Academia.eduAcademia.edu

Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie

Lernskript für die Schüler*innen der 10. Klasse in Rumänien.

Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Einführung in die Psychologie Prof. D. Zoppelt 1. Einführung in die Psychologie 1.Wortherkunft „Psyche” (Altgriechisch) = Seele, Hauch, Atem. Synonyme für „Seele” sind: Gemüt, Gefühlsleben, Gedankenwelt, Innenwelt. Wortfamilie: psychisch = seelisch psychosomatisch = seelisch-körperlich; psychosomatische Erkrankungen kann man nicht nur mit Medikamenten behandeln. psychogen = psychisch verursacht (z.B. durch Stress) psychomotorisch = psychisch beeinflusste Bewegungsabläufe Psychiatrie = Richtung in der Medizin, die sich mit der Behandlung psychischer Erkrankungen beschäftigt Psychastenie = seelische Müdigkeit, Kraftlosigkeit Psychalgie = seelisch bedingter Schmerz Psychopath = ein Mensch mit einer Persönlichkeitsstörung (umganssprachlich: verrückt, abgedreht) psychedelisch = euphorischer, transartiger Gemütszustand; verändertes Bewusstsein Psychotherapie = Maßnahmen zur Behandlung und Heilung seelischer Probleme Psychanalyse = psychotherapeutische Richtung zur Heilung psychischer Störungen durch Bewusstmachung verdeckter Traumata 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Einführung in die Psychologie Prof. D. Zoppelt 2. Alltagspsychologie vs. wissenschaftliche Psychologie ALLTAGSPSYCHOLOGIE WISSENSCHAFTLICHE PSYCHOLOGIE 1. Das Verhalten der Mitmenschen wird auf bestimmte innere Vorgänge zurückgeführt (geistige oder emotionale Vorgänge), um es erklären und vorhersagen zu können 1. Beschreibt und erklärt das Erleben und Verhalten des Menschen sowie die dafür inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen. 2. Es handelt sich um eigene, subjektive Vorstellungen, die als wahr empfunden werden. 3. Die Wahrheit dieser Vorstellungen wird durch Einzelbeispiele, Autoritätsgläubigkeit oder Intuition begründet. 2. Die Beschreibungen und Erklärungen beanspruchen Allgemeingültigkeit und sind im Prinzip durch jeden überprüfbar. 3. Aussagen werden durch wissenschaftliche Methoden begründet. AUFGABE: Was ist eure Meinung zu den folgenden 2 Aussagen und wie lässt sie sich begründen? 1. Brillenträger sind intelligent. 2. Psychologen können Gedanken lesen. 3. Wissenschaftliche Methoden der Psychologie Die wissenschaftliche Psychologie benutzt Experimente, Tests und Beobachtungen des Verhaltensbeobachtungen, um die Merkmale/Probleme eines Menschen zu erfassen. 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Einführung in die Psychologie Prof. D. Zoppelt Die Beobachtung: Das Verhalten des Menschen wird systematisch beobachtet und dokumentiert Die Befragung: Die Teilnehmer*innen an der Befragung (Respondet*innen) werden zu ihren Erfahrungen in verschiedenen Lebensbereichen befragt. - im Interview findet die Befragung mündlich statt - mithilfe des Fragebogens werden schriftliche Antworten verlangt Das Experiment: Versuchsbedingungen werden systematisch variiert und miteinander verglichen, um im Voraus formulierte Hypothesen zu prüfen. Die wichtigsten Etappen eines Experimentes sind: 1) Formulierung der Fragestellung, 2) Aufstellung der Hypothesen, 3) Planung des Untersuchungsdesigns (Stichprobe, Messinstrumente, Vorgehensweise), 4) Datenerhebung, 5) Datenanalyse (erfolgt meistens anhand von statistischen Verfahren), 6) Präsentation und Diskussion der Ergebnisse. Der Test: ein Evaluationsverfahren zur Messung und Beurteilung von Leistungen oder bestimmten Persönlichkeitseigenschaften. Ein wissenschaftlicher Test ist normiert und erfüllt alle wichtigen Qualitätsstandards. 4. Gegenstand der Psychologie Die Psychologie untersucht das Erleben und Verhalten des Menschen. Das Erleben umfasst innere, nicht direkt beobachtbare Vorgänge im Menschen (z.B. Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse, Absichten, Träume, innere Bilder usw.). Das Verhalten ist die Gesamtheit aller von außen beobachtbaren Äußerungen und Handlungen (z.B. Mimik, Gestik, Körperhaltung, Reflexe, Handlungen). 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Einführung in die Psychologie Prof. D. Zoppelt Aus dem Verhalten des Menschen kann man auf sein Erleben zurückschließen. Bsp.: Er weint, also ist er traurig. Er spricht nicht mehr mit mir, also ist er böse auf mich. Sie lächelt mich an, also mag sie mich. Sie schmeichelt dem Lehrer, also will sie eine gute Note. Sie stört den Unterricht, also will sie ihre Macht ausspielen. Er hat schlechte Schulleistungen, also ....? Erleben und Verhalten des Menschen werden in der Interaktion mit der Umwelt ausgelöst, sind von der Persönlichkeit beeinflusst und haben eine organische Grundlage. PERSÖNLICHKEIT UMWELTREIZE AUSLÖSEN ORGANISMUS BEEINFLUSSEN Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse ERLEBEN UND VERHALTEN DES MENSCHEN (Psyche) ERZEUGEN Mimik, Gestik, Körperhaltung, Handlungen 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Einführung in die Psychologie Prof. D. Zoppelt 5. Anwendungsbereiche und Werkzeuge der Psychologie In diesen Bereichen wird Psychologie eingesetzt: - bei der Behandlung und Heilung psychischer Störungen und Krankheiten: Psychotherapie - bei der Festellung der Eignung für einen Beruf und bei : Arbeits- und Organisationspsychologie - bei der Polizei zur Überführung eines Straftäters: Kriminalpsychologie - im Gericht zur Feststellung der Schuldfähigkeit eines Straftäters: Gerichtspsychologie - in der Schule und bei Lernproblemen: Pädagogische Psychologie - bei Problemen in der Ehe: Eheberatung - zur Verbessurung der eigenen Lebensführung und persönlichen Entwicklung: Lebensberatung - in der sozialpädagogischen Arbeit: Drogenberatung; Beratung von Jugendlichen, Arbeitslosen, Obdachlosen. - bei der Betreuung und Begleitung von Menschen mit sonderpädagogischen Förderbedarf (Behinderung/ Sonderbegabung). Werkzeuge der Psychologie: Das Hauptinstrument der Psychologie in der Praxis ist das Gespräch. Mit Hilfe verschiedener Techniken, wie z.B. Hypnose, Entspannung, Visualisierung, verschiedene Übungen, können Psychologen positive Veränderungen beim Menschen herbeiführen. 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Einführung in die Psychologie Prof. D. Zoppelt Lest den Text, unterstreicht die Schlüsselwörter, fasst für jeden der 4 Abschnitte eine Hauptideen zusammen und stellt eine Frage zum Text. Psychologie ist die Wissenschaft von der Seele. Die Seele fühlt, denkt, will und handelt. Sei es in der germanischen Mythologie, wonach die Seelen Verstorbener sich auf dem Grund von Seen aufhalten (Seele abgeleitet aus dem urgermanischen saiwaz für „See“), sei es der mittelalterliche und auf Platon zurückgehende Dualismus von Seele und Körper, oder sei es in der christlichen Auferstehungslehre – die Seele ist das, worauf es ankommt. Sie macht das „Ich“ aus. Diese ehrwürdige, aber ja noch recht grobe Definition ist erstaunlicherweise in der zeitgenössischen Psychologie äußerst unpopulär. Wenn wir uns Grundlagentexte aus der Psychologie anschauen, so wird häufig von Verhalten gesprochen, etwas weniger von Erleben und eigentlich nicht von Wollen. Für Letzteres wird der scheinbar wissenschaftlichere Ausdruck „Motivation“ verwendet: Das Motiv soll erklären, warum jemand ein bestimmtes Verhalten zeigt. Seele ist nicht mehr modern. Sie ist auch nicht lediglich durch den entsprechenden griechischen (psychē) oder lateinischen Begriff (anima) abgelöst worden. Auch von der Psyche wird selten gesprochen, obwohl sie ja dem Fach den Namen gegeben hat. Die Psyche kommt eigentlich nur noch indirekt vor, wenn man von psychischen Erkrankungen spricht. Die gesunde Psyche ist „out“. Andererseits ist inzwischen auch klar geworden, dass sich Seelisches eben nicht auf beobachtbares Verhalten reduzieren lässt. So erklärt sich, warum es viele Autoren ganz und gar vermeiden, eine Definition von Psychologie zu geben. Damit müssten sie eine Position beziehen und würden angreifbar. Wenn sie es dennoch versuchen, vermeiden sie den Begriff „Seele“. 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt Wahrnehmung 1.    Reizaufnahme und Sinnesempfindung Definition Biologische Grundlagen Intensität und Qualität der Sinnesempfindung Definition: Wahrnehmungsprozesse sind Informationsverarbeitungsprozesse. Sie umfassen die Aufnahme von Informationen über die Sinnesorgane (Informationsgewinnung), sowie die Weiterleitung und Verarbeitung der aufgenommenen Informationen im Nervensystem (Informationsverarbeitung). Sinnesempfindungen bilden die einfachen, grundlegenden Wahrnehmungsprozesse. Sinnesempfindungen entstehen durch die Aufnahme von Informationen über die Sinnesorgane, ihre Weiterleitung über das Nervensystem und ihre einfache Verarbeitung im Gehirn (primäre Verarbeitung). Diese Informationen können aus der Umwelt stammen (z.B. von Mitmenschen, Tieren, Dingen usw.) oder aus dem Körperinneren (z.B. die Empfindung eines Schmerzes oder der Lage des Körpers im Raum). Entsprechend haben wir Umweltreize oder Körperreize, die die Empfindung auslösen. Biologische Grundlagen: Zwei biologische Systeme bilden die organische Grundlage der Wahrnehmung (machen sie möglich): 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt 1. das Sinnesorgan (an der Peripherie) 2. das Nervensystem (Nervenbahnen und Verarbeitungsareale im Gehirn) Die Sinnesorgane sind speziell ausgestattete Bereiche des Organismus, die der Aufnahme von Informationen über unsere Umwelt und aus dem Körperinneren dienen. Dies geschieht über sogenannte Rezeptoren. Ihre Funktion besteht in der Umwandlung von physikalischen Reizen in elektrische Impulse, die dann im Nervensystem, über afferente (zuführende) Nervenbahnen, zum Gehirn weitergeleitet werden. Die Sinnesempfindung entsteht im Gehirn; dort gibt es spezialisierte Verarbeitungsareale für jeden Sinn. Jedes Sinnesorgan ist auf bestimmte Reize spezialisiert und reagiert nur auf diese: Sinnesempfindung      Sehen Hören Geschmack Geruch Tasten/Temperatur  Gleichgewicht  Schmerz  Propriozeptiver Sinn Physikalischer Reiz Sinnesorgan (Rezeptoren) Lichtwellen Schallwellen Moleküle in Lösung Moleküle im Gas Auge (Retina) Innenohr (Cochlea/Schnecke) Mund (Geschmacksknospen) Nase (Riechepithel) Nervenendigungen in der Haut Berührung, Druck, Vibration, Temperatur Schwerkraft, Beschleunigung, Kopfrotation Gewalt, Reizung, Entzündung Dehnung in Muskel, Sehnen, Gelenke Innenohr (Labyrinth) Nervenendigungen (Haut und intern) Nervenendigungen in Muskeln und Sehnen 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt Intensität und Qualität der Sinnesempfindungen Die Intensität der Empfindung beschreibt die Stärke der Empfindung und hängt von der Reizstärke ab. Ein Reiz muss seine gewisse Intensität aufweisen, um eine Sinnesempfindung auszulösen. Die Qualität der Empfindung beschreibt die Art der Sinnesempfindung (Sinnesmodalität): auditiv, visuell, taktil, olfaktiv oder gustativ. Aufgaben:  Kann ich Geräusche mit dem Mund aufnehmen? Kann ich Farben riechen oder über die Haut wahrnehmen?  Gibt es bei Tieren andere Sinnesorgane, die wir Menschen nicht haben? Können Tiere besser wahrnehmen als wir?  Kann ich so viele Farben wie ein Maler wahrnehmen? Kann ich so viele Gerüche, wie ein Parfümeur unterscheiden?  Welches ist das wichtigste Sinnesorgan beim Menschen?  Ein Geräusch (z.B. das Tropfen eines Wasserhahns, Uhrenticken) stört einen nicht so sehr wenn man sich über Tag mal hinlegt, um zu schlafen, als wenn es dunkel ist. Warum? 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt 3. Wahrnehmungen  Abgrenzung von Empfindung  Wahrnehmung - Definition Abgrenzung von Empfindung Die Empfindung ist die Folge der Einwirkung eines Reizes auf ein Sinnesorgan. Die Informationen werden einzeln (modalitätsspezifisch) im Nervensystem weitergeleitet und in ganz bestimmten, umschriebenen Hirnarealen verarbeitet. Dabei werden einzelne Aspekte der wahrgenommenen Wirklichkeit getrennt verarbeitet, wie z.B. Farbe, Form, Ton, Geschmack, Geruch, Bewegungsrichtung. Definition der Wahrnehmung Die Wahrnehmung ist ein psychischer Informationsverarbeitungsprozess, in dem verschiedene Sinnesempfindungen miteinander verknüpft werden, um einen subjektiv sinnvollen Gesamteindruck entstehen zu lassen. Es entsteht so ein inneres Gesamtbild der wahrgenommenen Reize. Bsp. mit dem Apfel: Über die Sinnesorgane nehmen wir beim Betrachten, Anfassen und Hineinbeißen des Apfels verschiedene Informationen auf: Form, Farbe, Gewicht, Oberflächentextur, Geschmack, Geruch. Diese werden zum Gehirn weitergeleitet und dort zunächst einzeln (spezifisch) verarbeitet und dann miteinander verknüpft, um ein ganzheitliches Bild des Apfels in unserem Kopf entstehen zu lassen. Das Ergebnis unserer Wahrnehmung (auch Perzept genannt) stellt eine relativ treue Abblidung der tatsächlich wahrgenommenen Wirklichkeit dar. 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt WAHRNEHMUNG DAS GEHIRN: ORDNET, INTEGRIERT, VERGLEICHT FARBE FORM BERÜHRUNG GESCHMACK GERUCH GEWICHT ICH NEHME EINEN APFEL IN DIE HAND UND BEISSE EIN STÜCK DAVON 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt Die Wahrnehmung kommt zustande:  durch die Sinneseindrücke und ihre Verknüpfung im Gehirn (einzelne Sinneseindrücke werden zu einem einheitlichen Bild zusammengefasst) – BOTTOM-UP-Verarbeitung  durch ihre Wiedererkennung aufgrund von Erfahrung - um einen Reiz zu erkennen, in seiner Bedeutung zu erfassen, müssen die Reizinformationen von den Sinnesorganen mit den im Gehirn gespeicherten Informationen verglichen und in Übereinstimmung gebracht werden –TOP-DOWN-Verarbeitung Organisation der Wahrnehmung Unsere Wahrnehmung funktioniert nicht einfach so, als öffneten wir einen Rollladen und ließen ein Bild herein, das sich dann auf unserem Gehirn abbildet. Unsere Erwartungen und früheren Erfahrungen strukturieren und organisieren unsere Wahrnehmung (top down Prozesse). Das Gehirn verarbeitet die Sinnesempfindungen, um ein bedeutungsvolles Bild der wahrgenommenen Wirklichkeit entstehen zu lassen. Organisationsgesetze der Wahrnehmung sind:  Das Figur-Grund-Prinzip: bei jedem Wahrnehmungsprozess wird das Wahrgenommene so organisiert, dass sich ein oder mehrere Objekte (Figuren) vom restlichen Hintergrund abheben. Indem man eine Figur von ihrem Hintergrund abgrenzt, erkennt man sie.  Das Prinzip der guten Gestalt: Unsere Wahrnehmung bevorzugt Gestalten (Figuren), die prägnante Merkmale aufweisen. Die einfachste, stabilste und beste Gestalt setzt sich durch. o Das Gesetz der Ähnlichkeit: Ähnliche Reize werden als zusammengehörig wahrgenommen. o Das Gesetz der Nähe: Reize die nahe beieinander liegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen. 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt o Das Gesetz der Geschlossenheit: Unvollendete Reize werden als vollendet wahrgenommen. o Das Gesetz der Kontinuität: Reize, die eine Kontinuität aufweisen, werden als zusammengehörig, wahrgenommen. o Das Gesetz der gemeinsamen Bewegung: Reize, die sich in dieselbe Richtung bewegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen. Konstanzphänomene entwickeln sich beim Menschen aufgrund von Erfahrungen und ermöglichen unveränderte, gleichbleibende Wahrnehmungen trotz unterschiedlicher Gegebenheiten:  Größenkonstanz: Objekte werden trotz unterschiedlicher Entfernungen als gleich groß wahrgenommen  Formkonstanz: Objekte werden trotz unterschiedlicher Perspektiven in ihrer Form als gleich wahrgenommen.  Farbkonstanz: Objekte werden trotz unterschiedlicher Beleuchtung in ihrer Farbe als gleich wahrgenommen. Formen der Wahrnehmung Nach der dominaten Sinnesmodalität unterscheidet man: - visuelle, auditive, taktile, gustative, olfaktive und körperinterne Wahrnehmungen Im sozialen Bereich unterscheidet man: - Personenwahrnehmung und Selbstwahrnehmung Personenwahrnehmung: die Wahrnehmung und Bewertung (Interpretation) anderer Personen Selbstwahrnehmung: die Wahrnehmung und Bewertung (Interpretation) der eigenen Person 7 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung 4.    Prof. D. Zoppelt Repräsentationen: Defintion Merkmale Funktionen Definition Repräsentationen sind innere schematische Bilder (Vorstellungsbilder), die Informationen aus der Wahrnehmung in abstrakter, generalisierter Form enthalten. Beispiele: das innere Bild eines Apfels oder einer Tanne. Repräsentationen entstehen dadurch, dass Wahrnehmungen im Gehirn symbolhaft weiterverarbeitet und gespeichert werden. Sie sind die höchste Verarbeitungsstufe der Wahrnehmung und werden auch Konstrukte oder Schemata genannt. Die Güte einer Repräsentation ist abhängig von der Qualität und Häufigkeit der Wahrnehmung: Je häufiger und genauer wir ein Objekt wahrnehmen, desto qualitativ hochwertiger das innere Bild des Objektes. In der psychischen Entwicklung des Kindes: - mit drei Monaten kann das Kind einzelne Sinnesempfindungen zu Gesamtbilder verknüpfen (es entstehen Wahrnehmungen) - mit elf Monaten erst kann ein Kind inner Repräsentationen der äußeren Gegenstände entwickeln: Es erkennt Gegenstände auch wenn sie leicht verändert sind oder sucht nach einem Gegenstand, wenn dieser versteckt wurde. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die Sprachentwicklung! 8 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Kognitive Prozesse: Die Wahrnehmung Prof. D. Zoppelt Merkmale der Repräsentationen In der Repräsentation wird die Wirklichkeit rekonstruiert, indem man: - nur die wichtigsten Merkmale eines Gegenstandes darstellt (Selektion) - den Gegenstand allgemein, vereinfact abbildet (Schematisierung) - den Gegenstand unabhängig von der perspektive der Betrachtung darstellt (Panoramik) - nur konkrete Merkmale des Gegenstandes dargestellt werden, wie z.B. Farbe, Form, Größe (Konkret) Funktion der Repräsentationen = die mentale, innere Darstellung von Wahrnehmungsgegenständen. - wichtige Voraussetzung für die Sprachentwicklung: jedes neue Wort wird mit einem inneren Bild assoziiert - Grundlage für Denkprozesse: abstrakte Begriffe entstehen auf der Basis von Repräsentationen - Basismaterial für imaginative Prozesse - Handlungssteuerung: indem wir innere Bilder abrufen, können wir die Ziele für unsere Handlungen visualisieren; dies motiviert und steuert unser Verhalten. 9 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Repräsentationen  Defintion  Merkmale  Funktionen Definition Repräsentationen sind innere schematische Bilder (Vorstellungsbilder), die Informationen aus der Wahrnehmung in abstrakter, generalisierter Form enthalten. Beispiele: das innere Bild eines Apfels oder einer Tanne. Repräsentationen entstehen dadurch, dass Wahrnehmungen im Gehirn symbolhaft weiterverarbeitet und gespeichert werden. Sie sind die höchste Verarbeitungsstufe der Wahrnehmung und werden auch Konstrukte oder Schemata genannt. Die Güte einer Repräsentation ist abhängig von der Qualität und Häufigkeit der Wahrnehmung: Je häufiger und genauer wir ein Objekt wahrnehmen, desto qualitativ hochwertiger das innere Bild des Objektes. In der psychischen Entwicklung des Kindes: - mit drei Monaten kann das Kind einzelne Sinnesempfindungen zu Gesamtbilder verknüpfen (es entstehen Wahrnehmungen) - mit elf Monaten erst kann ein Kind inner Repräsentationen der äußeren Gegenstände entwickeln: Es erkennt Gegenstände auch wenn sie leicht verändert sind oder sucht nach einem Gegenstand, wenn dieser versteckt wurde. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die Sprachentwicklung! 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Merkmale der Repräsentationen In der Repräsentation wird die Wirklichkeit rekonstruiert, indem man: - nur die wichtigsten Merkmale eines Gegenstandes darstellt (Selektion) - den Gegenstand allgemein, vereinfact abbildet (Schematisierung) - den Gegenstand unabhängig von der perspektive der Betrachtung darstellt (Panoramik) - nur konkrete Merkmale des Gegenstandes dargestellt werden, wie z.B. Farbe, Form, Größe (Konkret) Funktion der Repräsentationen = die mentale, innere Darstellung von Wahrnehmungsgegenständen. - wichtige Voraussetzung für die Sprachentwicklung: jedes neue Wort wird mit einem inneren Bild assoziiert - Grundlage für Denkprozesse: abstrakte Begriffe entstehen auf der Basis von Repräsentationen - Basismaterial für imaginative Prozesse - Handlungssteuerung: indem wir innere Bilder abrufen, können wir die Ziele für unsere Handlungen visualisieren; dies motiviert und steuert unser Verhalten. 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt Höhere kognitive Funktionen Das Denken 1. Definition: Das Denken ist ein höherer kognitiver Prozess, in dem Informationen aus der Wahrnehmung weiterverarbeitet werden, um eine Situation zu verstehen, ein Problem zu lösen oder neue Informationen zu erzeugen. Endprodukte) des Denkens sind: Urteile, Bewertungen/Entscheidungen, Problemlösungen, Ideen, Begriffe/Konzepte. Beim Denken werden Informationen in den höheren Etagen des Gehirns verarbeitet. Es ist eine komplexe, tiefe Art der Informationsverarbeitung. Das Denken kann zeitlich in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft ablaufen. Das Denken unterliegt mehr oder minder der bewussten Kontrolle; man kann zwischen:  einem schnellen (automatisiertes, intuitives, unbewusstes) Denken und  einem langsamen (mühsamen, konzentrierten) Denken unterscheiden. 2. Merkmale des Denkens: - beruht auf Intelligenz - wird durch die Sprache vermittelt; Denken und Sprache sind eng miteinander verwoben. 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt - ist abstrakt (operiert mit Verallgemeinerungen welche die Wesensmerkmale der Wirklichkeit erfassen: Repräsentationen, Konzepte) - ist formal (geschieht nach Gesetzen, Regeln, logischen Prinzipien, die allgemeingültig sind) - ist zweckgerichtet (dient der Erklärung, Vorhersage und dem Verstehen der Wirklichkeit, für eine bessere Anpassung an die Umwelt). 3. Mentale Operationen = innere Handlungen, die wir beim Denken ausführen = kognitive Instrumente, die wir beim Denken benutzen = diese wurden im Laufe der Entwicklung durch Lern- und Übungsprozessen erworben und verfeinert. Der Mensch verfügt über ein breites Spektrum von mentalen Operationen, wie z.B.:  Analyse und Synthese o Analyse: Das Objekt/der Vorgang wird in seine Bestandteile zerlegt, die dann geordnet, untersucht und ausgewertet werden. o Synthese: Einzelne Bestandteile werden zu einer Einheit verknüpft; es entstehen neue Assoziationen  Vergleiche o Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede werden erkannt; wichtige Operation bei Klassifizierungen/Kategorisierungen und H  Abstrahierung (Verallgemeinerung) 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt o Stabile Wesensmerkmale werden erfasst und zu einer Kategorie von Objekten/Vorgängen zugeordnet (Sinnesempfindungen spielen hier keine Rolle mehr) o Wahrnehmungskonstrukte werden auf einer höheren Ebene verarbeitet. o Regeln werden benutzt um Sachverhalte zu analysieren und zu erklären o Wissen wird übertragen  Induktion und Deduktion o Induktion:. Eine induktive Ableitung ist die Schlussfolgerung von Einzelfällen/Einzelerkenntnissen zu allgemeinen Theorien. o Deduktion: Als deduktive Ableitung wird die Schlussfolgerung von einer allgemeinen Theorie zu speziellen Einzelerkenntnissen bezeichnet. (vom Allgemeinen auf das Einzelne)  Analogien o Die Merkmale einer bekannten Situation werden gewählt, um eine unbekannte/neue Situation zu verstehen/erfassen (Bsp. Die psychischen Prozesse sind wie einzelne Abzteilungen einer Fabrik). Aufgabe 1: Löse die Aufgaben und überlege, welche mentale Operationen du dabei durchgeführt hast. 1. Papa hat fünf Töchter: Lolo, Lala, Lili, Lele und ........... 2. Alle Brukenthal-Schüler sind deutschsprachig. Maria ist eine Brukenthal-Schülerin. Maria ist ................. . 3. Was haben eine Fliege und einen Baum gemeinsam? Ein Krokodil unde ein Rennwagen? 4. Sokrate ist ein Mensch. Sokrates ist sterblich. Menschen sind ...................... 5. Wenn man Heroin nimmt, dann ist man dogenabhängig. Anda nimmt Heroin. Andra .................................... 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt 6. Gold verhält sich zu Metall, wie Weizen zu:  Müsli, Bauer, Brot, Getreide, Kleie. Aufgabe 2: Beantworte die folgenden Fragen: 1. Abstraktes Denken braucht Sprache. Warum? 2. In einer Werbung werden die Vorteile einer Produktserie wie folgt dargestellt: Alle unseren Autos sind aerodynamisch, fahrsicher und zeichnen sich durch ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis aus. Ist das eine Analyse oder eine Synthese? 3. Das Veranschaulichungsprinzip fördert das induktive oder das deduktive Denken? Warum? 4. Welche Denkoperationen werden beim Spielen mit Lego-Bausteinen gefördert? 5. Ist die Theorie der globalen Erwärmung deduktiv oder induktiv entsanden? 6. Gib zwei Beispiele von Lehrhandlungen, die zwei verschiedene Denkoperationen beanspruchen. 4. Funktionen des Denkens Die Funktionen des Denkens sind: die Problemlösung, die Begriffsbildung und das Verstehen. PROBLEMLÖSUNG Denken wird oft durch ein Problem ausgelöst. Was definiert ein Problem? a) Ein Ausgangspunkt = eine Situation (IST-ZUSTAND), die in eine angestrebte Zielsituation (SOLLZUSTAND) überführt werden soll. 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt b) Eine Barriere (ein Hindernis), die die Überführung der Ausgangssituation in die Zielsituation verhindert c) Die Durchführung von Problemlösehandlungen um die Barriere zu überwinden und das Problem zu lösen. Etappen der Problemlösung (resolutiver Prozess): 1. Problemstellung/Zielsetzung/Ideenfindung: Bei der Konfrontation mit einem Problem muss man damit anfangen, dass man dieses Problem mental verarbeitet und repräsentiert: a. welche sind die Daten des Problems, b. über welches Wissen zum Problem verfüge ich, c. welche Mittel und Strategien habe ich, um das Problem zu lösen, d. wie könnte ich das Problem lösen 2. Strategieauswahl/Umsetzung: Für die Problemlösung wird eine Lösungsstrategie ausgewählt, die dann umgesetzt wird. Ist diese Strategie erfolgreich, so führt sie zur Lösung des Problems, scheitert sie, so geht man zur ertsen Etappe der Problemlösung zurück und wiederholt den ganzen Prozess. Problemlösestrategien: J.P.Guilford unterscheidet beim Problemlösen zwei verschiedene Strategien: a) Das konvergierende (alghorhythmische) Denken a. Erfolgt unter Anwendung bestimmter Regeln und Gesetzen, die man bereits kennt und gelernt hat b. Herausfinden einer einzig richtigen Lösung c. Beansprucht ein klar formuliertes Problem mit nur einer Lösung Bsp.: Matheaufgaben 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt b) Das divergierende (heuristische) Denken a. Flexibles, kreatives, schöpferisches Denken b. Produzieren von verschiedenen (neuen) Lösungen/Ideen c. Geht von einem meist nicht klaren Problem aus, deren Anforderungen ungenau sind und einen hypothetischen Charakter haben (Was wäre wenn .....) Bsp. Erfindungen Faktoren, die die Problemlösung beeinflussen sind:  Zeitdruck  Neuigkeit des Problems  Schwierigkeit des Problems  Klarheit der Problemformulierung  Umweltfaktoren (Ambiente, Lärm...)  Emotionale Spannung  Leistungsmotivation  Körperlicher Zustand (Müdigkeit, Tagerhzthmus...) 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt BEGRIFFSBILDUNG Eine wichtige Funktion des Denkens besteht in der Bildung von Begriffen. Begriff = Bennenung, Bezeichnung, Notion, Konzept = Gesamtheit wesentlicher Merkmale von etwas (geistiger, abstrakter Gehalt) Definition: Die Begriffsbildung ist ein aktiver, kognitiver Prozess, in dem die Wirklichkeit mental strukturiert, geordnet und repräsentiert wird. Der Begriff ist die mentale Repräsentation einer Kategorie von Entitäten (Objekten, Vorgängen). Etappen der Begriffsbildung:  Aufnahme der Information aus der Wirklichkeit: Merkmale eines Objektes werden erfasst  Mentale Verarbeitung: Vergleich, Synthese, Abstrahierung  Festlegung und Speicherung der Wesensmerkmale in Form einer mentalen Repräsentation Wie entstehen Begriffe? Begriffe entstehen durch Kategorisierung:  Nach den Wesensmerkmalen (kritischen Attributen) 7 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt o Kontextuelle Kategorisierung: Gemeinsamkeiten/Unterschiede werden für konkrete Merkmale erfasst (in der Wirklichkeit so wahrnehmbar); der Begriff wird wahrnehmungsgemäß definiert. o Formelle Kategorisierung: abstrakt; das Ergebnis der Abstahierung der Wesensmerkmale aller Objekte einer Kategorie; ein Wort steht als Etikett für den Begriff. z.B. Was haben gemeinsam Hund und Katze? Was haben einen Pfirsich und einen Apfel zusammen? o Kontextuelle Kategorisierung: beide haben vier Beine, der Hund jagt die Katze, beide sind süß, man kann sie beide essen o Formelle (abstrakte) Kategorisierung: beide sind Tiere, beide sind Früchte  Nach PROTOTYPEN als ideale Vertreter einer Kategorie, als typische Einzelbeispiele für eine Kategorie (z.B. Spatz oder Adler für den Begriff Vogel; neue Entwicklungen in der Auto- oder Roboterindustrie) Verstehen Verstehen bedeutet die Bedeutung eines Sachverhaltes, eines Begriffes innehaben. Ein besseres Verstehen erfolgt auf zwei Wege: a) durch schrittweise Ansammlung von neuem Wissen (von Einzelbeispielen zu einer zunehmenden Integration des Wissens in allgemeine, abstrakte Strukturen) b) durch Aneignung von Erklärungsmodellen der Wirklichkeit als Folge von Unterricht und Erziehung (jemand erklärt dir mit Hilfe eines allgemeinen Gesetzes, warum eine Sache so funktioniert) 8 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Denken Prof. D. Zoppelt Mechanismen des Verstehens sind:  Die kognitive Umstrukturierung: ein innerer Vorgang in welchem zunächst zusammenhanglose Elemente einer Situation zueinander in Beziehung gesetzt werden. Wird eine solche Beziehung erkannt, spricht mann von Einsicht. Beispiel: Ein Kind will seinen Teddy haben, der ganz oben im Regal steht, doch es kann ihn nicht erreichen. Im Zimmer steht u.a. ein Stuhl und in der Ecke liegt ein Stock. Zunächst wird das Kind verschiedene Anstrengungen unternehmen, um an den Teddy heranzukommen, und irgendwann entdeckt es, dass es mit dem Stuhl, indem es auf diesen hinaufsteigt, und mit dem Stock den Teddy vom Regal herunterholen kann. Es strukturiert die Situation um und setzt den Stuhl, den länglichen Gegenstand und den Teddy zueinander in Beziehung.  Assoziative Mechanismen: Gespeichertes und aktuelles Wissen werden miteinander verknüpft. Ähnliches, Kontrastreiches und Gleichzeitiges wird assoziiert im Denken.  Die Analogie: Neue Sachverhalte werden mit familiären, uns bekannten Sachverhalten verglichen, um verstanden zu werden. Beispiel: Das menschliche Gedächtnis mit einer Bibliothek, die menschliche Psyche mit einer Fabrik. 9 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Höhere kognitive Funktionen: Das Vorstellungsvermögen (die Imagination) 1. Definition: = komplexer kognitiver Prozess, in dem innere Bilder (Repräsentationen) von Objekten, Vorgängen, Personen ins Bewusstsein gefördert und geistig manipuliert werden. Dabei stehen kombinatorische und transformative mentale Operationen im Vordergrund Das Vorstellungsvermögen beansprucht die Beteiligung anderer kognitiver und affektiver Prozesse:  Das Gedächtnis (es werden Inhalte aus dem Gedächtnis verarbeitet)  Das Denken (mentale Operationen sind bei der Steuerung imaginativer Prozesse beteiligt)  Die Sprache (steuert den Abruf der Inhalte aus dem Gedächtnis, ermöglicht die Formulierung von Ideen)  Emotionen und Motivation (aktivieren und steuern die imaginative Kraft, ermöglichen die Empathie als wichtige Grundlage schöpferischer Tätigkeit) 2. Merkmale: 1. Die Informationsverarbeitung besteht in der Kombination und Umwandlung unterschiedlicher kognitiver Inhalte. Informationen werden:  auseinandergenommen oder zusammengefügt,  verstärkt oder abgeschwächt,  ineinander verschmolzen,  schematisiert,  vervielfältigt oder ausgelassen. 2. Überwindet die Grenzen des Unbewusstseins und nutzt dessen schöpferische Potenzial aus. 3. Durch die kombinative Infoverarbeitung entsteht Originelles, Neues, Einzigartiges. 4. Ist emotional und motivational untermauert und reflektiert die eigene Persönlichkeit. 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie 3. Formen:  ABSICHTLICH: mentale Bilder werden willentlich und aktiv ins Bewusstsein gefördert und unter Bewusstseinskontrolle manipuliert o Das reproduktive Vorstellungsvermögen: bildet das Wahrgenommene ab (z.B. wenn man die Augen abschliesst und sich das Rathaus von Hermannstadt vorstellt oder das Meer im Sommer) o Das schöpferische Vorstellungsvermögen: an kreativen Prozessen beteiligt (z.B. die Entstehung eines Kunstwerkes (Malerei, Literatur, Architektur usw.), wissenschaftliche und technische Entdeckungen.  UNABSICHTLICH: mentale Bilder entstehen durch eine unbewusste Eigendynamik und drängen sich unkontrolliert ins Bewusstsein auf; sind mit einem starken emotionalen Erleben assoziiert. o Träumen: mentale Aktivität während der REM-Phasen des Schlafens, besteht in einer mehr oder weniger logischen Anreihung von unbewussten Bildern mit symbolischen Charakter o Deja vu-Prozesse o Tagesträumen (Phantasieren): Phantasievorstellungen, die im wachen Zustand erlebt werden.  ANTIZIPATIV: Mit Hilfe der Imagination wird die Zukunft visualisiert. Lesetipp: Siehe die Werke von Carl Gustav Jung zur Traumdeutung und Archetypen. 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt Höhere kognitive Prozesse: Das Gedächtnis  Definition  Merkmale  Formen Definition des Gedächtnisses Das Gedächtnis ist die Fähigkeit des Organismus, Informationen zu speichern, zu behalten und abzurufen. Das Produkt des Gedächtnisses ist die Erinnerung = eine gespeicherte Information, die gewollt oder ungewollt in das Bewusstsein tritt 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt GEDÄCHTNIS Informationen speichern Informationen behalten Informationen abrufen WIEDERGEBEN WIEDERERKENNEN Merkmale des Gedächtnisses:  Assoziativ: Bei der Speicherung werden neue Informationen mit bereits gespeicherten Infos verknüpft. Das Gedächtnis arbeitet mit Assoziationen!  Elaborativ (verständlich): eine logische Verarbeitung der Information hinterlässt tiefe Gedächtnisspuren. Wird bei der Speicherung die Information im Denken verarbeitet, so wird diese Information besser gespeichert, länger behalten und ist schneller abrufbar.  Aktiv/strukturiert: Beansprucht Aufmerksamkeit und Konzentration um die Information zu verarbeiten, logisch zu gliedern und strukturieren, umzuorganisieren. 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt  Wiederholungsbedingt: Die mehrmalige Darbietung einer Information ist für die Speicherung notwendig; je mehr man wiederholt, desto besser ist die Gedächtnisleistung.  Relativ zuverlässig: widerspiegelt die wahrgenommen Wirklichkeit  Selektiv: widerspiegelt nur Teile der Wirklichkeit  Strategisch: funktioniert besser, wenn die Information mit Hilfe von bestimmten Verfahren (Mnemotechniken) gespeichert wird, wie z.B. Visualisierungen (verbal mit bildlich verbinden), Schlüsselwörter unterstreichen, Mindmaps erstellen, Tabellen, Lernkarteien, farbliche Markierungen usw. Neurobilogische Grundlagen: Die Speicherung im LZG hat als neuronale Basis die Entstehung stabiler, häufig benutzter Verbindungen zwischen den Nervenzellen (analog eines Pfades, das durch häufige Benutzung zu einem Bürgersteig wird und später sogar zu einer Autobahn. Wenn man über „Autobahne” im Gehirn verfügt, kann man schnell und zuverlässig an die gespeicherten Informationen im LZG drankommen. Autobahne entstehen durch den häufigen Gebrauch von neuronalen Netzen im Gehirn, durch vertiefte Verarbeitung und Wiederholung der Informationen. Gedächtnisformen 1. Nach Art der Wahrnehmung:  Visuelles Gedächtnis  Auditives Gedächtnis  Taktiles Gedächtnis  Gustatives Gedächtnis 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt  Olfaktives Gedächtnis 2. Nach Haltedauer: o DAS KURZZEITGEDÄCHTNIS: kurzfristige Aufrechterhaltung einer begrenzten Menge von Informationen (7 Einheiten, z.B. sieben Ziffer) durch aktive Wiederholung (inneres Sprechen oder visuelle Vorstellung)  Ermöglicht den Übergang der Informationen in und aus dem Langzeitgedächtnis (Speicherung und Abruf)  Bsp: Telefonnummer im Kopf halten, Kopfrechnen, einen langen Satz lesen o DAS LANGZEITGEDÄCHTNIS: langfristige Speicherung einer unbegrenzten Menge von Informationen, die unbewusst bleiben, bis sie wieder abgerufen werden 2. Nach Inhalt: 2.1. Deklaratives (explizites) Gedächtnis:  Semantisches Gedächtnis: erworbenes Wissen, Kenntnisse, Begriffe  Episodisches Gedächtnis: persönliche Erinnerungen (autobiographisches Gedächtnis) 2.2. Prozedurales (implizites) Gedächtnis: Fertigkeiten, die im Verhalten beobachtbar sind (Gedächtnis für Bewegungsabläufe, z.B. Fahrrad fahren, Klavier spielen, klettern, häckeln, kochen) 4. Nach Art der Speicherung: 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt  Beabsichtigte Speicherung: man hat ein Ziel (man will lernen), man verarbeitet bewusst die Information, man wiederholt  Unbeabsichtigte Speicherung: die Speicherung findet beiläufig statt, ohne sich extra dafür anstrengen zu müssen  Logische Speicherung: die Information wird im Denken verarbeitet  Mechanische Speicherung: die Information wird auswendig gelernt, ohne sie verstanden zu haben. 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt Behalten und Vergessen  Faktoren, die das Behalten fördern  Mechanismen des Vergessens BEHALTEN bedeutet, dass man eine im KZG verarbeitete Information im LZG gespeichert hat und sie bei Bedarf abrufen kann. VERGESSEN bedeutet, dass eine Information nicht mehr aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Es stellt eine Fehlleistung des Gedächtnisses dar. Faktoren die das Behalten fördern 1. Position: Die ersten und die letzten Informationen werden am besten erinnert. Für das Lernen bedeutet dies, wichtigen Lernstoff zu Beginn oder am Ende einer Lernphase lernen. 2. Übung und Wiederholung: Es können nur die Informationen langfristig behalten werden, die in bestimmten Zeitabständen immer wieder geübt und wiederholt werden. Dabei sollte sich man mit der Information gründlich und aktiv auseinandersetzen. 3. Langfristiges Lernen: Um die Informationen zu behalten sollte man nicht alles auf einmal lernen, sondern den Stoff auf mehrere Tage/Wochen verteilen. 4. Einsicht und Strukturierung: Informationen die gut organisiert und gegliedert/unterstrichen/farbig markiert sind, und die man gut verstehen kann werden leichter behalten. 5. Veranschaulichung: Anschaulich dargebotene (konkrete) Informationen werden besser behalten als abstrakte. 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt 6. Emotionen: Emotional gefärbte Informationen werden besser behalten als neutrale Informationen, angenehme besser als unangenehme Informationen. 7. Art der Informationsaufnahme: Am wenigsten behält man das, was man nur gelesen hat, besser das, was man gelesen und gehört hat, am meisten behält man das, was man selber gemacht hat. 8. Tagesrhythmus, gute körperliche und seelische Verfassung: Die eigene Gesundheit, das Wohlbefinden und der Tagesrhythmus haben eine starke Auswirkung auf das Behalten. 9. Motivation: Informationen an denen man interessiert ist und die vom Lernenden gebraucht werden, werden länger und leichter behalten. 10. Ruhige Arbeitsumgebung: Eine ruhige, entspannte, helle und störfreie Umgebung fördert die Konzentration und das Behalten. Mechanismen des Vergessens Findet Vergessen statt, so ist die Gedächtnisleistung gehemmt. Man unterscheidet verschiedene Arten von Gedächtnishemmungen:  Proaktive Hemmung: Das was man zuvor gelernt hat, stört die unmittelbare Speicherung weiterer Informationen Bsp: Wenn man Englisch gelernt hat und sofort darauf Mathe lernt, so wirkt sich die Erinnerung an Englisch negativ auf das Mathelernen aus.  Retroaktive Hemmung: Das was man danach gelernt hat, stört die Erinnerung an das, was man unmittelbar davor gelernt hat. Bsp: Wenn man gerade Englisch gelernt hat und sofort darauf Mathe lernt, kann sich das Lernen von Mathe negativ auf das Behalten von Englisch auswirken. 7 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Das Gedächtnis Prof. D. Zoppelt  Ähnlichkeitshemmung: Lernt man etwas, was ganz ähnlich ist zu dem was man unmittelbar davor gelernt hat, so vermischen sich die beiden Informationen und können Behalten blockieren. Bsp: Lernt man zuerst Italienisch und sofort darauf Spanisch, so vermischen sich diese beiden Lerninhalte und das Behalten wird dadurch erschwert.  Erinnerungshemmung: Neu gelernte Informationen stören den Abruf bereits gespeicherten Wissens. Bsp: Hat man gerade die didaktischen Prinzipien gelernt und will sich kurz vor der Semesterarbeit noch die didaktischen Modelle merken, so kann es sein, dass man sich bei der Semesterarbeit nicht mehr genau an die didaktischen Prizipien erinnert.  Gleichzeitigkeitshemmung: Mehrere gleichzeitige Aktivitäten stören die Speicherung neuer Informationen. Bsp: Chatet man auf Facebook und hört auch noch laute Musik dazu, während man Englisch-Wörter lernen will, so kann man sich diese Wörter nicht so gut merken, als wenn man voll konzentriert ist.  Affektive Hemmung: Starke Gefühle, wie z.B. Angst, Freude, Eifersucht können das Gedächtnis blockieren, deshalb ist es wichtig frei von starken Emotionen zu lernen. Bsp: Starke Prüfungsangst kann jedes Erinnern unmöglich machen. Traurigkeit/Eifersucht nach einer gescheiterten Liebesbeziehung erschweren deutlich die Konzentration und die Speicherung neuer Inhalte. Aufgabe: Nachdem du alle Gedächtnishemmungen aufmerksam gelesen hast, überlege für jede Hemmung, wie man diese vermeiden kann. 8 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Antriebsprozesse: Die Emotionen 1. Definition 2. Merkmale 3. Funktion 1. Definition: Antrieb = Schwung, Bewegung, Motor Psychische Antriebsprozesse = Vorgänge im Körper, die das Erleben und Verhalten des Menschen aktivieren, in Bewegung setzen und in eine bestimmte Richtung steuern. Die Emotionen und die Motivation sind psychische Antriebsprozesse. Emotionen = innere Erregungszustände, die sich immer auf ein Ereignis (in der Realität oder in der Vorstellung/Erinnerung) beziehen und mit folgenden 3 Komponenten einhergehen: o körperliche Veränderungen (im Körperinneren und im Verhalten):  Körperinnere: Muskelspannung, Verkrampfung, Erweiterung, Verengung der Pupillen, Schweißausbruch, Zittern, Erröten, schnelle Atmung, erhöhte Herzfrequenz  Verhalten: spezifische, unbewusste Mimik, Gestik und Körperhaltung (manche sind angeboren und kulturunabhängig) o ein subjektives Empfinden (Freude wird innerlich anders als Angst erlebt) o Gedanken, Beurteilungen und Interpretationen (z.B. „Ich befinde mich in Gefahr”) Basale Emotionen sind: Freude, Trauer, Wut, Angst, Überraschung, Ekel, . 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Die Emotionen entstehen durch die Interaktion der drei Komponenten (körperliche Veränderungen, subjetives Empfinden und Verhaltensänderungen), die sich gegenseitig beeinflussen. Eine Veränderung bei einer Komponente geht mit Veränderungen der anderen Komponenten einher:  Wir können durch eine frohe Mimik das Empfinden von Trauer abschwächen bzw. Das Empfinden von Freude verstärken.  Die Wahrnehmung von körperlichen Veränderungen kann unser subjektives Empfinden verstärken: Das starke Zittern und die Errötung kann meine erlebte Angst bei der Präsentation eines Referates verstärken.  Durch positive Gedanken kann man den empfundenen Stress in einer Prüfungssituation vermindern. Die Zwei-Faktoren-Theorie der Emotionen (Schachter et al., 60er Jahre) Die Wahrnehmung der physiologischen Veränderungen, die mit einer Emotion einhergehen, werden in Abhängigkeit von der Situation, in der sich eine Person befindet, unterschiedlich interpretiert. Erst bemerken wir körperliche Symptome wie Schwitzen, Zittern, Pulsbeschleunigung oder ähnliches, dann versuchen wir die Ursache dafür ausfindig zu machen. So kann, z.B. dieselbe körperliche Aufregung je nach Situation als Verliebtheit oder als Prüfungsstress empfunden werden. Wo entstehen Emotionen? Emotionen entstehen in den unteren Etagen des Gehirns, und zwar im Zwischenhirn, das die Verbindung zwischen dem Stammhirn und dem Großhirn bildet. Zuständig für die Entstehung der Emotionen ist das sogenannte limbische System, das das vegetative Nervensystem und das Hormonensystem beeinflusst. 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt 2. Merkmale der Emotionen: - sie wiederfahren uns; sie erscheinen von selbst und wir erleben uns als den Emotionen ausgeliefert - sie sind zeitlich begrenzt; Emotionen leben auf und klingen wieder ab - variieren in der Intensität: die Stärke einer Emotion hängt von der Stärke der körperlichen Erregung ab - sind qualitativ unterschiedlich; sie werden als angenehm (positiv) oder unangenehm (negativ) bewertet. Emotionen unterscheiden sich von:  Grundstimmungen = langfristiger, diffuser emotionaler Hintergrund des Erlebens, wie z.B. optimistische, depressive oder ängstliche Grundstimmung  Gefühlen = bezeichnen das subjektive Erleben der Emotion und ihre kognitive Interpretation (sind kulturell bedingt). Sie entstehen durch die Deutung der emotionalen Erregung; diese Deutung unterliegt der kulturellen Typisierung (Bücher, Filme, gängige Meinungen)  Gefühlsneigungen = ein stabiles, in unterschiedlichen Situationen beobachtbares Persönlichkeitsmerkmal, wie z.B. die Angstneigung oder Melancholie 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt 3. Funktionen der Emotionen? AKTIVIERUNGSFUNKTION Emotionen liefern die nötige Energie um psychisches Erleben und Verhalten zu aktivieren. Sie sind eine Energiequelle für die Psyche. BEWERTUNGSFUNKTION UND HANDLUNGSSTEUERUNG: Die Emotion signalisiert dem Individuum, wie eine Situation bewertet wird, z.B. Angst signalisiert eine Gefahr oder Spaß eine angenehme Situation. Emotionen lassen Vermeidungs- oder Annäherungstendenzen zu Situationen oder Personen entstehen:  bei Angst/Wut: Vermeidung  bei Freude, Spaß: Annäherung Emotionen beeinflussen wie eine Situation zukünftig bewertet wird, z.B. einmal Angst vor der Schule, immer Angst vor der Schule! Emotionen erhöhen die Bereitschaft, dass man sich in einer bestimmten Weise verhält, z.B. bei Wut, dass man aggressiv wird. AUSDRUCKS- UND SOZIALE FUNKTION Emotionen können im Gesicht der Person mit Hilfe des mimischen Ausdrucks gelesen werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Steuerung sozialer Interaktionen. 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Weiterführende Informationen zum Thema Emotionen Das limbische System (Zwischenhirn) als Geburtsort der Emotionen Kernstrukturen des limbischen Systems sind: der Hippocampus (wichtige Verarbeitungsstelle für das Gedächtnis), die Amygdala (hier entstehen die Emotionen), der Gyrus cinguli (emotionale Reizanalyse) und der Nucleus Accumbens (Entstehung und Regulation von Motivation). 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Das Brückenexperiment: Aufregung fördert die sexuelle Anziehung Wenn Mann und Frau etwas Aufregendes unternehmen, steigt die Chance, dass sie sich verlieben. Verschiedene Laborexperimente kommen zu dem Ergebnis, dass aufregende Erfahrungen die Anziehungskraft fördern können. 1974 veröffentlichten die amerikanischen Psychologen Donald Dutton und Art Aron in der Zeitschrift „Journal of Personality and Social Psychology“ ein Experiment, das sie auf zwei Fußgängerbrücken über dem Capilano Canyon in North Vancouver durchgeführt hatten. Dutton und Aron wollten herausfinden, ob die Attraktivität einer Frau höher eingeschätzt wird, wenn sie ihr in einem Furcht erregenden Moment begegnen. Eine der Brücken war eine wacklige, 1,50m schmale Hängebrücke etwa 70m über Felsbrocken, die im Sturm schwankte. Die andere Brücke war breiter, stabiler und in geringerer Höhe über dem Fluss. Die Forscher ließen Männer über eine der beiden Brücken gehen, in deren Mitte jeweils eine hübsche junge Frau stand, 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt die Teil des Forscherteams war. Die Schönheit füllte mit den Männern einen Fragebogen aus und gab ihnen ihre persönliche Telefonnummer, falls sie noch Fragen hätten. Viele Männer, welche die lange, instabile Hängebrücke überquerten, fühlten sich von der Frau so angezogen, dass sie mit der attraktiven Frau telefonischen Kontakt herstellten. Von den Männern, welche die solide Brücke überquerten, rief sie kaum jemand an. Die Anwesenheit anderer Menschen kann uns in bedrohlichen Lebenssituationen Halt geben und unsere Angst reduzieren. Wir finden diese Menschen dadurch attraktiver. Ungewohntes regt die Liebe an: Wenn wir unmittelbar nach einer aufregenden Situation oder auch nach starker körperlicher Anstrengung auf einen sexuell anziehenden Menschen treffen, so reagieren wir darauf emotional heftiger als wenn wir ihn in einer neutralen Situation getroffen hätten. Aus dem Experiment von Dutton und Aron können wir lernen, dass berauschende gemeinsame Erfahrungen, die romantische Liebe anregen können. Verschiedenen Studien zufolge sind Paare, die gerne neue, spannende Erfahrungen sammeln, zufriedener mit sich selbst und mit ihrer Partnerschaft. 7 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Depressionen = psychische Stürung, die durch starke, andauernde Traurigkeit, pessimistische Grundhaltung, Antriebslosigkeit und erhöhte Ermüdbarkeit gekennzeichnet ist - bei tiefer Depression besteht Selbstmordgefahr - Burn-out ist eine Form der Depression, die durch lang anhaltende Belastung in der Schule oder am Arbeitsplatz entsteht Stress = eine negative emotionale Reaktion des Individuums auf eine belastende Situation, die die Bewältigungsmöglichkeiten des Individuums übersteigt - bei chronischem Stress ist die Gesundheit des Individuums gefährdet und das Immunsystem deutlich geschwächt Emotionale Intelligenz - von Daniel Goleman in den 80er Jahren eingeführter Begriff = die Fähigkeit die eigenen Emotionen wahrzunehmen, darüber zu sprechen und sie zu kontrollieren (emotionale Selbstbeherrschung und Unterdrückung der Impulsivität) = die Fähigkeit eigene Emotionen zu nutzen, um sich zu motivieren und wichtige Ziele zu erreichen = die Fähigkeit bei anderen Emotionen richtig zu erkennen und sich in ihre Lage hineinzuversetzen = die Fähigkeit angemessen mit den Emotionen anderer umzugehen Menschen mit einer guten emotionalen Intelligenz haben eine größere soziale Kompetenz, sind durchsetzungsfähig, selbstbewußt und besser in der Lage mit den Frustrationen des Lebens fertig zu werden. 8 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Sie neigen unter Stress weniger dazu zusammenzubrechen, starr zu werden oder nervös zu werden. Herausforderungen nehmen sie bereitwillig an und stellen sich ihnen, und selbst bei Schwierigkeiten geben sie nicht auf. Aufgabe Fülle die Tabelle aus! Ich bin .......... Was kann ich selber tun, damit es mir besser geht? (Selbsthilfe) Was könnte mir noch helfen, diese Emotion zu überwinden? (Außenhilfe) aufgeregt unruhig, ungeduldig verängstigt traurig unzufrieden 9 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt Die Motivation 1. Definition und Merkmale 2. Wie entsteht Motivation? 3. Motivationsformen 1. Definition: Emotionen und Motivationen sind psychische Antriebsprozesse, die das Erleben und Verhalten des Menschen aktivieren und steuern. Motivation = ein von Motiven gesteuerter Prozess der Aktivierung. Motive/Bedürfnisse = Beweggründe, die von außen nicht erkennbar sind und menschliches Verhalten aktivieren und auf ein bestimmtes Ziel hin steuern. 2. Merkmale der Motivation: - Aktivierung: Motivation bedeutet immer ein Prozess, in welchem Verhalten in Bewegung gesetzt wird - Richtung: Das Verhalten wird auf ein bestimmtes Ziel hin gesteuert und bleibt solange bestehen, bis das Ziel erreicht ist oder ein anderes Motiv vorrangig wird - Intensität: die Aktivität kann mehr oder weniger intensiv ausgeführt werden - Ausdauer: zielgerichtetes Verhalten wird in der Regel über eine längere Zeit aufrechterhalten (Beständigkeit). 10 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt 2. Wie entsteht die Motivation? Die Entstehung von Motivation wird meistens mit Hilfe eines REGELKREISES dargestellt. Der Körper vergleicht ständig seinen aktuellen Zustand (IST-ZUSTAND) mit einem für seine Funktionierung optimalen SOLLZUSTAND. Dabei werden Bedürfnisse als mangelhafte IST-ZUSTÄNDE definiert, die korrigiert werden sollen, um den SOLL-ZUSTAND zu erreichen. Beispiele: Im Körper sind Nährstoffe in bestimmten Mengen vorhanden. Wird dieser Wert unterschritten, so wird das als Hunger erlebt. Das Individuum wird aktiv, um den Hunger zu stillen. Das Individdum wird aktiv, um den Hunger zu stillen. Wenn ein Mensch wenige zwischenmenschliche Kontakte zu seinen Mitmenschen hat, al ser sich wünscht, ist er unzufrieden. Er wird aktiv, um diese Differenz wieder zu beseitigen, indem er beispielsweise Freunde einlädt oder ausgeht. Regelkreis für die Entstehung der Motivation: SOLL-ZUSTAND falls Differenz vorhanden AKTIVITÄT IST-ZUSTAND bis Differenz beseitigt 11 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt 3. Formen der Motivation a) Nach Grad der Bewusstheit Instinkte/Triebe unbewusst Bedürfnisse Wünsche Interessen Grad der kognitiven Verarbeitung Ideale bewusst b) Nach der Wichtigkeit: Die Motivationspyramide von Abraham Maslow Maslow ging davon aus, dass die menschlichen Bedürfnisse in einer Rangordnung stehen und es somit eine Bedürfnishierarchie gibt. Auch in der Entwicklung des Menschen sind bestimmte Bedürfnisse von Anfang an da, während sich manche im Laufe der Zeit entwickeln.  Physiologische Bedürfnisse stehen an der Basis der Pyramide. Sie sind grundlegende Bedürfnisse und haben eine überlebenswichtige Funktion. o Bsp.: Hunger, Durst, Entspannung/Schlaf  Bedürfnisse nach Sicherheit sind die nächste Stufe in der Bedürfnishierarchie. Sie zielen darauf ab, sich von Gefahren zu schützen. Sind schon im Säuglingsalter beobachtbar. o Bsp.: Feste Arbeitsstelle, festes Einkommen, eigenes Haus, Wunsch nach Ordnung und Stabilität  Bedürfnisse nach Zuwendung bilden die Mitte der Pyramide. Dabei geht es um den Aufbau und die Aufrechterhaltung der Beziehung zu anderen Menschen. 12 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt o Bsp.: Liebe und Geliebtwerden, Geborgenheit, zwischenmenschliche Kontakte und Angenommensein  Bedürfnisse nach Anerkennung stehen eher im oberen Bereich der Pyramide. Hier geht es um den Wunsch nach Bestätigung, Ansehen, Selbstachtung, Kompetenz oder Macht.  Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung bilden das Gipfel der Pyramide. Damit ist das beständige Streben des Menschen gemeint, seine Persönlichkeit optimal zu entfalten und in Harmonie mit sich selbst ein glückliches leben zu führen. Sind untere Bedürfnisse nicht befriedigt, so können sich höhere Bedürfnisse gar nicht entwickeln! So kann es möglich sein, dass Menschen in ihrere Entwicklung auf einer niedrigen Stufe (z.B. Sicherheit oder Anerkennung) stecken bleiben! Die Maslow-Pyramide der menschlichen Bedürfnisse. 13 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Prof. D. Zoppelt c) Nach Ort der Motivanregung (innen-außen) Extrinsische Motivation: Das Motiv wird von außerhalb des Organismus durch einen äußeren Anreiz angeregt. Bei der extrinsischen Motivation steht der Wunsch im Vordergrund, bestimmte Leistungen zu erbringen, weil man sich davon einen Vorteil (Belohnung – gute Noten, Geld, Lob, Ansehen, Kuchen, Geschenke usw.) verspricht oder Nachteile (Bestrafung – schlechte Noten, Armut, Strafen alle Art) vermeiden möchte. Intrinsische Motivation: Das Motiv braucht keinen äußeren Anreiz, um angeregt zu werden. Es handelt sich um das Bestreben, etwas um seiner selbst willen zu tun (weil es Spaß macht, Interessen befriedigt oder eine Herausforderung darstellt). Hobbys haben eine intrinsische Motivation. 14 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt Steuerungsprozesse Die Aufmerksamkeit 1. Definition und Funktionen 2. Formen 3. Merkmale 1. Definition: Steuerungsprozesse sind psychische Prozesse, die förderliche (günstige) Bedingungen für die Ausführung anderer psychischen Prozesse (Informationsverarbeitung, Erleben von Emotionen, Befriedigung von Motiven) schaffen. Die Aufmerksamkeit ist die Steuerung von (eingeschränkten) Bewusstseinsressourcen auf innere Inhalte (wie z.B. Wahrnehmungen, Gedanken, Erinnerungen, Emotionen oder Bedürfnisse) oder äußere Reize (wie z.B. Gegenstände aus der Umwelt, Personen usw.). Das Gehirn hat eine eingeschränkte Verarbeitungskapazität, es kann nicht sehr viele Informationen gleichzeitig verarbeiten. Daher muss es auswählen:  welche Informationen für den Organismus von Bedeutung sind und verarbeitet werden sollen,  welche Informationen weniger relevant sind und daher ausgeblendet werden können. 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt Funktionen der Aufmerksamkeit: Der Prozess der Aufmerksamkeitszuwendung hat zwei wichtige Funktionen: 1. Fokussierung (Orientierung): Ist durch eine gesteigerte Wachheit und Aktivierung charakterisiert. 2. Auswahl (Selektivität): Filterung, um wichtige und unwichtige Informationen voneinander zu trennen. Emotionen und Motivation spielen dabei eine bestimmende Rolle: - Je emotionsgeladener eine Information ist, desto leichter fällt es uns, unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten. - Motive spielen bei der Entstehung und Verteilung der Aufmerksamkeit eine große Rolle. 2. Formen der Aufmerksamkeit: Nach Grad der willkürlichen Steuerung: Orientierungsreaktion automatisch gerichtete Aufmerksamkeit Vigilanz willkürlich  Orientierungsreaktion (OR): Einige Reize ziehen automatisch die Aufmerksamkeit auf sich (zum Beispiel ein Knall). Die OR hat eine Anpassungs- und Überlebensfunktion. Je stärker und unerwarteter der Reiz ist, desto wahrscheinlicher die automatische Aufmerksamkeitszuwendung. Deutliche Kontrastverhältnisse und Bewegungen ziehen automatisch die Aufmerksamkeit auf sich. 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt  Gerichtete Aufmerksamkeit: Die Aufmerksamkeit wird intentional, willkürlch gesteuert, als Folge einer interner Selbststeuerung oder einer Aufforderung von außen. Wird einer Information nicht innerhalb von fünf Sekunden Aufmerksamkeit geschenkt, geht sie verloren (der Übergang vom Ultrakurzzeitgedächtnis zum Kurzzeitgedächtnis findet nicht statt).  Vigilanz: willkürliche Aufmerksamkeit, die auf das Eintreffen bestimmter zukünftiger Ereignisse gerichtet ist. Nach der Richtung der Aufmerksamkeit unterscheidet man:  Die interne Aufmerksamkeit: nach innen gerichtete Aufmerksamkeit (Selbstreflexion, Introspektion)  Die externe Aufmerksamkeit: nach außen gerichtete Aufmerksamkeit  Erwartungshaltung: Orientierung der Aufmerksamkeit auf ein zu erwartendes Ereignis 3. Merkmale der Aufmerksamkeit: - Volumen: Anzahl der Reize die gleichzeitig verarbeitet werden können (entspricht dem Volumen des Kurzzeitgedächtnisses, 7 Einheiten plus-minus 2); kann durch Übung und Strukturierung erweitert werden - Konzentration: Das Maß für die Intensität und Stabilität (Dauer) der Aufmerksamkeit. Eine gute Konzentration ermöglicht eine erfolgreiche Herausfilterung störender Reize. Die Dauer der Aufrechterhaltung der Konzentration nimmt im Laufe der Entwicklung zu (ein Kleinkind kann sich 10-15 Minuten konzentrieren, ein Erwachsener bis zu 60 Minuten). - Distributivität: Die gleichzeitige Beachtung mehrere Reize. - Mobilität: Das Maß für die flexible und schnelle Zuwendung der Aufmerksamkeit von einem Reiz zum anderen. 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt Die Sprache 1. Definition und Funktionen 2. Formen 1. Definition und Funktionen Die Sprache ist ein System von Lauten und Zeichen (Buchstaben), die nach ganz bestimmten Regeln (syntaktisch, grammatikalisch) miteinander verbunden sind. Die Sprache dient der menschlichen Kommunikation in verschiedenen Funktionen:  Interindividuelle Steuerung: Regelung der zwischenmenschlichen Interaktionen o Kommunikationsfunktion: Vermittlung und Austausch von Informationen zwischen den Menschen o Ausdrucksfunktion: Ausdruck von Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen o Apellfunktion: Durchsetzung von Absichten (Befehlen, Bestellen, Fordern)  Handlungssteuerung: Handlungsbeschreibungen und Handlungsanweisungen  Intraindividuelle Steuerung: Regelung kognitiver Prozesse o Erinnerungsfunktion:  Sprache unterstützt und ermöglicht die Speicherung und den Abruf von Informationen  ! der Grund für das spurenlose Verschwinden von Erinnerungen in der frühen Kindheit ist das geringe Sprachvermögen in den ersten Lebensjahren 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt o Denkfunktion:  Denken und Sprache sind aufeinander angewiesen  Die Gestalt und die Inhalte der Sprache werden durch das Denken bestimmt  Das Denken basiert auf inneren Bildern (Vorstellungen), die durch die Sprache aktiviert werden; Denkoperationen erfolgen mit Hilfe der Sprache (z.B. logisches Schlussfolgern)  Kulturtradierung: schriftliche oder mündliche Überlieferung kultureller Lebensweisen und Inhalte an die nachfolgenden Generationen 2. Formen der Sprache Externe Sprache: 1. Schriftliche Sprache: Das Aufzeichen/Festhalten von Schriftzeichen 2. Mündliche Sprache: Erzeugen von geordneten Laut- und Tonfolgen a. Dialog und Monolog Interne Sprache: - ermöglicht die Selbsteuerung durch interne Handlungsanweisungen - fördert Gedächtnis- und Denkprozesse In der zwischenmenschlichen Kommunikation unterscheidet man zw. verbaler (sprachlicher) Kommunikation, nonverbaler (nicht sprachlicher) Kommunikation (Körpersprache, Mimik) und paraverbaler Kommunikation (z.B. Tonfall, Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit). 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt Aufgabe: Zitat Kant: Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Interprtiere dieses Zitat aus psychologischer Sicht, indem du auf psyche Steuerungsprozesse Bezug nimmst.  Wie kann der Mensch seinen Verstand (seinen Geist, seine Intelligenz) selbst steuern?  Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Selbststeuerung gut funktioniert.  Wie kann man einen Menschen von außen, durch die Leitung eines anderen steuern?  Wann kann sich der mensch nicht selbst steuern? 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt Steuerungsprozesse: Die Volition 1. Definition und Bestandteile 2. Phasen der willentlichen Handlungssteuerung 3. Merkmale der Volition 1. Definition: Die Volition (der freie Wille) ist ein psychsicher Steuerungsprozess der Bildung, Aufrechterhaltung und Realisierung von Zielen. Sie beansprucht die bewusste Auswahl einer Handlungsalternative aus mehreren möglichen Alternativen und wird innerlich als Absicht erlebt. Sie ist eine höhere Form der Motivation, bei der im Vordergrund die Umsetzung von Zielen in Endergebnisse steht. Dies setzt eine bewusste Zielsetzung und einen mentalen Plan voraus. = die Fähigkeit Widerstände und Schwierigkeiten mittels persönlicher Anstrengung zu überwinden - durch Erziehung beeinflusst Die Willenskraft steht für: Charakterstärke, Selbstvertrauen, Mut, Durchhaltevermögen, Geduld, gute Risikoeinschätzung, Unabhängigkeit, Autonomie, Verantwortungsbewusstsein, Selbstkontrolle. Bestandteile: 1. Das Ziel/die Absicht: Die mentale Antizipation/Vorwegnahme der Ergebnisse einer Handlung 2. Die Überwindung eines Hindernisses: Die Nichtübereinstimmung zwischen psychischen Ressourcen und Bedingungen der Zeilerreichung 7 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt Volitionsoptimum: eine angemessene Bewertung des Hindernisses und eine entsprechende Dosierung der willentlichen Anstrengung 3. Die willentliche Anstrengung: Die treibende Kraft, welche die Zielrealisierung möglich macht; ist abhängig von den psychischen und physischen Ressourcen, sowie von der früheren Erfahrung (Wille kann man trainieren) - Auslösung, Aufrechterhaltung und Zuendeführung einer Aktivität - Hemmung einer anderen Aktivität 2. Phasen der willentlichen Handlungssteuerung 1. Zielaktualisierung: Die Absicht der Ausführung einer willentlichen Handlung entsteht; in Abhängigkeit von internen Bedürfnissen oder externen Anforderungen 2. Konflikt zwischen den Zielen: Konkurrierende Ziele treten gleichzeitig auf. 3. Entscheidungstreffen: Aufgrund von Bewertungen, Analysen, früheren Erfahrungen, Persönlichkeitsmerkmalen wird ein Ziel ausgewählt; alle anderen werden gehemmt. 4. Umsetzung: Beruht auf Konsequenz, Anstrengung, Durchhaltevermögen, Ausdauer, Zielfokussierung, angemessene Anwendung der verhandenen Kentnisse und Fertigkeiten. 5. Ergebnissicherung Merkmale der Volition: Die Stärke der Willenskraft ist erworben: - durch Auseinandersetzung mit verschiedenen Problemsituationen beim Lernen, Arbeiten, Entdecken - durch soziales Lernen (Nachahmungslernen) 8 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt - durch Belohnung und Bestätigung 5. Aufgabe: Wähle einen Zitat aus und interpretiere ihn im Hinblick auf die Merkmale der Volition. Niemand, der jemals sein Bestes gegeben hat, hat es später bereut. Nobody who ever gave his best regretted it. George Halas (Baseball-/ American Football-Spieler) Nichts hat ein Limit. Um so weiter Du träumst, desto weiter kommst Du! You can’t put a limit on anything. The more you dream, the further you get. Michael Phelps (Schwimmweltmeister) Meister werden nicht im Fitnessstudio geboren. Meister sind aus etwas entstanden, was sie tief in sich tragen – einem Verlangen, einem Traum, einer Vision. Campions aren’t made in the gym. Champions are made from something they have deep inside them – a desire, a dream, a vision. Muhammad Ali (Boxer) Ich habe mehr als 9000 Würfe in meiner Karriere vermasselt. Ich habe fast 300 Spiele verloren. 26 mal wurde mir anvertraut, den Spiel-entscheidenden Wurf zu machen, und ich habe ihn nicht umwandeln können. Ich bin wieder und wieder und wieder gescheitert in meinem Leben. Und darum habe ich Erfolg gehabt. Michael Jordan (Basketballspieler) Schmerz ist zeitweilig. Er mag eine Minute andauern, oder eine Stunde, oder einen Tag, ode rein Jahr, aber schließlich wird er nachlassen und etwas anders wird an seine Stelle treten. Wenn man aufgibt, jedoch, wird er ewig anhalten. Pain is temporary. It may last a minute, or an hour, or a day, or a year, but eventually it will subside and 9 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Steuerungsprozesse Prof. D. Zoppelt something else will take its place. If I quit, however, it lasts forever. Lance Armstrong (Profi-Radrennfahrer) Du must Dinge von Dir erwarten, bevor Du sie tun kannst. You have to expect things of yourself before you can do them. Michael Jordan (Basketballspieler) Erfolg ist nichts, was einfach so passiert. Erfolg will geplant und studiert sein, um hinterher geteilt werden zu können. Success isn’t something that just happens – success is learned, success is practiced and then it is shared. Sparky Anderson (Baseballspieler) Es ist eine steile Straße die zu den Höhen der Großartigkeit führt. Seneca (römischer Philosoph) Stelle Dir nicht Strafen Deines Misserfolgs vor, sondern die Belohnung Deines Erfolgs! Don’t visualize the penalties of failure, visualize the rewards of success. Rod Gilbert (kanadischer Eishockeyspieler) 10 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Die Persönlichkeit des Menschen Die Persönlichkeitspsychologie 1. Definition der Persönlichkeit 2. Die Persönlichkeitspsychologie 1. Definition der Persönlichkeit persona (lat.) = Maske Def.: Die Persönlichkeit ist eine einzigartige und nicht beobachtbare Struktur von relativ konstanten und doch im Laufe der Entwicklung sich verändernden Merkmalen einer Person, die ein beständiges Verhaltens- und Erlebensmuster zur Folge haben. Persönlichkeitsmerkmale sind: Temperamenteigenschaften, Fähigkeiten/Begabungen, Interessen/Stimmungen, Charaktereigenschaften (Einstellungen/Werte). 2. Die Persönlichkeitspsychologie Der Gegenstand der Persönlichkeitspsychologie ist die Persönlichkeit des Menschen. Die Aufgaben der P-Psychologie sind: • die Beschreibung von Verhaltens- und Erlebensmuster, die für eine Person charakteristisch sind 1 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt • die Erklärung der Ursachen und Bedingungen für das beobachtete Verhalten • die Voraussage des menschlichen Verhaltens Die Persönlichkeitspsychologie spielt eine wichtige Rolle in allen Anwendungsbereichen der Psychologie, wie z.B. Arbeits- und Organisationspsychologie, Gerichtspsychologie, forensische Psychologie, Medienpsychologie, Schulpsychologie, Beratung usw. Die Erhebung von P-Merkmalen erfolgt mit Hilfe von verschiedenen psychologischen Verfahren: • die Beobachtung • die Anamnese • die psychologischen Tests Psychologische Tests sind standardisierte Messverfahren, mit deren Hilfe man von einem Menschen in kurzer Zeit Informationen zu seiner Persönlichkeit oder ihren Eigenschaften gewinnen kann. Sie unterteilen sich in: • Fähigkeits- und Leistungstests (z.B. Intelligenztests, Reaktionsgeschwindigkeitstests) • Persönlichkeitstests o Strukturiert: Antwortalternativen sind vorgegeben (z.B. Fragebogen, Schätzskalen) o Unstrukturiert: Offene Fragen (z.B. Projektive Tests) 2 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Aufgabe: Beschreibe deine eigene Persönlichkeit und male eine Bild dazu. Liste diejenigen Eigenschaften und Merkmale auf, die dich am besten beschreiben. Frage in deiner Gruppe nach, wie deine Kollegen deine Persönlichkeit beschreiben würden. Wie glaubst du, sind diese P-Merkmale entstanden? Durch Vererbung oder Umwelteinflüsse (Erlebnisse, Erziehung)? Aufgabe: Suche im Internet oder in Zeitungen eine Heiratsanzeige und eine Jobanzeige. Schreibe sie auf oder klebe sie in dein Heft und unterstreiche darin alle Wörter/Textstellen, die Persönlichkeitsmerkmale beschreiben. Analysiere anschließend zu welchen Kategorien diese P-Merkmale gehören! 3 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Fallbeispiel Eva besucht die 12. Klasse am Päda-Lyzeum. Auf die Frage, wie sie sich selbst beschreiben würde, antwortet sie: Ich bin eine gute und leidenschaftliche Skifahrerin. Ich spiele auch gerne Klavier und tanze in einem Tanzklub. In der Schule bin ich eher mäßig; Musik und Kunst sind meine Lieblingsfächer. In der Klasse bin ich eher zurückhaltend und traue mich nicht bei Fragen der Lehrer zu melden, um kein Blödsinn zu sagen. Gegenüber meinen Freundinnen bin ich eher ein Jasager und kann mich nicht durchsetzen. Meinem jetzigen Freund Andi bin ich treu. Im Kindergarten habe ich viel Geduld mit den kleinen Kindern und bin gerne bei allen Projekten im Praktikum dabei. Mit kleinen Kindern arbeiten zu können, ist ja wunderschön! Ach ja, seit Kurzem bin ich auch eine begeisterte Autofahrerin! Das ist ja fast schon eine Sucht! Und mit Geld kann ich leider nicht gut umgehen. 4 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Die Persönlichkeit des Menschen Angeborene Persönlichkeitsmerkmale 3. Das Temperament 4. Temperamenttypen 1. Das Temperament = die dynamisch-energetische Seite der Persönlichkeit - beschreibt die Art und Weise, wie die Person auf die Umwelt reagiert; ihre Expressivität, Vitalität, Stabilität - ist genetisch verankert, relativ konstant und setzt sich aus emotionalen, motorischen und aufmerksamkeitsbezogenen Reaktionen der Person in Interaktion mit der Umwelt Das Temperament beeinflusst folgende Verhaltensmerkmale: Erregbarkeit, Ausdauer, Tempo, Genauigkeit. Temperamentale Merkmale werden in der Psychologie mit Hilfe einer hierarchischer Struktur dargestellt: • Oberste Ebene: der Temperamenttypus (z.B. introvertiert) • Mittlere Ebene: die dem Typus zugehörigen Eigenschaften/Merkmale (z.B. Beharrlichkeit, Starrheit, Genauigkeit, Reizbarkeit) • Unterste Ebene: konkrete Verhaltensweisen, die die einzelnen Eigenschaften zum Ausdruck bringen (z.B. gibt nicht auf, solange er das erzielte Ergebnis nicht realisiert hat) 5 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt 2. Temperamenttypen Die Typen sind theoretische Beschreibungen von Persönlichkeitsmerkmalen, die häufig in einer bestimmten Konstellation auftreten. Typen gibt es so in der Wirklichkeit nicht; sie dienen zur Orientierung bei der Beschreibung und Erfassung der Persönlichkeit einer Person. Beispiele von Typologien 1. Galen (2. Jh. n. Chr.): Die Vier-Elemente-Lehre • Den vier Flüssigkeiten des Körpers wird ein Temperament zugeordnet: o Blut (lat. sanguis) – Sanguiniker: heiter, aktiv, gesellig, offen o Schleim (gr. phlegma) – Phlegmatiker: passiv, langsam, besonnen o Schwarze Gallenflüssigkeit (gr. melaina chole) – Melancholiker: still, nachdenklich, verschlossen o Gelbe Gallenflüssigkeit (gr. chole) – Choleriker: reizbar, erregbar, dominant, entschlossen Choleriker Melancholiker Phlegmatiker Sanguiniker 6 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt 2. K-G Jung: Analytische Persönlichkeitspsychologie • Unterscheidet zwischen Introversion und Extraversion; führt die beiden Begriffe ein o Extraversion (von lat. extro „außerhalb“ und vertere „wenden“) zeichnet sich durch eine nach außen gewandte Haltung aus. Extravertierte empfinden den Austausch und das Handeln innerhalb sozialer Gruppen als anregend. Typisch extravertierte Eigenschaften sind gesprächig, bestimmt, aktiv, energisch, dominant, enthusiastisch und abenteuerlustig. Sie neigen zur Oberflächlichkeit und langweilen sich schnell. o Introversion (von lat. intro „innerhalb“ und vertere „wenden“) ist der Gegenpol zu Extraversion. Introvertierte wenden ihre Aufmerksamkeit und Energie stärker auf ihr Innenleben. In Gruppen neigen sie eher zum passiven Beobachten der anderen. Sie werden häufig als still, sorgfältig, beharrlich und bedächtig beschrieben. Sie arbeiten gerne allein und können über eine längere Zeit an einer Aufgabe konzentriert arbeiten. ! Introversion ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit Schüchternheit. Schüchterne Menschen haben Angst, vor ihren Mitmenschen zu versagen, Introvertierte haben diese Angst nicht unbedingt. 3. H-J Eysenck: • Definiert die Introversion und Extraversion in Abhängigkeit von der persönlichen Erregungsschwelle o Introversion: Introvertierte sind bereits durch schwache Reize schnell erregbar. Sie können z.B. deswegen Hintergrundsgeräusche beim Lernen nur schwer ertragen. Sie brauchen Ruhe, um sich konzentrieren zu können. o Extraversion: Extravertierte sind weniger empfindlich auf äußere Reize. Sie brauchen sogar einen gewissen Geräuschpegel im Hintergrund, um sich besser konzentrieren zu können (z.B. Radio oder TV läuft im Hintergrund). 7 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Die Persönlichkeit des Menschen 5. Fähigkeiten und Begabungen 6. Intelligenz, Kreativität, andere Begabungen und Talente 1. Fähigkeiten und Begabungen = die instrumentelle Seite der Persönlichkeit; die Werkzeuge, die wir zur Verfügung haben, um die Interaktion mit unserer Umwelt optimal zu gestalten - sie bestimmen die Qualität der Leistung in einem oder mehreren Tätigkeitsbereichen - Fähigkeiten und Begabungen beschreiben das angeborene Potenzial des Kindes (genetisch bedingt). In Interaktion mit der Umwelt äußern sich diese Fähigkeiten als Neigungen und Interessen. Je stärker eine Fähigkeit von der Umwelt (Familie, Schule, soziales Umfeld) anerkannt und unterstützt wird, desto stärker wird ein Kind diese ausbauen (Umweltfaktor). 2. Intelligenz, Kreativität, andere Begabungen und Talente Die wichtigsten kognitiven Fähigkeiten eines Menschen sind die Intelligenz und die Kreativität. Die beiden Fähigkeiten können miteinander korrelieren, müssen aber nicht! INTELLIGENZ KREATIVITÄT = die Fähigkeit Schwierigkeiten/Probleme in neuen Situationen erfolgreich zu bewältigen, ohne auf frühere = die Fähigkeit eines Menschen Neues zu erfinden sowie originelle Lösungen zu produzieren. 8 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Erfahrungen alleine zurückgreifen zu können - ist die Voraussetzung für die Funktion des konvergierenden Denkens: • auf ein Ziel hin ausgerichtet • logisch-schlussfolgerndes Denken, erfolgt nach bestimmten Regeln • ergibt eine einzige richtige Lösung - es gibt verschiedene Modelle der Intelligenzstruktur: • einheitliche Grundfähigkeit (Faktor G, Zweifaktorentheorie von Spearman) • mehrere nebeneinander existierende Einzelfähigkeiten (multiple Struktur, z.B. das Konzept der multiplen Intelligenz von Howard Gardner) - in der Psychodiagnostik wird mit Intelligenz das bezeichnet, was der Intelligenztest misst - IQ = der Intelligenzquotient; wird mit Hilfe von Intelligenztests erfasst und ist altersunabhängig Prof. D. Zoppelt - ist die Voraussetzung für die Funktion des dievergierenden Denkens: • auf verschiedene Ziele ausgerichtet • Produzieren von verschiedenen, neuen Ideen • Finden von mehreren, zutreffenden Lösungen - Persönlichkeitseigenschaften eines kreativen Menschen sind: Originalität, Flexibilität, Einfallsreichtum - man unterscheidet vier Stadien des kreativen Prozesses: 1. Vorbereitung (bewusste Problemstellung und Erstellung von Hypothesen) 2. Inkubation (Zeitspanne von der Hypothesenbildung bis zur Lösungsfindung; hauptsächlich unbewusste Verarbeitung) 3. Einsicht (scheinbar plötzliche Lösungsfindung, AHAReaktion!) 4. Überprüfung (Konfrontation mit der Wirklichkeit) Widerstände, die die Entwicklung der Kreativität hemmen: • kognitiv: stereotypes, rigides Denken • psychosozial: Uniformität durch Normen und rigide Werthaltungen und Einstellungen • affektiv: Angst vor Misserfolg und Abweisung 9 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Andere Begabungen und Talente Welche Begabungen gibt es? Mathematisch-logisches Denken, sprachliche Fähigkeit, räumliches Vorstellungsvermögen, musikalische und künstlerische Begabung, psychomotorische Begabung, sozio-emotionale Begabung, praktische Begabung. Komplexe Fähigkeiten - entstehen durch das Zusammenwirken einzelner Talente und Begabungen Beispiele: Pädagogische, technische, sportliche, ästhetische Fähigkeiten. Aufgabe: Welche Fähigkeiten stecken in dir? Identifiziere die Talente und Begabungen, die du hast und beschreibe kurz, wie sich diese äußern (Interesse, Neigungen, Leistungen). 10 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Die Persönlichkeit des Menschen Persönlichkeitsmerkmale: Der Charakter 1. Begriffsbestimmung Herkunft des Wortes: gr. charrssein = einritzen, einkerben Der Charakter beschreibt das moralische Profil einer Person. = die Gesamtheit der Werthaltungen und Einstellungen einer Person, die Orientierung und Sinn im Leben dieser Person schaffen - Charaktermerkmale werden durch die Erziehung stark beeinflusst / geformt und entsprechen der Erwartungen, Normen und Werte der Gesellschaft und Kultur In der Entwicklung der Persönlichkeit unterscheidet man drei Phasen der moralischen Entwicklung: 1. der moralische Realismus: gut ist was belohnt wird, schlecht ist was bestraft wird 2. die heteronome Moral (Fremdbestimmung): eine Erwachsene Person, die eine Autorität darstellt, stellt die Regeln und achtet auf ihre Einhaltung (Sanktionen) 3. die autonome Moral (Selbstbestimmt): durch die Verinnerlichung der gesellschaftlichen Normen und Werte entstehen eigene moralische Prinzipien, die das Verhalten der Person steuern Charakterstärke = bezeichnet die Kraft und die Stabilität der inneren Einstellungen und Werte 11 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt 2. Einstellungen = sind Reaktionstendenzen (Prädispositionen) einer Person in Bezug auf sich selbst, auf andere Personen/Objekte oder auf Handlungen - sind erfahrungsbedingt und erziehungsabhängig - orientieren und steuern das Verhalten in bestimmten Situationen Einstellungen haben vier Komponenten: o die kognitive Komponente ▪ Bearbeitung und Bewertung von objektiven Informationen über das Einstellungsobjekt ▪ Was weiß ich / denke ich darüber? o die motivationale Komponente ▪ die Bedürfnisse, die einer Einstellung zugrunde liegen ▪ z.B. das Bedürfnis nach Anerkennung führt dazu, dass ich eine positive Einstellung zu meinem Lehrer/Chef habe o emotionale Komponente ▪ die Emotionen (positive oder negative) gegenüber des Einstellungsobjektes ▪ Mag ich es oder mag ich es nicht? o Verhaltenskomponente ▪ die Reaktion, das Handeln gegenüber dem Einstellungsobjekt 3. Werte = bezeichnen Standards, die unser Handeln und Denken orientieren - das, was für eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt als wichtig und wertvoll interpretiert wird. 12 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt 3. Aufgaben 3.a.) Nenne 3-4 Charaktermerkmale die deiner Meinung nach heutzutage wichtig sind, um ein glückliches Leben zu führen. Begründe kurz deine Wahl. 3.b.) Wähle fünf Charakteigenschaften, die du hast! Ehrlich, bescheiden, demütig, überheblich, kämpferisch, kaltblütig, fleißig, altruistisch, rechthaberisch, fanatisch, verführerisch, verlässlich, frauenfeindlich, anhänglich, feige, anspruchsvoll, vulgär, geizig, wichtigtuersich, weltfremd, treu, bemutternd, pragmatisch, liebenswert, zielstrebig, modisch, heimtükisch, habgierig, streng, diabolisch, chauvinistisch, haarspalterisch, strebsam, autoritär, streng, dickköpfig, oportunistisch, konservativ, zuversichtlich, direkt, naiv, authentisch, pragmatisch, autonom, diplomatisch, subtil, zögerlich, misstrauisch, respektvoll, diszipliniert, kritisch, locker, träumerisch, seriös, pflichtbewusst, sorgfältig. 3.c.) Identifiziere am Beispiel deiner Einstellung zur Schule die kognitive, affektive, motivationale Komponente sowie die Verhaltenskomponente. Beantworte dabei folgende Fragen: - Was denkst über die Schule? - Was fühlst du in Bezug auf Schule? - Was bewegt dich zur Schule zu kommen? - Wie verhälst du dich im Unterricht? 13 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt Das Selbst 7. Begriffsbestimmung 8. Assoziierte Begriffe 1. Begriffsbestimmung = ein im Laufe des Lebens erworbenes Bild über die eigene Person, das auf den Erfahrungen und Wahrnehmungen des Menschen über sich selbst beruht = ein Schema/Konzept über das eigene ICH - das Selbstkonzept integriert: ➢ materielle Anteile (mein Körper, meine Familie, meine Besitztümer usw.), ➢ soziale Anteile (die verschiedenen sozialen Rollen) und ➢ spirituelle Anteile (Einstellungen, moralische Urteile usw.) ! Ein gesundes Selbstkonzept entsteht, wenn in der Kindheit das Bedürfnis nach Liebe und Zuneigung bedingungslos befriedigt wurde. - Im Laufe der persönlichen Entwicklung entsteht das Selbst, indem das Kind: - Erfahrungen mit und über die eigene Person macht - Forderungen und Wünsche/Erwartungen der Eltern und Erzieher/Lehrer verinnerlicht - positive und negative Beziehungsbotschaften und Attributionen verinnerlicht 14 Unterrichtsunterlagen_Allgemeine Psychologie Personlichkeitspsychologie Prof. D. Zoppelt 2. Assoziierte Begriffe a. Reales Selbst = das tatsächliche Bild, da seine Person von sich hat b. Ideales Selbst = das Bild einer Person über das, was sie gerne sein möchte c. Selbstachtung/Selbstwert = Eine gute Meinung von sich selbst haben; die Wertschätzung, die eine Person für sich selbst empfindet. Entsteht durch bedingungslose, positive Beachtung durch die anderen (Eltern, andere Bezugspersonen)! d. Selbstvertrauen = Vertrauen in die eigene Fähigkeiten; hat an der Basis einen anpassungsfähiges, flexibles Selbstkonzept, das nicht auf starre Sichtweisen beruht, sondern sich nach jeder neuen Erfahrung verändern/anpassen kann. Übung: Überlege kurz und schreibe auf einen Zettel: ➢ Dein Lebensmotto: Ein Spruch wonach du dich in deinem Leben richtest. ➢ Wo wirst du in 5 Jahren sein? Beschreibe vorausschauend dein Leben. ➢ Nenne eine Märchengestalt oder eine Figur aus Zeichentrickfilmen, die dir ähnelt. 15