Fachbereich Geschichte

Unter dem Begriff der ‚Bischofsherrschaft‘ können weltliche Lokalherrschaften spätantiker Bischöfe subsumiert werden, die sich in Reaktion auf die neuen politischen Verhältnisse im poströmischen Gallien etablieren konnten. Dabei sei es den Bischöfen vor allem gelungen, wie Steffen Diefenbach festgestellt hat, ein Bild vom Episkopat zu erzeugen, das ein Wissen von der bischöflichen Autorität tief in der öffentlichen Wahrnehmung verankert habe. Besonders die zahlreichen gallischen Bischofsviten bildeten ein geeignetes Medium, um ein solches Bild kommunizieren zu können. Doch bleibt eine Darstellung einflussreicher Bischöfe oder gar einer ‚Bischofsherrschaft‘ in der spätantiken Hagiographie auf den gallischen Raum begrenzt oder kann Vergleichbares selbst in der poströmischen Peripherie gefunden werden, in der eine ähnliche politische Ausgangslage beobachtet werden kann wie in Gallien? So etwa auf der Iberischen Halbinsel, wo sich ab dem 5. Jh. n. Chr. ebenfalls ein poströmisches regnum instituieren konnte. In Verbindung mit dieser Frage erscheint es weiterführend von besonderem Interesse, ob sich eine Art der bischöflichen Herrschaft sogar in der oströmischen Hagiographie abbildet. Schließlich waren die Verwaltungs- und Amtsstrukturen des Oströmischen Reiches weitgehend intakt geblieben, womit jene Entwicklungsbasis entfällt, die vielfach für die Genese einer gallischen ‚Bischofsherrschaft‘ postuliert wurde. Im Rahmen des Vortrags sollen zwei Bischofsviten des 7. Jh. aus West und Ost, nämlich die westgotische ‚Vitas Sanctorum Patrum Emeretensium‘ und die Vita des Johannes Elemosynarius, verglichen und auf Darstellungen bischöflicher Herrschaft überprüft werden. Dabei wird der Herrschaftsbegriff von Max Weber verwendet, um den Fokus der Untersuchung nicht einzig auf das institutionelle Verhältnis zwischen dem Bischof und einer Art der ‚staatlichen‘ Macht zu konzentrieren, sondern auf die Beziehung zwischen dem Bischof und seiner Gemeinde zu lenken. Demnach soll anhand ausgewählter Aspekte (Patronatsverhältnisse, Kontrolle über finanzielle Mittel, Auseinandersetzungen mit anderen Autoritäten etc.) vorwiegend deutlich werden, in welchen Handlungen sich eine episkopale Autorität offenbart und wie eine solche kommuniziert und legitimiert wird. Allerdings ist dabei nicht nur zu prüfen, inwiefern eine Autorität durch weltliche Aufgaben des οἰκονόμον bedingt wird, sondern auch wie diese mit der Rolle des Bischofs als sanctus vir verbunden ist.