07 Toleranzen V302
07 Toleranzen V302
07 Toleranzen V302
Fachhochschule München
Fakultät 06 – Feinwerk- und Mikrotechnik
Inhalt
7 Toleranzen und Passungen ..................................................................................................3
7.1 Toleranz ............................................................................................................ 3
7.1.1 Begriffe.....................................................................................................................3
7.1.2. Grundtoleranz IT 1 bis IT 18 ...................................................................................6
7.1.3 Lage der Toleranzfelder ...........................................................................................7
7.3 Passungen ...................................................................................................... 12
7.3.1 Passungsarten .......................................................................................................12
7.3.2 System Einheitsbohrung ........................................................................................13
7.3.3 System Einheitswelle .............................................................................................13
7.3.4 Passungsauswahl ..................................................................................................15
7.3.5 Beispiele für Passungen ........................................................................................17
7.3.6 Toleranzrechnung ..................................................................................................18
7.4 Oberflächenabweichungen.............................................................................. 20
7.4.1 Allgemeines:...........................................................................................................20
7.4.2 Oberflächenrauheit:................................................................................................21
7.5 Darstellung von Form- und Lagetoleranzen .................................................... 23
7.6 Hüllbedingung und Maximum-Material-Prinzip ................................................ 31
7.6.1 Hüllbedingung ........................................................................................................31
7.6.2 Maximum-Material-Prinzip .....................................................................................31
- Nennmaß (N)
o Im Maschinenbau und in der Feinwerktechnik alle Maße üblicherweise in mm
o Keine explizite Angabe, oder im Schriftfeld "Maße in mm" angeben.
o Das Nennmaß kann eine ganze Zahl oder eine Dezimalzahl sein
o Überflüssige Nullen nach dem Komma werden nicht geschrieben.
o Das Vorzeichen ist dem physikalischen Sinn nach immer + und wird nicht ge-
schrieben.
o Bei der graphischen Darstellung von Toleranzen entspricht die Nulllinie dem
Nennmaß.
- Istmaß (I)
o messtechnisch am fertigen Werkstück ermitteltes Maß bei 20°C Bezugstempera-
tur.
o Faustregel für Messmittel: Auflösung soll mind. 1/10 der Toleranz sein
o Beispiel:
Toleranzen der Größenordnung Zehntel kann bei Maßen bis einige 100
mm mit der Schieblehre gemessen werden.
Bei Toleranzen von Hundertstel bis µm wird z.B. mit Mikrometerschraube,
Messuhr, Messmaschine, pneumatischer Messdüse gemessen.
- Grenzmaß (G)
o Zulässige Maße, zwischen denen das Istmaß liegen soll
- Höchstmaß (Go)
o Größtes zulässiges Grenzmaß
- Mindestmaß (Gu)
o Kleinstes zulässiges Grenzmaß
- Abmaß (E, e)
o Algebraische Differenz zwischen einem Maß und dem Nennmaß.
o Abmaß kann auch negativ sein.
o Abmaße für Wellen mit Kleinbuchstaben,
o Abmaße für Bohrungen mit Großbuchstaben
(Bezeichnung E kommt von franz. „écart“ = Abstand; ES = écart supérieur, EI = écart inférie-
ur)
In der Zeichnung wird das Nennmaß angegeben. Das Teil kann aber nicht exakt hergestellt
werden. Daher ist die Angabe der zulässigen Toleranz erforderlich. Zeichnungen ohne To-
leranzangaben sind unvollständig und damit unbrauchbar!
Für die Toleranzfeldlage H ist das untere Abmaß immer 0, das obere +
Für die Toleranzfeldlage h ist das obere Abmaß immer 0, das untere –
Beispiel: Für das Toleranzfeld IT8 gilt im Nennmaßbereich 6 … 10mm die Toleranz 22µm.
Die Lage ist für
- 8c8: -80 -102;
- 7H8: 0 +22;
- 9R8: -19 -41;
- 10x8: +34 +56;
- absolute Differenz ist überall 22 µm.
- Bei gleichem Toleranzgrad werden die Toleranzen mit größer werdendem Nennmaß-
bereich größer.
Beispiel: Für den Nennmaßbereich über 18 bis 30 ist für g das Grundabmaß -7 µm für alle
Toleranzgrade (von 01 bis 18).
- 20g5 hat das obere Abmaß = -7 µm, untere Abmaß = -16 µm;
- 20g9 hat das obere Abmaß = -7 µm, untere Abmaß = -59 µm.
7.3 Passungen
- Passung ist die Beziehung zwischen gefügten Teilen mit bestimmten Toleranzen.
- Passungen basieren auf System Einheitsbohrung oder System Einheitswelle
- Eine Passung besagt, dass 2 Teile so gestaltet sind, dass sie ineinander gefügt wer-
den können.
- Üblicherweise haben gefügte Teile im Passungsbereich die gleiche Gestalt und die
Toleranzen sind klein.
- Am häufigsten handelt es sich um runde Teile, also Welle und Bohrung.
- Die Referenztemperatur für die Anwendung des ISO-Toleranzsystems (und üblicher-
weise auch für alle anderen Angaben in einer technischen Zeichnung) beträgt 20°C.
- Bei unterschiedlichen Temperaturen der beiden Teile oder bei anderen Temperaturen
und unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten können sich erheblich ab-
weichende Passungsrelationen ergeben. Gezielt genutzt wird dies bei Schrumpfver-
bindungen.
- Für die Hauptanwendung kleiner Toleranzen (= Passung) sollen die Toleranzgrade
von Bohrung und Welle gleich sein oder sich um nicht mehr als 2 unterscheiden. Bei-
spiele: Ø20H7/g7; Ø10F8/h7; Ø12H5/x7.
- Normalerweise nicht sinnvoll: Ø15H2/cl5.
7.3.1 Passungsarten
Bei ISO-Passungen gilt im Allgemeinen
Innen- und Außenteil haben gleiches Nennmaß.
1. Spielpassung
- Bohrung und Welle sind so toleriert, dass sich beim Fügen immer ein Spiel
ergibt, im Grenzfall Spiel 0, d.h.
- Mindestmaß der Bohrung ≥ Höchstmaß der Welle.
2. Übermaßpassung
- Bohrung und Welle sind so toleriert, dass sich beim Fügen immer ein Über-
maß ergibt, im Grenzfall Übermaß fast 0, d.h.
- Höchstmaß der Bohrung < Mindestmaß der Welle.
3. Übergangspassung
- Bohrung und Welle sind so toleriert, dass beim Fügen entweder ein Übermaß
oder ein Spiel entsteht, abhängig von den (meist zufälligen) Istmaßen der Tei-
le, d.h.
- Höchstmaß der Welle > Mindestmaß der Bohrung und
- Mindestmaß der Welle < Höchstmaß der Bohrung.
Anwendung:
- allgemeiner Maschinenbau
- Kraftfahrzeug-, Werkzeug-, E-
lektro-, Kraftmaschinenbau
Grund:
- wirtschaftlich, da weniger empfindliche Werkzeuge benötigt (Reibahlen, Kalibrierdor-
ne, etc.)
Anwendung:
- Feinmechanik
- Textil-, Landmaschinenbau
- Transmissionen
Grund:
- Häufige Verwendung glatter durchgehender Wellen mit drehenden, gleitenden, fest-
sitzenden Teilen
7.3.4 Passungsauswahl
Spielpassung Übergangspassung Übermaßpassung
7.3.6 Toleranzrechnung
größtes Spiel oder kleinstes Übermaß = oberes Abmaß Bohrung - unteres Abmaß Welle
gS oder kÜ = ES – ei > 0 : größtes Spiel
gS oder kÜ = ES – ei < 0 : kleinstes Übermaß
kleinstes Spiel oder größtes Übermaß = unteres Abmaß Bohrung - oberes Abmaß Welle
kS oder gÜ = EI – es > 0 : kleinstes Spiel
kS oder gÜ = EI – es < 0 : größtes Übermaß
Beispiel:
20H6/m6 hat die Abmaße H6 (0/+13); m6 (+8/+21)
ES - ei = 13 - 8 = 5 µm; das größte Spiel ist 5 µm.
EI - es = 0 - 21 = -21 µm; das größte Übermaß ist 21 µm.
Beispiel:
Gegeben Ø12m6 = ∅12 +7 µm/+18 µm;
Gesucht: zugehörige Bohrung, damit das Übermaß höchstens 15 µm und das Spiel höchs-
tens 45 µm beträgt. Mit der gesuchten ISO-Toleranz sollen das vorgegebene Spiel und Ü-
bermaß möglichst nah erreicht werden.
Lösung rechnerisch:
gÜ ≤ EI – es; EI ≥ gÜ + es; EI ≥ –15 + 18; EI ≥ 3;
gS ≥ ES – ei; ES ≤ gS + ei; ES ≤ 45 + 7; ES ≤ 52;
Bei Übergangspassung ist natürlich das Übermaß das größte Übermaß und das Spiel das
größte Spiel
Lösung graphisch
ES ≤52
ES =+49
Größtspiel = 42 ∅12G9
Übermaß ≤15
Spiel ≤45 Größtübermaß = 12
es=+18
∅12m6
ei=+7 EI ≥3 EI =+6
Nennmaß = 0
Welle Bohrung
Grenzwerte Lösung
Am nächsten kommt ∅12G9 = ∅12 +6 µm/+49µm. Damit kann ein Übermaß von 12 und ein
Spiel von 42 µm auftreten, es ist also eine Übergangspassung. Anmerkung: Diese Passung
lässt sich weder Einheitsbohrung noch Einheitswelle zuordnen.
Toleranzgrad Bemerkung
7 bis 9 für normale Genauigkeitsteile wie Gleitlager.
11 für geringere Genauigkeit, z.B. Bohren mit Spiralbohrer, Stanzen.
5 bis 6 für präzise Passungen, z.B. hochgenauer Wälzlagersitz.
Grundabmaß
D bis G bzw. kombiniert mit h für Spielpassungen.
d bis g " H "
J bis M bzw. " h für Übergangspassungen
j bis m " H "
R bis X bzw. " h für leichte bis feste Übermaßpassung
r bis x " H "
7.4 Oberflächenabweichungen
7.4.1 Allgemeines:
- fertigungstechnisch sind immer Abweichungen von der Idealgeometrie gegeben
- Zusammenfassung der regelmäßigen und unregelmäßigen Abweichungen in 6 Grup-
pen
- Gestaltabweichung 3.-5. Ordnung ist Rauheit (sie sind 1. und 2. Ordnung überlagert)
- Erfassung der Gestaltabweichung aufwendig; daher oft Betrachtung von Schnitten
- Abweichung 1. und 2. Ordnung mit Koordinaten-Messmaschinen oder optischen
Scannern messbar
- Rauheit mit Profilometern messbar (Tastspitzen, optische Taster, Weisslicht Interfe-
rometer, etc.)
7.4.2 Oberflächenrauheit:
x =lm
1
Ra =
lm ∫
X =0
h dx
Welligkeit
Es besteht kein ursächlicher und funktioneller Zusammenhang zwischen Rautiefe und Tole-
ranz, aber man sollte sicherstellen, dass:
Rz ≤ k ⋅ T
Mit k Faktor zu Berücksichtigung der Funktionsanforderungen
k ≈ 0,5 wenn keine besonderen Anforderungen
k ≈ 0,25 bei geringen Anforderungen
k ≈ 0,1 bei hohen Anforderungen
k ≈ 0,01 bei sehr hohen Anforderungen an die Funktion
Zusätzliche Symbole
7.6.2 Maximum-Material-Prinzip
Wird für das Zusammenpassen mehrerer Teile verwendet:
Beispiel:
Der Flansch eines Elektromotors hat einen Passsitz und wird mit 4 Schrauben angeschraubt.
Neben der Einhaltung der Maßtoleranz für die ∅ des Passsitzes und der Durchgangslöcher
für die Schrauben, kommt es hier sehr darauf an, dass die Löcher nicht zu den Gewinden
versetzt sind.
Wenn also das Durchgangsloch im Flansch Kleinstmaß hat (Maximum an Material ist vor-
handen), dann darf für die Positionstoleranz höchstens der in der Zeichnung eingetragene
Toleranzwert ausgenutzt werden. Haben die Durchgangslöcher Größtmaß, dann darf die
Positionstoleranz um den Betrag der ∅-Toleranz überschritten werden, und die Funktion ist
noch voll gewährleistet.
Die Angabe in der Zeichnung erfolgt durch Anfügen eines M im Kreis an die Toleranz und
ggf. zusätzlich an den Bezugsbuchstaben im Toleranzrahmen. M
Die Anwendung des Maximum-Material-Prinzips erfordert im allgemeinen Prüflehren.
Beispiel:
Positionstoleranz ∅ 0,25 der Anschraublöcher könnte
in Kauf genommen werden, wenn die Durchgangslö-
cher mit kleinerer ∅-Toleranz an der oberen Toleranz-
grenze ∅ 7 ++00,,105 gefertigt werden können.
Beispiel:
Zeichnungsangabe
Ergibt Fertigungsmöglichkeiten