Kalweit, Holger - Platons Totenbuch
Kalweit, Holger - Platons Totenbuch
Kalweit, Holger - Platons Totenbuch
TRAUM I NITlATION
Spirituelle Traumdeutung
DVD
HOLG E R KALWEIT
Der Mann der beiden Welten
WWW.EMINENT.CZ
-
•
H O L G E R K A L W E I T
PL AT O N S T O TE N B UC H
Holger Kalweit
PLATONS
TOTENBUCH
Eros, Seelenenergie
und
Leben nach dem Leben
E M I N E NT 2006
Seite 4: Sokrates. Antike Kopie einer Lysipp
zugeschriebenen Büste. 4. jh. v. Chr., Marmor,
Höhe 55 cm.
ISBN 80-7281-213-0
7
INHALT
Platon und Sokrates 11
0
des Äthers 84
Der Körper als Spiegelbild der Seele 84
0
IV DAS LEBEN
·
0
Das Leben als geheimer jenseitslehrer 1 39
Der Sinn des Lebens 139
Wiedererinnern 140
D e r Staat als Echo des jenseits 1 40
Der Ursprung der Berufe 141
Missglückter V·DAS ENDE
jenseitsaufenthalt 1 42
Der echte Philosoph
Selbstmord 142
Harmonie, Glück,
ist am liebsten tot 158
0
Literatur 1 64
Platon in Disputation mit Aristoteles. Detail der Freske Athenische Schule von Raphael (151 1).
Platon. Marmorkopie des griechischen Originals. Etwa Mitte des 4. ]h. v. Chr. Weißer Marmor, Höhe 35 cm.
. 1 .
DAS
TOTENREICH
14
MODERNE
FEIN STO FFFO RSCHUN G
sen, entdeckte ich bei den von mir untersuchten Vier Jahre sollte er dort bleiben. Die damalige
Kulturen (Hawaii, Südwesten der USA, Tibet) ein Bestrafungsmethode sah folgendermaßen aus:
immer gleich bleibendes Muster. Man hätte sehr die Gefangenen wurden in zwei Zwangsjacken
persönliche Erfahrungen erwarten sollen, aber gesteckt, und diese wurden mit Wasser befeuch
die prinzipiellen Wegmarken bei der Todeser tet, wodurch sie sich zusammenzogen und zum
fahrung wiederholen sich in vorhersagbarer Gefühl des Erstickens führten. Für Morrell waren
Weise. Allein dieses Wiederholungsmuster macht die Schmerzen so unerträglich, dass er aufgab
die Todeserfahrung so interessant und beweist und sich dem Sterben hingab. Plötzlich befand er
zugleich, dass wir es mit einer überhistorischen, sich außerhalb seines materiellen Körpers und
transkulturellen und unpersönlichen Erfahrung wanderte befreit durch das Gefängnis und über
zu tun haben, die allen Kulturen gemeinsam ist wand es schließlich. Er spürte keinerlei Schmer
und zu allen Zeiten auftrat und auftritt. Würde zen mehr. Da er nach der Folter keinerlei Anzei
jede Person etwas anderes erleben, müssten wir chen von Depression zeigte, setzten ihn seine
von Halluzination und Phantasie ausgehen. Die Folterer immer wieder dieser Methode aus, ein
Todeserfahrung aber zeigt wirkliche Strukturen mal sogar für 126 Stunden. Morrell aber flüchte
unserer Psyche, gar der Wirklichkeit auf, aber te jedes Mal aus seinem Körper, dies waren seine
eben andere, als es die konventionelle, westliche angenehmsten Stunden. Im außerkörperlichen
Wissenschaft kennt. Zustand hatte er paranormale Erlebnisse; so sag
Ich beschäftigte mich neben den schamanischen te er den Tag und die Stunde seiner Entlassung
Todeserfahrungen auch mit den Kosmologien exakt voraus. In seinem anschließend aufgezeich
der Kulturen und stellte Übereinstimmungen neten Buch „The Twenty Fifth Man" geht er detail
zwischen persönlicher Erfahrung und der Stammes liert auf seine Erlebnisse ein. Der Schriftsteller
kosmologie fest. Ich musste mich nun fragen: Jack London, später ein guter Freund von ihm,
Entstammen die kosmologischen Vorstellungen schrieb eine Romanversion darüber mit dem Ti
Menschen in Todesnähe, bei der sie in parallele Eine ähnlich merkwürdige Erfahrung schilderte
Wirklichkeiten oder Welten eingedrungen sind? mir eine Bekannte.
Nun: Die alten Kulturen und Stammesgesellschaf
ten behaupten eben genau das! Nachdem ich mich
•
Im Dezember 1980 hatte ich eine Totgeburt; es
mit den Weltentstehungslehren von Stämmen be war eine Notoperation. Mir war nicht bewusst;
schäftigt hatte, kehrte ich zurück zur westlichen was da im Endeffekt los war; es herrschte eine wahn
Welt und untersuchte nun das gleiche bei den sinnige Hektik im Raum, der Professor hat ge
Germanen und Kelten (siehe mein: Das Toten brüllt. Ich habe das Sterben des Kindes miterlebt,
buch der Germanen, Das Totenbuch der Kelten). nur wusste ich das nicht. Dann ging das wahnsin
In diesem Werk behandle ich eine 2000 Jahre alte, nig schnell, weil man - glaube ich - drei Minu
alle modernen Theorien in den Schatten stellen ten Zeit hat, in dieser Situation das Kind zu holen,
de Jenseitswissenschaft: Platons Totenbuch. und die Zeit war einfach zu knapp. Man schloss
mich, während ich in den OP gefahren wurde, an
DIE ERF AHRUNG DES TODES Schläuche an. Ich bin überhaupt nicht mitgekom
men, was da vor sich ging, und erst im OP, als sie
Am Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurde mir den Katheter setzten, das hat wahnsinnig
Ed Morrell ins Gefängnis von Arizona eingeliefert. weh getan, da habe ich zum ersten Mal gefragt,
---- --- -------
Weitere Erlebnisse:
Charon im Boot. Zu ihm herab steigen die Schat Schrei entrang. Ich selbst aber befand mich ober
ten des Aigistos und der Klytaimnestra Detail von halb des Autos. Dieser Schrei klang, als käme er
der linken Seitenwand eines Marmorsarkophags, von ganz weit her, obwohl ich höchstens drei
um 134 u.Z. Meter über dem Auto schwebte. Mein Körper
dort unten war mir ganz fremd. Da dachte ich: So
„Was ist eigentlich los?", dann hat der Professor
ist es, wenn man stirbt. Das war ein Erlebnis, das
gesagt: „Frau Bosel, ihr Baby ist bereits tot, für ihr
ich immer noch auf der „Netzhaut" habe. Ich ver
Baby können wir nichts mehr tun, wir müssen
suchte verzweifelt, das Auto aus dem Wasser zu
schauen, dass wir Sie retten." Und dann ging al
ziehen und beobachtete mich bei diesem lächer
les sehr schnell. Es war auf einmal ein unglaublich
lichen Versuch.
angenehmer Zustand. Ein wunderbar leichtes Ge
Ich (Frau) hatte nach der Operation eine Eukodal
fühl; ich habe das Gefühl gehabt, überhaupt
•
worden, was da los war, warum das plötzlich so Schmerzen waren weg, ich fühlte mich ganz
hell ist, wo das herkommt und hinführt. Ich leicht und hell. Ein wunderbares Gefühl, so wach
wollte also sehen, was hinter dem Hellen liegt. Ich zu sein. Dann bin ich eingeschlafen, wodurch,
habe mich angestrengt dorthin zu kommen, aber weiß ich nicht mehr genau.
irgendwie habe ich das Gefühl gehabt, dass das so • Es fand nur ein kleiner Eingriff nach der Geburt
ist, wie wenn ich laufe, und es läuft vor mir her. statt (Frau). Ich fühlte mich plötzlich in einer sehr
Das war also nicht zu greifen. behüteten Umgebung. Ich wusste nicht mehr, wer
Das Licht ging wie ein Kegel nach außen. Es war ich war, wo ich war, ich war reines Gefühl. Die
hell und ist mit keinem Licht auf der Welt zu ver- Rückkehr in unsere Welt war so, als ob ich sie
17
mich nicht wohl, ging spazieren i n der Stadt, und diese Erfahrung im Gedächtnis geblieben. Wa
als ich vom Frisör wegging, schwebte ich plötzlich rum? Weil sie so außergewöhnlich war?
oberhalb von mir. Das war eine ganz herrliche • Eine Bekannte lag im Sterben, im Koma Sie hatte
Sache. Das Gefühl zu haben, ich kann überall hin. gar nicht gesprochen, sie war ja im Koma. Dann
Mein Blick fiel nach unten, da sah ich meinen wacht sie mit einem Male auf und sagte zu ihrem
eigenen Leib wie nicht unbedingt zu mir gehörig. Sohn: „Wie siehst du denn aus. Wie von einem
Bin ich das, das dort unten? Dann sagte ich mir: anderen Stern!" Es war, als käme sie aus einer an
Ich gehöre da unten hin; und dann war das Gefühl deren Welt, wie zwischen zwei Welten gefangen.
mit einem Male weg. Danach überkam mich Dann sagte sie noch - die Konfirmation stand
immer ein herrliches Gefühl, wenn ich nur an das bevor: „Bei der Konfirmation werde ich darüber
Erlebnis dachte. schweben und zuschauen!0
• Sieben Jahre alt war ich (Frau, 69 Jahre) und hatte
eine schwere Vergiftung von unreifem Obst. Ich U NIVERSELLES WISSEN
war dem Tod nahe. Der Arzt glaubte, ich würde
sterben. Auf dem Höhepunkt der Krankheit habe Ich befand mich plötzlich in einer grauen Nebelwelt.
ich mich selbst von außen gesehen. Meine weinen In dieser Nebelwelt hatte ich das Gefühl, das darin
de Mutter saß neben mir am Bett. Ich wunderte alles W1Ssen irgendwie in Partikelchen gespeichert sei.
mich, warum sie weinte, obwohl mir sehr wohl Ich wusste einfach alles. jetzt aber - zurückgekehrt -
war. Dann wurden Wechselbäder mit mir ge habe ich alles wieder vergessen.
macht, was ich aber nicht mehr mitbekam. Ich Welche Art Wissen in der Nebelzone gespeichert
fühlte mich gelöst und fröhlich. Zeitlebens ist mir ist, bleibt unklar, die Gesetze der Natur oder alles
Nekromanteion in Ephyra Nekromanteia waren Orte, an denen die Menschen mit den Seelen der Verstor
benen kommunizierten. Sie befanden sich an den Eingängen zur Unterwelt. 4. -3. jh. v. Chr.
19
Wissen über alle Lebewesen oder beides. Aber allein. Hierbei transformieren sich Denken,
nicht nur in der Plasmazone erfährt jeder Plasma Fühlen und Ichbewusstsein sowie Raum, Zeit und
naut ein universelles Wissen, Gleiches, aber noch Kausalität weiter.
intensiver, widerfährt ihm nach der zweiten
Vom Geist her betrachtet verhält es sich so: Ein Teil
Abspaltung, der Abspaltung des Geistes von der
des puren Geistfeldes verdichtet sich zu etwas,
Seele, wenn er nur noch reiner Geist ist. Offenbar
das wir Plasma oder Lebensenergie nennen, zu
besitzt jede der drei Ebenen ihre eigene Qualität
geronnener Geistenergie. Ein Teil dieses Plasmas
an Wissen, und auch im Materiellen besitzen wir
verdichtet sich weiter, formt Materie. Im End
ein Wissen, das aber offensichtlich viel geringer
stadium dieser Kette entsteht etwas, das aus drei
ist als jenes der beiden anderen Dimensionen.
Aggregatzuständen oder Dimensionen zusammen
gesetzt ist, nämlich Geist, Energie und Materie.
DIE ZWEI QUARTETTE Wohlgemerkt: alle drei sind lediglich verdichtete
Manifestationen eines allerhöchsten Zustandes,
Wie kommt es zu einem Erkennen und Erfahren des ,,Alles-ist-in-Allem". Dies ist das älteste Evolutions
der drei Welten: Materie, Plasma, Geist? Unsere modell: aus einem uranfänglichen Nicht-Zustand,
materielle Welt besteht - will man ihre Faktoren einer leere, bilden sich stufenweise zwei weitere
benennen - aus Raum, Zeit, Kausalität und Dimensionen. Von oben betrachtet entstehen
Materie und subjektiv aus Sinnen, Gefühlen, sukzessive die acht Quartettfaktoren. Ist z. B. Zeit
Denken und Ichbewusstsein. Ich spreche dies in der reinen Geistdimension nicht vorhanden,
bezüglich von zwei Quartetten. In der Plasma kristallisiert sie sich via Plasma in der Materie
dimension verwandeln sich die beiden Quartette dimension zu der uns bekannten Zeit, und so ge
radikal. Im Plasma sind der Körper und damit die schieht dies auch mit allen anderen Faktoren. Aus
körperlichen Sinnesempfindungen sowie das der leere wird Fülle geboren, aus dem Nichts
gesamte Quartett I von uns abgefallen; erhalten Sein.
bleiben Denken, Fühlen und Ichbewusstsein.
Ich bin der Ansicht, dass diese Kosmologie, die die
Diese verändern sich nun, indem sie sich intensi
alten Völker und traditionellen Kulturen entwor
vieren! Mit „intensivieren" meine ich, dass z. B.
fen haben, die moderne Kosmologie sehr wohl
unsere Gefühle farbiger, unser Denken schärfer
einiges lehren kann; ein solchermaßen in sich
werden. Sie intensivieren sich, weil der Körper,
logisches Weltbild gelang es der Modeme bisher
der als Filter vor dem Seelenplasma steht, wegge
nicht zu entwerfen. übersehen werden darf auch
fallen ist. Raum, Zeit und Kausalität sind wegge
nie, dass hier Physik und Psychologie, Natur und
fallen, intensivieren sich bzw. kehren sich um zu
Mensch eine Einheit eingehen, etwas, das in der
Nichtraum, Nichtzeit und dem, was ich Superkau
zeitgenössischen Wissenschaft ganz und gar aus
salität nenne, nämlich dem Zusammenschrump
einanderfällt. Es ist aber nicht möglich, Lebe
fen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
wesen und Natur voneinander zu trennen, beide
nach dem berühmten Satz des Giordano Bruno
gehorchen den gleichen Prinzipien, und dies er
auf den Punkt gebracht: „Die Linie ist der Punkt!"
kannt und in einer Weltschau vereinigt zu haben,
Mit dem Tod des Körpers existieren reiner Geist hat nur die traditionelle Kosmologie geleistet, in
und Plasma in einer Symbiose. Erst in der puren dem in den drei Kosmen drei „Körper" paralleli
Geistdimension, wenn auch der Plasmaleib ab siert wurden und damit der Mensch als Wesen
geworfen ist, existiert der Geist ganz für sich aus drei Dimensionen erkannt wurde.
20
DER PLASMAF LUSS anderen Ufer scheint es besser zu sein. Die meis
ten müssen durch den Fluss hindurch schwim
Die Transformierten befinden sich nach einer men oder über ihn hinübersetzen. Einige Glück
Seelenabspaltung sehr häufig nicht nur in Gefilden liche jedoch gelangen blitzschnell hinüber, im All
aus Dunst, Nebel und grauen Wolken wieder; sie gemeinen jene, die dieser Zone nur einen kurzen
mögen auch am Ufer eines Flusses stehen mit Besuch abstatten.
dem zwingenden Gedanken ihn überschreiten zu In der Dimension der Seelenabspaltung scheint
müssen: Gewässer, Meer, Ozean, See, Teich, unsere Gefühls- und Gedankenwelt nach außen
Lagune oder einfach eine regnerische, feuchte, gekehrt zu sein. Wir sehen jetzt außen, wie wir
wässrige, auch schleimige Atmosphäre können es uns fühlen. Ein recht paradoxer Zustand, so als
sein. Für jene, die einen Fluss erfahren, wird bald seien unsere Gefühle durch einen unheimlichen
klar, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Mechanismus als Film nach außen projiziert. Ver
Fluss handelt. Es ist der „Bitterfluss", wie die gegenwärtigen wir uns die Situation, kommt dies
Griechen sagten, ein Wasser des Leidens. Und jedoch keineswegs unerwartet. Da wir unseren
auch die wolkenverhangene, zwielichtige Dämmer Körper in der Raumzeit zurückgelassen haben,
atmosphäre scheint nur eine Widerspiegelung sind wir jetzt ja nur noch bloße Gefühls- und
des eigenen mentalen Leidens, sprich: unserer Gedankenwesen, und so wie wir im Traum unse
mentalen Dunkelheit, zu sein. re Träume, also unsere Gefühle, außen sehen, so
Seit Ewigkeiten müssen Menschen diesen Fluss auch jetzt. Die Tibeter vergleichen aus diesem
überqueren; die größten unter ihnen waren jene, Grund unsere Traumphase mit dem Zustand des
Todes. Auf diese Weise lässt sich dieser eigen
die sich bewusst vorgenommen hatten, in die
Todesdimension zu reisen, um dort Verstorbene artige Zustand leicht verstehen Und so wie wir im
zu treffen oder gar um sie dort wieder herauszu Traum all unsere Wünsche und Ängste ausleben
holen: die Helden! Einige der griechischen Hel können, so auch in diesem Zustand, denn wir sind
den, Theseus, Odysseus, Dionysos, Orpheus, Hera von den einschränkenden Bedingungen des Kör
kles kennen wir. Bei den Babyloniern waren es Bel pers und des Wachbewusstseins befreit. Diese
und Marduk, bei den Italikern Äneas. In Irland Dimension ist daher eine rein subjektive Phantasie
Cuchulain, in Britannien Arthur, Gwyion und welt. Wer also nicht gelernt hat, seine Gefühle zu
Amathaon und in der Bretagne Ogier le Danois. beherrschen, wird von ihnen gefoltert werden. In
Auch in den Stammeskulturen gibt es unzählige der Plasmadimension werden wir zu Bildhauern
in Gruppen so wie auf Begrüßungsparties warte wundervolles blaues Licht sehen, das emporkam
ten. Das Wasser schwappte an Strände und Buch und mich einhüllte. (Michel, S. 62)
ten. Hände streckten sich aus, um einige der Trei •
. . . und löste mich schließlich vom Körper. . .
benden aus dem Fluss zu ziehen. Die Wartenden wobei ich langsam aufstieg und mich zur vollen
umarmten und küssten die Herausgefischten, als Menschengestalt ausdehnte. Es erschien mir, als
kämen sie von einer langen gefährlichen Reise sei ich durchsichtig - von bläulichem Farbton.
nach Hause. (Rawlings o.}. 5. 82)
Wie ich das beobachtete, dachte ich an meine
•
. . . ich schaute desinteressiert auf meinen zurück
Mutter, die das Jahr zuvor gestorben war und
gebliebenen Körper im Bett. Dann ging ich direkt
fragte mich, ob sie irgendwo auf mich warte. Als
durch die Wand, die offensichtlich kein Hindernis
ich das dachte, trug mich der Fluss zu einer Ecke,
für mich bot. Jenseits war ein unermesslich tief
wo eine Gruppe von Leuten mir scheinbar
blauer Raum. . . ( Nea/, Y u Yu, 5 . 181)
zuwinkte. Ich erkannte meinen Großvater und
meine Großmutter, auch einige Tanten und Onkel, Blau ist die eigentliche Farbe des Plasmas. Damit
die ich im Familienalbum abgebildet gesehen komme ich zum „blauen Feuer". Doch trifft der
hatte. Und vor ihnen allen stand meine Mutter! Begriff „Licht" nicht ganz zu, denn die Atmo
Ich berührte fast Mutters Hand, doch plötzlich sphäre hat eine größere Dichte als Licht, was fol
fühlte ich, wie ich weggezogen wurde. Ich schien gende Schilderungen belegen.
Meine Erforschung der Plasmadimension begann gräulichen, sandigen Schleier ging und dann öff
eigentlich, als ich auf jene eigenartige Lichtquali nete es sich und alles war wüstenartiger gräuli
tät aufmerksam wurde, von der die Reisenden cher Sand. (aaO. S. 201)
nach einer Lysis berichten. Es schien mir, als träten Die Farbe des Lichts ist, wenn nicht bläulich, dann
sie in eine Atmosphäre mit ganz anderer Qualität neblig-grau, h äufig aber auch graublau, vio
als der unsrigen ein. Hier einige Beispiele. lett-grau, mit blasser phosphoreszierender bläu
•
Während der Nacht meinte ich herunterzufallen, licher Atmosphäre.
hinein in einen Brunnen, der sich im Kreis drehte. Viele Berichte erwähnen diese neblige, graue,
Am Ende dieses tiefen Loches konnte ich ein wässrige, nasse, feuchte Atmosphäre. Sie besteht
23
nicht einfach aus Luft, sie weist auch eine gewisse sich kalt anfühlte. An diesem Punkt merkte ich
Stofflichkeit eben wie Nebel oder Rauch auf. wie ich etwa 10 Zentimeter über meinem Körper
Statt von Nebel zu sprechen erwähnen andere schwebte. (Rawlings zit. bei Michel, S. 68)
Schilderungen, um die Halbmaterialität zu beto •
. . . ich stand in einiger Entfernung vor dieser bren
nen, auch die Atmosphäre sei wie „Feuer" oder nenden, wild rollenden Masse aus blauem Feuer„.
„Wasser", die ja auch sehr luftig, doch aber von (ders. S. 68)
einer rechten Konsistenz sind. Im Allgemeinen
erfahren die Nahtod-Reisenden lediglich eine neb
•
Das nächste, was ich wusste, war, dass ich nahe
lig-bläuliche Atmosphäre. Für einige, deren Ge am Rand eines großen Ozeans aus Feuer stand„.
fühle durch irgendeinen Anlass in Aufruhr sind, Ich stand in einiger Entfernung von dieser bren
sei es durch Schmerzen, Drogen, Ängste usw„ ver nenden, bewegten und schwappenden Masse aus
wandelt sich der Dunst unter ihren Emotionen in blauem Feuer. So weit meine Augen sehen konn
blaue Feuerflammen, aber auch in rote Flammen, ten, ein See aus Feuer„. (Rawlings o.}. S. 130{)
wenn sich ihr Gefühlsdurcheinander noch ver Erinnert sei auch an einen Hinweis in der Bibel,
stärkt. Hier einige Fälle: in der Offenbarung 21, 8 heißt es: „. den See, der
•
Ich spürte einen inneren Kampf zwischen mir
mit Feuer und Schwefel brennt.
selbst und einer bösen Kraft. Im letzten Augen Uns mag an diesen Berichten zunächst verwun
blick fühlte ich eine innere Explosion und schien dern, dass oft von blauem Wasser gesprochen
eingehüllt zu sein in eine fahle blaue Flamme, die wird, welches jedoch brennt. Wasser kann nicht
24
Goldene Toten
maske. Mykene,
16. jh. V. Chr.
Feuer fangen, sagen wir. Was aber, wenn diese Wir sind nach der Seelenabspaltung in einen
träge schwappende Masse weder Wasser noch Plasmakörper eingehüllt, das ist es, was von uns
Feuer ist, sondern von den Beobachtern nur mit übrig bleibt, der massive Körper bleibt in der
Worten beschrieben wird, wovon die Begriffe Materienwelt liegen. Mit dem Plasmakörper neh
Wasser und Feuer dem Phänomen am nächsten men wir nur die Plasmaumwelt wahr, plasma
kommen? Die Flammen züngeln nicht wie Flam tische Strukturen. Diese haben ihren ganz eige
men, sie bewegen sich eher wie Meereswellen. nen Ausdruck, und es bedarf einer ganz neuen
Zudem wird das Flammenmeer oft als kalt und Sprache, um das Gesehene und Gefühlte in unsere
zugig und nur in bestimmten Fällen als heiß Sprache zu kleiden. Tun wir das, dann kommt es
empfunden. zu widersprüchlichen Beschreibungen; solche Be-
25
griffe wie Flammensee, Feuerwasser, kalte Flam Herbst, es fröstele einem leicht, man fühle sich
men sind dafür ein Beleg. Züngelnde Flammen unterkühlt. Hinzu kommt die Sicht, die irgend
aus bläulich leuchtendem Wasser! Die Ägypter, wie genommen wird durch jenes neblige, dunsti
die vom Feuersee der Verdammten sprechen, der ge, dampfige oder wässrige Klima Gleichzeitig
die Verstorbenen vernichte, gleichzeitig aber wird das damit verbundene blaue Licht immer be
erquicke und zur Neugeburt führe, beweisen eine grüßt und als wundervoll empfunden. Erinnert
uralte Kenntnis der Vorgänge jenseits der sei in diesem Zusammenhang an die transzenden
Raum-Zeitschranke. te Symbolik der Farbe blau (vgl. meine Beschrei
bung in "Liebe und Tod . . . " über die Symbolik der
Was hier bereits gesagt werden kann, aber erst
Farbe blau). Zum Abschluss eine Überlieferung
später zur Ausführung kommt, ist folgendes Phä
aus Tibet, die zu denken gibt. Es heißt, jedes Uni
nomen: Ein positiv eingestellter Mensch wird die
ses Flammenmeer positiv, ein negativ Eingestell versum gründe sich auf "blaue Luft"! Wie wir wis
sen, schwimmt unsere Materienwelt auf Plasma,
ter negativ empfinden. Für Letzteren wird zudem,
sind wir also eingebettet in blaue Luft?
wie gleich zu zeigen ist, der Feuersee seine blaue
Farbe verlieren und rötlich werden und das Feuer
wasser nicht kalt, sondern heiß erscheinen. Ich DAS NATÜRLICHE LICHT DER NATUR
erinnere an die Versuche des Chemikers Reichen
bach, seinen Ausführungen nach fühlt sich blaues Ob es sich um das dämmerungsgleiche grau-bläu
Licht positiv, kalt und angenehm und rötliches liche Licht, um bläuliche, kalte Wasserflammen
Licht lau und unangenehm an. Zu einem ähn oder um den rot glühenden, heißen Lichtschein
lichen Ergebnis gelangte Wilhelm Reich des Minuszustandes - wie ich diesen emotiona
Damit gelangen wir zu einer dritten Qualität des len Verworrenheitszustand nenne - handelt, es
Plasmalichtes. Das blaue Feuer wird übereinstim ist dies alles das natürliche Licht der Natur des
mend als kalt, zugig, kühl, ja nasskalt und feucht Seelenreichs, sagt das tibetische Totenbuch. Un
beschrieben. Die Atmosphäre sei windig wie im sere wechselnden mentalen Zustände nehmen
26
see. War die Erfahrung des Nebelplasmas noch versuchten nach mir zu greifen und mich hinunter
neutral, so ist das rötliche wie Wasserwellen auf zuziehen. Da hörte man auch einen schrecklichen
und abschwappende Feuerplasma vornehmlich heulenden Lärm, voller Verzweiflung. Dann plötz
mit einem negativen Gemütszustand verbunden. lich wurde ich zurückgezogen durch diesen
Negative Weitsicht oder ungute Gefühle lassen dunklen Tunnel und lag wieder in meinem Körper
uns diese Dimension in heißem, rotem Licht er im Krankenhausbett. (Michel, S. 63fJ
strahlen. Unsere eigenen Gefühle setzen sich im
• Ich spürte einen inneren Kampf zwischen mir
Plasma offensichtlich allegorisch um in reale Bil
und einer bösen Kraft. Im letzten Moment be
der und Gestalten. Die Ursachen der Negativität
merkte ich eine innere Explosion und schien ein
können durch einen Unfall hervorgerufen wer
gehüllt zu sein in eine kühle blaue Flamme. Dann
den, durch Einnahme von Drogen, Selbstmord
schwebte ich etwa 10 Zentimeter über meinem
versuch oder eine grundsätzlich verneinende, von
Körper. Als nächstes erinnere ich mich, einen
Angst beherrschte Geiste!haltung, die während
weiten schwarzen Vortex hinuntergesaugt zu
der Seelenabspaltung anhält. Besonders Selbst
werden wie in einem Wasserstrudel und fand
mordabsichten, Angst, Haß, ungelöste Probleme,
mich wieder an einem Ort den ich nur als Dantes
gelegentlich auch Siechtum und körperliche
Inferno beschreiben kann. Ich sah viele andere
Schmerzen werden im Plasma in eine Vision der
Leute, die grau und ausgelaugt schienen und über
Hölle umgesetzt. Erinnert sei daran, das Wort
allem lag ein Geruch von fauligem Verfall. Es
Hölle kommt von hel, dem germanischen Auf
beherrschte mich das überwältigende Gefühl der
enthaltsort der Verstorbenen und bedeutet soviel
Einsamkeit dieses Ortes.
wie „hell, leuchtend" aber auch hell im Sinne von
(Maurice Rawlings, in Michel, S. 68)
hell tönend also laut. Schauen wir uns nun einige
solche Erlebnisse von Plasmareisenden an. • Ich stand in einiger Entfernung von dieser bren
nenden, wilden, rollenden Masse aus blauem Feu
• Ich fand mich wieder an einem Ort umgeben von
er. . . ich sah andere Menschen, von denen ich
Nebel. Ich meinte ich sei in der Hölle. Es gab da ein
wußte, daß sie gestorben waren . . . Wir erkannten
großes Loch aus dem Dampf kam und da ragten
Arme und Hände heraus, die mich zu packen ver
suchten . . . Ich war voller Angst, diese Hände
könnten mich krallen und mich in das Loch zie
hen . . . Es war sehr heiß dort unten, der Dampf
war ebenfalls heiß. (Michel, S. 63)
• Ich wunderte mich, daß ich nicht mehr in mei
nem Körper war und dachte ich muß sterben. Als
Nächstes fand ich mich an einem furchtbaren Ort
wieder, der, ich war mir sicher, die Hölle war. Ich
schaute hinunter in ein großes Loch, das voll von
wirbelnden grauen Nebel war und da waren all
diese Hände und Arme, die heraufreichten und
einander, selbst wenn wir nicht sprachen. im „Hades" . . . Wie soll ich diese Dunke
Ihr Ausdruck war der der Ratlosig lheit beschreiben? Sie bedrückt mit
keit und Verwirrung. dem Gewicht von Jahrhunderten: es
(Maurice Rawlings, Michel, S. 68) ist als sei man eingeklemmt zwi
• Ich bewegte mich durch diesen lan- schen Berge.
(Crookall 1970, S. 190)
ine Füße nicht die Seiten berührten. Ich • Mir wurde ganz elend, und ich
schien zu schweben und es ging recht erinnere mich, dass ich in ein
schnell. Es schien unterirdisch zu schwarzes Loch versank und mich
sein. Vielleicht war es eine Höhle, drehte. Dann sah ich einen leuch
aber das schrecklichste waren tenden, glühenden Punkt, der
die Töne. Da war ein Geruch Groteske Zwergen größer und größer wurde, bis ich
der Verwesung wie von einem figur. Terrakotta, wieder aufrecht stehen konnte.
Krebspatienten. Alles beweg Höhe 8 cm. Theben, Alles war glühend heiß und brann
te sich in Zeitlupe. Ich kann 6. jh. v. Chr.
te. Die Erde war wie dicker Schlamm, der mir
nicht alles wiedergeben, aber ich sah einige der über die Füße lief; so zäh, dass ich mich kaum
Arbeiter dort, die waren halbmenschlich. bewegen konnte. Die Hitze war furchtbar und
(Maurice Rawlings, Michel, S. 68) verursachte mir Atembeschwerden.
• Ich ging hinab, tief hinein in die Erde. Eine Stim (Rawlings o. }. 5. 143{)
mung von Haß und furchtbarer Angst lag in der
Luft. Alles wargrau. Der Lärm war fürchterlich, mit Man muss sich klar machen: nicht das Plasma ist
Schnarchen und Donnern wie verrückte wilde Tiere, eine Hölle, sondern das Plasma ist so „plastisch",
die mit ihren Zähnen knirschen. Ohne zu fragen dass jede Gemütsart diesen halbmateriellen, halb
wußte ich wo ich war. Das war die Hölle. Da war das psychischen Stoff in einer ihm ganz eigenen
schreckliche Gefühl, völlig verloren zu sein. Aber es Weise gestalten kann. Im Plasma ist das wahr, was
war nicht alles Feuer und Asche wie man uns wir sind! Angst wird sich als Angstvision manifes
erzählt. Ich erinnere mich Kälte gespürt zu haben. tieren! Das Plasma selbst hat keine Eigenqualität,
Es gab auch andere Dinge, die herumwirbelten. es ist wie ein Spiegel, in den eingetreten wir das
„
Und da waren zwei Wesen unbestimmter Art in erkennen, was wir fühlen und denken. Die Plasma-
meiner Nähe. Ich glaube, einer war der Teufel. landschaft ist eine selbst erschaffene, eine hallu
(Michel, S. 70) zinierte Landschaft und so real wie unsere
• Ich erinnere mich durch dieses schwarze Loch ge Emotionen, nämlich sehr real. Dennoch weist es
gangen zu sein. Dann sah ich einen glühenden natürlich eine Eigenqualität auf, nämlich die des
rotheißen Fleck; der immer größer wurde; bis ich Spiegelhaften, des Plasmatischen.
fähig war aufzustehen. Es war alles rot und heiß Die Erfahrungsberichte zeigen folgende immer
und feurig. Die Erde war wie schleimiger Schlamm, wiederkehrende Motive: negativer Gemütszu
der über meine Füße quoll und es war schwer zu stand, Tunneldurchquerung, Dunkelheit, grauer
atmen. (Maurice Rawlings, Michel, S. 71) Nebel, bläulich kalte Flammen, rötlich kalte Flam
• Das bereits trübe Licht wurde noch trüber bis „es men, rötlich heiße Flammen, Flammen wie Wasser
nur noch ein Geisterglanz" war. . . Dort bin ich nun wellen, faulig-ekliger Geruch, Furcht einflößende
gelandet - ich war gestorben und befand mich nun laute Töne, Schlamm, erdig, Matsch, schleimig.
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Scheinbar verändert sich je nach Intensität des sozusagen selbst in den Aschezustand, nachdem
negativen Gemütszustandes die Atmosphäre von es sich gehörig ausgetobt hat. Der Mensch muss
bläulichem Nebel über bläulich-graue und kalte die Leidenschaftsphase durchlaufen, um sie los zu
Flammen hin zu rötlich-heißen, sich aber immer werden! Erkenntnis bedeutet immer Selbster
wie Wasser bewegenden Flammen. fahrung. Gereinigt von Begierden ersteht der Ver
Die Farbe Rot steht im alten Ägypten für Wut, brannte wie Phönix aus der Asche. Wohl in diesem
Erregung, Feuer. Im Buch Amduat ist die unterste Sinne muss man bei einer Seelenabspaltung zu
Zone der Sokar-Höhle durch rote Wellenlinien an nächst die alle Gefühlsverirrungen reinigende Plasma
gedeutet: das ist der Feuersee, der Bestrafungsort zone durchschreiten, ehe man sich der reinen Be
für jene, die der Farbe Rot verpflichtet sind, wusstseinsdimension nähert. Im Plasma selbst
sprich der Sinnlichkeit, Erregung, Wut, der Be scheinen wir reine Gefühls- und Denkwesen zu sein,
gierde. Die Redensart „rot machen" bedeutete „tö und dies bestimmt dort unsere Erfahrungen, die
ten". Seth, den einstigen Gott, der zum Teufel ge daher je nach persönlichem Hintergrund
stempelt wurde, stellte man rot dar, weshalb sehr verschieden ausfallen können.
besitzen. Daher ja auch der Ausspruch, len Leib haben wir im Bett oder
gelassen, und wir konnten sehen, wie er leblos da Fassen wir die Merkmale dieser Plasmaerfa hrung
liegt. Der zweite Körper, in dem wir uns jetzt be zusammen.
finden, verunsichert sehr. • Die Individuen tragen eine Art „Gespenster
Jeder Mensch nimmt nach der Seelenablösung of -Kleid", weißlich-grau bis neblig, elastisch,
fenbar all seine mentalen Regungen mit in die Plas wehend, flüssig, aber sich wie ein materieller Kör
mazone hinein, und diese entfalten sich dort als per gestaltend und bewegend, schattenhaft bis
phantastischere Szenerie vorstellen, kein größeres • Die Kontakte reichen von einfachen Begegnun
Kunstwerk als die Macht unserer eigenen Ge gen, ein paar Gesten und Worten bis hin zu von
fühle, gegossen in Plasmaskulpturen und Plasma Inferno-Qualität geprägten Verhaltensweisen,
landschaften. Die Plasmaszenerie ist keine Traum d. h. psychischer Monströsität und alptraum
landschaft, sie ist konkreter und fester, sie steht haften Szenen, andererseits aber auch spirituel
in halbmateriellem Format vor uns. Wir schauen len Kontakten mit visionärer Qualität.
gewissermaßen auf eine Leinwand, sehen unsere • Die Reisenden und die Plasmawesen verhalten
Innenwelt als Film ablaufen. Innen ist jetzt außen. sich offenbar entsprechend ihren gegenseitigen
Alle vier existentiellen Grundfaktoren Raum, Zeit, Erwartungen und Sehgewohnheiten; man sieht,
Kausalität und Materie sind aufgehoben und ha was man denkt sehen zu müssen. Andererseits
ben sich zu plasmatischer Intensität gesteigert. scheint es sehr wohl eine objektive Wahr
Materie ist wie Nebel, Raum dehnbar wie Kau nehmung zu geben, insofern als mehrere Beo
gummi, Zeit elastisch und Kausalität so variabel, bachter das gleiche sehen würden.
als hätten sich Gegenwart, Vergangenheit und Zu
kunft auf einen Punkt zusammengezogen und EIN STER'BEERLEB NIS
man könne selbst frei entscheiden, was vergan
gen und was Zukunft ist. Im Plasma existiert
• Ich fand mich schwebend in einem eigenartigen
daher kein vollkommenes Spiegelbild des Mate
Strom, der sich aufwärts in die Unendlichkeit
riellen, eher ein verzerrtes Abbild, dem unsere
bewegte. Diesen „Fluss" triebich entlang. Sein Wasser,
Wünsche und Hoffnungen beigemischt und darüber
der Raum und die Sterne schienen eine beruhigen
hinaus die acht Faktoren der beiden Quartette
de Musik auszuströmen, die mein innerstes Wesen
durch das Ablegen des Körperlichen enorm inten
durchdrang. Sie war unglaublich schön und erfüll
siviert sind. Diese Intensivierung aller Lebens
te mich mit Wunder und Frieden.
faktoren und ihre subjektiv-emotionale Ausrich
Als ich meine Augen öffnete, sah ich, dieser un
tung entsprechend der individuellen Anlage er
glaubliche „Fluss" war angefüllt mit Leuten aller
schafft jenen Zustand, den ich Plasmazone nenne.
Rassen und Alter. Männer, Frauen und Kinder drifte
Es treffen die Reisenden in dieser Zone auf ande ten entlang und wurden mit mir in Richtung
re Lebewesen. Existenzen, weder Fisch noch Sterne getragen. Alle hatten ihre Augen geschlossen
Fleisch, Zwischenwesen. Diese Begegnungen kön und schienen der einlullenden Musik zu lauschen.
nen verschiedenste Intensitätsgrade annehmen, Ich wunderte mich mit meinem fünfjährigen Bewußt
vom einfachen Kontakt bis hin zu komplexen sein, ob sie ertrunken waren und auch wohin uns
Beziehungen, und zwar je nach Dauer und Stärke der Fluß treiben würde. Als wir so dahintrieben,
der Seelenabspaltung. Zunächst einige Erfahrungs sah ich, daß der Fluß einer entfernten "Küste zu
berichte: trieb, wo Leute in Gruppen standen und warteten
31
wie Willkommensparties. Das Wasser schwappte Sie wurde kleiner und kleiner bis ihre Figur nur
an die Strände in Lagunen und Teiche. Hände wurden noch ein winziger Punkt war und dann verschwand
gereicht, um einige 'der Treibenden herauszu sie und ein Getöse erfüllte meine Ohren und der
ziehen. Die wartenden Leute umarmten und küss Strudel zwang meine Brust schwer zu atmen.
ten sie als kämen sie gerade von einer gefährlichen Als nächstes bemerkte ich wie ich das Wasser
Reise nach Hause. ausspie, das die Feuerbrigade aus mir herauspress
Wie ich das so beobachtete, dachte ich an meine te. Ich erfuhr später, daß sie eine halbe Stunde an
Mutter, die das Jahr zuvor gestorben war, und wun mir gearbeitet hatten, um mich zurück ins Leben
derte mich, ob sie irgendwo auf mich wartete. Als ich zu bringen. (Crookal/, Case Book 545-746, S. 12{)
das so dachte, führte mich der Fluss zu einer Kante wo
mir eine Gruppe von Leuten zuzuwinken schien. EIN RÜCKKEHRER
Ich erkannte meinen Großvater und meine Groß AUS DEM TOTENREICH
mutter, einige Tanten und Onkel, die ich im Fami
lienalbum abgebildet gesehen hatte. Und unmittel Als Platon, der Vater der abendländischen Philo
bar vorne vor allen anderen stand meine Mutter! sophie, auf dem Totenbett lag, wurde er von sei
Ich berührte beinahe Mutters Hand, dann plötzlich nen Schülern gefragt, wie er seine Philosophie in
wurde ich hinweggezogen. Ich schien in einen Stru einem Satz zusammenfassen würde. Er hatte sie
del zu sinken, und meine Mutter lächelte traurig als sie bereits vorher bestimmt als phaedros melete
beobachtete wie ich schnell hinuntergezogen wurde. thanatou, sprich als die Praxis und Vorbereitung
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auf den Tod. Denn durch diese vorbereitende der lebendig und erzählte nun, was er im jenseits
Praxis sei der Tod für den Philosophen weniger gesehen hatte. Nachdem seine Seele aus ihm he
schrecklich als für den normalen Menschen. jetzt rausgetreten sei, sagte er, habe sie sich mit vielen
aber antwortete er nur: „Übe zu sterben!" - Für anderen auf den Weg gemacht, und sie seien zu
Platon bedeutete Tod soviel wie lysis (Loslösung) einem wunderbaren Orte gelangt, wo sich unmit
oder chorismos (Abtrennung). Der Tod bei Platon telbar nebeneinander zwei Öffnungen in der Erde
besteht demnach in einer wie auch immer ge befanden, und gegenüber am Himmel oben, zwei
arteten Loslösung vom Körper. Was aber trennt andere. Zwischen ihnen aber hätten Richter ge
sich ab vom Körper? - Die Seele, die Psyche. sessen. Wenn diese ihr Urteil gefällt hatten, so
ließen sie die Gerechten den Weg einschlagen, der
DI E G ESCHICHTE VON „ER" rechts hinauf durch den Himmel führt, nachdem
sie ihnen Zeichen des Urteilsspruches an die
Platon hat in seinem Werk Der Staat im 10. Buch
Brust geheftet hatten. Die Ungerechten aber wie
eine der ersten antiken Todeserfahrungen wieder
sen sie nach links und nach unten; auch diese tru
gegeben, und zwar von einem Soldaten, Er ge
gen die Zeichen für alle ihre Taten, aber auf dem
nannt, der, obwohl mehrere Tage scheintot, kurz
Rücken. Als nun auch Er hinzutrat, hätten sie ihm
bevor der Scheiterhaufen angezündet wurde, wie
gesagt, er solle den Menschen von den Dingen im
der zu Bewusstsein kam und seine Erlebnisse im
jenseits Kunde bringen, und hätten ihm befohlen,
jenseits erzählte, eine klassische Nah-Todes
auf alles zu hören und zu achten, was sich dort
erfahrung, wie sie uns heute geläufig ist. Anderer
abspielte. Er habe nun also gesehen, wie die See
seits fügte Platon allgemein bekanntes esoteri
len, nachdem sie ihr. Urteil empfangen, durch die
sches Wissen über die Plasmastruktur des jens
eine Öffnung des Himmels und der Erde ver
eitigen Kosmos ein, so dass der Bericht stark
schwanden. Durch die anderen aber seien Seelen
übertrieben wirkt. Wir können jedoch gut aus
zurückgekehrt. Die aus der einen von der Erde he
einander halten, was echte Todeserfahrung und
raufkamen, waren voll Schmutz und Staub; aus
was eingefügte kosmologische Theorie ist.
der anderen aber stiegen andere rein vom Him
danach wiedergeboren zu werden. Dass jedoch und andere fesselten sie an Händen, Füßen und am
Zurückkehrende erneut auf der Wiese lagern, ist Kopf, warfen sie zu Boden, zogen ihnen die Haut
aus modernen Berichten nicht bekannt. jene aus ab und schleppten sie seitab vom Wege, wo sie sie
dem Plasma Kommenden ruhen sich in der Tat in den Dornensträuchern zerkratzten. Und allen
nach der erschü tternden Höllenerfahrung auf der Vorübergehenden taten sie kund, weshalb dies
Wiese aus, um dann ebenfalls ins Lichtreich ein geschah, und sagten, sie führten sie nun ab, um
zutauchen. sie in den Tartaros zu werfen. Von all den vielen
und mannigfachen Schrecken, die sie dort auszu
TARTAROS, HIM MEL stehen hatten, sagte er, sei das der schlimmste ge
UND S PHÄRENHARMONIE wesen, dass ein jeder fürchten musste, das Gebrüll
könnte ertönen, wenn er hinaufsteigen wolle, und
Wir sahen nämlich neben manch anderem schreck heilfroh sei jeder aufgestiegen, wenn es sich nicht
lichen Schauspiel auch Folgendes: schon waren hören ließ. Solcher Art etwa sind also die Bußen
wir nahe an der Mündung und standen eben im und Strafen, und ebenso die Belohnungen, die
Begriff hinaufzusteigen, nachdem wir alle ande jenen entsprechen.
ren Leiden hinter uns hatten. Da sahen wir plötz Nachdem dann aber alle sieben Tage auf der Wiese
lich jenen Ardiaios mit einigen anderen; die meis verbracht hatten, -hätten sie am achten Tag von
ten davon waren Tyrannen, doch gab es auch eini dort aufbrechen und sich auf den Weg machen
ge gewöhnliche Bürger darunter, die aber auch müssen. Nach weiteren vier Tagen seien sie dann
große Verbrechen begangen hatten. an eine Stelle gelangt, von wo aus man ein gerad-
Diese glaubten schon, sie könnten liniges Licht erblickte, das sich
nun hinaufsteigen, aber die Mün wie eine Säule von oben he
dung nahm sie nicht auf, sondern rab durch den ganzen
stieß ein Gebrüll aus, so oft einer die Himmel und die Erde
ser unheilbaren Bösewichte oder
sonst einer, der seine Strafe noch
nicht genügend abgebüßt hatte,
hinaufzusteigen versuchte. Da
standen denn, fuhr e r fort, wilde
Männer von feurigem Aussehen be
reit, die wussten, was dieses Getön
bedeutete. Sie packten die einen und
schleppten sie weg; den Ardiaios aber
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und reiner. Nach einem Tagesmarsch wären sie in der des zweiten und der des fünften seien ein
dieses hineingelangt und hätten dort, mitten im ander ähnlich, und zwar gelblicher als derjenige
Licht, gesehen, wie am Himmel die Enden seiner der beiden vorigen;
Bänder befestigt waren. Dieses Licht sei nämlich der dritte habe die weißeste Farbe,
das Band des Himmels, das, wie die Gurte der Trie der vierte sei rötlich, und der sechste stehe mit
ren, die ganze Wölbung zusammenhalte. An den seinem Weiß an zweiter Stelle.
Enden aber sei die Spindel der Notwendigkeit be Die ganze Spindel aber drehe sich in einer
festigt, durch die alle Wölbungen (Himmels gleichmäßigen Bewegung im Kreise . . . Es drehe
sphären) in Drehung versetzt werden. Ihr Schaft sich aber die Spindel im Schoße der Notwendig
und der Spindelhaken beständen aus Erz, der keit. Und oben auf jedem Kreise stehe eine Sire
Wirtel aber aus einer Mischung von Erz und an ne, die sich mit ihm drehe und ihre Stimme hören
deren Stoffen. Die Natur des Wirtels aber sei fol lasse, jede einen bestimmten Ton; alle acht Töne
gendermaßen beschaffen: in seiner äußeren aber klängen in einer einzigen Harmonie zusam
Gestalt sei er gleich wie der unsrige; doch muß men. Rings im Kreise aber, in gleichen Abständen,
man sich ihn nach seinen Worten so vorstellen, sitzen, in weißen Kleidern und mit heiligen Bin
als ob in einem großen und vollständig aus den um das Haupt, drei andere Frauengestalten,
gehöhlten Wirtel, ein kleinerer, von gleicher Art, jede auf einem Thron. Das seien die Töchter der
eingepasst liege, so wie Gefäße, die ineinander Notwendigkeit, die Moiren Lachesis, Klotho und
eingepasst sind; in diesem liegt ein dritter, dann Atropos; sie sängen zur Harmonie der Sirenen,
ein vierter und noch vier weitere. Im Ganzen Lachesis von der Vergangenheit, Klotho von der
seien es acht Wirtel, die einer im anderen liegen Gegenwart und Atropos von der Zukunft. Und
und deren Ränder, von oben her gesehen, als Klotho berühre von Zeit zu Zeit mit der rechten
Kreise erscheinen und rings um die Stange die zu Hand die äußere Wölbung der Spindel und helfe
sammenhängende Oberfläche eines einzigen sie umdrehen; Atropos tue dasselbe mit der Lin
Wirtels bilden; diese aber sei mitten durch den ken an den inneren Kreisen, während Lachesis
achten Wirtel hindurch getrieben. mit ihren beiden Händen abwechselnd den
Der erste und äußerste Wirtel nun habe den brei äußeren und die inneren Kreise berühre.
testen Randkreis;
an zweiter Stelle folge der des sechsten Wirtels, DEUTUNG: Er jedoch wird von den Richtern ab
an dritter der des vierten, . gewiesen, denn Er werde wieder zur Erde gehen,
an vierter der des achten, Er hat also eine Nah-Todeserfahrung. Was die
an fünfter der des siebenten, Richter anbelangt, sind sie aus modernen Berich
an sechster der des fünften, ten nicht bekannt, jedoch wird von einem Lebens
an siebenter der des dritten rückblick oder Lebensfi Im berichtet. Man sieht
und an achter Stelle der des zweiten Wirtels. dabei sein gesamtes Leben in den wesentlichen
Und der Kreis des größten Wirtels sei bunt, Stationen vor sich ablaufen und versteht zum er
der des siebten sei der hellste, sten Mal seinen Sinn, erkennt die Notwenigkeit
der des achten habe seine Farbe vom siebenten, seines Schicksals und akzeptiert es. Danach erst
der ihn beleuchte; kann man das Lichtreich betreten. Anders hier in
unserem Bericht. jeder erhält seine Strafe, und
Links: „Reiter von Grumentum (Basi/icata)" mit zwar 10 Mal soviel, ebenso für seine guten Taten
Helm und Panzer. Bronze, um 550 v. Chr. das Zehnfache. Der Lebensrückblick wird im
Bericht als durch Richter vermittelt vorgeführt. Nun wird das Plasma des Tartaros beschrieben. Er
Nach der Wiese und dem Lebensrückblick, dem Le beobachtet die Tartarossituation. Der Tartaros
bensgericht, erfahren bei der modernen Todeser wird als Fluss beschrieben, tatsächlich handelt es
fahrung alle das Licht. In der griechischen Schil sich um Seelenströmungen oder Seelenenergien,
derung findet nach der Wiese die Trennung statt, und nur dem noch im Physischen gefangenen
Gute in den Himmel, Schlechte in den Tartaros. Auge stellen sie sich als ein Fluss dar. Zusätzlich
Nun muss gesagt werden, dass vermutlich ein Un zum hin und her strömenden Gewässer ertönt ein
terschied besteht zwischen jenen, die real tot und Gebrüll, und Feuerwesen lassen die im P/asma
jenen, die nur ku rzfristig tot sind und lediglich eine strom Treibenden nicht aus dem Fluss heraus
Nahbegegnung mit dem Tod haben. Wer stirbt, steigen, weil sie ihr schlechtes Denken und Fühlen
gelangt offenbar nur dann in den Lichthimmel, noch nicht genügend gereinigt haben.
wenn seine Seelenstimmung entsprechend ist, in Er beobachtet den Himmel. Da ist ein Licht, glän
den Tartatros ebenso, wenn seine Stimmung die zend und rein, es durchdringt Himmel und Erde.
sem entspricht. Deshalb ist die Beobachtung des Von dort stammen offenbar auch die Gesetze des
Er korrekt. Nach dem Tod sind wir nur das, was Daseins, dargestellt jetzt nach klassischer grie
wir in unserer Seele sind. chischer Kosmologie. Da ist die Notwendigkeit,
Nemesis, sie dreht die Spindel sprich: sie bewirkt die Seele ganz sie selbst sein lässt. Dieser Sphären
die Bewegung des Daseins und der Schicksals klang hat das furchtbare Grollen des Tartaros
läufe. Sie wird auch als die drei Zeitzustände der zum Antagonisten. Nun drücken sich Töne jedoch
materiellen Welt dargestellt, die so genannten bekanntlich auch als Farben aus, und Platon be
Moiren, Lachesis die Vergangenheit, Klotho die Ge schreibt jene, kann sie jedoch nicht einordnen.
genwart und Atropos die Zukunft. Der Spinde/auf Die Moiren drehten auch die Spindel, und zwar
bau entspricht der Harmonie der Sphären, sprich jede nach ihrer Fähigkeit, sodass also Gegenwart,
der Planeten oder Himmel. Aufjedem dieser Krei Vergangenheit und Zukunft sich harmonisch inei
se stehe eine Sirene und singe, wodurch die acht nander drehen, was in der Nachbarwelt nicht
Töne entstehen, und zwar in vollkommener Har schwierig ist, denn Zeit existiert gar nicht, wir be
monie. Die Planetendrehung erzeuge Töne, und finden uns in einer zeitlosen Zone, die jedoch die
diese Sphären- sprich jenseitsmusik seijene, die die Grundlage für unsere Zeitwelt bildet. Es kommen
Seelen im jenseits hören, denn diese Musik ist nur also hier die Harmonie der Sphären, d. h. der
dort zu hören. Und davon berichten alle mit einer Plasmaformen der Planeten, mit dem Schicksal zu
Nah-Todeserfahrung, von der wunderschönen sammen, das auch die Menschen anbelangt. Wir
Musik, die sie gefangen nimmt und beruhigt und hatten gezeigt, wie bei der Wiedergeburt der Men-
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durchsichtige Himmels
kugeln, außen sei der Fix
sternhimmel, dann kämen
die Planeten. Die Himmels
achse ziehe sich durch die
feststehende Erde.
seelen der Planeten absteigt 'F/ hoher Rednertribüne gestiegen und habe
entsprechend der Zeit und schlechts. Nicht wird ein Daimon euch erlosen,
Konstellation, in der er diesen sondern ihr werdet euch einen Daimon wählen.
Raum „durchfliegt". Wodurch die individuell ver- Wer das erste Los gezogen hat, der soll sich als
schiedenen Charaktere entstehen. Hier nun wird erster den Lebenslauf wählen, mit dem er dann
gezeigt, wie die Drehung der Planeten zu Tönen notwendig verbunden bleibt. Die Ttichtigkeit aber
und Farben in der Seelenwelt führt und die pla ist keinem Herrn zu eigen; je nachdem ein jeder
netare physische Welt mit dem Seefischen des sie ehrt oder gering achtet, erhält er mehr oder
Menschen eine Harmonie und Einheit bildet, der weniger von ihr. Schuld hat, wer gewählt hat;
men eingebunden ist. Mensch und Kosmos sind Nach diesen Worten habe er ihnen allen die Lose
eins, wird mit diesen komplizierten Modell gezeigt, zugeworfen, und ein jeder habe das aufgenom
das wir aber nicht als reine erdachte Philosophie men, das neben ihm niederfiel, nur der Erzähler
verstehen dürfen, sondern vielleicht doch als nicht; denn jener habe es ihm nicht erlaubt. Wer
Wahrheit, von der aber die Moderne noch nicht es aber aufhob, der hätte gesehen, welchen Platz
gekostet hat. in der Reihenfolge er bekommen habe. Dann
In der Hadesfahrt des Odysseus wird Ä hnliches habe er wiederum die Muster der Lebensläufe vor
beschrieben, da heißt es, das Weltganze sei eine sie hin auf die Erde gestellt, und zwar vielmehr,
Kugel, und um ihre Achse bewegen sich acht als Seelen anwesend waren. Es habe da mannig-
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fache Arten gegeben: Lebensläufe von sämtlichen Natur oder selber erworben hat, für eine Wir
Tieren und natürlich auch alle menschlichen. Es kung ausüben, wenn sie miteinander vermischt
seien solche von Tyrannen dabei gewesen, zum werden. Hat er sich dann all das überlegt, so sollte
Teil lebenslängliche, zum Teil solche, die mitten er imstande sein, im Blick auf die Natur der Seele,
drin unterbrochen wurden und schließlich in Ar zwischen der besseren und der schlechteren
mut, Verbannung und Bettlertum endeten. Auch Lebensweise zu wählen, indem er die als die
von angesehenen Männern habe es Lebensläufe schlechtere bezeichnet, die seine Seele dazu
gegeben, die sich entweder durch ihre Gestalt bringt, dass sie ungerechter wird, als die bessere
und ihre Schönheit und zudem durch ihre Stärke aber jede, die sie gerechter macht; auf alles andere
und Kampfkraft ausgezeichnet hatten oder durch aber wird er keine Rücksicht nehmen; denn wir
ihre Herkunft und die Verdienste ihrer Vorfahren, haben gesehen, dass dies für ihn im Leben und
aber auch von solchen, die in dieser Hinsicht un nach dem Tode die beste Wahl ist. An dieser Mei
bedeutend waren, und auch solche von Frauen. nung müssen wir also eisern festhalten, wenn wir
Eine bestimmte Ordnung der Seele habe aber in den Hades hinabsteigen, damit wir uns auch
nicht darin gelegen, weil eine jede, schon durch dort von Reichtümern und derartigen Ü beln
die Wahl eines anderen Lebens, notwendigerwei nicht verwirren lassen und damit wir nicht in ein
se auch anders werden musste. Alles Ü brige aber Tyrannenleben und in ähnliche Handlungen ver
sei durcheinander gemischt und bald mit Reich fallen und damit viele heillose Ü bel anrichten und
tum oder Armut, bald mit Krankheit oder Gesund noch größere selbst zu leiden haben, sondern
heit verbunden, Anderes wiederum halte da dass wir es verstehen, unter diesen Lebensläufen
zwischen die Mitte. den zu wählen, der stets die Mitte hält, und das
Hier, mein Glaukon, liegt nun offenbar für den Ü bermaß nach beiden Seiten zu vermeiden,
Menschen die größte Gefahr, und deshalb muss je schon in diesem Leben, soweit das möglich ist, als
der von uns vor allem darum besorgt sein, dass er auch in jedem späteren. Denn so wird der Mensch
alle anderen Lehrstücke zurücksetze und nur die am glücklichsten.
ses eine Lehrstück suche und lerne: wie er zu er
Und daher sprach nun auch, wie jener Bote aus
fahren und herauszufinden imstande ist, wer ihm
dem Jenseits meldete, der Prophet also: Auch für
die Fähigkeit und das Wissen vermittelt, die gute
den letzten, der hinzutritt, liegt noch ein Leben
Lebensweise von der schlechten zu unterscheiden
bereit, mit dem er zufrieden sein kann und das
und nach Möglichkeit stets und überall die bes
nicht schlecht ist, wenn er nun mit Einsicht
sere zu wählen, indem er bei sich überdenkt, wie
auswählt und sich im Leben dann Mühe gibt. Wer
sich all das, was wir nun gesagt, was wir zusam
als erster wählt, soll nicht sorglos sein, und der
mengestellt und unterschieden haben, auf die
letzte darf den Mut nicht verlieren.
Tüchtigkeit des Lebens auswirkt, und zu wissen,
was Schönheit, gemischt mit Armut und Reich Nach diesen Worten, erzählte er, sei der, der das
tum und verbunden mit dieser oder jener Ver erste Los gezogen hatte, rasch hinzugetreten und
fassung der Seele, Schlechtes oder Gutes ausrich habe die größte Tyrannis gewählt; aus Unvernunft
tet, und was edle oder geringe Herkunft, was Zu und Gier habe er sie gewählt, ohne sich alles recht
rückgezogenheit oder Teilnahme an öffentlichen zu überlegen, und deshalb habe er auch nicht be
Ämtern, was körperliche Kraft oder Schwäche, merkt, was für ein Geschick damit verbunden
Leichtigkeit im Lernen oder Ungelehrigkeit, und war, dass er nämlich seine eigenen Kinder ver
was alles andere von dieser Art, das die Seele von zehren werde, und anderes Unheil mehr. Doch als
Hellhaariger Ephebe.
Um 490-480 v. Chr.,
Marmor, Athen.
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er es dann in Muße überdacht hatte, habe er sich dem Moment, i n dem man den zukünftigen
an die Brust geschlagen und über die Wahl gejam Lebenslauf erhält, wird er einem auch gezeigt. Eine
mert, ohne dabei die Mahnung des Propheten zu Zukunftsschau also. Diese wird, so die griechische
beachten. Denn nicht sich selbst habe er die Überlieferung, jedoch von jedem wieder vergessen,
Schuld an dem Unheil zugeschrieben, sondern weil er durch den Fluss Lethe, das Vergessen, wa
dem Schicksal und den Daimonen und allem an ten muss, ehe er in die Materiewelt zurückkommt.
deren eher als sich selbst. Er habe aber zu denen Man vergisst also das gesamte jenseits/eben.
gehört, die aus dem Himmel zurückgekommen Die Lose, sprich: Lebensläufe werden gemischt,
waren; in seinem früheren Leben habe er unter d. h. so wie das Leben eben aus guten und schlech
einer wohlgeordneten Verfassung gelebt und aus ten Ereignissen besteht. Gute und schlechte Er
Gewohnheit, aber ohne Weisheitsliebe (Philoso eignisse kommen im Leben gemischt vor, damit die
phie) an der Tüchtigkeit teilgehabt. O berhaupt Seele so übend erkennen und lernen kann, was
könne man sagen, dass unter den Seelen, die sich eben gut und was schlecht ist. Ein nur gutes oder
durch solche Dinge berücken lassen, nicht die ein nur schlechtes Lebenslos zu ziehen ist nicht
wenigsten aus dem Himmel gekommen seien, weil möglich. Nur durch dauernde Achtsamkeit lerne
diese in den Leiden unerfahren waren, während sie vor jeder Tat zu überprüfen, ob sie zum Guten
die meisten, die aus der Erde kamen, ihre Wahl oder Schlechten führt, daher die komplizierte
nicht aufs Geratewohl trafen, weil sie genug Lei Mischung von Gutem und Schlechtem, und in der
den selbst erfahren und auch bei anderen gesehen Tat - so ist unser Leben. Aufgabe des Menschen sei
hatten. Daraus und auch durch den Zufa ll des es nun, unterscheiden zu lernen was gut, was
Loses ergebe sich denn für die meisten Seelen ein schlecht ist, und zwar im Leben wie auch im jenseits.
Wechsel zwischen Schlechtem und Gutem. Denn Gut ist was gerecht, schlecht, was ungerecht ist.
wenn jemand, sooft er in dieses menschliche Offenbar werden erst eindeutige Schicksalsläufe
Leben hier eintrete, auf gesunde Art philosophie vorgeführt und diese dann untereinander alle ge
re, und wenn ihm dann das Los zur Wahl nur nicht mischt, und daraus kann man dann wählen. Nun
unter den Letzten falle, so würde er wohl nach wird festgestellt, Seelen, die aus dem Himmel kom
dem, was aus jener Welt verkündet wird, nicht nur men, würden oft schlechte Lebensläufe wählen,
hier ein glückliches Leben führen, sondern auch weil sie unerfahren seien mit dem Schlechten im
seine Wanderung von hier nach dort und wieder Gegensatz zu jenen, die aus dem Tartaros
hierher nicht auf einem unterirdischen und rauen, kommen, die genauer überlegen würden, ehe sie
sondern auf einem glatten und himmlischen ihre Wahl treffen, weil sie erfahrener mit Schlech
Wege zurücklegen. tem sind.
DEUTUNG: Nun werden für die Seelen, die aus WAHL DES NEUEN LEBENS
Himmel und Tartaros auf die Wiese gekommen
sind, ihre zukünftigen Lebensläufe ausgelost, denn Das sei ja nun, sagte er, ein sehenswertes Schau
es findet jetzt Wiedergeburt statt. Man erhält ein spiel gewesen, wie all diese Seelen ihren Lebens
scheinbar zufälliges Los. lauf wählten, ein zugleich kläglicher und lächerli
Ob man ein gutes oder schlechtes erhält, dazu cher und wundersamer Anblick. Meist ließen sie
heißt es ,,Schuld hat, wer gewählt hat, Gott ist sich bei ihrer Wahl von den Gewohnheiten ihres
schuldlos. " Also wählt sich jeder seinen Daimon, früheren Lebens leiten. So erzählte er, er habe ge
sprich seine Seelenqualitäten, selbst aus. Und in sehen, wie die Seele, die einst dem Orpheus gehört
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hatte, das Leben eines Schwans gewählt habe; denn weil Wei
ber ihn umgebracht hatten, wollte sie aus Hass gegen das
weibliche Geschlechte nicht mehr von einem Weibe geboren
werden. Auch die Seele des Thamyas habe er gesehen, wie sie
das Leben einer Nachtigall wählte, ein Schwan dagegen habe
sich zur Wahl eines menschlichen Lebens gewendet und
ebenso noch andere musisch begabte Tiere. Die Seele hinge
gen, die das Los als zwanzigste bezeichnet hatte, habe das Le
ben eines Löwen gewählt; das sei die des Telamoniers Aias
gewesen, die sich in Erinnerung an die Entscheidung im Waf
fenstreit weigerte, wieder ein Mensch zu werden. Nach ihr
sei die des Agamemnon gekommen; auch sie habe aus Feind
schaft gegen das Menschengeschlecht wegen der erlittenen
Unbill ihr Leben mit dem eines Adlers vertauscht. Mitten un
ter den Losenden aber stand die Seele der Atalante; als diese
die großen Ehren sah, die einem Wettkämpfer zuteil werden,
konnte sie nicht widerstehen und wählte dieses Leben. He
rauf habe er gesehen, wie die Seele des Epeios, des Sohnes des
Panopeus in die Natur eines kunstfertigen Weibes einging,
und weiterhin, wie unter den letzten die des Possenreißers
Thersites die Gestalt eines Affen annahm. Zufällig aber habe
die Seele des Odysseus das allerletzte Los erhalten und sei
nun herangetreten, um zu wählen. Da sie aber in Erinnerung
an ihre früheren Mühsale allen Ehrgeiz aufgegeben hatte, sei
sie lange Zeit herumgegangen und habe das Leben eines
zurückgezogenen, geruhsamen Mannes gesucht und gerade
noch irgendwo eines gefunden, das die anderen unbeachtet
hatten liegenlassen. Und als sie es entdeckt hatte, habe sie
gesagt, sie würde ebenso gehandelt haben, wenn sie das erste
Los bekommen hätte und sie habe es mit Freuden gewählt.
Und ebenso seien manche von den Tieren zu Menschen
geworden, manche zu anderen Tieren, wobei sich ungerechte
Tiere in wilde, gerechte aber in zahme verwandelten. Und so
seien Mischungen aller Art vorgekommen.
D ER
• •
ATHERKOSMOS
46
DIE VERSCHWIEGENE aber vielleicht, dass wenn das Seiende als kleins
NACH BARDI MENSION tes Inneres gedacht wird, wie ein Samenkorn, das
nun die Weltseele gebiert und diese aus sich
heraus und um sich den materiellen Kosmos ent
DIE GEBURT DES MATERIELLEN
faltet, dann regierte die Weltseele in der Tat von
WELTALLS
innen, also aus der Mitte heraus, unsere Welt.
2. Wurden Menschen von physischen Göttern auf leuchtet, wie so viele Phantasten und spirituell
der Erde „genetisch" erschaffen? Da Platon von Hoffende unbegründet und ohne jegliche Logik
einer Seele als Beieber des Körpers ausgeht, annehmen. Im Gegenteil: Wir bleiben nach dem
muss angenommen werden, dass er glaubte, Tod der, der wir auch im Leben sind. Wir bleiben
aus Seelen seien physische Wesen geschaffen ein beschränktes seelisches Wesen. Platon bringt
worden. Während andere Kulturen über den es auf den Punkt: Die Zwietracht in der Seele
„genetischen" Vorgang genauere Kenntnis ha bleibt!
ben, scheint Platon darüber nichts zu wissen.
DIE SEELE ERZEUGT ÄTHER
Ein Grund für die Menschenschöpfung allerdings
wird angegeben: Die Menschen wurden in einen
Nun wird weiter behauptet, die „Wahre Erde"
Körper gesteckt, um im irdischen Leben auf
liege im Äther, und dort sei alles klarer, heller,
„Wachposten" zu stehen. Was soll das heißen?
gesünder. Ist nun der Äther gesünder oder ist
Sollten sie für andere, etwa die Götter, wachen
doch plötzlich die Seele gesünder? Um genau zu
oder sollten sie für sich selbst auf Wachposten
sein: Die Seele ist körperlich nun in der Tat frei
stehen, um sich kennenzulernen?
von physischen Ü beln, einfach weil sie keinen
Körper mehr hat. Klarer ist die Atmosphäre eben
DIE SEELE IST UNSER FÜ H LE N falls, denn es gibt hier keinen Stoff mehr, nur
U ND DENKEN Lichtstoff, sprich: Äther, wodurch auch alles hel
ler erscheint. Dass es der Seele automatisch bes
Platon beschreibt im Phaidros den Wohnsitz der ser geht, davon ist also nicht die Rede. Auch lebe
Seelen nach dem Tode als „Wahre Erde", das sei man länger, heißt es, genauer müsste man sagen,
die höchste Sphäre des Seins, dort leben sie man lebt subjektiv seelisch länger in einer Welt
körperlos in Seligkeit, doch seien sie noch nicht ohne Zeit. Die Jahreszeiten seien temperiert, also
vollkommen frei von Zwietracht. Die „Wahre so, wie man es sich wünscht, subjektiv seelisch
Erde" liegt im puren Äther, wo alle Dinge klarer, wünscht. Wir berühren
heller, gesünder und glücklicher sind und wo der hier eines der
Mensch allein seine Seele besitzt. Die Seelen größten
wesen leben hier in einer feinstofflichen eben
rein seelischen Seinsweise! Die Jahreszeiten sind
temperiert, es gibt keine Krankheiten, man lebt
viel länger, das Wissen und die Sinne sind den
physischen weit überlegen, so wie die Luft reiner
als Wasser und der Äther feiner als Luft ist.
Geheimnisse der seelischen wie materiellen Exis und Denken, und diese sind selbst ätherisches
tenz: Was sich die Seele im jenseits, im Äther Material, der Ä ther! Gedanken sind Feinstoff,
wünscht, das wird Wirklichkeit, ebenso das, was Gefühle sind Feinstoff. Der Äther ist keine von
sie sich nicht wünscht, denn ich sagte ja: Der den Seelen unabhängige Substanz, so wie die Luft
Ä ther besteht allein aus den Wünschen und Gefüh unabhängig vom Körper ist. Leider ist niemand
len der Seelen, es gibt keine von unseren Seelen der weisen Deuter und Erforscher der Nachbar
zuständen unabhängige jenseitswelt. Das jenseits welt und des Urstoffs bisher darauf gekommen
ist die Wunschwelt der Seelen. Doch besitzt be und damit hat niemand das wirkliche Geheimnis
kanntlich jede Seele ihre ureigene Wunschwelt. des Daseins auch nur angetastet, bzw. Platon auch
jede Seele lebt damit in dem von ihr phantasier nur annähernd gedeutet.
ten ätherischen Wunschuniversum, das ihr - und Der Äther, das Plasma, der Urstoff, die Energie
das kommt nun hinzu - als vollkommen real, und die Dutzend moderner Namen, die man dem,
nicht anders als die physische Welt - erscheint, was der Materie als Ursprung zugrunde liegt, ge
weshalb sie oft meint, noch im Irdischen zu geben hat, ist kein Stoff wie die Materie, sondern
leben, was dann zu ihrem größten Irrtum wird - Gedanken- und Gefühlsstoff, der Energiestoff der
sie schließt sich nämlich in einem Gefühls- und Seele. Kurzum: Die Seele ist der Urstoff, nach
Vorstellungs-Gefängnis ein. dessen Maßen sich das Materieweltal/ aufbaut.
Es scheint also so zu sein, dass die Seele, so wie Die innere Gliederung der Seele ist die Gliederung
auf der Erde in der Luft, j etzt im Äther lebt, was des Weltalls.
immer das heißen mag. So wird im Allgemeinen
angenommen, bzw. fehlinterpretiert. Tatsache ALLES „UNBELEBTE" HAT E I NE SEELE
vielmehr ist und das ist gleichzeitig die Lösung
der Phänomene jenseits und Tod und Seele: Mit Soll das nun heißen, die Seelen aller Menschen
dem Körpertod überlebte die Seele, sprich: Fühlen erzeugen das physische Weltall? Nach Platons
Parnass, Gebirge in Phokida, unter seinen steilen Hängen lagen Delphi mit dem Apollo-Tempel, hier feierte
man Orgien zu Ehren des Dionysos.
Ätherwelt, in der sich auch alle Ätherseelen der die pneumatischen Umhüllungen kehren alle zu
Planeten befinden. Wenn sie nun geboren wird, ihren planetaren Ursprungsorten zurück. Genau
reist sie natürlich nicht von Planet zu Planet, genommen reist nicht die Seele in den Himmel,
denn Raum gibt es im Äther nicht, sondern zum sondern sie bleibt in der Ätherwelt zurück, und
Zeitpunkt ihrer Geburt befinden sich alle Stern ihr innerster Teil der Geist, nous, befreit sich von
und Planetenseelen in einer bestimmten seeli ihr und geht in die ihm gemäße Zone, das Reich
schen Verfassung, und diese beeinflusst die Seele. des Seienden.
Dass sie sie nun besonders beeinflussen und prägen Das Pneuma, Plasma oder der Äther ist also eine
zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Ätherwelt ver feinstoffliche Vorstufe zur stofflichen Existenz.
lässt und in einen Leib eingeht, scheint eigenartig. Mit dem Erwerb des „Astralleibs", also einer be
Zudem ist die Seele ja nur oberflächlich in einem stimmten psychisch-astralen Prägung, wird die
Körper, sie unterliegt als Ätherwesen ja ständig, Seele auf den irdischen Körper vorbereitet. Nun
auch wenn sie im Leib ist, noch dem Einfluss der ist zu fragen: Besaß sie diese Prägung zuvor nicht,
Planeten- und Sternseelen. Warum also ist der besaß sie vielleicht gar keine seelischen Eigen
Geburtszeitpunkt so prägend für eine Seele? Ist schaften? Wenn nicht, dann war sie als Seele aber
es der Schreck, in einem Leib geboren zu werden, auch nicht da, denn eine Seele ist ein Wesen mit
der sie auf einen Zeitpunkt prägt? psychischen Merkmalen. Wie man sieht, ist die
Auf der Erde müssen sich die Seelen (im Mate Darstellung Platons zu weitmaschig, um ein logi
riellen, in dem sie gefangen sind) behaupten und sches Bild seiner Kosmologie zu erhalten. Da die
unterwerfen, was über ihren weiteren Lebens Seele aber bereits oft wiedergeboren ist, muss sie
weg, über Freiheit oder Unfreiheit entscheidet. ein psychisches Kleid besitzen, bekommt aber
Kurzum: Eine Seele, die sich nicht behauptet, jetzt durch den Abstieg durch die Sternenwelt
wird vom Stoff verschluckt, wer sich dagegen eine spezifische psychische Bekleidung. Aber ver
dem verblendenden Einfluss des Stoffs wider färbt das nicht den ursprünglichen Charakter,
setzt, hat eine Chance, daraus wieder freizu muss man fragen?
kommen.
SPHÄRENHARMON I E,
Nach dem Tod führt die Reise „abwärts", offenbar
A BSTIEG UND AUFSTIEG DER SEELE
in den Hades und dessen feinstoffliche Sphären,
dabei umhüllt sich die Seele mit einem dünnen
Nach orphischer Lehre sinkt die Seele innerhalb
Pneuma, sprich: Plasma. Natürlich legt sie sich
der Weltseele durch sieben Himmelssphären ins
dieses nicht zu, sondern ist es bereits! Die Seele
Gefängnjs des Körpers. Die sieben Sphären - da
wird auch als Seelenwagen beschrieben, was aber
mit sind die sieben Ätherschatten der damals
nur sinnbildlich ist. Platon spricht im Timaios
bekannten materiellen Planeten gemeint. Im
vom Gefährt der Seele als dem Pneuma Und Aris
Sternbild Aiovucou (zwischen Krebs und Löwe
toteles definiert das Pneuma als „Element der
über der Hydra, genauer bei der Himmelspforte
Sterne", gleich dem Äther. Die Seele befindet sich
im Krebs, am Schnittpunkt der Milchstraße des
also im Hades, dem Äther, der Unterwelt. Aber es
Zodiaks und des Wendekreises des Krebses) -
gibt im Tod noch eine zweite Sphäre.
dort genau sinken die Seelen auf die Erde hinab,
Nach dem Hades kann die Seele in ein höheres während sie an der gegenüberliegenden Him
Reich reisen. Beim Aufstieg der Seele dorthin löst melspforte beim Wendekreis des Widders von
sich das Pneuma bzw. der Seelenwagen auf, und der Erde ins Seelenreich aufsteigen.
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straße hindurch. Es herrscht also stets Spiegel Sphären dieser Planeten. Nicht der Geist steigt
bildlichkeit von Körper und Seele, vollkommene nämlich in Reinform hinab, dazu ist er viel zu
psychosomatische Symmetrie. Daher beruht Ge subtil; er muss hierfür einen „Psychewagen", wie
sundheit auf der Symmetrie von Seele und Kör sich Platon ausdrückte, benutzen. Der Geist er
per. Das uns von der Seele mitgegebene Wissen, zeugt von sich ein gröberes Spiegelbild, die
was Sokrates seinen Daimon nennt, wird ein Psyche, bzw. er setzt sich, wie Platon sagt, in den
geschränkt vom Leiblichen einerseits, anderer Wagen der Psyche, und lässt sich von ihr durch
seits ist es nach oben hin zum Göttlichen immer die „Planetensphären unseres Sonnensystems", d. h.
offen, zudem bewegt sich die individuelle Seele die Plasmahüllen der Planeten, fahren. Bei dieser
spiegelbildlich zur allgemeinen Sphärenharmo Reise nimmt die Psyche mit jeder durchwander
nie des ätherischen Alls, wobei auch impliziert ten plasmatischen Planetenschicht deren vor
wird, dass sich der Leib spiegelbildlich zur Har materielle, plasmatische Wirkkräfte auf. Das ganze
monie der materiellen Planeten bewegt. Sonnensystem wird so in der Psyche eines jeden
Menschen und jedes Lebewesens gespeichert; die
PLATONS SIEBEN S PHÄREN Psyche ist daher ein mikrokosmisches Sonnen
system! Daher die Bedeu-
Entsprechend der Philosophie Platons - auf den tung der Astrologie!
Punkt gebracht in seinem Hauptwerk Timaios -
besteht das Sein aus sieben Sphären, den sieben
Dionysos. Ostseite des
damals bekannten Planeten. Unser Geist müsse
Parthenon. Weißer
bei der Abwärts-Evolution vom Logos (Gesetz,
Marmor, 5. jh. v. Chr.
Urnatur) zur Materie durch sieben plasmatische,
astrale bzw. seelische Ebenen hinabsteigen, nämlich
der Ebene der Sonne, der fünf Planeten sowie
des Mondes. Dass Platon das materielle Son
nensystem meinte, geht aus seinen Schrif
ten nicht hervor, er be
zieht sich vielmehr
auf die feinstoffli
chen, plasmatischen
56
Sieben (heute zehn) verschiedene immaterielle nehmend weniger Psyche, nähert sich dem Logos.
Plasmaprinzipien sowie das der Erde selbst sind Wir legen unser Planetengewand, unser Sternen
in uns gespeichert und machen uns zu dem, was gewand, unser Seelengewand ab, werden zu
wir sind, bzw. verunreinigen uns mit ihren seeli nehmend unpersönlicher Geist. Das heißt, wir
schen Qualitäten. Bei diesem Abstieg der Seele, tragen allein im Leben einen Astralcharakter mit
der vor jeder Geburt stattfindet, durchläuft jeder uns herum, der dann im jenseits von uns abfällt.
seine eigene planetare Evolution. - Umgekehrt Eine interessante, aber problematische Theorie.
müsste es sich demnach beim Tod verhalten,
wovon Platon jedoch nicht spricht. Die Psyche Beim Hinuntergleiten auf dem „Psychewagen"
verlässt den Körper, befreit sich damit von dessen vergisst sich der Geist um so mehr, je dicker die
Ausstrahlung und durchwandert sukzessive rück Mäntel (der Astralhüllen der Planeten) werden,
wärts die Plasmaschichten der Planeten und lässt die sich um ihn lagern; beim Anziehen des letz
in jeder Schicht die einst aufgenommene plasma ten, des materiellen Erdmantels, hat er sich
tische Umhüllung der Planeten wie einen Mantel schließlich ganz vergessen; er glaubt nun, Erde,
zurück und befreit sich dergestalt aus der plasma sprich: Körper, ausschließlich Körper zu sein. Pla
tischen Einflusssphäre der Gestirne, wird so zu- ton spricht diesbezüglich von „Trunkenheit". Der
Eine Legende erzählt, als Persephone von der Erde verschluckt wurde und sich in der Unterwelt wieder
fand, beobachtete dies der kleine Schweinehirt Eubouleos, einige seiner Schweine verschwanden eben
falls in der Erde. Später wurde Eubouleos Priester der Demeter-Mysterien in Eleusis. Auch deshalb waren
Schweine das gebräuchlichste Opfertier in den chtonischen Ritualen der Demeter und der Persephone.
An den Tempeln dieser Göttinnen werden
häufig Schweineknochen gefunden.
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Dieses seltene, auf Holz gemalte Bild beschreibt Evolution. Ziel des Lebens muss daher die Wieder
eine Opferszene. Es stammt aus dem 6. jh. v. Chr. erinnerung an diesen Prozess sein, was aber nor
und wurde in hervorragendem Zustand in einer malerweise erst mit dem Tod, bei dem wir die
der Höhlen bei Sikyon im Norden der Halbinsel Evolution zurückdrehen, erlebt wird.
Peloponnes gefunden. In ähnlicher Weise lehrt das chaldäische Orakel
ein Vergessen der so genannten Losungsworte,
Logos, Gott, vergisst sich dann selbst ganz, glaubt der Synthemata. Diese Losungsworte seien im
erst, er sei nur Psyche, dann, er sei nur Körper. Kosmos verstreut; wer sie vergessen habe, könne
Und nicht nur das: der Prozess des Abstiegs selbst nicht zu seiner wahren, ursprünglichen Existenz
wird vergessen, etwa so wie ein Mensch, der seine zurückkehren, denn ihm fehlten die Losungen
Persönlichkeit bei einem Unfall verloren hat und oder Passagierscheine, die in jeder Sphäre oder
nun als Anonymus durch die Welt wandert. Situation gebraucht würden. Damit ist folgendes
Aus dieser Erkenntnis leitet Platon folgendes gemeint: Wir benötigen beim Durchschreiten
Lebensprinzip ab: Wir müssen versuchen, uns einer jeden Existenzzone ein bestimmtes psychi
wieder an diesen Abstiegsprozess zu erinnern, sches und geistiges Wissen, eine bestimmte in
um erneut das zu werden, was - von Planeten nere Reife, um den Vergessenheitsschleier ab
mänteln überdeckt - unbewusst in uns schlum zuwerfen, den wir beim Abstieg vom Plasma zur
mert, der Logos, reiner Geist, Uranos. Das sei Materie übergeworfen bekommen haben. Der
unser wahres Wesen. Das nennt er Anamnesis - Fluss Lethe, Platons Philosophie des Vergessens
„Wiedererinnern" und darum allein ginge es im sowie die Synthemata des chaldäischen Orakels
Leben. beziehen sich alle auf die gleiche Erscheinung.
Das ist Platons Modell des Abstiegs des Geistes Nach Platon erfährt der reine Geist seine erste
durch sieben Plasma- oder Psycheschichten der Intoxikation oder Trunkenheit, wenn er in die
Planeten unseres Sonnensystems, bis wir den „Sternenschale des Bacchus" oder Dionysos - der
Fluss Lethe durchschwimmen, um alles wieder zu bei den Griechen zunächst als Schöpfergott,
vergessen. Mit dem Erreichen der Erde entsteht später ihn immer mehr verballhornend als Wein
damit Trunkenheit, d. h. wir vergessen unsere gott gefeiert wurde - hinabsteigt. Die „Sternen-
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Wissen, das im Logos ruht, nur vorübergehend STERNE, MILCHSTRAßE UND ÄTHER
verloren gegangen und muss wieder gewonnen
werden. Es liegt nur versteckt unter den Plasma „Ist es dann nicht so, dass wir Sterne in der Luft
schleiern verschiedener Planetensphären. Unser werden, wenn wir gestorben sind", lässt Aristo
heutiges Weltbild besagt, wir müssten mehr wis phanes in seinem „Frieden" einen Sklaven fragen.
sen, um weiterzukommen. Die alten Traditionen Woher kommen all die Namen für unsere Stern
jedoch sagen, wir müssten uns an das Vergessene bilder wie Kastor, Pollux, Herakles? Die Griechen
wiedererinnern. Wir sollen bei der Rückkehr in versetzten ihre verstorbenen Heroen besonders
die Welt den Fluss Lethe nach Möglichkeit gerne unter die Sterne. Denn: Die Heroen sind
meiden. Die Vergangenheit, das alte Denken ist Halbgötter, die in die Unterwelt vorgedrungen
also die Zukunft. sind, genauer gesagt: die zur Hälfte aus ihr
Die Materiedimension ist umgeben von der abstammen, also ihre plasmatisch-psychischen
Plasmadimension; beide sind durch den Plasma Kräfte beibehalten haben. Heroen (Heros ist ab
fluss Lethe, bzw. Mnemosyne, bzw. Okeanos oder geleitet von Eros!) oder Helden (germanisch ab
Tartaros voneinander getrennt. Reisen wir von geleitet von Hel = hell = Hölle) kämpfen also mit
unserer Dimension aus ins Plasma, dann über transphysikalischen, parapsychologischen Waf
schreiten wir, bildlich gesprochen, den Fluss fen, nicht mit Schwertern. Und da die Sternen
Mnemosyne und erinnern uns schlagartig an welt, d. h. ihr Plasmateil, identisch ist mit der
unser altes plasmatisches, sprich: psychisches Unterwelt, ist es richtig, die Heroen in die Sterne
Wissen; und wir erinnern uns, wo wir uns befin zu versetzen. Platon erwähnt daher im Timaios
den. Kehren wir dagegen aus der Plasmawelt in (41), der Demiurg habe bei der Weltschöpfung
den Körper zurück, überschreiten wir den Lethe den Psychen (roten) je einen Stern zugeteilt.
strom, trinken, wie es heißt, den „Trank des Ver
Er teilte die ganze Mischung in Seelen von der
gessens" und vergessen alles im Plasma Erfahre
gleichen Anzahl wie die Sterne und verband jede
ne. Dem Trank der Lethe wird von den Griechen
Seele mit einem Stern. (Timaios 41)
eine Antithese im Geistreich, dem Elysion, gegen
übergestellt: Nektar, der Trank der Götter, der er Auch Plutarch glaubte, in den Sternen leuchten
frischt, heilt und bewusst macht; diesen nehmen tatsächlich die Psychen auf. Der Sirius (Hunds
die Betroffenen zu sich, wenn sie nach dem stern) galt ihm als das Leuchten der Isis und der
Plasma in die höchste Dimension reisen. Orion als Leuchten des Osiris. Und auf einem der
1'
I
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b
9* .„
V
orphischen Goldblättchen, die den Toten mit ins Grab gegeben wur
den, steht auf einem der ältesten Exemplare:
Ich bin ein Sohn der Erde und des gestirnten Himmels.
(Nilsson 1954, S. 1 13)
erwähnt, das Diesseits beginne eigentlich schon Der Satzteil über die Erde wird auch bei uns heute
bei der Milchstraße, weil von dort die Psychen noch beim Begräbnis aufgesagt, der wesentlichere
„herunterfallen", um dann materielle Natur zu er Teil über den Aither jedoch verschwiegen, näm
halten. Porphyrios (De antro Nymph., 28, S. 75N) lich dass von uns etwas übrig bleibt, das
glaubte ebenfalls, die Psychen der Menschen hiel woandershin geht als in die Erde! Nach Platons
ten sich in der Milchstraße auf. Alle drei Autoren Ansicht entspricht der Aither der oberen Welt.
erwähnen, die Psychen würden, wenn sie „in die Im Timaios betont er, „die heilige Luft" werde
Geburt fallen", mit „Milch" ernährt. Daher leite Aither genannt. Im gleichen Tenor hören wir von
ten die Neuplatoniker den Namen „Milchstraße", Homer, dass die „glänzende Luft" über dem
griechisch Galaxis von gala = Milch ab. In der Kos irdisch-nebligen Luftkreis liegt (288).
mologie wird erzählt, Hera (Gemahlin des Welt Ich möchte die Analyse kurz und klar angehen.
und Plasmaherrschers Zeus) habe beim Stillen
1. Es gibt die materielle Sternenwelt, in der sich
des H erakles ihre Milch verschüttet, woraus die
die Erde innerhalb der normalen Luft aer be
Milchstraße entstanden sei. Andererseits wurde
findet, ganz gleich, wie weit von der Erde ent
die Milchstraße auch als Götterstraße oder Pfad
fernt.
der Psychen verstanden. Im übrigen ist, wie wir
2. Es gibt die höhere, heilige, glänzende Luft,
von Nah-Toderfahrungen wissen, die Atmosphäre
Aither genannt, die keine Luft mehr ist.
des Plasmas in der Tat milchig-neblig, es wird hier
offensichtlich auf die plasmatische, nicht die phy 3. Die Sterne sind den Griechen besonders als
sische Milchstraße angespielt. Plasmasterne bedeutsam, weniger als phy
sische Sterne. Bei der Evolution vom reinen
Wir können vorerst festhalten: die Psyche gelangt
Geist des Elysions hin zur Plasmawelt nehmen
nach dem Tod, bzw. vor der Wiedergeburt in eine
die sich zu Individuen formenden Wesen
Dimension, die im Raum der Milchstraße - aber
Eigenschaften der Sterne und Planeten auf,
deren immateriellem, plasmatischem Spiegel
werden so ein Mikrokosmos im wahrsten Sin
bild - liegt oder, nach einer engeren Version, in
ne, und unterliegen dann als materielle Wesen
die Zone zwischen Erde und Mond (der so ge
dem Einfluss des Kosmos, daher die Wechsel
nannten sublunaren Region), die ebenfalls als
wirkung Mikro- und Makrokosmos.
Plasmazone, d. h. als Hades, zu deuten ist.
4. Wenn gesagt wird, jede Psyche erhalte nach
Weitere Kommentare zu dieser feinstofflichen
dem Tod einen Stern oder werde ein solcher,
Sternenkunde klären, wo sich diese Sterne befin
ist das nicht im materiellen Sinne zu ver
den, in die die Helden verwandelt wurden. Aristo
stehen; der Stern steht für die Ätherzone, in
phanes sagt in einem Epigramm auf die vor Poti
die jeder beim Tod notgedrungen eingeht,
daia Gefallenen:
denn jeder Held wie Mensch ist seinem Wesen
Der Aither nahm ihre Psychen, die Erde ihre nach Psyche, reiner Aither, bzw. hat Anteil an
Körper entgegen. (IG l 2) der Plasmainformation der Sterne. Der Plasma
körper wird dementsprechend Astralleib Oat.
Ebenso sagt Euripides:
astra = Stern) genannt, weil er von den Infor
Was aus der Erde entstand, kehrt zurück in die mationssamen der Sterne durchtränkt ist.
Erde; was der ätherischen Geburt entsprang, Statt den Begriff Plasma zu verwenden, be
kehrt zurück zum Himmelsgewölbe. zieht man sich richtigerweise auf die Astral
(Capel/e 1968, Chrysippos fr 839 N) sphäre, das Astrallicht usw.
Aphrodite fährt vom Meer zum Olymp, gezogen von Zephyros und Iris. Hinten folgt Hermes. Griechische
Terrakota-Plakette, Lk, Süditalien. Um 450 v. Chr.
Nun zu einer etwas komplizierteren Vorstellung. alle Informationen der durchwanderten Sterne
In der platonischen wie hermetischen Tradition und Planeten enthalten sind. Die sieben Sphären
(nachhellenischen Tradition, die sich auf Hermes beziehen sich auf die damals bekannten sieben
[ägypt. Thoth] bezieht) existiert die Vorstellung Himmelskörper unseres Sonnensystems, bzw.
eines Kosmos aus sieben (planetaren) Sphären deren plasmatische Spiegelbilder. Der absteigen
(sphairos = Kugel). Die Psyche, bestehend aus de Geist saugt sich voll mit deren plasmatischen
Denken und Fühlen, falle wie eine Sternschnuppe Qualitäten und nimmt so die Archetypen dieser
durch diese Zonen hindurch, um schließlich die Planeten in sich auf, und zwar in folgender
Materie zu erreichen. Nous, der Geist, sei durch Reihenfolge:
den Zodiak (Milchstraße, die Sphären) hindurch • Saturn - Verstand (Intelligenz)
gefallen. Durch das Astral-Plasma des Zodiaks fällt • Jupiter - Praxis (des Verstandes)
der Geist hinunter in die Materie, wobei er sich • Mars - Kraft, Energie, Ausdauer
notgedrungen mit einem Plasma- oder „Psyche • Sonne - Gefühl, Vorstellung
wagen" verbindet, d. h. in jeder Stufe erhalten wir • Venus - Bewegung, Begierde
eine neue Hülle, die als leuchtende Aura, augoei • Merkur - Bewegung, Begierde
des genannt, den Körper überstrahlt und in der • Mond - Aktivität, Wachstum
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D E R ÜBERHIMMLISCHE ORT
KENNTNIS DER RUNDEN ERDE
DIE SCHICKSALSGÖTTINNEN
mit den Augen sehen. Seelen jedoch, sagt er, se
Platons Universum ist sphärisch, sprich rund, hen das stoffliche Universum nicht, sie erfahren
daher kreisen die Fixsterne am Firmament, darin nur ein Modell davon. Dieses Modell nun stellt er
nen Planeten, Sonne und Mond. Das kann man sinnbildlich dar, nämlich als eine Spindel an einer
Diese Sphinx stand auf einer
12 Meter hohen Votivsäule auf der
Insel Naxos in der Ägäis und schaute
auf den Apollo-Tempel herab. Sie
stammt aus der Zeit 570-560 v. Chr.
• sensorische Ebene,
Genauer gesagt: Das stoffliche Universum ebenso lediglich durch die Struktur der Materie, d. h.
wie das Ätheruniversum und die Seele gehorchen Festigkeit, Raum und Zeit und Kausalität sozu
dem Gesetz des Schicksals, mit anderen Worten: sagen verfestigt oder geronnen. Vergessen ist sie
der Notwendigkeit. Das Drehen der Spindel ist nicht, sondern wird jetzt in den Kategorien und
nicht nur die Drehung des physischen Univer festen Vorstellungsbildern der Materie symbo
sums, sondern viel mehr noch die „Drehung" un lisch erinnert.
seres Schicksalslaufs. Damit wird gesagt: alles im Denn von Gerechtigkeit und Besonnenheit und
Universum, Physisches, Feinstoffliches und Seeli allem, was sonst den Seelen ehrwürdig ist, fin
sches, sind genauestens festgelegt, es gibt keine det sich in den Abbildern hiernieden kein Glanz;
Beliebigkeit. sondern durch trübe Organe schauen nur weni
Platons Universum besteht aus drei Ebenen: ge mit Mühe die Herkunft des Nachgebildeten,
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indem sie auf die Bilder zugehen. Die Schönheit aber war
damals herrlich anzusehen, als wir, zu einem glücklichen
Chor vereint, im Gefolge des Zeus und anderer mit einem
anderen Gotte den seligen und göttlichen Anblick schauten
und mit jener Weihe geweiht wurden, die man als die glück
seligste bezeichnen darf.
Wer nun nicht neu geweiht oder wer verdorben ist, den zieht es
von hier nicht heftig dorthin, zu der Schönheit selbst. . .
(Phaidros 250)
Hier wird eindeutig bestimmt, dass Veranlagung die Ursache ist für
einen spirituellen Geist und dass diese erworben wurde.
Nicht jeder erkennt die Schönheit, erinnert sich daran. Wer sich
aber nicht erinnert, erkennt die Schönheit auch im Leben nicht.
Daher: Wer das Schöne nicht in den materiellen Formen erkennt,
hat auch keinen Zugang zu seiner eigenen Seele und versteht
auch nicht, dass es eine unabhängige Seele und eine ihr entspre
chende Seelendimension gibt, er lehnt diese Dinge als Unfug ab,
blockiert so sich selbst.
Wer aber eben wieder geweiht ist und wer die damaligen Dinge
vielfach geschaut hat; wenn der ein gottähnliches Angesicht als ein
vollkommenes Abbild der Schönheit oder die (entsprechende) Er
scheinung eines Leibes sieht, so erfasst ihn zuerst ein Schauder, und
es befällt ihn etwas von den Ängsten von damals. Dann aber blickt er
es (den schönen Gegenstand) an; er verehrt ihn wie
einen Gott, und wenn er nicht den Ruf eines über
triebenen Wahnsinns fürchtete, würde er sei
nem Liebling wie einem Bilde oder einem Gott
Opfer darbringen. Bei seinem Anblick aber be
fällt ihn, wie nach einem Fieberschauer, eine Ver
wandlung mit Schweißausbruch und ungewohnter
Hitze. Denn indem er die Ausströmung der Schönheit durch die
Augen aufnimmt, wird er durchwärmt, und dadurch wird das
Gefieder befeuchtet. Die Erwärmung aber bewirkt, dass um den
Keim des Gefieders das wegschmilzt, was sich hemmen dadurch den Wachstumsdrang des Ge
schon lange in Verhärtung um ihn zusammen fieders. Doch dieser, zusammen mit der Sehn
geschlossen und ihn am Wachstum verhindert sucht eingeschlossen, klopft innen wie die Puls
hat. Wenn ihm nun aber Nahrung zufließt, adern und stößt gegen den Ausgang, bei dem er
schwillt der Kiel der Federn und drängt, aus der sich gerade befindet, so dass die Seele ringsum
Wurzel hervorzuwachsen, an der ganzen Gestalt überall von den Stichen rasenden Schmerz emp
der Seele; denn ehemals war sie ganz befiedert. findet; andererseits aber macht die Erinnerung
Dabei wallt und quillt alles an ihr auf, und was an den Schönen sie froh. Die Mischung dieser
für die Zahnenden die Schmerzen an ihren Zäh beiden Gefühle bewirkt, dass sich die Seele über
nen sind, wenn diese eben hervorwachsen: ein diesen widersinnigen Zustand quält und in ihrer
jucken und ein Unbehagen, genau dasselbe Hilflosigkeit rasend wird . . . (Phaidros 221)
empfindet die Seele dessen, dem das Gefieder
jeder kennt diesen Zustand von sich selbst, Platon
hervorzuwachsen beginnt: sie wallt auf, empfin
hat das wunderbar beschrieben. Die Erfahrung
det ein Unbehagen und einen Juckreiz, wenn sie
des Schönen ist also die Pforte zur Erfahrung des
das Gefieder hervorbrechen lässt.
Schönen im jenseits. Wir müssen nur lernen, das
(Phaidros 220f)
Schöne nicht als irgendeinen Ausdruck des Irdi
Wenn nun die Seele die Schönheit des Knaben schen zu sehen, sondern als Ausdruck des jen
erblickt und die von dorther einfallenden und seitigen, das die irdischen Formen durchströmt.
herbeiströmenden Teilchen (mere) in sich auf Wer aber das Schöne im Dasein nicht erblicken
nimmt und dadurch befeuchtet wird (was man kann, wer keine Liebe spürt, dem verhärtet die
deshalb als Sehnsucht, himeros bezeichnet), so Seele, er stirbt ab, wird Materialist, verkümmert.
erholt sie sich von ihrem Schmerz und ist froh. Aber selbst wenn dieser Zustand eingetreten ist,
Bleibt sie aber einsam und trocknet aus, so ver bleibt immer noch die Sehnsucht. Sehnsucht
dorren die Enden der Ausgänge, wo das Gefie wird von Platon als das angeborene Wissen um
der durchstößt, schrumpfen zusammen und die Schönheit und Liebe des jenseits definiert. Das
Abbildung eines griechischen Mahls (Symposion) auf einer Kalksteintafel aus dem „Tauchergrab': das 1968
in der südlichen Nekropolis bei Paestum entdeckt wurde. Diese Freske stammt aus der Zeit um 480 v. Chr.
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kann keine auch noch so verhärtete Seele Diese Skulptur einer Göttin stammt etwa aus
verdrängen. Nun äußert sich aber diese dem 6. jh. v. Chr. Sie wurde in der Nähe des
Sehnsucht nur noch durch dünne Poseidon-Tempe/s in Paestum gefunden.
Kanäle, und heraus kommt ein
spärliches Rinnsal kompensa Schöne des Seins als eine Spiegelung der
Es gibt zwei Zustände nach dem Tod: Erstens das . . . wer ohne die Weihen und ungeheiligt in die
Glück des jenseitszustandes, das sich auch schon Unterwelt kommt, im Schlammstrom liegen
im Leben bemerkbar machen kann, sofern die muss, während der, der gereinigt und geweiht
Seele bereits beflügelt ist, sprich: sich jederzeit in dorthin kommt, bei den Göttern wohnen wird.
die Nachbarwelt erheben kann, indem sie das (Phaidon 69)
68
DAS GERICHT
Philosophen nicht mehr. erstes Leben beendet haben, vor Gericht, und
nach dem Urteilsspruch gehen die einen in die
Denn in die Finsternis und zum Gang unter die Zuchthäuser unter der Erde und verbüßen dort
Erde zu kommen, ist für die, die schon den ihre Strafe, während die anderen durch das Ge
himmlischen Wandel angetreten haben, durch richt an einen himmlischen Ort erhoben werde n
das Gesetz nicht mehr bestimmt; sondern sie und dort ein Leben verbringen, das dem ent
dürfen ein lichtes Leben führen und mit den spricht, das sie in der menschlichen Gestalt ge
anderen selig dahinwandeln. . . (Phaidros 256) führt haben. Aber im tausendsten Jahre kom
Ein echter Tod würde für die Schlechten viele men diese und jene zur Verlosung und zur Wahl
Vorteile haben. jeder Mensch hat einen Daimon, ihres zweiten Lebens, und da wählt dann ein
der ihn nach dem Tode zur Versammlung der jeder, welches er will. Dabei geht auch etwa eine
Toten führt und dann in den Hades bringt. Haben menschliche Seele in das Leben eines Tieres ein,
sie dort gelebt, bringt sie ein anderer Führer wie und aus einem Tier, wer früher ein Mensch
der hierher, aber nach großen Zeitabläufen. Es gewesen ist, wieder in einen Menschen. Aber
gibt viele Wege zum Hades, deshalb braucht man eine Seele, die niemals die Wahrheit geschaut
viele Führer, nicht einen. Die Seele, die an ihrem hat, kann auch nie in diese Gestalt eintreten.
Leib hängt, löst sich nur widerwillig vom Leben (Phaidros 249)
und der Physis, die andere Seele aber ist beruhigt Denn der Mensch muss gemäß dem, was man
und geht zielstrebig ihren Weg im jenseits. Idee nennt, Einsicht gewinnen, indem er von
Es heißt jede Idee hat ein eigenes Sein. jeder Ge den zahlreichen Wahrnehmungen zu dem
danke, den ich im jenseits habe, erschafft eine kommt, was durch die Überlegung zu einer Ein
eigene Ätherwelt, so wie ich mich ja im Irdischen heit zusammengefasst wird. Das aber ist nichts
durch einen Gedanken oder ein Gefühl in eine anderes als die Wiedererinnerung an das, was
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unsere Seele einst gesehen hat, als sie gemein Illustration William Blakes zu Dantes Hölle mit
sam mit dem Gott dahinfuhr, als sie auf das dem Bild des Kerberos.
herabsah, von dem wir nun sagen, dass es sei,
gen, ohne es zu wissen, sondern glauben uns auf
und als sie ihren Blick zu dem wahrhaft Seien
der Oberfläche der Erde zu befinden, wie wenn
den emporhob. Deshalb ist es auch gerecht, dass
jemand auf dem Meeresgrunde wohnte und
einzig das Denken des Philosophen beflügelt
dabei die Überzeugung hätte, er wohne auf dem
wird; denn mit seiner Erinnerung ist er stets
Meere . . .
nach Kräften bei jenen Dingen, dank denen ein
Gott eben göttlich ist. . . (Phaidros 249) Deutung: Wir sehen, mit welch komplizierten
Metaphern Platon versucht, die Nachbardimen
PLATONS VERSUCH DAS JENSEITS sion dem sprachorientierten Verstand zugänglich
ZU BESCH REIBEN zu machen - wie wir bemerken, ohne Erfolg. Die
Nachbardimension, der Ä ther, wird verglichen mit
Im Phaidon (108- 1 1 4) gibt Platon eine ausführ
den Sternen, was nur verwirrt. Die Materiedimen
liche Schilderung der Struktur des jenseits.
sion wird als eine Vertiefung innerhalb des Ä thers
Die eigentliche Erde aber erhebt sich rein in den beschrieben, was noch mehr verwirrt. Wasser,
reinen Himmelsraum, wo die Sterne sind und Nebel und Luft sollen vom Ä ther stammen, was
welchen die meisten, die von diesen Dingen unglaublich erscheint. Und in diesem Sinne meinte
reden, Äther nennen. Wasser, Nebel und Luft die bisherige Platonforschung diese Aussagen
aber sind der Niederschlag davon und fließen allesamt als mythologische Spielereien abtun zu
fortwährend in den Vertiefungen der Erde zu können. Die Tatsachen sehen jedoch anders aus.
sammen. Wir aber wohnen in ihren Vertiefun- Warten wir also ab.
WAH RER HIMMEL, WAH RES LICHT, blicken, und so wie hier die Fische, die aus dem
WAHRE ERDE Meere empor tauchen, unsere Welt sehen, so
würde er jene andere Welt erblicken. Und wenn
Gerade so ergeht es auch uns: wir wohnen in seine Natur stark genug wäre, diesen Anblick
einer der Vertiefungen der Erde und glauben da auszuhalten, dann würde er erkennen, dass dort
bei, auf ihrer Oberfläche zu wohnen, und die der wahre Himmel ist und das wahrhafte Licht
Luft nennen wir „Himmel", als wäre sie der und die wahre Erde.
Himmelsraum, durch den die Sterne wandeln.
Und es hat damit ganz dieselbe Bewandtnis; Deutung: Wie soll man die seelische Ä therwelt
wegen unserer Schwerfälligkeit und Schwäche sprachlich beschreiben? Schauen wir uns einmal
sind wir nicht imstande, bis an den äußersten physikalische Versuche an, etwa die Nicht-Zeit zu
Rand der Luft vorzudringen. Denn wenn je beschreiben, man versteht das, was dann niemand
mand auf ihre Oberfläche gelangte oder wenn mehr versteht, als höheres physikalisches Denken
er Flügel bekäme und hinauf fliegen könnte, und überlässt es den Eingeweihten. Es hat sich
dann würde er dort auftauchen und hinab- nichts geändert, weder Platon noch die moderne
Physik kann die Nachbarwelt, dieja eine seelische Rhea-Kybele und ihre Gefährten im Kampfmit dem
und keineswegs eine bloß physikalische ist, Giganten. Pergamonaltar, etwa 180- 1 60 v. Chr.
beschreiben.
daher zuerst eine Erklärung, damit wir im Gewirr
der Namen den Kopf sprichwörtlich über Wasser
D I E SEELENFLÜSSE behalten. Im Grunde ist seine Ansicht recht klar,
DES ÄTHE RUNIVERSUMS jedoch übermäßig sinnbildlich vorgeführt. Zu
dem: Wer die Nah-Toderfahrung nicht außer
Platon versucht im Phaidon (93-96), die Struk gewöhnlich detailliert kennt und nichts vom
tur des jenseits oder Äthers möglichst anschau Äther oder Plasma weiß, hat ohnehin keine Chan
lich und volksnah darzustellen, erreicht aber das ce, Platon nur im Entferntesten zu begreifen.
genaue Gegenteil, wir verstehen rein gar nichts Literaturwissenschaftler, Graecologen etc. erhal
mehr. Deshalb wurde Platons Schilderung der ten hier nicht die geringste Möglichkeit, Verständ
Ätherflüsse als mythologische Spielerei abgetan. liches zu äußern - außer zu phantasieren, und
Bevor ich Platon zu Wort kommen lasse, gebe ich das wurde ausnahmslos praktiziert.
72
Ich deute nun dieses Szenario: Der Tartaros be halte sie am Leben. Im Klartext: Gefühle und Ge
steht aus den Gefühlen der Lebewesen. Ein ande danken erzeugen das materielle Weltall und zer
rer Name für Tartaros ist Äther, Äther ist der Fein stören es auch wieder, dann etwa, wenn etwa die
stoff, aus dem unsere Gefühle und Gedanken be Seelen ihren Leib verlassen, der dann verfault. Nun
stehen. Gefühle und Gedanken sind nicht einfach spezifiziert Platon weiter: Die Äthergefühle oder
ein Nichts, sondern ein feinster Stoff, eine Ener Plasmagedanken bewegten sich wie Wind oder
gie, würde man heute populistisch sagen. Der Wasserwellen, und zwar wie ein Aus- und Einatmen.
Gefühlsäther, sagt Platon, gehe durch alle Materie Deshalb spricht Platon wie viele Kulturen vom
hindurch, durchdringe sie und baue sie damit auf, Wind. Psyche heißt Luft, Atem, Hauch, Wind. Ein
Vergleich, der dem „Gedankenwind" und der „Ge
fühlsluft" recht nahe kommt. Unsere Gefühle also unterlägen
einem Rhythmus, einem Ein- und Ausatmen, genauer gesagt,
sie kommen und gehen, entfalten sich und verfallen wieder.
Der Okeanos ist das größte Wasser, er fließt im sandt. . . So hat die Natur dies angeordnet. Wenn
weitesten Kreise um die Wahre Erde bzw. ist de nun die Gestorbenen an den Ort gelangen,
ren weitester Kreis, bzw. ist Okeanos ein anderes wohin einen jeden sein Daimon führt, dann wird
allgemeines Wort für Tartaros, Äther oder Seele. zuerst Gericht über sie gehalten, über die,
Davon leitet sich unser Begriff Ozean ab. welche gut und fromm, und auch über die,
welche nicht so gelebt haben. Deren Lebens
ACH E RON QAMMERFLUSS) wandel als mittelmäßig befunden wird, nehmen
ihren Weg zum Acheron, besteigen die Schiffe,
Diesem (dem Okeanos) gegenüber strömt in die für sie bereit sind, und gelangen mit diesem
entgegengesetzter Richtung der Acheron, der zum See. Dort wohnen sie, und wenn sie sich
76
gereinigt und für ihre Sünden gebüßt haben, Totenreich. (Man erinnere: Der Storch als Seelen
werden sie erlöst, wenn einer etwas Ungerech vogel holt nach altem Volksglauben die Kinder
tes begangen hat; für ihre guten Werke aber aus dem Teich; Seele leitet sich ab von See, weil sie
werden sie belohnt, ein jeder nach seinem Ver wässrig ist. Und: Beim Tod tauchen die Seelen oft
dienst. (Phaidon 108- 1 14) zurück ins Wasser. Apropos: der keltische Name
Dem Okeanos gegenüber und in entgegengesetz für Fluss ist Ach ! Hunderte von Flussnamen im
ter Richtung strömt der Acheron. Der Acheron Deutschen enden auf „ach". Der Ausruf „ach!" be
mündet im acherusischen See, in den auch die zieht sich auf Kummer und Jammer). Der Acheron
Seelen der Gestorbenen kommen. Aus dieser Be gilt als der Fluss seelischen Leidens und Jammers.
merkung ersehen wir erneut, dass es sich bei die Die Toten steigen nach griechischer Vorstellung
sen Flüssen und Seen um feinstofflich-ätherische am Acheron in Schiffe, um zum acherusischen
Seelenströmungen und nicht um Flüsse im mate See zu gelangen, wo sie dann wohnen. Aber nur
riellen Sinn handelt. Das Wort Strom ist eine jene, die einen mittelmäßigen Lebenslauf hatten.
Metapher für mentale Zustände oder Schwingun Dort müssen sie sich von schlechten Taten reini
gen, denn auch Gefühle strömen. Der acheru gen, für die guten werden sie belohnt. Die ganz
sische See ist der Aufenthaltsort der Toten, von Bösen landen im Tartaros. Doch müssen auch sie
dem aus sie wieder auf unserer nicht ewig dort bleiben, die Strömung führt sie
Erde geboren werden, zum acherusischen See, wo Mörder ihre Opfer
sprich: das klassische um Vergebung bitten können. Nur wenn die
Opfer sie erhören, werden sie aus dem Tartaros
erlöst. Sie werden also immer wieder von der
ebbe- und flutartigen Woge hin und her getragen,
bis sie Erlösung finden. Im Totenreich befinden
wir uns also in unseren ureigensten Gefühlen,
denn nur das ist es, was von uns übrig bleibt,
was sonst. Erlöst werden wir offenbar nur
von unseren seelischen Verstrickungen,
wenn wir sie erkennen, sprich: unseren
Feinden vergeben und unseren Opfern
ebenfalls, genauer gesagt, wenn wir den
77
Gesamtplan unseres irdischen Tuns überblicken zwischen den beiden genannten und ergießt sich
und nun einschätzen können, welche Auswirkun in ein mit Feuer gefülltes Becken. Ein Feuerstrom
gen unsere Taten und Gedanken hatten. Anderen fürwahr ist das. Oder ein See mit kochendem
verzeihen kann ja nur heißen, dass wir die schick Wasser und Schlamm. Er bewegt sich in seiner
salsmäßigen H intergründe unseres einstigen Tuns Bahn auch zum Ende des acherusischen Sees, bil
verstehen, und das tun wir in der Tat im Toten det offenbar eine U mgrenzung des Totenreichs.
reich, denn unsere vergangenen Leben, die Wieder Dabei vermischt er sich jedoch nicht mit diesem.
erinnerung, dämmert herauf und damit all unsere Ein wichtiger Hinweis. Der Acheron ist nur für re
Verbindungen mit und Abhängigkeiten von ande lativ milde Seelenleiden zuständig, der Pyriphle
ren Wesen. Es treffen sich offenbar die Wesen im gethon für schwerwiegende, denn er brennt
Totenreich und besprechen ihre Abhängigkeiten, schon, das Leiden brennt schon! Der Seelenfeuer
genauer gesagt erkennen sie den Gesamtplan, speiende Pyriphlegethon mündet im Leidenssee!
dem sie unterliegen. Ein rein höfliches Vergeben Beide Ströme sind natürlich verbunden.
gibt es im jenseits nicht, alles basiert auf der
Logik der Erkenntnis, der Erkenntnis des Schick KOKYfOS
sals! Ursache der Erkenntnis im Totenreich ist die
Wiedererinnerung, die ja Platon deshalb zu seiner Diesem wiederum gegenüber entspringt der
wichtigsten Lehre gemacht hat. vierte Fluss. Er stürzt sich zuerst, erzählt man,
in eine furchtbare und wilde Gegend, die eine
PYRI PH LEGETH O N !azurblaue Farbe hat und die man die stygische
nennt; der See aber, den der einfallende Fluss
Der dritte Fluss aber entspringt mitten zwischen bildet, heißt Styx. Nachdem er aber hier hinein
diesen beiden und ergießt sich nicht weit von gestürzt und in seinem Wasser gewaltige Kräfte
seinem Ursprung in ein großes, mit Feuer gefüll gewonnen hat, versinkt er unter die Erde, fließt
tes Becken und bildet dort einen See, größer als darauf in gewundenem Lauf in umgekehrter
bei uns das Meer, kochend von Wasser und Richtung zum Pyriphlegethon weiter und be
Schlamm. Von dort setzt er trübe und schlam gegnet ihm dann wieder von der entgegen
mig seinen kreisenden Lauf fort und gelangt in gesetzten Seite her am acherusischen See. Und
seinen Windungen um die Erde da- und dorthin auch sein Wasser vermischt sich mit keinem
und so auch an das äußerste Ende des acherusi anderen, sondern er fließt ringsum und mündet
schen Sees, ohne sich aber mit dessen Wasser zu dem Pyriphlegethon gegenüber in den Tartaros.
vermischen. Nach vielen Windungen unter der Sein Name aber ist, wie die Dichter sagen, Ko
Erde mündet er dann aber weiter unten in den kytos. (Phaidon 108- 1 14)
Tartaros. Diesen Fluss aber nennt man den Pyri
phlegethon, und wo auf der Erde Lavaströme
ATMET D ER ÄTHER?
ausbrechen, da sprühen sie Stücke von ihm
herauf. (Phaidon 108- 1 14)
Interessant ist nun zu erwägen, warum die Flüs
se als kreisförmig fließend beschrieben werden
und einer einer Schaukelbewegung vergleichba-
,
/.
Sterbender Kämpfer. Die Eckstatue aus dem östlichen Fronton des Apha
ios-Tempe/s auf der Insel Aigina Um 490 v. Chr. Gegenüber: Detail des Ge
sichtes eines anderen Kämpfers.
ren Ebbe und Flut unterliegen. Wird damit auf tiefungen (auf der Oberfläche) rings um sie
unsere Seelenbewegungen hingewiesen, die ja herum zahlreiche Örtlichkeiten. Die einen sind
auch strömen und fließen, immer neu aufwallen tiefer und ausgedehnter als die Höhlung, in der
und sich wieder beruhigen? Es heißt ja auch, diese wir wohnen, die anderen zwar tiefer, aber mit
Bewegung sei wie Ein- und Ausatmen. In der Tat einer engeren Öffnung als unser Ort; schließlich
leben wir nur, weil wir atmen, hört dies auf, ster gibt es noch solche, die weniger tief sind als die
ben wir sofort. Die Seele wird also als einem unsrigen, und auch breiter. Diese alle aber sind
Rhythmus gehorchend verstanden, der sich phy unter der Erde vielfach durch bald engere, bald
sisch als Atembewegung, seelisch als aktive und weitere Gänge miteinander verbunden und
passive Phase darstellt. Psyche heißt Luft, Atem, haben Durchlässe, durch die von einem zum an
Hauch. Eigentlich atmet unsere Seele, stellt sich deren viel Wasser fließt, so wie in Mischkrüge.
dies als physische Atmung dar? Ist die Atmung Und gewaltige, nie versiegende Ströme fließen
ein Echo psychischer Atmung? Nun wird in allen unter der Erde, bald mit warmem, bald mit kal
alten Kulturen der Atem als physisches Spiegel tem Wasser, und viel Feuer und mächtige Feuer
bild plasmatisch-ätherischer Atmung verstanden. ströme. Und in großer Zahl auch solche, die
Atmet also der Äther? Atmet der Feinstoff der flüssigen Schlamm, teils reineren, teils wieder
Seele? schmutzigeren, mit sich führen, wie die
Schlammströme, die in Sizilien der Lava vor
Hier Platons Text zum atmenden Äther:
angehen, und wie die Lava selbst. Durch diese
So also ist die ganze Erde und das, was um sie werden dann jeweils die Räume ausgefüllt, zu
herum ist, von Natur beschaffen. In ihrem Inne welchen sie der Kreislauf gerade bringt. Das
ren aber finden sich, entsprechend ihren Ver- Ganze aber bewegt sich auf und ab, wie wenn
eine Art Schaukel in der Erde wäre. Die Bewegung dieser Schau
kel beruht ungefähr auf folgender natürlicher Ursache: unter
den Schlünden der Erde ist einer, der größte von allen, der
ganz durch diese hindurchgeht. Diesen meint Homer,
wenn er sagt: Fern, wo der tiefste Schlund sich findet
unter der Erde. An anderer Stelle hat er ihn mit vielen
anderen Dichtern ,Tartaros' genannt. In diesem
Schlund fließen alle Ströme zusammen, und ihm
entströmen sie auch wieder; und alle nehmen die
Beschaffenheit des Erdbodens an, durch den sie
fließen. Dass sie aber alle von dort ausfließen und
nachher wieder dort einströmen, das hat seinen
Grund darin, dass dieses Gewässer keinen Grund
und Boden hat. So bleibt es denn in der Schwebe
und bewegt sich auf und ab, und die Luft und der
Wind um es herum tun dasselbe; denn sie folgen
ihm, ob es sich nach der anderen Seite der Erde
bewegt oder nach der unsrigen hin. Wie beim
Atmen die Luft fortwährend aus- und wieder ein
strömt, so erregt dort die Luft, die sich mit dem
Wasser auf und ab bewegt, bei ihrem Aus- und Ein
strömen heftige und ungeheure Stürme. Wenn nun
das Wasser in den Raum zurückströmt, den wir
mit ,unten' bezeichnen, dann fließt es durch die
Erde hindurch in die Gänge der Ströme und füllt
sie aus, wie wenn man Wasser hineinpumpt.
Wenn es aber von dort wieder zurücktritt und
sich zu uns hin bewegt, dann füllt es wieder die
Gänge aus, die sich hier befinden, und strömt durch
die Kanäle und durch die Erde und gelangt an die
Orte, wohin ihm jedes Mal der Weg gebahnt ist,
und bildet Meere und Seen und Flüsse und Quel
len. Von hier aus dringen dann diese Gewässer
wieder unter die Erde; und nachdem die einen
größere und mehr, die anderen weniger und kür
zere Räume durchflossen haben, münden sie
wieder in den Tartaros ein, die einen weit, die
anderen aber wenig unterhalb der Stelle, wo sie
herausgepumpt worden waren; doch fließen alle
unterhalb ihrer Austrittsstelle wieder ein. Bei
einem Teil von ihnen geschieht das auf der ent
gegengesetzten, bei einem anderen Teil aber auf der
80
W ---
gleichen Seite, wo sie ausgetreten waren. Doch finden; das ist die Strafe, die ihnen von den Rich
gibt es auch solche, die rings im Kreise ganz her tern auferlegt ist. (Phaidon 108- 1 14).
umziehen und sich ein- oder auch mehrmals wie Sokrates zitiert im Phaidon Homer, der den tief
Schlangen um die Erde herum winden und dann sten Schlund unter der Erde Tartaros nennt. Dann
möglichst tief unten wieder einströmen. Auf bei erwähnt Sokrates einer alten Überlieferung ent
den Seiten können sie sich aber bis zur Mitte der sprechend die vier besagten Ströme, die ebenfalls
Erde hinabsenken, weiter nicht; denn beider „unter der Erde" im Tartaros fließen. Der Begriff
seits geht dann der Weg für die Strömungen Tartaros bezieht sich nicht auf einen Fluss, son
wieder aufwärts. (Phaidon 1 1 1) dern ist ein Überbegriff für alle Flüsse. Wenn von
„unter der Erde" gesprochen wird, ist, wie wir
wurde von Platon doch lediglich als anschauli Die Guten erhalten ihre Wohnungen oberhalb der
ches Sinnbild verwendet, aber es kann natürlich Erde, die sich aber durch Philosophie ganz geläu
keinen Eingang in den Äther durch eine unter tert haben, also dem Körperlosen und Ewigen
irdische Höhle, wie so oft dargestellt, geben, was gewidmet haben, kommen zu Wohnsitzen, die
jeder weiß und absurd ist, aber bei den Einwei nicht zu beschreiben sind. Das sind die, die sich
hungsmysterien zum Beispiel kann eine echte der Philosophie verschrieben haben, sie kommen
unterirdische Höhle sehr wohl helfen, dass sich in wunderbare, angeblich nicht zu beschreibende
die Seele durch die aufkommende Ruhe und das Orte über der Erde, wie wir heute christlich sagen
Geheimnisvolle vom Körper ablöst und in die würden: in den Himmel.
Ätherwelt „fliegt"!
DAS I NNERE GERICHT
DIE GUTEN
jeder Gestorbene wird nun von seinem Führer
Welche aber in ihrem Lebenswandel als beson oder seinem eigenen Daimon (seiner Seele) zum
ders heilig befunden werden, die bleiben von Gericht geführt. Gemeint ist das aus der Todes
diesen unterirdischen Orten verschont und wie erfahrung hinlänglich bekannte Innere Gericht,
aus Kerkern entlassen; sie fahren auf zu jener der Lebensrückblick oder Schicksalsüberblick.
reinen Stätte und erhalten ihre Wohnungen Die mit mittelmäßigem Lebenswandel gehen
über der Erde. Aber die unter ihnen, die sich zum Acheron, besteigen die Schiffe und gelangen
durch die Philosophie genügend geläutert ha zum See und wohnen dort, haben sie sich von
ben, leben körperlos in alle Ewigkeit und bekom ihren Sünden gereinigt, werden sie vom Leiden
men noch herrlichere Wohnsitze als jene; die zu erlöst, für die guten Werke werden sie belohnt,
beschreiben ist nicht leicht, und jetzt reicht auch natürlich nicht mit physischen Geschenken, son
die Zeit nicht mehr dazu. (Phaidon 108- 1 14) dern mit Erkenntnis, eben jenem Gesamtüber
blick über das eigene Schicksal und seiner Ver
Modell des Hades. Das Plasma sei feucht und bindung zu anderen Leben, so dass man sich dann
wässrig, sagen alle Traditionen; es wird daher im als viele Male Wiedergeborener erkennt, die
algemeinen als Fluss erfahren, welchen man Wiedergeburten aber verbindet ein Schicksalsfa
durchqueren muss. Das Plasma ist das Spiegelbild
den, der in jedem Leben neu aufgenommen und
unserer Gefühle. Diese Gefühle personifizierten die
Griechen als Flüsse. Das Plasma umgibt die Erde, an dem weitergestrickt wird. Mit dieser Erkennt
weshalb die Flüsse die Erde umkreisend dargestellt nis allein beginnt echte Selbsterkenntnis.
wurden.
SCHLUSS
GEDA N KE N U N D BEGRIFFE
ALS A B B I LDER DER URFORMEN .
Platon betont die große Bedeutung des Denkens. Denken arbeitet mit
Gedanken oder Ideen, griech. Idea Ein Begriff fasst alles zusammen, was
sich in der Sinneswahrnehmung als vielfältig darstellt. Ein Begriff
Philosophie ist die Liebe zur Weisheit, und Weisheit noch nicht verwirklicht sind oder sich erst später
heißt, den Urformen des jenseits und dem Demi verwirklichen, also alles was in der Vergangenheit
urgen immer näher zu kommen, sie zu verkör da war, in der Gegenwart ist und in der Zukunft
pern, zu erkennen, dass ,,Alles mit Allem" verknüpf sein wird, einfach deshalb, weil es keine Zeit i m
bar ist, ist der Grundsatz spiritueller Erkenntnis. Ätherreich gibt, d i e dort auf einen Punkt zu
Das Göttliche ist also das Alles in Allem, was heißt, sammenschnellt. Hinzu kommt das potentiell
es gibt eine Einheit aller Vielfalt, eine höchste Ur unendliche Angebot a n Kombinationsmöglich
form, keine Vielfalt, das ist menschlicher Irrtum. keiten aller Fakten. Während sich im Materiellen
nur wenige Kombinationen erfüllen, ruhen im
DER HADES - DER REICHTUM Äther gleichsam alle denkbaren Kombinationen,
DES ÄTHERS denn alles ist erlaubt und möglich. Es entfaltet
sich - und das ist wichtig zu begreifen - in der
Was ist eigentlich der Hades? Das jenseits! Sokra Materie nur eine kleine Zahl der möglichen Wel
tes beantwortet das und sagt, wer einwal im jen ten, die der Äther anzubieten hat. Wer dagegen ins
seits war, wolle nicht mehr zurückkehren, weil es jenseits eintritt, wird überflutet von Vielfalt, von
dort so schön und der Reichtum unendlich sei: plutonischem Reichtum, und das ist der Hades,
das Totenreich!
. . . dass eben aus diesem Grunde niemand aus
dem jenseits wieder zurückkehren will, sogar die
DER KÖRPER ALS S PI EGELBILD
Sirenen nicht, sondern dass sie und auch alle an
DER S EELE
deren durch einen Zauber dort festgehalten wer
den: so schöne Reden weiß offenbar Hades zu Sokrates:
halten, und, wie sich aus dieser Beweisführung
ergibt, ist dieser Gott ein vollkommener Sophist . . . Einige Leute behaupten, der Leib sei das Grab
und ein großer Wohltäter derer, die bei ihm woh mal (sema) der Seele, worin sie nun in diesem
nen, der, der ja auch den Menschen hier so große Leben begraben sei. Und weil die Seele anderer
Güter heraufschickt; solch großen Überfluss hat seits durch den Leib das zum Ausdruck bringt,
er dort, und davon bekam er den Namen Pluton was sie ausdrücken will, werde er auch deshalb
(der Reiche). Und dass er ferner nichts mit den mit Recht Zeichen (sema) genannt . . . Und, wie
Menschen zu tun haben will, die noch über ihren der Name sagt, sei er nun also das Behältnis
Leib verfügen, sondern dass er erst dort mit (soma) der Seele, bis sie die geschuldete Strafe
ihnen zusammenkommen will, wenn die Seele abverdient hat, und man dürfe da gar keinen
von all den leiblichen Übeln und Begierden ge Buchstaben verändern. (Kraty/os 400)
reinigt ist. . . (Kratylos 403)
Der Körper ist das Grab der Seele, das ist ein
Hades ist der Reichtum, der ätherische, der zur wahres Bild. Dass nun aber der Körper die indivi
Vielfalt und zum gigantischen materiellen Ange duellen Seeleneigenschaften ganz zum Ausdruck
bot an Möglichkeiten, Lebensformen, Schicksals bringen soll, was auf eine Physiognomie und Aus
läufen führt. Dieser Reichtum ist im jenseits offen druckskunde hinausläuft, ist erstaunlich, aber eine
sichtlicher als hier. Es ruhen im Ätherreich der alte Vorstellung. Und wie könnte es anders sein.
Weltseele offenbar nicht nur alle. Urformen der Die ätherische Seele strukturiert unseren Körper,
materiellen Wesen und Dinge, sondern wohl auch sie ist die Matrix (= Mutter) des Materiellen. Wie
alle potentiellen Möglichkeiten, die im materiellen das nun genetisch genau funktioniert, darüber
85
Sie zogen uns auf als ihren Besitz und als ihre
Pfleglinge, freilich mit dem Unterschied, dass sie
dabei gegen die Leiber nicht leibliche Gewalt an
wendeten, so wie die Hirten ihr Vieh mit Schlä
gen auf die Weide treiben, sondern so, wie sich
ein Lebewesen am besten leiten lässt; ihnen vom
Achterschiff aus die Bahn weisend, indem sie,
nach ihren eigenen Gedanken, mit glücklichem
Marmorrelief des Gottes Helios aus dem Athene Zureden wie mit einem Steuerruder die Seele
Tempe/ in Troja Gefertigt nach 300 v. Chr. beeinflussen; durch solche Führung lenkten sie
das ganze menschliche Geschlecht.t
weiß Platon verständlicherweise nichts zu sagen. (Kritias 109)
Der Gesichtsausdruck ist also ein sema, ein Zei
chen über den Charakter der Ätherseele. Der moderne Mensch des Westens kann diese
Spekulation nicht annehmen, deshalb kann er
Platon und die Antike nicht annehmen und muss
DIE GÖTTER S I N D DIE H I RTEN sie als naive Geisteshaltung mythisch denkender
DER MENSCHEN Menschen lächelnd beiseite schieben. Dazu ist zu
sagen: die Götter - auch als Daimonen bezeich
net - waren den Griechen und den Völkern der
Wir kommen nun z u einer unheimlichen Frühzeit etwas Reales und keine philosophischen
Spekulation. Diese heißt in einem Wort: Götter Spekulationen, zu denen sie nach Platons Zeit
erschufen die Menschen und lenken sie seitdem immer mehr verkamen. Am Anfang seien die Göt
insgeheim. ter sichtbar unter den Menschen gewandelt,
Die Existenz von Göttern, die die Menschen ge heißt es. Die frühen Zivilisationen seien um die
schaffen haben, ist dem Modemen nur ein Götter und die Paläste zentriert gewesen, die man
Schmunzeln wert, doch den antiken Kulturen ihnen zu Ehren baute. Die ersten Könige waren
war das etwas ganz natürliches. Doch schon zu Gottkönige, später, als die Götter sich zurück
Platons Zeit waren den Menschen die Götter fern zogen, erhielten Menschen diese Würde.
• Sokrates diskutiert den Ursprung des Wortes Hades und sagt (Kratylos 403): Und der Name Hades ist also weit davon
entfernt. . . vom Unsichtbaren (aeides) herzurühren, sondern er kommt viel eher davon her, dass er alles Gute (eid6s)
weiß: danach ist er vom Gesetzgeber Hades genannt worden."
1 Sechs Könige soll es gegeben haben: Phanes, Nacht, H immel, Saturn, Jupiter und Bacchus. Saturn nahm dem Himmel
die Herrschaft ab und gab sie an Jupiter weiter. Dieser zerschnitt dabei den Saturn. Platon nennt den Saturn die Große
Dianoetische Kraft des intellektuellen Universums, und er würde über den dianoetischen Teil der Seele regieren, er ist
jener, der alles in Teile zerteilt. Er gilt auch als Führer der Tttanenrasse (Phaidon).
Bacchus ist nicht etwa nur eine Weingottheit, sondern verkörpert die Kraft der wilden Seele,
die alles Leben im Übermaß hervorbringt. Das Bildjiff Andr/e's nach Motiven Carravagios, 1983.
· III ·
D IE S EELE
88
arbeit kennt, mit sich gebracht hat. Vielleicht die Inneres eines attischen Pokals. Ritual mit Musik,
naivste und dümmste Ansicht, über das Dasein Tanz und Brandopfer. Etwa 460 v. Chr.
Lebewesen auf ihre Gliedmaßen und Augen be
schränken zu wollen. Seien wir uns klar darüber: Industrie. Keine Kultur dieses Planeten hat je
Kein einziges altes Volk der Welt ist je davon aus einen so tiefen Stand des Wissens über das, was
gegangen, Lebewesen bestünden allein aus einem Leben ist, erreicht. Ich sage es deutlich: Der
Körper. Es ist also nur ein Echo der einseitig ma Sprung in den materiellen Fortschritt hat auch
teriellen Arbeitswelt, den Menschen auf Beine, einen Sprung zurück in eine völlige Unkenntnis
Arme und Gehirn zu reduzieren, ein Absurdum dessen, was Leben ist, mit sich gebracht. Die Na
verlorener Geister verstrickt im physischen Ar tur hält sich immer die Waage. Wir besitzen nun
beitsprozess und im Glauben, das Heil liege in der das Telefon, aber das seelische Telefon ist abge-
schaltet worden. Das überleben der Seele in der auch zu Platons Zeit. Daher diskutiert Sokrates
Tat, bestehend aus Gefühlen und Denken, das mit seinen Schülern und Freunden dieses Pro
überleben dieser feinstofflichen, ätherischen blem immer wieder und stellt fest, dass im Grun
Struktur nach dem Tod, ist das Grundwissen aller de niemand etwas Genaues darüber weiß und
Stämme, Völker und Nationen gewesen, und wie dass die Seele natürlich vor dem Leib, der nur ihr
es aussieht, wird es das nach dem kurzen Irrweg Echo und Spiegelbild ist, existiert.
der „industriellen Modeme" auch wieder werden.
Platon stellt in dieser ersten Aussage deutlich fest:
Alle Probleme unserer modernen Welt beruhen
grundlegend auf der Leugnung der Unsterblich
•
Die Menschen wissen nichts Genaues über die
Dennoch. Da die Seele materiell nicht dingfest zu • Die Seele erzeugt von sich ein materielles
machen ist, bleibt stets ein letzter Zweifel, so Echo, den Körper.
„Gnosis hat es erchaffen. " Gnosis = Erkenntnis. Dieses Epigraph hat der Künstler stolz in das Mosaik mit
dem Motiv einer Löwenjagd eingefügt, das im Hause der Entführung der He/ena entdeckt wurde.
. . . ich glaube, diejenigen, die der Seele ihren Psyche ist der Atem, aber nicht der materielle,
Namen (psyche) gegeben haben, dachten sich ebenso wenig wie mit Psyche die materielle Luft
dabei etwa folgendes: ihre Anwesenheit im gemeint ist. Psyche heißt Ätherseele. Der im
Leibe ist die Ursache dessen, dass er lebt, indem materielle psychische Atem erzeugt jedoch den
sie ihm die Möglichkeit gibt zu atmen und ihn körperlichen Atem.
92
. . . einige Leute behaupten, der Leib sei das Grab bar Hades zu halten, und, wie sich aus dieser
mal (sema) der Seele, worin sie nun in diesem Beweisführung ergibt, ist dieser Gott ein voll
Leben begraben sei. Und weil die Seele anderer kommener Sophist und ein großer Wohltäter
seits durch den Leib das zum Ausdruck bringt, derer, die bei ihm wohnen, er, der ja auch den
was sie ausdrücken will, werde es auch deshalb Menschen hier so große Güter heraufschickt;
mit Recht Zeichen (sema) genannt. Doch bin ich solch großen Überfluss hat er dort, und davon
der Meinung, es seien vor allem die Anhänger bekam er den Namen Pluton (der Reiche). Und
des Orpheus, die diesen Namen gesetzt haben, dass er ferner nichts mit den Menschen zu tun
weil die Seele für das Buße tue, wofür sie haben will, die noch über ihren Leib verfügen,
bestraft wird, und dass der Leib sie wie ein sondern dass er erst dort mit ihnen zusammen
Gefängnis umschlossen halte, damit sie darin kommen will, wenn die Seele von all den leib
bewahrt bleibt. Und, wie der Name sagt, sei er lichen Übeln und Begierden gereinigt ist. . .
nun also das Behältnis (soma) der Seele, bis sie (Kratylos 403)
die geschuldete Strafe abverdient hat, und man In der Tat wäre ein Leben in Freiheit, unabhängig
dürfte da gar keinen Buchstaben verändern. vom Körper, vorzuziehen, doch warum zieht es
(Kraty/os 400) dann Seelen immer wieder in den Körper, es muss
Die Seele ist - das sollte bisher klar geworden etwas Sinnvolles darin liegen. Es heißt, das jenseits
sein - der immaterielle Samen, der den Körper sei der Überfluss selbst, wohl weil dort das, was
aus sich hervorgehen läßt. Die Seele erzeugt von man denkt, alsgleich Wirklichkeit wird. Man hat
sich ein materielles Abbild, den Körper, der damit dann alles, was man sich denken und erfühlen
ein Spiegelbild der Seele sein muss. Deshalb wohl kann. Dieses Prinzip des kreativ Schöpferischen,
kann man aus allen Körpererscheinungen he des vielfältigen Hervorbringens, wird Pluton genannt.
rauslesen, wie der Zustand der Seele beschaffen Das ist das seelische Prinzip schlechthin, denn
ist. Hieraus ergeben sich alle Wahrsagetechniken. wir können vieles fühlen und denken. Und das ist
Die Seele ist nun, obwohl sie den Leib hervor letztendlich auch der Ursprung der Materie, die ja
gebracht hat, durch diesen Akt an ihn gebunden aus dem jenseits hervorgeht. Daher betont Sokrates:
und steckt jetzt wie eine Gefangene in ihm. Die
Und der Name des Hades ist also weit davon
Anhänger des Orpheus sehen darin den Hinweis,
entfernt „ . vom Unsichtbaren (aeides) her
dass mit diesem Akt eine alte Strafe abgebüßt
zurühren, sondern er kommt viel eher davon
werde. Daher heißt es soma sema - Der Körper
her, dass er alles Gute (eidos) weiß„ .
ist ein Grab, denn gefangen darin wird er zum
(Kratylos 404)
Grab der Seele, die sich nun nicht mehr frei be
wegen kann, denn geheimnisvoll bindet die Kon
ERZEUGEN SEELEN STOFF?
sistenz des Leibes sie an sich.
Besser wäre man also als Seele beraten, im jen Alles, was Seele ist,
seits zu bleiben. Daher sagt Sokrates: sorgt für das gesamte Unbeseelte.
„ . dass eben aus diesem Grunde niemand aus Phaidros 245
dem jenseits wieder hierher zurückkehren will, Ein Zitat, das nicht auf Anhieb verständlich ist,
sogar die Sirenen nicht, sondern dass sie und aber ein ungeheueres Problem aufwirft. Nach Pla
auch alle anderen durch einen Zauber dort fest- ton erzeugt eine höhere Dimension, ein geistiger
93
Kosmos, das „Alles in Allem", die Welt der Seelen, Siegesgöttin Nike bringt Herakles auf den Olymp.
einen Seelenkosmos, den Äther, und aus diesem Attische Vase, etwa 400 v. Chr.
geht die materielle Welt hervor. Feinstoffliche
Seelenzustände formen um sich herum ein mate zwei geflügelten Rossen. Sind bei den Göttern
rielles Kleid, so entstehen Menschen und Tiere, Lenker und Rosse gut, so ist bei den Menschen ein
aber offenbar auch die Elementarzustände, denn Pferd gut, das andere schlecht. Dadurch können
auch diese werden als belebt und als Lebens die Rosse abstürzen, insbesondere wenn sie ihre
formen gedacht. So entsteht der materielle Kos Beflügelung verlieren und auf der Erde landen,
mos mit seinen Galaxien und Sternen. Die Materie bzw. sich der Körper bildet. Seele und Körper bil
an sich ist unbelebt, sie ist tot und wird allein von den nun gemeinsam ein Lebewesen. Die Flügel
den Seelen belebt. Deshalb stirbt der Körper, und verweisen auf das Fliegenkönnen der Seele, die
die Seele überlebt. Rosse auf die Geschwindigkeit der Seele im raum
losen Raum. Die Seelenflügel wachsen am besten,
WAS IST EINE SEELE?
gibt sich die Seele dem Schönen, Weisen und
Wir finden bei Platon folgenden merkwürdigen Guten hin, wie das bei den Göttern ist. Die Göt
Satz über die Seele: ter ziehen zum „überhimmlischen Ort" des rei
nen Seins, nur der reine Geist existiert dort, doch
Sie gleicht also der Kraft, die einem befiederten auch die Götter verweilen nicht immer an diesem
Gespann und einem Wagenlenker innewohnt. reinen Ort, sie tauchen bald wieder ins „Innere
(Phaidros 245) des Himmels", das Seelische oder Ätherische ein,
Die Seele wird von Platon verglichen mit einem während der Geist als das äußere des Himmels
Pferdegespann, bestehend aus Wagenlenker und beschrieben wird. Die besten der Menschen kön-
94
nen den Kopf in den überhimmlis chen Ort empor die Flügel wieder nachwachsen; doch Philoso
recken, den zweitbesten gelingt es nur gelegent phen gelinge dies bereits nach 3000 Jahren.
lich, weil das schlechtere Pferd sie immer wieder Moderne Interpreten dieses Textes sind im All
nach unten zieht, der dritten Kategorie gelingt es gemeinen ratlos und werfen Platon Unklarheit
nie. Letztere müssen sich mit den so genannten und Phantasterei vor, was beim Stand der derzei
Doxa, mit Vermutungen, begnügen. tigen Erkenntnis über die Seele unvermeidlich ist.
Wem es beim Seelenflug (im Plasma) gelingt, ins Tatsächlich jedoch ist die Angelegenheit überaus
Reich des ewig Seienden zu blicken, kann dort bei klar geschildert - für die Wissenden wohlge
den Göttern im Plasma bleiben. Wem es nicht ge merkt. Als Wissende gelten hier nur jene, die sich
lingt oder nur selten, der stürzt wieder auf die Erde, umfangreich und tiefgründig mit der Seelen
wird Körper, verliert sozusagen die Flügel, sprich: abtrennung und mit dem Sterbeprozess aus
die Begabung der Ablösung der Seele vom Körper. einandergesetzt, noch besse�de selbst erlebt
Es geht also darum, im Leben seine Seele erstens haben und die uns heute vorliegenden tausenden
als existent zu erkennen, nämlich als Gefühls Berichte von Reanimierten durchgesehen haben.
und Denkwesen, zweitens zu verstehen, dass sie Doch auch bei den Belesenen herrscht großer
unabhängig vom Körper ein Eigenleben führt, Mangel, da die entscheidenden Phasen des jen
sich drittens in einer nicht-stofflichen Welt, in seits nicht erkannt werden. Offensichtlich muss
der sie „fliegt", sich also per Gefühl und Gedanke man selbst tot gewesen sein sowie intellektuell
fortbewegt, und zwar in einem raum- und zeit andere Erlebnisberichte verarbeitet haben, um
losen Reich, viertens, dass sie allein aus ihren ei sich aus beidem eine umfassende Meinung bilden
anderen Wesen besteht und fünftens, dass sie auf Was Platon in diesem Text sagt, ist lediglich: Hat
der Basis eines Fein- oder Urstoffs, des Äthers, eine Seele einmal um sich einen materiellen Leib
steht, denn die Seele ist gestrickt aus Äther, sie ist geformt, benötigt sie 10 000 Jahre (was wir sinn
ein Energiefeld. In diesem Zustand „fliegt" also die bildlich als „lange" verstehen dürfen), um zu er
Seele, sie kann überall in Nullzeit hinreisen, eben kennen, dass sie in Wahrheit kein Körper, son
dorthin, wohin sie ihre Gedanken lenkt. Tatsäch dern eine Seele in einem Körper ist. Aber diese
lich aber fliegt sie nicht. Im Äther scheint es keine Erkenntnis hängt von der individuellen Erkenntnis
Ausdehnung zu geben, vielmehr findet alles auf fähigkeit ab, Philosophen etwa könnten das in
einem raum- und zeitlosen Punkt statt. Der Äther 3000 Jahren, also in kürzerer Zeit schaffen, einfach
hat keinen Raum, keine Weite, was für den Ver weil sie tiefgründiger nachdenken, tiefer fühlen.
stand aber nicht vorstellbar ist. Das Gefühl zu flie
gen entsteht allein durch die Freiheit vom Körper,
die Seele ist nun schwerelos. HIM MEL ODER HÖLLE
verstanden, was in der Tat eine Horrorvision Darin zeigt sich doch vor allem sehr deutlich,
wäre, wenn sich aus biochemischen Reaktionen dass der Philosoph gerne die Seele von der Ge
des Gehirns ein Lebewesen formen würde, abge meinschaft mit dem Leib lösen wird, eher als alle
sehen davon dass dies gänzlich unmöglich ist. anderen Menschen? (Phaidon 64)
Dass die heutige Wissenschaft zu derlei phantas
Wie aber, fragt sich Sokrates, ist Erkenntnis der
tischen Annahmen neigt und der größte Teil der
Seele überhaupt möglich, scheinen doch alle Sin
Bevölkerung des westlichen Kulturkreises dem
nesfunktionen körperlicher Natur zu sein.
bewusstlos zustimmt, zeigt, wie sehr wir uns im
Fühlen und Denken heruntergewirtschaftet, ganz Wie verhält es sich nun aber mit dem Erwerb
aufgehört haben, in uns selbst zu fühlen und zu der vernünftigen Einsicht selbst? Ist der Leib ein
denken. Der von außen gesteuerte Mensch, der Hindernis oder nicht, wenn ihm jemand beim
auf ein paar Schlagzeilen seinen Eid schwört, ist Suchen zu Hilfe nehmen will? Ich meine dies so:
heute die Norm! vermittelt uns Menschen etwa das Gesicht oder
das Gehör irgendeine Wahrheit? Oder stimmt
Ist die Seele ein eigenständiges Wesen, unabhän
das, was auch die Dichter uns immer vorschwat
gig vom Körper, folgt daraus zwangsläufig, dass
zen, dass wir etwas Genaues weder hören noch
man sich vor allem der Erforschung der Seele
sehen? Wenn aber diese beiden Sinnesemp
zuwenden muss, und das umso mehr, als davon
findungen ungenau und unzuverlässig sind,
ausgegangen wird, dass die Seele die Schöp-
dann sind es die anderen sicher noch
ferin ihres Leibes, dieser ein Eben
mehr; sind sie doch alle noch
und Spiegelbild derselben
minderwertiger als sie.
ist, gewissermaßen sie in
(Phaidon 65)
geronnenem Zustand.
Daher sagt Sokrates Wann erfasst denn
Nun wird deutlich ausgesprochen, was der Mittelpunkt In der modernen westlichen Zivilisation
des Lebens ist. gilt die Psyche als ein biochemisches Ge
hirnprodukt, eine Art Illusion des Ge
Die Reinigung besteht aber doch darin, dass wir die
hirns. Das wird immer wieder bestätigt,
Seele, wie ich in meiner Rede schon immer gesagt habe,
da man sonst nichts finden kann, aber
so viel als möglich vom Leibe trennen und sie daran
die Konsequenzen aus dieser eigenarti
gewöhnen, sich allerseits von ihm zurückzuziehen und
gen Anschauung zieht niemand, denn
sich zu sammeln und sowohl in diesem wie im künftigen
wir wären dann ein sinnloses
Leben möglichst allein für sich zu wohnen, gleichsam
befreit von den Banden des Leibes?
Wie wir aber behaupten, bemühen sich die echten Philo
sophen jederzeit am meisten und als einzige darum,
ihre Seele loszulösen; gerade das ist doch ihr
Bestreben, die Loslösung und Trennung der
Seele vom Leib, oder nicht? (Phaidon 67)
Goldener Anhänger mit Bienen aus der könig Seele, die ja vorher auch schon da war, überlebt. Und von
lichen Grabstätte in Mafia 1 700-1600 v. Chr. dort ist es nur ein kleiner Sprung anzunehmen, diese
Seele würde sich dann einen neuen Leib bauen, was
allerdings unmöglich, denn was soll Kul Wiedergeburt hieße.
tur sein - das Kino, Computer, neue
Die Konsequenzen aus dem Gehirnmodell sind so lächer
Musik? Worin sich Kulturhöhe auszeich
lich, dass sie nur Ausdruck einer ins Primitive abgestürz
net, ist nicht festzumachen, und sind wir
ten Kultur sein können, ebenso die Theorie der Evolution,
besser und wirklich intelligenter als
denn Evolution ist nirgendwo zu erkennen, beim Men
schen nirgends und bei den Tieren und Pflanzen ebenso
wenig, es gibt keine Urformen, aus denen sich diese
entwickelt und dann auch noch höhere entwickelt
haben. Und: Was soll überhaupt höher sein?
ton muss also sich, sobald sie sich vom Leib getrennt hat und aus
dümmer gewesen ihm gewichen ist, wie der Atem oder der Rauch
sein als der Büroan verflüchtigt und nichts mehr und nirgends mehr
gestellte heute. Es ergeben sich ist. Denn wenn sie irgendwo weiterexistierte, in
aus dem Gehirnmodell und dem sich gesammelt und von den Übeln, die du eben er-
Evolutionsdogma unglaublich bi- wähnt hast, befreit, dann dürfte man allerdings die
zarre Konsequenzen, die allesamt nur große und schöne Hoffnung haben, dass das, was du
tragisch dumm sind und zeigen, dass wir behauptest, Sokrates, auch wahr sei. Doch bedarf es
offenbar einer umgekehrten Evolution wohl noch großer Überredung und eines sicheren
unterliegen, nämlich immer dümmer Beweises, dass die Seele nach dem Tode des Menschen
werden, immer grausamer, betrachten weiterexistiert und dass sie dann noch irgend Vermögen
wir unsere Kriege usw. Oder besteht wirk und Einsicht besitzt. (Phaidon 69)
lich ein Unterschied zwischen den New Sokrates antwortet:
Yorkern von heute und den Athenern zu Auf folgende Weise wollen wir prüfen, ob die Seelen der
Zeiten Platons, waren das alles Primitive? Gestorbenen im Hades sind oder nicht. Ich erinnere
Sämtliche Völker der alten Welt gehen von mich an ein altes Wort, das da sagt: sie kommen von hier
einer immateriellen, quasi atomaren und weilen dort und kommen wieder hierher zurück.
Psyche aus, die den materiellen Leib auf Wenn dem wirklich so ist, dass von den Toten wiederum
baut. Ich halte dieses Modell allein für die Lebenden erstehen, dann müssen sich doch wohl
wissenschaftlich und realistisch. Damit ein unsere Seelen dort befinden; denn wenn sie nicht ein
her geht jedoch die notwendige Vorstel Dasein hätten, könnten sie nicht wiedererstehen. Es
lung, dass mit dem Tod des Körpers die wäre also ein überzeugender Beweis, dass dem so ist,
1 00
Alle Seelen aller Lebewesen sind gut, sagt Platon, weil sie an der Harmo
nie des Seins und der Weltseele teilhaben. Die Harmonie sei aber immer
vollkommene Harmonie, nie geteilte, weshalb die Seelen nur die ganze
Harmonie mitbekommen können. Das besagt letztendlich, dass es
gar nichts Schlechtes geben kann, und dass das Schlechte
nur das Gute in anderem Gewand ist. Damit sind
sozusagen alle Probleme behoben, und es gilt wie
gesagt nur zu erkennen, dass das Schlechte das Gute
mit anderen Mitteln ist. Darüber hinaus muss er
kannt werden, was die Harmonie des Daseins ist, das
·-
\
aber überschreitet den menschlichen Horizont, zu
( mindest ist niemand bisher dorthin vorgedrungen.
Der Fährmann Charon aufseinem Boot. Vor ihm erhebt sich ein
schlankes, geflügeltes Geschöpf mit dem Namen Eidolon - das
Bild der Seele eines Verstorbenen. Athenische Lekythos, Mitte.
des 5. jh. v. Chr.
101
eine Seele eine Reise durch viele Menschenkörper himmel oder welcher Seelenhölle ich lande.
gemacht hat und dabei doch immer die gleiche Damit ist das für die Menschheit so verwirrende
geblieben ist. Ist dies erkannt, erkennt man auch, Problem der Existenz nach dem Tode gelöst: Es
dass es darum geht, die eigene Seele zu pflegen gibt Himmel und Hölle als Ausdruck unserer
und mit Seidenhandschuhen anzufassen, sprich jeweiligen Fähigkeit, das höchste Sein zu er
ihr ihren Willen und ihr Schicksal zu lassen und schauen oder nicht. Klar erkannt dabei werden
sie nicht durch gängige Theorien eines Zeitalters, muss, dass es nicht um Gefühlsdifferenzierung
in das man gerade hineingeboren ist, zu vergewal geht oder denkerischen Reichtum, sondern ums
tigen oder sie durch modische Verhaltensweisen genaue Gegenteil, um die Erkenntnis, dass höch
irgendeines Zeitalters zu belästigen, sondern ihr stes Gefühl und höchstes Denken nichts mehr
stets den eigenen daimonischen Willen zu lassen, bedeuten, sondern höchstes Göttliches allein
auch wenn sie damit aus dem zeitgenössischen zählt. Es geht also um die Vergeistigung von Ge
Kulturrahmen herausfällt. fühl und Denken. Gefühl und Denken, wie wir es
Wäre mit dem Tod in der Tat alles zu Ende, hätten im Alltag kennen, sind lediglich unterste Echos
die Schlechten davon viele Vorteile, und eine von Gottesgefühlen und Gottesdenken. Alles lässt
Moral und Sittlichkeit könnten sich gar nicht sich steigern! Der Fehler der heutigen westlichen
entwickeln. Allein das instinktive Streben des Welt ist anzunehmen, im Fühlen und Denken sei
Menschen nach der besten aller Welten, dem der Höhepunkt menschlicher Kapazität erreicht,
Guten, wenn im Allgemeinen auch mit den wo hier doch gerade begonnen wird.
spricht dem Grad der Reinheit oder Unreinheit matet in der Welt der Gestirne, nicht auf der Erde.
der Seelenzustände. Rein heißt frei von seelischen Aus nicht näher genanntem Grund werden von
Regungen, unrein heißt voll von seelischen Re den Göttern Seelen in Körper eingepflanzt: Vom
gungen. Wer eine Vielfalt differenzierter Gefühle Körper erhält die Seele Leidenschaften und Sinne.
und Gedanken hat, was manchen erhebend Da die Seele eine „kreisförmige Bewegung" be
stimmt, stellt sich im jenseits als Verwirrung sitzt, kreuzt sie sich mit den Fließbewegungen
heraus. Verwirrung durch viele Gefühle, Ge des Körpers und erzeugt so mannigfache Ver
danken und Erinnerungen an Taten heißt, das wirrungen. Psychosomatik nennen wir das heute.
Seiende nicht mehr sehen zu können. Psyche Dennoch ist die Seele vollkommen unabhängig
stellt sich, in welchem Grad von Verunreinigung vom Körper, allein sie ist durch falsche Anschauung
auch immer, als Erblinden für das höchste Sein und dadurch, dass Körperinstinkte und Körper
dar. Das Maß der Erkenntnis des höchsten Seins sinne auf sie einwirken, vollkommen mit dem
nun entscheidet darüber, in welchem Seelen- Körperlichen vermengt.
105
Aber die Seele besteht nicht nur aus dieser Drei oder etwas Unteilbares ist. Dieses Gefühl nun
heit. Aus dieser machte der Schöpfer nun eines. zeigt an, wie sie darauf zu reagieren hat. So nur
Dieses Eine teilte er dann in viele Teile. Und diese können richtige Meinungen oder Gefühle ent
mischte er auf eine zufällige Weise, so dass unhar stehen. Ein genialer Versuch, dem menschlichen
dass wir als Menschen nie genau wissen, woran Nun geht es weiter. Platon versucht, die Ver
wir eigentlich sind, ob etwas seiend ist oder ver bindung des Menschen mit dem Demiurgen-Kos
gänglich. Mit anderen Worten: wir täuschen uns mos zu begründen. Er beschreibt dies wiederum
ständig über die Erscheinungen, deuten göttlich geometrisch-mathematisch. Der Schöpfer, heißt
Seiendes als vergänglich und umgekehrt etc. Der es bildlich, verband die Mitte der Seele mit der
Mensch ist also verloren, und so wird er fest an Mitte des Kosmos. Die Harmonie des Himmels
die Materie gebunden. und der Seele bilden so eine Harmonie. Das heißt:
Zur weiteren Verkomplizierung und Verwirrung Seele und Kosmos sind eins!
teilte er nun dieses gemischte Seelengebilde er Mit dieser Methode erklärt Platon seine Psycho
neut in zwei Teile. (34-37). Eins ist sicher, damit logie und Kosmologie und verbindet beide. Ein
erklärt Platon unsere Fähigkeit, auf die Welt zu genialer Entwurf, nur sehr abstrakt, weshalb ich
reagieren, in komplexer und differenzierter Weise. ihn, um Verwirrung und Langeweile zu ver
Man muss sich das genau zu Gemüte führen und meiden, nicht zitiere. Es geht einfach darum zu
sich nicht widerwillig von der scheinbaren Künst klären, warum die Seele überhaupt auf die Welt
lichkeit der Darstellung abwenden, die wir in die reagieren kann, und die Frage, woraus die Welt
ser Art heute nicht mehr gewöhnt sind. Platon besteht, eben aus Teilbarem und Unteilbarem.
zeichnet hier etwas Grundlegendes auf, das die Das Unteilbare ist die Ganzheit des Seins, der aber
moderne Psychologie noch lange nicht ergrün die tausend teilbaren Dinge gegenüberstehen. Die
den wird: Der Mensch ist etwas Zusammen Natur des Lebendigen ist von ewiger Dauer, sagt
gesetztes, er besteht aus dem Göttlich-Unteil Platon, doch das konnte der Schöpfer nicht auf
baren und einem Irdisch-Teilbaren, oder aus dem den Menschen übertragen. Der Mensch wurde so
ewig Seienden und dem Vergänglichen, und das lediglich als bewegtes Abbild der Ewigkeit gebaut,
er ist also nicht die Ewigkeit selbst, sondern nur
Links: Grabsteinstele der Hegesone, einer reichen ein Echo oder Hologrammteil derselben. So
Athenerin, in Gesellschaft ihrer Dienerin. Platons antike Hologrammtheorie.
106
DIE GEBURT DES M ENSCHEN Gestirns wandern" (42), dem sie einst zugeteilt
worden waren, und dort dann ein seliges und
Über die Entstehung der Götter, wie sie von ihren ihrem Wesen entsprechendes leben führen. Der
erzählt. Alle Götter stammen von Ge (Äther-Erde) und . . . setzte dann dieses All zusammen als ein ein
Uranos (Äther-HimmeQ ab. Die Götter sind also heitliches lebendiges Wesen, das alle einzelnen
Ätherwesen. Ihre Kinder sind Okeanos und Tethys. Lebewesen, sterbliche und unsterbliche, in sich
Diese wiederum zeugten Phorkys und Kronos einschließt. Bei den göttlichen Lebewesen ist er
und Rhea Und von diesen stammen Zeus und selbst der Schöpfer; das Werden der Sterblichen
Hera und all deren Geschwister ab. ins Werk zu setzen, trug er dagegen denen auf,
Der Schöpfer des Alls sagte nun zu ihnen: die er selbst erzeugt hatte. Diese übernahmen
Dass auch sie nicht unsterblich seien und dass sie von ihm den unsterblichen Ursprung der Seele
auch sterbliche Wesen schaffen sollen, und drechselten darauf, ihn nachahmend, rings
um sie den sterblichen Leib; sie gaben ihr den
. .. so macht euch denn eurer Natur gemäß ganzen Leib als Fahrzeug und bauten in ihm
daran, Lebewesen zu schaffen, und ahmt dabei eine andere Art von Seele auf, die sterbliche, die
mein Wirken nach . . . Im übrigen sollt ihr, mit schreckliche und von der Notwendigkeit ge
dem Unsterblichen das Sterbliche verwebend, lenkte Empfindungen in sich birgt . . . (69)
die Lebewesen schaffen und erzeugen. (41)
Da am Anfang die Menschen alle Männer waren,
Der Schöpfer stellt nun sein Göttliches für jedes würden nur jene, die im Leben verfehlt lebten, im
Wesen zur Verfügung, und die Götter tun offen zweiten leben Weiber werden. Sollten sie dann
bar das Sterbliche hinzu. Zu den Göttern sagt der aber immer noch nicht ablassen von ihrer Fehler
Schöpfer daher: ,,Im übrigen aber sollt ihr, mit haftigkeit, würden sie alsdann in ein Tier geboren
dem Unsterblichen das Sterbliche verwebend, die werden, und zwar in ein solches, das ihrer
Lebewesen schaffen und erzeugen . . . " (42) die Schlechtigkeit und seelischen Eigenart entsprä
Götter können also nur das Sterbliche schaffen, che, und so lange solle es in diesem Umlauf krei
nicht das Unsterbliche. sen, bis es sich gewandelt und wieder in die Er
Die Wesen werden in einem M ischgefäß geschaf scheinungsform des ersten sich zurückverwan
fen. Zunächst kommt dahinein die Seele des Alls, delt hat. Der Schöpfer streute nun den Samen der
d. h. alle Seelen bekommen jede ein Gestirn zu einen auf die Erde, den zweiten auf den Mond,
geordnet, denn für alle sollte der Anfang gleich „den dritten in all die übrigen Werkzeuge der Zeit
sein, damit keiner benachteiligt würde. Die Seelen rechnung" (42). Den jungen Göttern aber überließ
würden dann in Körper eingepflanzt werden und er es, sterbliche Körper für die unsterblichen See
Gefühle entwickeln, zuerst die Wahrnehmung, len zu formen und dann die Herrschaft über diese
dann die Liebe, dann Furcht und das Gegenteil auszuüben und die menschlichen Wesen zu len
davon, denn beides geht miteinander einher. I n ken, und zwar so, dass sie nicht selbst ihre Übel
diesem Spannungsfeld könnten sie dann Meister verschulden würden. Die sterblichen Götter borg-
werden, indem sie ausgewogen bleiben würden,
würden sie sich aber von Gefühlen beherrschen Detail des Sarkophags mit Abbildung von
lassen, würden sie in Ungerechtigkeit fallen. Mit Bestattungsritualen. Bemalte Terracotta Kreta,
dem Tod würden sie wieder in die „Behausung des 15. jh. V. Chr.
1 08
ten sich nun vom Weltganzen Teile des Feuers, des Wassers, der
Luft und fügten sie zusammen, indem sie sie mit vielen Stif
ten, die so klein waren, dass man sie nicht sah, zu
sammenhefteten, so formten sie die Leiber. Bei diesem
veranlassten sie ein Zufließen und Abfließen und steck-
ten die Seele in diese Umläufe hinein. Nun kommt es
zum Schicksal des Menschlichen: Die Ströme der
Seele selbst passten jedoch nicht in die Ströme des
Körpers hinein, wurden nun also nicht Meister der
selben, die seelischen Umläufe wurden von den
körperlichen davongetragen oder umgekehrt,
Um wieder gesund zu werden, kann dem auch zunächst vernunftloser Lust zu dienen, tatsäch-
richtige geistige Bildung nachhelfen. Doch allzu lich aber unterliegen sie der Vernunft und den
Genaues vermag Platon nicht zu sagen, und Musen. Der Rhythmus durch das Gehör ver
so endet er: mittelt die Harmonie, sie
kommt von den Musen und
Was dem noch
soll uns helfen, Ord
vorangeht: die
nung, sprich: Har
Entstehung der
monie herzustellen.
Leiber, Teil um Teil,
Die Weltordnung beruht auf
und die Entstehung der Seele,
Vernunft und Notwendigkeit,
aus welchen Gründen sie entstanden ist;
sprich: der Vereinigung beider.
da müssen wir uns nun an das halten,
was die größte Wahrscheinlichkeit für
sich hat . . . (44) DER DAIMON DES
SOKRATES
Mit anderen Worten: vollkommenes
Wissen darüber existiert nicht!
„ . . denn alles Daimonische steht in
.
gelegentlich von seinem Daimon, der ihm Weis Damit bestünde die zentrale Aufgabe des Lebens
heiten zuflüstert bzw. ihn im richtigen Moment darin, unsere Seelenunabhängigkeit von der ma
richtig handeln lässt. Sokrates überlässt sich bei teriellen Welt zunächst gedanklich zu erkennen,
schwierigen Fragen stets seinem Daimon (seiner alsdann der Seele zunehmend die Vorherrschaft
Intuition, würden wir heute sagen), denn: Wer über Stoff und Leib zu übergeben, und das geht
sich ganz in die Arme seiner Seele fallen lässt, die nur, wenn wir ganz Seele werden. Dennoch bleibt
sich nicht durch konzeptuelles Denken und An die letzte Frage, wozu wir einen Körper erhalten
passung an die materielle Welt beschränkt und haben und was die materielle Welt ist. Platon
sich die Erinnerung an ihr über Raum und Zeit sagt, wir stehen auf der Erde auf Wachposten!
stehendes ätherisches Wesen erhält dem gelingt Was bewachen wir, oder sollen wir einfach wach
es, die materielle Welt zu überschauen und Dinge werden?
111
Höhle Psychro im Hang des Berges Dikte auf Kreta In der Dikte-Höhle soll einer Legende nach Zeus das
Licht der Welt erblickt haben. Eine andere Legende berichtet, hier habe König Minos mit seinem Vater;
Zeus, über die Gesetze gesprochen, die in seinem Königreich herrschten.
Nyx, Göttin der Nacht
oder der Unterwelt,
Persephone auf dem
nördlichen Fries des
Zeus-Altars in Pergamon.
verdreht sei; dass er aber gottbegeistert ist, das • Wahnsinn der Einweihung
hat die Menge nicht gemerkt. (Phaidros 249) • Wahnsinn des Dichtens
Und vom Wahnsinn gebe es zwei Arten; die eine, • Liebeswahnsinn
die aus menschlichen Krankheiten entstanden,
Den göttlichen Wahnsinn aber teilten wir nach
die andere aus einer göttlichen Abweichung von
vier Göttern in vier Teile, wobei wir die seheri
den gewöhnlichen Normen. (Phaidros 265)
sche Inspiration dem Apollon zuschrieben, die
Platon weiß also sehr genau zu unterscheiden, der Weihen dem Dionysos, die dichterische
was man von der modernen Psychiatrie nicht wiederum den Musen, die vierte aber der Aphro-
113
. . . wenn man sich beim Anblick der Schönheit Vielleicht leidet die Seele, wenn sie durch die
hiernieden an jene wahre Schönheit erinnert, so dauernden Wiedergeburten geht und löst sich
bekommt man Flügel, und wenn man dann neu einmal selbst ganz auf. (Phaidon 54)
befiedert ist und auffliegen möchte, dazu aber
Es heißt im Phaidros (248):
nicht imstande ist, sondern wie ein Vogel hinauf
schaut und sich um die Dinge hier unten nicht jede Seele, die im Gefolge eines Gottes etwas
kümmert, so gibt das Anlass zu der Beschuldi von den wahren Dingen geschaut hat, ist un
gung, man befinde sich im Zustand des Wahn gefährdet bis zum nächsten Kreislauf, und wenn
sinns. (Phaidros 250) sie das stets wieder zustande bringt, bleibt sie
allezeit ungeschädigt.
Weil sie wahrscheinlich wieder in eine ähnliche Paralleldimension wahr. Sie kommunizieren eher
sozial gesinnte und gesittete Gattung kommen, mit ihren verstorbenen Besitzern und spüren die
entweder in Bienen oder Wespen oder Ameisen Seelenbedürfnisse dieser direkt. Nach Platons De
oder auch wieder in dieselbe menschliche Gat finition wären demnach Tiere weiser als Men
tung; und dann gibt es aus ihnen wieder ordent schen, ja echte Philosophen. Wie passt das nun zu
liche Leute. (Phaidon 82) seiner Ansicht, dass nur die bewusstseinstrüben
Interessant ist die Überlegung, ob Menschen als Seelen in Tiere fahren? Hat er hier nicht richtig
Tiere wiedergeboren werden können. Platon ver nachgedacht? Unterscheiden sich Tiere und
mutet nun, dass Menschen mit bestimmten Per Menschen tatsächlich dermaßen, wie man heut
sönlichkeitsmerkmalen in Tieren mit ähnlichem zutage annimmt, wo Tiere als Lebewesen niederer
Charakter wiedergeboren werden. Modeme For Art im Vergleich mit Menschen eingestuft wer
schungen darüber existieren nicht, einfach weil den, oder sind es doch einfach nur Menschen
dies kaum nachprüfbar ist. Wenn dem so ist, anderer Art, mit anderen Körpern? Wer hier vor
dann wäre eine Seele, die einmal in einem schnell dem gängigen Denkmuster folgt, Tiere
menschlichen Körper war, nicht daran gebunden abwertet und den so genannten Homo sapiens in
und könnte auch ein Tter werden und umgekehrt. die Höhe hält, irrt gewaltig. Oder war Platon ein
Diese Austauschbarkeit erstaunt zunächst, ist fach kein Tterliebhaber und Tterbeobachter? Diese
aber vielleicht gar nicht so abwegig, haben wir Fragen könnten länger und breiter diskutiert
Wirklichkeit zu betrachten und nicht durch Erneut wird auf die Reinigung der Seele verwiesen,
sie selbst, sich in völliger Unwissenheit wäl jedoch recht ungenau. Man reinigt sich einfach, in
zend, und dass die Philosophie dann einsah, dem man von körperlichen Betätigungen und vom
dass die Gewalt dieses Käfigs von den Begier Allzumenschlichen Abstand nimmt und sich dem
den herrührt, so dass der Gefesselte selbst philosophischen Denken verschreibt. Mit Philoso
am meisten zu seiner Fesselung mithilft - phie ist hier aber nicht, wie heute missverstanden,
also, wie gesagt, die lernbegierigen erken reines logisches Denken gemeint, sondern darüber
nen, dass die Philosophie ihre Seele in diesem hinaus Weisheitsliebe und Weisheitsschau sowie
Zustande übernahm und dass sie ihr dann die Schau des Schönen und Guten. Das geht also
leise zuspricht und sie zu erlösen sucht, in weit über unsere heutige so genannte Logik, die
dem sie ihr klar macht, dass die Wahrneh nur ein verkürztes, rudimentäres Denken ist, hi
mung durch die Augen, durch die Ohren und naus und grenzt gar an Gottesschau.
durch die anderen Sinnesorgane voller
Täuschung ist; sie überredet sie, auf diese zu ZWECK D ER WIE D ERGEBURT
verzichten, soweit sie ihrer nicht unbedingt
bedarf, und sie ermahnt sie, sie möge sich Verlässt die Seele nun den Leib, dann ist sie noch
auf sich selbst zurückziehen und sich sam begleitet von Lust und Leid und gelangt so nicht in
meln und nichts anderem Glauben schenken den Hades.
als sich selbst, also dem, was sie selbst durch Die Folge ist, dass sie sogleich wieder einem
eigene Kraft als wirkliches Wesen der Dinge anderen Leibe verfällt und dort wie ein Saatkorn
erkennt. Was sie aber durch andere Mittel in hineinwächst.
dem einen so, in dem anderen anders er
Phaidon 4 7
kennt, davon möge sie nichts für wahr hal
ten; denn das sei das mit den Sinnen Wahr Quintessenz: Im Todesreich ist die Seele nicht an
nehmbare und das Sichtbare; was sie aber ders als im Leben. Zu hoffen also, dass wir mit dem
selbst erkenne, das sei das mit dem Denken Tod schlagartig bessere Wesen werden, ist uto
Fassbare und Unsichtbare. In der Überzeu pisch - übrigens nach keiner Vorstellung der Völ
gung, dass sie sich solcher Erlösung nicht wi ker, allein das Christentum beschwört solchen Un
dersetzen dürfe, hält sich daher die Seele des fug - und das zwingt uns zur Wiedergeburt ins
echten Philosophen von den Lüsten und Be Fleisch. Doch warum? Die Logik ist überraschend:
gierden, den Schmerzen und den Ängsten Weil wir im Stoffkleid schneller und besser die
fern, so sehr sie nur kann, weil sie sich be Gesetze des Daseins lernen können, denn hier
wusst ist, dassjemand, der heftige Lust oder herrscht, kaum begehe ich einen Fehler, sofortige
Schmerz oder Angst oder Begierde empfin Rache und Strafe, so dass ich schneller aus meinen
det, nicht so sehr ein Übel erleidet, das dort Fehlern lernen kann. Die Stoffgeburt ist daher eine
her kommt, woher er wohl meint, wie wenn höhere Schule, daher die Wiedergeburt! Das Lernen
er zum Beispiel krank wird oder sein Vermö im jenseits scheint langsamer oder schwieriger zu
gen für seine Begierden verbrauchte, son sein, da dort j a die äußere Wirklichkeit aus dem
dern ein Übel, das größer und schlimmer ist besteht, was ich denke und fühle, wodurch ich mir
als alle andern - das ihm widerfährt, ohne meine eigene Welt baue, so aber im Gegensatz zur
dass er sich Rechenschaft gibt. Materiewelt, wo die U mwelt weitgehend unabhän
(Phaidon 83) gig von mir ist, schwer lernen kann.
Eingang in die
Einweihungshöhle
des orphischen KulV:s bei Mezek,
Südbulgarien.
1 18
bereits in anderen Leben erfahren haben und ob Redewendung, Menschen als „Herde der Götter"
wir möglichst wenig Schlechtes getan haben, zu bezeichnen, deutet an, Menschen sind für die
denn schlechte Handlungen gründen auf Un Götter das, was Schweine und Ziegen für die
wissen über das Ewige. Haben wir viel erfahren, Menschen sind. Offenbar aber essen Götter keine
erinnern wir uns auch besser, erkennen im Irdi Menschen, aber wozu brauchen sie sie dann?
schen das Ätherische wieder. Die, die keine große Wozu machen sie sich die Mühe, sie vom Anfang
Erfahrung haben, erinnern sich an wenig und fal bis zum Ende zu leiten, im Guten wie im Bösen?
len unter die Gesetze der Sinne und des Körpers, Wohlgemerkt, die Idee der menschlichen Unab
ihnen gelingt es auch nicht, sich von diesen zu hängigkeit ist dem Altertum aller Kulturen
läutern, weil es für sie gar nichts anderes geben fremd, sie sahen sich allesamt als Sklaven der Göt
kann. Damit erhalten wir einen Rahmen für sämt ter, und so legten sie ihr Schicksal und ihre Hoff
liches menschliches Handeln: Entweder erinnern nung in deren allwissende Hände. Für Platon gab
wir uns oder nicht! Was nicht besprochen wird, es nur einen Ausweg aus dieser Abhängigkeit,
ist, warum Einzelseelen überhaupt von den Göt nämlich der Abhängigkeit des Körpers zu entrin
tern einen Körper erhalten haben. Selten wird in nen, wieder Seele zu werden und auch dort nicht
den alten Überlieferungen davon gesprochen, es in die tieferen Seelenbereiche (Hölle), sondern in
scheint ein großes Geheimnis zu sein. Allein die die höheren Himmel zu gelangen.
Gechmücktes Haarband der Göttin Athene, etwa 150 v. Chr.
. N.
DAS
LEBEN
122
DIE SEELE MUSS SICH REINIGEN sie dann in Wahrheit die übrige Zeit mit den
VOM KÖRPERLICHEN Göttern. (Phaidon 8 1)
Wenn du dich hütest, auf feste Namen Wert Göttern zusammenlebt und mit ihnen kommuni
zu legen, wirst du dich im Alter reicher ziert, berichtet Platon nichts. Die Frage ist also,
Stirbt die Seele beim Tod oder überlebt sie, eine Zwar sollen Seele und Leib völlig getrennt, doch
uralte Frage. aber durch Gewöhnung und Verblendung voll
kommen miteinander deckungsgleich geworden
. . . und ihr fürchtet wie die Kinder, dass wahrhaf
sein.
tig der Wind die Seele bei ihrem Austritt aus
dem Körper verweht und zerstreut. . . Ich glaube vielmehr, sie ist völlig vom Körperli
(Phaidon 78) chen durchdrungen, weil die Gemeinschaft und
der Umgang mit dem Leibe sie ganz mit diesem
Wenn sie (die Seele) sich in reinem Zustand vom
verwachsen ließ, da sie immer mit ihm zusam
Leibe trennt und nichts mehr von ihm mit sich
men war und sich mit ihm abgegeben hat.
schleppt, weil sie schon im Leben aus freiem
(Phaidon 8)
Willen nichts mit ihm gemein hatte, sondern ihn
gemieden und sich ganz in sich selbst gesam Dies aber, mein Freund, ist doch sicher nie
melt hat, da das ihr stetes Streben war - das derdrückend und schwer und irdisch und sicht
bedeutet aber nichts anderes, als dass sie auf bar. Darum wird die Seele, die damit behaftet ist,
richtige Art philosophiert und sich in Wahrheit beschwert und wieder in die sichtbare Welt
um einen leichten Tod bemüht, oder heißt das zurückgezogen, aus Furcht vor dem Unsichtba
nicht, auf den Tod bedacht sein? (Phaidon 80) ren und dem Hades. So treibt sie sich, wie man
erzählt, um die Denksteine und Gräber herum,
Wenn sie sich also in diesem Stande befindet,
wo man auch schon schattenartige Erscheinun
dann gelangt sie doch gewiss zu dem, was ihr
gen gesehen hat, welche von solchen Seelen
selber ähnlich ist, dem Unsichtbaren, dem Gött
stammen, die sich nicht rein getrennt, sondern
lichen und Unsterblichen und Vernünftigen.
noch an der sichtbaren Welt teilhaben und des
Und wenn sie dorthin gelangt, darf sie glücklich
halb auch gesehen werden. (Phaidon 8)
sein, frei von Irrtum und von Unvernunft und
von Ängsten und wilden Liebesbegierden und Allerdings ist das wahrscheinlich, Kebes, und
den anderen menschlichen Übeln. Und so, wie auch dies, dass es nicht die Seelen der Guten,
man es von den Eingeweihten erzählt, verbringt sondern die der Schlechten sind, die an solchen
Orten umherirren müssen, zur Buße für ihre
frühere schlechte Lebensweise. Und so lange ir
ren sie umher, bis sie wieder an einen Leib ge
bunden werden, weil es das Körperliche, das sie
begleitet, so verlangt. (Phaidon 82)
GEGENSEITIGE BEEINFLUSSUNG
VON SEELE UND KÖRPER
Der Sagen umwobene Fluss Styx G,Der Verhasste') stürzt sich von einem hohen Felsen in ein dunkles Tal.
Die alten Griechen glaubten, das Wasser sei giftig und zerstöre alle Gefäße, in die es gefüllt würde, aus
genommen die, die aus dem Hufeisen eines Pferdes oder eines Esels gefertig seien. Eine Legende besagt, Ale
xander der Große sei durch das Wasser des Flusses vergiftet worden.
Gefangener Titan beißt einen Gott. Detail von
einem Fries des Zeus-Altars von Pergamon.
der Leib als wahr angibt. Sobald sie aber mit ihm
gleicher Meinung ist und sich über dieselben
Dinge freut, muss sie nach meiner Ansicht
zwangsläufig auch dieselben Sitten und Gewohn
heiten annehmen und kann daher niemals mehr
in reinem Zustande in den Hades gelangen, son
dern wenn sie den Leib verlässt, ist sie immer
noch voll von ihm. Die Folge ist, dass sie sogleich
wieder einem anderen Leibe verfällt und dort wie
ein Saatkorn hineinwächst. Und so hat sie keinen
Teil an der Gemeinschaft mit dem Göttlichen und
dem Reinen und dem Eingestaltigen.
(Phaidon 83)
geht. Niemand aber könnte wissen, so würde bei der Auflösung des Leibes völlig mit zu
des Leibes die sei, die auch der Seele den Unter (Phaidon 88)
gang bringt; denn für jeden von uns wäre es
unmöglich, das voraus zu merken. Wenn dem DAS EWIG E LEI B-SEELE PROBLEM
aber so ist, dann darf sich vernünftigerweise
keiner vor dem Tode sicher fühlen, er könnte . . . der Eintritt in den menschlichen Leib war für
denn nachweisen, dass die Seele ganz und gar sie (die Seele) der Anfang des Untergangs,
unsterblich und unvergänglich ist. Kann er das gleichsam der Beginn einer Krankheit.
nicht, so muss ein jeder, wenn ihm der Tod be- (Phaidon 95)
1 27
Gefragt wird erneut über die Seele: Wahrheit, solange sie mit dem Leib verbunden
ist. Kurzum: Der Leib täuscht die Seele!
Herrscht sie aber, indem sie den Zuständen des
Leibes nachgibt oder indem sie ihnen Wider Am allerbesten aber kann sie (die Seele) dann
stand leistet? „. Und können wir nicht in tau vernünftig denken, wenn nichts von diesen Din
send anderen Fällen feststellen, dass sich die gen sie stört, weder das Gehör, noch das Gesicht,
Seele den Wünschen des Leibes widersetzt, oder weder Schmerz noch Lust, sondern wenn sie
nicht? möglichst frei bei sich allein bleibt, den Leib bei
Wir sind aber doch vorhin übereingekommen, seite lässt und, soweit dies geht, keine Gemein
dass die Seele, falls sie überhaupt eine Harmo schaft mit ihm hat und so, von ihm unberührt,
nie ist, niemals entgegengesetzt tönen kann als nach dem Seienden trachtet. (Phaidon 65)
die Elemente, aus denen sie besteht, je nachdem
diese gespannt oder nachgelassen oder in DIE ZWEITE METHODE
Schwingung versetzt werden, und was sonst
Unsere Jagd nach dem Seienden wird verhindert
mit ihnen geschieht, sondern dass sie diesen
durch Ernährung, Krankheit, Liebesverlangen,
folgt und niemals selbst herrscht? (Phaidon 94)
Begierden aller Art, auch Furcht und Illusionen.
Ja, dem ist so, der Leib beherrscht die Seele, aber Um zur reinen Erkenntnis zu gelangen, müssen
darin besteht ja nun Platons ganzes Werk, näm wir uns also vom Leib lösen, weshalb eigentlich
lich nachzuweisen, dass es auch andere Wege direkte Erkenntnis erst mit dem Tod kommt.
gibt.
. . . und solange wir leben, werden wir offenbar
Sokrates:
DAS SCHÖNE ALS SCHLÜSSEL tet, und folgen nicht mehr dem normalen
ZUM JENSEITS Menschenverstand. Das Schöne steht aus diesem
Grund über allem, auch über der Gerechtigkeit
und Weisheit. Durch das Schöne in den Dingen
Das Göttliche aber ist das Schöne, erinnert man sich a n das Schöne des jenseits, was
das Weise und alles Derartige. man von der Weisheit und Gerechtigkeit nicht so
Davon also nährt sich und wächst leicht sagen kann. Daher steht das Schöne an
die Seele am meisten; oberster Stelle. Das Schöne wird erregt durch das
durch das Hässliche aber und Schlechte vornehmste unserer Sinnesorgane, das Auge.
und alles Gegenteilige schwindet sie Daher gilt das Auge am ehesten als Abbild der
und geht zugrunde. Seele.
Phaidros 246 Man geht also den Weg von der irdischen Schön
heit zur Schönheit „an sich", sprich der überirdi-
Im Phaidros wird über den Eros gespro schen Schönheit des Toten- oder wahren Lebens
chen, womit nicht reichs. Verdorbene Seelen verharren
Sexualität, son bei der körperlichen Schönheit,
dern das Schö die sich dann in Lust umkehrt,
ne gemeint ist. der sie dann nachjagen.
Wer sich an das
Wer sich aber am irdisch
Schöne erinnert, wohl
Schönen an das überirdisch
gemerkt das Schöne des
Schöne erinnert, ist ergrif
jenseitszustandes und dessen
fen, möchte huldigen, erin-
reine Seelenzustände, dem
nert sich an seinen Aufent
wachsen sinnbildlich gedacht
halt als reine Seele dort,
Flügel. Daher wird Eros gele
ihm wachsen Flügel. Er
gentlich mit Flügeln dar
lernt also seelisch fliegen,
gestellt, denn er bezieht
also seelisch frei zu sein
sich auf den schwerelosen
und die Seele tendenziell
Zustand, in dem die Seele
vom Leib abzulösen. Er
„fliegt", oder, um genau zu
wird seelisch frei,
sein, keine Entfernungen
weshalb das Schö
überwinden muss, da
ne die unmittel
das jenseits raum- und
barste Seelenhei-
zeitlos ist. Die meisten
lung ist. Eine Heraus
aus dem jenseits Zurück
forderung an die mo
gekommenen, die „Neu
derne Psychotherapie,
geborenen" erinnern sich
die vom Schönen noch
zwar an nichts, doch kann
nie gehört hat.
der Anblick von etwas
Schönem sie zur Erinnerung
Aphrodite ordnet ihr Haar
zwingen, dann werden sie nach dem Bade. Rhodos,
„wahnsinnig", jenseitserleuch- um 100 v. Chr.
133
Das Fragment eines Marmorkopfes stellt eine Göttin dar. Um 450 v. Chr.
1 34
in der alle Feinheiten und Abstufungen plastisch Schöne. Man muss daher dem Ross der Lust, das
vorgeführt, sichtbar und erstmals wahrhaft ver immer gleich zugreifen will, Zügel anlegen, das
ständlich werden, während, wenn sie im Körper andere edle Ross folgt dagegen willig den leicht
eingeschlossen sind und sich durch das Gehirn zurückgezogenen Zügeln des Wagenlenkers, das
quälen müssen, nur als dünnes Rinnsaal ihrer schlechte muss heftig zurückgerissen werden,
selbst, als Körpergefühl und Gehirndenken, ans denn es will gleich losstürmen. Wer also im An
Tageslicht treten, Schatten ihrer selbst. gesicht des Schönen die gleichzeitig heraufdäm
mernde Lust zurückhalten kann, kann sich so des
DER GOTT DER SCHÖNHEIT Schönen im Jenseits erinnern (Phaidros). Platon
unterscheidet im Phaidros zwei Seelenbestrebun
Jeden Gott begleitet eine Schar menschlicher gen, das höhere Seelengefühl, das das Schöne er
Seelen. Jede Seele entspricht dem Charakter die kennt, und das niedrige Seelengefühl, das mit der
ses Gottes und sucht sich im Irdischen einen Ge körperlichen Lust vermengt ist. Körperliche Lust
liebten, der dessen Merkmalen entspricht. Daher will aufs Körperliche hinaus, seelisches Gefühl
die quasi-göttliche Verehrung des Geliebten. Zu will allein seelischen Genuss. Dadurch, dass beides
dem bemüht sich die Seele, den Geliebten einem nahe beieinander liegt, sich ähnelt, ist für die
Gotte ähnlich zu machen. Kurzum: Liebt ein meisten Menschen kein Unterschied erkennbar,
Mann eine Frau, versucht er sie seinem Gott-Ideal weshalb sie sich der körperlichen Lust, die ja auch
anzugleichen. Doch wie wir wissen, gelingt das eine seelische ist, ergeben, so aber die größere,
auf Dauer kaum, weil sich die Schöne wehren rein seelische Lust zerstören und zudem auf diese
wird und nicht vergöttlicht werden will, und weil Weise nicht zur Philosophie, sprich: Erkenntnis
Abbild und Urbild sich leider drastisch unterschei der materiellen Welt als Abbild des Jenseits gelan
den. Auch wenn sich der Mensch mit dem Ideal gen können.
nicht messen kann, so erhebt er doch die Liebe Da Körper und Seele miteinander verquickt sind,
zum Göttlichen. Anders die auf den Körper orien der Körper ein Echo unserer individuellen Seelen
tierte, sie jagt beim Anblick des Schönen sofort persönlichkeit ist, ist in der Tat die Unterschei
der Körperlust hinterher und zerstört so das dung beider nur jenem möglich, der den Unter
schied erkannt und sich mutig ganz dem Seeli
Silberner Trinkbecher aus schen, dem Ätherischen verschreibt. Es geht in
einer griechischen Manufak der platonischen Wissenschaft immer darum, die
tur. 4. ]h. v. Chr. Existenz einer vom Körper unabhängigen Seele
festzustellen, darin besteht die Reife einer Seele.
Als Hilfsmittel dazu dient der Anblick des
Schönen, denn dadurch erinnert sich meine Seele
an die reine ätherische Ätherwelt, wo alles schön
ist. Das Schöne also als höchste wahrhafte
Psychotherapie.
Schöne durch das Schöne schön ist" (Phaidon 75). den Gefühlen und Gedanken von Lebewesen aller
Platon beschwört uns, dass es ein Schönes und Gattungen. Diese Gedanken und Gefühle werden
Gutes und Großes an sich gibt. Das „an sich" hat auch dort gelebt, bleiben aber Ätherstrukturen;
Leser immer verwirrt - was soll das sein? Die Lö diese versuchen wir, ist unsere Seele verkörpert,
sung ist einfacher als gedacht. Das jenseits ent zu wiederholen, nun im Rahmen und mit den
hält als Gefühl und Gedanken - denn das nur Mitteln der Elemente, was, da diese schwer und
sind wir im Todesreich - alle Formen, die es im fest sind, jedoch nicht so einfach gelingt und man
Materiellen gibt. Das jenseits ist das „an sich", der sich dabei den Gesetzen der Materie anpassen
Urzustand für alles, was sich im Diesseits entfal muss, den Gesetzen von Druck und Stoß, der Phy
ten wird. Das Gute an sich ist nur eine Gedan sik und Biologie. Allein die Psychologie, die sich
kenidee, ein Gefühlszustand, im materiellen mit der Seele befasst, ist meiner Meinung eine
Leben kann es sich zu Taten konkretisieren, eben Wissenschaft der zwei Welten, sie untersucht die
so das Schöne an sich, im Leben kann es sich in Seele, ob sie nun verkörpert oder entkörpert ist,
schöner Architektur konkretisieren, das Wahre spielt keine große Rolle. Allein bei der verkörper
an sich konkretisiert sich zu gerechtem und ten Seele muss die materielle Umwelt mit ein
wahrem Verhalten. Das jenseits ist kein festes Ma bezogen werden, und bei der freien jenseitsseele
teriereich, sondern es besteht ausschließlich aus die Ätherumwelt und ihre Gesetze.
Gott
Das Gute
Das Wahre
Das Schöne
Eros
Daimonion
Seele
Todesreich
Metexys
„Das M ittelreich"
Das
Materie Schöne
Körper selbst
Werden • Vergehen • Vielfalt
Das
Schöne
der Wissen
Die drei Dimensionen des Seins schaften
Das Schöne
der Seelen
Das Schöne
aller Leiber
Das Schöne
einzelner Leiber
SELBSTERKENNTNIS Außer9ewöhnlicher
Bronzekopf des Satyros, um 330 v. Chr.
„Erkenne dich selbst! " ist der Ausgangspunkt weiteres Kleid des Logos, das es auszuziehen gilt.
sokratischen Philosophierens. „Erkenne das Gute" Kurzum: Die Seele muss ebenfalls sterben!
ist der Ausgangspunkt platonischen Philoso
phierens. Beide Ansätze unterscheiden sich nicht,
denn: Wer sich selbst erkennt, erkennt zunächst DIE SUCHE NACH DEM GUTEN
seine Seele und dass sie die Herrin des Körpers ist. IM IRDISCHEN
Gleiches betrifft die Heilkunst. Die Heilkunst be
steht darin, den ganzen Körper zu behandeln, In seinem Philebos behandelt Platon die Suche
mehr noch die Seele, die die Gesundheit des Den nach der Wissenschaft des Guten. Das Gute ist das
kens - Sophrosyne genannt - erzeugt. Da die Eine, der Logos, Uranos. Das höchste Gute ist mit
Seele den Körper erschafft, können Mängel darin sich selbst überall und immer identisch, was in
letztendlich nur durch Zurückgreifen auf seinen unserer wandelbaren vielfältigen Körperwelt
Schöpfer gelöst werden (Laches). nicht zu finden ist. Das Gute besteht aus dem
Wer noch weitergehen will, erkennt, dass die Reich der ewigen, jenseitigen urbildlichen For
Psyche aus dem Guten, dem Geist, dem Logos men, Platons sogenannten Ideen. Diese begreifen
hervorgegangen ist, und dorthin richte er seine wir im Leben nicht, erst wenn wir reiner Geist
Suche. Die Psyche unterliegt enormen Schwä geworden sind. Für jene nach dem Guten Streben
chen, eben allen bekannten seelischen Schwä den sei weder die Natur, noch die Geschichte des
chen, und stellt keinesfalls ein Endziel für das Menschen von Bedeutung, allein das Gute, Schöne
Suchen dar. Die Psyche ist wie der Körper nur ein und Wahre, sprich das Urbild, die Gottheit.
Die Lust kommt allen, das Denken nur wenigen zu. Lust
bezieht sich auf seelisches Streben, das durch den Körper
gefiltert ist; reines Denken bezieht sich auf das Seelische,
das sich vom Körperlichen befreit hat. Platon unter
scheidet demnach zwischen unreinen und reinen For
men der Lust. Die Suche nach dem Guten ist die reinste
Form der Erkenntnissuche.
jedoch durch die Langsamkeit der Materiestruk 2. Schau hin auf die Natur, erkenne sie als die Ur
tur fehlerhaft wird. Wer also das Leben als das formen!
Jenseits in geronnener Form entschlüsselt hat, 3. Erkenne das durch Staunen!
wird versuchen, sich im Leben so zu verhalten
4. Erkenne deine Abhängigkeit vom Körper und
wie im Jenseits, und das erkennt er dann als
den Sinnen und schaue dann nur mit den
Auftrag des Lebens eben unter erschwerten Be
Augen der Seele!
dingungen, dennoch jenseitig, also raumzeitlos,
transkörperlich und rein seelisch zu leben und 5. Ist all das erreicht, lebe das Leben, als sei es das
und nicht dem Körper zu glauben. Übungen, wie Es geht Platon um diese Art von Wahrheitsliebe,
man den Körper läutert, hat Platon nicht ge die vor keinem Zusammenstoß mit den herr
geben, allein durch philosophische Erkenntnis sei schenden Meinungen zurückschreckt. Antrieb
es möglich, durch die Formen der Materie hindurch der Wahrheitsliebe ist die Erinnerung an das rei
zuschauen, hin zu den Urformen, aus denen sie in ne jenseitige Sein. Ein verzweifelter Rückzug da
Wahrheit besteht, womit ihnen gegenüber dann gegen auf die Eigenmacht ist Schwäche und hilft
ein anderes Verhalten und Denken entsteht. Dies dem Menschen nicht.
140
Dasein, bevor sie in menschlicher Gestalt waren, Es geht im physischen Leben darum, die Seele
und zwar ohne Körper, und besaßen Einsicht. auszubilden, sich ihrer als Grundlage des Körpers
(Phaidon 76) bewusst zu werden und sich durch sie an die jen
seitswelt, aus der sie kommt, wiederzuerinnern,
Denn wenn die Seele früher schon existiert und
und zwar anhand der materiellen Formen, die
wenn sie ferner, um ins Leben einzutreten und
nichts anderes sind als zu Festem geronnene
geboren zu werden, nirgend anderswoher kom
Echos von Seelen- und Geiststrukturen.
men kann als aus dem Tode und dem Totsein, so
muss sie doch auch nach dem Tode weiter exis Lebensweisheit soll die Seelenbildung beherr
tieren, da sie doch wieder geboren werden soll. schen. Der Weg dazu ist die äußere Welt, die
(Phaidon 70) jedoch den Weg ins Innere der Seele versperrt.
Eros wie Kunst aber helfen, die Seele fürs Schöne
Gibt es ein Leben nach dem Tod, dann gilt Ist im und Wahre und Gute zu öffnen, und dies ist ja in
Leben erkannt worden, dass alles Materielle eine den Strukturen der Welt angelegt. jedoch ist es
Projektion der jenseitsgesetze ist, und das heißt nicht einfach das Schöne im Stoff zu erfahren.
weiter, dass Wissenschaft und Lernen allein dann Dazu verhelfen die Augen, die ja ein Spiegel der
sinnvoll sind, wenn sie das Totenreich und seine
Ordnung ergründen.
Seele sind und durch die die Seele in die Welt
hinaus schaut und alsgleich erkennt, was schön
ist, bzw. die ihr eingeborene jenseitsschönheit
im Stofflichen wiedererkennt. Aber nicht nur
Dinge sind schön, auch alle gesellschaftlichen
Tätigkeiten. Alles Politische wird also auf die
Bildung der Seele zurückgeführt.
sich mit der Heilung des Leibes befassen wird. stoßen und jede sich der andern vorzudrängen
Die fünfte wird das Leben eines Sehers oder sucht. So entsteht denn Verwirrung und Streit
sonst eines Priesters führen; zu der sechsten und bitterer Schweiß, wobei infolge der Untüch
wird das Leben eines Dichters oder eines ande tigkeit des Wagenlenkers viele Seelen lahm
ren nachahmenden Künstlers passen, zu der sie geschlagen werden und viele sich die federn
benten das eines Handwerkers oder Bauers, zu zerbrechen. (Phaidros 248)
der achten das eines Sophisten oder Volks Über die zwei missglückten Erkenntnisversuche
schmeichlers, zu der neunten schließlich das sagt Platon:
eines Tyrannen. (Phaidros 248)
„Sämtliche aber ziehen nach allen Anstrengun
Auf den ersten Blick wirkt diese Aufzählung naiv gen von dannen, ohne dass ihnen der Anblick
und lächerlich. Wer tiefer hineinzublicken ver des Seienden zuteil geworden ist, und nach
mag, erkennt hier das Geheimnis der Berufswahl. ihrem Weggang halten sie sich an eine Nahrung,
Ob diese Reihen- oder Stufenfolge so kompro die aus bloßen Meinungen besteht. . .
misslos angenommen werden darf, sei dahinge (Phaidros 248)
stellt, denn auch im Bauern kann ein Philosoph Frage nun: Sind alle menschlichen Meinungen
stecken und umgekehrt. Aber Platon wollte hier, über das jenseits und die Seele müßig, weil sie von
scheint mir, eher ein Modell hinstellen, um uns zu Menschen gemacht werden, denen der Aufstieg
zeigen, mit welcher geistigen Kapazität Berufe zum himmlischen Ort missglückt ist, und die nun
ausgestattet sind. Die Berufungen hängen also ihren Misserfolg kompensieren, indem sie be
davon ab, wie tief ein Mensch ins jenseits liebig darüber schwätzen? - gehört auch Platon
eingedrungen ist, und je tiefer, desto tiefgrün dazu, wenn man annimmt, jene, die sprechen
diger wird seine Wiedererinnerung sein und um wissen nicht. Oder sind die, die darüber sprechen,
gekehrt. jene, die nur kurz dort waren, aber alsgleich
von ihrem widerspenstigen Seelenpferd zurück
MISSGLÜCKTER gezogen wurden?
JENSEITSAUFENTHALT
In den Geheim
lehren, sagt Sokra
tes, werde der Mensch
so dargestellt, als stehe er
hier auf einem Wachposten,
doch davon darf er sich selbst nicht ablösen, denn nicht wir
entscheiden, sondern die Götter, deren Besitz wir sind. Also
ebenso wenig wie das Schaf sich nicht umbringen darf, weil der
Bauer dann einen Verlust hat, so darf sich der Mensch nicht
selbstmächtig des Lebens entledigen, weil dann einem Gott
dann - ein uns nicht näher bekannter - Schaden entsteht.
HARMONIE, GLÜCK,
DAS GUTE UND DIE URFORMEN
weit macht (Buch 10, Kap 9- 1 0). Diese Urformen tar lag, beilegte. Deshalb ist Eros ein Diener und
gilt es aber bereits im Irdischen zu erkennen. Die Begleiter der Aphrodite, weil er an ihrem Geburts
Sinneswelt ist das mangelhafte Abbild, der Schat tag gezeugt wurde und ist ein Liebhaber des
ten, das Spiegelbild des jenseits. Das Urbild oder Schönen, weil auch Aphrodite schön ist (Phaidon).
Eidos und ruft einen materiellen Schatten hervor.
ganz ihrem Gefühl der Einheit allen Seins folgen, Samenkorn daraus entwickelt haben. Das Ei steht
also ihrem höchsten Impuls. Eros gilt als Liebhaber bekanntlich für Fruchtbarkeit und Vielfalt. Ge
des Schönen, das ist es ja, was die Liebe ausmacht. legentlich wird das Ei auch als im Urwasser, dem
Okeanos schwimmend, dargestellt, womit auf die
DER METAXY Identität beider angespielt wird. Weiter heißt es
nun, aus dem Urei sei der berühmte Eros hervor
Eros und Psyche gehören nach Platon beide dem gegangen. Eros ist demnach nichts weiter als eine
mittleren Bereich des Metaxy an, das sich als Begriffsverdopplung des Wortes Plasma oder
Brücke zwischen dem Göttlichen und dem Irdi Äther. Eros beschreibt eine weitere Eigenschaft
schen spannt und das ich als Plasma oder Äther des Plasmas oder Ureis, nämlich die erotische
bezeichne. Eros ist tatsächlich nur ein anderer Be Anziehung. Es sei, heißt es, daher auf die Wirkung
griff für Plasma, Hades, Pluton, Unterwelt, jenseits des Eros zurückzuführen, dass sich beide Prinzi
oder Psyche. Es geht um unsere Nachbardimen pien befruchtet hätten: weil beide die Kraft des
sion, deren innere Struktur aber eine erotische ist. Eros in sich trugen. Diese Vereinigung führte zur
Der Begriff Eros bezieht sich auf die Struktur, Geburt des Geschwisterpaars Okeanos/fethys:
nämlich auf das alles Verbindende dieser Dimen das Urei ist also nichts anderes als dieses duale
sion, ganz anders als die materielle Welt, in der Paar: Urei, Eros, Okeanos(fethys sind nichts an
alles voneinander getrennt ist. Diese Dimension ist deres als Doppelbezeichnungen für das Plasma
die Psyche selbst, die Weltpsyche, und diese ver
bindet ohne Probleme, ohne Zeitverlust alle Fak Das Urei alias Eros, Chaos, Ä ther, Okeanos, Tethys
ten sofort zu einem Ganzen, weil sie es erfühlt und ist ein Sinnbild der Plasmadimension - hier
zweigeteilt vorgeführt: die obere Hälfte stellt den
nicht durch mechanische Handwerkskraft vereini
zum Geist, die untere den zum Materiellen
gen muss. Das Wort Psyche bezieht sich auf die neigenden Aspekt dieser Zwitter- und Zwischen
Fähigkeit dieser Dimension, alles auf einen Schlag dimension dar. Das Urei entstand ja aus Uranos
durch ausbreitendes Fühlen zu verbinden. Da (HimmeD, dem Geist, und bereitete die Geburt des
Psyche sich aber neben dem Gefühl auch auf das Materiekosmos vor.
Denken bezieht, bedeutet das, ein Gedanke kann URANOS
mit einem Schlag viele Fakten zu einem Gedanken Reiner Geist
verbinden oder in einem Begriff benennen.
i
UREI UND EROS
t
Hier eine weitere Lesart. Die mythoi, die so ge GEIST
nannten „wahren Geschichten" (Mythos = wahre
Geschichte!), drücken sich fassbarer aus, als man
auf den ersten Blick annimmt. Sie sagen, oben im
kosmischen Ei ruhe das himmlische (geistige), ÄTHER = UREI = EROS = OKEANOS
unten das irdische (materielle) Prinzip, was fol
gerichtig ist, denn das Plasma entsteht ja aus Ura
nos, dem „Himmel" (dem Weltgeist, Gott) und
bringt seinerseits Materieuniversen hervor. Das MATERIE
Urei soll im Himmel geschwebt und sich wie ein
148
GAIA
stantialität entbehrt. Sogar Psyche und Geist Sie kann künstlich durch Angst und Schrecken
wurden immer mehr miteinander verbunden. Für ebenso wie durch Ruhe, Kontemplation und
die Griechen galt dagegen die Psyche stets als ein Meditation hervorgebracht werden, aber auch
halbstoffliches Etwas. Bei der Erforschung des durch äußere Mittel wie Wein, Weihrauch, Tanz
Plasmas in allen Kulturen wurde ich immer wie und Alkohol. Ziel der Ekstase ist die Abtrennung
der zu dieser griechischen Begriffsbestimmung der Psyche - die als halbmateriell gedacht wur
zurückgeführt: Was wir Psyche nennen, also Ge de - vom Leib, und die genannten Phänomene
fühle und Gedanken, ist nicht etwas rein Ideelles, sind das Resultat dieser Abtrennung. Wenn die
sie weist, so absurd das in unseren heutigen Psyche nämlich frei vom Körper ist, lebt sie in
Ohren klingen mag, eine gewisse Feinstofflichkeit dem ihr eigenen Daseinszustand, und die Fähig
auf; sie ist in der Tat atem- und hauchartig. Nur keiten wie Prophetie, Vision, Hellsehen sind
durch diese Halbmaterialität gelingt es der nichts anderes als die normalen Sinnesfunktio
Psyche, den Körper psychosomatisch zu regieren; nen der Psyche in diesem Zustand. Sämtliche in
nur so hält sie überhaupt Verbindung mit ihm. der Menschheitsgeschichte erwähnten paranor
So abwegig und eines modernen Menschen malen oder „göttlichen" Erfahrungen reduzieren
ganz und gar unwürdig diese Vorstellung auch sich daher auf den Vorgang der Ekstase, jener
scheint - diese Annahme wird mit dem Fort Zweiteilung des Menschen in Leib und Psyche.
schreiten des Buches zunehmend an Beweiskraft Diese Erscheinungen sind die eigentlichen Be
gewinnen. gabungen der Psyche; wenn sie jedoch an den
Leib gebunden ist, dann verringern sich diese auf
Der Begriff Psyche steht in engem Zusammen ein materielles Niveau, und Prophetie pervertiert
hang mit dem Begriff Ekstase (griech. ek-stasis, sich zum sattsam bekannten Kurzzeitdenken,
„aus sich herausgestellt sein", modern außer Hellsehen zum Sehen, Telepathie zum normalen
körperliche Erfahrung; Ekstase hat also absolut Fühlen und Denken, Vision bestenfalls zur Ah
nichts zu tun mit einer allgemeinen Verzückung), nung und Intuition. Ich verweise hier kurz auf
womit das Heraustreten der Psyche aus dem Kör folgendes: paranormale Phänomene kommen
per gemeint ist. Ekstase, das psychische Verlassen durch die nicht mehr der leiblichen Dreidimen
des Körpers und damit der Eintritt in die Plasma sionalität unterworfene, abgetrennte Psyche zu
dimension, führt von selbst zu einem Gefühl der stande; da hauchartig und halbmateriell, unter
Verzückung und Begeisterung oder auch des liegt sie im Zustand der Außerkörperlichkeit, der
Wahnsinns. Ekstase galt für den Wahrsager und Loslösung oder Lysis; wie die Griechen auch sag
Zauberer als ebenso notwendig wie für den inspi ten (griech. Lysis = Abtrennung, Loslösung, Ret
rierten Dichter. In der Philosophie Platons ist die tung); nicht mehr den normalen materiellen
Ekstase verbunden mit dem Dichten und der Gesetzmäßigkeiten. Ihre Fähigkeiten sind voll
Kunst. Eins bewirke das andere: Ekstase führe kommen anderer, nämlich raumzeitlich über
zum Dichten und zur Kunst, Kunst führe von greifender Art. Da ich die Psyche wie die Griechen
selbst zur Ekstase. Enthusiasmus (Gotterfülltsein) als halbmaterielles Plasma bestimme, sind jene
sei das eigentliche Merkmal der Ekstase; dieses vermeintlichen „transzendenten" Erscheinungen
Einssein mit dem höchsten Sein geht auf Plotin für mich Ausdruck der Psyche im körperunab
zurück. Die Ekstase bringt solche Zustände wie hängigen Zustand. Daher das Gewicht, welches
Vision, Audition, Prophetie, Heilung ebenso wie die alten Völker auf die Ekstase legten: sie wuss
philosophische Erkenntnis und Kunst mit sich. ten um die Kapazität einer freigesetzten Psyche.
153
Schönheit in den Seelen für wertvoller als die am Chaos, Gaia, Tartaros, Eros, Erebos, Nacht, Aither
Körper halten . . . Daraufhin wird er gezwungen, und Hemera - die gleichberechtigt nebeneinander
das Schöne in der menschlichen Tätigkeit und den stehen und verschiedene Eigenschaften des Plas
Gesetzen zu schauen . . . Von den Tätigkeiten muss mas hervorheben. Wenn es so aussieht, als gehe
man ihn zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen hier ein Prinzip aus dem anderen hervor, dann ist
führen, auf dass er auch ihre Schönheit sehe. . . das eine Täuschung; eins bedingt das andere. Hören
nein, zum weiten Meer hingewendet und dorthin wir daher nicht auf die Abfolge der Götter, zumal
schauend, soll er viele schöne, erhabene Worte sie in jedem Überlieferungsbruchstück eine andere
und Gedanken zeugen . . . ist. Alle acht Urprinzipien sind im Grunde ein Prin
zip jener Dimension, die zwischen Geist und Mate
Spätdialoge II
rie liegt. Diese acht Urzustände beschreiben Quali
Es gibt eine Stufenfolge der erotischen Erkennt täten der Plasmadimension. Was allerdings irri
nis, die mit reiner Lust beginnt und damit endet, tiert, ist die Erwähnung von Gaia, der Erde, in die
dass alles Irdische als schön erkannt wird, ser Aufzählung. Gemeint ist hier, wie bereits dar
schließlich das Sein als eine Einheit erfahren wird, gestellt, stets die vormaterielle Erdgöttin, das halb
denn Eros verbindet alles. Worauf Platon hinaus materielle Plasmaprinzip der Erde, und nicht deren
will, darauf verweisen deutlicher seine histori uns bekannte physische Ausformung.
schen Vorgänger, deren Eros-Philosophie daher Eine orphische Überlieferung berichtet, am Anfang
kurz angeführt werden soll. der Welt hätte es ein Urei gegeben. Aus dem Urei
trat etwas hervor, das später unter den Menschen
DIE VORPLATONISCHE besondere Verehrung genießen sollte: Eros! Mit
E ROS-MYTHOLOGIE Eros wurde die Entstehung der zweiten Welt
dimension eingeleitet. Einige Quellen setzen zu
Empedokles sagt, dass unter der Herrschaft der Recht das reine Geist- oder Plasmaprinzip des Ura
liebe sämtliche Dinge zu einem einzigen Ganzen nos über ihn. Nach Aristophanes, der eine alt
werden und (so) den Sphairos bilden, der eine orphische Vorstellung benutzte, entsteigt Eros ei
qualitätslose (Masse) ist . . . nem von der Nyx (Nacht) im Schoß des Erebos
Capelle 1968, Empedokles, 4 8 Philoponos (Dunkelheit, Schlucht, Unterwelt) gezeugten Weltei
Schlafender Eros. Hellenistisches Bronzeoriginal aus Rhodos.
(Nyx und Erebos zeugten gemeinsam wohl durch die unsichtbaren Liebesfäden des Eros nicht
gemerkt auch den Aither!). Wir wissen bereits, etwa verbunden - das ist abendländisch-mecha
Nyx und Erebos sind mit dem Chaos, dem Aither, nistisch gedacht - sondern mit diesem durch
dem Okeanos deckungsgleich und nichts anderes Analogie, Entsprechung, Spiegelung oder Symmet
als Aspekte der Plasmadimension, und auch Eros rie identisch, wenn auch unterschiedlich, indem
ist nichts weiter als ein Plasmaprinzip. Dieser Ein sich die Teile gewissermaßen auf unterschied
druck verstärkt sich, wenn erzählt wird, die Begat lichen Oktaven bewegen. Eros ist aber nicht nur
tung von Chaos und Erde sei zurückzuführen auf das universelle Symmetrieprinzip; Eros ist - da
Eros' Wirkung, was die Geburt der Materiewelt - verheiratet mit Psyche - der Stoff des Psychi
wohlgemerkt auf der Ebene des feinstofflichen schen, der Gedanken, des Gefühls, der Liebe, die
Ureies - eingeleitet hätte. Eros gehört offensicht über Raum und Zeit hinweg alles verbinden. Die
lich ganz zentral zur Sequenz der Plasmaprinzi Psyche ist etwas Erotisches, sie ist die Energie der
pien; er ist das Verbindende, der Klebstoff des Plas Attraktion, die mit Bedeutungen, dem weiten
mas, der alles zusammenhält. Eros ist das Prinzip, Meer menschlicher Imaginationen, angefüllt ist.
das den Plasma- und Materiestrukturen Zusam
menhalt verleiht und durch Anziehung verbin Anderen Überlieferungen gemäß hüllt sich Eros in
dend wirkt. Das Eros-Prinzip, das wir in unserer „bindendes Feuer"; er sei das U rfeuer selbst, das
abgeflachten und von mythischem Urwissen ent sich auf die Materieebene zum „Feuer der Leiden
seelten abendländischen Kultur auf seine unterste, schaft'' herunter transformiert. Die Beschreibung
nämlich genitale Entsprechung verballhornt haben, des Plasmas als Feuer trifft ebenso zu wie seine
bringt eine gewaltige Physik zum Ausdruck, die Beschreibung als Wasser, als Luft und sogar als
wir erst heute wieder entdecken: das universelle Erde (Gaia). Das verwirrt zunächst, wobei jedoch
Symmetrieprinzip! jedes Teil ist mit jedem anderen zu bedenken ist, dass Eros keines dieser Elemen-
1 55
DAS ENDE
wirklich meint
ventionell. Selbsterkenntnis liegt hier in der so
. . . kein einziger von den Göttern philosophiert genannten sokratischen Logik. Deshalb sagt
oder begehrt, weise zu werden (denn er ist es Sokrates:
schon), und auch wer sonst weise ist, der philo
sophiert nicht. Die Unwissenden wiederum So bin ich denn also selbst durchaus nicht weise,
philosophieren auch nicht . . . (Symposion 203) und es gibt auch keinen weisen Fund, der als
Frucht meiner Seele ans Licht gekommen wäre.
Ich wiederhole: Weise philosophieren nicht - Von denen aber, die mit mir verkehren, erschei
sind sie nicht weise, müssen sie philosophieren, nen einige am Anfang völlig unbelehrt; je länger
weil sie noch weise werden wollen. Denn: Wie sie aber mit mir zusammen sind, machen alle,
kann einer, der bereits weise ist, noch philoso denen es der Gott vergönnt, erstaunliche Fort
phieren, ist er doch selbst ein lebendiges Beispiel schritte - so kommt es ihnen selbst und auch
der Philosophie, sprich der „Liebe zur Weisheit" den anderen vor; dabei ist es offensichtlich, dass
geworden. sie nie etwas von mir gelernt haben, sondern
Die Schüler lernen, indem sie auf Fragen logisch dass sie selbst und aus sich selbst viel Schönes
antworten müssen, nicht emotional oder kon- gefunden und hervorgebracht haben. Ihre Ent
bindung freilich verdanken sie dem Gott und
Demeter und Persephone. Marmor, 470-460 v. Chr. mir. (fheaitetos 150)
DAS STAUNEN Warum dem so ist, beantwortet Platon mit seiner
gesamten Philosophie: Das jenseits ist der Ur
Warum stellt Sokrates so viele Fragen? - Das sprung des Lebens, also muss, um dieses zu er
Staunen, in der Welt zu sein, etwas, das dem nor klären, das jenseits erklärt werden, und dies ist
malen Menschen abgeht, der für alles eine kon nur möglich, wenn wir uns an dieses wiedererin
ventionelle Erklärung bereithält, ist das Standes nern, was wiederum nur möglich ist, reinigt sich
merkmal des echten Philosophen. Der echte Phi die Seele vom Körper, bzw. verlässt sie ihn, was
losoph weiß nichts, aber er staunt, und aus dem Sterben heißt.
Staunen heraus stellt er Fragen. Nicht-Philoso
phen staunen nicht und stellen daher auch keine
Fragen, sie beantworten gleich alles, ohne je ge SOKRATES TRIN KT
fragt zu haben, sie geben das kulturell anerkannte DEN GIFTBECHER
Wissen wieder. Daher:
. . . dass aber der Philosoph doch den Wunsch
Denn gerade das ist ja das eigentliche Erlebnis
habe, dem Sterbenden nachzufolgen . . .
des Philosophen, das Staunen. Es gibt nämlich
keinen anderen Ursprung der Philosophie als . . . dass nämlich die Philosophen gerne sterben
diesen. . . (Theaitetos 155) möchten . . .
Phaidon 6 1, 62
DER URSPRUNG DER PHILOSOPHIE
DAS DAIMONION
Alle die, welche sich mit der Philosophie richtig
Sokrates kommt wegen Mysterienverrat und
befassen, beschäftigen sich offenbar, ohne dass
Jugendgefährdung vor den Richter und sagt:
es die anderen merken, eigentlich mit nichts
anderem als mit dem Sterben und mit dem Tot Die mir vertraute seherische Stimme des Dämo
sein. (Theaitetos 64) nischen meldete sich in der ganzen vorherigen
161
Zeit . . . aber das Zeichen der Gottheit hat mich Leben nur lebenswert mit dauerndem Blick aufs
weder gewarnt, als ich heute Morgen von zu jenseits. Die vollkommene Erdgebundenheit, der
Hause fort ging, noch als ich hier vor Gericht Glaube an die Erde, kommt bei Platon nicht vor.
auftrat. . . was soll ich dafür als Grund an Das Materieuniversum ist nur das Abbild des
nehmen? Ich will's euch sagen. Was mir wider Ätheruniversums, nur seine Kenntnis erlaubt die
fahren ist, das muss wohl ein Gut sein, und un Erkenntnis des Diesseits. Also muss man zum
möglich haben die von uns Recht, die glauben, Ursprung zurückkehren.
der Tod sei ein Übel. Dafür habe ich einen wichti
gen Beweis erhalten; denn unbedingt hätte LEBEN HEISST VORBEREITUNG
mich das gewohnte Zeichen gewarnt, wenn mir AUF DEN TOD
nicht etwas Gutes geschehen sollte.
(Apologie des Sokrates 40) Wäre es also nicht lächerlich, wie ich schon an
Der Daimon der Intuition warnte Sokrates nicht fangs sagte, wenn sich ein Mensch das ganze
vor einer Verurteilung. Er kommt zum Schluss, Leben hindurch bemühte, so zu leben, dass er
das sei deshalb so, weil der Daimon nur vor dem Totsein ganz nahe ist, und er sich dann
Schlechtem, nicht vor Gutem warne, ihm also unwillig gegen den Tod sträuben wollte, wenn er
nun mit dem Tod Gutes bevorstünde. Der Tod ist wirklich an ihn herantritt? (Phaidon 67)
Gutes! Warum? Weil wir nun rein seelisch ohne In der Tat bereiten sich die Philosophen auf das
Körper auf neue Weise lernen können? Die Sterben vor, und der Tod ist für sie weniger
Antwort im Phaidon lautet: Der Philosoph habe schrecklich als für alle anderen Menschen.
schon innerhalb seines Lebens eigentlich kein (Phaidon 68)
anderes Ziel als zu sterben, sterben zu lernen.
Hatte Sokrates das nicht gelernt? Wenn nicht, so Philosophie heißt also: Vorbereitung auf den Tod,
musste er es offenbar nun lernen. das Jenseits, die Götter! Für den Zeitgenossen von
heute ist das unannehmbar, er will das Leben
RÜCKKEHR ZU DEN GÖTTERN jetzt, den Tod möglichst später erleben. Aber er
hat nicht verstanden: Das Leben ist ja nur ein
Sokrates: Abbild, ein Echo des Jenseits. Es gibt gar keinen
Nun aber müsst ihr wissen, dass ich die be Unterschied zwischen Lebensreich und Todes
stimmte Hoffnung habe, zu guten Menschen zu reich. Allein das Leben ist ein zu Raum und Zeit
kommen. Freilich kann ich das nicht ganz sicher und Materie geronnenes Ebenbild des Jenseits.
behaupten; dass ich jedoch zu Göttern kommen Ich lebe im Grunde jetzt im jenseits. Allein durch
werde, die ganz besonders gute Herren sind, das die Materiestruktur entsteht ein Körper um
sollt ihr wissen, möchte ich, wenn irgendetwas meine Seele, und ich bin in den Gesetzen des „ge
von diesen Dingen, mit Gewissheit behaupten. ronnenen Ätherstoffs" gefangen.
Deshalb bin ich nicht dermaßen unwillig, son
dern habe die feste Hoffnung, es gebe für die VERHÄLTNIS ZUM TOD
Gestorbenen noch etwas, und zwar, wie man ja
schon lange behauptet, für die Guten etwas viel Siehst du also einen, der unwillig wird, wenn er
Besseres als für die Schlechten. (Phaidon 63) sterben soll, so ist das für dich ein genügender
Die große Hoffnung des Lebens ist das Jenseits, Beweis, dass er nicht die Weisheit lieb hat, son
ebenso die große Sehnsucht. überhaupt ist das dern seinen Leib. Der ist dann wohl auch hab-
162
ben sie doch in Wirklichkeit schon lange an . . . und wenn er sieht, wie mein Leichnam ver
gedeutet, dass, wer ohne die Weihen und unge brannt oder begraben wird. Und er wird bei
heiligt in die Unterwelt kommt, im Schlamm meinem Begräbnis dann auch nicht sagen, das
strom liegen muss, während der, der gereinigt sei Sokrates, den er aufbahrt oder hinausträgt
und geweiht dorthin kommt, bei den Göttern oder beerdigt. Denn merke dir wohl, mein bes
wohnen wird. Viele sind Thyrsosträger - so ter Krition, (. .. ) solche unrichtigen Behauptun
sagen die in die Mysterien Eingeweihten - we gen sind nicht nur an und für sich falsch, son
nige aber sind echt Begeisterte. (Phaidon 69) dern sie üben auch einen schlechten Einfluss auf
unsere Seelen aus. Du sollst vielmehr guten
Offenbar beschäftigte man sich in den Geheim
Mutes sein und sagen, es sei ja nur mein Leib,
lehren mit dem Tod und dem überleben des Todes,
den du begräbst. (Phaidon 1 16)
dem jenseits. Wer die Weihen, also das Wissen
über den Tod, nicht erhalten und es nicht verstan Wer denkt, so Sokrates, seine Seele könne wirk
den hat, wird mit dem Tod in die Hölle, den seeli lich sterben, beeinflusst seine eigene Seele nega
schen Schlammstrom, gelangen. Schlamm steht tiv; da er falsch denkt, glaubt und fühlt er auch
hier für Irrationalität und Nichtverständnis. Dann falsch, öffnet sich damit für körperliche und ele
wird jedoch noch kritisiert, dass zwar viele die mentare Einflüsse und verdunkelt seine Seele. Es
Mysterienschulung durchlaufen, doch bringt das wird gefordert, dass wir selbstsicher den Tod in
offenbar wenig, denn wenige sind echt Begeister unseren Gedanken abschaffen und lediglich dem
te, d. h. vom Geist ergriffen. Offenbar gelangte Denken einen reinen Körpertod erlauben. Ich soll
man in den Mysterien über bürokratische Schu also vollkommen im Glauben und dem Wissen
lung nicht hinaus. gefestigt sein, dass meine Seele unsterblich ist
163
und niemals untergehen kann, ganz gleich, wie der Weissagung besitzen und daher im voraus
sehr ich im Leben leiden mag. Das ist die zentra wissen, was für ein Glück sie im Hades erwartet,
le Therapie, die Sokrates seinen Schülern und uns singen sie und freuen sich an jenem Tage wie nie
vermittelt. Wer sich ganz als Seele fühlt, sekun zuvor. Ich meine aber, selbst auch im gleichen
där erst als Körper, und diesen als materielles Dienst zu stehen wie die Schwäne; auch ich bin
Spiegelbild der eigenen Seeleneigenschaften diesem Gotte geweiht und habe nicht weniger
sieht, also eine echte psychosomatische Ver als jene Vögel die Gabe der Weissagung von
wandtschaft erkennt, allein der ist frei und hat meinem Herrn bekommen, und ich scheide
sein Leben richtig genutzt. jeder kann sich nun ebenso frohgemut wie sie aus diesem Leben.
fragen, wo er - an diesem Satz gemessen - steht. (Phaidon 85)
Sokrates glaubte, nach dem Tod komme er zu den Hier wird deutlich gesagt, dass die Tiere dem So
Göttern, daher fürchtet er sich nicht vor dem Tod krates hinsichtlich Paranormalität in nichts nach
und ist mit seinem Schicksal zufrieden. Es heißt, stehen. Wo ist dann also bitteschön der Unter
es gäbe dort „für die Guten etwas viel Besseres als schied zwischen Mensch und Tier, wenn die Weis
für die Schlechten." Er zählt sich offensichtlich zu sagekunst als höchstes menschliches Gut aufge
den Besseren, warum? fasst wird, die Schwäne es nun aber in besonde
Alle die, welche sich mit der Philosophie richtig rem Maße besitzen. Sind also Schwäne bessere
befassen, beschäftigen sich offenbar, ohne dass Menschen, oder müssen Menschen erst zu Men
die anderen es merken, eigentlich mit nichts schen werden, ehe sie Tiere werden dürfen?
anderem als mit dem Sterben und mit dem Tot- Sokrates spricht von sich als einem Seher, der
sein. (Phaidon 13) dem Gotte Apollon geweiht ist, er habe wie die
Schwäne die Gabe der Weissagung erhalten, und
DER G ESANG DES TODES da diese den Tod nicht fürchten, sondern eher
erhoffen, unterliege auch seine Seherkunst nicht
Die Schwäne singen ihre schönsten Lieder vor
der Angst vor dem Tod. Wer stirbt - das wissen
dem Tod aus Vorfreude! Die Menschen aber be
wir heute - hört einen Sphärenklang, einen
haupten, die Schwäne beklagten den Tod. Sokra
„Schwanengesang", der so lieblich ist, dass er
tes sagt kurz vor seinem Tod:
einem die Angst vorm Sterben nimmt und man
Aber sie und auch die Schwäne singen meiner sich freiwillig und mit Freude in dieses Tonreich
Ansicht nach nicht vor Kummer; sondern ich begibt. Ist dies die von Platon beschworene tönen
glaube, weil sie als Vögel des Apollon die Gabe de Sphärenharmonie, der Urton der Schöpfung?
164
LITERATUR
• Crookall, Robert: Case-Book of Astral Projection. N. ]. 1 972.
• Kalweit, Holger: Das Totenbuch der Kelten. Das Bündnis zwischen Anderswelt und Erde.
AT-Verlag, Aarau 2002.
• Kalweit, Holger: Todeserfahrung als Grundlage der Märchenmotive. In: Felix von Bonin Q-lrsg.)
Schamanismus und Märchen, Param Verlag, Ahlerstedt 2003, S. 152-163.
• Kalweit, Holger: Der Stoff aus dem die Seele ist. KOHA-Verlag, Burgrain 2004.
•
Kalweit, Holger: Naturtherapie. Arun Verlag, Kirchhase! 2004.
• Kalweit, Holger: Erdmutter will Rituale. Arun Verlag, Kirchhase! 2005.
T V
s
Tartaros - 30-34, 37-38, 4 1 , Vanth - 82
Saturn - 54, 62, 85 5 8 , 72-75, 79, 1 5 3 Venus - 54, 60, 62
Satyr - 1 1 0, 1 37 Teiresias - 3 3
Schizophrenie - 1 55 Telamonier - 42
Schönheit - 39, 65, 83, 1 1 3, 1 18, Telesterion - 1 5 9 w
1 32, 1 38, 153 Tethys - 1 06, 147
jenseitsschönheit - 67, 141 Thanatos - 72 Wahre Erde - 47, 49, 7 1 , 73-75
Wahre Schönheit - 1 1 8 Theben - 28, 3 3 Wahrer Himmel - 70
Seele - 88 Thersites - 42 Wahres Licht - 70
Seelenaufstieg und Theseus - 20 Wendekreis des Krebses - 53
Seelenabstieg - 5 3 Thoth - 62 Wendekreis des Widders - 53
Sema - 84, 92 Tibet - 1 5 , 20, 25
Sikyon - 57 Totenbuch - 15, 25
Sirenen - 84, 92 Troja - 47 z
Sirius - 59 Tyrann - 3 3 -34, 39, 142
Soma - 84, 92 Zeit
Sonne - 62, 64, 67, 1 30, 141 Zeitlosigkeit - 46
Sophist - 84, 92, 142 u Zeus - 47, 60, 65, 106, 1 1 1 , 1 1 3,
Sophroniskos - 1 1 1 1 8, 126, 135, 144
Sophrosyne - 1 3 7 Universelles Zodiak - 26, 53, 62
Sphäre - 49, 5 7 , 60, 62 Symmetrieprinzip - 1 54-155 Zone - 20, 30-31, 53, 60, 62, 95
Sieben Sphären - 55 Unterwelt - siehe Hades Ätherzone - 61, 95
Sphärenharmonie - 34, 37, Uranos - 57, 106, 1 37, 147, 1 5 3 , Existenzzone - 57
53, 55, 163 155 Plasmazone - 19, 26, 60-61,
Sphinx - 64, 96 1 02
Holger Kalweit
Platons Totenbuch
Eros, Seelenenergie und Leben nach dem Leben
Herausgeber
Eminent-Verlag, P. 0. Box 298, CZ- 1 1 12 1 Prag 1
www.eminent.cz
06/10/06
ISBN 80-7281 -213-0