Leitthema
Urologe 2006 · 45:1111–1117
DOI 10.1007/s00120-006-1157-9
Online publiziert: 15. August 2006
© Springer Medizin Verlag 2006
A. Jurczok · A. Hamza · A. Nill · H.-P. Gerbershagen · P. Fornara
Klinik und Poliklinik für Urologie, Medizinische Fakultät, MartinLuther-Universität Halle/Wittenberg, Halle/Saale
Redaktion
Stellenwert der laparoskopischen Nierenchirurgie
in der Urologie
J. Rassweiler, Heilbronn
In der Urologie haben sich minimalinvasive Verfahren im Gegensatz zu
anderen operativen Disziplinen von
Anfang an synchron zu den offenoperativen Techniken entwickelt.
Überraschenderweise war initial das
Interesse der Urologen an der Laparoskopie trotz Vertrautheit mit endoskopischen Operationsverfahren eher
gering. Sieht man von frühen Kasuistiken ab, wird der Beginn der laparoskopischen Chirurgie in der Urologie
mit der ersten pelvinen Lymphadenektomie gleichgesetzt, die
W. Schuessler und T. Vancaillie in
San Antonio (Texas, USA) im Oktober 1989 durchführten. Ein weiterer
Meilenstein war die erste laparoskopische Nephrektomie, die R.V. Clayman 1990 durchführte.
Nach der Einführung und schrittweisen Etablierung laparoskopischer Operationstechniken in der Urologie mit reproduzierbaren Ergebnissen bei benignen Erkrankungen entwickelte sich die
laparoskopische Technik zur Behandlung uroonkologischer Krankheitsbilder
zunächst eher zögerlich. Neben der pelvinen Lymphadenektomie beim Borderlineprostatakarzinom und der retroperitonealen laparoskopischen Lymphadenektomie beim nicht-seminomatösen Hodentumor nahm die Anzahl laparoskopisch durchgeführter Tumornephrektomien sowie die Anzahl radikaler Prosta-
tektomien weltweit, so auch in Deutschland, rasch zu.
Das Indikationsspektrum wurde zunächst für die benignen Indikationen exakt definiert. Zu den Standardindikationen, die mittlerweile das offen operative Vorgehen verdrängt haben, gehört die
Nephrektomie bzw. Nephroureterektomie
einer oder beider funktionsloser Nieren/
Harnleiter, die plastische Korrektur bei
Ureterabgangsenge, Nierenzystenmarsupialisation sowie die Nephropexie bei Ren
mobilis.
Bezüglich des Stellenwertes laparoskopischer Verfahren bei der Diagnose
und Behandlung urologischer Malignome ist die Datenlage mittlerweile ebenfalls gefestigt. Diese zeigt für radikale Tumornephrektomie beim Nierenzellkarzinom mindestens eine Gleichwertigkeit
bezüglich des onkologischen Outcomes
und eine Überlegenheit des klinischen
Outcomes [2]. Für die Nierenteilresektion zeichnet sich bei zunehmender technischer Perfektionierung die gleiche Tendenz ab, wobei hier technikimmanente
Grenzen die Anwendbarkeit immer noch
limitieren [8].
Anästhesie und Lagerung
des Patienten
Die laparoskopischen Operationen in der
Urologie erfolgen grundsätzlich unter allgemeinästhesiologischen Bedingungen
(Intubationsnarkose). Regionalanästhesi-
ologische Methoden haben sich nicht bewährt.
Bei Eingriffen im Bereich der Niere, des Harnleiters und der retroperitonealen Gefäßstrukturen (RLA) wird die
thorakoabdominelle Lagerung, seltener
eine klassische Flankenlagerung verwendet. Eine standardisierte Positionierung
der Trokare erweist sich als vorteilhaft
(. Abb. 1), [26].
Nephrektomie und radikale
Tumornephrektomie
Die Indikationen zur Nephrektomie stellen funktionslose Nieren dar bzw. das Nierenzellkarzinom (. Tab. 1), [2]. Die laparoskopische Tumornephrektomie ist indiziert, wenn es sich entweder um kleinere
bis mittelgroße Tumoren (T1- bis T2Befunde) handelt, welche aufgrund ihTab. 1 Indikationen zur laparoskopischen Nephrektomie
Nierenzellkarzinom (T1–2)
Funktionslose Niere wegen
Chronischer Pyelonephritis
Refluxnephropathie (Nephroureterektomie)
Maligne renale arterielle Hypertonie
Maligne Nephrosklerose
Renale Dysplasie
Nierenarterienembolie
Chronische Hydronephrose
Nierenbeckenabgangsstenose oder Ureterstenose
Nephrolithiasis
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Zusammenfassung · Abstract
Urologe 2006 · 45:1111–1117 DOI 10.1007/s00120-006-1157-9
© Springer Medizin Verlag 2006
A. Jurczok · A. Hamza · A. Nill · H.-P. Gerbershagen · P. Fornara
Stellenwert der laparoskopischen Nierenchirurgie in der Urologie
Zusammenfassung
Seit der ersten laparoskopischen Nephrektomie durch Clayman 1990 wurden beinahe alle ablativen und rekonstruktiven operativen Maßnahmen an der Niere auch laparoskopisch durchgeführt. Für die gutartigen Erkrankungen konnte schon früh die Vorteile
der Laparoskopie im Vergleich zur offenen
Operation nachgewiesen werden. Diese zeigen sich in einem verringerten postoperativen Schmerzmittelkonsum, der kürzeren
Hospitalisationsdauer, der kürzeren Rekonvaleszenz und als gut objektivierbare Parameter
der geringere Anstieg von Interleukinen und
Akute-Phase-Proteinen, als Ausdruck der geringeren Invasivität.
In einer Vielzahl von Publikationen ist in
den letzten Jahren über die Wertigkeit der
Laparoskopie in der Nierenchirurgie bei ma-
lignen Erkrankungen berichtet worden. Für
die laparoskopische radikale Nephrektomie
beim Nierenzellkarzinom und auch aus einigen Zentren für die laparoskopische Nierenteilresektion konnte eine Gleichwertigkeit
zu den offen operativen Verfahren bezüglich
des onkologischen Outcomes nachgewiesen
werden, mit allen Vorteilen der minimal-invasiven Techniken. Neben der ständigen Weiterentwicklung der Technik ist die Verbreitung
der Methode eine der wichtigen gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben.
Schlüsselwörter
Laparoskopische Nierenchirurgie · Nierenzellkarzinom · Nierenteilresektion · Onkologisches Outcome
The value of laparoscopic kidney surgery in urology
Abstract
Since the first laparoscopic nephrectomy in
1990, most ablative and reconstructive urological kidney surgery has been attempted laparoscopically. The advantages of this
method were first demonstrated for benign
diseases, with less postoperative pain, shorter hospitalization, faster convalescence and,
for the objective evaluation of these findings,
with lower serum levels of interleukins and
acute phase proteins, and without disadvantages in therapy efficiency.
Over the last few years, sufficient data
have been published to show the oncological outcome for patients with kidney cancer.
For laparoscopic radical nephrectomy, and re-
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cently also for partial nephrectomy, oncological equality with open procedures could be
demonstrated, with all of the benefits of minimally invasive techniques. The use of laparoscopy was one of the most important steps
in the progress of medicine in the 20th century. Our aims include the further improvement
of this technique and its distribution to surgical centers.
Keywords
Laparoscopic kidney surgery · Renal cell carcinoma · Partial kidney resection · Oncological outcome
rer zentralen Lokalisation nicht einer organerhaltenden Maßnahme zugeführt
werden können, oder wenn es sich um T1Befunde handelt, welche >4 cm (<10 cm
T1b–T2) sind und damit gleichermaßen
nicht organerhaltend chirurgisch versorgt
werden sollten [2]. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Indikation zur organerhaltenden Therapie im Wandel begriffen
ist und Daten vorliegen, die eine onkologische Sicherheit bei der Nierenteilresektion bei Tumoren ≤7 cm möglich erscheinen lassen [29].
Technik (transperitoneal)
Die Etablierung des Pneumoperitoneums
erfolgt mittels einer Veress-Nadel. Der
Eingriff wird in thorakoabdominaler Lagerung durchgeführt. Normalerweise werden vier 12-mm-Arbeitstrokare inklusive
Kameraport benötigt, wobei der 1. Trokar
für die Kamera supraumbilikal in der Medianlinie platziert wird. Zwei Trokare befinden sich auf der zu operierenden Seite,
pararektal in Verlängerung der Medioklavikularlinie unterhalb des Rippenbogens,
sodass ein gleichschenkliges Dreieck mit
dem Bauchnabel entsteht. Ein Trokar befindet sich unmittelbar subxyphoidal zur
Einbringung des Retraktors, der zum Halten der Leber bzw. der Milz bzw. des Colon ascendens oder descendens nach medial genutzt wird.
Zunächst erfolgt die Inzision des Peritoneums laterokolisch auf der zu operierenden Seite mit Inzision der avaskulären Toldt-Linie (. Abb. 2). Bei der Tumornephrektomie wird die Niere inklusive Fettkapsel präpariert, der proximale
Ureter entsprechend mobilisiert und zum
Halten eleviert. Zur Präparation wird ein
Endodissektor und eine an die Elektrokoagulation angeschlossene Endoschere genutzt. Der fächerförmige Retraktor wird
zum Halten der Leber und Milz genutzt.
Die hilären Gefäßstrukturen der Niere werden freipräpariert. Die Nierenarterie wird durch mehrere Clips gesichert
(. Abb. 3), um sie schließlich gegebenenfalls unter Nutzung eines Endogias zu
durchtrennen. Die Nierenvene wird entweder in gleicher Weise oder nur mit dem
Gia abgesetzt (. Abb. 4). Kleinere akzessorische oder aberrierende Gefäße werden mit Clips versorgt und durchtrennt.
Leitthema
Abb. 2 8 Zugang zum Retroperitoneum durch
Inzision der Toldt-Linie
Abb. 1 8 Standardisierte Trokarpositionierung für Eingriffe an der Niere
Abb. 3 8 Unterbindung der Nierenarterie
durch Endoclips
Abb. 4 8 Unterbindung und Absetzten der
Nierenvene durch einen Endogia
Abb. 5 8 Unterbindung des Harnleiters
durch Endoclips und Absetzten
Abb. 6 8 Entfernung des Präparats
mit dem Endobag
Am oberen Pol muss ggf. die Nebenniere
mit der Niere mobilisiert werden.
Nach Durchtrennung des Ureters ( . Abb. 5) erfolgt die Bergung
des Organs in einem Organbergebeutel
(. Abb. 6). Hierbei wird vorzugsweise
der Kameraport verwendet, der zur Organbergung auf 30–50 mm erweitert wird.
Dieser supraumbilikale Längsschnitt verursacht die geringste Traumatisierung,
da hier kein weiteres Muskelgewebe verletzt werden muss. Ein Morcellement ist
bei der Tumornephrektomie kontraindiziert und auch bei der Nephrektomie bei
benignen Erkrankungen nicht notwendig.
Alle Ports werden unter Sicht entfernt. Es
erfolgt der schichtweise Wundverschluss
von extrakorporal. Bei stark entzündlich
veränderten Organen kann ein lokales
Antibiotikum nach Wundspülung in die
Nierenloge eingebracht werden. Gegebenenfalls können auch lokale Hämostyptika in die Nierenloge implantiert werden.
re offen-operative Eingriffe typischen katabolen Stoffwechsellage [12]. Die Vorteile für die laparoskopisch operierten Patienten ergeben sich aus dem geringeren
postoperativen Analgetikaverbrauch bei
reduzierter stationärer Verweildauer und
der kürzeren Rekonvaleszenz [13, 30].
Über die Ergebnisse der transperitonealen und auch retroperitonealen laparoskopischen Tumornephrektomie existiert
heute eine Vielzahl von Daten, welche belegen, dass sie hinsichtlich der Operationszeit (2–6 h), der Komplikationsrate (1–
45%), der perioperativen Morbidität und
der onkologischen Resultate vergleichbare
Ergebnisse erreicht wie die konventionelle
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Outcome
Hinsichtlich der Operationszeit und der
Komplikationsrate werden durch die laparoskopische Nephrektomie in Gegenüberstellung mit der offenen Nephrektomie vergleichbare Ergebnisse erzielt. Im
Vordergrund steht die deutlich geringere Invasivität der Laparoskopie vor dem
Hintergrund des Wegfalls der für größe-
Abb. 7 8 Präparat nach bilateraler Nephrektomie
Tumornephrektomie. Die Konversionsrate liegt zwischen 4–10%.
Die Operation kann transperitoneal
oder retroperitoneal durchgeführt werden und hat hinsichtlich des postoperativen Analgetikaverbrauchs, der stationären Verweildauer, der Rekonvaleszenz
und auch der Kompromittierung des Immunsystems deutliche Vorteile gegenüber
der offenen transperitonealen Tumornephrektomie, was sich u. U. auch positiv
auf das onkologische Outcome auswirkt
[15, 31, 34].
Nierentumorexzision
und -destruktion
Die Nierentumorexzision ist ein technisch anspruchsvoller laparoskopischer
Eingriff, welcher unter der gleichen Indikationsstellung wie die offene Nierentumorexzision (kleiner Tumor <4 cm, T1a,
günstige Lokalisation, imperative Indikation) durchgeführt wird. Alle technischen
Methoden zur Blutstillung (Hiluskontrolle, Hämostyptika, Argonbeamer, Nahttechniken) sowie zur Protektion der Nierenfunktion (intra-, extrarenale Kaltischämie) haben auch in der Laparoskopie Einzug gehalten [9, 20].
Die bisherigen Ergebnisse zeigen anhand einer ausreichenden Datenlage ein
kumulatives tumorfreies Überleben nach
3 Jahren bei fast 100% der operierten Patienten, Operationszeit und Komplikationen sind mit den Ergebnissen der offenen Operationen vergleichbar [1, 3, 5,
16]. Laparoskopische Verfahren zur lokalen Tumordestruktion wie Kryoablation
oder Mikrowellentherapie befinden sich
noch im experimentellen Stadium mit je-
Abb. 8 8 Wundverhältnisse an 3. Tag nach bilateraler Nephrektomie
doch z. T. schon ermutigenden Ergebnissen [6, 17]
Transperitoneale laparoskopische
bilaterale Nephrektomie
Nephroureterektomie
Nach einem von der Deutschen Liga zur
Bekämpfung der Hypertonie validierten
Score wird die Indikation für diesen Eingriff nach Ausschluss verschiedener Faktoren, die für die Entwicklung der arteriellen Hypertonie nach Nierentransplantation verantwortlich sein können (z. B.
toxische Spiegel der immunsuppressiven
Medikamente, eine Nierenarterienstenose), bei medikamentös nicht einstellbarem
Hypertonus gestellt.
In Ausnahmefällen kann eine bilaterale laparoskopische Nephrektomie bei
Patienten durchgeführt werden, bei denen ein maligner Hypertonus bei terminaler Niereninsuffizienz schon vor einer geplanten Nierentransplantation bekannt
ist und dieser ebenfalls therapierefraktär
unter Einnahme der notwendigen Mehrfachkombination an antihypertensiven
Medikamenten ist.
Der Patient wird im Gegensatz zur
einseitigen Nephrektomie oder Nephroureterektomie in Rückenlagerung operiert, sodass nur die entsprechende Rotation des Operationstisches für die Verbesserung des Operationsfeldes genutzt werden kann und lagerungsbedingt ungünstige Winkel im Gegensatz zur unilateralen
Nephrektomie den Eingriff erschweren.
Die Operation wird wie in den vorherigen
Absätzen beschrieben durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen eine hohe Ansprechrate (75%) für das entsprechende
Patientenkollektiv mit einer signifikanten
Senkung des systolischen, diastolischen
und mittleren arteriellen Blutdruckes, respektive in einer Verringerung der einzu-
Indikation für diesen Eingriff ist eine Refluxnephropathie mit einem Funktionsverlust der Niere. Für das Urothelkarzinom des Nierenbeckens bzw. des Harnleiters attestiert die verfügbare Datenlage der Methode eine Vergleichbarkeit mit
der offen-operativen Nephroureterektomie [4] und den bekannten Vorteilen der
minimal-invasiven Operationstechnik.
In einigen Serien werden sogar kürzere Operationszeiten bei deutlichem postoperativen Vorteil für den Patienten angegeben [22, 31]. Auf der anderen Seite
ist das technische Problem des distalen
Harnleiterabsetzungsrandes mit Blasenmanschette und der potentiellen Gefahr
der Tumorzellverschleppung noch in der
Diskussion [32].
Technik
Den ersten Schritt dieser Operation stellt
die Nephrektomie dar (s. oben). Anschließend wird der Ureter bis ins kleine Becken
verfolgt. Die Vasa ureterica wird mit Miniclips versorgt, um sie dann nach Freipräparieren der Waldeyer-Scheide von extravesikal den Ureter mit einem 10-mmClip oder einem Stapler unter Mitnahme
des gesamtem intramuralen Anteils zu
durchtrennen (oder durch erweiterte Exzision mit einer Blasenmanschette unter
zystoskopischer Kontrolle), [23].
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Leitthema
nehmenden Antihypertensiva [14]. Das
Präparat nach bilateraler Nephrektomie
sowie die Wundverhältnisse am 3. postoperativen Tag nach bilateraler Nephrektomie sind in . Abb. 7 und 8 dargestellt.
Nierenzystenmarsupialisation
Die laparoskopische Resektion und Entfernung von größeren symptomatischen
Nierenzysten (Flankenschmerz, Harnabflussstörung, arterielle Hypertonie) kann
heute als Alternative zur offen-operativen
Versorgung und zur perkutanen Nierenzystenpunktion und -verödung beschrieben werden. Die Vorteile des Eingriffs liegen erstens in der minimalen Invasivität, sowie in der Möglichkeit, einen zytologischen Befund zu erheben und hauptsächlich in der Möglichkeit, die Nierenzystenwand zu resezieren. Grundsätzlich
sollte die Indikation wenigen gesicherten
Fällen vorbehalten bleiben [10, 27].
Pyeloplastik
Die laparoskopische Pyeloplastik hat sich
als Alternative zur offenen Operation
etabliert. Eine gute endoskopische Nahtund Knotentechnik ist erforderlich. Die
meisten Daten existieren zur laparoskopischen Anderson-Hynes-Plastik, welche transperitoneal und zunehmend retroperitoneal realisiert wird [11]. Hier zeigen sich Erfolgsraten bis >90%, vergleichbar zum offenen Vorgehen mit allen Vorteilen der minimal-invasiven Operationstechnik [28]. Bei geringer Dilatation des
Nierenbeckens wird teilweisen die laparoskopische Fenger-Plastik favorisiert, die
ohne Durchtrennung des pyeloureteralen
Übergangs (Non-dismembered-Technik)
gute Langzeitergebnisse aufweist, wobei die Erfolgsraten überwiegend für die
„Dimembered-Technik“ sprechen [7, 21].
Nephropexie
Die laparoskopische Nephropexie ist bei
einer symptomatischen Nephroptose die
Therapieoption der Wahl. Eine strenge und restriktive Indikationsstellung ist
zu fordern, wobei das gleichzeitige Vorkommen einer über einen Zeitraum von
mindestens 3 Monaten objektivierbaren
Schmerzsymptomatik, eines urogra-
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phischen Korrelats und insbesondere einer in Orthostase nachweisbaren Perfusionsstörung der Niere zur Diagnosestellung obligat sind. Hierzu ist die Durchführung einer szintigraphischen Perfusionsstudie im Sitzen und im Liegen unter kontrollierten und standardisierten
Bedingungen erforderlich. Durch den
minimal-invasiven Zugang und durch
die geringe Traumatisierung des Gewebes kommt es zu keiner Ausbildung eines
postoperativen Beschwerdebildes, wie dies teilweise nach dem offen operativen
Vorgehen der Fall war [24].
Adrenalektomie
Die laparoskopische Adrenalektomie bei
benignen adrenalen symptomatischen Tumoren kann heute als Standard alternativ
zur offenen Entfernung adrenaler Raumforderungen bis 10 cm angesehen werden. Als Indikationen für eine laparoskopische Adrenalektomie sind aldosteronsezernierende Adenome, unilaterale kortikale Dysplasien (Conn-Syndrome), adrenale Cushing-Syndrome, Nebennierenhyperplasien und -zysten, Phäochromozytome und Inzidentalome (>4 cm) definiert [18].
Der Eingriff wird transperitoneal
durchgeführt, kann aber auch retroperitoneal realisiert werden [25]. Das Vorliegen eines primären Nebennierenrindenkarzinoms ist eine allgemein anerkannte
Kontraindikation für den Einsatz der Laparoskopie bei der Behandlung maligner
adrenaler Raumforderungen und ist nur
in Ausnahmefällen und bei kleinen und
organbegrenzten Befunden indiziert [33].
Handelt es sich um eine adrenale Metastase, so kann eine sog. sekundäre laparoskopische Adrenalektomie unter der Voraussetzung durchgeführt werden, dass es sich
um einen symptomatischen und solitären
Befund handelt, bei dem die Dignität des
Primärbefunds vorliegt [19].
Fazit für die Praxis
Der Stellenwert der laparoskopischen
Nierenchirurgie definiert sich aus der
therapeutischen Gleichwertigkeit bzw.
Überlegenheit im Vergleich zu offenoperativen Verfahren und aus technikspezifischen Vorteilen aufgrund der minima-
len Invasivität. Für alle benignen Indikationen findet hier ein Paradigmenwechsel hin zur Laparoskopie statt. Gleiches
gilt für die laparoskopische Tumornephrektomie. Bei der Nierenteilresektion
wird es auf absehbare Zeit noch ein nebeneinander von offener und laparoskopischer Technik geben, da die schnelle
und weite Verbreitung dieser doch sehr
anspruchvollen laparoskopischen Methode naturgemäß längere Zeit in Anspruch nimmt.
Die Wertigkeit der laparoskopischen Therapie des Urothelkarzinoms des oberen
Harntrakts wird zzt. noch unterschiedlich beurteilt, wobei die Datenlage die
Machbarkeit attestiert. Auch hier wird jedoch in absehbarer Zeit die Laparoskopie das offen operative Vorgehen nicht
verdrängen. Neben der ständigen Weiterentwicklung der Operationstechnik
ist die Verbreitung der Methode eine der
wichtigsten gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben der laparoskopisch aktiven Zentren.
Korrespondierender Autor
Dr. A. Jurczok
Klinik und Poliklinik für Urologie,
Medizinische Fakultät,
Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg,
Ernst-Grube-Straße 40, 06112 Halle/Saale
[email protected]
Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in
dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation
des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.
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Rebscher, Herbert (Hrsg.)
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Der Urologe 9 · 2006
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