Apostelkonzil
Apostelkonzil
Apostelkonzil
Quellen
Der Neutestamentler Hans Conzelmann lehnt deshalb sowohl die Frhdatierung wie die Hypothese vom doppelten Konzil ab. Er verweist darauf, dass andere Quellen fr die Jahre vor dem Tod des Agrippa keine Teuerung berichten, wohl aber eine lokale Versorgungskrise fr 46 und 48 unter dem Statthalter Tiberius. Lukas
habe mglicherweise die Reihenfolge der Ereignisse vertauscht: Denn in Apg 12,24 ist von einer Rckkehr des
Paulus und Barnabas von Jerusalem nach Antiochia die
Rede, die aber nach Gal 2,11 wohl erst nach dem Konzil
Datierung
Nach Gal 2,1 besuchte Paulus Jerusalem nach 14 Jahren zum zweiten Mal, diesmal zum Apostelkonzil. Dabei
ist unklar, ob er die Frist von seiner Bekehrung vor Damaskus (32 oder 33) oder seinem ersten Jerusalembesuch
an (35 oder 36) meinte. Da das Anfangsjahr mitgezhlt
1
VORGESCHICHTE
stattfand (vgl. Apg 15,3035 ). Demnach nimmt Conzel- de nach Jesu Tod Apostel und gewann danach eine Fhmann das Jahr 48 fr das Konzil an.
rungsrolle in der Urgemeinde. Er genoss hohes Ansehen
wegen seiner Toratreue und galt als unbestrittene moralische Autoritt, wie der ihm zugeschriebene Jakobusbrief
zeigt.
3 Vorgeschichte
Die Jerusalemer Urgemeinde bestand nach Apg 2 von
Anfang an aus Juden, Proselyten und Hellenisten, die in
Jesus Christus den Messias Israels erkannten. Ihre unterschiedlichen religisen Hintergrnde uerten sich in
sehr verschiedenen Haltungen zum Tempelkult und zur
jdischen Tora, die bald zu Konikten fhrten.
Auf der anderen Seite scheinen die hellenistischen Gemeinden das jdische Gesetz nur noch als moralischen
Mastab anerkannt zu haben und praktizierten oenbar weder den Tempelkult oder die Speisegesetze noch
die Beschneidung nichtjdischer Neubekehrter. Das war
wohl der Anlass fr weitere Christenverfolgungen durch
Herodes Agrippa, der sich damit beim sadduzisch dominierten Sanhedrin beliebt machen wollte (Apg 12,3 ).
Das brachte die judenchristliche Gemeinde in Jerusalem
in ein Dilemma. Denn wenn sie zu ihren christlichen Brdern stehen wrden, setzten sie sich ebenfalls der Verfolgung aus und galten als Verrter des Judentums, zu dem
sie sich jedoch gehrig fhlten und das sie als ihre Heimat
ansahen.
4.2
Man nimmt an, dass sie mit denen aus den Juden identisch waren, die schon Simon Petrus wegen seiner ersten
Taufen und Tischgemeinschaft mit Heiden zur Rede gestellt hatten (Apg 11,2f ) und oenbar die Position des
Jakobus vertraten (Gal 2,12 ). Daraufhin habe die Gemeinde Paulus und Barnabas nach Jerusalem gesandt, um
den Rat und die Entscheidung der Jerusalemer Apostel
einzuholen (Apg 15,26 ).
4
4.1
Im Anschluss an diese Reden habe die gesamte Gemeinde den Beschluss schriftlich niedergelegt, die Heidenmission im Sinne des Jakobus zu gestatten. Sie habe Paulus
und Barnabas zusammen mit Vertretern der Urgemeinde
mit diesem Auftrag zurck nach Antiochia gesandt (Apg
Damit ist jene auch in Apg 12,1426 erwhnte Kollekte
15,2229 ).
fr die Jerusalemer Gemeinde gemeint (s.o.), zu der Paulus in seinen Gemeindebriefen fter aufrief (Rm 15,26
; 1 Kor 16,1 ). Ansonsten zitiert Paulus keinen oziellen
oder gar schriftlich niedergelegten Beschluss des Konzils, 5 Historische Wrdigung
dem er sich zu fgen gehabt htte. Daneben sei eine Arbeitsteilung vereinbart worden, nach der Petrus haupt- Die Schilderung des Paulus gilt als authentisch, weil er
schlich unter den Juden, Paulus und Barnabas unter den Augenzeuge des Geschehens war und zeitnah davon berichtet. Als am Konikt Beteiligter knnte er Verlauf und
Heiden missionieren solle.
THEOLOGISCHE BEDEUTUNG
Ergebnisse des Treens fr seine Gemeinden jedoch ein- den ermglichen sollte, oenbar zunchst zu einer Disseitig dargestellt haben.
tanzierung zwischen den beiden Gruppen.
Der Bericht des Lukas dagegen gilt als eine sptere und
idealisierende Rekonstruktion, die nicht an heutigen historiographischen Mastben zu messen ist. Lukas gab die
Reden des Petrus und Jakobus auf dem Treen wohl
kaum wrtlich wieder, sondern formulierte sie selbst. Ihm
lag dazu bereits die griechische bersetzung des Tanach
vor, die Septuaginta, die die galilischen Anhnger Jesu kaum gekannt haben drften. Die Rede des Jakobus zitiert daraus und ist rhetorisch und literarisch in
hellenistischem Stil gestaltet. Dennoch knnen diese Reden sehr wohl die damals vertretenen Positionen zutreffend wiedergeben.
Die beiden Versionen spiegeln eine unterschiedliche
Deutung des gefundenen Kompromisses (ob auf Papier
oder per Handschlag) durch die Beteiligten wider: Fr
Paulus war die grundstzliche Anerkennung der Heidenchristen durch die Jerusalemer zentral, die Einschrnkungen fasste er nur als Rcksicht auf die Schwachen im
Glauben ohne wesentliche theologische Bedeutung auf.
Lukas dagegen hob den Kompromiss hervor, wonach bestimmte Minimalanforderungen fr die Heiden aufrechterhalten wurden, um mit der Fortgeltung der Ritualgesetze fr die Christen die Kontinuitt zum Judentum zu bewahren. Damit war zwar vordergrndig die Tischgemeinschaft wiederhergestellt, das grundstzliche theologische
Problem aber nicht wirklich behoben, weitere Konikte
waren vorprogrammiert.
Die Hypothese, wonach Paulus und Lukas von unterschiedlichen Zusammenknften berichteten, wird nur
von wenigen Exegeten vertreten, die von der historischen Zuverlssigkeit der in beiden Berichten enthaltenen und sich widersprechenden Detailschilderungen ausgehen. Diese Vorstellung setzte sich in der wissenschaftlichen Forschung nicht durch, da es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in den Berichten gibt und weil sie die
Frage, warum Lukas bzw. Paulus nichts von dem jeweils
anderen Treen berichten, nicht zu beantworten vermag.
Folgen
7 Theologische Bedeutung
Das Aposteltreen der Urchristen hatte fr die weitere
Kirchengeschichte in mehrfacher Hinsicht eine bahnbrechende theologische Bedeutung.
5
Ekklesiologisch: Die Gemeinden des Urchristentums verstanden sich sptestens von diesem Zeitpunkt an als eine herausgerufene Gemeinschaft
(ecclesia) aus Juden und Heiden. Das Verbindende war nicht mehr die Zugehrigkeit zum jdischen
Volk oder das Befolgen der jdischen Ritualgesetze
die damals die Funktion von Identittsmerkmalen hatten , sondern der Glaube an Jesus Christus,
die Taufe und die Teilhabe am Heiligen Geist. Das
Christentum war nun faktisch eine eigene Religion
neben dem Judentum, auch wenn der Trennungsprozess zwischen beiden nicht auf diesen einen Punkt
reduziert werden kann.
Kirchengeschichtlich: Auch wenn die heutige Exegese eher von einem Konvent spricht, kann man
diesen als erste Erprobung eines Konzils sehen,
denn eine fr alle bedeutsame innerkirchliche Streitfrage wurde von den Gemeinden im Dialog geklrt
und nicht von einer Zentralinstanz entschieden. Dieses Konzilsprinzip blieb auch nach Ausbildung von
Zentralinstanzen wie dem Papsttum in allen christlichen Kirchen gltig und wird bis heute angewandt.
Thomas Sding: Das Apostelkonzil als Paradebeispiel kirchlicher Koniktlsung. Anspruch, Wirklichkeit und Wirkung. In: Joachim Wiemeyer (Hrsg.):
Dialogprozesse in der Katholischen Kirche: Begrndungen - Voraussetzungen - Formen. Schningh: Paderborn 2013, ISBN 978-3-506-77629-7. S. 2534.
(Online als Textfassung eines am 12. Januar 2012 an
der Ruhr-Universitt Bochum gehaltenen Vortrags
bei der Tagung zum 50-jhrigen Jubilum der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils).
Literatur
Jrgen Becker: Paulus, der Apostel der Vlker. Tbingen: Mohr 1989. ISBN 3-8252-2014-1. (S. 89
99: Die Jerusalemer Vereinbarung ber die gesetzesfreie Heidenmission.)
Hans Conzelmann: Geschichte des Urchristentums
(= Grundrisse zum Neuen Testament, 5). Gttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 6 1989, ISBN 3-52551354-2.
Jrgen Wehnert: Die Reinheit des christlichen Gottesvolkes aus Juden und Heiden. Studien zum historischen und theologischen Hintergrund des sogenannten Aposteldekrets. Forschungen zur Religion
und Literatur des Alten und Neuen Testaments 173.
Gttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1997, ISBN
3-525-53856-1.
Holger Zeigan: Aposteltreen in Jerusalem. Eine
forschungsgeschichtliche Studie zu Galater 2,110
und den mglichen lukanischen Parallelen (= Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte, 18). Leipzig
2005, ISBN 3-374-02315-0.
9 Weblinks
Das Apostelkonzil. Darstellung von Klaus-Michael
Bull im Kapitel Geschichte des Urchristentums der
Elektronischen Bibelkunde auf dem wissenschaftlichen Bibelportal der Deutschen Bibelgesellschaft.
Aktuelle Literatur zu Urchristentum und zum Apostelkonzil.
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10.1
Apostelkonzil Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Apostelkonzil?oldid=142977922 Autoren: Schewek, Aka, Arjeh, Steen, ErikDunsing, Irmgard, Kixx~dewiki, Matt1971, Elevbe, D, Wolfgang1018, Karl-Henner, Dietrich, HaSee, Benowar, Soebe, Hardenacke, Martinvogel, Gerhardvalentin, Michail, ChristophDemmer, Ralf S., Phi, Jesusfreund, Xasx, Chrkl, Diba, Carbidscher, Batrox, Jailbird, Smeyen,
Emes, RedBot, AF666, Jordi, Fnbecker, JuTa, Heidelbaer, Chobot, Nichtbesserwisser, STBR, J-PG, RobotQuistnix, Bota47, Knig Alfons
der Viertelvorzwlfte, YurikBot, Chaddy, Kapuzino, $traight-$hoota, Eskimbot, Revvar, Gundadennis, Vedom, Grani, AHarnack, Young
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Bilder
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Inhaltslizenz