Sonderdruck aus
Unfertigkeit in antiker Architektur
Definitionen und Ursachen
Beiträge einer Sektion
des
Neunzehnten Internationalen Kongresses für Klassische Archäologie
in Köln und Bonn
am 23. Mai 2018
herausgegeben von
Frank Rumscheid und Natalia Toma
BEIHEFTE DER BONNER JAHRBÜCHER
LVR-LandesMuseum Bonn
und
Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande
Band 61
WISSENSCHAFTLICHE BUCHGESELLSCHAFT
PHILIPP VON ZABERN
DARMSTADT
VIII und 148 Seiten mit 162 Schwarzweißabbildungen und 16 Farbabbildungen
Es gelten die redaktionellen Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts.
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Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der deutschen Nationalbibliographie (http://dnb.d-nb.de).
Alle Rechte vorbehalten
Copyright Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande 2022
Redaktion: Olaf Dräger
Satz: Martin Pütz
Druck: druckhaus köthen GmbH & Co. KG
ISBN: 978-3-8053-5364-9
Inhalt
VII Frank Rumscheid und Natalia Toma
Vorwort
1 Frank Rumscheid
Unfertigkeiten am Bau
Folgen finanzieller Engpasse, organisatorischer Zwänge oder ästhetischer Ignoranz?
11 Matthias Grawehr
Buckelbossen in der antiken Architektur
39 Therese Emanuelsson-Paulson
Polygonal Columns
Unfinished Construction or Inexpensive Fashion in Hellenistic Times?
49 Reinhard Heinz
Das vollendet unvollendete Mausoleum von Belevi
75 Georg Plattner
Intentionelle Unfertigkeit in der römisch-kaiserzeitlichen Architektur in Ephesos und Kleinasien
87 Ursula Quatember
Geldmangel und gebrochene Versprechen?
Die Finanzierung öffentlicher Bauten und Phänomene der Unfertigkeit im kaiserzeitlichen Kleinasien
103 Natalia Toma
Das Stadion-Osttor in Milet
Unfertigkeit und Effizienzstrategien im kaiserzeitlichen Marmorbau
135 Fulvia Bianchi und Matthias Bruno
Il Complesso Severiano di Leptis Magna
Il cantiere e la decorazione architettonica tra finito e non finito
Vorwort
Die sieben Beiträge, die nebst einer Einleitung
in diesem Band publiziert werden, gehen auf
den zum Thema ›Archaeology and Economy in
the Ancient World‹ veranstalteten Neunzehnten
Internationalen Kongress der Klassischen Archäologie in Köln und Bonn am 22. bis 26. Mai
2018 zurück, genauer gesagt auf das von uns organisierte Panel 3.23 ›Unfertigkeiten am Bau.
Folgen finanzieller Engpässe, organisatorischer
Zwänge oder ästhetischer Ignoranz?‹ beziehungsweise ›Unfinished Details in Ancient Architecture. Consequences of Financial Shortages, Organizational Constraints or Aesthetic
Ignorance?‹ am 23. Mai.
Die ausführlichen Zusammenfassungen der
Beiträge erscheinen in M. Bentz – M. Heinzelmann (Hrsg.), Sessions 2–3, Single Contributions.
Proceedings of the 19th International Congress
of Classical Archaeology Cologne/Bonn, 22–26
May 2018. Archaeology and Economy in the
Ancient World 53 (Heidelberg 2022) 377–407,
und im Internet frei abrufbar unter https://doi.
org/10.11588/propylaeum.999.
Schon während der Tagung war die Idee entstanden, die Vorträge in ausführlicher Form
ohne Begrenzung der Textlänge und mit allen notwendigen Abbildungen außerhalb der
Kongresspublikation in einem eigenen Band gedruckt vorzulegen. Tatsächlich trafen nach gewisser Zeit die Beiträge sämtlicher Beteiligten ein,
und der Band konnte in Form eines Beiheftes der
Bonner Jahrbücher verwirklicht werden. Hierin
griffen wir gern einen Vorschlag Olaf Drägers
auf, der sich dankenswerterweise auch der daraus
resultierenden redaktionellen Arbeit sorgfältig
und umsichtig angenommen hat.
Frank Rumscheid und Natalia Toma
Unfertigkeit in antiker Architektur, 2022, S. 11–38
Matthias Grawehr
Buckelbossen in
der antiken Architektur
Als Hebe-, Stemm-, Wuchte-, Versatz- oder Abrechnungsbosse wird in der Forschungsliteratur
zur antiken Architektur eine vier- oder dreieckige, gelegentlich auch halbkugelige Erhebung
auf der Sichtfläche von Quadern bezeichnet. Die
Bezeichnung als Buckelbosse für dieses Element
hat gegenüber den genannten Begriffen den
Vorteil, rein deskriptiv zu sein und der funktionalen Interpretation dieser Bossen nicht vorzugreifen1, denn ihre genaue Funktion ist in
der Forschung umstritten, auch wenn die einschlägigen Handbücher und Lexika zur antiken
Architektur meist über diese Unsicherheit hinwegtäuschen. Dort werden Buckelbossen in der Regel
als Hebebossen bezeichnet, also als Ansatzpunkte
zum Anheben des Steines mittels eines Seilzuges2.
Die meist beigegebene Sammelabbildung zu antiken Hebewerkzeugen zeigt zwei Hebebossen an
Diese Untersuchung ist ein Parergon der Recherchen
zu meiner 2018 an der Universität Basel angenommenen
Habilitationsschrift über Unfertigkeiten in der Architektur
des Hellenismus und der römischen Kaiserzeit. – Für
Diskussionen, Impulse und Hinweise danke ich insbesondere Jürgen Giese (Bamberg) und Prof. Dr. Frank
Rumscheid (Bonn). Für die großzügige Bereitstellung von
Abbildungsvorlagen und die Erlaubnis zur Publikation danke ich den im Bildnachweis genannten Institutionen und ihren Mitarbeitenden, darüber hinaus und insbesondere Marta
Billo-Imbach (Basel), Dr. Joachim Heiden (Athen), Angelika
Kouveli (Athen), Jona Lendering (Amsterdam), Dr.-Ing.
habil. Aenne Ohnesorg (München), Prof. Dr. Jessica Paga
(Williamsburg), Prof. Dr. Christopher Ratté (Ann Arbor),
Prof. Dr. Philip Sapirstein (Toronto), Bettina Schwarz (Wien)
und Dr. Bahadır Yıldırım (Cambridge). – Datierungen beziehen sich auf die vorchristlichen Jahrhunderte, sofern nicht
anders bezeichnet.
1
2
Vgl. J. Giese – M. Grawehr, Bossen als Phänomen antiker Unfertigkeit. Terminologie und Stellung in den antiken Werkprozessen, in: B. Geißler – U. Wulf-Rheidt
(Hrsg.), Aspekte von Unfertigkeit in der kaiserzeitlichen
Architektur. Kongr. Berlin 2016 (Berlin 2021) 8–14.
W. B. Dinsmoor, The Architecture of Ancient Greece. An
Account of its Historic Development (2. Aufl., London
gegenüberliegenden Blockseiten, an die in vertikaler Richtung Seilschlingen angelegt sind. Nur
in spezialisierten Darstellungen ist dagegen eine
Variante mit horizontal um den Block gelegten
Seilschlingen visualisiert, deren Abrutschen durch
›Hebebossen‹ hätte verhindert werden sollen3.
Im Folgenden gebe ich einen Überblick über
die bisher vorgebrachten Deutungen von Buckelbossen und plädiere für eine historisch differenzierende Herangehensweise.
Forschungsgeschichte
Aus der Antike ist für Buckelbossen keine
Bezeichnung überliefert, weder bei Vitruv noch
in irgendwelchen Bauinschriften4. Die angebliche Entsprechung zu dem griechischen Begriff
3
4
1950) 173; A. K. Orlandos, Τα υλικά δομής των αρχαίων
Ελλήνων κατά τους συγγραφείς, τας επιγραφάς και τα
μνημεία 1 (Athen 1955–1958) 163–165; Martin, Manuel I,
209 f.; R. Ginouvès – R. Martin, Dictionnaire méthodique
de l’architecture grecque et romaine I (Rom 1985) 121;
J.-P. Adam, La construction romaine. Materiaux et techniques (Paris 1984) 50; W. Martini, Sachwörterbuch
der Klassischen Archäologie (Stuttgart 2003) 126 s. v.
Hebebosse; Chr. Höcker, Metzlers Lexikon antiker
Architektur. Sachen und Begriffe (Darmstadt 2004) 53
s. v. Bosse; J. Renn – W. Osthues – H. Schlimme (Hrsg.),
Wissensgeschichte der Architektur II. Vom Alten (sic!)
Ägypten bis zum Antiken (sic!) Rom (Berlin 2014) 205
Abb. 2.16; N. L. Klein, How Buildings Were Constructed,
in: M. M. Miles (Hrsg.), A Companion to Greek
Architecture (Chichester 2016) 105–118, hier 109 Abb. 8.2.
M. Korres in: Korres – Bouras, Parthenon I, 101 f.; J.C. Bessac, Le travail de la pierre à Pétra. Technique et
économie de la taille rupestre (Paris 2007) 228 Abb. 29;
S. Rababeh, Technical Utilization of Lifting Devices
for Construction Purposes in Ancient Gerasa, Jordan,
International Journal of Architectural Heritage 9, 2015,
1023–1036, hier 1028 Abb. 1.
So auch Coulton, Lifting 4 Anm. 19.
12
Matthias Grawehr
ὦτα (›Ohren‹) oder dem gelegentlich von Vitruv
für andere Dinge verwendeten lateinischen
Fachwort ›ancones‹ (›Ellbogen‹) wird schon
von Francis Penrose fälschlicherweise in seinem
Handbuch zur griechischen Architektur von
1851 kolportiert und hält sich seitdem hartnäckig5, im Neugriechischen ist diese Bezeichnung
gar zum Terminus technicus geworden6. Penrose wie vor ihm bereits Giovanni Battista
Piranesi und andere7 deutet Buckelbossen als
Ankerpunkte für Seile zum Heben der Steine in
ihre Position am Bau; alternativ erwägt er eine
Verwendung als Handhabe beim ›Einschleifen‹
von Säulentrommeln, was längst verworfen
ist. Auguste Choisy argumentiert 1873 für die
Rolle der Buckelbossen beim Bewegen der
Steine – was wohl das Anheben und Verrücken
mit einer Hebelstange einschließen soll – sowie
für eine Verwendung als Kontrollmarken zur
Dokumentation des abgearbeiteten Werkzolls, da
er Beispiele von Wolfslöchern und Buckelbossen
an ein und demselben Block kennt – und für
eine gelegentliche Umformung zum Ornament8.
Harold Fowler und James Wheeler wenden sich
1909 gegen die Deutung von Penrose: Es handle
sich nicht um Bossen zum Anlegen von Seilen,
sondern zum Ansetzen von Hebelstangen und gegebenenfalls zum Anlegen von Zangen9. Erstmals
ausführlich diskutiert der italienische Architekt
und Architekturhistoriker Giovanni Battista
Giovenale 1929 die Funktion von Buckelbossen
ausgehend von ihrem Vorkommen an der spätantiken Porta Appia in Rom und mit einem überraschenden Ergebnis: Form und Lage der Bossen
am Stein beziehungsweise Bauwerk sprächen
gegen eine praktische Funktion, zu erwägen sei
vielmehr eine rein symbolische, apotropäische10.
Weitere Vorschläge macht 1957 Giuseppe Lugli:
Neben den fünf bisher vorgebrachten Deutungen
– Heben, Hebeln, Kontrollmarke, Ornament,
Apotropaion –, die er durchaus alle fallweise
für richtig hält, sieht er in den Buckelbossen zusätzlich gelegentlich Distanzhalter zwischen den
Blöcken beim Transport und nicht bearbeitbare
Einschlüsse im Konglomeratgestein11. Damit sind
die auch heute noch zur Diskussion stehenden
Interpretationen bereits abgesteckt. Meist bleibt
aber in den Handbüchern zur antiken Architektur
F. C. Penrose, An Investigation of the Principles of
Athenian Architecture, or the Results of a Recent Survey
Conducted Chiefly with Reference to the Optical
Refinements Exhibited in the Construction of the Ancient
Buildings of Athens (London 1851) 23; vgl. Dinsmoor,
Architecture (Anmerkung 2) 112. 171–174. 387; Lugli,
Edilizia 215. 230; Orlandos, υλικά δομής (Anmerkung 2)
163–165; J. Fitchen, Building Construction before Mechanization (London 1986) 161; Adam, Construction
(Anmerkung 2) 50.
Ginouvès – Martin, Dictionnaire (Anmerkung 2) 121.
G. B. Piranesi, Antichità romane (Venedig 1756) III Taf.
49. 53; ders., Antichità romane de’ tempi della Repubblica
e de’ primi Imperatori (Rom 1784) III Taf. 49; IV Taf. 4.
40; J. Stuart – N. Revett, Antiquities of Athens II (2. Aufl.,
London 1825) 89 Anm. a. – Nicht aus der zeitgenössischen
Praxis, sondern von Piranesi übernahmen auch moderne Fachbücher zum Bauwesen die Hebetechnik mittels
Bossen. So ist sie beispielsweise erst seit der sechsten
Ausgabe von 1896 des Handbuches zu Baukonstruktionen
von Gustav Adolf Breymann unter ausdrücklichem
Verweis auf Piranesi aufgeführt, siehe Allgemeine
Baukonstruktionslehre mit besonderer Beziehung auf das
Hochbauwesen I. Die Konstruktionen in Stein (6. Aufl.,
Leipzig 1896) 46 f. Abb. 148–149.
A. Choisy, L’art de bâtir chez les Romains (Paris 1873)
111: »ces tenons aidaient à remuer la masse, ou bien ils
marquaient l’épaisseur de pierre enlevée lors de la taille;
c’étaient tantôt des instruments de levage, tantôt des ›témoins‹ servant à fixer les bases de la rétribution due aux
ouvriers. – Ces saillies mêmes se transforment en ornements entre les mains des architectes grecs«. Vgl. J. Durm,
Die Baukunst der Griechen, Handbuch der Architektur
Theil II. Die Baustile, Band 1 (3. Aufl., Darmstadt 1910)
147: »Versetzbossen oder besser wohl Kontrollmarken
für die Arbeit«; 157: »zum Anfassen, zum Einsetzen der
Hebeisen usw.« – Buckelbossen sind bereits bei Stuart –
Revett, Athens (vorherige Anmerkung) sowohl als Mittel
zum Anheben der Blöcke als auch ornamental angesehen.
Zur Funktion als Ornament vgl. Lauter, Unfertigkeit;
Hodge, Bosses.
H. N. Fowler – J. R. Wheeler, A Handbook of Greek
Archaeology (New York 1909) 100.
G. B. Giovenale, Simboli tutelari su porte del recinto urbano e altri monumenti dell’antichità, BCom 57, 1929,
183–267.
Lugli, Edilizia 214–218. 230.
Dinsmoor, Architecture (Anmerkung 1) 171–174; Orlandos, υλικά δομής (Anmerkung 2) 163–165; Martin,
Manuel I, 209 f.
Coulton, Lifting.
Koenigs, Naxos 383–385; Hoepfner, Pompeion 111;
Mertens, Segesta 36; Kalpaxis, Hemiteles 19 f.; W. MüllerWiener, Griechisches Bauwesen in der Antike (München
1988) 81 f.; M.-C. Hellmann, L’architecture grecque I. Les
principes de la construction (Paris 2002) 87 f.
Hodge, Bosses.
S. Clarke – R. Engelbach, Ancient Egyptian Masonry. The
Building Craft (Oxford 1930) 98 Abb. 99; Arnold, Egypt
134 Abb. 4.51; J.-Cl. Goyon – J.-Cl. Golvin – Cl. SimonBoidot u. a., La construction pharaonique du Moyen
Empire à l’époque gréco-romaine. Contexte et principes
technologiques (Paris 2004) 341 Abb. 440.
G. Hult, Bronze Age Ashlar Masonry in the Eastern Mediterranean. Cyprus, Ugarit, and Neighbouring Regions,
Studies in Mediterranean Archaeology 66 (Göteborg
1983).
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
13
x
Beleg für Werkzoll
Ornament
x
›Einschleifen‹ von Säulentrommeln
Apotropaion
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Distanzhalter beim Transport
x
Defekt des Steins
x
unbeachtet solch differenzierter Stellungnahmen
die pauschale Deutung als Hebebossen vorherrschend12. Das erregt immer wieder Widerspruch:
Unter anderen legt Jim Coulton 1974 mit einem
breit abgestützten technikgeschichtlichen Zugang
nahe, dass das griechische Bauwesen bis um
515 v. Chr. bei großen Steingewichten mit Rampen statt Baukränen operierte, und im Zuge seiner Argumentation plädiert er dafür, dass sämtliche Buckelbossen ausschließlich zum Rücken
der Blöcke in ihre endgültige Position verwendet worden seien13. Andere favorisieren weiterhin eine fallweise mögliche Unterscheidung
in Hebe-, Stemm- und Abrechnungsbossen14.
Zuletzt nimmt Trevor Hodge noch einmal explizit gegen die Lehrmeinung einer Deutung
einzig als Hebebossen Stellung und vertritt eine
Interpretation als Stemmbossen und die Meinung,
dass die Bossen in vielen Fällen absichtlich als
Ornament am Bau belassen wurden15.
Aus dieser Forschungsgeschichte (Tabelle 1)
lassen sich folgende Postulate ableiten:
Erstens: Einige der vorgebrachten Deutungen
haben wohl zu Recht keinen Anklang gefunden und sind zu vernachlässigen, besonders die
Interpretation als Apotropaia und zum ›Einschleifen‹ von Säulentrommeln.
Zweitens: Eine pauschale Deutung, die für alle
Buckelbossen gilt, wurde bislang nicht gefunden, wichtiger ist stattdessen die fallweise unterschiedliche Beurteilung der Buckelbossen nach
Form, Position am Stein und Vorkommen am
Bau sowie in Bezug zum Werkverfahren am jeweiligen Bau insgesamt, soweit bekannt.
x
Hodge 2005
x
Hellmann 2002
Durm 1910
x
Müller-Wiener 1988
Choisy 1873
x
Coulton 1974
Penrose 1851
x
Ansatzpunkt für Hebelstangen
Lugli 1957
Stuart – Revett 1825
Ansatzpunkt für Hebewerkzeug
Piranesi 1784
Tabelle 1 Deutungen
von Buckelbossen.
Giovenale 1929
Buckelbossen in der antiken Architektur
Drittens: Es genügt nicht, allein den Einzelfall
in den Blick zu nehmen, sondern die unterschiedliche Verwendung der Buckelbossen ist in
einen historischen Kontext einzubetten, technische Entwicklungen sind aufzuzeigen.
Im Folgenden skizziere ich ein Modell der historischen Entwicklung. Ausgegangen wird jeweils exemplarisch von einzelnen aussagekräftig
überlieferten Bauten. In den ersten Abschnitten
gehe ich chronologisch vor, danach wechsle ich
zu einer typologischen Ordnung nach Funktion
der Bossen und nach den Bauteilen, an denen sie sich finden. Dabei biete ich drei neue
Erklärungen: Erstens deute ich Buckelbossen im
spätarchaischen Ionien – außer zum Ansetzen
von Hebelstangen bei Transport und Versatz –
auch als Punkte zum Anlegen von Seilen oder anderen Vorrichtungen, jedoch beim Ablassen und
nicht beim Anheben der Steine. Zweitens biete
ich eine neue Erklärung für die Kombinationen
von Buchstabenkürzeln auf den Mauerquadern
des Apollontempels von Didyma und drittens
erläutere ich Gründe für das häufige Stehenlassen
der Buckelbossen nach dem Bauabschluss.
Die bronzezeitlichen Vorläufer
Buckelbossen sind im Quadermauerwerk seit
dem Beginn der Bronzezeit, zum Beispiel in
Ägypten an der Pyramide des Mykerinos aus
der Mitte des dritten Jahrtausends16, und besonders in der Spätbronzezeit im gesamten östlichen
Mittelmeerraum eine geläufige Erscheinung17, zu
14
Matthias Grawehr
einer Zeit also, als das Anheben aller größeren
Blöcke mittels Rampen geschah18. Buckelbossen
finden sich am Ende der Bronzezeit beispielsweise
in der hethitischen Architektur am Quellheiligtum
von Eflatun Pınar19, in Ägypten am sogenannten
Abbildung 1 Alassa auf Zypern, Buckelbossen
an einem spätbronzezeitlichen Monumentalbau.
Osireion in der Tempelanlage von Abydos20 oder
im Palast von Ugarit21, vor allem aber auf Zypern,
zum Beispiel bei einem Monumentalbau in Alassa22
(Abbildung 1) oder bei den Tempeln von Kition23.
Die ägyptischen Buckelbossen befinden sich in
der Regel jeweils sehr nahe an der Unterkante der
Blöcke. Sie dienten damit wohl dem schonenden
18
19
20
21
22
23
24
Arnold, Egypt 79–101; Goyon u. a., construction pharaonique (Anmerkung 16) 204–217.
M. Bachmann – S. Özenir, Das Quellheiligtum von Eflatun
Pınar, AA 2004, 85–122, bes. 112; J. Seeher, Die Techniken
der Steinbearbeitung in der hethitischen Architektur
des 2. Jahrtausends v. Chr., in: M. Bachmann (Hrsg.),
Bautechnik im antiken und vorantiken Kleinasien. Kongr.
Istanbul 2007, Byzas 9 (Istanbul 2009) 119–156, hier 150–
152 Abb. 33.
Clarke – Engelbach, Masonry (Anmerkung 16) 86 f.
Abb. 81; H. Frankfort, The Cenotaph of Seti I at Abydos
(London 1933) 17 Taf. 17, 2; 18, 1–2; Hult, Masonry
(Anmerkung 17) 35. 82 Abb. 96; Goyon u. a., construction
pharaonique (Anmerkung 16) 303 Abb. 375.
Hult, Masonry (Anmerkung 17) Abb. 76.
S. Hadjisavvas, Alassa. Excavations at the Late Bronze
Age Sites of Pano Mantilaris and Paliotaverna 1984–2000
(Lefkosia 2017) 141–150.
O. Callot in: V. Karageorghis – M. Demas, The PrePhoenician Levels. Area I and II, Excavations at Kition 5
(Nikosia 1985) 168. 207 Abb. 4.
W. M. F. Petrie, The Pyramids and Temples of Gizeh
(London 1883) 78. 82 f. 92. 127 Taf. 12; Clarke – Engelbach,
Masonry (Anmerkung 16) 86 f. 110; Arnold, Egypt 75
Hochstemmen der Blöcke mit einem Hebel beim
Rücken des Steins in seine endgültige Position
oder dem Anbringen und Entfernen von Rollen
unter dem Block24. In Alassa auf Zypern kommen
weit ausladende Buckelbossen in dezentraler Lage
auch weiter oben am Block vor, auch hier aber
ausschließlich an der Sichtfläche der rückseitig
nur grob zugerichteten Blöcke, was ein direktes
Ansetzen von Seilen an der Bosse zum Anheben
oder Heranschaffen des Blocks ausschließen dürfte.
Mit dem Ende der Spätbronzezeit enden diese
frühen Belege für Buckelbossen. Die phönizischen Bauleute beispielsweise, welche die Tempel
in Kition in der Eisenzeit neu nutzten und umbauten, wandten die Technik nicht mehr an.
Lydien, Ionien und die Kykladen
im sechsten Jahrhundert
In der frühen Eisenzeit sind Buckelbossen im gesamten östlichen Mittelmeerraum bis ins sechste Jahrhundert unbekannt. Sie kommen weder
bei den frühen Tempeln auf der Akropolis in
Gortyn und in Prinias auf Kreta vor, noch an
den Hekatompedoi des siebten Jahrhunderts in
Samos, beim frühen Peripteros im Artemision
von Ephesos von um 660/640 v. Chr. oder beim
früharchaischen Athenatempel in Milet von etwa
590 v. Chr.25 Erstmals sind Buckelbossen in Ly-
25
mit Abb. 3.28 und 3.45; 135; Goyon u. a., construction
pharaonique (Anmerkung 16) 303 Abb. 375.
(1) Gortyn, Tempel auf der Akropolis, ca. 640/
630 v. Chr., siehe G. Rizza – V. Santa Maria Scrinari, Il
santuario sull’acropoli di Gortina I (Rom 1968) 23–56. –
(2) Prinias, Tempel A, ca. 630/620 v. Chr., siehe L. Pernier,
Templi arcaici sulla Patela di Prinias. Contributo allo
studio dell’arte dedalica, ASAtene 1, 1914, 18–111, hier
30–35; M. D’Acunto, I cavalieri di Priniàs ed il tempio A, AnnAStorAnt n. s. 2, 1995, 15–55. – (3) Samos,
Hekatompedos I, ca. 680 v. Chr. und (4) Hekatompedos II,
ca. 630/620 v. Chr., siehe H. Walter – A. Clemente – W.-D.
Niemeier, Ursprung und Frühzeit des Heraions von Samos
I. Topographie, Architektur und Geschichte, Samos XXI 1
(Wiesbaden 2019) 69–89 Taf. 10–19 Zeichnung 26–37. – (5)
Ephesos, erster Peripteros, siehe A. Bammer, A Peripteros
of the Geometric Period in the Artemision of Ephesus,
AnSt 40, 1990, 137–160; M. Weißl, Grundzüge der Bauund Schichtenfolge im Artemision von Ephesos, ÖJh 71,
2002, 313–346; A. Bammer, Der Peripteros im Artemision
von Ephesos, Anatolia Antiqua 13, 2005, 177–221. – (6)
Milet, Athenatempel, siehe W. Held, Das Heiligtum der
Athena in Milet, MilForsch 2 (Mainz 2000) 45–66 Taf. 3–8.
Buckelbossen in der antiken Architektur
0
15
1m
Abbildung 2 Sardeis, ›Pyramid Tomb‹, um 540/530 v. Chr., Wandquader des Grabbaus mit geglätteter
Anschlussfläche für Bodenplatten der Grabkammer und Stufen, darüber Werkzoll und Buckelbosse. Maßstab 1:25.
dien, Ionien und auf den Kykladen seit etwa
580 v. Chr. feststellbar26.
Ihr Auftreten in Lydien geht mit der Einführung
eines bestimmten Typus von Quadermauerwerk
einher, das von Christopher Ratté als ›Lydian
ashlar masonry‹ bezeichnet und ausführlich behandelt wird27. Aus Sardeis kennen wir aus der Zeit
zwischen 580 und 540 meist nur das Mauerwerk
von Grabkammern und Terrassenmauern, an denen die meisten Blöcke als Läufer verlegt sind. An
der Sockelmauer um den Karnıyarık-Tumulus von
zirka 590/550 v. Chr. tauchen Buckelbossen nur
an wenigen der Läufer auf28. Am Pyramidengrab
von etwa 540/530 v. Chr. finden sich mehrere
Buckelbossen am Eckblock des Grabbaus über
dem Stufenunterbau sowie an einem der beiden
erhaltenen Blöcke des aufgehenden Mauerwerks
der Kammer in seinem Innern29 (Abbildung 2).
An der oberen Stützmauer der Akropolis von
Sardeis ebenfalls von etwa 540 v. Chr. zeigt ein
einziger nahe der Mauerecke als Binder verlegter Block an seiner Stirn eine zentral positionierte Buckelbosse30. Die an all diesen Mauern
zahlreichen Steinmetzmarken sind nicht auf
die Buckelbossen gesetzt. Rattés Erklärung der
Buckelbossen als Ansatzpunkte von Hebeln an
den verletzlichen Sichtflächen der Blöcke ist vor
allem am Pyramidengrab gut nachvollziehbar.
Neben Lydien sind Ionien und die Kykladen
jene Landschaften, in denen zu dieser Zeit bereits Buckelbossen vorkommen: Im Heraion
von Samos finden sie sich regelmäßig an den
Ein früheres Beispiel ist der Apollontempel in Gortyn auf
Kreta, dessen archaische Gründungsphase jedoch nur anhand der Buchstabenform von Steinmetzzeichen ungefähr
in die zweite Hälfte des 7. Jhs. oder ins frühe 6. Jh. datiert wird, siehe M. Ricciardi, Il tempio di Apollo Pizio
a Gortina, ASAtene 64, 1986/87, 7–130, hier 20–22 Abb.
12–13.
Ratté, Sardis V, bes. 28 (zu Buckelbossen).
Ratté, Sardis V, 74–77 Abb. 44.
Ratté, Sardis V, 97 Abb. 154. 158.
Ratté, Sardis V, 101 Abb. 170.
26
27
28
29
30
16
Matthias Grawehr
Fundamentblöcken des ›Rhoikos‹-Baus31 von ungefähr 575 bis 560 v. Chr. und des ›Polykrates‹Baus32 von zirka 530 v. Chr., wo sie ebenfalls zum
Ansetzen von Hebelstangen gedient haben dürften. Dasselbe gilt für die Buckelbossen an den unteren beiden Quaderlagen der Wand (Abbildung 5)
und an den Basistori des seit etwa 575 v. Chr. und
bis in die Mitte des fünften Jahrhunderts im Bau
befindlichen Artemistempels von Ephesos33. An
den untersten Wandquadern kommen die Bossen
dort gelegentlich in Kombination mit Kanälen
zum Einsetzen von Haken vor. Aenne Ohnesorg
deutet diese als spezielle Vorrichtungen zum
Hochstemmen und Einrücken der Steine in ihre
endgültige Position, ohne dass der Mechanismus
bis heute aber ganz verstanden wäre34. Noch am
Athenatempel von Assos in der Troas von zirka
510 v. Chr. kommen Buckelbossen ausschließlich
an der Krepis vor, alle Bauteile des Oberbaus wurden dort mittels Haken und U-Kanälen gehoben35.
Während die noch unkannelierten Säulentrommeln der Tempel in Samos keine Buckelbossen aufweisen, liegen erstmals für das archaische Artemision von Ephesos unkannelierte
Säulentrommeln mit Buckelbossen vor, mutmaßlich eher vom Ende der langen Bauzeit36
(Abbildung 6). Solche Einzelstücke sind auch von
den spätarchaischen Apollontempeln in Myus
und Neandria in Äolien bekannt37. Es fällt schwer,
sich vorzustellen, auf welche Art diese Bossen in
einer gewissen Höhe an der Säule zum Ansetzen
von Hebeln gedient haben könnten. Auch bereits am Grab des Alyattes († um 560 v. Chr.) in
Sardeis finden sich an der Türwand die Spuren
abgearbeiteter Buckelbossen und solche wurden
dort auch innen und außen an den Quadern des
Türverschlusses dokumentiert38. An einer lotrechten Wand und eineinhalb Meter über dem Boden
können diese Bossen kaum dem Einstemmen
gedient haben. Ebenso wie die angesprochenen Terrassenmauern in Sardeis dürfte auch die
Grabkammer im Alyattes-Tumulus an einen Hang
gelehnt errichtet worden sein und ein Anheben
der Steine wäre demnach bei diesen Strukturen
nicht notwendig – ohnehin ist die Existenz von
Flaschenzügen zum Anheben größerer Gewichte
vor etwa 515 v. Chr. noch nicht anzunehmen39.
Die Säulentrommeln des Artemisions wogen
immerhin bis zu etwa neunzehn Tonnen 40. Die
Buckelbossen dienten folglich entweder dem
Hochstemmen der Blöcke nicht am Bau, sondern
während des Transportvorgangs, beispielsweise
E. Buschor, Heraion von Samos: Frühe Bauten, AM 55,
1930, 1–99, hier 81 Abb. 37.
H. J. Kienast, Fundamentieren in schwierigem Gelände.
Fallstudien aus dem Heraion von Samos, in: W. Hoepfner –
E.-L. Schwandner – A. Hoffmann (Hrsg.), Bautechnik der
Antike, DiskAB 5 (Mainz 1991) 126 Abb. 5.
Ohnesorg, Kroisos-Tempel 12 Taf. 12. 42, 1–2; 34 f.
Taf. 14. 76, 1; 37–41; 50 Kat. 90 Taf. 58, 7 (dort als
»Abrechnungsbosse« bezeichnet, auf S. 123 als »Versatzoder Hebebossen«); vgl. den Basistorus mit Bosse des
archaischen Tempels in Didyma, siehe H. Knackfuss, Die
Baubeschreibung in drei Bänden, Didyma I (Berlin 1941)
123 Taf. 213 F601.
A. Ohnesorg, Transport, Versatz und Verbindung von
Bauteilen des archaischen Artemistempels von Ephesos –
und ein rätselhafter Hebe-Mechanismus? in: M. Bachmann
(Hrsg.), Bautechnik im antiken und vorantiken Kleinasien.
Kongr. Istanbul 2007, Byzas 9 (2009) 251–268. Die dort
Abb. 9 gegebenen Rekonstruktionszeichnungen sind insofern etwas irreführend, als die Bossen nicht immer wie dargestellt auf der gegenüberliegenden Seite der Kanäle liegen,
sondern auch auf der benachbarten, und ein Anheben der
Blöcke durch einen Kran ohnehin außer Diskussion steht.
Für ein ähnliches System zum tatsächlichen Anheben der
Blöcke mittels Bossen und Haken siehe M. Korres in:
Korres – Bouras, Parthenon I, 101 f.
B. D. Wescoat, The Temple of Athena at Assos, Oxford
Monographs on Classical Archaeology (Oxford 2012)
20–23. 32.
Ohnesorg, Kroisos-Tempel 28 Taf. 49, 6.
Myus siehe H. Weber, Myus. Grabung 1964, IstMitt
15, 1965, 43–64, hier 52 Taf. 28, 2 (wohl bereits aus dem
5. Jh.); Kalpaxis, Hemiteles Taf. 9, 1. – Neandria siehe R. Koldewey, Neandria, BWPr 51 (Berlin 1891) 27
Abb. 56; 32; Kalpaxis, Hemiteles Taf. 7, 2, vgl. H. Wiegartz,
Äolische Kapitelle. Neufunde 1992 und ihr Verhältnis zu
bekannten Stücken, in: ders. – E. Schwertheim (Hrsg.),
Neue Forschungen zu Neandria und Alexandria Troas,
AMS 11 (Bonn 1994) 117–132, hier 127.
I. F. M. von Olfers, Ueber die Lydischen Königsgräber bei
Sardes und den Grabhügel des Alyattes, Abhandlungen
der Berliner Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1858
(Berlin 1859) Taf. 4, 1; Ratté, Sardis V, Abb. 24–25. 27.
Coulton, Lifting.
Ohnesorg, Kroisos-Tempel 60–69; Ohnesorg, HebeMechanismus (Anmerkung 34) 259.
G. Gruben – W. Koenigs, Der Hekatompedos von Naxos,
AA 1968, 693–717; dies., Der Hekatompedos von Naxos
und der Burgtempel von Paros, AA 1970, 135–153, hier
135–143; G. Gruben, Naxos und Paros. Dritter vorläufiger
Bericht über die Forschungskampagnen 1970 und 1971,
AA 1972, 319–379, hier 319–366.
Gruben – Koenigs, Hekatompedos 1970 (vorherige
Anmerkung), 144–147; Gruben, Naxos und Paros (vorherige Anmerkung) 366–374.
Gruben – Koenigs, Hekatompedos 1970 (Anmerkung 41)
140 Abb. 7–8; Koenigs, Naxos 383 f. Abb. 5 (dort als
Abrechnungsbosse bezeichnet).
Gruben – Koenigs, Hekatompedos 1968 (Anmerkung 41)
703 Anm. 8 Abb. 12.
Zu den Schwierigkeiten dieses Vorgangs siehe ebenda 703
Anm. 8. Die Autoren schlagen dort ein Absenken der
Schwelle durch Untergraben der Transportbahn vor.
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
17
Buckelbossen in der antiken Architektur
4
5
3
Abbildungen 3 und 4 Naxos, Apollontempel,
um 530 v. Chr., Innenseite (3) und Außenseite (4)
der Tempeltüre. – Abbildungen 5 und 6 Ephesos,
spätarchaischer Artemistempel, um 575–460 v. Chr.,
Quader der untersten Steinlage der Cellawand mit
Werkzoll und Buckelbosse (5) und Säulentrommel als
Spolie in einem Säulenfundament des Nachfolgebaus (6).
6
beim Umladen oder Absetzen, oder aber es muss
hier erstmals eine Funktion als Ansatzpunkte zum
Anlegen von Seilen erwogen werden. Wie gesagt
ist aber ein Anheben schwerer Blöcke mittels
eines Krans zu dieser Zeit noch kaum denkbar.
Stattdessen könnte aber ein Ablassen der Steine
auf den Mauerscheitel aus einer höheren Position
angenommen werden. Anders als beim Anheben
schwerer Blöcke wird ja für das Ablassen der
Quader nur eine Seilbremse benötigt.
Hier dürften schließlich auch die monumentalen
Bauteile der Tempeltüre des Apollontempels auf
Naxos41 und ein analoges Stück des Burgtempels
auf Paros42 von ungefähr 530 v. Chr. einzuordnen sein. Zunächst ist anzumerken, dass es auch
am Tempel auf Naxos zahlreiche Quader im
Fundamentbereich gibt, deren Buckelbossen sich
ohne weiteres als Stemmbossen erklären lassen43.
An der Schwelle der Tempeltüre finden sich auf
der Außenseite Buckelbossen (Abbildung 4), denen auf der Innenseite rechteckige Einarbeitungen
entsprechen (Abbildung 3). Für die Schwelle ist das
Vorgehen beim Heranrollen des Steins genau rekonstruiert44. Das Absetzen der Schwelle wäre dann
wohl mittels der Bossen und Einlassungen erfolgt45.
Offensichtlich stand dabei auf der Innenseite nicht
genug Platz zur Verfügung, um auch hier Bossen
stehen zu lassen. Eine Deutung als Stemmbossen
ist aber kaum möglich bei den ebenfalls großen,
bis zu zwanzig Zentimeter weit vorstehenden
18
Matthias Grawehr
Bossen, die sich relativ weit unten auf der Außenund Innenseite der Laibungen sowie außen und
innen am Sturz befinden. Wolf Koenigs nimmt
46
47
48
49
50
Koenigs, Naxos 384.
M. A. Barsanti, Note sur le procédé qui servait à descendre
sur la cuve le gros couvercle des sarcophages en calcaire,
ASAE 1, 1900, 283 f.; O. R. Rostem, Note on the Method
of Lowering the Lid of the Sarcophagus in a Saïte Tomb of
Saqqara, ASAE 43, 1943, 351–356; E. Drioton – J.-P. Lauer,
Fouilles à Saqqarah. Les tombes jumelées de Neferibrê-saNeith et de Ouahibrê-men, ASAE 51, 1951, 469–490, hier
476–478 Taf. 2; Arnold, Egypt 75 mit Abb. 3.28; L. Bareš,
Abusir IV. The Shaft Tomb of Udjahorresnet at Abusir
(Prag 1999) 22.
Übersetzung des Autors. Plin. nat. 36, 95–96: »operi praefuit Chersiphron architectus. summa miraculi epistylia
tantae molis attolli potuisse; id consecutus ille est eronibus harenae plenis, molli clivo super capita columnarum
exaggerato, paulatim exinaniens imos, ut sensim opus in
loco sederet. difficillime hoc contigit in limine ipso, quod
foribus inponebat«.
Zur Terrassenmauer siehe C. Nylander, Ionians in
Pasargadae. Studies in Old Persian Architecture, Acta
Universitatis Upsaliensis. Boreas 1 (Uppsala 1970)
75–91. 144–149; D. Stronach, Pasargadae. A Report on
the Excavations Conducted by the British Institute of
Persian Studies from 1961 to 1963 (Oxford 1978), 11–23;
P. Pedersen, The Maussolleion Terrace and Accessory
Structures, The Maussolleion at Halikarnassos III
(Aarhus 1991) 110. 181; Ratté, Sardis V, 65 f.; J. Giese,
›Kerbendekor‹ und ›gesäumte Spitzung‹. Zur Entwicklung
und Bedeutung griechischer Werksteinoberflächen im
4. Jh. v. Chr., in: D. Kurapkat – U. Wulf-Rheidt (Hrsg.),
Werkspuren. Materialverarbeitung und handwerkliches
Wissen im antiken Bauwesen, DiskAB 12 (Regensburg
2017) 119–133, hier 125 f. – Die Buckelbossen werden in
der Regel unkommentiert als Hebebossen angesprochen,
zuletzt ebenda 127 als Abrechnungsbossen gedeutet.
Die bekannten Gründungstafeln des Dareios aus Persepolis belegen die Anwesenheit lydischer und ionischer
Arbeiter dort, vgl. R. G. Kent, Old Persian. Grammar,
Texts, Lexicon, American Oriental Ser. 33 (New Haven
an, sie seien wahrscheinlich »mit dem Aufstellen
der großen Bauteile in Verbindung zu bringen«46.
Die etwa zwanzig Tonnen schweren Türgewände
dürften über Rampen herangeschafft und in ihre
Position gekippt worden sein. Meines Erachtens
haben die Buckelbossen auch hier zum punktgenauen Ablassen der Blöcke auf ihre Lagerfläche gedient – sei es durch das Anlegen von Seilschlingen,
sei es durch andere Konstruktionen, denn etwa
zur gleichen Zeit ist in saitischen Schachtgräbern
in Ägypten das Ablassen bis zu dreißig Tonnen
schwerer Sarkophagdeckel mittels ähnlich gearbeiteter Bossen (Abbildung 7) und sich langsam leerender Sandschächte bezeugt47 (Abbildung 8). Zu einer
ähnlichen Konstruktion würde die Bemerkung des
Plinius passen, der zum archaischen Artemision in
Ephesos berichtet: »Dem Werk stand der Architekt
Chersiphron vor. Das größte Wunder dabei war,
Architrave von solcher Masse emporzuheben. Jener
51
52
53
54
55
1953) 142–144; Ratté, Sardis V, 65 Anm. 71. Gut bekannt
ist ferner die griechische Präsenz in Ägypten, z. B. in
Naukratis. Auch der Ägypter Udjahorresnet, Inhaber eines Sarkophages mit Buckelbossen, berichtet von seinen
Reisen von Land zu Land im Dienst des Großkönigs, siehe
Bareš, Abusir IV (Anmerkung 47) 31–43; zu ägyptischem
Knowhow in Ionien vgl. auch G. Gruben, Der polykratische Tempel im Heraion von Samos, Samos 27 (Wiesbaden
2014) 174.
Zu Buckelbossen in der Inka-Architektur siehe C. Dean,
A Culture of Stone. Inka Perspectives on Rock (Durham
2010) 117 f.
R. Tölle-Kastenbein, Das Olympieion in Athen (Köln
1994) 80, geht m. E. fälschlich davon aus, dass die Hebebossen bereits abgearbeitet worden seien, obwohl die
Säulen noch Werkzoll tragen. Fälschlich mit Hebebossen
gezeichnet bei M. Korres, Vom Penteli zum Parthenon.
Werdegang eines Kapitells zwischen Steinbruch und
Tempel (München 1992) Taf. 16.
Coulton, Lifting; A. Pierattini, Interpreting Rope Channels. Lifting, Setting and the Birth of Greek Monumental
Architecture, BSA 114, 2019, 167–206.
Vgl. Martin, Manuel I, 210–219; Coulton, Lifting 3 f.;
A. Nakassis, Temporary Wooden Bosses: New Remarks
on Lifting Devices in the Ancient World, in: Y. Facorellis –
N. Zacharias – K. Polikreti (Hrsg.), Proceedings of the 4th
Symposium of the Hellenic Society for Archaeometry,
BAR IntSer 1746 (Oxford 2008) 679–684; Pierattini, Rope
Channels (vorherige Anmerkung).
Buckelbossen finden sich auch am Thron von Amyklai
bei Sparta. Die genaue Datierung des Thrones, der enge
Verbindungen zu Ionien aufweist, in der zweiten Hälfte
des 6. Jh.s ist allerdings unsicher, siehe E. Fiechter,
Amyklae. Der Thron des Apollon, JdI 33, 1918, 107–
245, hier 140 Nr. 12–13 Taf. 4 (Bodenplatten); 149 Nr.
44–46 Taf. 7 (Architrav); vgl. zuletzt S. Vlizos, The
Amyklaion Revisited. New Observations on a Laconian
Sanctuary of Apollo, in: N. Kaltsas (Hrsg.), Athens –
Sparta. Contribution to the Research on the History and
Archaeology of the Two City-States (Athen 2009) 11–23.
Buckelbossen in der antiken Architektur
erreichte dies durch mit Sand gefüllte Körbe und
durch eine sanft ansteigende, bis über die Kapitelle
aufgehäufte Rampe, dann die unteren [Körbe] allmählich leerend, so dass sich das Werkstück nach
und nach in seine Position setzte. Am schwierigsten gestaltete sich dies am Türsturz, den er über die
Türe legte«48.
Diese beiden verwandten, aber leicht unterschiedlichen Funktionen von Buckelbossen, zum
Versetzen und Ablassen der Werkstücke mittels
Seilen oder Sand, wären dann auch für die als ›lydischer Export‹ anzusehende Terrassenmauer vom
Tall-i Takht in Pasargadai von zirka 540 v. Chr. anzunehmen49. Solche untereinander eng verwandten Monumente mit Buckelbossen aus Persien,
Ägypten und Sardeis belegen beispielhaft den lebhaften Austausch innovativer Techniken im Westen
des Perserreichs50, und in diesem Klima dürfte auch
der technische Kniff entstanden sein, erstmals seit
der Bronzezeit wieder mit Buckelbossen zu arbeiten. Dass die Nutzung von Buckelbossen durch
die bronzezeitlichen Beispiele angeregt wurde, ist
naheliegend, aber nicht zwingend, da auch andere
Kulturen der Welt unabhängig ähnliche Techniken
nochmals entwickelt haben51.
Bauen ohne Buckelbossen
Anders als im Osten der Ägäis kennt das griechische Bauwesen auf dem griechischen Festland
und der Peloponnes noch bis ans Ende des sechsten Jahrhunderts keine Buckelbossen. Solche
finden sich an keinem der frühen dorischen
Tempelbauten, weder im Fundamentbereich
noch am Oberbau. Und dies betrifft die aus
weicherem Steinmaterial errichteten archaischen Tempel von Kerkyra, Olympia, Delphi
oder Ägina ebenso wie zum Beispiel den Alten
Athenatempel aus Kalkstein auf der Akropolis
von Athen. Auch bei Mischbauten aus Kalkstein
und hymettischem oder parischem Marmor wie
dem Ur-Parthenon in Athen beziehungsweise
dem Alkmaionidentempel in Delphi oder bei reinen Marmorbauten wie dem kleinen Tempel der
Artemis Knakeatis in der Nähe der Marmorbrüche
von Doliana auf der Peloponnes lassen sich keine
Buckelbossen nachweisen. Selbst die unkannelierten Säulentrommeln des 510 v. Chr. unfertig liegengelassenen archaischen Olympieions in Athen
tragen keine Buckelbossen52. Bei all diesen Bauten
wurden die Blöcke auf ganz unterschiedliche
Weise auf Rampen herangerückt53 oder regelrecht
mit Seilen angehoben: An den Bauteilen des sech-
19
Abbildungen (gegenüberliegende Seite) 7 und 8 Sakkara,
saitisches Schachtgrab, sechstes Jahrhundert, Sarkophag des
Wahibra-men mit den Spuren der abgearbeiteten Buckelbossen beim Öffnen während der Ausgrabung 1929
(gegenüber) und Darstellung des entsprechenden Mechanismus zum Ablassen von Sarkophagdeckeln (oben).
sten Jahrhunderts lassen sich Seilkanäle auf der
Unterseite, U-Ösen auf der Oberseite, U-Kanäle
an den Blockwangen, Zangenlöcher oben, Eintiefungen für Einsteckhölzer oder Löcher zur
Aufnahme von Haken an den Seiten sowie erste
Wolfslöcher, aber keine Hebebossen nachweisen54.
Die ersten Buckelbossen auf
dem griechischen Festland
Einige der ersten Bauten auf dem griechischen
Festland, an denen Buckelbossen vorkommen55,
sind die Schatzhäuser der Siphnier und Sikyonier
um 530/525 v. Chr. und der Athener um 490 v. Chr.
in Delphi sowie der Tempel der Hera Akraia in
Perachora von etwa 520 v. Chr., der unfertig gebliebene spätarchaische Poseidontempel vom Kap
Sunion von zirka 490/480 v. Chr. und die unvollendeten Propyläen auf der Athener Akropolis aus
demselben Jahrzehnt.
Am Siphnierschatzhaus tragen heute noch die
unteren Blöcke des Sichtfundaments aus dem
lokal anstehenden und in lokaler Technik bearbeiteten Kalkstein bis zu zehn Zentimeter weit
20
Matthias Grawehr
vorspringende Buckelbossen in mehr oder weniger zentraler Position56. Solche Bossen fanden
sich ursprünglich auch an den Ansichtsflächen
der überarbeiteten Blöcke im oberen Bereich
des Kalksteinfundaments57. Die Rückseiten der
Fundamentblöcke sind unbearbeitet. Der Oberbau des Schatzhauses aus Marmor weist dagegen
keine derartigen Bossen auf, obwohl auch hier die
Rückseiten der Blöcke nicht überarbeitet wurden.
Gehoben wurden die Marmorblöcke vermutlich einfach mit um den Block gelegten Seilen58.
Am benachbarten Schatzhaus der Sikyonier tragen nur wenige Blöcke des Toichobats aus sikyonischem Poros Buckelbossen59. In analoger
Position gibt es sonst an vielen Blöcken dieser
Steinlage Einarbeitungen, die als Ansatzpunkte
für Hebelstangen gedeutet wurden, im weit vorstehenden Werkzoll 60. An den darüberliegenden Orthostaten finden sich Kennzeichnungen
der Blöcke durch Buchstaben, die direkt in den
Werkzoll eingetragen sind61. Beim Tempel der
Hera Akraia in Perachora von etwa 510 v. Chr.
kommen Buckelbossen ausschließlich am Fundament vor, Triglyphen und Geisonblöcke zeigen
bereits Wolfslöcher62. Am Athenerschatzhaus
in Delphi wird auf Buckelbossen an einigen
der inneren Orthostaten hingewiesen, an denen der Plattenbelag des Innenraums ansetzte63.
Beim Poseidontempel von Sunion, der bei der
Zerstörung durch die Perser 480 v. Chr. noch im
Bau war, sind Buckelbossen in zentraler Position
an einigen der Kalksteinstufen der Krepis nachgewiesen 64 (Abbildung 9). Zweimal sind dar56
57
58
59
60
61
62
63
G. Daux – E. Hansen, Le trésor de Siphnos, FdD II 12
(Paris 1987) 51–69 Taf. 1–2 (gehen für den Unterbau
von einer lokalen Bauhütte aus). Zu Verbindungen des
Oberbaus mit Paros siehe auch Gruben, Naxos und Paros
(Anmerkung 41) 374.
Daux – Hansen, FdD II 12 (vorherige Anmerkung) 54
Abb. 40.
Ebenda 42 Abb. 24–26.
D. Laroche – M.-D. Nenna, Le trésor de Sicyone et ses
fondations, BCH 114, 1990, 241–284, hier 274 Abb. 21
Blöcke 8001. 8003. 8005.
Ebenda 274 Abb. 20.
Es scheint sich um Namenskürzel der Steinmetze zu handeln. Belegt sind ΗΠ, Ι, ΙΤ, Κ, Μ, Π, ΤΙ (dreimal); siehe
ebenda 276.
H. Payne u. a., Perachora. The Sanctuaries of Hera
Akraia and Limena. Excavations of the British School of
Archaeology at Athens 1930–1933. Architecture, Bronzes,
Terracottas (Oxford 1940) 82 Taf. 5. 125; B. Menadier, The
sixth century B.C. temple and the sanctuary and cult of
Hera Akraia, Perachora (Ann Arbour 1996) 7.
J. Audiat, Le trésor des Athéniens, FdD II 3 (Paris 1933)
52.
auf die Buchstaben Α oder Δ eingetragen. Die
unkannelierten Säulentrommeln weisen dagegen
keine Buckelbossen auf65, und die Blöcke des
Gebälks wurden mittels U-Ösen in ihre Position
gehoben66. Eine Stemmbosse kommt ebenfalls
an der untersten Krepisstufe der unvollendeten
Athener Propyläen aus dem Jahrzehnt zwischen
den Perserkriegen 490 bis 480 v. Chr. vor67.
Buckelbossen treten an allen diesen Bauten
– darunter auch zwei unvollendete Bauwerke –
durchweg im Fundamentbereich auf und dienten
demnach nicht zum Heben der Blöcke durch einen Seilzug, denn die Quader konnten bequem
von ebener Erde aus in ihre Position gebracht
werden, und gegen das Anlegen von vertikalen
oder horizontalen Seilschlingen sprechen auch
die unbearbeiteten Rückseiten der Blöcke des
Siphnierschatzhauses. Da sich die Buckelbossen
aber immer an den Sichtflächen der Blöcke in
mehr oder weniger zentraler Position befinden,
ist es naheliegend, dass sie als Ansatzpunkte zum
Hochstemmen des Steines dienten, um ihn in
seiner Position zu verschieben68. Dies setzt gelegentlich einen temporär aufgestellten Bock als
Widerlager für den Hebel voraus.
Buckelbossen als Stemmbossen
Buckelbossen im Fundamentbereich, an Stufenanlagen und am Wandfuß dürften auch später, bis in
römische Zeit, vorwiegend zum Versetzen der Blöcke in ihre endgültige Position gedient haben.
64
65
66
67
68
J. Paga – M. M. Miles, The Archaic Temple of Poseidon
at Sounion, Hesperia 85, 657–710, hier 672 Abb. 17; 694 f.
Blöcke S3 (mit Markierung Α). S4. S5 (mit Markierung Α
oder Δ). S7. S8. S15. S16.
Ebenda 672–674 Abb. 19; 696–701.
Ebenda 703 Blöcke A6. A7 (Innenarchitrav); 705 Block
T10 (Triglyphe); 707 B5 (unbestimmter Block).
W. B. Dinsmoor, The Propylaia to the Athenian Akropolis
I. The Predecessors (Princeton 1980) 36 Taf. 11. 21.
Dies entspricht der Rekonstruktion in Mertens, Segesta
Taf. 34, vgl. W. Müller-Wiener, Griechisches Bauwesen in
der Antike (München 1988) 79 Abb. 38. Das Verschieben
des Blocks durch eine vertikal aufgestellte und an die
Buckelbosse drückende Hebelstange ist aufgrund des
fehlenden Widerlagers weniger wahrscheinlich, auch
da die Sichtflächen der Fundamentblöcke üblicherweise sonst nicht geschont wurden. Eine analoge Funktion
wie die Buckelbossen übernehmen Stemmlöcher mittig
an der Unterkante der Rückseite der Blöcke, z. B. am
Siphnierschatzhaus; siehe Daux – Hansen, FdD II 12
(Anmerkung 56) 43 Abb. 29, 5.
Buckelbossen in der antiken Architektur
21
9
13
10
14
11
15
12
16
Abbildung 9 Sunion, spätarchaischer Poseidontempel, um 490–480 v. Chr., Stufenblock mit Buckelbossen und
Buchstabenzeichen. – Abbildung 10 Thorikos, Säulenhalle, um 420/410 v. Chr. – Abbildung 11 Rhamnus, Nemesistempel,
um 430/420 v. Chr., Orthostat mit Buckelbossen und Buchstabenzeichen. – Abbildung 12 Delphi, Theater, um 167 v. Chr.,
Stemmbossen an der untersten Stufenreihe. – Abbildung 13 Milet, römische Säulenhalle im Delphinion, zweites
nachchristliches Jahrhundert. – Abbildung 14 Pompeji, Zentralthermen, 79 n. Chr., Stemmlöcher und -bossen am
unfertigen Stylobat. – Abbildung 15 Athen, Akropolis, Statuenbasis Inv. Ακρόπολης 13213, um 480 v. Chr. –
Abbildung 16 Delphi, Basis aus dem Weihgeschenk der Arkader, 369–362 v. Chr.
22
Matthias Grawehr
Abbildung 17 Samos, Heraion, Basis der
›Dreifigurengruppe‹, Ende sechstes Jahrhundert.
Aufgrund der großen Anzahl von Beispielen
verweise ich nur exemplarisch auf einige zeitlich
breit gestreute Monumente: An einer doppelten
Säulenhalle in Thorikos69 kommen Buckelbossen
an der Krepis, nicht jedoch an den Säulen im
69
70
71
72
73
74
75
Zum Bau zuletzt M. M. Miles, The Vanishing Double Stoa
at Thorikos and its Afterlives, in: dies. (Hrsg.), Autopsy
in Athens. Recent Archaeological Research on Athens and
Attica (Oxford 2015) 163–180.
Falls tatsächlich nur die untersten Säulentrommeln erhalten sind, könnte auch dies hier und ebenso beim
Nemesistempel von Rhamnus die Abwesenheit von
Buckelbossen erklären.
Zum Bau zuletzt M. M. Miles, A Reconstruction of the
Temple of Rhamnous, Hesperia 58, 1989, 133–249.
Anders ebenda 147.
Hoepfner, Pompeion 43 Abb. 59; 44 Taf. 28.
F. Courby – Ch. Picard, Recherches archéologiques à
Stratos d’Acarnanie, BEFAR (Paris 1924) 22 f. Abb. 6; vgl.
Hodge, Bosses 47 Abb. 5.
(1) Thrasyllos-Monument in Athen, 320/319 v. Chr., siehe
G. Welter, Das choregische Denkmal des Thrasyllos, AA
1938, 33–68; Travlos, Bildlexikon 562–565 Abb. 704–708. –
(2) Tempel B im Asklepieion von Kos, etwa 300 v. Chr.,
siehe P. Schazmann, Kos I. Asklepieion. Baubeschreibung
und Baugeschichte (Berlin 1932) Taf. 16. – (3) Altar und
Tempel von Mamurt Kale im Hinterland Pergamons,
Regierungszeit des Philetairos (281–263 v. Chr.), siehe
Bossenmantel70 vor (Abbildung 10). Angesichts
der ausgebliebenen Kannelierung und Glättung der
Bauteile sowie wegen des Fehlens von Überresten
des Gebälks ist anzunehmen, dass der Bau im
letzten Viertel des fünften Jahrhunderts funktional und dekorativ unfertig blieb. Ebenso zeigt
der Nemesistempel in Rhamnus71 von etwa 430/
420 v. Chr. nur weit unten an den Orthostaten der
Cellawand Buckelbossen (Abbildung 11), nicht an
den unkannelierten Säulen; an der Krepis ist ein
bandförmiger Werkzoll stehengeblieben. Die höhergelegenen Bauteile wurden hier mit Zangen und
dem Wolf gehoben. Da die Orthostaten auf Rollen
über den Boden in ihre ungefähre Position gebracht
werden konnten, ist die Verwendung der sehr flachen Buckelbossen zum Heben der Blöcke ohnehin unwahrscheinlich72. In ähnlicher Lage kommen Buckelbossen am Pompeion in Athen73 von
ungefähr 400 v. Chr. vor. Am Apollontempel von
Stratos, begonnen zwischen 340 und 310 v. Chr.
und als Bauruine nach der Auflösung des Akarnanischen Bundes zwischen 262 und 240 v. Chr.
liegengeblieben, finden sich an der Krepis
Buckelbossen, die mit ihrer nach unten verdickten
Form als Ansatzpunkte für von unten einwirkende
Hebel besonders geeignet erscheinen74. Spätestens
seit dem ausgehenden vierten Jahrhundert ist diese spezifische Dreiecksform für Stemmbossen typisch. Die Liste einiger herausgegriffener Beispiele
lässt sich beliebig verlängern75.
Zwei besonders sprechende Beispiele: Erstens
die unterste Stufenreihe im Theater von Delphi
von 167 v. Chr.76, bei der die Bossen teils un-
76
A. Conze – P. Schazmann, Mamurt-Kaleh. Ein Tempel
der Göttermutter unweit von Pergamon, JdI Ergh. 9
(Berlin 1911) 15 Taf. 2. – (4) Tempel R in Pergamon, um
200/175 v. Chr., siehe P. Schazmann, Das Gymnasion. Der
Tempelbezirk der Hera Basileia, AvP VI (Berlin 1923) Taf.
23. 25; E.-L. Schwandner, Beobachtungen zur hellenistischen Tempelarchitektur von Pergamon, in: W. Hoepfner
(Hrsg.), Hermogenes und die hochhellenistische Architektur. Kongr. Berlin 1988 (Mainz 1990) 85–102, hier
85–92. – (5) Hellenistisches Metroon auf der Agora von
Athen, etwa 150/125 v. Chr., siehe Travlos, Bildlexikon
352 f. Abb. 453. – (6) Italischer Tempel von San Giovanni in
Galdo, etwa 100 v. Chr., siehe Sannio. Pentri e frentani dal
VI al I sec. a. C. Ausst. Isernia (Rom 1980) 269–275. – (7)
Delphinion in Milet, mittlere Kaiserzeit (Abbildung 13). –
(8) Propylon des Olympieions in Athen, hadrianisch, siehe
Travlos, Bildlexikon 410 Abb. 529.
Zur Datierung siehe J. F. Bommelaer, Pergame et le théâtre de Delphes, in: M. Kohl (Hrsg.), Pergame. Histoire et
archéologie d’un centre urbain depuis ses origines jusqu’à
la fin de l’antiquité. Halma – UMR 8142, 23e Colloque
International 2000 (Villeneuve d’Ascq 2008) 257–280.
Buckelbossen in der antiken Architektur
23
ter der vorkragenden Stufenoberseite, teils sehr
nahe an der Unterkante des Blockes liegen und
allein schon deshalb nicht zum Heben mittels Seilschlingen gedient haben können77 (Abbildung 12). Zweitens ist bei den unfertig gebliebenen Zentralthermen in Pompeji die Reihe
der Stylobatblöcke charakteristisch, die sicher
nicht mit dem Kran in Position gebracht werden
mussten und teilweise Buckelbossen, teilweise in
derselben Position Stemmlöcher an ihrer Front
zeigen78 (Abbildung 14).
Ebenso zeigen auch Monumentsockel häufig
Stemmbossen und erneut stammt ein früher Beleg
aus Ionien: So sitzen zwei Stemmbossen an der Basis der sogenannten Dreifigurengruppe im Heraion von Samos, die wohl gegen Ende des sechsten
Jahrhunderts versetzt wurde79 (Abbildung 17). In
Athen gehören die ersten Belege zunächst in das
Oeuvre einiger weniger Künstler, was übrigens
auch zeigt, dass Skulpturen und Sockel jeweils in
derselben Werkstatt entstanden. Den Beginn machen drei Stücke von zirka 480 v. Chr., von denen
zwei durch ihre Inschrift (einmal weitgehend ergänzt), die dritte aufgrund derselben Handschrift
dem Künstlerpaar Kritios und Nesiotes zugewiesen werden80 (Abbildung 15). Zwei weitere
Exemplare mit Buckelbossen von der Athener
Akropolis stammen von der Hand des um 450 bis
420 v. Chr. tätigen Kresilas81; eine weitere Basis
desselben Künstlers aus Hermione trägt an ihren
beiden Seitenflächen Buckelbossen82. Nach diesen
Anfängen, die jeweils von der Urheberschaft her
sehr eng umrissen werden können, bleiben Sockel
mit Buckelbossen zunächst weiterhin selten. Zu
nennen sind beispielsweise drei Blockbasen der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts in Olympia83,
bei denen die rechteckigen Buckelbossen jeweils
an prominenter Stelle auf der Vorderseite stehengelassen wurden. Eines dieser Stücke wurde
von dem Polykletschüler Daidalos geschaffen,
Hodge, Bosses 45. 47 Abb. 4–5.
G. Fiorelli, Regione I. Pompei, NSc 1877, 219; A. Mau, Le
terme centrali di Pompei, BdI 1877, 214–223, hier 215 f.;
J. Overbeck – A. Mau, Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken (4. Aufl., Leipzig 1884)
234; P. Bargellini, Le terme centrali di Pompei, in: Les
thermes romains. Kongr. École Française de Rome 1988
(Rom 1991) 115–128, hier 122; N. De Haan – K. Wallat,
Le Terme Centrali a Pompei. Ricerche e scavi 2003–2006,
in: P. G. Guzzo – M. P. Guidobaldi (Hrsg.), Nuove ricerche archeologiche nell’area vesuviana (scavi 2003–2006).
Kongr. Rom 2007 (2008) 15–24, hier 21.
E. Buschor, Heraion von Samos. Frühe Bauten, AM 55,
1930, 1–99, hier 43 Abb. 19, zuletzt J. Franssen, Votiv und
Repräsentation. Statuarische Weihungen archaischer Zeit
aus Samos und Attika (Heidelberg 2011) 64 f.
Raubitschek, Dedications (folgende Anmerkung) 122–
124 Nr. 119 (IG I³ 852); 129 f. Nr. 122; DNO I (2014)
481 f. Nr. 3 (IG I³ 850); 483 Nr. 5 (IG I³ 851) s. v. Kritios
(Κρίτιος) aus Athen und Nesiotes (Νησιώτης) (K. Hallof –
S. Kansteiner – L. Lehmann). Vgl. dagegen C. M. Keesling,
The Callimachus monument on the Athenian Acropolis
(CEG 256) and Athenian Commemoration of the Persian
Wars, in: M. Baumbach – A. und I. Petrovic (Hrsg.), Archaic
and Classical Greek Epigram (Cambridge 2010) 100–130,
hier 127, die den »architectural style« dieser Blöcke als
visuelle Referenz auf die mit der Perserzerstörung 480/79
v. Chr. unfertig gebliebenen Bauwerke der Akropolis von
Athen versteht.
Weihung des Pyres siehe A. E. Raubitschek, Dedications
from the Athenian Akropolis. A Catalogue of the
Inscriptions of the Sixth and Fifth Centuries B. C.
(Cambridge 1949) 144–146 Nr. 133; IG I³ 885; DNO II
(2014) 345 f. Nr. 7 s. v. Kresilas (Κρησίλας) aus Kydonia
(Kreta) (K. Hallof u. a.). – Weihung des Peikon: Raubitschek, Dedications a. a. O. 1949, 139–141 Nr. 131; IG
I³ 843; siehe aber DNO II (2014) 347 f. Nr. 9 s. v. Kresilas
(wie zuvor).
IG IV 683; DNO II (2014) 344 f. Nr. 6 s. v. Kresilas (wie
vorherige Anmerkung).
Basis mit Künstlerinschrift des Nikodamos, nach Sieg
384 v. Chr.? Siehe W. Dittenberger – K. Purgold, Die
Inschriften, Olympia V (Berlin 1896) 273–276 Nr. 158;
DNO II (2014) 621 f. Nr. 4 s. v. Nikodamos (Νικόδαμος)
aus Mainalos (Arkadien) (K. Hallof – S. Kansteiner). –
Basis mit Künstlerinschrift des Polykletschülers Daidalos
siehe Dittenberger – Purgold a. a. O. 651 f. Nr. 635. 636;
DNO II (2014) 528 Nr. 2 s. v. Daidalos (Δαίδαλος) aus
Sikyon (K. Hallof – S. Kansteiner – L. Lehmann). – Basis
für Athenaios aus Ephesos siehe Dittenberger – Purgold
a. a. O. 291 f. Nr. 168.
77
78
79
80
Abbildung 18 Olympia, Basis mit Fußfragment,
drittes Jahrhundert.
der gemeinsam mit den Künstlern Antiphanes,
Pausanias und Samolas auch die zwischen 369
und 362 v. Chr. ausgeführte Weihung der Arkader
81
82
83
24
Matthias Grawehr
am Eingang des Heiligtums von Delphi verantwortete. Dort sind die Buckelbossen ebenso auffällig wie in Olympia auf der Frontseite der
Blöcke stehengelassen84 (Abbildung 16). Zur selben Zeit wurden auch in Athen die Buckelbossen
am Rundsockel eines Choregenmonuments von
364/363 v. Chr. nicht abgenommen85. In Lindos
kommen Buckelbossen an einer Statuenbasis von
ungefähr 400 v. Chr. sowie an drei weiteren vom
Ende des vierten Jahrhunderts vor86.
Regelmäßig finden sich Buckelbossen dann
seit der Mitte des dritten Jahrhunderts den ganzen Hellenismus hindurch bei geschätzten zehn
Prozent aller Statuenbasen sowohl auf dem griechischen Festland als auch in der Ägäis87. Die
Form der Buckelbossen kann nun je nach regionaler Gepflogenheit rechteckig, trapezförmig,
halbrund oder dreieckig sein. Buckelbossen kommen ohne Unterschied auf der Rückseite, den
Seitenflächen oder auch der Front der Blöcke vor
(Abbildung 18). Ihr Auftreten scheint auch nicht
durch ungewöhnliche Größe oder übermäßiges
Gewicht der Sockel bedingt zu sein.
Eher unerwartet ist die Anwesenheit von
Stemmbossen an Architraven, wie sie in den beiden letzten vorchristlichen Jahrhunderten gelegentlich bezeugt ist. Erstmals taucht dieses
Phänomen am Wandarchitrav über der Blendordnung des Buleuterions in Milet auf (Abbildung 20), das zwischen 175 und 164 v. Chr.
fertiggestellt wurde. Weitere Belege sind das
Hekateion von Lagina vom Ende des zweiten
Jahrhunderts88 (Abbildung 21), das von Julius
Cäsar initiierte und durch Augustus fertiggestellte Agora-Tor von Athen89 (Abbildung 19),
die Scaenae frons des ebenfalls frühaugusteischen
Theaters in Aphrodisias90 und ein Einzelstück in
Magnesia am Mäander91. Dabei liegen stets jeweils
zwei Buckelbossen wenig über der Unterkante
von Vorder- und Rückseite und nahe an den
Enden des Architravs. Da Architrave mit ihrer
freiliegenden Unterseite ohne weiteres an um
den Block geschlungenen Seilen abgesetzt werden können, ist eine Funktion als Hebebossen
unwahrscheinlich. In Aphrodisias zeigen die
Architrave mit Buckelbossen Wolfslöcher zum
Heben der Steine92. Die Lage der Bossen an den
Architravenden, also direkt über dem vorkragenden Abakus der Kapitelle, legt dagegen nahe,
É. Bourguet, Inscriptions de l’entrée du sanctuaire au trésor des Atheniens, FdD III 1 (Paris 1929) 4–10 Abb. 3–4
Taf. 1, 4.
P. Amandry, Trépieds d’Athènes II. Thargélies, BCH 101,
1977, 165–202, hier 191 Abb. 13 b.
C. S. Blinkenberg – K. F. Kinch, Lindos. Fouilles et recherches, 1902–1914, II. Inscriptions (Berlin 1941) 225
Nr. 31; 237 f. Nr. 46; 239 Nr. 47; 231 f. Nr. 41, vgl. zur
letztgenannten Basis DNO III (2014) 759 f. s. v. Symenos
(Σύμενος II), in Lindos tätig (K. Hallof).
Siehe den Anhang.
Zum Bau zuletzt F. Rumscheid, Untersuchungen zur
kleinasiatischen Bauornamentik des Hellenismus (Mainz
1994) I, 132–139; P. Baumeister, Der Fries des Hekateions
von Lagina. Neue Untersuchungen zu Monument und
Kontext, Byzas 6 (Istanbul 2007). – Beim Hekateion finden sich Buckelbossen sowohl an einigen Architraven
als auch an den darüberliegenden Kassettenbalken. Erstaunlicherweise sind zumindest manche der Kasset-
tenbalken an ihren Enden nicht auf Gehrung geschnitten,
sondern die Ornamentik ist bis an die Ecken fortgesetzt.
Die genaue Rekonstruktion der Decke in der Peristasis ist
mir unklar, vgl. bereits Rumscheid a. a. O. 137.
Travlos, Bildlexikon 28–36 bes. 32 f.
N. de Chaisemartin – D. Theodorescu, Le théâtre d’Aphrodisias. Les structures scéniques, Aphrodisias VIII
(Wiesbaden 2017) 58 Taf. 33 b; 34 a.
O. Kern, Die Inschriften von Magnesia am Maeander
(Berlin 1900) 121 Nr. 154.
Chaisemartin – Theodorescu, Aphrodisias VIII (Anmerkung 90) 58.
Zum Phänomen der seit 515 v. Chr. reduzierten Gewichte
von Bauteilen siehe Coulton, Lifting.
A. Tschira, Die unfertigen Säulentrommeln auf der
Akropolis von Athen, JdI 55, 1940, 242–261.
Ohnesorg, Kroisos-Tempel Taf. 49, 6.
R. Koldewey, Neandria, BWPr 51 (Berlin 1891) 27
Abb. 56.
Abbildung 19 Athen, Tor zur Römischen Agora,
Ende erstes Jahrhundert.
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
Buckelbossen in der antiken Architektur
dass die Bossen wiederum dem Hochhebeln des
Blocks dienten. Für den Blick des Betrachters
aus der Nähe beziehungsweise von unten waren
die Bossen kaum sichtbar, da sie vom Abakus
der Kapitelle verdeckt wurden.
Echte Hebebossen
Von 490 v. Chr. an gibt es zahlreiche Beispiele
von Buckelbossen, für welche die traditionelle
Lehrmeinung, die Bossen hätten als Ansatzpunkt
von Seilschlingen zum Anheben des Blocks mit
dem Kran gedient, beziehungsweise dazu, das
Abrutschen horizontal um den Block gelegter
Seilschlingen zu verhindern, die beste Erklärung
bietet.
Hinzuweisen ist zunächst auf Buckelbossen
an Säulentrommeln, die kaum als Ansatzpunkte
25
für Hebelstangen gedient haben können. Nach
den bereits angesprochenen frühen Belegen
in Ionien finden sich solche Bossen erstmals
an Säulentrommeln des Vorparthenon von
490/480 v. Chr. Dort wiegen die Trommeln je
maximal etwa sieben Tonnen, also deutlich weniger als jene Zwanzigtonner des Artemisions
in Ephesos, und es steht außer Frage, dass die
Trommeln des Vorparthenon nicht von Rampen
aus abgelassen werden mussten, sondern mit
dem Kran gehoben werden konnten 93. Da die
Trommeln auch keine anderen Spuren oder
Einlassungen von Hebewerkzeug zeigen94, dürften die etwa zwanzig Zentimeter weit vorstehenden Buckelbossen als ›echte‹ Hebebossen anzusprechen sein. Unfertige Säulentrommeln mit
Hebebossen sind dann von folgenden Großbauten
bekannt:
(1) Ephesos, Artemistempel (575–460 v. Chr.)95
20
23
21
22
Abbildung 20 Milet, Rathaus, Architrav, 175–164 v. Chr.
– Abbildung 21 Lagina, Hekate-Tempel, Architrav, Ende
zweites Jahrhundert. – Abbildung 22 Stratos, Zeustempel,
Säulentrommel, um 330–250 v. Chr. – Abbildungen 23
und 24 Lebadeia, Zeustempel, um 220–171 v. Chr., Säulentrommel (23) und Wandquader mit Buchstabenkürzeln auf
den Buckelbossen (24).
24
26
Matthias Grawehr
(2) Neandria, Apollontempel (Ende sechstes
Jahrhundert?)96
Abbildung 25 Priene, Agora, ausgeschiedene Säulentrommel
des Athenatempels, um 350 v. Chr. bis 50 n. Chr.
97
98
99
100
101
102
103
Weber, Myus (Anmerkung 39) 52 Taf. 28, 2.
Tschira, Säulentrommeln (Anmerkung 94).
F. A. Cooper, The Temple of Apollo Bassitas I. The
Architecture (Princeton 1996) 118 Taf. 36 d.
Amandry – Hansen, Apollon 180–182 Abb. 2.34–35; 468.
Courby – Picard, Stratos (Anmerkung 74) 22 f. Abb. 6;
E. L. Schwandner – L. Kolonas, Beobachtungen am
Zeusheiligtum von Stratos, IstMitt 46, 1996, 187–196,
hier 187–190; P. Funke, New Historical-Archaeological
Research on the Ancient Polis Stratos, in: J. Isager
(Hrsg.), Foundation and Destruction. Nikopolis and
Northwestern Greece. The Archaeological Evidence
for the City Destructions, the Foundation of Nikopolis
and the Synoecism, Monographs of the Danish Institute
at Athens 3 (Athen 2001) 189–203, hier 196; E.-L.
Schwandner, Akarnanien, die unbekannte Landschaft
Griechenlands. Feldforschungen in Stratos und Palairos,
NüBlA 17, 2000/01, 8–22, hier 16 f.; J. Pakkanen, The
Temple of Zeus at Stratos. New Observations on the
Building Design, Arctos 38, 2004, 95–121, hier 97.
A. Ohnesorg, Der dorische Prostylos des Archilocheion
auf Paros. Naxos – Paros. Vierter vorläufiger Bericht, AA
1982, 271–290, vgl. D. Clay, Archilochos Heros. The Cult
of Poets in the Greek Polis, Hellenic Studies 6 (Washington
2004) 35–38.
A. Gadolou, Η πρόσφατη αρχαιολογική έρευνα στο
ναό του Διός Βασιλέως στη Λιβαδειά, in: V. Arvantinos
(3) Myus, Apollontempel (Anfang fünftes Jahrhundert?)97
(4) Athen, Vorparthenon (490–480 v. Chr.)98
(5) Bassai, Apollontempel (430/420 v. Chr.)99
(6) Priene, Athenatempel (ca. 350 v. Chr. –
50 n. Chr.) (Abbildung 25)
(7) Delphi, Apollontempel (366–333 v. Chr.)100
(8) Stratos, Zeustempel (ca. 330–250 v. Chr.)101
(Abbildung 22)
(9) Paros, Archilocheion (4. Jh. v. Chr.)102
(10) Lebadeia, Zeustempel (ca. 220–171 v. Chr.)103
(Abbildung 23)
(11) Thermos, Apollontempel (um 220 v. Chr.)104
(12) Korinth, nahegelegener Steinbruch (fünftes
bis zweites Jahrhundert)105
Sonst, und nach dem dritten Jahrhundert regelmäßig, wurden Säulentrommeln wohl meist mit anderen Hebewerkzeugen angehoben, wie zum Beispiel
dem Wolf. So fehlen Hebebossen bereits an den im
Steinbruch ausgeschiedenen Säulentrommeln für
den hellenistischen Apollontempel in Didyma106.
Eine Ausnahme stellt eine kleine Gruppe von
Säulenschäften der römischen Kaiserzeit in der
Levante dar, und zwar aus Kurion auf Zypern sowie Gerasa (Abbildung 26) und Jerusalem107.
An anderen Bauteilen des Oberbaus lassen sich
Hebebossen relativ selten nachweisen, naturgemäß
auch nur bei unfertig gebliebenen Bauprojekten
oder in Bereichen, wo eingezogene Decken
104
105
106
107
(Hrsg.), Ἐπετηρὶς τῆς Ἑταιρείας Βοιωτικῶν Μελετῶν 4A.I
(Athen 2008) 547–565, hier 550 Abb. 8.
W. Dörpfeld, Alte und neue Ausgrabungen in Griechenland, AM 47, 1922, 25–47, hier 43 f.; G. Kuhn, Bau
B und Tempel C in Thermos, AM 108, 1993, 29–47, hier
40–45.
Y. A. Lolos, A Public Column Drum from a Corinthian
Quarry, Hesperia 71, 2002, 201–207.
A. Peschlow-Bindokat, Die Steinbrüche von Milet und
Herakleia am Latmos, JdI 96, 1981, 157–235, hier 188.
(1) Kurion, trajanisch, siehe R. L. Scranton, The
Architecture of the Sanctuary of Apollo Hylates at
Kourion, Transactions of the American Philosophical
Society. New Series 57 (Philadelphia 1967) 32. – (2)
Gerasa, trajanisch, siehe C. S. Fisher in: C. H. Kraeling
(Hrsg.), Gerasa, City of the Decapolis (New Haven 1938)
156 f.; F. Braemer in: F. Zayadine, Jerash Archaeological
Project 1981–1983 (Amman 1986) 61–66; J. Seigne in:
ebenda 55 Anm. 40; O. Peleg-Barkat, The Introduction
of Classical Architectural Decoration into Cities of the
Decapolis. Hippos, Gadara, Gerasa and Scythopolis, Aram
23, 2011, 425–445, hier 432 Abb. 15; Rababeh, Gerasa
(Anmerkung 3) 1027. – (3) Jerusalem, herodianisch, siehe O. Peleg-Barkat, The Temple Mount Excavations in
Jerusalem 1968–1978, directed by Benjamin Mazar. Final
Reports 5. Herodian Architectural Decoration and King
Herod’s Royal Portico, Qedem 57 (Jerusalem 2017) 40.
104 Abb. 3.8; 105. 106 Abb. 3.10; 110 f.
Buckelbossen in der antiken Architektur
27
Abbildung 26 Gerasa, ›Oval Forum‹,
zweites nachchristliches Jahrhundert.
den Blick verstellen und die Abarbeitung deshalb unterblieb, so in der zweiten Hälfte des
fünften Jahrhunderts etwa bei den Propyläen
(Abbildung 28), am Parthenon und Erechtheion auf
der Athener Akropolis, beim Apollontempel von
Bassai und dem Tempel von Segesta108. Auch hier
dürfte es sich um ›echte‹ Hebebossen in der Regel
an Mauerquadern handeln; an anderen Baugliedern
derselben Bauten kamen jeweils auch andere
Hebemethoden zur Anwendung. Spätere Beispiele
sind ausgesprochen selten. Oftmals scheinen die
Bauteile ihre Buckelbossen dabei regelmäßig bereits
im Steinbruch erhalten zu haben. So trägt ein Block
aus den Steinbrüchen am Pentelikon bei Athen auf
den Schmalseiten je eine zentral gelegene Bosse109,
und dasselbe Merkmal findet sich auch zum Beispiel
am Asty-Tor in der Befestigung des Piräus110, bei der
Stützmauer westlich des Athener Dionysostheaters
108
109
110
111
(1) Athen, Parthenon, 447–438 v. Chr., siehe M. Korres in:
Korres – Bouras, Parthenon I, 101 f. (nur Säulentrommeln
und Wandquader). – (2) Athen, Propyläen, 437–432
v. Chr., siehe W. B. Dinsmoor – W. B. Dinsmoor, Jr., The
Propylaia to the Athenian Akropolis II. The Classical
Building (Princeton 2004). – (3) Athen, Erechtheion,
420er Jahre – 406 v. Chr., siehe J. M. Paton (Hrsg.), The
Erechtheum (Cambridge, MA 1927) 132 Abb. 81; 189 Taf.
4. 11. – (4) Bassai, Apollontempel, 430/420 v. Chr., siehe
Cooper, Apollo Bassitas I (Anmerkung 99) 174. 196 Taf.
42 e; Bd. IV Taf. 52. – (5) Segesta, ca. 420/410 v. Chr., siehe
Mertens, Segesta 36 Beilage 8–11. 16–17.
Korres, Penteli (Anmerkung 52) 89 Abb. 18, 3.
K.-V. von Eickstedt, Beiträge zur Topographie des antiken
Piräus (Athen 1991) 55–60.
E. Fiechter, Das Dionysos-Theater in Athen I. Die Ruine,
Antike griechische Theaterbauten 5 (Stuttgart 1935) 76–78
Abb. 64–65 Taf. 1; M. Korres, Διονυσιακό Θέατρο, ADelt
35B, 1980, 9–11, hier 10; S. Gogos, Das Dionysostheater
von Athen. Architektonische Gestalt und Funktion (Wien
2008) 73.
und am Dionysostheater von 325 v. Chr. selbst
(Abbildung 29)111, am Südtor von Messene aus dem
Jahr 369 v. Chr.112 und der ungefähr gleichzeitigen
Temenosmauer in Delphi113, aber auch an einer
straßenbegleitenden Terrassenmauer in Selinunt
aus dem vierten Jahrhundert114 (Abbildung 30).
Noch am Fundamentrost des Apollontempels
von Delphi, verlegt um 350 v. Chr. aus korinthischem Kalkstein, tragen die Blöcke regelmäßig
Bossen, die gemäß dem von Erik Hansen minutiös rekonstruierten Vorgehen beim Versatz115 nicht
so sehr auf der Baustelle, sondern vor allem beim
Umladen auf dem Transportweg benötigt wurden. Später finden sich entsprechende Bossen nur
noch vereinzelt, zum Beispiel an den Stützmauern
der Zuschauerränge der Theater in Delphi von
167 v. Chr.116 sowie in Sagalassos aus flavischer
Zeit117 und in Milet118, zuletzt halbkugelförmig an
112
113
114
115
116
117
118
U. Schwertheim, Monumentale Hoftore in Messene, in:
J. Lorentzen u. a. (Hrsg.), Aktuelle Forschungen zur
Konstruktion, Funktion und Semantik antiker Stadtbefestigungen, Byzas 10 (Istanbul 2010) 97–106, hier 99–
101.
Zuletzt J.-F. Bommelaer, Delphica 2, Pallas 87, 2011, 13–38,
hier 22 Abb. 5; vgl. ders., Guide de Delphes. Le site. Sites
et monuments 7 (Paris 1991) 99; E. Hansen, Les abords du
trésor de Siphnos à Delphes, BCH 84, 1960, 387–433, hier
432 f. Abb. 71.
Lugli, Edilizia Taf. 54, 2; D. Mertens, Die Stadt und
ihre Mauern, Selinus I, Sonderschriften des Deutschen
Archäologischen Instituts Rom 13 (Mainz 2003) 84
Abb. 82; 247 f., vgl. Hodge, Bosses 49 Abb. 13.
Amandry – Hansen, Apollon 209–235; 464–466 Abb. 19.1.
Zur Datierung siehe Bommelaer (Anmerkung 76).
D. De Bernardi Ferrero, Il teatro di Hierapolis di Frigia,
in: ders. – G. Ciotta – P. Pensabene (Hrsg.), Il teatro di
Hierapolis di Frigia. Restauro, architettura ed epigrafia
(Rom 2007) 17–227, hier 32–36 Abb. 13.
Zuletzt G. Köster, Die Bauornamentik von Milet, Milet
VII 1 (Berlin 2004) 98–110.
28
Matthias Grawehr
Abbildung 27 Didyma, Apollontempel, nördlicher
Gewölbegang, drittes Jahrhundert, Werkzollfeld mit
Buchstabenkürzel.
der Porta Appia des frühen fünften Jahrhunderts
der Kaiserzeit in Rom119. Insgesamt betrachtet
bilden echte Hebebossen außerhalb der zweiten
Hälfte des fünften Jahrhunderts eher die Ausnahme
als die Regel.
Abrechnungsmarken
Vielerorts und vor allem zwischen dem sechsten
und zweiten Jahrhundert finden sich auf den
119
120
121
122
123
124
125
Giovenale, Simboli tutelari (Anmerkung 10); Lugli, Edilizia 214–218.
Paga – Miles, Sounion (Anmerkung 64) 672 Abb. 17; 694 f.
Blöcke S3 (mit Markierung Α). S5 (mit Markierung Α oder
Δ).
Hoepfner, Pompeion 43 Abb. 59; 44 und Taf. 28.
Gadolou, Λιβαδειά (Anmerkung 103) 550. 558 Abb. 6.
So z. B. Choisy, Bâtir (Anmerkung 8) 111; Durm,
Baukunst (Anmerkung 8) 147; Lugli, Edilizia 214–218;
Koenigs, Naxos 383 f.; Ohnesorg, Kroisos-Tempel 50;
Giese, Werksteinoberflächen (Anmerkung 49) 127.
Rehm, Didyma II, 94–97; Martin, Manuel I, 222–225;
Amandry – Hansen, Apollon 493.
So z. B. bei den oben genannten lydischen Monumenten
des 6. Jh.s in Sardeis, am Schatzhaus von Sikyon in Delphi
oder ebenda beim Apollontempel des 4. Jh.s sowie auch
beim Apollontempel in Didyma und am Buleuterion in
Milet, siehe H. Knackfuss, Das Rathaus von Milet, Milet
I 2 (Berlin 1908) 26 f. Taf. 2 Mitte; 28 f. Taf. 2 unten;
Buckelbossen eingetragene Buchstabenkürzel, so
beispielsweise am archaischen Poseidontempel
in Sunion120 (Abbildung 9), am Nemesistempel in
Rhamnus von 430/420 v. Chr. (Abbildung 11), am
Pompeion in Athen von zirka 400 v. Chr.121 oder am
Zeustempel in Lebadeia von 220 bis 171 v. Chr.122
(Abbildung 24). Wie einleitend dargelegt, haben
verschiedene Forscher Buckelbossen für ›Zeugen‹
der Stärke des abgearbeiteten Werkzolls und die
darauf bisweilen eingetragenen Buchstaben für
Marken der verantwortlichen Steinmetze gehalten123 – für ein System also, das der Abrechnung
bei der Glättung der Oberflächen gedient haben
soll.
Dem ist Verschiedenes entgegenzuhalten: Sowohl in Didyma als auch in Delphi können die
Buchstabenkürzel teilweise mit Bauunternehmern
in den Bauinschriften identifiziert werden124, welche Steine sowohl aus den Brüchen anlieferten als
auch versetzten. Dem entspricht zum einen, dass
die Buchstabenzeichen in vielen Fällen direkt in
den Werkzoll geschlagen und oft auch dort, wo
zusätzlich eine Buckelbosse vorhanden ist, nicht
auf, sondern neben die Bossen gesetzt sind 125.
Zum anderen wird der Lohn für das Abnehmen
des Werkzolls in den Bauinschriften von Didyma
in Quadratfuß angegeben und nicht nach dem
Volumen berechnet126. Drittens tragen gelegentlich
auch bereits Blöcke in den Steinbrüchen Marken
auf den Buckelbossen127. Die Marken dokumentierten also nicht das abgearbeitete Volumen beim
Glätten der Wand und auch nicht irgendwelche Arbeiter, welche diese Arbeiten vornahmen.
Stattdessen sind die Buchstabenkürzel nicht systematisch auf die Buckelbossen gesetzt worden und
126
127
128
129
130
Taf. 14; Knackfuss, Didyma I (Anmerkung 33) 60–62. 67
Taf. 13 Z. 150.
So wurden 260 Quadratfuß Wandfläche in den Treppenhäusern 221/220 v. Chr. zum Preis von einer Drachme
pro Quadratfuß geglättet, siehe Rehm, Didyma II, 32
Nr. 29 Z. 11–12. In den sechziger Jahren des zweiten
Jahrhunderts wurden 9459,5 Quadratfuß der Wandflächen
des Zwölfsäulensaals zum Preis von anderthalb Drachmen
pro Quadratfuß geglättet, siehe Rehm, Didyma II, 41
Nr. 39 Z. 8–11. Gleichzeitig wird für die Glättung der
259,5 Quadratfuß des Wandfußes ebenda ein Preis von einer Drachme pro Quadratfuß bezahlt.
Lolos, Drum (Anmerkung 105).
Knackfuss, Didyma I (Anmerkung 33) Taf. 84. 85 Z. 180–
183.
Zu den inschriftlich dokumentierten Teilen der zwölften Schicht siehe A. Rehm, Die großen Bauberichte von
Didyma, AbhMünchen 22, 1944, 42 Abb. 6. Der in situ erhaltene Stein befindet sich im östlichen Teil der Südwand.
Rehm, Didyma II, 95–97; Martin, Manuel I, 222–225.
29
Buckelbossen in der antiken Architektur
dürften vor allem dazu gedient haben, bei später
festgestellten Unzulänglichkeiten des Steins beziehungsweise der Arbeit Garantieansprüche gegenüber den Unternehmern geltend zu machen,
die für Lieferung oder Versatz verantwortlich
waren.
Besonders anschaulich ist hierfür der Fall des
Apollontempels in Didyma. So wurden dort
in den Gängen vom Zwölfsäulensaal in den
Hof die Bereiche des Werkzolls, welche Buchstabenmarken an unterschiedlichster Position am
Block trugen, bei der Glättung der Wände ausgespart128 (Abbildung 27), also wohl um auch
bei nachträglich festgestellten Schäden Garantieansprüche anmelden zu können. Diese quadratischen Werkzollfelder sehen zwar ähnlich aus
wie die bisher besprochenen Buckelbossen, haben aber eine ganz andere Funktion. Komplexere
Markierungssysteme finden sich auf den ungeglätteten Wandquadern und Stufen des Tempels:
Auf demselben Stein stehen oftmals, aber nicht
immer, bis zu drei verschiedene Namenskürzel,
eines davon gelegentlich auf einem leicht erhabenen oder eingerahmten Werkzollfeld oder
auf den Buckelbossen (Abbildung 31). Wie bereits angemerkt, lassen sich zu zahlreichen der
Namenskürzel mögliche Kandidaten unter den
Bauunternehmern in den Bauinschriften aufspüren. Einen sicheren Abgleich verhindert dabei
die Tatsache, dass die entsprechenden Inschriften
erst ab der zwölften Steinlage vorliegen, gerade
hier aber das in situ Erhaltene endet – von der
elften und zwölften Steinlage ist nur noch je ein
Block in situ erhalten, noch dazu an der falschen
Stelle129. Albert Rehm erklärt die unterschiedlichen Kürzel auf demselben Stein damit, dass sie
jeweils die Zusammenarbeit von Steinmetzen beziehungsweise Sklaven unterschiedlicher Unternehmer anzeigen 130; eine Zusammenarbeit, die
in den Inschriften nicht belegt ist. Für wesent-
28
30
29
31
Abbildung 28 Athen, Propyläen der Akropolis, Ostansicht des Nordflügels, 437–432 v. Chr. – Abbildung 29 Athen,
Dionysostheater, westliche Stützmauer der Zuschauerränge, um 325 v. Chr. – Abbildung 30 Selinunt, straßenbegleitende
Stützmauer westlich hinter Tempel D, viertes Jahrhundert. – Abbildung 31 Didyma, Apollontempel, Südwand,
drittes Jahrhundert, Werkzoll und Buckelbossen mit Buchstabenkürzeln, die Kürzel sind leicht hervorgehoben.
30
Matthias Grawehr
lich wahrscheinlicher halte ich es, dass mit der
häufigen mehrfachen Signatur unterschiedliche
Arbeitsschritte dokumentiert sind. So dürften die
oftmals auf dem Kopf stehenden Namenskürzel
auf den stärker erhabenen beziehungsweise eingerahmten Werkzollfeldern den Steinlieferanten,
jene daneben den für die Zurichtung und den
Versatz verantwortlichen Unternehmer dokumentieren. Die in der Auswahl ihrer Inhalte und
ihrer Detailliertheit stark variierenden Auszüge
der Bauabrechnungen, die als Jahresberichte in
Stein gemeißelt wurden, weisen nur an einer
Stelle zwei Unternehmer von Steinbrucharbeiten
für die dreizehnte und vierzehnte Steinlage nach:
Apollonides und Antipatros131. Unschwer lassen sich die Kürzel des Letzteren auf einigen der
Blöcken der achten Lage in situ und auf weiteren extra situ nachweisen132. Markierungen für
weitere Arbeitsschritte wie das Abgleichen der
Lagerfläche sind denkbar, diese Arbeiten werden
aber in den Inschriften nicht genannt.
Im Übrigen veranschaulichen in Didyma die
Werkzollfelder gegenüber den Stemmbossen am
Wandfuß exemplarisch die unterschiedlichen
Funktionen von Buckelbossen. In Didyma sind die
›Abrechnungsbossen‹ ausgesparte Werkzollfelder
und ein Sonderfall, denn anderenorts setzen die
Unternehmer ihre Marken auf den Werkzoll und
gelegentlich auch auf Stemmbossen, ohne dass
dies aber die primäre Funktion der Bossen wäre.
Buckelbossen als Ornament?
Gemäß der üblichen Rekonstruktion des Bauablaufs im antiken Werksteinbau wurden die
Quader mit Werkzoll oder Kantenschutz und
gegebenenfalls auch Buckelbossen aufgeschichtet
und der Rohbau fertiggestellt. Dann erst erfolgte die Überarbeitung der Sichtflächen von oben
nach unten und schließlich die farbige Fassung.
Demnach dürften sich an einem fertiggestellten
Bauwerk keine Buckelbossen mehr finden. In der
Tat handelt es sich bei einigen der Bauten, an denen diese festzustellen sind, um unfertig gebliebe131
132
133
Rehm, Didyma II, 17 f. Nr. 25B. Für Apollonides liegt der
Fall etwas schwieriger, da es eng verwandte Namen wie
z. B. Apollonios gibt.
Rehm, Didyma II, 83 Abb. 49–51 Blöcke VI 3. VIII 37–39.
(1) Athen, Parthenon, 447–438 v. Chr., siehe M. Korres in:
Korres – Bouras, Parthenon I, 101 f. (nur Säulentrommeln
und Wandquader). – (2) Athen, Propyläen, 437–432 v. Chr.,
siehe Dinsmoor – Dinsmoor, Propylaia II (Anmerkung 108)
passim. – (4) Athen, Erechtheion, 420er Jahre – 406 v. Chr.,
ne Projekte. Buckelbossen finden sich aber auch
an Monumenten, für die es sonst keinen Anlass
gibt, von einem Bauabbruch auszugehen. Relativ
einfach liegt der Fall dort, wo die entsprechenden
Bauteile nicht einsehbar waren, so zum Beispiel
bei den Hebebossen im Dachbereich der Athener
Propyläen, des Parthenon, des Erechtheion,
des Apollontempels von Bassai oder des klassischen Tempels von Segesta133. Dasselbe gilt für
Buckelbossen an Blöcken im Fundament unter
dem Boden wie zum Beispiel beim Apollontempel
von Delphi134, aber auch für die schon behandelten Stemmbossen an Architraven, die durch den
vorkragenden Abakus der Kapitelle verdeckt
waren. Es wäre ein unnötiger Aufwand gewesen, die Bossen hier abzuarbeiten. Immer noch
verbleibt aber eine Vielzahl von Bauwerken, an
denen Buckelbossen nach Bauabschluss an gut
sichtbarer Stelle stehengeblieben sind. Dasselbe
gilt auch für alle andere Bossenformen. Von der
Absichtlichkeit dieses Vorgehens zeugt, dass
Werkzoll sogar sehr aufwendig in Kunstformen
überführt werden konnte, wie etwa bei den hellenistischen Polsterquadern oder den Werkzollspiegeln, mehrfachen Facettierungen und kleinen
Profilleisten, die besonders im vierten Jahrhundert
am Stufenunterbau von Säulenstellungen vorkommen. Bei Buckelbossen ist keine solche Zierform
entstanden – das einzige mir bekannte Beispiel
sind Buckelbossen, die zu Blattformen umgestaltet wurden, an einer Torschwelle des vierten Jahrhunderts auf der Akropolis von Limyra
(Zemuri)135.
Eine genaue Durchsicht ergibt aber, dass das
Spektrum der Baubestandteile und Bautypen,
an denen Bossenformen sichtbar auch nach
Bauabschluss bestehen blieben, relativ beschränkt
ist: Zum einen sind dies Stadtmauern. Hier hatte
das Stehenlassen des Werkzolls und gelegentlich
auch der Buckelbossen nicht nur einen ökonomischen, sondern auch einen wehrtechnischen
Sinn. So empfiehlt Philon von Byzanz in seinem
Handbuch der Belagerungstechnik aus der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts explizit, große Läufer mit »unbearbeiteten«, »sehr stark vor-
134
135
siehe Paton, Erechtheum (Anmerkung 108) 132 Abb. 81;
189 Taf. 4. 11. – (5) Bassai, Apollontempel, 430/420 v. Chr.,
siehe Cooper, Apollo Bassitas I (Anmerkung 99) 174. 196
Taf. 42 e; IV Taf. 52. – (6) Segesta, ca. 420/410 v. Chr., siehe
Mertens, Segesta 36 Beilage 8–11. 16. 17.
Amandry – Hansen, Apollon 209–235; 464–466 Abb. 19.1.
J. Borchhardt, Zêmuri. Die Residenzstadt des lykischen
Königs Perikles, IstMitt 40, 1990, 109–143, hier Taf. 20, 2.
Buckelbossen in der antiken Architektur
kragenden« oder »spitzen« Ansichtsflächen136 zu
verbauen, da sie am wenigsten von Steinwürfen
beschädigt würden.
Zum anderen kennzeichnen Bossenformen vor
allem alle Arten von Stütz- und Terrassenmauern
inklusive der Mauern, welche die Zuschauerränge
von Theatern oder verwandten Gebäudetypen
trugen – in der griechischen Terminologie also
sämtliche Analemmata, vom Lateinischen ausgehend alle Substruktionen –, ferner Sichtfundamente, Stufenunterbauten, Sockel und
Basen137. Es liegt nahe anzunehmen, dass all diese
Baubestandteile nach antikem Verständnis zum
Fundamentbereich gehörten und daher konventionellerweise ebenso wie dieser nicht geglättet wurden138. Besonders deutlich machen dies
die Bauinschriften des Asklepiostempels von
Epidauros, die den Stufenunterbau des Tempels
explizit als den »sichtbaren Teil der Krepis«
(ἐπιφανὴς κρηπίς) bezeichnen139, wobei das griechische Wort ›Krepis‹ als ›Sockel‹ oder ›Sohle‹
übersetzt werden kann und neben seiner bauterminologischen Bedeutung auch eine Art von
Halbschuh oder Stiefel bezeichnet140. Die ›Sohle‹
des Tempels in Epidauros teilte sich also in das
unter dem Boden liegende Fundament und den
darüberliegenden Stufenunterbau auf, wurde aber
als Einheit gedacht.
Und auch Statuenbasen und Monumentsockel
wurden in diesem Sinne als Unterbauten verstanden und entsprechend gestaltet: Über die intentionelle Zurichtung einer Dreifußbasis im Athener
Kynosarges-Gymnasion gibt in aller Klarheit eine
Bauanweisung des vierten Jahrhunderts Auskunft:
»auszuarbeiten sind die Orthostaten, so dass die
Ränder auf einer Breite von zwei Daktylen [3,7
cm] geglättet sind, die mittlere Fläche aber rau
belassen bleibt«141. Die auf den Orthostaten liegenden Abdeckplatten (καταληπτήρης) sollten
hingegen »πανταχεῖ ὀρϑὸν καὶ ὑγιᾶ (rundher-
136
137
138
139
Phil. 1, 31: λ ίϑοι ἀργομ έτ ωπ οι ; Phil. 1, 29: λί ϑ οι
σκληρότατοι; Phil. 1, 11: λίϑοι ὀξεῖς; Phil. 1, 66: λίϑοι
ἀκροτόμοι.
Vgl. Lugli, Edilizia 208 f.; W. Koenigs, Ein archaischer
Rundbau im Kerameikos, in: Rundbauten im Kerameikos,
Kerameikos XII (Berlin 1980) 57–94, hier 30; Lauter,
Unfertigkeit 304; H. von Hesberg, Römische Baukunst
(München 2005) 36.
Vgl. Kalpaxis, Hemiteles 122; Lugli, Edilizia 208.
IG IV² 102 Z. 5–6. 85; S. Prignitz, Bauurkunden und
Bauprogramm von Epidauros (400–350). Asklepiostempel,
Tholos, Kultbild, Brunnenhaus, Vestigia 67 (München
2014) 44 f.
31
Abbildung 32 Bronzestatuette aus dem Schiffswrack
von Antikythera mit Buckelbossen an der Basis,
zweites Jahrhundert.
um recht und gut)« ausgearbeitet werden. Wie
sehr auch Buckelbossen für das Erscheinungsbild
von Basen zur Konvention geworden waren,
belegen ferner zwei Beispiele der Kleinkunst.
So steht die kleinformatige Bronzestatuette
eines Jünglings aus dem Schiffswrack von
Antikythera (Abbildung 32), stilistisch ins zwei-
140
141
Zur Bedeutung des Wortes vgl. neben den einschlägigen
Lexika M.-C. Hellmann, Recherches sur le vocabulaire de
l’architecture grecque, d’après les inscriptions de Délos,
BEFAR 278 (Paris 1992) 242 f.; L. Haselberger, Eine
›Krepis von 200 Fuss gestreckter Länge‹. Bauarbeiten am
jüngeren Apollontempel von Didyma nach der Urkunde
Nr. 42, IstMitt 46, 1996, 153–178, hier 158.
Übersetzung Autor. »ἐξεργάζεσϑαι δὲ τὸν ὀρϑοστάτην,
περιξεσάμενον τὰς ἄκρας ὅσον ἐπὶ δύο δακτύλω πανταχεῖ,
τὰ μέσα κατα[ρα]χίσαι λεπτεῖ«, IG II² 1665, vgl. M.-C.
Hellmann, Choix d’inscriptions architecturales grecques,
traduites et commentées (Lyon 1999) 37–39; S. Privitera,
Plutarco, IG II² 1665 e la topografia del Cinosarge,
ASAtene 80, 2002, 51–65, hier 59–62 mit weiterer Literatur.
32
Matthias Grawehr
te Jahrhundert datiert, auf einer unprofilierten,
neun Zentimeter hohen Rundbasis aus rotem
Stein, die rechts und links auf halber Höhe deut-
Abbildung 33 Tonlampe von der Athener Agora,
Agora Excavations, Inv. L2810, drittes nachchristliches
Jahrhundert. Darstellung einer Buckelbosse an einer
Weihreliefbasis.
lich vorspringende rechteckige Buckelbossen
trägt142. Und obgleich die Tradition, Statuenbasen
mit Buckelbossen auszustatten, im Laufe des ers142
143
144
H. 2 cm; B. 3,7 cm. – E. Vlachogianni in: N. Kaltsas –
E. Vlachogianni – P. Bouyia (Hrsg.), The Antikythera
Shipwreck. The Ship, the Treasures, the Mechanism.
Ausst. Athen 2012/2013 (2012) 95 Nr. 40.
C. Waldstein, A Hermes in Ephesian Silver Work on
a Patera from Bernay in France, JHS 3, 1882, 96–106;
M. Menninger, Untersuchungen zu den Gläsern und
Gipsabgüssen aus dem Fund von Begram (Afghanistan),
Würzburger Forschungen zur Altertumskunde 1
(Würzburg 1996) 163–166.
Aphrodite siehe B. Böttger, Die kaiserzeitlichen Lampen
vom Kerameikos, Kerameikos 16 (München 2002) 38. 95 f.
Nr. 110–123 Taf. 6. – Hermes siehe J. Perlzweig, Lamps
of the Roman Period. First to Seventh Century after
Christ, Agora VII (Princeton 1961) 118 Nr. 777 Taf. 17;
M.-C. Hellmann, Les Lampes antiques de la Bibliothèque
nationale I. Collection Froehner (Paris 1985) 35 Nr. 33. –
Eros siehe Böttger, Lampen a. a. O. 107–123 Nr. 379–720
Taf. 12–18.
ten Jahrhunderts versiegt und in der Kaiserzeit
bossierte Statuenbasen keine Rolle mehr spielen,
finden sich auf einer Serie attischer Bildlampen
aus dem Zeitraum von 200 bis 350 n. Chr. standardmäßig Basen mit Buckelbossen dargestellt
(Abbildung 33). Offensichtlich haben wir es mit
einer Wiederaufnahme deutlich älterer Vorlagen
zu tun, was auch der Inhalt der Bilder dieser
Lampenserie nahelegt. So sind die Darstellungen
von Gottheiten in ihren Heiligtümern auf diesen
Athener Bildlampen typische Sujets hellenistischer Toreutik143. Auf den Bildlampen finden wir
Aphrodite, Hermes und Eros neben Basen für
Weihereliefs sowie Statuen, die jeweils frontal mit
einer, in einem Fall auch mit zwei Buckelbossen
dargestellt sind144.
In denselben Kontext, jenen der Markierung
von Unterbauten und Basen durch Buckelbossen,
möchte ich ihr gelegentliches Auftreten an späthellenistischen Pfeilern und Säulen stellen, welche Grabvasen oder andere Monumente trugen.
Sie sind von Hans Lauter in einem wegweisenden und vielzitierten Artikel zu hellenistischen Bossensäulen gesammelt und ausführlich
besprochen 145: Im Bild des Fischmosaiks von
Palestrina trägt eine Bossensäule eine Grabvase146;
Tonmodelle von Pfeilern mit Randschlägen
und Buckelbossen stammen aus der Nekropole
von Myrina 147 sowie aus dem Fundensemble
heute in München 148 mehrerer Patrizen für
Statuettensockel eines Koroplasten. Einen ähnlichen Fund im Museum von Istanbul hat Lauter
erstmals abgebildet149. Schließlich dürften auch
die Bossensäulen, deren Publikation der Anlass
für die Überlegungen Lauters waren, von einem
Grabmonument in der Nekropole von Rhodos
stammen150 – ebenso wie das Säulenmonument
145
146
147
148
149
150
Lauter, Unfertigkeit.
G. Gullini, I mosaici di Palestrina (Rom 1956) 25 f.
Taf. 8, 2. Ebendort ist auch die Terrassenmauer durch
Bossenquader charakterisiert.
E. Pottier – S. Reinach, La nécropole de Myrina (Paris
1887) 243. 572; S. Besques, Catalogue raisonné des figurines et reliefs en terre-cuite grecs, etrusques et romains II.
Myrina. Musée du Louvre et collections des universités de
France (Paris 1963) 150 Nr. Myr 392 Taf. 187 b. e; 150 Nr.
Myr 1679 Taf. 188.
F. W. Hamdorf, Die figürlichen Terrakotten der Staatlichen
Antikensammlungen München (Lindenberg 2014) 500
Nr. E484.
G. Mendel, Catalogue des figurines grecques de terre cuite
(Konstantinopel 1908) 437 Nr. 2959; Lauter, Unfertigkeit
290 f.
Lauter, Unfertigkeit 291–295.
Buckelbossen in der antiken Architektur
am Tumulus von Sesönk Skulpturen trägt 151 .
Ganz anders als Lauter, der in den Bossensäulen
ein manieriertes Kunstmotiv des ostägäischen
Raums erkennen wollte, welches die tektonische
Ordnung des Baus negiert, verstehe ich die genannten Beispiele als eine – wenn man so will,
durchaus manierierte – Veranschaulichung der
tektonischen Ordnung. Die Buckelbosse diente in
diesen Kontexten dazu, die Basis beziehungsweise
den Bautypus semantisch zu markieren.
Dass Buckelbossen gelegentlich auch sonst
dem Auge und nicht nur irgendwelchen Hebemechanismen Halt bieten sollten, belegt schließlich eindrücklich eine auf der Stuckierung einer Ziegelsäule ausgeführte Buckelbosse in einem kleinen Obergeschossperistyl (32d) der
Wohneinheit 7 von Hanghaus 2 in Ephesos aus
frühhadrianischer Zeit152 (Bauphase II). Der Hof
gehört mit Marmor- und Mosaikböden zum reich
ausgestatteten Privatbereich der Hausbewohner153
und kann daher nicht als Diensttrakt verstanden werden. Der erhaltene Teil der Stuckierung
weist nur geringe Reste roter Farbe auf; die
Oberfläche ist ansonsten »wie mit dem Zahneisen
gearbeitet«154. Georg Plattner vermutet hier eine
Analogie zu den gemalten Säulen des Zweiten Stils
(s. dazu unten) – wogegen allerdings erneut die erhebliche zeitliche Differenz spricht – und erwägt
ferner einen besonders trickreichen Versuch, bei
der gemauerten Säule eine teurere Ausführung in
Stein vorzutäuschen.
Gemalte Buckelbossen
In der römischen Wandmalerei des Zweiten Pompejanischen Stils kommen Buckelbossen gelegentlich als Säulenschmuck vor: Bereits in der
151
152
K. Humann – O. Puchstein, Reisen in Kleinasien und
Nordsyrien (Berlin 1890) 212–217; M. Blömer, Der
Tumulus von Sesönk. Ein Monument des kommagenischen Ahnenkultes? in: E. Winter (Hrsg.), Vom Euphrat
bis zum Bosporus. Kleinasien in der Antike. Festschrift
Elmar Schwertheim zum 65. Geburtstag (Bonn 2008)
103–110; M. Blömer – E. Winter, Commagene. The Land
of Gods Between the Taurus and the Euphrates. An
Archaeological Guide (= Homer Archaeological Guides
11) (Istanbul 2011) 173–176; H. A. G. Brijder (Hrsg.),
Nemrud Dağı. Recent Archaeological Research and
Conservation Activities in the Tomb Sanctuary on Mount
Nemrud (Boston und Berlin 2014) 199–206.
G. Plattner in: E. Rathmayr (Hrsg.), Hanghaus 2 in
Ephesos, die Wohneinheit 7. Baubefund, Ausstattung,
Funde, FiE VIII 10 (Wien 2016) 159 f. Taf. 116 Abb. 149–
151; siehe hier Beitrag Plattner.
33
Casa dei Grifi in Rom vom Anfang des ersten
Jahrhunderts, welche für die konventionelle Stilgeschichte der römischen Wandmalerei
den Beginn des Zweiten Stils markiert, werden die von starken Schlagschatten begleiteten
Buckelbossen auf jeder zweiten Säulentrommel
mit einem scheibenartigen Schmuck in flachem
Relief kombiniert; die Fugenbereiche zwischen
den weißen Trommeln markiert ein breiter dunkler Pinselstrich155. In der Casa del Labirinto von
70/60 v. Chr. kommen Buckelbossen an Pfeilern
im Triclinium 39 vor, dessen Malereien heute
stark verblichen sind. Hier sind die Bossen nicht
mit anderen Schmuckmotiven kombiniert; die
Referenzbänder an den abwechselnd hellen und
dunklen Quadern sind nicht hervorgehoben156.
Im nahebei gelegenen korinthischen Oecus 43 dekoriert eine Architekturphantasie mit gebrochenem Giebel die beiden Seitenwände157 (Ost- und
Westwand). Die vier Säulen, welche dort jeweils
den Giebel stützen, zeigen ein ockerfarbiges
Kolorit, das wohl Vergoldung andeuten soll. Die
auch hier in Trommeln mit schmalen Fugenlinien
aufgegliederten Säulen tragen abwechselnd quadratische Buckelbossen mit Schlagschatten und
eine Dekorauflage aus Scheibenrosetten in den
Ecken sowie Rauten mit zentralem Blitzbündel.
Die perspektivisch nicht der Rundung der Säule
angeglichene Darstellung der Rauten macht
deutlich, dass es sich um ein rein malerisches
Motiv handelt. Die Ansichtsflächen der Bossen
sind diagonal in eine verschattete und eine beleuchtete Fläche geteilt, was den Eindruck einer
Höhlung oder eines Diamantschliffs vermittelt.
Die Kombination der Buckelbossen mit Rauten
und Blitzbündeln kehrt dann im wenig später
um 50 v. Chr. ausgemalten Atrium 5 der Villa A
von Oplontis wieder 158 . Ähnlich aufwendig
153
154
155
156
157
158
E. Rathmayr in: ebenda 648 f.
G. Plattner in: ebenda 169 Nr. A 61.
G. E. Rizzo, Le pitture della ›Casa dei Grifi‹, MonPitt III 1 (Rom 1936) 9–20; Engemann, Architekturdarstellungen (Anmerkung 172) 20 Taf. 3–6; Tybout,
Architekturdarstellungen Taf. 4–5; Mazzoleni, Domus
65–67. 73–76.
V. M. Strocka, Casa del Labirinto (VI 11, 8–10), Häuser in
Pompeji IV (München 1991) 40 f. Abb. 239–246. – Dieselbe
Gestaltungsweise kennzeichnet dann das Cubiculum aus
der Villa des Fannius Synistor von Boscoreale, heute in
New York, vgl. Mazzoleni, Domus 79.
Strocka, Labirinto (vorherige Anmerkung) 47 f. Abb. 291.
292. 305–312; Mazzoleni, Domus 169.
Tybout, Architekturdarstellungen Taf. 32–33. 34, 1;
Mazzoleni, Domus 133 f. 142.
34
Matthias Grawehr
dürfte die Dekoration der äußersten Säulen der
Scheinarchitektur im Bildvordergrund der Wände
in der Casa del Labirinto gewesen sein, von der
nur ein geringer Rest erhalten ist: Zu erkennen
ist die Kombination von Rosetten und Trommeln
mit einem figürlichen Relief159. Die Kombination
von Buckelbossen und Relief findet sich dann im
späteren Zweiten Stil wiederum in der Villa A von
Oplontis160, an dunkelfarbigen Säulen in der Casa
del Criptoportico161, der Casa di Obellio Firmo162
und in der Casa di Popidio Prisco163, alle drei in
Pompeji. Buckelbossen an allen Säulentrommeln
und mit vertieft liegenden und durch dunkle
Farbgebung hervorgehobenen Referenzbändern
an den Fugen kommen in der Villa des Fannius
Synistor in Boscoreale 164 (Räume H und N),
in Raum 23 der Villa A von Oplontis165 und in
der Casa delle Nozze d’Argento in Pompeji166
vor. Einmalig ist schließlich die Darstellung der
Buckelbossen, teilweise mit direkt daran angefügten Blitzstrahlen und scheibenförmigen Bossen,
an gelben und roten Säulen im Raum der Masken
im Haus des Augustus auf dem Palatin in Rom167.
Die Trommelfugen erscheinen hier wie durch
einen Reif geschmückt. Bemerkenswert ist die
Aufnahme dieses Schmuckmotivs in der Villa de
la Sioutat bei Roquelaure in der Gascogne von
30/20 v. Chr.168
Bei allen genannten Beispielen weisen die dargestellten Architekturen, in welche die Schäfte
mit Buckelbossen eingebettet sind, und insbesondere die Kapitelle und Basen der Säulen
keinerlei Bossenformen auf. Auch wenn sich
Einzelmotive wie die Rauten mit Blitzbündeln169,
der Farbwechsel der Trommeln170 oder die figürlichen Reliefs171 in der gebauten ptolemäischen
Architektur nachweisen lassen, so gibt es bislang keine Hinweise auf die reale Kombination
dieser Elemente mit Buckelbossen172. Dass die
Buckelbossen in der Wandmalerei des Zweiten
Stils als Schmuckelemente der Säulen aufgefasst sind, zeigt sich auch – Variatio delectat – in der Kombination mit anderen exklusiven Schmuckelementen wie Metall- und Edelsteinauflagen, Schuppenmustern oder Ranken.
Auch die in den Malereien gängige Zerlegung
der Säule in übereinandergeschichtete Einzeltrommeln, deren Trennung durch breite und vertiefte Referenzbänder hervorgehoben ist, weist in
diese Richtung173.
Kennzeichnend für die Buckelbosse als Zierelement in der Wandmalerei ist die Umgestaltung
zu einer Zierform 174, was in der gebauten Architektur so nicht vorkommt. Es handelt sich
meines Erachtens um ein spezifisch malerisches
Motiv.
Strocka, Labirinto (Anmerkung 156) 48 Abb. 311.
Triclinium 14, siehe Tybout, Architekturdarstellungen Taf.
46. 50, 2; Mazzoleni, Domus 135.
H. G. Beyen, Die pompejanische Wanddekoration vom
zweiten bis zum vierten Stil (Den Haag 1960) Abb. 30–31.
Ebenda Abb. 217–218.
Ebenda Abb. 185.
Mazzoleni, Domus 83. 92.
Tybout, Architekturdarstellungen Taf. 50; Mazzoleni, Domus 129. 156 f.
Beyen, Wanddekoration (Anmerkung 161) Abb. 16–17.
I. Iacopi, La Casa di Augusto. Le pitture (Rom 2007) 20–
24; G. Musatti, L’intervento di restauro e considerazioni
sulla tecnica pittorica, BdA 94, 2, 2009, 21–116, hier 88–99.
A. Barbet, La peinture murale en Gaule romaine (Paris
2008) 89 f. Abb. 108. – Für ein vereinzeltes Beispiel vom
Ende des 2. Jhs. n. Chr. siehe ebenda 263 f. Abb. 410–411.
Vgl. J. McKenzie, The Architecture of Petra, British
Academy Monographs in Archaeology 1 (London 1990)
97; E. Netzer, Nabatäische Architektur. Insbesondere
Gräber und Tempel, AW Sonderband (Mainz 2003) 176.
J. McKenzie, The Architecture of Alexandria and Egypt,
c. 300 BC to AD 700, Pelican History of Art (New Haven
2007) 62.
Figürliche Reliefs sind allerdings bislang nur in rein ägyptischem Stil nachgewiesen: Vgl. ebenda 119–146.
Vgl. J. Engemann, Architekturdarstellungen des frühen
zweiten Stils. Illusionistische römische Wandmalerei
der ersten Phase und ihre Vorbilder in der realen
Architektur, RM Ergh. 12 (Heidelberg 1967) 20; Tybout,
Architekturdarstellungen 334–337.
Vgl. Engemann, Architekturdarstellungen (vorherige Anmerkung) 21; H. Lauter, Eine pompejanische Miszelle,
RM 105, 1998, 403–408.
So auch M. Mulliez, Le luxe de l’imitation. Les trompel’œil de la fin de la République romaine, mémoire des artisans de la couleur, Collection du Centre Jean Bérard 44
(Neapel 2014) 54–55. 57–58 Abb. 28–29.
159
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169
Ergebnis
Die in ihrer Pauschalität falsche Lehrmeinung,
Buckelbossen hätten generell zur Befestigung von
Hebeseilen gedient, wurde an den Monumenten
Athens des fünften Jahrhunderts entwickelt.
Durch die Fortschreibung dieser beschränkten Sicht wird in vielen Handbüchern zur antiken Architektur das ideologisch motivierte
Übergewicht der attischen Metropole und der
hohen Klassik perpetuiert.
Nach Vorläufern in der Bronzezeit können
Entwicklungen in Lydien, Ionien und den Kykladen während des sechsten Jahrhunderts als grund-
170
171
172
173
174
Buckelbossen in der antiken Architektur
legend für das ›Handling‹ von Bausteinen mit
Hilfe von Buckelbossen angesehen werden. Hier
wurden neue Techniken des Versatzes monumentaler Bauglieder unter anderem mit Hilfe von
Buckelbossen erprobt, und so konnten in einem
Klima des internationalen Austauschs zwischen
den Gebieten der sogenannten älteren Tyrannis in
Kleinasien, dem Achämenidenreich und Ägypten
praktische Problemlösungen gefunden und ästhetische Prinzipien im Keim festgelegt werden,
die auf die Quaderbautechnik der kommenden
Jahrhunderte fortwirkten und sich dort entfalteten. Dienten die Buckelbossen auch später immer
wieder zunächst und vor allem als Ansatzpunkte
für Hebelstangen, so wurde hier auch erstmals
die Möglichkeit erprobt, Buckelbossen zum
Ablassen von Baugliedern in ihre exakte Position
zu nutzen. Im späten sechsten und frühen fünften
Jahrhundert, als das Heben von redimensionierten
Bauteilen mit Hilfe von Kränen und Flaschenzügen
üblich wurde, entwickelte sich hieraus die Praxis,
Buckelbossen als Hebebossen zu nutzen. Meist
wurde diese Hebetechnik nur bei Säulentrommeln
und Mauerblöcken angewandt. Mit der zunehmenden Verbreitung anderer Hebewerkzeuge wie dem
Wolf kam diese Nutzung der Bossen aber spätestens
am Beginn des Hellenismus außer Gebrauch. Nur
gelegentlich nutzten die Steinmetze Buckelbossen
auch, um Buchstabenkürzel zur Identifikation der
verantwortlichen Unternehmer anzubringen, häufiger trugen sie diese direkt auf dem Werkzoll ein.
Nur in Didyma lässt sich die Praxis nachweisen,
Werkzollfelder auszusparen, um auch bei weiteren Bearbeitungsschritten am Block unterschiedliche Verantwortlichkeiten über einen längeren
Werkprozess hinweg zu dokumentieren. Die de-
35
zentrale Position am Block und die äußerst geringe
Ausladung dieser Felder bezeugen ihre ganz andere Funktion gegenüber den sonst üblichen und
auch in Didyma bezeugten Buckelbossen.
Dass sich noch heute so viele Buckelbossen an
antiken Bauwerken beobachten lassen, steht gegen
die ebenfalls an den hochklassischen Monumenten
Athens geschulte Lehrmeinung einer vollständigen
Überarbeitung und Glättung der Oberflächen als
letztem Arbeitsschritt am Bau. Stattdessen belegt
die Existenz der Bossen vor allem an Stützmauern
und im Sockelbereich der Bauwerke ein differenziertes ästhetisches Konzept bei der Gestaltung von
Oberflächen. Selbst an Zeugnissen der Kleinkunst
wie Bronzestatuetten zeugen Buckelbossen an
den Basen von dieser Charakterisierung des
ungeglätteten Sockels als Unterbau des eigentlichen Monuments. Die Buckelbosse in der
Wandmalerei des Zweiten pompejanischen Stils
hingegen ist stets ein besonderer Zierrat von
Architekturdarstellungen, die auch sonst mit einer
großen Fülle erlesener Ornamente und Materialien
aufwarten. Es handelt sich dabei um ein rein malerisches Motiv.
Wie am Beispiel der Buckelbossen aufzuzeigen
war, eröffnet der vertiefte Blick über ein mehr
oder weniger unbewusst ideologisch befrachtetes Handbuchwissen hinaus neue Perspektiven
nicht nur auf Buckelbossen als bautechnisches
Phänomen, sondern auch auf grundlegende ästhetische Prinzipien der griechischen Architektur.
PD Dr. Matthias Grawehr, Institut für
Altertumswissenschaften der JohannesGutenberg-Universität, 50099 Mainz,
[email protected]
36
Matthias Grawehr
Resümee. Von der Spätbronzezeit bis in die Spätantike haben Buckelbossen mannigfaltige Formen
und Funktionen. Am häufigsten wurden sie zum
Ansetzen von Hebeln gebraucht – beim Transport
oder um den Stein am Bau in seine endgültige
Position zu rücken. Demgegenüber weitaus seltener ist die Verwendung beim Anheben der Steine,
die vor allem im klassischen Athen bezeugt ist
und deswegen Eingang in zahlreiche Handbücher
gefunden hat. Gelegentlich platzierten auch
Handwerker ihre Marken auf den Bossen. Da sie
meist im Fundamentbereich vorkommen, konnten Buckelbossen auch zur typischen Markierung
von Unterbauten oder Basen im Bild dienen.
Summary.The forms and functions of knob-like
protruding bosses can be traced from the early
beginnings in the late Bronze Age down to Late
Antiquity. No single explanation for their function fits all the evidence. Instead, the use and
shape of the bosses developed over time. Bosses
for lifting remain a phenomenon limited in time
and space, and it was only the great importance
given to Athens in the Classical Period, that
made this the use foremost known to handbooks
and encyclopedias. In reality, levering remained
the prime purpose of small protruding bosses
throughout antiquity. In addition, there are specific cases, where they were used to record contractors who provided or worked the stone. And if
not removed, bosses could also become signifiers
for the structural use of a stone, i. e. as a base.
Anhang: Statuenbasen mit Buckelbossen
seit der Mitte des dritten Jahrhunderts
[2014] 784 s. v. Klerias [Κληρίας] aus Sinope
[S. Prignitz]); 327 f. Nr. 101 (vgl. Schmidt a. a. O.
243 f. Nr. I.1.38; DNO IV [2014] 564 f. Nr. 2 s. v.
Pheidon [Φείδον] von Samos [S. Kansteiner –
S. Prignitz]); 360 f. Nr. 127 (vgl. Schmidt a. a. O.
264 Nr. I.2.10); 377–379 Nr. 133 (vgl. Schmidt
a. a. O. 287 f. Nr. III.7; DNO IV [2014] 514 f.
Nr. 7 s. v. Mnasitimos [Μνασίτιμος IV] von
Rhodos [K. Hallof – S. Prignitz]); 383 f. Nr. 137
(vgl. Schmidt a. a. O. 420 f. Nr. V.18; DNO IV
[2014] 378 f. s. v. Diopeithes [Διοπείϑες] aus
Argos [S. Prignitz]); 420–422 Nr. 164 (vgl. Schmidt
a. a. O. 372 f. Nr. IV.1.128; DNO IV [2014] 505 f.
Nr. 3 s. v. Leon [Λέων] von Rhodos [K. Hallof –
S. Kansteiner – S. Prignitz]); 453 f. Nr. 188 (vgl.
Schmidt a. a. O. 396 f. Nr. IV.2.17); 502–506
Nr. 224 (vgl. Schmidt a. a. O. 377 Nr. IV.1.136);
II 2 Nr. 324 (vgl. Schmidt a. a. O. 249 f. Nr. I.1.48).
In Auswahl.
(1) Dodona siehe N. Katsikoudi, Δωδώνη. Οι
τιμητικοί ανδριάντες (Joannina 2005) 135–137
Nr. B12 Abb. 12 Taf. 5; 136 f. Nr. B16 Abb. 10.
16 Taf. 7.
(2) Delphi siehe I. Schmidt, Hellenistische
Statuenbasen, Archäologische Studien 9 (Frankfurt 1995) 228 f. Nr. I.1.11 (Bourguet, Inscriptions
[Anmerkung 84] 339 Nr. 515). –
(3) Athen siehe Schmidt a. a. O. 223 Nr. I.1.1.
(4) Olympia siehe Dittenberger – Purgold,
Olympia V (Anmerkung 83) 419 f. Nr. 295; 427 f.
Nr. 302 (vgl. Schmidt a. a. O. 253 Nr. I.1.54);
Schmidt a. a. O. 383 Nr. IV.1.145; P. C. Bol,
Großplastik aus Bronze in Olympia. OF 9 (Berlin
1978) 47. 58. 118 Nr. 200 Taf. 36–37.
(5) Messene siehe Schmidt a. a. O. 264 f. Nr.
I.2.11.
(6) Delos siehe Schmidt a. a. O. 309 f. Nr. IV.1.28;
310 Nr. IV.1.29; 318 Nr. IV.1.42; 319 Nr. IV.1.43;
386 Nr. IV.2.3; 340 Nr. IV.1.76; 342 f. Nr. IV.1.79;
343 Nr. IV.1.80 (vgl. S. Dillon – E. P. Baltes,
Honorific Practices and the Politics of Space on
Hellenistic Delos. Portrait Statue Monuments
Along the Dromos, AJA 117, 2013, 207–246, hier
228 f. Basis 7a S. 238 f. Abb. 27); 349 Nr. IV.1.90;
353 Nr. IV.1.96; 353 f. Nr. IV.1.97; 355 Nr. IV.1.99;
442 f. Nr. VII.13.
(7) Lindos siehe Blinkenberg – Kinch, Lindos
II (Anmerkung 86) 313 Nr. 89 (vgl. DNO III
Bildrechte. Abbildung 1 Philip Sapirstein, Toronto. – Abbildung 2 Archaeological Exploration
of Sardis/President and Fellows of Harvard
College. – Abbildungen 3 und 4 Zde, Wikimedia
Commons, CC BY-SA 4.0. – Abbildungen 5 und 6
nach Ohnesorg, Kroisos-Tempel Taf. 76, 1 (5) und
Taf. 49, 6 (6), jeweils mit Erlaubnis der Autorin
und des ÖAW-ÖAI. – Abbildungen 7 und 8 nach
Drioton – Lauer, Saqqarah (Anmerkung 47) Taf.
14, 1 (7) und Taf. 2 (8). – Abbildung 9 Jessica
Paga, Williamsburg. – Abbildung 14 Marta BilloImbach, Basel, CC BY-SA 4.0. – Abbildung 15
Hellenic Ministry of Culture and Sports/Ar-
Buckelbossen in der antiken Architektur
chaeological Receipts Fund, Archaeological Site
of Acropolis. – Abbildungen 17, 18, 28 und 32
D-DAI, ATH-Samos 285 (17), ATH-Olympia
475 (18), ATH-Akropolis 1121, Gabriel Welter
(28) und ATH-1969/1707, Gösta Hellner (32). –
Abbildung 19 Jay Bergesen, Flickr, CC BY 2.0. –
Abbildung 26 Sek Keung Lo, Flickr, CC BY-NC
2.0. – Abbildung 27 Livius.org, Jona Lendering. –
Abbildung 31 Damian Entwistle, Flickr, CC BYNC 2.0. – Abbildung 33 ASCSA, Agora Images,
2012.50.0441. – Das Übrige Autor, CC BY-SA 4.0
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