Evolution Des Bewusstseins PDF
Evolution Des Bewusstseins PDF
Evolution Des Bewusstseins PDF
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Anarpita-carim cirat
karunayavatirnah kalau
Samarpayitum unnata-
ujjvala-rasam sva-bhakti-sriyam
Harih purata-sundara-dyuti-
kadamba sandipitah
Sada hrdaya-kandare
sphuratu vah saci-nandanah
Ôræla
ÔrælaBhaktivedânta NârâyaëaGosvâmæ
Bhaktivedânta Nârâyaëa GosvâmæMaharâja
Maharâja(geb.
(geb.1921)
1921)
Ôræ Ôræmad Bhaktivedânta Nârâyaëa
Gosvâmæ Maharâja, spiritueller Meister und
geistiger Führer der Gauãæya-Vaiõëavas,
ge hört heute zu den einflussreichsten
Lehrern Vedischer Kultur. Er ist Schüler des
berühmten Ôræ Bhakti-Prajñâna Keôava
Gosvâmæ und Nachfolger und Freund des
Pioniers des Kîõëa-Bewusstseins im
Westen, Ôrila Bhaktivedanta Svâmæ
Prabhupâda. Er lebt als Sannyâsæ seit mehr
als fünfzig Jahren im Lebensstand der
Entsagung und bereist fortwährend den Globus, um die Botschaft
der Veden zu lehren. Er veröffentlichte Dutzende Bücher über
Theorie und Praxis der Bhakti-Wissenschaft und offenbart sich
Suchenden immer wieder aufs Neue als Quell von Hoffnung,
Inspiration und spiritueller Verwirklichung.
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Evolution des
Bewusstseins
von Ôræla Bhaktivinoda Øhâkura
1
Die Antwort, die Ôræ Caitanya Mahâprabhu und die Veden
darauf geben, lautet zunächst einmal, dass Leben in zwei
Formen auftritt, nämlich als reines Leben und als bedingtes
Leben. Reines Leben ist Leben, das in der Transzendenz exi-
stiert, in einer Atmosphäre von Ewigkeit und reinem Glück.
Reines Leben bedeutet: keine Fehlschläge, kein Leid, keine
Angst und keinen Tod. Bedingtes Leben, auf der anderen
Seite, erfährt man in der materiellen Sphäre. Bedingtes Leben
wird weiter zweifach unterteilt, nämlich in: auf das Äußere
gerichtetes, grob materialistisches Leben, und: auf das Innere
gerichtetes, spirituell ausgerichtetes Leben. Ein auf das Äuße-
re gerichtetes, grob materialistisches Leben kennt kein spiri-
tuelles Ziel und entfernt sich deshalb mehr und mehr von
Gott. Spirituell ausgerichtetes Leben, obwohl es dem materia-
listischen ähnlich sehen kann, zielt auf eine transzendentale
Existenz ab und forscht direkt danach. Auf das Äußere
gerichtetes, materialistisches Leben findet man in vier
Formen vor: (1) als gottloses unmoralisches Leben, (2) als
gottloses moralisches Leben, (3)als gottbejahendes morali-
sches Leben, und (4) als durch unpersönliche Auffassungen
entstelltes Leben.
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kein genaues Konzept von
Gott. Die der reinen spiri-
tuellen Seele eigene natür-
liche Hingabe zum Herrn
ist bei ihnen fast gänzlich
verkümmert und zeigt sich
nur in sporadischen Äuße-
rungen von Ehrfurcht und
Bewunderung.
Die zweiten sind Menschen,
die sich Wissen über die
Materie und ihre Gesetze
angeeignet haben. Kraft
ihrer Intelligenz entwik-
keln sie verschiedene
Wissenschaften und
Künste und verschaffen sich auf diese Weise einen höheren
Lebensstandard. Solange sie aber keine ethischen Prinzipien
und Ehrfurcht vor Gott annehmen, werden sie der zweiten
Kategorie von unreguliertem und geistig armem Leben zuge-
rechnet. Von Ethik und Religion halten solche Menschen nichts.
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Durch Unpersönlichkeit entstelltes Leben
Wenn auf der gottbejahenden moralischen Stufe eine
stark unpersönliche Geisteshaltung die Oberhand gewinnt,
geben die gläubigen Moralisten die Pflichten und Regeln
ihres ethisch-religiösen Lebens auf, erniedrigen sich und tau-
schen ihr Gottvertrauen Stück für Stück gegen eine nihilisti-
sche Sicht des „Alles-eins-Seins“ aus. Diese durch unpersönli-
che Konzepte entstellte materialistische Lebensweise bildet
die vierte Stufe bedingten Lebens.
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folgerung präsentiert. Indem er seine eigene Anschauung
etabliert, werden die Argumente der niedrigeren Lebensstufe
als unzulänglich abgelehnt.
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Körper stirbt, ist die Existenz beendet und alles löst sich in
seine Urbestandteile auf.
Solange man am Leben ist, sollte
man tun, was immer einem Glück und
„Die Religion Freude verschafft. Man soll dabei nur
ist das Opium aufpassen, dass das Wohlbefinden nicht
des Volkes“ direkt beeinträchtigt wird, also dass
man nicht krank wird, sich in Schwierig-
Karl Marx
keiten bringt oder sonst irgendwie
Schaden nimmt. Eingesperrt oder getö-
tet zu werden, sich die Gesundheit zu ruinieren, sich zu viele
Feinde zu schaffen oder öffentlich bloßgestellt zu werden ist
dem Lebensglück offensichtlich abträglich. Ansonsten ist es
der Sinn und Zweck meiner Existenz, zu genießen – wenn ich
diese Freude aufgäbe, was hätte dann das Leben für einen Sinn?
Um die Lebensqualität anzuheben, soll man seinen
Verstand gebrauchen und keine Mühe scheuen, die
Wissenschaft, Kunst und Industrie zu fördern. Schließlich
sind wir keine unzivilisierten Waldbewohner mehr. Wir wol-
len uns schicker kleiden, uns
bequemer und luxuriöser ein-
richten, gesund sein und gut aus-
sehen; mit anderen Worten, der
Zivilisation zur Blüte verhelfen.
Wir wollen die Freuden des
Lebens auskosten, uns gutes
Essen und edle Parfüme leisten,
schöne Musik hören, Gemälde an
die Wände hängen und uns all
die kleinen Dinge anschaffen, die
das Leben angenehm machen.
Lasst uns kühne Bauwerke
errichten und rassige Autos
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herstellen – solche Zivilisation beweist den Fortschritt der
Menschheit. Zum Nutzen der Gesellschaft soll man die
Geschichte dokumentieren. Was immer die Forschung an
Entdeckungen hervorgebracht hat, muss exakt archiviert und
behütet werden. Keiner sollte an irgendetwas Übernatürli-
ches oder Unlogisches glauben. Wenn der Nutzen der
Allgemeinheit und der eigene Nutzen sich nicht vereinbaren
lassen, muss man manchmal das Gemeinwohl den eigenen
Zwecken opfern, denn schließlich ist sich jeder selbst der
Nächste.“
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ger Mensch so etwas als seine Pflicht ansehen. Das nennt man
selbstloses, moralisches Handeln, und das ist der wahre Weg.
Strebt nach den Eigenschaften,
„Lebe ein gutes, die die Menschen glücklich
ehrbares Leben. machen, vor allem Liebe,
Freundschaft und Mitgefühl.
Wenn du älter bist Dann werden Erscheinungen wie
und zurückdenkst, Hass und Gewalt von allein aus
wirst du es noch den Köpfen der Menschen ver-
einmal genießen schwinden. Liebe für alle bedeu-
können.“ tet Glück für alle. Entwerft Pläne,
um eine solche Gesellschaft zu
Dalai Lama
schaffen.“
Von dieser Art sind die
tiefen Überzeugungen von Positivisten, Sozialisten, Buddhisten
und anderen moralischen
Atheisten.
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len sollte. Sie sind überzeugt, dass menschliche Ideale unvoll-
kommen bleiben, solange Glauben fehlt, und dass der
Glauben die Moral und Ethik auf vielerlei Weise unterstützt.
Sie argumentieren:
(1) „Obwohl man
„Die Zeit ist, bei Licht moralischen Grundsätzen
besehen, immer gleich gut folgen mag, sind die
und gleich schlecht, nur Verlockungen, mit denen
das Leben einen über-
die besseren Menschen
rascht, manchmal über-
machen die Zeiten besser, mächtig und selbst cha-
und bessere Menschen rakterfeste Menschen
macht nur das treu geübte geraten in schwierigen
Christentum.“ Umständen ins Wanken.
Adolf Kolping Wenn man sich unbeob-
achtet fühlt, wird der
Drang, etwas Unerlaubtes
zu tun, extrem stark. In solchen Situationen kann nur
Glauben in Gott beschützen, denn Gott sieht, was kein ande-
rer sieht – und wer davon überzeugt ist, wird selbst an einem
abgelegenen Platz nichts Unmoralisches tun.
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(5) Wenn es tatsächlich einen Gott gibt, ist enorm viel
gewonnen, wenn man Ihn verehrt und zu Ihm betet. Sollte es
keinen Gott geben, ist mit Seiner Verehrung trotzdem nichts
verloren. Auf der anderen Seite aber: sollte es einen Gott
geben und man glaubt nicht an Ihn, dann wäre das ein fol-
genschwerer Fehler. Deswegen sehen die echten Ethiker
Glauben an Gott in jedem Fall als nützlich und notwendig an.
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all den eben genannten Gründen nutzbringend.“
Mit guten Argumenten setzen die gottbejahenden
Moralisten den nichtgläubigen Moralisten zu. So begannen
sogar Atheisten wie Comte Gott zu verehren – nicht aus
Überzeugung, aber aus Pragmatismus. Die in Indien gelehrte
Karma-Kâëãa-Philosophie Jaiminis, Patañjalis Meditation
über Gott und Comtes fiktive Verehrung – obwohl es hier
natürlich Unterschiede gibt – liefern alle drei dasselbe
Resultat. Comte hatte mit seinen Motiven, aus denen heraus
er Gott verehrte, nicht zurückgehalten, sondern sie offen
genannt, während Karma-Verfechter wie Jaimini mit ihren
Ansichten vorsichtiger verfuhren und ihre inneren Motive
verbargen.
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wird, bringt sie die Wahrheit ans Licht – wird sie falsch benutzt,
öffnet man damit der Illusion Tür und Tor. Um irgendetwas
beurteilen zu können, muss man genau unterscheiden und
alle Gesichtspunkte kennen, ansonsten ist die Fähigkeit, zu
denken, nicht sehr von Nutzen. Man kann aus zwei gegebe-
nen Vorraussetzungen eine Schlussfolgerung ziehen, wenn
beide Grundaussagen fehlerfrei sind. Beispielsweise wird ein
Mensch, wenn er in der Ferne eine Rauchwolke erblickt, etwa
schlussfolgern, dass dort ein Feuer brennt. Dafür muss aber
erstens die Grundannahme, dass dort, wo Rauch aufsteigt,
auch Feuer brennt, wahr sein, und zweitens muss er sich
sicher sein, dass das, was er sieht, echter Rauch ist und nicht
Nebel oder etwas anderes. Wenn beide Voraussetzungen
erfüllt sind, kommt man kraft Logik und Intelligenz zum
wahren Schluss. Um eine rationale Erkenntnis zu gewinnen,
ist diese Methodik die Hauptherangehensweise.
Das Ausmaß, indem Schönheit und perfektes Zusammen-
spiel in den Abläufen des Kosmos sichtbar wird, lässt den
Schluss zu, dass hier eine von unermesslichen Energien
gesteuerte Schöpfung statt-
fand. Das ist der erste Teil der „Diese materielle Natur
logischen Betrachtung. Der
zweite ist die Erkenntnis,
wirkt unter meiner Aufsicht
dass etwas, was durch eine und bringt alle Arten von
Kette zufälliger Ereignisse Lebewesen hervor. Nach
entsteht, niemals derartige ihren Gesetzen wird der
Perfektion aufweist. Solche Kosmos wieder und wieder
Vollkommenheit ist nur geschaffen und vernichtet.“
einem überweltlichen, mit
gigantischer Intelligenz aus- Bhagavad-Gita 9.10
gestatteten, bewussten
Wesen möglich. Aus diesen beiden Aussagen folgt nach den
Regeln der Logik, dass ein überweltliches, mächtiges und
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bewusstes Wesen den Kosmos mit seiner Vielfalt entworfen
hat. Dieses bewusste Wesen ist Gott, der Höchste Herr.
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benutzt seine Intelligenz auf falsche Weise. Die Annahme,
dass Bewusstsein auch geschaffen sein muss, hält einer ratio-
nalen und logischen Überlegung nicht stand. Man sollte sol-
che unsinnigen Auffassungen aufgeben und mit reiner
Intelligenz sein Vertrauen in Gott setzen.
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und zu allen Zeiten Beachtung findet. Wahrheit dagegen fin-
det überall und immer ihre Befürworter. Zum Beispiel weiß
man und wusste auch schon früher, dass Zehn plus Zehn
Zwanzig ergibt. Dass Zehn plus Zehn Fünfzehn ergibt, ist eine
Hypothese, die nie viele Anhänger fand. In gleicher Weise
wird man auch im letzten Winkel der Welt irgendeine Form
von Gottesverehrung vorfinden. Die Idee hingegen, dass
Menschen sich nur aufgrund schlechter Einflüsse und in
dunkler Unwissenheit einen Gott ausdenken, kann man guten
Gewissens als falsch abtun.
(5) Für
jemanden, der
den Anspruch
vertritt,
menschliches
Leben auf eine
höhere Ebene
erheben zu
wollen, ist das
Akzeptieren
von Gott und
einer Existenz
nach dem Tod
essentiell. Sollte unsere Existenz nach ein paar Tagen ein für
allemal vorbei und ausgelöscht sein, welcher großer Ansporn
bleibt dann, sich in diesem flüchtigen Leben für ideelle und
unvergängliche Werte einzusetzen? Der menschliche Geist
findet im Vertrauen auf Gott naturgemäß seine Erfüllung, das
zeigt sich an der ungleich höheren Hoffnung, Zuversicht und
Weitsicht, die ein Gottgeweihter ausstrahlt. Menschliches
Leben ohne solches Gottvertrauen bleibt immer klein und
bedeutungslos.
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(6) Wenn Glauben an Gott nicht auf fester, intelligen-
ter Überzeugung ruht und Religion nicht aus echter
Dankbarkeit gegenüber dem Herrn schöpft, wird man die
reine Verehrung Gottes, die Wurzel aller Ethik und Moral,
vernachlässigen. Als Ergebnis davon bleibt das Dasein unvoll-
kommen, und nicht nur das: weil man seiner ersten Pflicht
als Mensch nicht nachkommt, wird man sich notgedrungen
erniedrigen.
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eure Natur ist und
folgt dann wissen-
schaftlich dem
Varëâôrama-
Dharma, dem
Vedischen System
zur Gesellschafts-
organisation, wie
es in Indien einst
in Gebrauch war.
Wenn ihr das tut
und eurer Eignung
gemäß handelt, ist
euch der Erfolg im
Leben sicher.
Versteht durch
Vernunft und
durch euer dem
Herzen innewohnendes Vertrauen, dass ihr als Seele unsterb-
lich seid. Mit diesem Verständnis als Grundlage kann das
regelkonforme Leben in ganzer Größe aufblühen. Es mag so
aussehen, als ob dieses Leben unser erstes ist und wir im
Bauch unserer Mutter „entstanden“ sind, aber beschränkt
euch nicht durch ein solches Konzept, das zu einer niedrige-
ren Bewusstseinsstufe gehört. Verinnerlicht transzendentales
Wissen und verwirklicht, dass wir schon vor diesem Leben
existiert haben, dass wir jetzt existieren und dass wir auch
noch weiter existieren werden, wenn dieser Körper stirbt.
Diese Verwirklichung wird euer Vertrauen in den Herrn läu-
tern und vertiefen.
Denn eine Sache: Warum wird der Eine in einer
Familie rechtschaffener Menschen geboren und wächst von
Kindheit an in einer Umgebung auf, die ihn mehr oder min-
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der von allein zu einem ehrbaren Menschen formt? Und der
Andere wird groß in einem sozial schwachen Umfeld, hat
schlechte Freunde und erwirbt sich mit berechenbarer
Sicherheit einen schlechten Charakter? Die ganze Erziehung
und sozialen Beziehungen entwickeln sich für den Einen zum
Guten und für den Anderen zum Schlechten. Ist die Intelligenz
erst einmal durch die verschiedenen Lebensauffassungen
geprägt, formt sich das ganze Wesen, die ganze Natur dem-
entsprechend. Später dann handeln beide so, wie es ihnen
ihre Natur diktiert, und so verdient sich der Eine in diesem
Leben den Himmel und der Andere die Hölle. Wenn dieses
eine Leben alles wäre,
wäre ein solches Wirken
einem allmächtigen, „So wie die Seele ihren
barmherzigen und gegenwärtigen Körper
hochintelligenten Gott annimmt und dieser Körper
angemessen? Das würde sich fortan zu einem
keinen Sinn ergeben.
Religionen, die nur die
Kinderkörper, einem
guten und schlechten Jugendlichen und schließlich
Taten dieses einen zum Greisenkörper entwickelt,
Lebens in Betracht zie- das Selbst, die Seele dabei aber
hen, nicht aber unverändert bleibt, so wird
Tätigkeiten sowie das sich die Seele auch beim
Karma und die
Eindrücke aus früheren
Wechseln des Körpers nicht
Leben, solche Religionen verändern.“
sind in großem Maße Bhagavad-Gita 2.13
unzureichend und unlo-
gisch. Haltet nicht an
kurzsichtigen Religionen fest, erhebt euch auf eine fortge-
schrittene Lebensstufe und folgt dem Varëâôrama-Dharma,
dem natürlichen, wissenschaftlichen System zur Erhebung
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des Menschen. Dann könnt ihr verwirklichen, was Glück
bedeutet.
Es ist essentiell, dass man den Anweisungen der Veden
folgt. Allerdings kann man auf zweierlei Weise folgen: mit
Eigeninteresse oder selbstlos. Bei eigennützigem Handeln
geht es letztlich nur darum, seine Sinne zu erfreuen. Sucht
eure Freude nicht darin. Selbstlos zu sein bedeutet, pflichtbe-
wusst zu handeln. Wenn man seine Pflicht tut, spielt es keine
Rolle, ob die Sinne dabei gerade glücklich sind oder nicht. Es
ist egal, ob man gerade „Lust dazu“ hat, denn Lust ist
Merkmal selbstischen Handelns. Um das Ziel pflichtbewuss-
ten Handelns zu erreichen, dürft ihr euren selbstischen
Wünschen nicht nachgeben. Wenn ihr pflichtbewusst den
Vorgaben der Schriften folgt, werdet ihr den Herrn, Ôræ Hari,
zufrieden stellen, und wenn Ôræ Hari mit euch zufrieden ist,
schenkt Er euch sowohl Glück als auch Befreiung.“
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Vorstellungen gefolgt waren, ohne die eigentliche Grundlage
ihrer Existenz überhaupt zu hinterfragen. „Wer bin ich?
Worin besteht meine Beziehung zu dieser Welt? Und wohin
wird mein Weg mich am Ende führen?“ Solche Fragen
beschäftigen jetzt ihren Geist.
Ihre Grundsatzdiskussion mit diesen Wahrheiten führt
sie schließlich zu drei verschiedenen Schlussfolgerungen:
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Der Karma-Pfad
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Beschützer und ich stehe
unter Seinem Schutz. Er ist
allmächtig, ich aber bin klein
und schwach, Er zerstört
und ich kann zerstört wer-
den. Er stellt die Regeln auf
und ich muss ihnen folgen,
Er macht die Pläne und ich
bin Teil Seines Plans. Wenn
dieser Höchste Herr mit mir
zufrieden ist, wird mein Leid
ein Ende finden und ich
werde den Ort erreichen,
wo komplettes Glück für
mich realisierbar ist.“
Zu einem gewissen Teil gehört auch Adhyâtma-Yoga,
spiritueller Yoga, zum Karma-Pfad – zum Beispiel wird die
Adhyâtma-Samâdhi des Aõøâñga-Yoga dazu gezählt, denn von
den acht Stufen des Aõøâñga-Yoga gehören sechs, Yama, Niyama,
Âsana, Prâëâyâma, Dhyâna und Dhâraëâ, zum Bereich von
Karma (materiellen Tätigkeiten), Pratyâhâra umfasst die
Bemühung, Resultate zu erreichen, und die Auflösung allen
Leids und die Vertiefung in Glück sind das abschließende Ziel
von Samâdhi.
cd
-
Der unpersönliche Jñâna-Pfad
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religiösen Bemühungen auf und fixieren sich auf eine unper-
sönliche Lebenshaltung. Ihre Auffassung ist dann die: „Ich bin
Wissen, und das Brahman, die Höchste Wahrheit, ist ebenfalls
Wissen; ich bin Teil jenes alldurchdringenden Wissens. Diese
materielle Existenz ist mein Unglück. Das Brahman aber ist
das genaue Gegenteil der Materie. Ich bin eigentlich Brahman,
aber aufgrund von Illusion halte ich mich jetzt für ein
Lebewesen und denke, ich besitze einen Namen und andere
Merkmale und Eigenschaften.
Außer dem Brahman gibt es nichts; was ich als diese
Welt sehe, ist nur meine Einbildung, hervorgerufen durch
Unwissenheit. Wenn ich die feste Gewissheit entwickle, Brahman
zu sein, werde ich das Nirvâëa, Befreiung, erreichen – das
Nirvâëa ist mein letztes Lebensziel.“
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Der Bhakti-Pfad
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Bhagavâns hat mich hier gebunden, aber in dem Maße, wie
ich die Abneigung gegen Ihn aufgebe, wird die Bindung nach-
lassen und meine spirituelle Beziehung zu Ihm mehr und
mehr zutage treten. Die Gemütsstimmung, die zu mir als rei-
ner Seele gehört und mit der ich Bhagavân ewig dienen
möchte: wenn ich diese meine ureigene Natur wiedererwek-
ke, werde ich als Nebenresultat vom materiellen Dasein
befreit werden und als Hauptergebnis am Ende ewige Liebe
bekommen. Ich bin ewig der Diener, und Bhagavân ist ewig-
lich der, dem gedient wird.
cd
-
Die Karmis
cd
- -
Die Jñâna-Kândis -
. .
Diejenigen, die von der zweiten Schlussfolgerung kon-
ditioniert sind, setzen sich zum Ziel, ihr Selbst aufzulösen
und zwingen sich zu unnatürlicher Loslösung und Entsagung.
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Weder werden sie sich in diesem Leben erheben noch nach
dem Tod irgendeine Vollkommenheit erreichen. Sie kultivie-
ren negative Denkstrukturen und so verstreicht ihr Leben
ohne substanziellen Nutzen. Man nennt sie Jñâna-Kâëãæs, die
„Nach-unpersönlichem-Wissen-Forschenden“.
cd
Die Diskussion
zwischen den
- und Bhaktas
Karmis
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Gottgeweihten studiert, werdet ihr sehen, dass, was immer
der Welt an Segen widerfährt, eigentlich ihr Verdienst ist.
Eure Absicht, mit Wissenschaft, Kunst, Industrie und Ethik
die Gesellschaft zu erheben, wollen wir euch nicht abspre-
chen – im Gegenteil, tut das, dadurch schafft ihr wunder-
volle neue Möglichkeiten, Gott zu dienen. Uns liegt eben-
falls nichts an gezwungener Entsagung, in Wahrheit genie-
ßen wir Freude und Glück, das Glück des spirituellen Lebens.
Aber worum es uns geht, ist, dass alle Tätigkeiten und
Pflichten dazu führen sollten, dass man mehr und mehr
Zuneigung zu Bhagavân entwickelt. Unsere Mühen sollten
nicht auf das Nebenprodukt von Karma abzielen, nämlich
materiellen Fortschritt und Genuss. Alles Handeln soll
unsere Hingabe zu Gott vergrößern. Was praktisches Leben
angeht, gibt es zwi-
schen euch und uns
keinen nennenswer-
ten Unterschied.
Wenn man einen
kleinen Unterschied
sehen will, dann
den, dass das glei-
che, was ihr aus
Pflichtbewusstsein
tut, wir noch mit
der dienenden
Haltung zu Bhagavân
bereichern.
Manchmal,
aus einem Gefühl
der Loslösung her-
aus, unterbrechen
wir unsere
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Pflichten. Das ist bei euch nicht anders, ihr nehmt euch
auch gelegentlich eine Pause von eurer Arbeit. Im Unterschied
zu eurem Ausruhen aber, das keinem bestimmten Zweck
dient, füllen wir unsere Freizeit mit Bhakti an. Die Welt ist für
euch das Feld zum Tätigsein, für uns ist sie das Feld, auf dem
wir Hingabe kultivieren. Euer Handeln sehen wir als materia-
listisch an, denn was ihr tut, tut ihr um des Ergebnisses wil-
len, nicht für Bhagavân. Deswegen nennt man euch morali-
sche Theisten oder Karm×s, und uns Bhaktas.“
cd
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(1) Die Karma-Tätigkeiten allmählich verringern und
sich in spirituelles Bewusstsein vertiefen.
(2) Die Karma-Tätigkeiten dem transzendentalen
Viõëu darbringen, das heißt, während man sie ausführt, sich
bemühen, Viõëu zu erfreuen und sie zum Abschluss Ôræ Kîõëa
darbringen.
(3) Das notwendige Karma ganz mit Kîõëa-Bhakti ver-
flechten und das nicht unbedingt notwendige Karma aufgeben.
cd
Die Yogis und Asketen
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dieren und über den Herrn
meditieren. Indem er sich so
von den Verunreinigungen
fernhält und sich läutert,
wird er als nächstes die
Sitzstellungen (Âsanas)
praktizieren, und darauf-
hin Atembeherrschung
(Prâëâyâma), bis er seinen
Atem kontrollieren kann.
Wenn er die Atmung
gemeistert hat, wird er
sich alsdann auf die Viõëu-
Form konzentrieren (dhyâna) und später ununterbrochen dar-
über meditieren (dhâraëâ). Bevor er allerdings meditieren
kann, muss er seinen Geist vollständig von den Sinnesobjekten
zurückziehen. Schließlich, wenn sein Bewusstsein klar und rein
scheint, kann er sich in Samâdhi versenken. Der Hauptzweck
dieser Praktiken ist es, Karma, das heißt, materielle Tätigkeiten
mehr und mehr aufzugeben und sich am Ende ganz davon zu
befreien. Es ist allerdings ein langsamer Prozess, und er ist
durchsetzt mit Hindernissen.
cd
Materialistische Geisteshaltung
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selbst widersprüchlich. Wie kann ein Herz, das von Anziehung
an die Welt der Sinne getrieben ist, sich aufrichtig wünschen,
den transzendentalen Viõëu zu erfreuen? Aus Sorge um welt-
liche Angelegenheiten Viõëu zu erfreuen, kann nicht ein auf-
richtiger Wunsch des Herzens sein, sondern mehr eine Art
mentalen Spagats. So ist zum Beispiel die Hingabe der Frauen,
die in Indien hingegeben die Annapûrëa-Verehrung zelebrie-
ren, um in zukünftigen Leben viel Getreide zu besitzen, nur
zur Schau gestellt. Das es nicht möglich ist, sich durch solche
Art von Darbringungen aus dem Karma-Kreislauf zu befreien,
braucht nicht weiter ausgeführt zu werden.
cd
Spirituelle Geisteshaltung
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diese Weise mit Kîõëa verbindet, kann Karma, in Form von
unterstützender Bhakti, in den einzelnen Lebensumständen
die direkte transzendentale Bhakti fördern. Diejenigen morali-
schen Theisten, die den dritten Weg wählen, führen ein spiri-
tuelles Leben, während die auf dem zweiten Pfad auf der
materiellen Ebene verbleiben.
cd
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cd
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habe ich gewartet und gehofft, dich wiederzutreffen! Immer
war ich darum bemüht, dich zurückzuholen; welch ein Glück,
dass du heute von selber zu Mir kommst! Diene Mir jetzt in
Meiner ewig jugendlichen, liebeerfüllten Form und spiel mit
Mir im endlosen Meer der Seligkeit! Fürchte dich nicht und
sorge dich nicht – du hast den Nektar der Unsterblichkeit
gekostet! Für Mich hast du alles andere hinter dir gelassen,
wie kann Ich dir deine Liebe vergelten? Bitte sei mit deinen
eigenen glorreichen Taten zufrieden!“
Ende
33
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Bhagavân – wörtl: der Besitzer aller Füllen; ein Begriff für Gott,
der den persönlichen Aspekt der Absoluten Wahrheit betont.
Bhakti – Liebe und Hingabe zu Kîõëa; der Weg, sich Gott durch
liebenden hingebungsvollen Dienst zu nähern.
Brahman – der unpersönliche Aspekt Gottes, das „Unveränderliche“,
„Eigenschaftslose“ und „Unbegreifliche“.
Jñâna – der Vorgang, der zur Verwirklichung des unpersönli-
chen Brahmans führt; ein Jñânæ versucht durch Entsagung,
Studium der Veden und andere spirituelle Praktiken sich von
seinem Ego, seinen materiellen Identifikationen zu befreien.
Karma – materielles Handeln entsprechend den Regulierungen
der Heiligen Schriften und mit Unterordnung unter die Oberhoheit
des Höchsten Herrn, vor allem gemäß dem Varëâôrama-System.
Kîõëa – wörtl: der Allanziehende; Gott in Seinem höchsten,
lieblichen Aspekt, der in Seinem spirituellen Reich mit Seinen
Gefährten ewige, glückselige Spiele genießt.
Ôræ Caitanya Mahâprabhu – Kîõëas Inkarnation für das gegen-
wärtige Zeitalter; Er lehrte das Chanten der Heiligen Gottes-
namen als das gültige religiöse Prinzip und reformierte das
Verständnis der Vedischen Schriften und der darin beschriebe-
nen Gottesliebe.
Varëâôrama-System – die in den Veden beschriebene Einrichtung
zur sozialen Organisation nach gottgegebenen Gesetzen; Eintei-
lung der Gesellschaft in vier Berufs- und vier Lebensstände.
Viõëu – der „Weltenlenker“; der Aspekt Gottes, der sich speziell
der Belange der materiellen Schöpfung annimmt.