Entfremdete Arbeit - Wikipedia
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Die entfremdete Arbeit (auch entäußerte Arbeit) ist ein von Karl Marx geprägtes Konzept der
Entfremdung. Für Marx ist die Arbeit die zentrale, alles begründende Kategorie, mit deren
Analyse er Entfremdung in den unterschiedlichen Gesellschaftsformationen aufdecken und
begreifbar machen möchte.
„Ökonomisch-
philosophische
Manuskripte“
Das Konzept der entfremdeten Arbeit formulierte Marx in den zu Lebzeiten unveröffentlichten
Ökonomisch-philosophischen Manuskripten von 1844, die das erste größere polit-
ökonomische Werk von Marx darstellen und erst 1932 veröffentlicht wurden. Marx erkannte,
dass der Arbeiter das wachsende Privateigentum des Kapitalisten produziert, der den
Arbeiter damit ausbeutet. Das Privateigentum sei daher Produkt der entfremdeten Arbeit wie
auch Mittel, durch das die Entäußerung der Arbeit reproduziert werde. Der Arbeiter produziere
daher nicht nur eine wachsende Zahl ihm fremder Waren, mit ihnen reproduziere er auch
zugleich das ihn ausbeutende Lohnarbeitsverhältnis selbst und die Warenförmigkeit seiner
Arbeit. Mit der fortlaufenden „Verwertung der Sachenwelt“ nehme die „Entwertung der
Menschenwelt in direktem Verhältnis zu“. Der Arbeiter werde umso ärmer, je mehr Reichtum
er produziere. Die Entfremdung durch das Lohnarbeitsverhältnis zwischen Arbeiter und
Kapitalist manifestiere sich in vier Formen:
In der Schrift Die deutsche Ideologie problematisiert Marx zudem noch den Begriff der
Entfremdung dahingehend, dass dieser idealistisch vorgeprägt sei und daher oft falsch
interpretiert werden könne. So spricht er dort auch nur von „Entfremdung“, „um den
Philosophen verständlich zu bleiben“. Er meint hier mit Entfremdung vor allem, dass die
hierarchische gesellschaftliche Teilung der Arbeit, die Festsetzung der sozialen Tätigkeit, kurz
die Bildung von Klassen und die damit verbundene Verfügung über fremde Arbeitskraft die
Individuen in ihrer freien Entwicklung einschränke. Das gesellschaftliche Zusammenwirken in
der Produktion des Lebens erscheine den Individuen nicht als ihre eigene Macht; sie sei eine
fremde, außer ihnen stehende, durch die gesellschaftlichen Beziehungen vermittelte Gewalt.
Dieser Umstand könne nur dadurch aufgehoben werden, dass die Menschen einerseits ihre
eigenen Kräfte als gesellschaftliche erkennten und organisierten, d. h., dass sie die
gesellschaftlichen Widersprüche, die sich aus den konkreten gesellschaftlichen Beziehungen
der Menschen ergäben, erkennten und aufhöben. Andererseits seien umfassend entwickelte
Produktivkräfte eine Voraussetzung, um eine Aufhebung der hierarchischen Teilung der Arbeit
zu ermöglichen. Somit könne der Mensch seine Umwelt bewusst tätig gestalten und
verändern; sein gesellschaftliches Sein stehe ihm nicht mehr als fremde, ihn bestimmende
Macht gegenüber, sondern als eine Ermöglichung zu umfassender individueller Entfaltung.
„Das Kapital“
In Marx’ ökonomischem Hauptwerk Das Kapital bildet entfremdete Arbeit keine theoretische
Kategorie. Marx nutzt den Begriff nur gelegentlich in unterschiedlichen Zusammenhängen.
Ob er das Konzept der Entfremdung in seine Theorie der kapitalistischen Produktionsweise
systematisch integriert hat oder ob er andere Konzepte dabei anwendete, ist umstritten.
Beispielsweise merkt Marx an, dass die „verselbständigte und entfremdete Gestalt, welche
die kapitalistische Produktionsweise überhaupt den Arbeitsbedingungen und dem
Arbeitsprodukt gegenüber dem Arbeiter gibt“, sich mit „der Maschinerie zum vollständigen
Gegensatz“ (MEW 23: 455) entwickele. Diese Überlegung formuliert er im Zusammenhang
mit der Produktion des relativen Mehrwerts (Steigerung des Mehrwerts durch
Produktivitätssteigerung) und der reellen Subsumtion der Arbeitskraft unter das Kapital. In
der großen Industrie seien nicht die Werkzeuge Mittel der Arbeitenden, sondern die
Arbeitenden nur Beiwerk zur Produktionsmaschinerie.
An anderer Stelle formuliert er ähnlich wie in der deutschen Ideologie Entfremdung als Macht,
die aus den gesellschaftlichen Beziehungen erwächst und den Akteuren als fremde Macht
gegenübertritt. So schreibt er, das Kapital zeige „sich immer mehr als gesellschaftliche Macht
… – aber als entfremdete, verselbständigte gesellschaftliche Macht, die als Sache, und als
Macht des Kapitalisten durch diese Sache, der Gesellschaft gegenübertritt.“ (MEW 25: 274)
In einer Zusammenfassung bestimmter Ausführungen im Kapital greift Marx einige Punkte
entfremdeter Arbeit auf, wie er sie schon in den ökonomisch-philosophischen Manuskripten
formulierte:
Rezeption
Entscheidende Werke der marxschen Entfremdungstheorie wurden erst in den 1930er-Jahren
veröffentlicht, weshalb sich frühere marxistische Theoretiker mit diesen marxschen
Überlegungen nicht in derselben Weise auseinandersetzen konnten wie spätere. Mit der
Veröffentlichung setzte ein Boom an Rezeptionen ein, die oft versuchten, die marxsche
Theorie im Kontext der veränderten Quellenlage neu zu interpretieren. Besonders die
ökonomisch-philosophischen Manuskripte wurden dabei herangezogen, um sie der
realsozialistischen Praxis gegenüberzustellen.
Die Rezeption lässt sich grob in zwei Richtungen unterteilen. Die eine sah im Frühwerk die
philosophische Basis für die späteren ökonomischen Studien bzw. das philosophische
Grundprogramm von Marx. Sein Werk drehe sich um die Bedingungen zur Aufhebung der
Entfremdung der Menschen in der modernen Gesellschaft und damit um die Emanzipation
des Menschen. Andere betonten dagegen den theoretischen Bruch zwischen dem Frühwerk
und den späteren – marxistischen – Werken. Marx argumentiere in seinem Frühwerk noch in
der Gedankenwelt Feuerbachs und Friedrich Hegels. Er greife beispielsweise immer wieder
auf die feuerbachsche Fassung des Gattungswesens des Menschen (wie er sie in den
Thesen über Feuerbach kritisiert) zurück und denke auch sonst in Kategorien Feuerbachs und
Hegels. Die theoretische Revolution von Marx bestehe gerade in dem Bruch mit Hegel und
Feuerbach. Der später von Marx praktisch aufgegebene Begriff der Entfremdung deute darauf
hin, dass er dieses theoretische Konzept durch andere Konzepte ersetzte. Dieser zweiten
Sichtweise nach können daher die in den ökonomisch-philosophischen Manuskripten
formulierten Thesen nicht als philosophisches Programm von Marx verstanden werden.
Literatur
Weblinks
Abgerufen von
„https://de.wikipedia.org/w/index.php?
title=Entfremdete_Arbeit&oldid=237554195“