Selin Gerlek
I am assistant professor in the philosophy of technology and politics at the University of Amsterdam. My research focuses on digital citizenship, transformative processes in human-technology relations, mediated cultural practices, as well as embodied and hermeneutic relations. My traditional lines of thought include (Post-)Phenomenology, Philosophy of Technology, Science and Technology Studies (STS), Pragmatism, Practice Theory, Feminist Philosophy, Gender Theories, and both vertical and horizontal ethics.
At the University of Amsterdam, I am part of the Sector Plan theme "Digital Citizenship", the Amsterdam School for Cultural Analysis (ASCA), the Platform for the Ethics and Politics of Technology (PEPT), and teach in the Capaciteitsgroep Philosophical Tradition in Context.
I obtained my Bachelor's and Master's degrees in Philosophy and Comparative Literature at the Ruhr-University in Bochum, Germany. In 2020, I received a doctorate in Philosophy from the Open University of Hagen, Germany, with a dissertation entitled "Korporalität und Praxis. Revision der Leib-Körper-Differenz in Maurice Merleau-Pontys philosophischem Werk". Since 2021, I have worked as an ethicist and am a permanent member of the Ethics Committee of the Private University of Witten/Herdecke.
Before moving to the University of Amsterdam, I was the scientific coordinator of the research group "Digitalisation - Subjectivation - Embodiment" of the research cluster digital_culture at the Open University in Hagen and a lecturer at the Institute of Philosophy, "Technology, History, and Society", where I supervised students in the program "Practical Cultural Philosophy" (2022-2023).
As an early postdoctoral researcher, I worked in the Emmy Noether Project Group "The Phenomenon of Interaction in Human-Machine Interaction" at the Institut für Ethik, Geschichte und Gesellschaft of the LMU Munich, at the Open University in Hagen, and spent some time abroad as a Senior Researcher at the Department of Philosophy, University of Fribourg (CH). During my PhD, I held several PraeDoc positions in philosophy and literature departments, was part of an exchange program in Paris, France, and had several research stays, for example, in Copenhagen, Denmark, and Heidelberg, Germany.
I am an Executive Committee member of the largest platform for phenomenological research in the world, the Open Commons of Phenomenology (ophen.org), and founder of several smaller projects like et al. – Ein Blog für phänomenologische Philosophie (et-al.ophen.org).
Address: Oude Turfmarkt 141, Postbus 94201, 1090 GE Amsterdam
At the University of Amsterdam, I am part of the Sector Plan theme "Digital Citizenship", the Amsterdam School for Cultural Analysis (ASCA), the Platform for the Ethics and Politics of Technology (PEPT), and teach in the Capaciteitsgroep Philosophical Tradition in Context.
I obtained my Bachelor's and Master's degrees in Philosophy and Comparative Literature at the Ruhr-University in Bochum, Germany. In 2020, I received a doctorate in Philosophy from the Open University of Hagen, Germany, with a dissertation entitled "Korporalität und Praxis. Revision der Leib-Körper-Differenz in Maurice Merleau-Pontys philosophischem Werk". Since 2021, I have worked as an ethicist and am a permanent member of the Ethics Committee of the Private University of Witten/Herdecke.
Before moving to the University of Amsterdam, I was the scientific coordinator of the research group "Digitalisation - Subjectivation - Embodiment" of the research cluster digital_culture at the Open University in Hagen and a lecturer at the Institute of Philosophy, "Technology, History, and Society", where I supervised students in the program "Practical Cultural Philosophy" (2022-2023).
As an early postdoctoral researcher, I worked in the Emmy Noether Project Group "The Phenomenon of Interaction in Human-Machine Interaction" at the Institut für Ethik, Geschichte und Gesellschaft of the LMU Munich, at the Open University in Hagen, and spent some time abroad as a Senior Researcher at the Department of Philosophy, University of Fribourg (CH). During my PhD, I held several PraeDoc positions in philosophy and literature departments, was part of an exchange program in Paris, France, and had several research stays, for example, in Copenhagen, Denmark, and Heidelberg, Germany.
I am an Executive Committee member of the largest platform for phenomenological research in the world, the Open Commons of Phenomenology (ophen.org), and founder of several smaller projects like et al. – Ein Blog für phänomenologische Philosophie (et-al.ophen.org).
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Books by Selin Gerlek
Der interdisziplinäre Band versammelt Untersuchungen, die sich der alltäglichen Macht der Algorithmen in sozialen Medien, den Körperwirkungen des Self Trackings oder der Datenmodellierung in den Digital Humanities widmen. Begleitet werden diese Untersuchungen von Fragen danach, ob nicht ein (gewisser) Anthropozentrismus und eine (digitale) Hermeneutik unvermeidlich bleiben, wenn verstanden werden soll, wie sich die Mensch-Maschine-Interaktionen beschreiben lassen.
In seinen Schriften richtet Merleau-Ponty seine besondere Aufmerksamkeit auf die leibkörperliche Natur unseres Zur-Welt-Seins. Dieser Fokus auf die leibliche Erfahrung geht allerdings mit einem Problem einher: Leib bleibt Medium unserer Erfahrung und ist daher durch ein notwendiges Entzugsmoment gekennzeichnet. Merleau-Pontys Antwort auf die Beschränkung leibtheoretischer Forschung ist die Öffnung zu einem systematischen Zusammenhang von Korporalität und Praxis. Vor diesem Hintergrund unterzieht die vorliegende Untersuchung die Leib-Körper-Diferenz einer Revision und schlägt infolgedessen die „korporale Differenz“ zur Kennzeichnung der Ambiguität in der Erfahrung vor und führt zugleich Merleau-Pontys Philosophie der Korporalität ein, mit welcher insbesondere Kultur- und Sozialwissenschaften wichtige Impulse erhalten dürften.
Special Issues (Journals) by Selin Gerlek
Articles (journals, books...) by Selin Gerlek
Gegenstand von Selin Gerleks Beitrag „Temporale Konflikte und unintendierte
leibkörperliche Effekte des Self-Tracking“. Diverse Apps und Programme
finden mittels digitaler Endgeräte in unserem Alltag Anwendung und
prägen so unsere leiblichen Erfahrungen. Gerlek wirft in diesem Zusammen-
hang einen phänomenologischen Blick auf die temporale und leibkörper-
liche Erfahrbarkeit des digital verobjektivierten Selbst und arbeitet einige
hier zu beobachtende Charakteristika heraus. Sie zeigt, dass die digitale
Erfassung eigener „Körperdaten“ zu temporalen Konflikten und leibkörper-
lich unintendierten Effekten der Lebenspraxis führen kann. Dabei nutzt sie
Maurice Merleau-Pontys Arbeiten sowie aktuelle zeitphänomenologische
Forschungen für die Darstellung einer leiblichen Zeitstruktur."
Gaston Bachelards Epistemologie kann als Philosophie der Öffnung betrachtet werden, in welcher mit so manchem Selbstverständnis der Epistemologie gebrochen wird. Hierzu zählen seine Kritik an einem kontinuierlichen Fortschritt in der Wissenschaft, seine Neubestimmung des Theorie-Praxis-Verhältnisses oder auch die Forderung einer wissenschaftlichen Objektkonstruktion, die Gegenstände zuallererst realisiert. Wiewohl er ein höchst heterogenes Werk aufweist, kann mit Blick auf seine Wirkung insbesondere im französischsprachigen Raum hervorgehoben werden, dass es seine erkenntnistheoretischen Schriften sind, die Autoren wie Gilles Deleuze, Michel Foucault oder auch Pierre Bourdieu maßgeblich beeinflusst haben. Um diesem im deutschsprachigen Raum wenig beachteten Einfluss nachzugehen und für rezentere Diskussionen fruchtbar zu machen, sollen zunächst Bachelards epistemologische Kernthesen und anschließend ihre Tradierung exemplarisch bei Foucault und Bourdieu diskutiert werden. Hieran schließt sich ein Ausblick auf Anschlussstellen für rezente Diskurse an, die im Lichte einer neuerlichen Hinwendung zu praxistheoretischer Forschung stehen.
philosophy of perception and move on to a philosophy of ,expression‘, which would uncover the ambiguity of corporeal practice as the difference between institution and sedimentation of sense. The unconscious in the sense of a social phenomenon surprisingly becomes a field of encounter between the later philosophy of Merleau-Ponty and the schizoanalysis of Guattari and Deleuze.
Der interdisziplinäre Band versammelt Untersuchungen, die sich der alltäglichen Macht der Algorithmen in sozialen Medien, den Körperwirkungen des Self Trackings oder der Datenmodellierung in den Digital Humanities widmen. Begleitet werden diese Untersuchungen von Fragen danach, ob nicht ein (gewisser) Anthropozentrismus und eine (digitale) Hermeneutik unvermeidlich bleiben, wenn verstanden werden soll, wie sich die Mensch-Maschine-Interaktionen beschreiben lassen.
In seinen Schriften richtet Merleau-Ponty seine besondere Aufmerksamkeit auf die leibkörperliche Natur unseres Zur-Welt-Seins. Dieser Fokus auf die leibliche Erfahrung geht allerdings mit einem Problem einher: Leib bleibt Medium unserer Erfahrung und ist daher durch ein notwendiges Entzugsmoment gekennzeichnet. Merleau-Pontys Antwort auf die Beschränkung leibtheoretischer Forschung ist die Öffnung zu einem systematischen Zusammenhang von Korporalität und Praxis. Vor diesem Hintergrund unterzieht die vorliegende Untersuchung die Leib-Körper-Diferenz einer Revision und schlägt infolgedessen die „korporale Differenz“ zur Kennzeichnung der Ambiguität in der Erfahrung vor und führt zugleich Merleau-Pontys Philosophie der Korporalität ein, mit welcher insbesondere Kultur- und Sozialwissenschaften wichtige Impulse erhalten dürften.
Gegenstand von Selin Gerleks Beitrag „Temporale Konflikte und unintendierte
leibkörperliche Effekte des Self-Tracking“. Diverse Apps und Programme
finden mittels digitaler Endgeräte in unserem Alltag Anwendung und
prägen so unsere leiblichen Erfahrungen. Gerlek wirft in diesem Zusammen-
hang einen phänomenologischen Blick auf die temporale und leibkörper-
liche Erfahrbarkeit des digital verobjektivierten Selbst und arbeitet einige
hier zu beobachtende Charakteristika heraus. Sie zeigt, dass die digitale
Erfassung eigener „Körperdaten“ zu temporalen Konflikten und leibkörper-
lich unintendierten Effekten der Lebenspraxis führen kann. Dabei nutzt sie
Maurice Merleau-Pontys Arbeiten sowie aktuelle zeitphänomenologische
Forschungen für die Darstellung einer leiblichen Zeitstruktur."
Gaston Bachelards Epistemologie kann als Philosophie der Öffnung betrachtet werden, in welcher mit so manchem Selbstverständnis der Epistemologie gebrochen wird. Hierzu zählen seine Kritik an einem kontinuierlichen Fortschritt in der Wissenschaft, seine Neubestimmung des Theorie-Praxis-Verhältnisses oder auch die Forderung einer wissenschaftlichen Objektkonstruktion, die Gegenstände zuallererst realisiert. Wiewohl er ein höchst heterogenes Werk aufweist, kann mit Blick auf seine Wirkung insbesondere im französischsprachigen Raum hervorgehoben werden, dass es seine erkenntnistheoretischen Schriften sind, die Autoren wie Gilles Deleuze, Michel Foucault oder auch Pierre Bourdieu maßgeblich beeinflusst haben. Um diesem im deutschsprachigen Raum wenig beachteten Einfluss nachzugehen und für rezentere Diskussionen fruchtbar zu machen, sollen zunächst Bachelards epistemologische Kernthesen und anschließend ihre Tradierung exemplarisch bei Foucault und Bourdieu diskutiert werden. Hieran schließt sich ein Ausblick auf Anschlussstellen für rezente Diskurse an, die im Lichte einer neuerlichen Hinwendung zu praxistheoretischer Forschung stehen.
philosophy of perception and move on to a philosophy of ,expression‘, which would uncover the ambiguity of corporeal practice as the difference between institution and sedimentation of sense. The unconscious in the sense of a social phenomenon surprisingly becomes a field of encounter between the later philosophy of Merleau-Ponty and the schizoanalysis of Guattari and Deleuze.
In Überschneidung findet zudem die 2. Jahrestagung des Forschungsschwerpunkts digitale_kultur zum Thema "Digitale Hermeneutik: Maschinen, Verfahren, Sinn" vom 29.6. bis zum 1.7.2022 statt.
Es ist möglich, an beiden Veranstaltungen teilzunehmen.
Um separate Anmeldungen über die Veranstaltungs-Webseiten wird gebeten.
Webseite der Sommerschule: https://digiphaen2022.ophen.org/
Webseite der Jahrestagung: https://www.fernuni-hagen.de/digitale-hermeneutik/
Die Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung (DGPF)
lädt zu Einreichungen für die Frühlingsschule 2022 ein!
22.-24. März 2022 an der FernUniversität in Hagen
Veranstalter*innen: Prof. Dr. Thomas Bedorf & Dr. Selin Gerlek
Bereits die Frage, was unter „digitaler Welt“ zu fassen ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. So soll einerseits Digitalisierung einen andauernden Prozess sozialer und kultureller Transformation bezeichnen. Andere Stimmen wiederum erachten die These eines „digitalen Wandels“ für eine unnötige Hypostasierung und betonen die technologischen Kontinuitäten, sodass sie sich bereits in einer postdigitalen Zeit sehen.
Als Erfahrungsphilosophie nimmt die Phänomenologie zum Ausgangspunkt ihrer Reflexion, was und wie etwas uns erscheint. Die Lebenswelt bietet dabei den Horizont aller Sinnstiftungen und der Dimensionen ihres Verstehens. Unter Bedingungen der „digitalen Welt“ sieht sich phänomenologisches Philosophieren vor eine Herausforderung gestellt. Denn einerseits scheint sich die Erfahrung zu verdoppeln oder zu vervielfältigen (Hybridität, virtuelle Doppelgänger, social bots) und andererseits die Lebenswelt zu verflüchtigen (Körperlosigkeit, Filterblasen, Konnexionen statt Intentionen).
Angesichts dieses gerade begrifflich noch unübersichtlichen Terrains bietet es sich an, aus phänomenologischer Perspektive sich sowohl den Phänomenen der digitalen Lebenswelt zu nähern, als auch die überkommenen Begriffe und Vorgehensweisen der Phänomenologie erneut auf ihre Tragfähigkeit und ihre Weiterentwicklung zu prüfen.
Die Deutsche Gesellschaft für phänomenologische Forschung veranstaltet in diesem Sinne ihre Frühlingsschule vom 22. bis zum 24. März 2022, um Begriffsarbeit, Phänomenbeschreibung und Erfahrbarkeit der digitalen Welt gemeinsam zu betrachten.
Insbesondere folgende drei Themenfelder sollen adressiert werden (beschränkt sich allerdings nicht darauf):
(1) Grundbegriffe der digitalen Welt: Welche Begriffe erweisen sich als brauchbar für einen Zugriff auf die digitale Welt? Wie müssen sie umgearbeitet werden? Welche Rolle spielen phänomenologische Terminologie und Methodologie? Zu den Quellen gehören neben den klassischen technikphänomenologischen Denker*innen (Heidegger, Merleau-Ponty, Blumenberg, Derrida) auch die Zeitgenoss*innen aus responsiver Phänomenologie oder Postphänomenologie (Waldenfels, Meyer-Drawe, Ihde, Verbeek).
(2) Die digitale Welt und ihre Technologien: Wie wirken digitale Technologien lebensweltlich? Wo und wie greifen sie in Strukturen der Lebenswelt ein und modifizieren sie? Wie kann die Phänomenologie mit Technologien umgehen, deren Vollzug gerade nicht erscheint: künstliche Intelligenz, Maschinenlernen, selbstlernende Algorithmen, digitale Medien, Virtualität, Roboter, Neuroenhancement...?
(3) Erfahrung(en) in der digitalen Welt: Wie lässt sich die Erfahrbarkeit der digitalen Welt näher beschreiben? Modifiziert der „digitale Wandel“ unsere Konzeption von Erfahrung per se? Ausgangsmöglichkeiten bieten etwa Diskurse um die Mensch-Maschine-Interaktion, Mensch-Technologie-Relation, Multistabilität, den digitalen Habitus oder auch das Self-Tracking.
Keynotes: Thomas Fuchs (Heidelberg), Christina Schües (Lübeck/Lüneburg)
Wir laden zur Einsendung von Abstracts mit max. 500 Wörter ein. Die Deadline für Einreichungen ist der 31. Dezember 2021. Die Einsendeadresse lautet: [email protected]
Die Frühlingsschule wird auf dem Campus der FernUniversität stattfinden.
Sie wird in Kooperation mit dem Forschungsschwerpunkt digitale_kultur veranstaltet, der in Verschränkung mit der Frühlingsschule seine Jahrestagung abhalten wird. Da diese unter dem Titel „Digitale Hermeneutik“ stehen wird, ergänzen sich beide Veranstaltungen thematisch. Eine Teilnahme an beiden Veranstaltungen ist organisatorisch möglich und inhaltlich gewünscht.
Nähere Informationen zur Jahrestagung:
https://www.fernuni-hagen.de/forschung/schwerpunkte/digitale-kultur/jahrestagung2022.shtml
Vorträge:
Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs (Heidelberg): Erfahrung, Intuition und „lernende Systeme“ – ein kritischer Vergleich
JunProf. Dr. Kristina Liefke (Bochum): Warum braucht ein künstlicher Agent ein episodisches Gedächtnis?
JunProf. Dr. Sebastian Weydner-Volkmann (Bochum): Vertrauen und Vertrautheit bei KI-Technologien
Termin: 18.11.2021 | 18:00-19:30 Uhr | Online (via Zoom)
Organisation: JProf. Dr. med. Dr. phil. Orsolya Friedrich, Sebastian Schleidgen, Dr. phil. Selin Gerlek, Johanna Seifert
Anmeldung: [email protected]
——
Abstracts:
Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs (Heidelberg): Erfahrung, Intuition und „lernende Systeme“ – ein kritischer Vergleich
Die Fortschritte von adaptiver Künstlicher Intelligenz, d.h. sogenannter „lernender Systeme“, werfen die Frage auf, ob und wenn ja, in welchen Bereichen ihre Leistungen menschlicher Erfahrung und Intuition überlegen sind. Der Vortrag stellt zunächst die digitale Mustererkennung in der KI der menschlichen Wahrnehmung von Gestalten und Ähnlichkeiten gegenüber, die auf der Bildung von Erfahrung anhand von typischen Beispielen beruht. Am Beispiel der klinischen Diagnostik und Einschätzung in der Psychiatrie wird dann gezeigt, dass die erfahrungsbasierte klinische Intuition die Erfassung einer Beziehungssituation erlaubt, die einer digitalen Mustererkennung prinzipiell unzugänglich ist. Daraus folgt die These, dass zumindest in Bezug auf interpersonale Situationen die intuitive Wahrnehmung nicht durch „deep-learning“-Systeme zu ersetzen ist.
JunProf. Dr. Kristina Liefke (Bochum): Warum braucht ein künstlicher Agent ein episodisches Gedächtnis?
Episodisches Gedächtnis ist Langzeitgedächtnis für persönlich erlebte Ereignisse. Neue Forschungen in der Psychologie und den Kognitionswissenschaften haben verschiedene Schlüsselcharakteristika von episodischem Gedächtnis identifiziert, die auch für künstliche Agenten relevant sind. Diese beinhalten die Generierung von neuen (= nicht direkt aus der Erfahrung ableitbaren) Inhalten, die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels auf das erfahrene Ereignis, sowie die Beeinflussung des Erinnerungsinhaltes durch soziale und kommunikative Biases. Diese Charakteristika tragen selbst die besten zeitgenössischen KIs (z.B. die KI von DeepMind) nur sehr beschränkt. Grund hierfür sind insbesondere die mögliche Einzigartigkeit des erlebten Ereignisses (‘one-shot learning’) und die hohe Subjektivität und Kontextabhängigkeit der mnemonischen Modifikation. Vor dem Hintergrund der genannten Charakteristika argumentiert mein Vortrag für die hohe Relevanz von episodischem Gedächtnis für das Lernen, die Kommunikation/Interaktion und die Adaptivität von künstlichen Agenten.
JunProf. Dr. Sebastian Weydner-Volkmann (Bochum): Vertrauen und Vertrautheit bei KI-Technologien
Politische Initiativen rund um Digitalisierung, Machine Learning und KI haben neuerdings den Begriff des Technikvertrauens mit in den Fokus der Debatten gerückt. So legte 2019 etwa eine hochrangige Expertengruppe der Europäischen Kommission Ethik-Richtlinien für „vertrauenswürdige KI” vor. In meinem Vortrag möchte ich zeigen, inwiefern neuere Digitaltechniken und insbesondere KI-Techniken dazu tendieren, einen vertrauten Umgang mit ihnen zu unterlaufen. Im Anschluss daran werde ich dann einige Bedingungen für eine auch für Laien vertrauenswürdige KI formulieren.
Weitere Informationen zur Reihe 'KI in der Medizin':
Das Programm wird mit weiteren Veranstaltungen Wintersemester 2021/22 fortgeführt.
https://interactionphilosophy.wordpress.com/lecture-series-ai-in-medicine/
Er sehe keinen prinzipiellen Unterschied zwischen einem Händedruck und einem Gedicht, schreibt Paul Celan an Hans Bender und eröffnet ein Gespräch, im Laufe dessen sich das dichterische Ich einem Du zuwendet und den Weg einer Stimme zu einem wahrnehmenden Du einschlägt. Gerade diese Hinwendung macht das Persönliche der Poesie aus, denn sie spricht zwar von mir aus, aber in eines Anderen Sache, in eines ganz Anderen Sache. Und sie bzw. das Gedicht ist stets unterwegs-Celan spricht von einem Unterwegs-sein bis zu einer Begegnung. Die Poesie bewegt sich also in Raum und Zeit der Alteritätunentwegt auf etwas zu. Jedes Ding, jeder Mensch ist dem Gedicht, das auf das Andere zuhält, eine Gestalt dieses Anderen und versammelt sich um das es ansprechende und nennende Ich. Genau an dieser von Celan beschriebenen Hingabe zur Begegnung setzt der Schwerpunkt Poesie an, denn es stellen sich von hier aus Fragen danach, ob [1] diese zentrifugale Bewegung zum Anderen die ›Drehachse‹ des Seins sein soll (was etwa Levinas interessiert), oder gar sein Bruch oder sein Sinn? Wie Poesie [2] womöglich als Durchbrechen der bestehenden Ordnung begriffen werden kann, die alles (bereits) Erfahrene im Prosaischen auszudrücken versucht und daher einst gewesene stumme Erfahrung (was zum Beispiel Merleau-Ponty durchdenkt) nun einer Unordnung angleicht, die nicht der Welt von Aussagen und Entscheidungen angehört (vgl. Waldenfels, Foucault). Eignet der Poesie damit [3] eine aisthetische und ethische Kraft, die ein subversives Potenzial schafft, über das sich neue Ordnungen stiften können (was zum Beispiel Cixous und Derrida pointieren), ohne sich dem Bestehenden, Gewohnten und Traditionellen auszusetzen?
"On institutions. Practice, sociality and historical becoming"
Guest Editors: Giacomo Croci & Selin Gerlek
Abstracts and papers must be submitted to the following e-mail addresses:
[email protected]
Submitted papers (in English, German, French, Spanish or Italian) must follow the basic principles of Metodo and follow all Author Guidelines. The editorial board highly suggests all authors writing in a non-native language to have their texts proofread before submission. All contributions will undergo anonymous peer-review by two referees.
The final deadline for submissions will be December 31th, 2019.
Please register with Meliz Kaygusuz by 19.04.2021 to receive the access data shortly before the event.
HUMAN-MACHINE INTERACTIONS IN DIGITAL_CULTURES
Annual conference of the research cluster digitale_kultur (Hagen) and the Emmy Noether Research Group (DFG): “The Phenomenon of Interaction in Human-Machine Interaction (MMI)” (Munich)
The workshop looks at qualitative innovations of current human-machine interactions from an interdisciplinary perspective. Philosophical, cultural-, social- and educational approaches as well as perspectives of the technology developers are being discussed.
The focus lies on the social and cultural implications of new MMI. Starting point are current discussions about the limits and potentials of the information paradigm. In the face of current technological developments, it is up to debate whether new forms of MMI can still be described exhaustively by the information paradigm or whether different description modes are needed. As alternative starting points the workshop discusses positions from the fields of postphenomenology, critical code studies and infrastructure research. To what extent are these lines of theory informative for understanding new developments in the field of human-technology relations? And how can such approaches inform new formats of empirical research in the field of digital methods and vice versa?
Keynotes speaker
Peter Paul Verbeek (Twente)
Stefania Milan (Amsterdam)
Further information on the conference website:
https://on-humans-and-machines.fernuni-hagen.de/en/home/
Book of Abstract:
https://on-humans-and-machines.fernuni-hagen.de/wp-content/uploads/2021/02/OnHumansAndMachines-Book_of_Abstracts.pdf
Organization
Selin Gerlek
Sarah Kissler
Thorben Mämecke
Dennis Möbus
Johanna Seifert
Ab sofort ist ein neuer Blog online, zu finden unter: www.et-al.ophen.org
et al. versteht sich als ein Forum, das Debatten und Ereignisse sowie Theorie und Praxis phänomenologischer Forschung sichtbar macht.
Unter den Menüpunkten Reflexion, Kooperation und Information finden sich alle wichtigen Informationen rund um die Disziplin. Neben einer Landkarte, einem Archiv der Porträts und allen Infos rund um Stellen, Neuerscheinungen oder Calls findet man auf et al. zudem (multimediale) Beiträge wie Videos, Audios und Texte. Schaut euch um, denn es ist schon einiges hochgeladen!
Unterstützt wird et al. unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung (DGPF) und den Open Commons of Phenomenology (www.ophen.org).
Zu finden ist der Blog auch auf Facebook: https://www.facebook.com/phaenomenologie
05.-07. 09. 2016 FernUniversität in Hagen
Seit ihren Anfängen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat die Phänomenologie die Auseinandersetzung und den Dialog mit anderen Disziplinen und Forschungsansätzen gesucht. Ihr Einfluss auf die Sozialwissenschaften nimmt dabei einen besonderen Stellenwert ein (Schütz 1932, Garfinkel 1967, Butler 1990, Bourdieu 1972 u. a.). Diese Anschlussfähigkeit ist wesentlich dadurch bedingt, dass die Phänomenologie über einen Zugang zu ihren Gegenständen verfügt, der mit der zentralen Stellung des Erfahrungsbegriffs unausweichlich sozial eingebettet ist. Aber auch dort, wo der Dialog mit den Sozialwissenschaften nicht im Vordergrund steht, hat die Phänomenologie mit ihrem methodischen Fokus auf Sinnstrukturen und leiblichem Zur-Weltsein ihr Interesse an der Praxis und insbesondere deren Vollzugscharakter artikuliert (vgl. MerleauPonty 1945, Heidegger 1927).
Damit steht die Phänomenologie in einer Nähe zu einem innerhalb der Sozial- und Kulturwissenschaften ab Mitte des 20. Jahrhunderts vollzogenen turns, der sich dieser Hinwendung zum Praxisbegriff verdankt: dem practice turn. Diese Wende bildet zunächst einen Wandel im theoretischen Zugriff auf Beschreibungen des Sozialen ab, der in einer Abkehr von dualistischen Theorieansätzen ihren Ausgang nimmt. Dabei steht die Betrachtung der Praktik als ‚kleinster Einheit des Sozialen‘ (vgl. Reckwitz 2003) für den Versuch, Engführungen etwa mentalistischer oder strukturalistischer Ansätze zu umgehen und so dem Sozialen in seinem Vollzug näherzukommen.
Dieser offenkundigen Nähe von Phänomenologie und Praxistheorie und der Potenziale einer Verhältnisbestimmung ist die Tagung gewidmet. Während erste Annäherungen an die Phänomenologie seitens der Praxistheorie längst sichtbar geworden sind (vgl. Gugutzer 2012, Prinz 2014, Schmidt 2012), fehlt eine systematische und kritische Gesamtschau möglicher Anschlussstellen. Einem solchen Vorhaben muss es dabei an einer Vorverständigung über die Grundannahmen und -konzepte sowohl der Praxistheorie wie auch der Phänomenologie gelegen sein. Dabei bieten sich die Grundannahmen einer impliziten Logik, Körperlichkeit und Materialität der Praxis sowie der Spannung zwischen ihrer Stabilität und Instabilität zur kritischen Diskussion ebenso an wie Erörterungen zentraler Konzepte seitens der Phänomenologie – wie die Leiblichkeit, die Leib-Körper-Differenz, das Zur- bzw. In-der-Welt-sein, die kritische Infragestellung eines identitären Subjektbegriffs oder die Erfahrung.
Organisation
Thomas Bedorf
Selin Gerlek
Dennis Clausen
Vorträge
Thomas Alkemeyer – Praktiken und Praxis. ‚Körper‘ und ‚Leib‘ in den Vollzügen sozialer Ordnungs- und Selbstbildung
Thomas Bedorf – Denken der Differenz oder Holismus? Phänomenologie, Anthropologie und die Leib-Körper-Differenz
Katharina Block – Die Praxis des Verstehens phänomenaler Unverfügbarkeit
Ulrich Dopatka – Diesseits von Leib und Körper: Das Fleisch und sein Vermögen zu können
Michael Hubrich – Gemeinsam zum Miteinander: Mit Praxistheorie und Leibphänomenologie zu einer Sozialtheorie kopräsenter Vergemeinschaftung
Karolin Kappler – Dem Körper auf den Leib rücken: (Selbst-) Vermessung von Alltagspraktiken, Körperwerten, Gemütszuständen und (Epi-) Genetik
Jo-Jo Koo – Rouse’s Conception of Practice Theory and Existential Phenomenology
Stefan Kristensen – Körperschema, Praxis, Affektivität. Merleau-Ponty und die soziale Dimesion des Unbewussten
Anna Orlikowski – Leib und Differenz – Von der phänomenologischen Beschreibung zur Praxis der Differenzierung
Ted Schatzki – Pas de deux: Phenomenology and Practice Theory
Robert Schmidt – Praktiken als öffentliche Sinnzusammenhänge. Methodologische Überlegungen
Volker Schürmann – Wohin zurück? Was zeigt sich in Praktiken?
Round Table
Jens Bonnemann
Sophia Prinz
Maximilian Waldmann
Basil Wiesse
Live-Streaming und Video-Dokumentation:
Die Tagung wird live gestreamt. Auf dem nachfolgenden Link wird nach Ende der Tagung zudem die Video-Dokumentation zu finden sein: http://www.fernuni-hagen.de/videostreaming/ksw/philosophie/20160905.shtml
Weitere Informationen wie Flyer und Poster: https://www.fernuni-hagen.de/philosophie/lg3/dfg_projekt_praktische_koerper.shtml
Anmeldungen gehen an: [email protected]
Selin Gerlek
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
DFG-Projekt "Praktische Körper"
Lehrgebiet Philosophie III
Prof. Dr. Thomas Bedorf
KSW-Neubau, Raum C1.005
Universitätsstraße 33, 58084 Hagen
Tel.: +49 2331 987 4385
mobil: +49 1577 82 03 101
Erik Dzwiza und Selin Gerlek aus dem et al. Team hatten die Gelegenheit, bereits im Vorfeld ein Interview mit Hans Rainer Sepp zu führen. Wir danken Hans Rainer Sepp für dessen außerordentlich freundliche Unterstützung!
Zur Person: Hans Rainer Sepp (geb. 1954) studierte von 1974 bis 1979 Philosophie und Germanistik an der LMU in München und war von 1982 bis 1992 Mitarbeiter des Husserl-Archivs in Freiburg. In dieser Tätigkeit war er außerdem Koeditor verschiedener Bände der Husserliana. 1991/92 promovierte Sepp an der LMU in München bei Eberhard Avé-Lallemant und habilitierte schließlich 2004/05 an der Karls-Universität in Prag und an der TU Dresden. Neben der Gründung und Herausgeberschaft etwa der Buchreihe Orbis Phaenomenologicus war er auch Direktor des Eugen Fink-Archivs in Freiburg und gibt die Gesamtausgabe mit heraus. Er ist u.a. Leiter des Mitteleuropäischen Instituts für Philosophie an der Karls-Universität in Prag. Arbeitsschwerpunkte sind Phänomenologie, Ethik, Ästhetik, Interkulturelle Philosophie und Philosophische Anthropologie. Er arbeitet konkret am Konzept einer "Philosophischen Europa-Forschung" und hat auf Grundlage einer ausgearbeiteten Leiblichkeitsphänomenologie zahlreiche Arbeiten zur von ihm begründeten Oikophilosophie vorgelegt. In Kürze (2019) erscheint zudem im Karl Alber Verlag In. Grundrisse einer Oikologie, das die Oikologie systematisch zusammenfasst.
Im Interview spricht Hans Rainer Sepp insbesondere über die Grundlagen seiner Oikophilosophie und stellt Bezüge zu den wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit her.
Sommersemester 2019
Mittwoch, 24. April 2019, 18 Uhr
Mike Pettit (Toronto):Governed by Affect. Hot Cognitive and the Ends of Cold War Psychology
Mittwoch, 12. Juni 2019, 18 Uhr
Christoph Jamme (Lüneburg): Phänomenologie des Unscheinbaren. Das Einfache als Aufgabe
Mittwoch, 19. Juni 2019, 18 Uhr
Selin Gerlek (FernUniversität in Hagen): Korporalität: eine Revision der phänomenologischen Leib-Körper-Differenz
Mittwoch, 17. Juli 2019, 18 Uhr
Stefan Reinsch/ Mirco Pasquini (Lübeck/London): The ‘dance of urgency’ in the Emergency Department. Negotiations of agency and deservingness between ‘improper users’, medical staff and diagnostic infrastructure
*****
"Korporalität: eine Revision der phänomenologischen Leib-Körper-Differenz"
Die phänomenologische Leib-Körper-Differenz, welche zuallererst die Differenz von Leibsein und Körperhaben zu unterstreichen vermag, hat im Verlauf ihrer unterschiedlichen Fassungen (Husserl, Merleau-Ponty, Levinas, Waldenfels, Schmitz et cetera) stets das Leibsein vor dem Hintergrund cartesianischer Engführungen einer zu stark objektivierenden Sicht auf den Körper hervorzuheben gewusst.
Diese Bevorzugung des Leibes zeitigt rezent jedoch zwei Tendenzen, die eine Revision dieser Unterscheidung auf den Plan rufen: So finden wir einerseits eine „Leibversessenheit“, die dem Leib nicht nur sämtliche körperlichen Vermögen zuschreibt, sondern die introspektive und somit subjektivistische Dimension der Erfahrung zu überhöhen droht, und andererseits eine „Körpervergessenheit“, die außer Acht lässt, dass der Leib nicht nur unhinterfragtes Medium der Erfahrung ist, sondern auch und vor allem selbst zwischen körperlichem Widerfahrnis und körperlicher Verfasstheit Grenzen und Spielräume der gelebten Erfahrung impliziert.
Im Vortrag sollen vor diesem Hintergrund einige Beispiele diskutiert werden, die bei Merleau-Ponty überliefert sind und im französischsprachigen Original mit einem spezifischen Konzept verknüpft werden: der corporéité, deutsch: „Korporalität“. Mit diesem Konzept, dem sich Merleau-Ponty im Verlauf seines Schaffens zunehmend zuwendet, verbindet sich nicht zuletzt und zudem die Chance, auch über das Deutschsprachige hinaus präzise an Diskurse um embodiment, corporeity, corporeality, corps subjectif oder objectif anzuknüpfen.
Bergische Universität Wuppertal
1.-3. April 2019
Diese Konzentration auf die Körperlichkeit und Materialität findet indes seine Wurzeln nicht zuletzt in genuin philosophischen Theorieansätzen: Während sich Praxistheorien einerseits insbesondere etwa auf Bourdieu berufen, dessen Theorie der Praxis sowie Habitus-Konzept unbestritten Schlüsselmomente der heutigen Praxistheorien markieren, gelangte Bourdieu andererseits selbst erst im Durchgang durch etwa Husserls und insbesondere Merleau-Pontys Überlegungen zur Rolle des Körpers/Leibes zu seinen zentralen Ansichten, die noch heute in den Grundannahmen der Praxistheorien eingeschrieben sind (praktisches Verstehen, präreflexives Können und inkorporiertes Wissen). Ungeachtet dieses philosophisch-phänomenologischen Hintergrunds sieht sich die Praxistheorie jedoch mehr und mehr mit Problemen konfrontiert: So zeigt sich gerade der Körper als tendenziell unterbestimmt, d.h. dass er theoretisch mitnichten verstanden wird als ledigliches Operationsmittel für den Akteur oder Ergebnis gesellschaftlicher Prozesse, jedoch praktisch und faktisch bei der Analyse zu einer nur von außen beobachtbaren und beschreibbaren Instanz reduziert wird. Eine notwendig gewordene Diskussion dieser Analysekategorie ist bereits bemerkt worden (vgl. Alkemeyer/Budde/Freist 2013, 15-20; Schäfer 2013, 16-23). An dieser Stelle ansetzen möchte ich wiederum mit einem Vorschlag: Mithilfe einer vergleichenden Diskussion der Ansätze Pierre Bourdieus und Maurice Merleau-Pontys möchte ich einen differenzierteren, gewissermaßen ‚tieferen‘ Einblick in die Rolle der Körper für die Konstitution und Genese des Sozialen bieten und Impulse dafür liefern, wie Praxistheorien auch in Zukunft attraktiv bleiben können, ohne dem Vorwurf einer unzureichenden Reflexivität der Praxis ausgesetzt zu sein.
Literatur
Alkemeyer, Thomas, Budde, Gunilla u. Freist, Dagmar (2013 b), „Einleitung“, in: Selbst-Bildungen. Soziale und kulturelle Praktiken der Subjektivierung, hrsg. v. Thomas Alkemeyer, Gunilla Budde u. Dagmar Freist, Bielefeld
Schäfer, Hilmar (2013), Die Instabilität der Praxis. Reproduktion und Transformation des Sozialen in der Praxistheorie, Weilerswist
Reckwitz, Andreas (2003), „Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken“, in: Zeitschrift für Soziologie 32, Nr. 4, 282-301
Schatzki, Theodore, Knorr-Cetina, Karen u. Savigny, Eike von (2001), Hg., The practice turn in contemporary theory, New York, London
Der Workshop widmet sich allgemein der Frage nach der Rolle des Praxis-Begriffs in der phänomenologischen Tradition. Hierzu werden Impulsvorträge zu einigen phänomenologischen Positionen (Blumenberg, Husserl, Merleau-Ponty, Plessner u.a.) vorgetragen und im Anschluss diskutiert.
Geladene Sprecher
Thiemo Breyer: „Praxis und Handlung bei Ricœur und Merleau-Ponty“
Erik Dzwiza: „Praktiken der Sichtbarkeit bei Blumenberg“
Marco Cavallaro: „Die Sedimentierung von intersubjektiven Praktiken bei Husserl“
Aldo Wünsch: „Doppelte Kontingenz bei Plessner und Luhmann“
Zusätzlich zu den Vorträgen werden vorab Tischvorlagen per Email versendet.
Um Anmeldung zu der Veranstaltung wird gebeten ([email protected]).
Organisation: Thomas Bedorf, Selin Gerlek
Datum: 20.10.2017
Ort: KSW, Raum 6
Universitätsstr. 33
58084 Hagen
Um Anmeldung wird per Mail gebeten: ([email protected])
Zeit: Do., 5.10.2017, 10.00–12.30 Uhr
Ort: Institut für Philosophie der Universität Wien, Hörsaal 3A, Neues Institutsgebäude (NIG), 3. Stock, Universitätsstraße 7, 1010 Wien
Giovanna Colombetti, University of Exeter, UK
John J. Drummond, Fordham University, New York, USA
Shaun Gallagher, University of Memphis, USA
Søren Overgaard, University of Copenhagen, DK
Dan Zahavi, University of Copenhagen, DK
Der Workshop widmet sich Themen an der Schnittstelle von Praxistheorie und Phänomenologie. Hierzu werden in einem ersten Block Texte von Sophia Prinz gemeinsam diskutiert; im anschließenden zweiten Block werden Texte zu den Themen Intersubjektivität, Interobjektivität und Alterität Grundlage einer Diskussion sein.
Uhrzeit: 10:00 -12:00 Uhr sowie 13:00 - 15:00 Uhr
Ort: B 0.025, KSW-Gebäude
Gelesen werden:
Sophia Prinz u. Hanna Katharina Göbel (2015), "Die Sinnlichkeit des Sozialen. Eine Einleitung", in: Dies., Die Sinnlichkeit des Sozialen. Wahrnehmung und materielle Kultur, Bielefeld, S. 9-49.
Sophia Prinz (i. Ersch.), "Das unterschlagene Erbe. Merleau-Pontys Beitrag zur Praxistheorie", in: Thomas Bedorf und Selin Gerlek (Hg.), Phänomenologische Forschungen, Schwerpunktheft: Phänomenologie und Praxistheorie
Käte Meyer-Drawe (1999), "Herausforderungen durch die Dinge. Das Andere im Bildungsprozeß", in: Zeitschrift für Pädagogik 45/3, S. 329-336
Käte Meyer-Drawe (32001), "Merleau-Pontys Konzeption der Inter-Subjektivität als intercorporéité", in: Dies., Leiblichkeit und Sozialität. Phänomenologische Beiträge zu einer pädagogischen Theorie der Inter-Subjektivität, Paderborn
Es sind alle recht herzlich eingeladen, an dem Workshop teilzunehmen. Um eine Anmeldung wird gebeten: [email protected]
Die Texte werden nach der Anmeldung zugänglich gemacht.
Es sind alle recht herzlich eingeladen, an dem Workshop teilzunehmen. Um eine Anmeldung wird gebeten: [email protected] oder [email protected]
Dem Workshop werden Texte zugrunde gelegt. Die Texte werden nach der erfolgreichen Anmeldung versendet.
Es sind alle recht herzlich eingeladen, an dem Workshop teilzunehmen. Um eine Anmeldung wird gebeten: [email protected]
Dem Workshop werden Texte zugrunde gelegt. Die Texte werden nach der erfolgreichen Anmeldung versendet.
Während bereits der Lebenswelt-Begriff bei Merleau-Ponty ein attraktives Sujet abzugeben scheint, möchte ich indes jedoch eine insbesondere durch Merleau-Pontys Leibphänomenologie inspirierte Sozialtheorie thematisieren, die heute im Zentrum einer wissenschaftlichen Wende steht: Pierre Bourdieu, dessen Theorie der Praxis mit dem Habitus-Konzept eine Versöhnung von Objektivismus und Subjektivismus versucht, steht heute im Mittelpunkt der sogenannten praktischen Wende (practice turn). Insbesondere in Anlehnung an seinen Begriff des Habitus, welcher genuin leiblich verstanden werden muss, werden die Grundannahmen dieser praktischen Wende, d.h. der Praxistheorien, im praktischen Verstehen, präreflexiven Können und inkorporierten Wissen zusammengefasst (vgl. Schäfer 2013, 16-23). Anders als jedoch bei Bourdieu hat sich in den Praxistheorien der Begriff des Körpers durchgesetzt, der hier wieder im Verdacht zu stehen droht, mit einem cartesianischen Dualismus zu hausieren, den Praxistheorien jedoch tunlichst vermeiden möchten. Ich möchte Bourdieus Habituskonzept im Lichte seines Einflusses auf die Praxistheorien thematisieren und dabei eng an Merleau-Pontys leibphänomenologische – und im weiteren Sinne lebensweltphänomenologische – Überlegungen anknüpfend Chancen für einen Dialog zwischen den Sozialwissenschaften und der Phänomenologie ausloten, die in dem Vorschlag münden soll, dass der Leib- und Lebenswelt-Begriff (insb. cartesianische) Gefahren zu umgehen helfen kann, durch welche schließlich eine noch nicht hinreichende Reflexivität (Leiblichkeit) der Praxis (Lebenswelt) und Praktiken (Lebensformen) erzielt werden könnte.
Seit in der Philosophie der sog. linguistic turn und in den Sozial- und Geisteswissenschaften der cultural turn verkündet worden sind, lassen sich eine Vielzahl von Wenden zählen. Eine praktische Wende hat ihrerseits ein mittlerweile etabliertes Forschungsfeld herausgebildet: die Praxistheorie(n). Diese Wende zeichnet sich durch die Umstellung ihrer Beobachtung auf den Vollzug von Praktiken statt sozialer Akteure oder Strukturen aus und wendet sich damit gegen die epistemische Herrschaft von Dichotomien wie Subjekt/Objekt, Regel/Anwendung, Makro-/Mikroperspektive, Struktur/Handlung, Gesellschaft/Individuum und Subjektivismus/Objektivismus.
Praxistheorien stellen aber kein kurzlebiges Ergebnis solcher turns dar, sondern stützen sich auf zahlreiche Vordenker, Theoreme, Methoden, Reflexionen und Problematisierungen, die ihre Wurzeln in der Philosophie haben. Die sozial- und kulturwissenschaftlichen Zugriffe auf den Praxisbegriff verdanken sich offen wie auch unausgesprochen philosophischer Quellen und Vorläufer.
Im Kontext dieser praktischen bzw. Praxis-Wende ist es an der Zeit, all jene theoretischen Zugänge zu versammeln, die vonseiten der Philosophie zu einem kritischen Verständnis des Begriffs der Praxis maßgeblich beigetragen haben. Im Rahmen des zweitägigen Workshops werden all jene Autoren, die zentral mit dem Praxisbegriff operiert haben, in ihrem historischen Kontext und ihrem systematischen Beitrag diskutiert werden.
Die Tagung wird im Rahmen des Forschungsprojektes " Praktische Körper " (DFG) veranstaltet.
Organisation: Thomas Bedorf und Selin Gerlek
die Leiblichkeit, die Leib-Körper-Differenz, das Zur- bzw. In-der-Welt-sein, die kritische Infragestellung eines identitären Subjektbegriffs oder die Erfahrung.
Die untereinander durchaus heterogenen Ansätze sollen in ihren Verweisungszusammenhängen im Seminar diskutiert werden. Hierzu werden zunächst einschlägige Texte aus der Frühphase eines strukturalistischen Denkens (de Saussure, Lévi-Strauss) gelesen sowie anschließend phä-nomenologische (Sartre, Merleau-Ponty, Derrida, Nancy) und schließlich poststrukturalistische Ansätze (Foucault, Deleuze, Butler) herangezogen. Erstrebt wird ein differenziertes Verständnis nicht nur des großen Einflusses strukturalistischer Ideen in den Geistes- und Sozialwissenschaften, sondern auch deren Kritik durch Phänomenologie und Poststrukturalismus.
Im Seminar wird es darum gehen, die wichtigsten Grundzüge von Merleau-Pontys Phänomenologie der Leiblichkeit im Rückgriff auf Früh-, Haupt- und Spätwerk herauszuarbeiten. Dafür sollen zunächst die frühen Überlegungen zur Rolle der Wahrnehmung (Das Primat der Wahrnehmung) Gegenstand sein, um den Hintergrund zu klären, vor dem das 1945 erschienene Hauptwerk Phänomenologie der Wahrnehmung in seiner Reichweite erst zu verstehen sein wird. Mit dem Hauptwerk wird auch der zentrale Ertrag einer merleau-pontyschen Leibphänomenologie thematisch und daher eingehend diskutiert. Schließlich bildet den Abschluss des Seminars die Betrachtung seines Spätwerks, das insbesondere mit Das Sichtbare und das Unsichtbare nunmehr eine Radikalisierung seiner leibphänomenologischen Überlegungen vornimmt: Mit dem zentralen Begriff des Fleisches versucht Merleau-Ponty eine ›indirekte Ontologie‹ zu begründen, nach welcher vor jeder leiblichen Erfahrung eine ursprünglichere Form existiert, deren Sinn uns nur in einer Verflechtung (Chiasmus) von Leib und Welt, in einer Abweichung, gegeben ist.
Empfohlene Hintergrundlektüre:
Günzel, Stephan, Maurice Merleau-Ponty. Werk und Wirkung. Eine Einführung, Wien 2007.
Merleau-Ponty, Maurice, Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin 1965.
Waldenfels, Bernhard, Das leibliche Selbst. Vorlesungen zur Phänomenologie des Leibes, Frankfurt/M. 2000.