt er die gottvergessene Sollte sich dies und die zentrale Botschaft Jesu von der Got-
Machtausübung des Imperiums an. Er nutzt Bilder und Ver- tesherrschaft nicht auch in der Ausgestaltung kirchlicher
gleiche, schöpft aus den prophetischen Büchern des Alten Dienste und Machtstrukturen spiegeln (müssen)?
Testaments, versteht sich selbst als Prophet (Offb 22,6.9) Alternativ muss die Machtgestaltung im Christentum
und klagt Ausbeutung und Unterdrückung an. auch deshalb sein, weil sie an den Inhalten der Verkündigung
Die erduldete Situation der Machtlosigkeit bricht ihm und dem Selbstverständnis Jesu Maß zu nehmen hat. Das Be-
nicht das Rückgrat. Im Gegenteil: Er fordert zu Geduld mühen darum spiegelt sich – in aller Gebrochenheit – in den
und Treue, zu einem intensiven Ausharren im Vertrauen urchristlichen Gemeinden: Paulus betont mit dem Philippe-
auf die sich durchsetzende göttliche Macht auf. In tiefer rhymnus, aber auch im Hohelied der Liebe eine durchwegs
Solidarität – die Machtlosigkeit lässt selbstgemachte Hie- kenotische Ausrichtung des
rarchien und Ranglisten fragwürdig erscheinen – stellt er Gemeindelebens und aller
sich den Adressaten als „Bruder und Mitteilhaber an der einzelnen Dienste und Ver- Letztlich geht das Chris-
Bedrängnis und dem Königtum und der Ausdauer in Je- antwortlichkeiten. Nie geht tentum auf Jesus zurück,
sus“ (Offb 1,9) vor. es um eine Willkürmacht.
Im Widerschein wird deutlich, wie Johannes Macht ver- Macht hat sich zu begrün- der von den Römern
steht: Auch für ihn ist das Zentrum besetzt. Macht gebührt den und auf die Situation außerhalb der Stadt als
nicht einer Kreatur, sondern dem Schöpfer: Gott allein und Zielsetzung auszurich- Hochverräter gekreuzigt
(Offb 4). Menschliche Macht ist niemals absolut. ten. Wenn Macht zum Selbst-
Johannes greift nicht zur Waffe. Er fordert nicht zum zweck wird und nicht länger wurde. Sollte sich dies
militanten Widerstand auf. Er nutzt, was ihm bleibt: die in Diensten steht, wenn sie nicht auch in der Aus-
Macht der prophetischen Kritik und Anklage, die Macht nicht mehr dem kenotischen gestaltung kirchlicher
des Wortes. Übrigens scheint auch Gott bei der (endzeitli- und diakonischen Anliegen
chen) Durchsetzung seiner Macht, andere Mittel zu haben des Stifters Rechnung trägt, Dienste und Machtstruk-
und Wege zu beschreiten, als dies menschliche Macht tun ist sie zu kritisieren und zu turen spiegeln?
würde: Gott richtet durch das Schwert aus seinem Mund modifizieren.
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Kompetenzen beachten und Autorität begründen Gemeinden haben sich
Die Aufzählung von verschiedenen Charismen in den Ge- an den Früchten des Paulus Wirken in der
meinden (1 Kor 12,8–11) setzt Fertigkeiten und die Eig- Geistes zu messen und Gemeinde war darauf
nung der verschiedenen Personen voraus. Die vorhandene kritisch die Frage zu
Kompetenz, prophetisch zu reden, die Geister zu unter- stellen, ob der Einsatz ausgerichtet, die Gemein-
scheiden, Rat und Hilfe zu geben oder die Zungenrede zu zu größerer Liebe und de zur Eigenständigkeit
übersetzen, wird als Wirkung und Gabe des Geistes ver- Freude, zu mehr Frie- zu ermächtigen. Der
standen. Nie geht es nur um die persönliche Neigung, den, Großmut, Freund-
sondern immer auch um die tatsächlich vorhandene, vom lichkeit, Güte und Treue Dienst von Paulus ist
Geist geschenkte, den Aufbau der Gemeinde fördernde (Gal 5,22) beiträgt. dann erfolgreich, wenn er
Eignung und Gewandtheit. Nicht zuletzt scheint nicht mehr vonnöten ist.
Die Haustafeln und Tugendkataloge beschreiben ein in den paulinischen Ge-
Anforderungsprofil. Dienste und Verantwortlichkeiten meinden ein wesent-
werden nicht abstrakt definiert: Sie sind konkret und die- liches Korrektiv von
nen der Gemeinde, der Verkündigung, dem Aufbau des Leitungsämtern die Gruppe zu sein: Paulus spricht von den
Gottesreichs. Sie basieren notwendigerweise auf Kompe- Episkopen und Diakonen in Philippi im Plural. Nicht ein
tenzen, die vorhanden sein oder sich angeeignet werden einzelner, sondern eine Gruppe übt den Dienst der Leitung
müssen. Dabei geht es auch um eine persönliche Passge- bzw. der Versorgung aus: eine Gruppe, die auf das Mehr-
nauigkeit mit der Aufgabe bzw. dem Dienst, die vor Über- augen-Prinzip setzt und davon profitiert.
oder Unterforderung schützt und eine sinnvolle Ausübung
des Dienstes ermöglicht. Macht zur Ermächtigung anderer
Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht, dass das Kirchen- Die Missionsstrategie von Paulus fasziniert: Paulus wählt
recht zwar – im Hinblick auf die Ämter in der Kirche – von bewusst große Städte, von denen eine besondere Strahl-
„potestas“, „munus“ und „officium“ spricht, aber Begriffe kraft und weitere Verbreitung des Evangeliums ausgehen
wie „competentia“ und „auctoritas“ fehlen. Zur Ausübung kann. Paulus setzt in den Zentren an, verkündet dort das
eines Amtes ist aber eine Autorität notwendig, die sich Evangelium, legt erste Strukturen Grund und betraut – mit
aus der Anerkennung des Amtsträgers aufgrund der zum Blick auf die vorhandenen Fähigkeiten in den Gemeinden –
Dienst befähigenden Kompetenzen ergibt. Die Ausübung mit Verantwortung. Nach wenigen Monaten reist er in
eines Amtes, ohne dafür die notwendige Befähigung zu der Regel ab, und die Gemeinde lebt. Sein Wirken in der
besitzen, höhlt nicht nur das Amt aus, es schädigt Inhaber Gemeinde war darauf ausgerichtet, die Gemeinde zur Ei-
und Adressaten des Dienstes gleichermaßen. genständigkeit zu ermächtigen. Der Dienst von Paulus ist
dann erfolgreich, wenn er nicht mehr vonnöten ist, wenn
Kontrollmechanismen einziehen und Zuständigkeiten andere zum Dienst, zur Verkündigung, zur Übernahme
ausloten von Verantwortung ermächtigt wurden.
Paulus weiß um seine Zuständigkeiten: Er ist „nicht ge- Das dürfte ein gutes Maß an Toleranz und eine Kon-
sandt, zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden“ zentration auf die essenziellen Elemente gemeindlichen
(1 Kor 1,17). Seine Kernaufgabe ist das Unterwegssein zum Lebens gefordert haben. Dementsprechend variabel prä-
Zwecke der Verkündigung, der Auslegung und Erläute- sentieren sich auch die unterschiedlichen Gründungen
rung des Evangeliums. und Gemeinden. Da ist nicht alles gleich, aber doch geeint
Die Diakone in Apg 6 wer- im Bekenntnis zu Jesus Christus und in der Verkündigung
Dienste und Verantwort- den bestimmt, um Dienst des Evangeliums. Macht jedenfalls ist – an den Reiserou-
an den Tischen zu leisten ten und den zeitlich begrenzten Aufenthalten von Paulus
lichkeiten werden nicht und Bedürftige zu versor- abzulesen – eine zielorientierte Macht, die der Ermächti-
abstrakt definiert: Sie gen. Macht ist begrenzt, gung anderer dient.
sind konkret und dienen weil sie auf Funktionen In der Berufung Ezechiels findet sich ein aussagekräf-
der Gemeinde, der Verkün- und ein Ziel ausgerich-
tet ist. Als Kontrollinstanz
tiger Satz: „Als er zu mir redete, kam der Geist in mich
und stellte mich auf meine Füße“ (Ez 2,2). Der Geist be-
digung, dem Aufbau des kommen jene in den Blick, wirkt den aufrechten Stand und die Eigenständigkeit des
Gottesreichs. Sie basieren für die der Dienst vollzo- Propheten. Geistvolles Wirken, geistvolle Machtausübung
gen wird. Sie sind – oder sucht ebendies und lässt sich daran erkennen: Macht in der
auf Kompetenzen, die vor- wären – Teil einer gesun- Kirche ist danach zu strukturieren und dort zu korrigieren,
handen sein oder sich an- den Feedback-Kultur, um wo sie nicht der Verkündigung des Evangeliums und der
geeignet werden müssen. Funktionalität und Ef- Würde und Ermächtigung der anderen dient.
fektivität kritisch zu prü-
fen und ein dialogisches
Miteinander zu pflegen. Da der Geist die verschiedenen
Dienste und Aufgaben begründet, wäre eine Unterschei-
dung der Geister vorzunehmen. Auch die Dienste in den
78 Online-Teil | zur debatte 1/2024