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Roland, Martin: Der Waldrapp. Historische Quellen - Version 1.1 (2022)

2022, Roland, Martin: Der Waldrapp. Historische Quellen Version 1.1 (2022)

Die Quellensammlung zum Waldrapp (Geronticus eremita - Northern Bald Ibis) versammelt Knochenfunde (ab dem Miozän), Bildquellen aus dem Mittleren Osten, dem Alten Ägypten, der Antike, dem Mittelalter und bis ins 17. Jahrhundert und Textquellen, die bis in die Antike zurückreichen und einen eindeutigen Höhepunkt im 16. Jahrhundert (Conrad Gesner [Gessner]) haben.

Der Waldrapp Historische Quellen zusammengestellt von Martin ROLAND Ornithologisches Tafelwerk (siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560) Version 1/1: 2022 Februar 14 2 Vorwort Heute ist die Identifizierung von Conrad Gesners „Waldrapp, Corvus sylvaticus“ mit dem Schopfibis, Geronticus (Comatibis) eremita L., durch W(alter) Rothschild, E(rnst) Hartert, O(tto) Kleinschmidt, Comatibis eremita (Linn.), A European Bird, in: Novitates Zoologicae 4 (1897), S. 371–377, bes. S. 375, weitgehend unbestrittenen. Dies war nicht immer so. Die hier vorliegende Quellensammlung hat daher das Ziel, die bisher bekannten historischen Quellen zusammenzustellen, die den Waldrapp behandeln, diese gegebenenfalls zu ergänzen und den Quellenkorpus auf historisch-hilfswissenschaftlich fundierter Basis kritisch zu bewerten. Dabei kann man den Streit zwischen André Schenker und Armin Landmann nicht ausblenden (siehe “D: Mehrfach zitierte Literatur“), bei dem es ganz zentral auch darum ging, ob und wie historische Quellen zu bewerten sind und ob ihnen Beweiskraft, dass der Waldrapp in Europa heimisch war, zugebilligt werden kann. Wenn eine Quelle in der Sammlung vorkommt, bedeutet das keineswegs, dass sie die Existenz von Waldrappen belegt. Bewusst wurden auch Quellen aufgenommen, die von anderen Autor*InnEn mit dem Waldrapp in Verbindung gebracht wurden, auch wenn der Autor selbst überzeugt ist, dass ihnen keine bzw. nur geringe Beweiskraft zukommen. Die Abwägung der Argumente findet sich im jeweiligen Kommentar. Als in Fragen der Ornithologie Außenstehender kann ich von meinen Fächern – der Kunstgeschichte bzw. den historischen Hilfswissenschaften – behaupten, dass die Fülle der Belege und deren Vielfältigkeit, selbst wenn jeder einzelne mit Problemen behaftet sein mag, ein Beiseiteschieben, wie Landmann, Belege, 2017, passim, bes. S. 2–4, es vorführt, nicht gerechtfertigt. Einem Nicht-Ornithologen steht es aber keineswegs zu, aus den hier vorgeführten historischen Fakten, Schlüsse zu ziehen, die die Gegenwart betreffen. Auch die Frage, warum der Waldrapp aus Europa verschwand, kann nicht beantwortet werden. Die Quellen belegen bloß, dass er verschwand. Dass dieses Verschwinden ein recht differenziertes und sich über einen längeren Zeitraum hinziehendes Phänomen war, wird auch deutlich. Es ist an den beiden quellenmäßig gut belegten Brutkolonien in Stadtgebieten (Graz und Salzburg) gut nachzuvollziehen. Dieses Verschwinden bedingt jedoch keineswegs, dass nicht einzelne Tiere weiterhin in Europa, und sogar an ungewöhnlichen (weil erstaunlich weit nördlich gelegenen Orten wie Thüringen), gesichtet bzw. sogar erlegt wurden (siehe bei 1603–1662 (wohl um 1632/33)). Die Sammlung ist auch deshalb eine Online-Ressource, weil damit eine Erweiterung/Korrektur jederzeit möglich ist. Der Titel beinhaltet daher auch einen Zeitpunkt, an dem die Versionerstellt 3 wurde und eine Versionsnummer. Bei Zitaten wird es sinnvoll sein, diese Versionierung anzugeben. Der Autor ist sich bewusst, dass die Zusammenstellung sowohl unvollständig als auch fehlerhaft ist. Sollten Sie Ergänzungs- und Korrekturvorschläge haben, wenden Sie sich bitte an [email protected]. Gerade weil mein Blick ganz bewusst einer ist, der von außen auf ein ornithologisches Phänomen blickt, war ich auf Fachberatung dringend angewiesen. Dafür danke ich Bernhard Gönner, dessen sehr kritischer Blick jedenfalls jede emotionale Freundschaftszuschreibung verunmöglichte. Die Version 1.1 unterscheidet sich von der Vorgängerversion durch ein ornithologisches PeerReviewing, das Swen Renner vom Naturhistorischen Museum in Wien vermittelt hat. Josef Feldner hat ein Bündel an Verbesserungen initiiert und Hinweise auf bisher vernachlässigte Quellen gegeben. Die griechischen Begriffe wurden von Edit Anna Lucács dankenswerter Weise geprüft. Bei den weiteren Erweitungen ist bei den Bildquellen auf die Siegelstempel aus dem Zweistromland zu verweisen (siehe bei ca. 6000 vor Christus, nach). Mit einem Portrait eines einzelnen Waldrapps konnte eine zentrale Quelle der Sammlung hinzugefügt werden (nach 1555 und vor ca. 1560), die zeitgleich mit Conrad Gesners berühmter Publikation entstand und die bisher in der deutschsprachigen Forschung nicht beachtet wurde. Dieser Waldrapp, der seinen Weg nach New York gefunden hat, ziert nun das Titelblatt der Sammlung. Bei den Textquellen konnten neue Belege, unter anderem zur Waldrapp-Kolonie in Graz hinzugefügt werden. Weiters wurden die lexikalischen Belege neu bearbeitet: 1517 ist der Begriff „Steinrapp“ erstmals in einem Wörterbuch erwähnt, der heute viel geläufigere Begriff „Waldrapp“ für den Geronticus eremita tritt hingegen – wenn ich recht sehe – erst 1556 in einem Wörterbuch erstmals auf. 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................................................... 2 Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................... 4 A: Ordnung der Quellen .......................................................................................................... 9 B: Ornithologische Angaben zum Waldrapp .......................................................................... 11 C-1 – bis zum Ende der Antike ............................................................................................. 13 14,000.000–12,000.000 vor Christus (Mittleres Miozän): Funde aus Sansan .................... 14 ca. 2,500.000 vor Christus (ausgehendes Pliozän/Pleistozän): Funde aus Ahl al Oughlam bei Casablanca ............................................................................................................. 15 ca. 2,500.000–2,000.000 vor Christus (ausgehendes Pliozän/Pleistozän): Fundkomplex Almenara 1 ................................................................................................................... 16 ca. 1,850.000 vor Christus (spätes Pliozän): Funde aus Sliwniza ...................................... 17 1,600.000–1,300.000 vor Christus (Ende des frühen Pleistozän): Funde aus der Cave Pirro ..................................................................................................................................... 18 1,300.000–1,000.000 vor Christus (Pleistozän): Funde aus der Sierra de Quibas in Abanilla ..................................................................................................................................... 19 um 500.000 vor Christus (mittleres Pleistozän): Funde aus einer Höhle in Spinagallo ....... 20 70.000–30.000 vor Christus bzw. 12.000–8000 vor Christus: Funde aus Haua Fteah ....... 21 ca. 55.000 vor Christus (Marine isotope stage 3): Funde aus Gorham‘s Cave (Gibraltar).. 22 10.000–9000 vor Christus (frühes Präkeramisches Neolithikum A [PPNA]): Göbekli Tepe, Flachreliefs ................................................................................................................... 23 10.000–5000 vor Christus (Neolithikum): Benalup, El Tajo de las Figuras, Höhlenmalereien ..................................................................................................................................... 25 9600–7000/6500 vor Christus (frühe Mittelsteinzeit) oder später: Funde bei der Ruine Balm bei Günsberg ................................................................................................................ 27 ca. 6000 vor Christus, nach: Stempelsiegel aus dem nördlichen Zweistromland ............... 29 ca. 4000–3400 vor Christus: Funde aus Maadi ................................................................. 31 5 ca. 4000 bis 3022 vor Christus (0. Dynastie): Vermeidliche Felsinschriften beim heutigen Dorf El-Khawy ............................................................................................................... 32 ca. 3500 vor Christus (Naqada I–IIA): Ritzzeichnung auf einer Tonscherbe aus Hierakonpolis ................................................................................................................ 34 ca. 3300 vor Christus (Naqada IIIA1): "Hieroglyphentäfelchen" aus dem Grab U-j in Abydos ..................................................................................................................................... 36 3100–400 vor Christus: Akh-Hieroglyphe .......................................................................... 38 3100–2700 vor Christus: Stele aus Abydos ....................................................................... 40 nicht nach ca. 2740 vor Christus: Türpfosten von König Chasechemui ............................. 42 ca. 2686–2181 vor Christus: Objekte aus dem Horus-Tempel in Hierakonpolis ................. 44 ca. 2613–2181 vor Christus: Relieffragment mit Vogellauf ................................................ 46 2504–2347 vor Christus (5. Dynastie): Mastaba des Hetepherakhti aus Saqqara ............. 47 um 2430 vor Christus (Mitte 5. Dynastie): Diadem aus Giza .............................................. 49 1991–1802 vor Christus (12. Dynastie): Mastaba des Hesu-wer in Kom el Hisn ............... 51 1295–1069 vor Christus (19./20. Dynastie): Stele aus Medinet Habu ................................ 52 924–890 vor Christus (22. Dynastie): Mumienbrett des Penmaat ...................................... 53 764–406 vor Christus: Funde aus der Grotte Bodine ......................................................... 54 570–526 vor Christus (26. Dynastie, Pharao Amasis II.): Naos aus Sa el-Hagar ............... 55 432–370 vor Christus: Silbermünze aus Stymphalus......................................................... 56 nach 237 vor Christus: Horustempel in Edfu, Hieroglypheninschrift ................................... 57 145–135 vor Christus: Itálica, Haus des Neptun, Mosaikfußboden .................................... 58 um 60/70: Plinius der Ältere, Historia naturalis .................................................................. 62 um 350/400: Funde vom Kaiserstuhl in Sponeck ............................................................... 64 C-2 – Mittelalter (bis ca. 1500) .............................................................................................. 66 um 800/825: Liber viventium aus Kloster Pfäfers ............................................................... 68 um 1135: Kapitell aus Aulnay ............................................................................................ 70 3. Viertel 12. Jahrhundert: Kapitell aus der Wartburg ........................................................ 71 1191 (Überlieferung 1587): Chronikaler Bericht zum Turm von Breisach .......................... 73 um 1238 (Überlieferung nicht vor 1538): Entdeckung der Therme Pfäfers ........................ 74 um 1400 (nicht nach 1415): Funde aus der Alt-Wartburg bei Olten ................................... 76 6 1441: Kloster Baumburg, Ausgabenbuch .......................................................................... 77 um 1455: Stadtbuch von Waidhofen an der Thaya ............................................................ 78 1460, nicht nach: Pier Candido Decembrio, De omnium animantium naturis atque formis 80 1471: Kloster Baumburg, Ausgabenbuch .......................................................................... 83 4. Viertel 15. Jahrhundert: Tafel des Rottenbucher Altars.................................................. 84 4. Viertel 15. Jahrhundert: Tafel mit Katharina und Barbara .............................................. 88 1481 März (Überlieferung 1580): Chronikaler Bericht aus Überlingen ............................... 91 1490: Fresken in der Dreifaltigkeitskirche bei Hrastovlje.................................................... 93 C-3 – ab 1500 bis ins 17. Jahrhundert .................................................................................. 95 1504 März 16: Gedenkbuch Kaiser Maximilians I. ............................................................. 96 1504 Juni 3: Verordnung des Salzburger Erzbischofs ....................................................... 99 Anfang 16. Jahrhundert: Rechnungsbuch des Salzburger Erzbischofs.............................101 vor 1508: Grabstein von Abt Lorenz Gaul von Murrhardt ..................................................102 1517: Ex probatissimis authoribus variarum rerum vocabula ............................................103 1521 (1516/1524): Johann Pinicianus, Promptuarium vocabulorum .................................104 1524: Abteirechnungen des Stiftes St. Peter in Salzburg .................................................106 1528 Jänner 1: Gedenkbuch der Hofkammer ...................................................................108 1528 Februar 10: Instruktion für Thoman Uebler ..............................................................110 1531: Verordnung des Salzburger Erzbischöfe ................................................................111 1531 Oktober 12: Wappenbrief für die Brüder Staininger .................................................113 1532: Abteirechnungen des Stiftes St. Peter in Salzburg .................................................118 1535 Juli 15: Rat- und Richtebücher der Stadt Zürich ......................................................119 1536 Oktober 8: Adels- und Wappenbrief für Johann Weißenfelder .................................120 1538 Mai 27: Hans Heglinger, Mautinstruktion von Burghausen.......................................122 nicht nach 1544: Valerius Cordus, Sylva observationum variarum ...................................124 1544: Abteirechnungen des Stiftes St. Peter in Salzburg .................................................125 1544: William Turner, Avium praecipuarum historia..........................................................126 1545 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31): Adels- und Wappenbrief für Brüder Höckenstaller ........128 1548: Johannes Stumpf, Gemeiner Loblicher Eydgnoschafft ...........................................130 1550: Sebastian Münster, Cosmographei .........................................................................132 7 1550: Fekete tar varjú ......................................................................................................133 1553 Jänner 1: Instruktion an den Fischmeister Leonhard Peysser ..................................134 1554 Juli 9: Ansuchen um Verleihung eines Wappens an Andreas Gigler ........................135 1555/1557: Conrad Gesner, Liber avium / Vogelbůch ......................................................138 1555: Conrad Gesner, Icones avium ................................................................................144 1555 November 28: Instruktion an Eramus Ellender, Fischmeister in der Steiermark .......145 1556: Johannes Frisius, Nomenclator latinogermanicus novus ........................................146 1557: Conrad Gesner, Vogelbůch ....................................................................................147 1558 März 11: Verordnung des Salzburger Erzbischofs ...................................................148 nach 1555 und vor ca. 1560: Ornithologisches Tafelwerk.................................................150 um 1560: Jacques Dalechamps, Des oyseaux .................................................................156 1560 April 24: Wappensiegel des Andreas Gigler ............................................................158 1561 (recte wohl nicht nach 1544): Valerius Cordus, Annotationes ..................................160 1561: Jagdrechte in der Herrschaft in St. Jakob am Thurn ...............................................162 1561: Peter Mèlius, Predigten ..........................................................................................163 1561: Gábor Pesti, Nomenclatura sex linguarum..............................................................165 1562: Manfred Barbarini Lupus, Vierstimmige Gesänge ...................................................167 1564 (Abschrift 1612 redigiert): Tagebuch des Felix Platter .............................................169 wohl nach 1564 (3. Drittel 16. Jahrhundert): Gebetbuch (der Philippine Welser?) ............171 1567 August 22: Instruktion an Hans Piber, Fischmeister in Untersteier ...........................175 1571 Juni 15: Brief des Sebald Hochenkyrcher ................................................................177 1573: Robert Constantin, Supplementum linguae latinae .................................................179 1573: Ulrich Campell, Rhaetiae alpestris topographica descriptio ....................................180 ca. 1575/80: Joris Hoefnagel, Animalia volatilia et Amphibia ............................................182 1577–1612: Naturstudien aus dem Museum Kaiser Rudolfs II. ........................................184 1578 März 28: Verordnung des Salzburger Erzbischofs ...................................................185 1579: Theophilus Golius, Onomasticon latino-germanicum ..............................................187 1580–1620: Freskenreste im Refektorium des Klosters Murrhardt ...................................188 1581: Marx Rumpolt, Ein new Kochbuch ..........................................................................189 1581/1590: Missale für Kardinal Andreas, Sohn von Erzherzog Ferdinands.....................190 8 1584 April 10: Verordnung des Salzburger Erzbischofs ....................................................192 1586: Johannes Stumpf, Gemeiner Loblicher Eydgnoschafft ...........................................194 1586: Martin Ruland, Dictionariolum et nomenclatur ........................................................195 1590: Fabricius Balázs, Nomenclatura seu dictionarium...................................................196 1590/1600: Randillustrationen zu: Pier Candido Decembrio, De omnium animantium naturis atque formis .................................................................................................................197 1591: Simon Ostermann, Vocabularium analyticum .........................................................199 1592: Helfrich Emmel, Sylva quinquelinguis vocabulorum ................................................201 1592: Gergely Diosi, Cisio ................................................................................................202 1593: Ladislaus Welenus von Zierotin, Itinerarium ...........................................................203 1594: Nicodemus Frischlin, Nomenclator trilinguis ...........................................................205 1598: Johann Decsi, Adagiorum graeco latino ungaricorum Chiliades quinque ................206 1598: Adamus Danielus, Nomenclator quadrilinguis.........................................................208 1600: Christoph Wirsung, Ein newes Artzney Buch oder Lonicers Kräuterbuch (?) ..........209 1601 Dezember 30: Adels- und Wappenbrief für Hans Staininger ....................................210 1603: Ulysus Aldrovandi, De Avibus Historiae Libri XII .....................................................212 1606, nicht nach: Marcus zum Lamm, Thesaurus picturarum ...........................................214 1606: Johann Rudolf Rebmann, Ein neuw, lustig, ernsthafft, poetisch Gastmal ...............215 1606: Stumpf, Schweytzer Chronick .................................................................................216 1608 Oktober 1: Findbuch der Pfleggerichtsakten Golling ................................................217 1603–1662 (wohl um 1632/33): Gothaer Vogelbuch.........................................................219 1600–1700: Aquarelle von Säugetieren, Vögeln, Insekten und Pflanzen samt deutschen Legenden ....................................................................................................................221 1616: Johann Guler von Weineck, Raetia ........................................................................223 nach 1624: Kleine Salzburgische Chronik ........................................................................224 D: Mehrfach zitierte Literatur ................................................................................................226 9 A: Ordnung der Quellen Die Quellen sind chronologisch angeordnet und reichen von Knochenfunden aus dem Miozän, die also über 10 Millionen Jahre alt sind, bis zu Bild- und Textquellen, die der Mensch geschaffen hat. Der Fokus liegt auf Quellen vom Mittelalter bis zum Jahr 1600. Frühere Quellen sind zwar aufgenommen, der Autor kann aber keine eigene wissenschaftliche Kompetenz bei deren Beurteilung beanspruchen. Belege des 17. Jahrhunderts wurden nur dann aufgenommen, wenn ein Kontakt mit realen Waldrappen angenommen werden kann. Das – oft auch verfälschende oder verunklärende – Weitertragen von Buchwissen wurde bewusst ausgeklammert. Die Quellen gliedern sich zudem nach ihrer Beschaffenheit: Bei den ältesten Belegen handelt es sich um Knochenfunde. Diese können dem Waldrapp zumeist sicher zugeschrieben werden. Die Probleme dieser Quellengattung liegen in der mitunter unsicheren Funddokumentation. Bildquellen sind bei den alt-ägyptischen Beispielen der Frühzeit und ab dem späten 15. Jahrhundert in vielen Fällen ausreichend klar. Nicht wenige Darstellungen sind jedoch ungenau und erlauben keine eindeutige Zuordnung. Bildquellen bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts haben jedoch den Vorteil, keine Absicht in Bezug auf die Darstellung eines spezifischen Vogels zu verfolgen. Sie sind also unbefangen und können daher auch bei ungenügend präzisen Angaben wertvolle Hinweise geben. Quellen, die Bild- und Text kombinieren, sind naturgemäß besonders wertvoll. Die erste Quelle, die in diese Richtung weist, ist die Akh-Hieroglyphe (siehe bei 3100–400 vor Christus). Ein Bedeutungsgehalt und ein Abbild eines Vogels sind kombiniert. Freilich, der Fokus liegt auf Quellen des 16. Jahrhunderts. Bisher blieben in der dem Waldrapp gewidmeten Forschung Wappenbriefe vollkommen unberücksichtigt, bei denen das verliehene Wappen sowohl blasoniert als auch in einer Wappenminiatur dargestellt wird (das erste Beispiel von 1531 Oktober 12). Die 1548 von Johannes Stumpf verfasste Landesbeschreibung der Schweiz ist mit Holzschnitten illustriert. Auf fol. 292r des zweiten Bandes wird der Waldrapp beschrieben und ein Holzschnitt illustriert den Text. Das Abbild ist freilich, verglichen zur Illustration bei Gesner (siehe unten) dem Naturvorbild nur wenig ähnlich. Die zentrale Quelle ist, trotz durchaus berechtigter Kritik, zweifellos Conrad Gesner (siehe bei 1555/1557). Er verfolgt ab 1555 das Ziel, alle Vögel sowohl ins Bild zu setzen als auch alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu kompilieren. Wenn er nicht über ausreichend Material verfügt, verzichtet er trotzdem weder auf die Text- noch auf die Bildbotschaft. In seinem 10 Fall und bei anderen Bildquellen, die ausdrücklich einen Waldrapp darstellen wollen, ist eine sehr sorgfältige Quellenkritik angebracht. Bei Textquellen, die aus ornithologischem Interesse verfasst wurden, ist das oben Gesagte zu berücksichtigen. Viele andere Textquellen fokussieren gar nicht auf den Waldrapp, sondern erzählen aus einer ganz anderen Perspektive. Wenn etwa besondere Ereignisse, die sich an einen Ort zugetragen haben, berichtet werden, und in diesem Zusammenhang von Waldrappen die Rede ist, kommt der Quelle hohe Glaubwürdigkeit zu, wie der Bericht des Conrad Zetler über einen späten Wintereinbruch in Überlingen im März 1481 erstmals belegt (siehe bei 1481 März (Überlieferung 1580). Dasselbe gilt für Abrechnungen (erstmals wohl 1441, sicher 1471), deren Fokus auf den Zahlen und nicht darauf liegt, ob ein bestimmter Vogel vorkommt oder eben nicht. Textquellen haben freilich mit lexikalischen Problemen zu kämpfen, denn – da Bilder fehlen – muss erst erwiesen werden, ob tatsächlich der uns interessierende Vogel gemeint ist. Die Quellen sind in unterschiedlichen Sprachen abgefasst und verwenden ein breites Spektrum an Begriffen: Steinrabe ([1441] / 1471 Kloster Baumburg, 1517 Augsburg, …); Waldrapp (1481 März (Überlieferung 1580) Überlingen, 1535 Juli 15 Zürich, 1544 Turner, …), Klausrabe (1504 März 16 Graz und Salzburg, …), Porphyr (1517 Augsburg). Bei Gesner (ab 1555) werden die drei deutschen Bezeichnungen (Waldrapp, Steinrapp, Klausrapp) zusammengeführt und neu Corneille de mer (Cornix marinus / Meerkrähe) als in Lothringen (also Frankreich) übliche Bezeichnung genannt, während er am Lago maggiore Meerrabe (Corvus marinus) genannt werde. Für Italien wird auch noch die Bezeichnungen Corvo spilato (Corvo depilis / Kahlrabe) genannt. Die entspricht dem auch im ungarischen bezeugten (fekete) tarvarjú (schwarzer Kahl- oder Bunt-Rabe – siehe bei 1561). Dass sich hier viele Zuordnungsprobleme auftun, ist Gesner durchaus bewusst, eine definitive Lösung kann er jedoch nicht anbieten. 11 B: Ornithologische Angaben zum Waldrapp Die folgenden Angaben folgen primär Pegoraro, Waldrapp, 1996, S. 11–14, und Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 12–18. Geronticus eremita Der Waldrapp gehört zur Ordnung der Schreitvögel (Ciconiiformes) und innerhalb dieser zur Unterordnung der Störche (Ciconiae). Innerhalb der Störche gehört der hier behandelte Vogel der Familie der Ibisse und Löffler (Threskiornithidae) an, innerhalb dieser nicht den Löfflern sondern den Ibissen. Innerhalb der Gattung Geronticus gibt es zwei Arten, den Waldrapp und den Glattnackenrapp (Geronticus calvus), der in Südafrika beheimatet ist. Er konnte daher in der für die Quellensammlung relevanten Epoche keine Rolle spielen. Sie sind jedoch sowohl genetisch nahe verwandt als auch durch die Tatsache verbunden, dass sie Felsen und Klippen bewohnen. Die historischen Waldrappe Mitteleuropas waren Zugvögel. Dies verbindet sie mit der heutigen „Ostpopulation“ und unterscheidet sie von den Tieren, die in Marokko überlebt haben. Zentrum der Ostpopulation war Birecik / Bêrecûk (Bêrecûg), im Osten des heutigen türkischen Staatsgebiets. Auf Türkisch heißt der Waldrapp Kelaynak, auf Kurdisch Kêlhenek (Keçelaynak). Erwachsene Vögel sind ca. 75 cm groß. Das Gefieder ist schwarz mit metallisch grünem und purpurfarbenem Glanz. Der Kopf und die Kehle sind unbefiedert. Die Nackenfedern (Schopf) sind lanzettförmig und stark verlängert. Die Augen haben eine orangerote, zur Pupille hin heller werdende Iris. Der Augenliederrand leuchtet kirschrot. Der Schnabel ist lang, sanft nach unten gebogen und hat korallenrote Farbe. Die Beine sind für Schreitvögel relativ kurz und schmutzig 12 rot. Es gibt keine spezifischen Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Tieren, die männlichen sind etwas größer. Bei jugendlichen Vögel sind Kopf und Kehle noch stark befiedert. Diese Federn sind zuerst bräunlich-cremeweiß gestreift, später einfarbig dunkel grün-grau. Die Nackenfedern sind noch nicht stark ausgeprägt. Die Gestalt gleicht sich den Erwachsenen im zweiten bis dritten Lebensjahr an. Im Flug strecken die Waldrappe den Hals nach vorne. Die Füße ragen, anders als beim Sichler, nicht über das Schwanzende hinaus. Sowohl Einzel- als auch Formationsflug (V-Form) können beobachtet werden (Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 23f.). Nestbau, Brutplätze Die Nester werden aus Gras, Reisern und Stroh in Höhlungen und Nischen unzugänglicher Felswände der Gebirge und Steilküsten gebaut (Pfannhauser, Tierknochenfunde, 1986, S. 89f.). Nahrungssuche und Nahrung Waldrappe suchen ihre Nahrung in Steppen, Stränden, Wiesen und Sümpfen. Sie besteht aus Würmern, Insekten, Lurchen und kleinen Reptilien (Pfannhauser, Tierknochenfunde, 1986, S. 90). 13 C-1 – bis zum Ende der Antike Am weitesten zurückverfolgen lassen sich Knochenfunde, eine Quellengattung, die in letzter Zeit verstärkt in den Fokus rückte. Die ältesten Bildzeugnisse, in der Zeit nach 10.000 vor Christus entstanden, sind umstritten. Ein bemerkenswerter Schwerpunkt bildet die alt-ägyptische Kultur. Der älteste Beleg, bei dem die Darstellung mit großer Wahrscheinlichkeit als Waldrapp zu deuten ist, ist eine akzidentelle Ritzzeichnung auf einem Tonscherben (siehe bei ca. 3500 vor Christus (Naqada I–IIA)). Erst später wird der Vogel metaphysisch ‚aufgeladen‘ und diente als Vorbild für die Hieroglyphe für „Akh“ (siehe bei 3100–400 vor Christus). In Bezug auf Textquellen ist auf zwei Stellen aus Plinius’ Historia naturalis zu verweisen, deren Beurteilung freilich sehr umstritten ist (siehe bei um 60/70). Schon im 15. Jahrhundert wurde auch auf die Historia animalium des Aristoteles verwiesen. Der griechische Philosoph unterscheidet weiße Ibisse und schwarze, die in Pelusium, einem Ort im Nildelta, leben würden (siehe bei 1460, nicht nach und 1591). Aus heutiger Sicht sind diese Gleichsetzungen freilich kaum als stichhaltig zu bezeichnen. Anders als bei mittelalterlichen Quellen kann bei den Knochenfunden und den Quellen aus Ägypten nur eine Auswahl geboten werden. 14 14,000.000–12,000.000 vor Christus (Mittleres Miozän): Funde aus Sansan Knochenfund Funde aus Sansan (Département Gers, Südwestfrankreich) Der bisher als ältester Knochenfund eines Vogels der Gattung Geronticus stammt aus Südwestfrankreich und wird als Geronticus perplexus geführt. Alphonse Milne-Edwards, Recherches anatomiques et paléontologiques pour servir à l’histoiredes oiseaux fossiles de la France, Bd. 2, S. 108f., und Tafelband 1, pl. 96, 1–3; Jacques Cheneval, L'avifaune de Sansan, in: Léonard Ginsburg (Hg.), La faune miocène de Sansan (Gers) et son environment = Mémoires du Muséum National d'Histoire Naturelle (Paris) 183 (2000), S. 321–388; Jiři Mlíkovský, Cenozoic Birds of the World (Part 1: Europe), Prag 2002, S. 93f. Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 15 ca. 2,500.000 vor Christus (ausgehendes Pliozän/Pleistozän): Funde aus Ahl al Oughlam bei Casablanca Knochenfund Rabat (Marokko), Institut National des Sciences de l’Archéologie et du Patrimoine: Funde aus Ahl al Oughlam bei Casablanca (Marokko) Die Knochenfunde aus dem aufgelassenen Sandsteinbruch am südöstlichen Stadtrand von Casablanca können der Gattung Geronticus zugeordnet werden. Auf Grund der bis heute existierenden Population in Marokko sind Beziehungen zum Waldrapp wahrscheinlich. Der als Geronticus olsoni n. sp. neu bezeichnete fossile Fund stimmt zwar mit den heute lebenden Verwandten weitgehend überein ist jedoch um mehr als 10% größer. Die Datierung beruht auf biochronologischen Argumenten (Mourer-Chauviré, Geraads, S. 157f.). Cécile Mourer-Chauviré, Denis Geraads, The Upper Pliocene Avifauna of Ahl al Oughlam, Morocco. Systematics and Biogeography, in: Records of the Australian Museum 62 (2010), S. 157–184, bes. S. 165–167 mit Abbildung auf S. 170; Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 16 ca. 2,500.000–2,000.000 vor Christus (ausgehendes Pliozän/Pleistozän): Fundkomplex Almenara 1 Knochenfund Fundkomplex „Almenara 1“ („Casablanca 1“) in der Provinz Castellón (Spanien) Bei Grabungen zwischen 1999 und 2005 wurden über 50 Waldrappknochen gefunden, was auf eine andauernde und dichte Besiedlung deutet. Fragen der Datierung spielen im hier behandelten Kontext bloß eine untergeordnete Rolle. Sánchez Marco ordnen den Fund in „MN 17“ (Mammal Neogene Zonation) ein, die von 2,5 bis 2 Millionen Jahren datiert wird. Mitunter werden die Funde auch deutlich später angesetzt: 1,800.000 vor Christus (Registre fossile). Sánchez Marco, Presence, 1996, S. 560–561; Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 54 (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 69; Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 17 ca. 1,850.000 vor Christus (spätes Pliozän): Funde aus Sliwniza Knochenfund Sofia / София, Национален природонаучен музей / National Museum of Natural History: Funde aus Sliwniza / Сливница (Bulgarien) 1993 wurde ein Knochen (Proximal carpometacarpus sinistra) eines erwachsenen Vogels bei Sliwniza (nordwestlich von Sofia – 42.48 N, 23.05 E) in einer eingestürzten Höhle eines felsigen Hügels (jetzt ein Steinbruch) gefunden. Auf Grund des Fundkontexts ergibt sich eine Datierung in die Spätphase des mittleren Villafranchium (MN 17 – vgl. Mammal Neogene Zonation), wie Nikolay Spassov mitteilte (Bloev, S. 49). Die Merkmale des fossilen Fundes (Geronticus balcanicus sp. n.) zeigen große Übereinstimmungen aber auch Abweichungen zu den heute lebenden Verwandten. Unbestreitbar ist, dass ein dem Waldrapp nahe artverwandtes Tier damals in Bulgarien lebte. Fragen der Datierung spielen in dem hier relevanten Zusammenhang keine zentrale Rolle. Zlatozar Bloev, Presence of the Bald Ibises (Geronticus Wagler, 1832) (Threskionithidae-Aves) in the Late Pliocene of Bulgaria, in: Geologica Balcanica 28 (1998), S. 45–52, bes. S. 47– 51; Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 8 (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 18 1,600.000–1,300.000 vor Christus (Ende des frühen Pleistozän): Funde aus der Cave Pirro Knochenfund Florenz / Firenze, Università di Studi, Dipartimento di Scienze della Terra, und Turin Torino, Università di Studi, Museo di Geologia e Paleontologia: Funde aus der Cave Pirro (Cava Dell’Erba) in Apricena (Provinz Puglia – Italien) Die Materialien wurden 1969 entdeckt. Im Fundkomplex wurden auch Steinwerkzeuge festgestellt, die nach den AutorInnEn die ältesten Spuren des Menschen in Europa darstellen (Bedetti, Pavia, S. 31f.). Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 96 (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Claudia Bedetti, Marco Pavia, Early Pleistocene birds from Pirro Nord (Puglia, southern Italy), in: Palaeontographica, Abteilung A: Palaeozoology –Stratigraphy 298 (2013), S. 31–53, bes. S. 33. Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html 19 1,300.000–1,000.000 vor Christus (Pleistozän): Funde aus der Sierra de Quibas in Abanilla Knochenfund Funde aus der Sierra de Quibas in Abanilla (Murcia, Spanien) Einer der 22 Vogelknochen, die in der Karsthöhle gefunden wurden, kann – wie A. Sánchez in seinem den Vögeln gewidmeten Abschnitt der Publikation von 1999 dargelegt hat (S. 139) – dem Waldrapp (Geronticus eremita) zugeordnet werden. Die Datierung beruht auf den detaillierten Angaben des Artikels von 1999. P. Montoya, M. T. Alberdi, A. M. Blázquez, L. J. Barbadillo, P. Fumanal, J. van der Made, J. M. Marín, A. Molina, J. Morales, X. Murelaga, E. Peñalver, F. Robles, A. Ruiz Bustos, A. Sánchez, B. Sanchiz, D. Soria, Z. Szyndlar, La fauna del Pleistoceno Inferior de la Sierra de Quibas (Abanilla, Murcia), in: Estudios geológicos 55 (1999), S. 127–161, bes. S. 139– 141; Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 126 (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 20 um 500.000 vor Christus (mittleres Pleistozän): Funde aus einer Höhle in Spinagallo Knochenfund Rom / Roma, Università La Sapienza, Dipartimento di Scienze della Terra, Museo: Funde aus einer Höhle in Spinagallo (bei Syracus / Sizilien) Die Datierung der Knochenfunde in der in felsiger Umgebung gelegenen Höhle beruht auf der Bestimmung von Mammutknochen. Es konnte im Fundkontext kein menschliches Einwirken festgestellt werden. Knochen von 61 verschiedenen Vögeln konnten festgestellt werden. Marco Pavia, The Middle Pleistocene Avifauna of Spinagallo Cave (Sicily, Italy): Preliminary Report, in: S. L. Olson, P. Wellnhofer, C. Mourer-Chauvire, D. W. Steadman, L. D. Martin, (Hgg.), Avian Paleontology at the close of the 20th Century. Proceedings of the Fourth International Meeting of the Society of Avian Paleontology and Evolution, Smithsonian Contribution to Paleobiology 89 (1999), S. 125–127; Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 35 (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 21 70.000–30.000 vor Christus bzw. 12.000–8000 vor Christus: Funde aus Haua Fteah Knochenfund Funde aus Haua Fteah (Cyrenaica – Libyen) Knochen des Geronticus eremita stammen aus Schicht XXXVIII–XXV (70.000–30.000 vor Christus) bzw. aus Schicht XV–XI (Phase D: 12.000–8000 vor Christus) in der Karsthöhle. Die dem Menschen zugeordneten Funde werden der Kultur der „Ibéromaurusien“ zugeordnet (25.000–10.000 vor Christus). K(evin) C. MacDonald, The Avifauna of the Haua Fteah (Libya), in: ArcheoZoologia 9 (1998), S. 83–101; Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 100f. (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Katerina Douka, Zenobia Jacobs, Christine Lane, Rainer Grün, Lucy Farr, Chris Hunt, Robyn H. Inglis, Tim Reynolds, Paul Albert, Maxime Aubert, Victoria Cullen, Evan Hill, Leslie Kinsley, Richard G. Roberts, Emma L. Tomlinson, Sabine Wulf, Graeme Barker, The chronostratigraphy of the Haua Fteah cave (Cyrenaica, northeast Libya), in: Journal of Human Evolution 66 (2014), S. 30–63 (zur Datierung); Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 22 ca. 55.000 vor Christus (Marine isotope stage 3): Funde aus Gorham‘s Cave (Gibraltar) Knochenfund Funde aus Gorham‘s Cave (Gibraltar) In der Höhle Gorham's Cave in Gibraltar wurden neben dem späten Nachweis von Neandertalern auch Knochen von Waldrappen gefunden (Schicht IV). Fragen der Datierung (jedenfalls letzte Eiszeit/Kaltzeit) spielen für den hier relevanten Zusammenhang keine übergeordnete Rolle. Auch deutlich jüngere Ansetzungen wurden vorgeschlagen. Tyberg datiert etwa 23.780–32.560 vor Christus. Clive Finlayson, Francisco Giles Pacheco, Joaqiín Rodríguez-Vidal, Darren A. Fa, José María Gutierrez López, Antonio Santiago Pérez, Geraldine Finlayson, Ethel Allue, Javier Baena Preysler, Isabel Cáceres, José S. Carrión, Yolanda Fernández Jalvo, Christopher P. Gleed-Owen, Francisco J. Jimenez Espejo, Pilar López, José Antonio López Sáez, José Antonio Riquelme Cantal, Antonio Sánchez Marco, Francisco Giles Guzman, Kimberly Brown, Noemí Fuentes, Claire A. Valarino, Antonio Villalpando, Christopher B. Stringer, Francisca Martinez Ruiz, Tatsuhiko Sakamoto, Late survival of Neanderthals at the southernmost extreme of Europe, in: Nature 443 (2006), S. 850–853 (zum Fund); Sánchez, Evidence, 2006, S. 105–110, bes. S. 106; Tyrberg, Pleistocene Birds, 2008, S. 59–61 (siehe stattdessen: https://web.archive.org/web/20210610051655/http://web.telia.com/~u11502098/pleistocen e.pdf); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 69; Joaquín Rodríguez-Vidala, Geraldine Finlayson, Clive Finlayson, Juan J. Negro, Luis M. Cáceres, Darren A. Fa, José S. Carrión, Undrowning a lost world – The Marine Isotope Stage 3 landscape of Gibraltar, in: Geomorphology 2013, S. 105–114, bes. S. 110f. Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 23 10.000–9000 vor Christus (frühes Präkeramisches Neolithikum A [PPNA]): Göbekli Tepe, Flachreliefs Bildquelle Göbekli Tepe / Xirabreşk (Südosttürkei), Flachreliefs am Pfeiler 43 der Anlage D des Fundkomplexes Die archäologische Fundstätte, bei der es sich jedenfalls nicht um eine Siedlung handelt, sondern um ein Bergheiligtum, liegt etwa 15 Kilometer nordöstlich der südostanatolischen Stadt Urfa (Şanlıurfa). Die Anlage des Heiligtums erfolgte im 10. Jahrhundert vor Christus (frühes Präkeramisches Neolithikum A [PPNA]) also mit dem Ende der Eiszeit. So monumentale Reste müssen von Menschen stammen, die über eine ortsgebundene und verlässliche Nahrungsversorgung (Ackerbau?) verfügten. Zur Anlage und späteren Nutzungen siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6bekli_Tepe. Der Dekor der Kultstätte ist stark von Tierdarstellungen geprägt. Ibis-artige Vögel treten an verschiedenen Stellen auf. Die Darstellungen von Pfeiler 43, der der Anlage D des Grundbestandes angehört, zeigen neben einem zentralen Geier mit Ei, der Tod aber auch Leben bringt, und einem sehr großen Skorpion, auch „Ibis-artige Vögel“, die die Verbindung zu einer Darstellung eines Knochens bilden (rechts oben), was in Bezug zur Funktion des Ortes als Gedenkstätte gebracht wird. 24 Vergleichbare Vögel finden sich auf Pfeiler 12 der Anlage C, die ebenfalls dem Grundbestand angehört und dessen Hauptmotiv ein Wildschwein ist. Eine mögliche ornithologische Bestimmung als Waldrapp bzw. Akh-Vogel (siehe die metaphysische Bedeutung des Waldrapps im Alten Ägypten) ist freilich auf Grund der schematischen Darstellung, die charakteristische Details (Schopf bzw. schmaler gebogener Schnabel) weitgehend ausspart, nicht möglich. Vergleiche zu diesem Befund auch die folgende Quelle aus Spanien. Dass die archäologische Fundstätte jedoch bloß 100 Kilometer von Birecik entfernt liegt, jenem Ort, dessen Waldrapp-Kolonie berühmt ist/war, ist andererseits doch bemerkenswert, zumal die zweite zeitnahe Bildquelle (siehe unten: 10.000–5000 vor Christus (Neolithikum)) in Südspanien sich ebenfalls in vergleichsweiser Nähe zu einer bis heute bestehenden Population des Waldrapps befindet, die in Marokko überlebte. Klaus Schmidt, Von besonderen und heiligen Vögeln, in: Frank Falkenstein, Sabine SchadeLindig, Andrea Zeeb-Lanz (Hgg.), Kumpf, Kalotte, Pfeilschaftglätter. Zwei Leben für die Archäologie. Gedenkschrift für Annemarie Häuser und Helmut Spatz (Studia Honoria 27]), Rahden 2008, S. 253–260; Klaus Schmidt, Göbekli Tepe – the Stone Age Sanctuaries. New results of ongoing excavations with a special focus on sculptures and high reliefs, in: Documenta Praehistorica 37 (2010), S. 239–256; Lee Claire, Oliver Dietrich, Julia Gresky, Jens Notroff, Joris Peters. Nadja Pöllath, Ritual Practices and Conflict Migration at Early Neolithic Körtik Tepe and Göbekli Tepe, Upper Mesopotamia: A Mimetic Theoretical Approach, in: Ian Hoddler (Hg.), Violence and the Sacred in the Ancient Near East, Cambridge 2019, S. 96–128, ab S. 105 zu Göbekli Tepe, S. 114 zum Waldrapp (Geronticus eremita). 25 10.000–5000 vor Christus (Neolithikum): Benalup, El Tajo de las Figuras, Höhlenmalereien Bildquelle Benalup (Cádiz), Höhle von El Tajo de las Figuras Die Felsenmalereien in der Höhle von El Tajo de las Figuras in Benalup aus neolithischer bzw. chalkolitischer Zeit zeigen eine reiche Vogelwelt. Die vier Darstellungen von als Ibis-Vögel identifizierten Malereien sind jedoch (trotz des mitunter dargestellten schmalen und leicht gebogenen Schnabels) nicht spezifisch genug, um sie als Waldrappe identifizieren zu können. Vergleiche zu diesem Befund auch die vorherige Quelle aus der Südosttürkei. Dieser Befund wird auch dadurch nicht aufgehoben, dass Knochenfunde belegen, dass Waldrappe auf der Iberischen Halbinsel vorkamen. Dass die archäologische Fundstätte jedoch in vergleichsweiser Nähe zu einer bis heute bestehenden Population des Waldrapps befindet, die in Marokko überlebte, ist deswegen bemerkenswert, da die erwähnten Vergleiche aus der Südosttürkei ebenfalls in der Nähe einer bis heute bestehenden Brutkolonie liegen. Henri Breuil, M(Iiles) C(rawford) Burkitt, Rock paintings of Southern Andalusia. A 26 description of a Neolithic and Copper Age art group, Oxford 1929, S. 17, S. 21, Fig. 17/8, Fig. 20/5; Sánchez Marco, Presence, 1996, S. 560–561; Sánchez, Evidence, 2006, S. 106f.; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 69f. John Cantello, Bald Ibises in Spain: the Historical Context: Online-Publikation 2015: https://birdingcadizprovince.weebly.com/cadiz-birding-blog-page/bald-ibises-in-spain-thehistorical-context; Daniel Rojas Pichardo, Fauna extincta en la Provincia de Cádiz, Editorial Circulo Rojo 2019 (Link), S. 31f., 133–135. 27 9600–7000/6500 vor Christus (frühe Mittelsteinzeit) oder später: Funde bei der Ruine Balm bei Günsberg Knochenfund Solothurn, Städtische Museum: Funde bei der Ruine Balm bei Günsberg (Kanton Solothurn – Schweiz) 120–150 Meter östlich der Ruine Balm bei Günsberg unter einer mächtigen, überhängenden Felswand („Balmfluh“) wurden Knochen mehrerer WaldrappIndividuen gefunden. Es handelt sich um drei Oberschnäbel, ein Unterschnabel, eine Gehirnschädelbasis, zwei Paare von Coracoiden, ein Humerus und andere Teile. Beim Ort des Fundes handelt es sich um eine frühmesolithische Azilien-Station. Viele spätere Verunklärungen der Fundsituation durch Dachs und ähnliche Einwirkungen machen eine definitive Zuordnung der Waldrapp-Fundknochen in den ursprünglichen Fundzusammenhang jedoch unmöglich. Bei dem Knochenfund aus der Schweiz handelt es sich um den ältesten Beleg des Waldrapps aus Mitteleuropa. Th. Schweizer, Prähistorisch-archäologische Statistik des Kantons Solothurn 13. Folge, 1939, in: Jahrbuch für solothurnische Geschichte 13 (1940), S. 210–218 (zur Fundsituation); Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 85f. (mit Abb.); René Wyss, Betrachtungen zum Mesolithikum der Schweiz, in: G. Bersu, W. Dehn (Hg.), Bericht über den V. Internationalen Kongress für Vor- und Frühgeschichte, Hamburg vom 24. bis 30. August 1958, Berlin 1961, S. 865–869, bes. S. 868; Gerhard Geiger, Die Umwelt späteiszeitlicher Kulturen des südlichen Ober- und Hochrheins, in: Das Markgräflerland 26 (1964), S. 65–85, bes. S. 75; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 14f.; 28 Hölzinger, Waldrapp, 1988, S. 57–67, bes. S. 57 (Bezug auf den Waldrapp); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 60f. 29 ca. 6000 vor Christus, nach: Stempelsiegel aus dem nördlichen Zweistromland Bildquelle Verbleib unbekannt: Stempelsiegel aus dem nördlichen Zweistromland Stempelsiegel wurden um 6000 vor Christus erstmals breiter verwendet und waren im 5. und 4. Jahrtausend vor Christus verbreitet. In weiterer Folge wurden sie von den Rollsiegeln weitgehend verdrängt. Zu Stempelsiegeln vergleiche etwa Hildi Keel-Leu, Vorderasiatische Stempelsiegel: Die Sammlung des Biblischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz, Freiburg/Schweiz, Göttingen 1991, passim. Ragnar Kinzelbach schildert, wie er (unvollständige) Kenntnis von den hier behandelten Stücken durch Abgüsse erhielt, die ihm K(laus) J. Müller aus Bonn übersandte. Die Vorlagen der hier vorgestellten Abdrücke sind auf Grund dieser Umstände derzeit (noch) unbekannt. In seiner kurzen Notiz äußert sich Kinzelbach weder zur Lokalisierung noch zur Datierung, was verständlich ist, da solche Aussagen nicht in sein Fachgebiet fallen. Er vermeidet freilich auch Aussagen, zu den physiognomischen Besonderheiten der dargestellten Vögel und man kann bloß aus der Überschrift der Notiz schließen, dass er sie mit dem Waldrapp in Verbindung bringt. Die Darstellung ist jedenfalls – ganz zeittypisch – nicht eindeutig. Der schmale, lange und gebogene (jedoch vielleicht zu spitze) Schnabel ist einerseits zu nennen, andererseits die Schmuckfedern am Hinterkopf. Der Körperbau und die dreieckig dargestellten Schwanzfedern irritieren hingegen. 30 Die Objekte stammen aus einer Region, die durchaus (bis heute) Nachweise zum Vorkommen von Waldrappen vorweisen kann. Die Funde aus Göbekli Tepe / Xirabreşk (siehe bei 10.000– 9000 vor Christus (frühes Präkeramisches Neolithikum A [PPNA])) belegen dies exemplarisch. Aus demselben Zeitfenster sind auch die Bildquellen aus El-Khawy (siehe bei ca. 4000 bis 3022 vor Christus (0. Dynastie)) und die vom Trägermaterial (Ton) vergleichbare Ritzzeichnung aus Hierakonpolis (siehe bei ca. 3500 vor Christus (Naqada I–IIA)) zu nennen. Letztere übertrifft, meiner bescheidenen Meinung nach, beim Wahrscheinlichkeitsgrad der Identifikation die hier behandelten Beispiele. Weitere Forschungen sind dringend notwendig. Ragnar Kinzelbach, Historische Biodiversität. Der Waldrapp (Geronticus eremita) auf altmesopotamischen Stempelsiegel, in: Gesellschaft für Biologische Systematik (GfBS), news 28 (2013). S. 40f. Kinzelbach erwähnt auch eine weitere Bildquelle: „In Samosata (Samsat, TR) am Euphrat wurde vor wenigen Jahren ein prachtvolles Mosaik aus der römischen Kaiserzeit geborgen, welches die Art im natürlichen Habitat zeigt.“ Die Stadt Samsat / Samîsad wurde durch den Atatürk-Staudamm überflutet und an anderer Stelle wierdererrichtet. Ein altes Photo, das ein Mosaik zeigt, erlaubt keine Rückschlüsse: https://collections.standrews.ac.uk/item/roman-mosaic-samsat-turkey/740727. Erhaltenes zeigt, soweit ich sehe, keine Vögel. 31 ca. 4000–3400 vor Christus: Funde aus Maadi Knochenfund Maadi (südlich von Kairo) Die Fundstädte ist der Maadi-Kultur zuzurechnen. Der Knochenfund lässt sich nicht ganz eindeutig bestimmen, es bleibt also – wie beim Fund aus Balm (siehe bei 9600–7000/6500 vor Christus (frühe Mittelsteinzeit) oder später) – eine Unsicherheit. Der Waldrapp (Akh-Vogel / Hieroglyphe – siehe bei 3100–400 vor Christus) wurde nicht, wie etwa der heilige Ibis, mumifiziert, daher gibt es in Ägypten aus späterer Zeit (bisher noch) keine Funde von Überresten, sondern bloß Darstellungen. Joachim Boessneck, Vogelknochenfunde aus dem alten Ägypten, in: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien, Serie B, 88/89 (1986), S. 323–344, bes. S. 331, 337f.; Janák, Spotting the Akh, 2010, S.17–31, bes. S. 21; Fritz, Janák, Intervention, 2020, S. 10. 32 ca. 4000 bis 3022 vor Christus (0. Dynastie): Vermeidliche Felsinschriften beim heutigen Dorf El-Khawy Bildquelle Vermeidliche Felsinschriften beim heutigen Dorf El-Khawy John Coleman Darnell veröffentlichte 2017 die „Felsinschriften“ beim heutigen Dorf El-Khawy (60 km südlich von Luxor), die in die Frühphase der „Dynastie 0“ (ca. 4000–3022 vor Christus) datiert werden. Auf Grund der Monumentalität und der damit verbundenen Sichtbarkeit sind die Darstellungen als frühe Schriftzeugnisse jedoch höchst ungewöhnlich. Im mittleren Bereich sind drei Vögel dargestellt. Der mittlere zeigt vielleicht einen Schopf, freilich ist der Schnabel kurz, was eine Identifikation mit dem Waldrapp bzw. mit dem AkhVogel, der späteren Hieroglyphe (Gardiner, G25), unwahrscheinlich macht. Zudem ist unklar, ob der vermeintliche Schopf nicht (wie bei den benachbarten Vogeldarstellungen) als hintere Kontur des Halses zu interpretieren ist. Darnell, S. 58, diskutiert die Frage, ob die Vogel-Bilder eine Aussage haben oder bloß Natur darstellen, und neigt zu ersterer These, denn der Storch (die beiden Vögel, die den angeblichen „Crested Ibis“ flankieren, einsprächen der Ba-Hieroglyphe: vgl. Jiří Janák, Saddle-Billed Stork 33 [Ba-Bird], 2014: LINK – Identifikation mit Gardiner, G29) habe ebenso wie das AkhZeichen eine Bedeutung im Jenseits-Glauben der alten Ägypter. Die Argumentation erscheint freilich nicht zwingend. Überzeugender ist der Vergleich mit den Hieroglyphentäfelchen aus dem Grab U-j in Abydos, bei denen sich – auf vergleichbar stark stilisiertem Niveau – Vögel finden (siehe bei ca. 3300 vor Christus (Naqada IIIA1)). Insgesamt erscheint die Identifikation der hier behandelten Vogeldarstellungen mit dem Waldrapp (Akh-Vogel) unwahrscheinlich. Darnell, Inscriptions, 2017, S. 49–64, bes. S. 52–54, 56f. 34 ca. 3500 vor Christus (Naqada I–IIA): Ritzzeichnung auf einer Tonscherbe aus Hierakonpolis Bildquelle Hierakonkopis, Grabungshaus, Magazin: Ritzzeichnung auf einer Tonscherbe aus Hierakonpolis, Grabungsabschnitt HK25 Bei der Fundstelle in Hierakonpolis handelt es sich nach Hikade, Pyke, OʾNeill, S. 175–177, um Abfall aus einem Lebensmittel erzeugenden Betrieb (Brauerei?) aus der Periode Naquada I–IIA. Park, S. 103, datiert ca. 3500 vor Christus. Der Vogel wurde nachträglich auf die bereits zerbrochene Keramik geritzt (Pyke, Colman, Bird, 2006, S. 6; Hikade, Origins, S. 103 [S. 23]). Als stichhaltiges Argument dafür wird angeführt, dass die Darstellung vollständig ist und nicht durch das Zerbrechen der bereits dekorierten Keramik fragmentiert wurde (Ostrakon). Dies wird bei der Konturlinie der Schwanzfeder besonders deutlich, die der Bruchlinie folgt. Pyke und Coleman weisen auf weitere derartige Funde in Hierakonpolis hin, wobei Rinder, Antilopen aber auch das Zeichen der Göttin Bat dargestellt sind. Der Vogel steht nicht allein auf der Scherbe, sondern rechts oberhalb seines Rückens wurden auf einer Fläche, die der Vogel nicht beansprucht, zwei von einem Punkt ausgehende Linien (eine V-Form) eingeritzt. Pyke und Coleman betonen sehr zu recht, dass dies keineswegs zufällig passierte, sondern absichtlich geschah. Sie können aber keinen Grund benennen, weder für das „V“ noch für das Hauptmotiv. Die Ritzzeichnung wurde, wie bereits betont, auf einem Abfallprodukt angebracht. Der Kunstbegriff der alten Ägypter (vgl. Klaus Heinrich Meyer, Kunst, in: Lexikon der Ägyptologie 3 [1980], Sp. 872–881) passt hier nur bedingt, denn ob hier tatsächlich „allgemeine Formvorstellungen gegenüber seiner besonderen Verwirklichung“ (vgl. Sp. 873) dominieren, erscheint unsicher. Es erscheint fraglich, ob überhaupt ein „Kunstwollen“ die Ritzzeichnung 35 bestimmte, wenn doch, dann ein unbewusstes. Die von Meyer stark betonte metaphysische Prägung von Kunst (ab Sp. 875) spielt in der hier vorliegenden Vogeldarstellung wohl kaum eine Rolle auch die Propaganda bestehender gesellschaftlicher Strukturen (Sp. 877) muss im vorliegenden Fall kaum eine Bedeutung beigemessen werden. (Ich danke Thomas Hikade, der mich in einem Mailverkehr auf diese grundsätzlichen Fragen aufmerksam gemacht hat.) Zur Frage der Deutung der Darstellung Der lange, vorne gebogene schmale Schnabel des dargestellten Vogels, der trotz der Flüchtigkeit der Darstellung klar zu erkennende Schopf und die allgemeine Physionomie lassen die Identifikation mit einem Waldrapp durchaus möglich erscheinen (so schon Pyke und Coleman). Die Zuordnung ist jedenfalls wesentlich klarer als bei den Felsinschriften aus El Khawy (siehe bei ca. 4000 bis 3022 vor Christus (0. Dynastie)) und den Täfelchen aus dem Grab U-j in Abydos (siehe bei ca. 3300 vor Christus (Naqada IIIA1)). Anders als Pyke und Coleman zieht Rosalind Park aus der Darstellung sehr weitreichende Schlüsse, die auf Bedeutungen beruhen, die dann der Hieroglyphe G25 zugeordnet sind (siehe bei 3100–400 vor Christus). Solch weitreichende Deutungen sind mit Bestimmtheit auszuschließen. Auch die Verbindung mit dem Bedeutungsgehalt der Hieroglyphe G25 ist keineswegs sicher, denn die Schrift war ja erst im Entstehen begriffen. Da sich auch andere Tiere auf Scherben aus Hierakonpolis finden und es sich bei der Fundstelle um Abfälle eines Gewerbebetriebes zu handeln scheint, bedarf es deutlicherer Hinweise für eine inhaltliche Bedeutung als bisher bekannt wurden. Unabhängig von der Frage, ob der Zeichnung eine Deutung unterlegt werden kann, ist, dass es sich bei dieser Ritzzeichnung vielleicht um die älteste Bildquelle zum Waldrapp handelt, die das Naturvorbild so darstellt, dass eine Identifizierung zumindest wahrscheinlich ist. Pyke, Colman, Bird, 2006, S. 6; Thomas Hikade, Gillian Pyke, DʼArne OʾNeill, Excavations at Hierakonpolis HK29B and HK25 – The campaigns of 2005/06, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Abteilung Kairo 64 (2008), S. 153–188, bes. S. 175–177; Park, Decan, 2008, passim; Thomas Hikade, Origins of monumental architecture. Recent excavations at Hierakonpolis HK29B and HK 25, in: Renée F. Friedman, Peter N. Fiske (Hgg.), Proceedings of the Third International Conference „Origin of the State. Predynastic and Early Dynastic Egypt, London, 27th July–1st August 2008“, Löwen [u. a.] 2011, S. 81–107, bes. S. 103f. (S. 23f.). 36 ca. 3300 vor Christus (Naqada IIIA1): "Hieroglyphentäfelchen" aus dem Grab U-j in Abydos Bildquelle Abydos, Grab U-j, angebliche Hieroglyphentäfelchen Dreyer, S. 17f., datiert das Grab U-j in die Periode Naqada IIIa2 bzw. „um 3320“ vor Christus. Zuletzt datierte Diane Leeman, S. 3, „c. 3300 (+/- 50 years“. Die über 150 Täfelchen aus dem (Königs-) Grab U-j bestehen aus Bein bzw. Elfenbein und sind 1,5 x 1,5/2 cm groß und zwei bis drei Millimeter dick. Wegen der immer auftretenden Bohrungen werden sie als Anhängetäfelchen identifiziert. Sie scheinen nicht zu den zahlreichen im Grab gelagerten Tongefäßen zu gehören, sondern, Dreyer, S. 136, vermutet, sie könnten zu anderen Grabbeigaben, die sich vor allem in der Kammer U-j-II befanden, gehört haben. Neben eindeutig als Zahlzeichen zu bestimmenden Zeichen, finden sich noch andere, die größtenteils (aber keineswegs durchgehend) mit später als Hieroglyphen bekannten Bildzeichen übereinstimmen (Dreyer, S. 139). Dreyer, S. 139, schlägt als Bedeutungsgehalt hypothetisch „Herkunftsbezeichnungen oder Kontrollangaben von verschiedenen Verwaltungsinstanzen“ vor. Wenn die Zeichen tatsächlich „Schrift“ sind, gehören sie zu den ältesten Schriftzeugnissen aus Ägypten. 37 Die Täfelchen 130–135 und X 189 (aus einer älteren Grabung) zeigen Vögel, die als Waldrappe (bei Dreyer „Schopfibis“ / Northern Bald Ibis / Crested Ibis) erkannt wurden. Dreyer, S. 142, nimmt an, dass sie als Zeichen für „Osten“ interpretiert werden können und damit als Vorform von „Schrift“ gelten können. Die Deutung ist freilich umstritten. Die Vogel-Darstellungen der Täfelchen gehören mit den monumentalen „Inschriften“ von ElKhawy (siehe bei ca. 4000 bis 3022 vor Christus (0. Dynastie)) und der Ritzzeichnung auf einer Tonscherbe (siehe bei ca. 3500 vor Christus (Naqada I–IIA)) zu einer Gruppe von Darstellungen, die vielleicht die ältesten von Menschen geschaffenen Darstellungen des Waldrapps beinhalten könnten. Die (über-)deutlichen Nackenfedern, die langen Beine zusammen mit der (freilich bloß in drei Fällen) deutlich verlängerten (schmalen) Form der Schnäbel und der Tradition der Akh-Hieroglyphe (siehe bei 3100–400 vor Christus) ergeben ein Geflecht an Indizien, das für eine Identifikation als Waldrapp spricht. Janák deutet die Vögel hingegen als „Secretary bird“ (Sagittarius serpentarius), einem Vogel mit kurzem Schnabel, der nicht als Hieroglyphe Verwendung fand. Zuletzt identifizierte Leeman die Vögel wieder als „Crested ibis“. Günter Dreyer, Umm el-Qaab 1: Das prädynastische Königsgrab U-j und seine frühen Schriftzeugnisse (= Archäologische Veröffentlichungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo 86), Mainz 1998, passim, S. 128f. und 142 (zu den Täfelchen 130–135), 134 (zu X 189), 136–145 (zur Einordnung und Bewertung der Täfelchen), 184 (Tabelle) sowie Tafel 33 (130–135) und Tafel 35 (X 189); Ray, Understanding, 1999, S. 16f.; Jochen Kahl, Die frühen Schriftzeugnisse aus dem Grab U-j in Ummel-Qaab, in: Chronique d’Égypte 78 (2003), S. 112–135 (ohne Erwähnung der Akh-Hieroglyphe); Pyke, Colman, Bird, 2006, S. 6; Park, Decan, 2008, passim (mit sehr weitreichenden Spekulationen); Janák, Spotting the Akh, 2010, S.17–31, bes. S. 22; Ilona Regulski, The Origins and Early Development of Writing in Egypt, Online-Publikation 2015: Link (ohne Erwähnung der Akh-Hieroglyphe); Darnell, Inscriptions, 2017, S. 49–64, bes. S. 53f., 57f. Diane Leeman, Abydos Tomb U-j of Predynastic Egypt, Online-Publikation 2018: Link, S. 9, 23. https://www.historyofinformation.com/detail.php?id=3428. 38 3100–400 vor Christus: Akh-Hieroglyphe Akh-Hieroglyphe (Gardiner G25) Zur Entwicklung der Hieroglyphenschrift siehe die frühen Täfelchen aus dem Grab U-j in Abydos (siehe bei ca. 3300 vor Christus (Naqada IIIA1)), bei denen Zeichen, die der späteren Akh-Hieroglyphe ähnlich sind, bereits vorkommen. In der Hieroglyphenliste von Alan Gardiner (LINK) als G25 geführt, wobei „G“ Vogelmotive bezeichnet. Der im alten Ägypten verehrte Ibis (Heiliger Ibis) hat, wie Kumerloeve zu Recht betont, keinen Schopf (keine Nackenfedern). Kumerloeve weist aber auf Darstellungen von Ibis-artigen Vögeln hin, die Nackenfedern / Nackenkamm eindeutig zeigen (S. 210–214 [Abb. 11–20]) und identifiziert diese mit dem in Europa Waldrapp genannten Vogel (Northern Bald Ibis / Crested Ibis). Der Federschmuck auf Kopf/Nacken sowie der lange schmale und gebogene Schnabel ermöglichen die Unterscheidung von anderen Vogeldarstellungen / -hieroglyphen (für eine Übersicht der Vogel-Hieroglyphen siehe hier). Zu Bildbeispielen der Hieroglyphe siehe zum Beispiel https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Ibis-crested_(hieroglyph). Das metallisch-glänzende des Gefieders des Waldrapps spielt durchaus eine Rolle, die Hieroglyphe bedeutet (unter anderem auch) „scheinend“ (Kumerloeve, S. 211, Abb. 15). Als Teil der „Seele“ gehört Akh (Ach – Link / Link) zentral zur altägyptischen Jenseitsvorstellung. Er spielt daher in den sogenannten Pyramiden-Texten eine durchaus bedeutende Rolle (vgl. James P. Allen, The Ancient Egyptian Pyramid Texts, Atlanta 2005: LINK). Die entsprechende Hieroglyphe kommt daher auch häufig vor. Warum ein real existierender Vogel als Schriftzeichen / Hieroglyphe für diese Vorstellung diente, ist – trotz verschiedener Vermutungen – unklar. Bemerkenswert ist, dass es zwei unterschiedliche Ausformungen des Bildzeichens gibt: mit einem Nackenkamm und mit vom Hinterkopf abstehenden Federn. 39 Zur Hieroglyphe und ihrer Bedeutung Keimer, Interprétation, 1954, S. 237–250; Florence Dunn Friedman, On the Meaning of Akh (3H) in Egyptian Mortuary Texts, Dissertation Walham 1981, passim, bes. S. 26–28, 60–63; Kumerloeve, Kenntnis, 1983, S. 197–234; Patrick F. Houlihan, The Birds of the Ancient Egypt, Warminster 1986 (auch: Kairo 1988), S. 26– 32; Ray, Understanding, 1999, S. 97; Janák, Waldrapp, 2007, S. 129–132; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 38; Hoda Abd allah Kandil, The Function and Symbolism of the Akh in Ancient Egypt, in: Faculty of Arts Journal 49 (2012), S. 1–14; Janák, Northern Bald Ibis, 2013, S. 1–9; Janák, Akh, 2013, S. 1–9. Fritz, Janák, Intervention, 2020, S. 3f., 6–14, 21f. 40 3100–2700 vor Christus: Stele aus Abydos Bildquelle Paris, Louvre, Département des Antiquités égyptiennes, E 21717: Stele aus Abydos Die Datierung der Stele folgt den Angaben der Museumsdatenbank. Diese Stele steht als Beispiel für eine große Gruppe von FuneralMonumenten für Frauen, deren Titel die Hieroglyphe G25 (Akh) in der Form eines mehrere Hieroglyphen vereinenden Monogramms beinhalten. Im hier vorgestellten Fall „spirit seeker“. Der Federschopf ist deutlich dargestellt, die Verwendung als Hieroglyphe sichert zudem – trotz der summarischen Darstellung – die Bedeutung des Dargestellten ab. Damit werden die hier vorgestellten Zeugnisse zu frühen Belegen, dass der Waldrapp eindeutig als Hieroglyphe verwendet wird. Kelly nennt zahlreiche weitere Beispiele. Besonders klar erkennbare Darstellungen bei Stela 20 (Bd. 2, S. 1), 137 (Bd. 2, S. 79), 139 (Bd. 2, S. 80), 161f. (Bd. 2, S. 86f.], 211 (Bd. 2, S. 98) und 218 (Bd. 2, S. 102). 41 Susan A. Kelly, Identifying the Women of Early Dynastic Egypt: An Analysis if the Wonmen’s Funerary Stelae/Slabs from Abu Rawash, Helwan, and Abydos, Sidney, Macquarie University 2016 (Link), Bd. 1, S. 71f., Bd. 2, S. 93 (Stela 193). https://collections.louvre.fr/en/ark:/53355/cl010005783 42 nicht nach ca. 2740 vor Christus: Türpfosten von König Chasechemui Bildquelle Kairo, Ägyptisches Museum, JdE 33.895 [CG 57.107]: Türpfosten von König Chasechemui (Khasekhemwy) aus dem Horus-Tempel in Hierakonpolis / Nekhen (Oberägypten) Der Pfosten von König Chasechemui (Khasekhemwy) besteht aus grünem Quarzstein und stammt aus dem südöstlichen Teil des Tempels. Die zeitliche Ansetzung ist durch die inschriftliche Nennung des Königs, der bis um 2740 vor Christus regierte, abgesichert. Der inschriftliche Text enthält, wenn ich recht sehe, auch eine Akh-Hieroglyphe (G25). Der Vogel zeigt den zu einem kompakten Nackenkamm zusammengefassten Schopffedern, die häufig bei der Verwendung als Schriftzeichen auftreten. Wenn die Identifikation der Hieroglyphe stimmt, dann ist der hier vorgestellte Stein ein frühes Zeugnis für deren Auftreten. Die Inschrift ist etwas älter als die im folgenden Eintrag behandelten Darstellungen des Waldrapps, die ebenfalls aus Hierakonpolis stammen und offensichtlich nicht als Schriftzeichen (Hieroglyphen) zu deuten sind. Aus Hierakonpolis sind somit beide Bedeutungsebenen, die Waldrapp-Darstellungen im Alten Ägypten haben können – als Bild eines Naturdings und als Hieroglyphe, die zudem eine 43 metaphysische Bedeutungsebene hat – erhalten. Quibell, Green, Hierakonpolis, 1900/1902, Bd. 2, S. 47f. und Taf. 58; Bussmann, Provinztempel, 2010, Bd. 1, S. 163, Bd. 2, Abb. 4.24. 44 ca. 2686–2181 vor Christus: Objekte aus dem Horus-Tempel in Hierakonpolis Bildquelle Kairo, Ägyptisches Museum, CG 14.706, und London, Petrie Museum, UC 14.864: Objekte aus dem Horus-Tempel in Hierakonpolis / Nekhen (Oberägypten): „Zaubermesser“: Scheibe (Paneel): London, Petrie Museum, UC 14.863 Im Kontext von Tier- und Vogeldarstellungen auf den Elfenbeinobjekten aus Hierakonpolis ist auch der Waldrapp dargestellt. Die Darstellungen sind vergleichsweise naturnah. Obacht ist jedoch darauf zu legen, dass der Waldrapp von Vögeln unterschieden wird, die ähnlichen Kopfschmuck zeigen, jedoch bloß über einen kurzen Schnabel verfügen (Sagittarius serpentarius, Secretary bird). Die Darstellungen auf dem Hauptstück des „Zaubermessers“ (aus Nilpferd) (in Kairo) bzw. auf dem Paneel (aus Elephant) (3. Reihe von oben, Mitte) scheinen am ehesten für den Waldrapp zu sprechen (vgl. Pyke und Colman, Park sowie Janák). Es ist auf den Kopfschmuck und auf den langen und gebogenen Schnabel hinzuweisen. Bussmann identifiziert den Vogel des „Zaubermessers“ jedoch als „Kranich (?)“, die Vögel des Paneels differenziert er nicht. Der Waldrapp hat in den hier vorliegenden Darstellungen keine Verbindung zu den metaphysischen Konnotationen, die mit der Akh-Hieroglyphe verbunden sind. 45 Der zweite Teil des TierDefilées des „Zaubermessers“ wird unter derselben Signatur UC 14.864 (Quibell, Bd. 2, Tafel 32, 5 [links unten]) verwahrt und zeigt (neben anderen Tieren) ebenfalls einen Vogel mit Kopfschmuck. Dessen Schnabel ist jedoch kurz, es wird sich um einen „secratary bird“ handeln. Quibell, Green, Hierakonpolis, 1900/1902, Bd. 1, Tafel 6 (Fig. 6: Photo), Tafel 16 (Fig. 1 und 4: Nachzeichnungen); Bd. 2, S. 36 (zu pl. VI,6) und S. 37 (zu pl. XVI,1), Tafel 32; Pyke, Colman, Bird, 2006, S. 6; Park, Decan, 2008 (LINK), bes. S. 103–111; Janák, Spotting the Akh, 2010, S.17–31, bes. S. 22. Bussmann, Provinztempel, 2010, zum „Zaubermesser“ Bd. 1, S. XXXIX, 245, 527, Bd. 2, S. 96 (Abb. 5.76 [H2146]); zum Paneel Bd. 1, S. XL, S. 248, 530, Bd. 2, S. 102 (Abb. 5.105 [H 2183]); Darnell, Inscriptions, 2017, S. 49–64, bes. S. 57f. http://petriecat.museums.ucl.ac.uk/dispatcher.aspx?action=search&database=ChoiceUCLPC&s earch=accession_number=%20%27UC14863%27&limit=10&SRT0=&TYP0=&SEQ0=&position= 1: (Petrie-Museum, UC 14.863) http://petriecat.museums.ucl.ac.uk/dispatcher.aspx?action=search&database=ChoiceUCLPC&s earch=accession_number=%20%27UC14864%27&limit=10&SRT0=&TYP0=&SEQ0=&position= 1: (Petrie-Museum, UC 14.864) 46 ca. 2613–2181 vor Christus: Relieffragment mit Vogellauf Bildquelle Kairo, Ägyptisches Museum, Relieffragment: Vogellauf mit Akh-Vogel Das Fragment eines Kalksteinreliefs könnte einen Waldrapp (Akh-Vogel) zeigen, der von einem Menschen (König) in der Hand gehalten wird. (Der Konjunktiv ist notwendig, da der Schnabel, der für eine Bestimmung unabdingbar berücksichtigt werden muss, bloß in minimalen Spuren erhalten ist.) Dargestellt ist der sogenannte „Vogellauf“ eine rituelle Handlung bei der der König mit dem AkhVogel (der Figur eines solchen) zu einer Gottheit läuft. Die vom Ägyptischen Museum angegebene Datierung widerspricht den Angaben, die älteste Darstellung des Vogellaufes stelle Königin Hatschepsut (1479–1458 vor Christus) in der Hathor-Kapelle ihres Totentempels in Deir elBahari (nördlich von Theben) dar. Janák, 2020, S. 92f., geht davon aus, dass beim Vogellauf nicht ein realer Vogel gehalten wurde, sondern ein Abbild des (wie Janák meint damals vielleicht gar nicht mehr in Ägypten heimischen) Waldrapps. Zum Vogellauf (ohne des hier vorgestellten Reliefs): Janák, Spotting the Akh, 2010, S.17–31, bes. S. 27; Jiří Janák, Running with Images. Ritualised Script in the Vogellauf, Rudderlauf and Vasenlauf, in: Miroslav Bárta, Jiří Janák (Hgg.), Profane Landscapes, Sacred Spaces, Sheffield 2020, S. 89–96; http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=050703220243 (nennt 16 [andere] Darstellungen des Vogellaufes). https://egypt-museum.com/post/165192398791/relief-fragment-of-an-akh-bird-limestone (ohne Angabe einer Inventarnummer – geposted am 10. September 2017 [derzeit nicht mehr erreichbar; für ein Bild vgl. jedoch HIER]) 47 2504–2347 vor Christus (5. Dynastie): Mastaba des Hetepherakhti aus Saqqara Bildquelle Leiden, Rijksmuseum van Oudheden, F 1904/3.1-b: Mastaba des Hetepherakhti aus Saqqara (südlich von Kairo) Auf der Mastaba des Hetepherakhti (Hetepherachet, Hetepherachty, Hetepherachti, Hetepherakhet, Hetepherakhty, Hetep-her-akhti) aus Saqqara sind vergleichsweise naturnah gestaltete Akh-Hieroglyphen zu sehen (Teilansicht 022407; Detailphoto KE 16609) Vergleichbar sind, ebenfalls aus der 5. Dynastie (2504–2347 vor Christus), die Mastaba des Akhet-hotep (Akhethetep) aus Saqqara (Louvre, E 10958 A: 2453– 2380 vor Christus) oder jene des Seshathotep (Seshathetep) in Giza (Digital Giza, G 5150). Kumerloeve, Kenntnis, 1983, S. 197–234, bes. S. 210, 212; 48 Janák, Spotting the Akh, 2010, S.17–31, bes. S. 23f.; Janák, Northern Bald Ibis, 2013, S. 6. https://nickyvandebeek.com/projects/hetepherakhty/ 49 um 2430 vor Christus (Mitte 5. Dynastie): Diadem aus Giza Bildquelle Boston, Museum of Fine Arts, Acc.-Nr. 37.606a: Diadem aus Giza, Mastaba G 7143 B Das zerbrochene und stark beschädigte Diadem aus vergoldetem Kupfer wurde 1927 im hölzernen Sarkophag der Grabkammer im Bereich des Schädels gefunden. Dunham, S. 24, publiziert ein Photo vor den Restaurierungsarbeiten. Das Schmuckstück wird von zwei einander zugewandten Waldrappen bekrönt, deren Schnäbel sich kreuzen. Pigmentreste erlauben Dunham eine sehr bunte Rekonstruktion der beiden Vögel (rot und grün) (siehe Abb. auf S. 24). Die Datierung in die Mitte der 5. Dynastie folgt Dunham, S. 23. Ein weiteres Diadem befindet sich im Ägyptischen Museum in Kairo. Es ist aus massivem Gold gefertigt und stammt ebenfalls aus Giza. Es wurde in der ungestörten Grabkammer einer Frau gefunden und wird von Dunham an das Ende der 4. oder an den Beginn der 5. Dynastie datiert (Dunham, S. 26f. mit Abb. und http://giza.fas.harvard.edu/objects/54879/full/). 50 Dunham, S. 27f., geht wegen der Fragilität der Diademe davon aus, dass es sich bei den Stücken nicht um den Kopfschmuck handelt, den lebende Personen trugen, sondern um, Funeralobjekte, die also erst für die Begräbnisfeierlichkeiten hergestellt wurden. Dows Dunham, An Egyptian Diadem of the Old Kingdom, in: Bulletin of the Museum of Fine Arts 44 (1946), S. 23–29; Egyptian Art in the Age oft he Pyramids, Jewelery in the Old Kingdom, New York Metropolitan Museum of Art 1999, S. 304 (Patricia Rigault: die Autorin nennt ein weiteres Beispiel in Leipzig, Ägyptisches Museum, 2500, aus Mastaba G 208 in Giza [Ende 5. Dynastie]); Stephanie Joan Harris, Decoding Ancient Egyptian Diadems: Symbolism and iconography as a means of interpreting feminine identity, University of South Africa 2018 (LINK), S. 135–140 (Diadem in Kairo), S. 140–144 (in Leipzig), S. 144–148 (in Boston); Fritz, Janák, Intervention, 2020, S. 10. https://collections.mfa.org/objects/147991; http://giza.fas.harvard.edu/objects/16146/full/. 51 1991–1802 vor Christus (12. Dynastie): Mastaba des Hesu-wer in Kom el Hisn Bildquelle Kom el-Hisn (Nildelta), Mastaba des Hesu-wer (Hsw / Khesu-wer) Die Grabkammer wird in die 12. Dynastie datiert, Campbell Cowan Edgar schlägt die Regierungszeit Amanemhet III. (1860–1814 vor Christus) vor. Janák behandelt eine Darstellung, die viele Vögel zeigt, die – was er besonders hervorhebt – eben nicht als Schriftzeichen sondern als Darstellung der Vögel zu verstehen ist. David P. Silverman, The Tomb Chamber of Hsw the Elder, Winota Lake 1988, Tafel 31, 34; Faiza Mahmoud Sakr, New Foundation Deposits of Kom el-Hisn, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 22 (2005), S. 349–355; Janák, Spotting the Akh, 2010, S.17–31, bes. S. 24–27; Janák, Northern Bald Ibis, 2013, S. 6. Fritz, Janák, Intervention, 2020, S. 10. 52 1295–1069 vor Christus (19./20. Dynastie): Stele aus Medinet Habu Bildquelle Chicago, University, Oriental Institute, Reg.-Nr. E14287: Stele aus Luxor, Medinet Habu (Oberägypten) Die Stele, die 1929 ergraben wurde, zeigt nicht nur beispielhaft eine Akh-Hieroglyphe, sondern hat auch das Akh-Werden von Verwandten zum Darstellungsinhalt: Sethmose bringt seinem (verstorbenen und zu einem Akh-gewordenen) Bruder Nakht Opfer, um vor Gefahr und Krankheit geschützt zu werden. Die Hieroglyphen-Darstellung ist durchaus dem Naturvorbild ähnlich. Virginia Rimmer Herrmann, J. David Schloen (Hgg.), In Remembrance of Me. Feasting with the Dead in the Ancient Middle East, Chicago 2014, S. 131 (Emily Teeter). https://oi-idb.uchicago.edu/id/9c29ecec-a1de417b-b8c8-ee71f24a5e9e (mit Bibliographie) 53 924–890 vor Christus (22. Dynastie): Mumienbrett des Penmaat Bildquelle Brüssel, Musées Royaux d’Art et d’Histoire, E.06.309: Mumienbrett des Penmaat Das Mumienbrett in Brüssel stammt aus Luxor, wohl Deir elBahari. Die Darstellung ist, abgesehen von den Farben, durchaus eindeutig. Der lange gebogene Schnabel, der Federbusch am Hinterkopf und die allgemeinen Proportionen stimmen mit dem Waldrapp überein. Die Farbigkeit, vor allem der orangerote Federbusch kann mit dem Naturvorbild nicht in Verbindung gebracht werden. David Nunn, A Palaeography of Polychrome Hieroglyphs: Online-Publikation 2020: https://www.phrp.be/Palaeography.php: bei „G25: crested ibis“ https://www.carmentis.be:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection &objectId=82940 54 764–406 vor Christus: Funde aus der Grotte Bodine Knochenfund Lyon, Muséum d’Histoire naturelle, no. 20-165965 und 20-165966: Funde aus der Grotte Bodine in Labastide-de-Virac (Departement of Ardèche – Frankreich) Die Knochenfunde aus einer Kalksteinwand über dem Fluss Ardèche im Süden Frankreichs sind die ersten Knochenfunde eines Waldrapps aus Frankreich. Sie stammen wahrscheinlich von einem Individuum. Cécile Mourer-Chauviré, Michel Philippe, Stéphane Guillard, Marcel Meyssonnier, Presence of the Northem Bald Ibis Geronticus eremita (L.) during the Holocene in the Ardeche valley, southem France, in: Ibis 148 (2006), S. 820–823; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 70; Registre fossile, 2013: http://ibis-chauve.blogspot.com/2013/07/registre-fossile-des-ibischauves.html. 55 570–526 vor Christus (26. Dynastie, Pharao Amasis II.): Naos aus Sa elHagar Bildquelle Leiden, Rijksmuseum van Oudheden, AM 107: Naos aus Sa el-Hagar / Sais (Unterägypten), linke Seite, II.7 Marco Zecchi, S, 31, betont, dass nach seiner Ansicht die hier vorliegende Darstellung das einzige Beispiel für eine Darstellung des Waldrapps, der bei den Alten Ägyptern als AkhVogel auch über die Funktion als Hieroglyphenzeichen hinausgehende metaphysische Bedeutung hatte, aus dieser späten Periode der ägyptischen Geschichte sei. Dem sind unter anderem die Darstellungen am Horustempel in Edfu entgegenzustellen (siehe bei nach 237 vor Christus), die freilich, trotz der detaillierten Darstellung, Schriftzeichen sind. Marco Zecchi, The Naos of Amasis. A monument for the reawakening of Osiris (Palma: Papers on Archeology of the Leiden Museum of Antiquities 20), Leiden 2019, passim, bes. S. 17 (Seitenansicht), 30f., 52 (Strichzeichnung), 122. 56 432–370 vor Christus: Silbermünze aus Stymphalus Bildquelle London, British Museum, 1841,B.2012: Silbermünze aus Stymphalus (Achaea) Die Identifikation, die DesFayes vorschlägt, die legendären Stymphalídes órnithes der Münze mit dem Waldrapp gleichzusetzen, wird durch das Münzbild nur bedingt gestützt, das als als Kopf und Nacken eines „crested water-bird“ beschrieben wird. Alle in Stymphalus geprägten und im British Museum vorhandenen Münzen, von denen viele Vogelbüsten zeigen (siehe HIER), machen zwar verständlich, warum DesFayes an den Waldrapp dachte (mitunter Schopf bzw. Nackenschopf, mitunter schmaler, mitunter gebogener Schnabel), eine Identifikation erscheint jedoch trotzdem höchst problematisch. Reginals Stuart Poole (Hg.), Catalogue of Greek Coins: Percy Gardner, Peleonnesus (excluding Corinth), London 1867, S. 199 und Tafel XXXVII, 1; Michael DesFayes, Evidence for the ancient presence of Bald Ibis, Geronticus eremita, in Greece, in: Bulletin of the British Ornithologists' Club 107 (1987), S. 93–94. https://www.britishmuseum.org/collection/object/C_1841-B-2012 (Museumsdatenbank) 57 nach 237 vor Christus: Horustempel in Edfu, Hieroglypheninschrift Bildquelle Edfu, Horustempel, Hieroglypheninschrift Der dem lokalen Horus-Gott geweihte Tempel in Edfu (Oberägypten) wurde 237 vor Christus gegründet. Die AkhHieroglyphe zeigt die physischen Merkmale des Waldrapps sehr klar. Als Erstinformation zur Tempelanlage in Edfu: https://de.wikipedia.org/wiki/Tempel_von_Edfu; Serra, Surrounding, 2012, online. 58 145–135 vor Christus: Itálica, Haus des Neptun, Mosaikfußboden Bildquelle Mosaikfußboden der Therme des Hauses des Neptun in Itálica (Santiponce bei Sevilla, Provinz Andalusien) Die Stadt Itálica wurde 206 vor Christus gegründet. In zahlreichen Häusern finden sich gut erhaltene Mosaikfußböden. Die Rahmenleiste des hier relevanten, 1970/73 freigelegten Mosaikfeldes zeigt nackte Krieger mit erigierten Penissen im Kampf mit Krokodilen und Waldrappen, wobei die Vögel offenbar vielfach siegreich sind. Auch auf Grund der Krokodile ist ein deutlicher Ägypten-Bezug bei der Ikonographie der Ausstattung feststellbar. Dass in diesem Zusammenhang Waldrappe so prominent auftreten, ist bemerkenswert. Josef Feldner (Mail vom 12. Jänner 2022) kann der von Iñigo Sánchez als sicher angenommenen Identifikation mit dem Waldrapp (Northern Bald Ibis) nicht uneingeschränkt folgen und hält es auch für möglich, dass Reiher dargestellt sind. 59 60 In der Casa de los Pájaros befindet sich ebenfalls ein Bodenmosaik. Die Felder sind mit Vogeldarstellungen gefüllt. Auch dort ist ein Waldrapp abgebildet, das Mosaikfeld ist freilich stark beschädigt. 61 Antonio Blanco Freijeiro, José María Luzón Nogué, El mosaico de Neptuno en Itálica, Sevilla 1974; Sánchez, Evidence, 2006, S. 105–110, bes. S. 107. https://artsandculture.google.com/asset/mosaico-de-neptuno/hQFBjgC0bA5sSw. Casa de los Pájaros (https://artsandculture.google.com/asset/mosaico-de-losp%C3%A1jaros/bwHJwjEWClrE8A?hl=es) 62 um 60/70: Plinius der Ältere, Historia naturalis Textquelle: Naturkundliche (ornithologische) Beobachtungen Plinius der Ältere, Historia naturalis Plinius schließt Liber X, cap. 58/134, so ab: „Visam in alpibus ab se peculiarem Aegypti et ibim Egnatius Calvinus praefectus earum prodidit.“ (online z. B.: Link). Egnatius Calvinus, Präfekt in den Alpen, hat berichtet, er habe dort sogar den in Ägypten heimischen Ibis beobachtet (Link; englische Übersetzung: Link). Die Glaubwürdigkeit des Plinius und der von ihm behaupteten Quelle werden von Strohl, S. 508f., und Faoro, S. 108, mit gewichtigen Argumenten in Frage gestellt. Zudem sind die Möglichkeiten der Identifikation sehr beschränkt, da über den Vogel, den der Präfekt der Alpen gesehen haben soll, keine Angaben gemacht werden außer dass er dem ägyptischen Ibis entspräche. Schon im Jahr 1555 kannte Gesner diese Stelle (für Details zu Gesner siehe unten unter 1555/1557): Auf S. 546 steht das Kapitel „De avibus quarum nomina incipiunt ab I. littera: De Ibide.“ (Link), das Zitat folgt auf S. 547. Freilich verband Gesner diesen Hinweis eben nicht mit dem Waldrapp, den er bei den ab S. 320 behandelten Raben (De corvo) auf S. 370f. beschreibt (Link). Die Passage lautet bei Gesner (S. 547) lautet vielmehr: Visam in alpibus ab se peculiarem Aegypti ibim, M. Egnatius Calvinus praefectus earum prodidit, Plinius. Scio ego in alpibus reperiri avem, quam nostri ciconiam nigram appellant: quam tamen ibin esse rostrum rectum non sinit. Ut neque corvus sylvaticus alpina avis nigra ibis esse mihi videtur, quanquam rostro adunco, quod alia quaedam non respondeant. Ibes Aegypti duplici genere distinguuntur. Sunt enim aliae candidae, aliae nigrae. Candidae apud Pelusium tantum non sunt, cum in reliqua tota Aegypto habeantur. Nigrae contra apud Pelusium tantum, in caetera Aegypto nullae, Aristoteles, Plinius, et Solinus. Rostrum non rectum, sed aduncum (προσωπον έπίγρυπον, Herodotus) vel obliquum ibidi tribuunt Plinius et Pausanias. Stymphalides aves magnitudine grues aequant, sed ibibus sunt similes, rostra tamen habent firmiora, et non ut ibes obliqua, Pausanias in Arcadicis. Die entsprechende Passage ist in der deutschen Ausgabe von 1557 auf fol. 160v deutlich verändert. Unter anderem fehlt das Plinius-Zitat. Gesner bestreitet dort zudem, dass der behandelte Ibis und der Waldrapp identisch seien: In Alpen findt man einen vogel, so ein schwartzer Storck genennt, welcher doch von waegen seines graden schnabels nit ein Ibis kan genennt werden. Wie auch der Waldrapp nit der schwartz Ibis seyn mag, ob er gleych wol einen krumben schnabel hat, darumb daß er im in übrigen stucken nit aenlich ist. 63 Die Stelle bei Plinius wirft viele Fragen auf, die hier nicht geklärt werden können. Vor allem muss offenbleiben, was Gesner genau über das Plinius-Zitat und die Identifizierung ägyptischer Ibis-Vögel mit dem Waldrapp dachte, und ob er seine Meinung nicht (mehrmals?) änderte. Davon unabhängig ist jedoch, dass aus Plinius kein Beweis für die Existenz (oder die NichtExistenz) des Waldrapps im 1. Jahrhundert vor Christus in Mitteleuropa (im Gebiet der Alpen) abgeleitet werden kann. 1591 bringt Simon Ostermann eine andere Stelle von Plinius mit dem Waldrapp in Verbindung: Lib. 10, Cap. 45: „Ibis circa Pelusium tantum nigra est, ceteris omnibus locis candida.“ Für weitere Angaben siehe bei 1591. Zum Text zum Beispiel: Plinius Secundus, Gaius, Historia naturalis, Naturkunde, lateinisch – deutsch, 10: Zoologie: Vögel, herausgegeben und übersetzt von Roderich König in Zusammenarbeit mit Gerhard Winkler, Düsseldorf 2. Aufl. 2007, S. 94f. bzw. 66. Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 544f.; Strohl, Waldrapp, 1917, S. 507–538, bes. S. 508f.; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 17; Hölzinger, Waldrapp, 1988, S. 64–66 (hält Plinius für glaubwürdig); Davide Faoro, Praefectus, procurator, praeses. Genesi delle cariche presidiali equestri nell'Alto Impero Romano, Mailand, Florenz 2011 (https://www.academia.edu/1026374), S. 108; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 64. 64 um 350/400: Funde vom Kaiserstuhl in Sponeck Knochenfund Spätrömische Befestigung Sponeck am Kaiserstuhl In den Jahren 1976/79 wurden Grabungen in Sponeck durchgeführt. Eine Fundmassierung ist in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts festzustellen, Einzelfunde sind bis ins 6. Jahrhundert dokumentiert. Münzfunde reichen bis ca. 380/90 (dazu im Detail Overbeck). Die mittelalterliche Burg wurde (an etwas anderer Stelle) ab 13. Jahrhundert errichtet und störte somit den antiken Bestand nicht. Eine für die hier behandelte Detailfrage unerhebliche Ergänzung der Bewertung der Funde wurde von Uwe Gross 2012 vorgenommen. Die Tierknochenfunde (32.328 Stück; 25.438 bestimmt) wurden von Reinhard Pfannhauser untersucht. Es handelt sich dabei vor allem um Küchenabfälle in ungestörtem Fundkontext der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts. 92,4% davon stammen von Haustieren, 7,4% von Wildsäugetieren, nur 33 Knochen von wildlebenden Vögeln (Seeadler, Kranich, Waldrapp: 2 Stück). Pfannhauser ist sich der Bedeutung des Fundes für die spezifische Forschungsgeschichte zum Waldrapp durchaus bewusst, kann daher nicht als vollkommen neutral eingestuft werden. Nicht ganz schlüssig ist die Annahme, der Waldrapp hätte in den steilen Felspartien unterhalb der Befestigung genistet. Wäre dies der Fall, dann wäre mehr Fundmaterial zu erwarten. Dass er im 4. Jahrhundert – so wie die anderen Wildvögel – als gelegentliche Jagdbeute der Ernährung der Soldaten diente, darf aber als gesichert gelten. Wo sich die Funde jetzt befinden, ist für mich derzeit nicht feststellbar. Eventuell in Freiburg/Breisgau, Museum für Ur- und Frühgeschichte. Zu Quellen aus dem nahegelegenen Breisach siehe bei 1191 (Überlieferung 1587) und 1593. Roksanda M. Swoboda, Gemarkung Jechtingen, Kreis Emmendingen, in: Fundberichte BadenWürttemberg 4 (1979: Link), S. 316–343; Bernhard Overbeck, Die Fundmünzen der Burg Sponeck, Gemarkung Jechtingen, Kreis Emmendingen, in: ebendort, S. 204–213; 65 Roksanda M. Swoboda, Die spätrömische Befestigung Sponeck am Kaiserstuhl (Münchner Beiträge zur Vor- u. Frühgeschichte 36), München 1986 (Eine Rezension hier: Link); Reinhard Pfannhauser, Tierknochenfunde aus der spätrömischen Anlage auf der Burg Sponeck bei Jechtingen, Kreis Emmendingen, Dissertation München, Tierärztliche Fakultät LudwigMaximilians-Universität 1980, passim (zum Fund) bzw. S. 10, 33, 89–92, Tafel 4 (zum Waldrapp: Coracoid in zwei Ansichten); Hölzinger, Waldrapp, 1988, passim; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 64. Uwe Gross, Zum Fundmaterial der spätrömischen Befestigung Sponeck – einige Ergänzungen und Korrekturen, in: Niklot Krohn (Hg.), Grosso Modo: Quellen und Funde aus Spätantike und Mittelalter. Festschrift für Gerhard Fingerlin, Weinstadt 2012, S. 25–37. 66 C-2 – Mittelalter (bis ca. 1500) Ob der Waldrapp in den beiden zentralen ornithologischen Werken des Mittelalters, bei Kaiser Friedrich II., De Arte Venandi cum Avibus, und bei Albertus Magnus, De animalibus (in dem 114 fliegende Tiere aufgezählt sind), vorkommt, muss differenzierter als in der Vorgängerversion dieses Textes behandelt werden. Bei Friedrich II. nimmt Kinzelbach, Modi auium, 2008, S. 63–135, bes. S. 73f. und 108f. (auch Kinzelbach, De arte venandi, 2008, S. 268–299, bes. S. 281, 291, 298 [Anm. 89]) an, dass sich Quedam in capite carent plumis et lanulis ut avis que dicitur caleranus niger campester habens rostrum et crura nigra (Lib. 1, Cap. 23 – Transkription nach Rom, Città del Vaitcano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1071, fol. 18r) auf den Waldrapp beziehe. In der süditalienischen Handschrift, die 1258/66 entstand (Katalogisat und Bibliographie [BAV], Katalogisat [UB, Heidelberg] und Digitalisat), wurde bei crura nigra später am Rand vermerkt (korrigiert) rubra. Die originalen Randillustrationen bilden den Waldrapp nicht ab (so auch das ikonographische Tool Heidicon: https://heidicon.ub.uni-heidelberg.de/detail/918339). Kinzelbach bringt noch eine weitere Stelle (Lib. 1, Cap. 54 – fol. 39r), wo ein galeranus campestris erwähnt wird, mit dem Waldrapp in Verbindung (https://heidicon.ub.uniheidelberg.de/detail/918369). Diese (durchaus nicht einheitlich vertretene) Identifikation auch bei Anita Albus, Von seltenen Vögeln, Frankfurt/Main 2005, S. 72–114, und S. 277, zu Friedrich II. besonders S. 73f. und S. 76. Bei Albert werden die (in Ägypten lebenden) Ibisse in Buch 23, Kapitel 24 behandelt. Josef Feldner (siehe Vorwort) bezieht einen Satz in diesem Abschnitt auf den Waldrapp: „Haec avis (nämlich der Ibis) licet aquatica sit, aquas non ingreditur, sed iuxta aquam colligit pisciclos et cadavera reiecta et alia animalia quae invenit et maxime serpentes.“ Wahrscheinlicher scheint es mir freilich zu sein, dass Albert damit keinen vom Ibis zu unterscheidenden Vogel benennt, sondern bloß eine weitere Eigenschaft des Ibis’ aufzählt. Viktor Hugo Suolahti, Vogelnamen, 1909, nennt auf S. 376 weitere Belegstellen, die freilich allesamt problematisch sind. Er nimmt die Interlinearübersetzung von „Ibis“ mit erdhuon (als ęgyptica avis bezeichnet) im Codex 106 in der Stiftsbibliothek Admont (fol. 146v), eine Abschrift der Versus de volucribus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts (ebenso in Cod. 476, fol. 124r), als Beleg für den Waldrapp, ebenso wie die Begriffe pirchhuen, der im Cod. 759, fol. 55v, stattdessen verwendet wird, und stainmuck, der im Codex 1325 der Österreichischen Nationalbibliothek (14. Jh.) auf fol. 106v steht. 67 Abgesehen von den oben behandelten Problemen ist die Quellenlage, wenig verwunderlich, während dieser Zeitspanne prekär. Die möglichen Bildquellen sind, ganz der Kunstauffassung der Periode entsprechend, wenig an einem konkreten Naturvorbild orientiert. Selbst wenn bei einzelnen Motiven Verbindungslinien zu real existierenden Vögeln evoziert werden sollen, Naturbeobachtung im wissenschaftlichen Sinn ist nicht das Ziel der Künstler. Erst im späten 15. Jahrhundert ändert sich das Bild. Auf zwei niederbayerischen Tafelbildern sind Waldrappe eindeutig erkennbar (siehe bei 4. Viertel 15. Jahrhundert). Die Textquellen sind rar und von ihrem Charakter disparat. Zwei erzählenden (chronikalen) Quellen (siehe bei 1191 (Überlieferung 1587) und bei um 1238 (Überlieferung nicht vor 1538)) ist, da sie beide erst aus dem 16. Jahrhundert überliefert sind und wohl damals auch verändert wurden, nur geringe Beweiskraft in Bezug auf die Existenz von Waldrappen zuzugestehen. Die archivalischen Textquellen aus Kloster Baumburg (siehe bei 1441 und 1471) sind ganz anders zu beurteilen. Rechnungsbüchern kommtn – abgesehen von lexikalischen Problemen – hoher Quellenwert zu. Wie bei den Bildquellen ändert sich das Bild auch bei den chronikalen Textquellen am Ende des 15. Jahrhunderts grundlegend. Der Bericht des Überlinger Stadtschreibers Conrad Zetler (siehe bei 1481 März (Überlieferung 1580)) ist, obwohl ebenfalls erst spät überliefert, vollkommen unverdächtig und belegt die Existenz von Waldrappen – so wie die oben genannten Tafelbilder – zweifelsfrei. Knochenfunde sind rar, einem (siehe bei um 1400 (nicht nach 1415)) kommt jedoch hohe Beweiskraft zu. 68 um 800/825: Liber viventium aus Kloster Pfäfers Bildquelle St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Fab. 1: Evangelistar aus Kloster Pfäfers mit Liber viventium Der Codex ist mit ganzseitigen Zierseiten zu den Evangelien und gemalten Bogenstellungen reich ausgestattet und überliefert die Evangelienperikopen in der Ordnung des Kirchenjahres. Ab ca. 830 wurden in die Rahmen Nekrologeintragungen (daher der Name Liber Viventium) und andere für die Abtei wichtige Dinge (Verzeichnisse) eingetragen. Die Bildzierseite zum Markusevangelium (p. 52) zeigt, wie die anderen derartigen Seiten auch, als Zwickelfüllung oberhalb von Bogenstellungen zwei Vögel, die mitunter als Waldrappe identifiziert wurden. Der eindeutig „pro-Waldrapp“-geprägte Text von Tschirky beruft sich auf Prof. Dr. Heini Hediger, früherer Direktor des Zürcher Zoos, der „beim ersten Blick (erkannte), dass es sich bei diesen Vögeln um Waldrappen handelt“. Eine Begründung bleiben Hedinger und Tschirky jedoch schuldig. Die Zierseite zu Matthäus (p. 4) hat an der Stelle, die auf p. 52 angeblich Waldrappe zeigt, eindeutig erkennbar Pfaue. Bei Lukas (p. 94) sind ebenso klar erkennbare Hähne abgebildet. Die Vögel bei Johannes (p. 144) sind nicht gleichartig (links wohl eine Ente). Dass zumindest teilweise erkennbare Vögel dargestellt werden sollten, kann daher auch für p. 52 angenommen werden. Der Kopf zeigt keinerlei Zierrat, der für einen adulten 69 (erwachsenen) Waldrapp typisch ist, und auch die Kahlheit des Kopfes wird nicht mit darstellerischen Mitteln betont. Der lange Hals könnte für einen Sichler oder eine andere Ibis-Art sprechen, die freilich nördlich der Alpen nicht heimisch sind. Gegen einen Reiher sprechen die zu kurzen Beine und die schwarz changierende Farbe. Der rote, recht schmale, erkennbar gebogene Schnabel verbleibt als einziges charakteristisches Merkmal, das für einen Waldrapp spricht. Die Zusammenschau dieser Elemente reichen mit dem Gesamtcharakter der Vogeldarstellungen in diesem frühmittelalterlichen Codex und der Wahrscheinlichkeit, dass in der Gegend Waldrappe lebten, um eine Identifizierung zumindest möglich erscheinen zu lassen. Bernhard Gönner bleibt skeptischer in Bezug auf diese Möglichkeit als der Autor, der die Möglichkeiten der Zeit, die stark auf Charakteristisches fokussieren, betont. Wenn der Waldrapp als Nahrungsquelle diente, wie dies vielfach belegt ist, dann könnten dem Maler Jungvögel (ohne Kopfschmuck) eher vertraut gewesen sein als erwachsene Tiere. Zur Handschrift: http://e-codices.ch/de/list/one/ssg/fab0001 (Digitalisat und Beschreibung): Jurot Romain (unter Mitarbeit von Rudolf Gamper), Katalog der Handschriften der Abtei Pfäfers im Stiftsarchiv St. Gallen, Dietikon-Zürich 2002 (Studia Fabariensia; 3), S. 81–83. Josef Tschirky, Der Waldrapp im Liber Viventium. Die abenteuerlich-tragische Geschichte des wundersamen Vogels, in: Terra plana 2005, S. 3–8; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 61. 70 um 1135: Kapitell aus Aulnay Bildquelle Aulnay (Département Charente-Maritime), Saint-Pierre, Kapitell im Langhaus Vergleichbar dem Kapitell aus der Wartburg – siehe den folgenden Eintrag – finden sich in Aulnay Vögel mit langen verschlungenen Hälsen (Link). Eine eindeutige Identifikation ist nicht möglich und, da die Wiedergabe der Nackenfedern fehlt, noch unwahrscheinlicher als im Beispiel aus Thüringen. Die Datierung beruht auf der Tatsache, dass der romanische Ausbau der Kirche nach der Besitzübertragung an das Domkapitel von Poitiers, die 1122 erfolgte, begann. Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 70. 71 3. Viertel 12. Jahrhundert: Kapitell aus der Wartburg Bildquelle Eisenach, Wartburg, Landgrafenhaus, Erdgeschoß, Kapitell der Mittelstütze im Rittersaal (ehem. Küche) Das Kapitell wurde 1902 erneuert, Voss, S. 27, publiziert neben den Nachzeichnungen auch ein Photo des Zustandes vor der Erneuerung. Es belegt, dass die Nachbildung für unsere (nicht stilgeschichtlich, sondern ikonographisch orientierten) Interessen ausreichend ähnlich mit dem ursprünglichen Stein ist. May weist bei den Vögeln mit den langen verschlungenen Hälsen auf den angedeuteten Nackenschopf, auf den bis auf den Nacken kahlen Kopf, auf den relativ langen, nach unten gekrümmten Schnabel, auf den kurzen Schwanz und auf die relativ langen (angewinkelten) Läufe hin. Er ordnet diese Merkmale einem Ibis zu und weist darauf hin, dass als einziger Vertreter dieser Familie der Waldrapp in Frage käme. Anders als beim oben behandelten Liber viventium aus Pfäfers (siehe bei um 800/825) finden sich auf der Wartburg allerding keine anderen, mit realen Vögeln identifizierbaren Darstellungen. Bernhard Gönner verweist darauf, dass der Steinmetz die Oberfläche des Kopfes (kahl) von jener des Halses unterschieden hat. Auch der gebogene Schnabel könnte als Indiz für eine Identifizierung als Waldrapp gewertet werden, ebenso wie die Tatsache, dass noch im 17. Jahrhundert in Thüringen Waldrappe nachweisbar sind (siehe bei 1603–1662 (wohl um 1632/33)). Man könne auch negativ argumentieren: Die Identifikation mit Kranich, Storch und 72 Reiher ist wegen der geraden Schnäbel dieser Vögel auszuschließen, für einen Schwan ist der Schnabel jedenfalls zu lang. Trotzdem bleibt kaum mehr als eine vage Möglichkeit, dass hier dem Künstler ein Waldrapp vor Augen gestanden sein könnte. Für die „Kommentierte Artenliste der Vögel Thüringens“ von Fred Rost und Herbert Grimm reichte das 2004 freilich aus, den Waldrapp aufzunehmen. Georg Voss, Die Wartburg (Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, Großherzogtum SachsenWeimar-Eisenach, Amtsgerichtsbezirk Eisenach), Jena 1917 (online), S. 27–29 (ohne Bezug zum Waldrapp); Karl Nothnagel, Adlerkapitell, in Reallexikon deutscher Kunst, Bd. 1 (1933), Sp. 180–187 (online) (ohne Bezug zum Waldrapp); Pegoraro, Waldrapp, 1996, S. 26 (Hinweis von Helmut Pechlarner); Mey, Zeugnisse, 1997, S. 3–17; Fred Rost, Herbert Grimm, Kommentierte Artenliste der Vögel Thüringens, in: Anzeiger des Vereins Thüringer Ornithologen 5 (2004), Sonderheft, S. 3–78, bes. S. 25; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 66. Eine gute Abbildung des Kapitels in seinem heutigen (erneuerten) Zustand: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wartburg_Rittersaal__Mittels%C3%A4ule_2_Kapitell.jpg. 73 1191 (Überlieferung 1587): Chronikaler Bericht zum Turm von Breisach Textquelle (chronikal) Straßburg / Strasbourg, Stadtarchiv Archives de la Ville: Daniel Specklin, Collectaneen (Specklini collectanea in usum Chronici Argentinensis) Auf fol. 73 (S. 218 der Edition) steht: Anno 1191 baute herr Berthold V. von Zäringen zu Breisach, nachdem er die kirche vollendet hatte, den grossen thurm im schloss. Denn als kaiser Friedrich starb, nahm er solches zu seinen handen, baut es vest, wie andere orte mehr: denn sie stets krieg hatten ums herzogthum Schwaben, auch wider die Burgunder. In diesem thurm halten sich die waldrappen. Daran steht gehauen: Hanc dux Bertoldus portam struxisse notatur / A quo pro fraude Burgundia depopulatur. Er liess auch den tiefen brunnen durch den felsen machen. Die Nachricht ist in den Collectaneen des in Straßburg lebenden Festungsbaumeisters Daniel Specklin (1536–1589) überliefert, die 1587 gedruckt hätten werden sollen, was jedoch unterblieb. Weder die Quellen des Manuskripts des 16. Jahrhunderts sind bekannt, noch ist dieses selbst erhalten. Andererseits ist die genannte Inschrift, wenn auch nur bruchstückhaft, erhalten. Sie kann jedoch keinesfalls 1191 entstanden sein, sondern erst nach 1198; vergleiche Gabriele Weber, „Hanc Dux Berchtoldus …“ Zur Wiederauffindung eines zähringischen Inschriftenfragments von der Breisacher Burg, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 21 1992, S. 52–54; zur historischen Situation Thomas Zotz, Eine kurze Geschichte der Zähringer, in: Mittelalter. Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 23 (2018), S. 110–118, bes. S. 115–117. In Breisach sind im späten 16. Jahrhundert Waldrappen nachweisbar (siehe bei 1593). So wie die Formulierung bei Specklin klingt, könnte sie sich auf in Gefangenschaft lebende Waldrappe beziehen, die nicht um 1200 lebten, sondern zur Lebenszeit des Kompilators. Rodolphe Reuss, Les collectanées de Daniel Specklin, architecte de la Ville de Strassbourg, in: Bulletin de la Société pour la conservation des monuments historiques d'Alsace 13 (1888), S. 157–360, bes. S. 218. 74 um 1238 (Überlieferung nicht vor 1538): Entdeckung der Therme Pfäfers Textquelle (chronikal) Entdeckung der Therme Pfäfers bei Bad Ragaz Zur Entdeckung der Therme Pfäfers in der Taminaschlucht bei Bad Ragaz wird von einem Jäger berichtet, der in das Tobel gestiegen sei, um Waldrappe auszunehmen. Die Überlieferung dieses Ereignisses taucht zuerst bei Tschudi im Jahr 1538 auf: S. 60: Porrò thermae Favarianae intra trecentos annos [also um 1238] repertae sunt per venatorem quendam, qui ex familia sua Vogler vocatus fuit; hic insecutus pullos corvorum sylvestrium, pervenit in invium desertum, descendensque in profundum montium hiatum, invenit aquas calidas. Est aut dominium illarum thermarum abbatis Favariani. Der Text ist auch in der ebenfalls 1538 erschienenen deutschen Fassung auf fol. hIVvf. enthalten: Das warm bad zuo Pfaevers ist erst innert drühundert jaren durch einen jaeger erfunden, hat von geschlecht der Vogler geheyssen, der was jungen Waldrappen in das ruch unwandelbar tobel nachgestigen etc. Werner Vogler stellte die Quellen zur Geschichte des Bades 1986 umfassend zusammen. Neben für uns unerheblichen archivalischen Quellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert ist als älteste erzählende Quelle zum Bad Felix Hemmerlis (Malleolus) Traktat De balneis naturalibus hic et alibi constitutis (vor 1459) zu nennen (vgl. Vogler, S. 519f.), in dem freilich weder Jäger noch Waldrappe erwähnt werden. Die Waldrappe treten zuerst bei Tschudi auf. Zehn Jahre nach Tschudi wird der Bericht, leicht modifiziert bei Stumpf (siehe bei 1548) wiederholt (foll. 322v–323r: 10. Buch, 23. Kapitel). Bei Gesner (siehe bei 1555/1557), S. 337, steht der Bericht erstmals im ornithologischen Zusammenhang: „[die Waldrappen] Fabarias thermas repertas aiunt.“ Die Episode von den Waldrappen und der Entdeckung der Quellen auch bei Johann Guler von Weineck, Raetia (siehe bei 1616) erwähnt. Die Gründungserzählung wird bei Augustin Stöcklin ausgebaut, der 1630 erstmals Jäger des Abtes nennt, welche den Familien Vils und Thuli aus Vilters entstammten würden. Der geschilderte Vorgang deutet auf die Erfahrungen des 16. Jahrhunderts. Da es keinerlei historische Absicherung der Entstehung des Bades in Pfäfers im 13. Jahrhundert gibt, ist der Quellenwert für diese Zeit gering (nicht vorhanden). Text mit Erwähnung der Waldrappe: Aegidius Tschudi, De prisca ac vera Alpina Rhaetia, cum caetero Alpinarum gentium tractu, nobilis ac erudita ex optimis quibusque ac probatissimis autoribus descriptio, Basel 1538 75 (VD 16 T 2155), S. 60; Gilg Tschudi, Die uralt varhafftig alpisch Rhetia sampt dem tract der anderen alpgebirgen nach Plinii Ptolemei Strabonis auch anderen welt- unf gschichtscheybern warer anzeygung, Basel 1538 (VD 16, T 2153), fol. hIVvf.; detto VD 16, T2154, Basel 1560, fol. h IVvf. Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 539; Strohl, Waldrapp, 1917, S. 510–512; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 15; Vogler, Geschichte, 1986, S. 515–517; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 61. 76 um 1400 (nicht nach 1415): Funde aus der Alt-Wartburg bei Olten Knochenfund Brugg, Archäologische Sammlung des Kantons Aargau (ehem. Olten, Historisches Museum): Archäologische Funde aus der Alt-Wartburg bei Olten Die Knochen wurden 1966 in der Südostecke innerhalb des Wohnturms, Schicht K, gefunden. Der Ausgräber Werner Meyer datierte diese Schicht um 1400. Als spätestes Datum steht 1415 fest, damals wurde die Burg zerstört und der Boden mit einer dicken Schuttschicht bedeckt. Zur heutigen Situation vgl. https://www.ag.ch/de/bks/kultur/archaeologie_denkmalpflege/archaeologie/sehenswuerdigkeiten /sehenswuerdigkeiten_details/dynamische_detailseite_46601.jsp. Die Tierknochen des Fundkomplexes sind als Speisereste zu interpretieren. Die darunter befindlichen Waldrapp-Knochen stammen alle von einem Individuum. Häsler gibt die Schnabellänge mit mindestens 15 cm an. Dieser Knochenfund gilt zu Recht als der entscheidende Beleg für die Existenz des Waldrapps im 15. Jahrhundert im mitteleuropäischen Raum. Er bildet gleichsam die reale Grundlage, die schriftlichen Quellen und die uneindeutigen Bildquellen zu bewerten. Stephan Häsler, Erster sicher datierbarer Skelettfund des Waldrapps Geronticus eremita aus der Schweiz, in: Ornithologischer Beobachter 74 (1977), S. 30; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 15; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 61. Online-Inventar der Kantonalen Denkmalpflege Aargau: http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=24954. Herzlichen Dank an Frau Regine Fellmann von der Archäologischen Sammlung des Kantons Aargau für die Suche nach den Waldrapp-Knochen aus Alt-Wartburg. 77 1441: Kloster Baumburg, Ausgabenbuch Textquelle (archivalische) München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, KL Baumburg 42: Rechnungsbuch (Ausgabenbuch) des Klosters Baumburg 1441–1453 Zwei Netzquellen behaupten, der Waldrapp sei in einem Rechnungsbuch des Klosters Baumburg zum Jahr 1441 nachweisbar. Die Angaben sind jedoch zu ungenau, um in der Quelle den Ort, an dem der Waldrapp genannt sein soll, zu finden (siehe den Brief von Frau Weinberger). Bei einem grundsätzlich ähnlichen Fall aus Baumburg (siehe bei 1471) sind die Angaben präziser und haben sich als korrekt erwiesen. Dort wird von einem Steinraben berichtet. https://www.biologie-seite.de/Biologie/Waldrapp; https://beutelwolf-blog.de/portrait-waldrapp; Brief von Elisabeth Weinberger, München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv vom 8. Dezember 2020. 78 um 1455: Stadtbuch von Waidhofen an der Thaya Bildquelle Waidhofen an der Thaya (Niederösterreich), Stadtarchiv, Cod. 1: Stadtbuch Das Stadtbuch von Waidhofen an der Thaya enthält Aufzeichnungen, die für die Stadt wichtige Rechtsgeschäfte festhalten und so der Rechtssicherheit dienen sollen. Die Erstanlage eines derartigen Corpus muss noch im späten 14. Jahrhundert erfolgt sein, das hier vorliegende Buch wurde um 1455 angelegt und einige Jahre weitergeführt. Das Stadtbuch beginnt auf fol. 2r mit einer großen Initiale H(ie), die aus einem Schaft besteht, dessen Form an Notarssignete erinnert, und einem Bogen, der als Vogel gestaltet ist. Seit dem Jahr 1971 wird der dargestellte Vogel mit dem Waldrapp in Verbindung gebracht. Wie bei einigen anderen mittelalterlichen Bildquellen – Liber viventium aus Pfäfers (siehe bei um 800/825), Kapitelle aus Aulnay (siehe bei um 1135) und von der Wartburg (siehe bei 3. Viertel 12. Jahrhundert) sind die Hälse extrem verlängert. Dies ist offensichtlich dem gestalterischen Wollen geschuldet, eine Naturähnlichkeit wird nicht angestrebt. Der lange gebogene Schnabel und der Kopfschmuck belegen freilich, dass der Künstler nicht bloß irgendeinen beliebigen Vogel wiedergeben wollte, sondern dass er charakteristische Motive in seine Darstellung einbaute: Der Kopfschmuck mit seinen „Augen“ erinnert stark an einen Pfau. Der lange, dünne, im vorderen Bereich gebogene Schnabel ist jedoch keineswegs mit einem Pfau zu verbinden. Vielmehr fehlt das zentrale und charakteristische Merkmal, das bei Darstellungen von Pfauen im Mittelalter immer vorkommt, die langen Schwanzfedern, die der Vogel zu einem Rad anordnen kann. Dieses Beispiel verdeutlicht auf exemplarischer Weise wie vielschichtig die Interpretation mittelalterlicher Bildquellen sein kann. 79 Otto H. Stowasser, Das Stadtbuch von Waidhofen an der Thaya. Mit einer Einleitung über die privatrechtlichen Stadtbücher des Wiener Rechtskreises, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 15/16 (1916/17); S. 1–116; Eduard Führer, 600 Jahre Waidhofner Stadtbuch (1383–1484), in: Das Waldviertel 32 = 43 (1983), Folge 7/8/9, S. 160–169; Helmut Hutter, Wie kam der Waldrapp nach Waidhofen?, in: Museum für alle 7 (2004), S. 8–11; Franz Fischer, Schätze aus dem Waidhofner Stadtarchiv, in: Online-Fassung der Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN), 24. April 2019 (Ausgabe Waidhofen an der Thaya): LINK; Martin Roland, Das Stadtbuch von Waidhofen an der Thaya. Verwaltungsschrifttum als Mittel städtischer Repräsentation, in: Das Waldviertel 70 (2021), S. 361–388. https://manuscripta.at/?ID=45890 (mit Digitalisat, Bibliographie und allen relevanten Angaben). 80 1460, nicht nach: Pier Candido Decembrio, De omnium animantium naturis atque formis Textquelle Rom / Roma, Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb. lat. 276: Pier Candido Decembrio, De omnium animantium naturis atque formis (Digitalisat) Der Text des Pier Candido Decembrio (Petrus Candidus Decembrius – 1399–1477) ist nicht nach 1460 entstanden, da das Widmungsexemplar an Lodovico III. Gonzaga, Markgraf von Mantua, 1460 datiert ist (siehe die von Decembrio eigenhändig dem Kolophon auf fol. 231v beigefügte Jahreszahl (Pyle, Art and Science, S. 278). Cynthia M. Pyle hat ein zweites, von der Grundausstattung übereinstimmende Abschrift auffinden können (siehe Literatur). Das Werk ist nach Gruppen aufgebaut, innerhalb derselben alphabetisch. Der Ibis ist Teil des zweiten, den Vögeln gewidmeten Buches und wird auf foll. 98v–99v behandelt (vgl. die Liste von Killermann, S. 121). Petrus Candidus geht auf die Unterscheidung des weißen und des schwarzen Ibis’, die auf eine Stelle in der Historia animalium des Aristoteles zurückgeht, ein und erwähnt auch Pelusium als Ort seines Auftretens (Killermann, S. 172): Ibis avis est, ut Solinus scribit, circa ripas Nili fluminis inhabitans, quę serpentum depopulatur ova (…) Nigras aves ibices Pelusium habet, reliqua vero pars Ęgypti candidas. Hanc avem non nulli ciconiam esse credidere ignari earum generis diversitatis, nisi forte ciconiarum genus aliud arbitrentur non consuetum videri in Europę orbe nostro, cum Plinius affirmet, ibices rostrum aduncum habere, quod in ciconiis longe differt, quarum (?) rostrum directum longum et acutum videmus, neque tarnen in summitatis acumine acutum. Sicque in multis natura diversa. Der Inhalt ist für 1460 durchaus bemerkenswert. Trotzdem ist die Verbindung des Ibis’ aus Pelusium und dem Geronticus eremita (Waldrapp) nur sehr vage und würde eine Aufnahme in diese Sammlung nicht rechtfertigen, da ja auch der Grundtext des Aristoteles nicht aufgenommen wurde. Dass Decembrios Text doch Aufnahme fand, hängt mit seiner Rezeption im späten 16. Jahrhundert zusammen. In die Handschrift Urb. lat. 276 wurden im Bas de page im Rahmen einer Illustrationskampagne der 1590er-Jahre durchgehend ungerahmte 81 Deckfarbenbilder von außerordentlicher Qualität hinzugefügt. Auf fol. 99r wurde dem Abschnitt zum Ibis eine Illustration beigegeben, deren Vorbild der Holzschnitts des Waldrapps in Conrad Gesners Liber avium (siehe bei 1555/1557) ist. Die ergänzte Illustration wird in einem eigenen Eintrag behandelt: siehe bei 1590/1600. Die Grundausstattung dieses Bandes gehört zweifelsfrei der lombardischen Kunst der Mitte des 15. Jahrhunderts an (vgl. die Incipitseite fol. 1r mit dem Titel, der Widmung, einer heraldischen Miniatur und einer Bianchi girariInitiale). Diese Grundausstattung wird dem Maestro di Ippolita zugeschrieben (z. B. Pyle, Art and Science, S. 278), dem zuletzt Laura Alidori auch eine 1463 datierte illuminierte Urkunde zuweisen konnte (Link). Zu Urb. lat. 276 siehe: http://www.mss.vatlib.it/guii/console?service=shortDetail&id=1259 (Katalogisat) und https://digi.vatlib.it/view/MSS_Urb.lat.276 (Digitalisat), https://digi.vatlib.it/mss/detail/Urb.lat.276 (Bibliographie) Sebastian Killermann, Das Tierbuch des Pier Candido Decembrio (Petrus Candidus Decembrius: 1399–1477) geschrieben 1460, gemalt im 16. Jahrhundert (Codex Vaticanus Urb. lat. 276.), in: Zoologische Annalen 6 (1914), S. 113–221, Tafel 1–8. Cynthia M. Pyle, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Codex Urbinas latinus 276, Faksimile und Begleitband (Codices e Vaticanis Selecti, LX), Zürich 1984; Cynthia M. Pyle. Harvard MS Richardson 23: A «Pendant» to Vatican MS Urb. lat. 276 and a Significant Exemplar for P. C. Decembrio's Opuscula historica, in: Scriptorium 42 (1988), S. 191–198; 82 Cynthia M. Pyle, The Art and Science of Renaissance Natural History: Thomas of Cantimpré, Pier Candido Decembrio, Conrad Gessner, and Teodoro Ghisi in Vatican Library MS Urb. Lat. 276, in: Viator 27 (1996), S. 265–321. 83 1471: Kloster Baumburg, Ausgabenbuch Textquelle (archivalische) München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, KL. Baumburg 43: Rechnungsbuch des Klosters Baumburg 1471–1474 Auf fol. 23r des Rechnungsbuches wird ein Steinrabe erwähnt. Der Begriff Steinrabe wird dann vor allem bei Cordus (siehe bei 1561 (recte wohl nicht nach 1544)) für den Waldrapp verwendet. Für einen weiteren Beleg aus Baumburg siehe oben bei 1441. https://www.biologie-seite.de/Biologie/Waldrapp; https://beutelwolf-blog.de/portrait-waldrapp 84 4. Viertel 15. Jahrhundert: Tafel des Rottenbucher Altars Bildquelle Bayerische Staatsgemäldesammlung (BSGS), Inv.-Nr. 1468: ausgestellt in: Burghausen, Staatsgalerie in der Burg Burghausen: Tafel des Rottenbucher Altars mit Christus und den schlafenden Jüngern am Ölberg Killermann führt diese Quelle in die Waldrapp-Forschung ein und gibt an „Schleißheim, Gemäldegalerie, Heiland in der Todesangst“. Die Nachzeichnung Killermanns (1912, S. 275) stimmt mit einem Detail rechts unten der hier behandelten Tafel überein. Killermann behandelt zwei Gemälde (siehe auch den folgenden Eintrag) und lässt den/die LeserIn bei vielen Angaben im Unklaren, auf welches der beiden sie sich beziehen. Korrekt ist aber, dass auf beiden ein sehr ähnlich dargestellter Vogel zu sehen ist, der – aus heutiger Sicht – als junger Waldrapp zu identifizieren ist. Zum Werkkomplex Der aus dem oberbayerischen Augustiner-Chorherrenstift Rottenbuch stammende „Rottenbuch Altar“ (zu zugehörigen Stücken in bayerischem Staatsbesitz siehe HIER, weitere bei Statnik, S. 136–145, deren Kenntnis dieser Ludwig Meyer dankt) und der aus dem Benediktinerkloster Attel bei/in Wasserburg stammende „Atteler Altar“ (zu zugehörigen Stücken siehe HIER) sind nahe verwandt und wurden zuletzt von Björn Statnik ausführlich behandelt. Viele von ihm behandelte Fragen der Händescheidung und die wohl kaum zutreffende Zuweisung des Werkkomplexes an einen Sigmund Gleismüller können hier außer Betracht bleiben. Wichtig ist, dass es sich um eine niederbayerische Werkgruppe handelt, die hohe Qualität, ein sehr starkes Interesse Mode und reale Gegenstände darzustellen und die malerischen Fähigkeit vereint, die Oberflächen differenziert wiederzugeben. Weitere Merkmale sind steinsichtige Architekturmotive und sehr oberflächengetreue Steinböden einerseits und detailliert ausgeführte weite Landschaften mit Vordergründen mit streumusterartig 85 gestalteten, aus Bestandteilen realer Pflanzen zusammengesetzten Wiesengründen andererseits. Für die hier verhandelte Fragestellung sind jene Tafeln zentral, die diese Wiesenflächen mit Vögeln beleben (andere Tiere vor allem im Mittelgrund [zum Beispiel Hirsche in Schrägansicht – vgl. Statnik, Taf. XXI] scheinen auf druckgraphischen Vorlagen zu beruhen). Die Vögel sind ornithologisch bestimmbar und treten bei der Taufe Christi aus Attel (BSGS, Inv.-Nr. 2620: Flussseeschwalbe, Kiebitz, Stieglitz [Distelfink] – vgl. Statnik, S. 26f.) und bei der hier behandelten Tafel (Waldrapp, Distelfink, Elster und Wiedehopf – Killermann, 1912) auf. Statnik widmet diesem Phänomen einen eigenen (nicht immer überzeugenden) Abschnitt (S. 27–32), in dem er sehr zu Recht oberitalienische Anregungen namhaft macht (Giovannino deʹ Grassi, Pisanello [Werkstatt– Zuschreibungsprobleme sind hier irrelevant] – ein Schwarzstorch im Louvre in Paris sei als Beispiel genannt: LINK), deren Salzburger Rezeption ab den 1420er Jahren er aber übergeht (dazu Gerhard Schmidt, Egerton Ms. 1121 und die Salzburger Buchmalerei um 1430, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 39 [1986], S. 41–57; Reprint in: derselbe, Malerei der Gotik. Fixpunkte und Ausblicke, Graz 2005, Bd. 1, S. 401–418). Statniks These, die Vögel seien von einem eigenen Werkstattmitglied gemalt worden (S. 32, 62f.), erscheint abwegig, denn das Interesse erkennbare Objekte (Pflanzen, Modedetails, Architektur, …) oberflächensensualistisch darzustellen, ist ein Grundprinzip der Werkgruppe. Mit guten Gründen kann Statnik die hier relevante Gruppe in Landshut verorten (S. 176f.). Als Datierung sind Fixpunkte vorhanden: Einerseits die Rezeption von Schongauer Stichen (für die Ölberg-Szene vgl. HIER), die eine Entstehung vor dem 4. Viertel des 15. Jahrhunderts ausschließen, und andererseits der sich um 1500 deutlich wandelnde Zeitstil. Die Datierung in das 4. Viertel des 15. Jahrhunderts ist gut abgesichert. Zum Waldrapp Die Ölbergszene des Rottenbucher Altars zeigt in einem durchaus prominenten Rasenstück rechts vorne, das dicht mit Pflanzen bewachsen ist, einen Vogel, den Killermann als „schwarzes, rabenartiges, verhältnismäßig großes Tier mit roten Beinen und einem roten, krummen Schnabel“ beschreibt. „Die Mähne fehlt oder 86 verschwindet in dem dunklen Hintergrunde“. 1911 identifiziert Killermann den Vogel als Waldrapp (Geronticus eremita L), den er treffend wie folgt beschreibt: „Der Vogel ist — kurz geschildert— im Allgemeinen etwas größer als eine Haushenne, hat schwarzes ins Grüne schillerndes Gefieder, auf dem Nacken einen steifen Federbusch oder mähnenartigen Schopf. Was ihn noch besonders auszeichnet, das sind die schmutzig roten Beine und der ebenso gefärbte, lange und Ibis-ähnlich gebogene Schnabel. Der Kopf ist klein, gelb und im Alter nackt; die Augen besitzen eine orangerote Iris.“ Die Identifikation widerruft er freilich ein Jahr später wieder und identifiziert den Vogel nun mit der rotschnäbeligen Alpenkrähe (Pyrrhocorax graculus L). Killermann zieht zudem in Betracht, dass „vielleicht auch der Maler die Charaktere beider Vögel vermengt [hat].“ Damit spricht er ein entscheidendes methodisches Desiderat an. Die heute betriebene, an einer wissenschaftlichen Klassifizierung interessierte Naturbeobachtung und die Naturbeobachtung von Malern des Spätmittelalters sind grundverschieden. Dem hier tätigen Maler geht es bei der Wiedergabe von Pflanzen und Tieren zwar um mehr als die Festlegung, dass eine Szene im Freien spielt, Klassifikation im ornithologischen Sinn war jedoch nicht sein Ding. Er möchte Natur wiedererkennbar und für das Publikum erlebbar darstellen und hat dazu auch die malerischen Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten zur Naturdarstellung ermöglichen es Bernhard Gönner zumindest die Identifikation des dargestellten Vogels mit einer Alpenkrähe auszuschließen. Dafür sind der Hals, der Schnabel (zumindest doppelt so lang wie der Kopf) und auch die Beine viel zu lang wiedergegeben. Für den Waldrapp sprechen der allgemeine Körperbau, das schwarze Gefieder, die roten Beine und der rote Schnabel. Dass dieser deutlich gebogen und schmal dargestellt wird, ist als charakteristisches Merkmal zu werten, das eine Identifikation mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zulässt, obwohl der Kopfschmuck und der kahle Kopf der erwachsenen Waldrappe fehlen. Für Statnik, S. 32 (und S. 216), ist zweifelsfrei ein jugendlicher Waldrapp dargestellt. Dass es sich dabei um das erste zuverlässliche Bildzeugnis handelt, thematisiert Statnik jedoch in keiner Weise. Auch Fritz und Janák, gehen davon aus, dass der Künstler einen realen Waldrapp als Vorbild vor Augen hatte. Ihn als Vertreter von Tod und Jenseits zu interpretieren, wie Fritz und Janák dies vorschlagen, ist jedoch verfehlt. Die hier behandelte Bildquelle ist die erste, die eine eindeutige Identifikation mit hoher Plausibilität ermöglicht. Dass sie an der Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit steht, ist bezeichnend. Killermann, Waldrapp, 1909/10, S. 371–375 <noch nicht geigesehen>; Killermann, Waldrapp, 1912, S. 274f.; 87 Alfred Stange, Malerei der Gotik 10: Salzburg, Bayern und Tirol in der Zeit von 1400 bis 1500, Berlin 1960 (Reprint 1969), S. 120f.; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 18; Björn Statnik, Sigmund Gleismüller. Hofkünstler der Reichen Herzoge zu Landshut, Petersberg 2009, S. 9, 32, 99, 132–155 (dazu auf S. 279 ein Rekonstruktionsversuch des Originalzustands der derzeit acht bekannten Tafeln), 176f., 183; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 65; Fritz, Janák, Intervention, 2020, S. 8. 88 4. Viertel 15. Jahrhundert: Tafel mit Katharina und Barbara Bildquelle München, Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. MA 3738: Tafel mit Katharina und Barbara Das Gemälde wird von Killermann gemeinsam mit der zuvor behandelten Tafel in die Waldrapp-Forschung eingeführt. Die dargestellten Heiligen, die Feststellung, die Tafel stamme aus Wasserburg am Inn, und der sehr ähnlich der Tafel aus dem Rottenbucher Altar (siehe oben) dargestellte Waldrapp ermöglichen die Identifikation. Der hier behandelten Tafel gehört eine zweite zu (Inv.-Nr. MA 3739), die Margarethe und Dorothea darstellt. Beide waren nicht sichtbar im barocken Hochaltar der Stadtpfarrkirche St. Jakob in Wasserburg verbaut und wurden 1879 gefunden (Statnik, S. 214). Wie bereits bei der zuvor behandelten Tafel ausgeführt, bilden ein extrem ausgeprägtes Modebewusstsein, detaillierte Wiesengründe sowie steinsichtige Architektur und besonders oberflächensensualistisch gestaltete Steinfußböden (diese beiden beim zweiten Bild) Merkmale, die eine niederbayerische, wohl in Burghausen zu verortende Werkgruppe auszeichnen (zu dieser siehe oben). Während Stange, eine der beiden hier behandelten Tafeln sogar dem Hauptmeister des „Atteler Altares“ zuordnet, behandelt Statnik die Tafeln, wie mir scheint zu Unrecht, bloß nebenbei (S. 214–217). Statnik bemerkt sehr zu Recht, dass beide Tafeln, die hier behandelt werden, aus kompositorischen Gründen rechte Flügel von hochrechteckigen Retabeln gewesen sein müssen. Er schlägt zwei gleichzeitig entstandene Altäre für die beiden Seitenkapellen der Wasserburger Pfarrkirche vor. Dass die Kirche ursprünglich zum Kloster Attel gehörte, ergänzt die Verbindungen, die aufgezeigt wurden. Im Wiesengrund ist ganz links unten im Eck der hier relevante Waldrapp dargestellt, unten zentral ist eine Elster zu sehen, die mit dem Schnabel das Schriftband, das die heilige Katharina bezeichnet, berührt. Auf Barbaras Schriftband sitzt ein Frosch. Die beiden Bäume, die 89 Weinrebe, die sich zwischen ihnen aufspannt und das Ehrentuch hinter den Heiligen gleichsam in die Natur fortsetzt, sowie der ganze Hortus conclusus sind ebenfalls mit gut erkennbaren Vögeln bevölkert. Statnik bestimmt Stieglitz, Wanderfalke, Rotkehlchen und Zeisig und bemerkt sehr zu Recht, dass die Vögel keiner symbolisch zu deutenden Ideologie folgen. Er bewertet dies jedoch – wie mir scheint irrig – als Mangel und nicht als Ausdruck der Fähigkeit des Malers, Naturphänomene wirklichkeitsgetreu abzubilden. Diese Fertigkeit wurde vom Publikum sehr geschätzt, keinesfalls nur in den Niederlanden, wo dieses Phänomen zu einem Grundprinzip der Altniederländischen Malerei zählt, sondern auch in Bayern und an vielen anderen Orten. Die Darstellung des Waldrapps entspricht weitgehend jener auf der zuvor behandelten Tafel des Rottenbucher Altars (siehe daher für diese Aspekte dort). Bernhard Gönner bestätigt auch in diesem Fall, dass es sich um einen Jungvogel handelt, für den der leicht graue Kopf charakteristisch ist. Die beiden zusammengehörigen Waldrapp-Darstellungen der hier behandelten niederbayerischen Werkstätte sind die bisher ältesten Beispiele, die den Waldrapp – jeweils ein jugendliches Exemplar – so naturgetreu abbilden, dass eine Zuordnung mit ausreichender Sicherheit möglich ist. Killermann, Waldrapp, 1909/10, S. 371–375 <noch nicht eingesehen>; Killermann, Waldrapp, 1912, S. 274f.; Alfred Stange, Malerei der Gotik 10: Salzburg, Bayern und Tirol in der Zeit von 1400 bis 1500, Berlin 1960 (Reprint 1969), S. 113; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 18; Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 323, hat das Gemälde geprüft und bestätigt die revidierte Meinung Killermanns von 1912, es handle sich dabei um eine Alpenkrähe; Björn Statnik, Sigmund Gleismüller. Hofkünstler der Reichen Herzoge zu Landshut, Petersberg 2009, S. 214–217; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 64f. 90 Herzlichen Dank an Herrn Matthias Weniger vom Bayerischen Nationalmuseum für die umfassende Beantwortung einer Anfrage. 91 1481 März (Überlieferung 1580): Chronikaler Bericht aus Überlingen Textquelle (narrative) Überlingen, Stadtarchiv, Reutlinger Kollektaneen, Bd. 13, pp. 15–109: Cronik und verzaichniß etlicher fürnemer geschichten von Lienhard Wintersulger und Conrad Zetler Die Chronik aus Überlingen umfasst die Jahre 1455–1498. Ab dem Jahr 1470 erfolgt der Bericht offenbar parallel zu den Ereignissen. Bis 1480 ist Bürgermeister Lienhard Wintersulger für den Inhalt verantwortlich, dann bis 1498 Stadtschreiber Conrad Zetler, bei dem der Schwerpunkt auf Wetterphänomenen liegt. Alle Angaben zur Quelle finden sich bei: http://www.geschichtsquellen.de/werk/5289. Auf S. 127 der Edition wird zum Jahr 1481 ein ungewöhnliches Witterungsereignis geschildert: ... Und aber im Mertzen fieng es an zu schneyen und wayet ostwind fast kalt und fiel so ain großer schnee als in dem winter je und beleibe bis zu mitten Mertzen und was so kalt, das alle ding gefrürend. Und erfroren und hungers sturben die vögl, groß und klain, und wurden so äntenloß [schwach], das man sie mit den henden fieng. Item zu mitten Mertzen vor und nach fieng man sovil vögel, die auch hungers sturben, das es ain jeglich mensch billich erbarmt haben solt. Man fieng auch waldtrappen mit den henden one allen zeug, verrechter [lahm] äntenlößer und ander seltsam geflügl, die gest waren an der ort (sic!). (...) Der Charakter der Quelle ist vollkommen unverdächtig, die Überlieferung ist allerdings spät: der Codex endet actum montag den 11. Januar 1580 von mir Jacob Reutlinger, gerichtsschreiber. Trotzdem kann der Quelle hoher historischer Wert beigemessen werden. Über Wetterphänomene in der Region sind wir zumindest ansatzweise informiert, da Fritz Klemm, Die Entwicklung der meteorologischen Beobachtungen in Südwestdeutschland bis 1700, Offenbach am Main 1979, S. 9f., Belege tabellarisch zusammengestellt hat. Zu 1481 kennt Klemm keine Daten, Überlingen kommt zum Jahr 1491 vor (S. 10). Dass 1491 einen besonders langen und kalten Winter hatte, ist auch andernorts nachweisbar (siehe auch S. 12 und 15). Parallel zur ersten belastbaren Bildquelle (siehe die beiden vorherigen Einträge) sind die Eintragungen Conrad Zetlers zu Wetterphänomenen in Überlingen das erste chronikale Zeugnis, dass mit hoher historischer Zuverlässlichkeit von einem Vogel berichtet, der Waldrapp genannt wird. Da mit dieser Bezeichnung die genauen Beobachtungen Conrad Gesners (siehe bei 1555/1557) verbunden sind, besteht kein Grund, den Bericht aus Überlingen zu bezweifeln. Wenn man davon ausgeht, dass die Benennung „waldtrappen“ die Quelle des 15. Jahrhunderts 92 korrekt wiedergibt, dann liegt mit der hier behandelten Chronik auch der erste Beleg für das Wort „Waldrapp“ vor. Ph(ilipp) Ruppert, Konstanzer Beiträge zur badischen Geschichte. Altes und Neues, Konstanz 1888, Abschnitt VI: Ein Ueberlinger Chronist des fünfzehnten Jahrhunderts, S. 96–132; bes. S. 127; Robert Lauterborn, Faunistische Beobachtungen aus dem Gebiete des Oberrheins und des Bodensees, 10. Reihe, in: Mitteilungen des Badischen Landesvereins für Naturkunde und Naturschutz N.F.4 (1940), S. 217–228 und 249–252 bes. S. 224f.; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 15f.; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 65; Landmann, Bestandsschutz, 2015, S. 172f. (ungerechtfertigt kritisch); Schenker, Replik, 2017, S. 130. 93 1490: Fresken in der Dreifaltigkeitskirche bei Hrastovlje Bildquelle Hrastovlje / Cristoglie / Chrästeirach (Halbinsel Istrien, Slowenien), Dreifaltigkeitskirche oberhalb des Ortes, Freskenausstattung des Johannes (Janez / Ivan) de Kastua (aus Kastav). Die Fresken der Kirche wurden 1490 vollendet und 1949 wiederentdeckt. Tomo (Thomas) Vrhovic aus Kubed beauftragte den Maler, wie eine Inschrift belegt: Hoc opus fierit (wohl für fieri?) fecit Tomic Vrchovich de [Cubitum], magister Johannes de Castua pinxit. (zit. nach Iskrić; Korrekturvorschläge MR) Die Freskenausstattung zeigt viele Vögel. Der präsumtive Waldrapp ist Teil des Zuges der Heiligen Drei Könige an der Nordwand der Kirche und befindet sich zwischen zwei Männern (Perco / Tout, S. 82f.). Gewisse Elemente des Körperbaus erinnern tatsächlich an den Waldrapp. Zu nennen sind der lange Schnabel, die roten, teilweise gefiederten, freilich zu kurzen Beine und die an den Füßen erkennbar wiedergegebenen Krallen, die die Zehenstellung (drei nach vorne, eine nach hinten) zeigen. Der gegen die Gefiederrichtung aufgebogene Federkomplex im hinteren Bereich hat jedoch keine Entsprechung beim realen Waldrapp und wird auch in keiner historischen Quelle thematisiert. Die Existenz von Waldrappen an der Adria ist in Schriftquellen belegt. Erstmals berichtet Gesner, 1555 (in der lateinischen Ausgabe), S. 337: „(...) in Istria circa promontorium Polae, ubi homine per funem demisso per rupes nidis eximuntur.“ 94 Im Slowenischen gibt es für den Waldrapp nach Perco und Tout, S. 81, einen eigenen Begriff, „klavžar“, entsprechend den in Österreich verbreiteten Begriff „Klausrabe“. Zudem ist Klavžar ein gar nicht seltener Familienname in Slowenien. Trotzdem muss das Fresko nach derzeit zu überprüfendem Stand aus der Quellensammlung ausgeschieden werden. Die Identifikation des dargestellten Vogels mit einem Waldrapp war stark von den Interessen der Waldrapp-Forschung (Wiederansiedelung) geprägt. Die Abweichungen der Formen sind jedoch bedeutend. Dass ein besonders betonter, charakteristischer Federbusch keinerlei Parallelen bei realen Waldrappen hat, schließt eine Identifikation aus. Die malerische Ausstattung der Kirche kann virtuell besichtigt werden: https://www.burger.si/Obala/index.html#Hrastovlje; http://www.istriaculture.com/de/allerheiligenkirche-in-hrastovlje-i13; die beiden Männer mit dem Vogel in der Mitte an der Nordwand im unteren Bereich des Zuges der Heiligen drei Könige mittig. Fabio Perco, Paul Tout, Notes on recent discoveries regarding the presence of the northern bald ibis Geronticus eremita in the upper Adriatic region, in: Acrocephalus. 22 (106/107), 2001, S. 81–87, bes. S. 82f.; Brane Koren, Poizkusni klateži obiskali Slovenij, in: Svet ptic 02‘ 06 (Februar 2006), S. 24f.: Koren erwähnt auch das Wappen einer Adelsfamilie Elio aus Koper, das einen Waldrapp zeigen soll, macht aber keine nachverfolgbaren Angaben. – Zum Wappen der Familie Elio siehe: Giovanni Radossi con la collaborazione di Salvator Žitko, Monumenta heraldica Iustinopolitana. Stemmi di rettori, di famiglie notabili, di vescovi e della città di Capodistria, Rovigno, Triest 2003, S. 168–172. Radossi bezeichnet den Vogel im Wappen als „cicogna“ (Storch) oder „gru“ (Kranich). Der Vogel des Wappens wird bei https://it.qaz.wiki/wiki/Northern_bald_ibis hingegen als Waldrapp identifiziert (mit weiteren Hinweisen). Eine Beurteilung ohne Kenntnis der Blasonierung eines zu vermutenden Wappenbriefes für die Familie ist nicht möglich; Saša Iskrić, Ibis redibis nunquam peribis. A Story of Caves, Latin Grammar Tricks, Egyptian God, Frescoes, and a Bird, Webpublikation 2014: Link. Ich danke Saša Iskrić für viele wichtige Hinweise. 95 C-3 – ab 1500 bis ins 17. Jahrhundert Das 16. Jahrhundert ist zweifellos die Zeitspanne, aus der die dichteste und eindeutigste Quellenbasis zum Waldrapp existiert. Sowohl Bild-Textquellen mit topographischem (siehe bei 1548) bzw. naturkundlichem Schwerpunkt (siehe bei 1555/1557 und 1603) als auch solche, die ganz andere Ziele verfolgen (zum Beispiel Wappenbriefe: siehe bei 1531 Oktober 12, 1536 Oktober 8, 1545 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31), sind zu nennen. Auch Quellen, die nur auf die Darstellung fokussieren (Bildquellen), sind auf Grund der nun schon von den Künstlern bewusst angestrebten Naturähnlichkeit wesentlich eindeutiger als die Kunstwerke älterer Zeit. Als Höhepunkte sind zwei Portraits individueller Vögel zu nennen (siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560 und 1577–1612). Bei den Textquellen ist einerseits auf die Vielfältigkeit der Benennung hinzuweisen (Waldrapp, Klausrapp, Steinrapp) aber andererseits auch auf die dichte Quellenbasis zu den WaldrappKolonien in Graz (erstmals 1504 März 16) und Salzburg (erstmals 1504 Juni 3). Trotz aller, durchaus berechtigter Vorbehalte bleibt der Liber avium des Conrad Gesner (siehe bei 1555/1557) mit seinem illustrierten Abschnitt zum Waldrapp die zentrale Quelle schlechthin. 96 1504 März 16: Gedenkbuch Kaiser Maximilians I. Textquelle (archivalische) Wien, Hofkammerarchiv, Gedenkbuch (GB) 13 Auf fol. 281v wird ein Schriftstück in das Gedenkbuch eingetragen, mit dem Kaiser Maximilian I. (reg. 1486–1519) seinen Vizedom beauftragt ein Haus in Graz zu erwerben, weil dort Waldrappe nisten. An Leonnhardten von Ernnaw, vitzthumb in Steyr von wegen etlich rabenneste unnder der stainwannt beym Huebhaws zu Grätz. Wir Maximilian etc. embieten unnserem getrewen lieben Leonhardt von Ernaw, unnserem rate unnd vitzthumb in Steyr unnser gnad unnd alles gut. Wir emphelhen daz du den garten bey unnserem huebhaws zu Gräcz unnder der stainwandt, da die klawsraben aus ziehen [ausfliegen] und Micheln Fleyschackher unnserem burger daselbs zu Grätz zugehorn soll, von den nutzen unnd rennten, so du von unnseren wegen einnymbst, zu unnsern hannden kauffest. Auch denselben klausraben mer gestell in die beruert stainbant [Steinwand], sovil der die notturfft erfordert, machen lassest unnd darinn nichts verziehest. Das solle, was sich in raittung erfinden wurdet, dir alles kunfftigelichn etc. Datum Augsburg, am 16. marcii anno etc. im vierdtn. (Beigefügt: volgt mer fo(l) 291 ca(pitulo) ulti(m)o) Offensichtlich ist, dass die Obsorge um Vögel, die Klausraben genannt werden, die auch im Titel genannte Hauptrolle bei diesem Grundstücksgeschäft spielen. Welche Funktion die Vögel freilich für den Kaiser spielten, wird nicht ausgeführt. Das 97 Interesse an einer ornithologischen Besonderheit, die bekannten jagdlichen Interessen des Herrschers und vielleicht sogar die Bedürfnisse seiner Küche werden eine Rolle gespielt haben. An dem Ort befinden sich, wie Popelka und Hable beobachteten, auch heute noch künstlich geschaffene Bruthöhlen. Das Hubhaus, das damals auch die Münzpräge beherbergte, war Teil der heutigen Liegenschaft Sackstraße 16. Der nachträglich am Ende des Eintrags eingefügte Querverweis scheint sich auf folgenden Eintrag (allerdings auf fol. 292v) zu beziehen: An Leonnhardtn von Ernnaw vitzthumb in Steyr etlicher einsetz oder gruebl halbn, so er zu vischen (?) machen sol. Getrewer lieber, wir emphelhen dir ernnstlichen unnd wellen, daz du unns von den nutzen unnd rennten, so du von unnsren wegen einnymbst bey zweinzig clain einsetz oder grubl umb unnser stat Gratz und vildan (?) allennthalben, wo es am fuglichisten sein mag unnd da sich die raiger unnd anntfogl am liebsten aufhalten, zu unnser valckhenwayds zuerichten unnd mit phallen und mit grundl zimlicher weys besetzen lassesst und watz du also ausgeben etc. Datum Augspurg am XXVII marcii anno etc. quarto. Der Bezug scheint die Obsorge um Vögel zu sein, mit den Waldrappen hat der Eintrag nichts zu tun. Die archivalische Quelle aus Graz kann auch deswegen hohen Wert beanspruchen, weil sie Teil einer vergleichsweisen dichten Überlieferung zum Brutplatz am Grazer Schlossberg ist (die nächste Quelle von 1528 Jänner 1 – zu späten Belegen siehe bei 1567 August 22). Am zweiten gut belegten Brutplatz, am Mönchsberg in Salzburg, beginnt die Quellenüberlieferung ebenfalls 1504 (siehe den folgenden Eintrag). Popelka, Klausraben, 1948/49, S. 64; Hable, Waldrapp, 1994, S. 114; RI XIV 4/1, Nr. 18.401 = Regesta imperii 14,4: Ausgewählte Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I., 1493–1519 ; Bd. 4: Teil 1, Maximilian I. 1502–1504, bearbeitet von Hermann Wiesflecker, Ingeborg Wiesflecker-Friedhuber und Manfred Hollegger, unter Mitwirkung von Christa Beer, Wien 2002, S. 445; 98 Robert Büchner, Schattenseiten der höfischen Jagd: Maximilians übertriebene Wildhege und schonungslose Greifvogelvernichtung, in: Maximilian I. (1459–1519). Wahrnehmung – Übersetzung – Gender, Innsbrucker historische Studien 27, 2011, S, 411–439, bes. S. 423f. (kurze Erwähnung); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67f.; Peter Laukhardt, Großes Buch des Schloßbergs, in Vorbereitung. Reinhart Bachofen, Wilhelm Hoffer, Jagdgeschichte Steiermarks, 4 Bände, Graz 1927–1931. (wohl besonders Band 3). <noch nicht eingesehen> Ich danke Markus Gneiß für die Hilfe bei der Recherche. 99 1504 Juni 3: Verordnung des Salzburger Erzbischofs Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Hofrat, Catenichl 4 (1504) Auf fol. 14v von Catenichl 4 steht eine Verordnung Leonhards von Keutschach, Erzbischof von Salzburg (reg. 1495–1519), die das Schießen von Raigern (= Reiher – zur Identifikation vergleiche Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 14 [1893], Sp. 656–661) und Klausraben verbietet. Wir Leonhard etc. tun allen und jeden zu kund und wissen, das unns anlanget, wie sich ettlich die jungen Raiger und Klawsraben zu schiessen understeen, das unns nicht gemaint ist, und emphelhen darauf allen und yeden ernstlich und wellen bei vermeidung unserer Straff und Ungnad, daß sich furan nyemandt meer understee weder Raiger noch Klawsraben zeschiessen, sonnder solches vermeiden, dann welh hieruber, daß sy soches teten, betreten wurden, darauf wir dann kuntschaft bestellet haben, dieselben wolten wir darumb ungestraffr nicht lassen, darnach wisse sich ain yeder zerichten und vor schaden zu verhuetten. Urkund des briefs mit unsern furgedenckhten secreto geben zu Salzburg an Montag nach der heiligen Drivaltigkait anno Domini etc. im vierden. Reiher und ein Vogel, der Klausrabe genannt wird, sollen vor dem Abschuss geschützt werden. Da der Klausrabe in Salzburg im Folgenden gut, eindeutig und dicht belegt ist, und die ihm zugeordneten Eigenschaften mit dem Gesner’schen Waldrapp übereinstimmen (siehe bei 1555/1557), der zudem auch die Bezeichnung „Klausrapp“ nennt, besteht kein Zweifel an der Existenz eines entsprechenden Tieres und der Identifikation mit dem in dieser Sammlung behandelten Vogel, dem Waldrapp. Der hier vorliegende Band versammelt Texte aus der Kanzlei. Dabei handelt es sich keineswegs um die endgültige, zum öffentlichen Aushang bestimmte Form der Schriftstücke (zur Vervielfältigung siehe bei 1558 März 11 [zu 1559], 1578 März 28 und 1584 April 10). 100 Entsprechende Ausfertigungen sind weder im Bestand „Erzstift“: https://www.monasterium.net/mom/AT-HHStA/SbgE/fond; noch im Bestand „Domkapitel“: https://www.monasterium.net/mom/AT-HHStA/SbgDK/fond in Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), nachweisbar, ebenso wenig in den Beständen „Erzstift“: https://www.monasterium.net/mom/DE-BayHStA/HUSalzburgErzstift/fond oder „Domkapitel: https://www.monasterium.net/mom/DE-BayHStA/SalzburgDomkapitel/fond des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München. Vergleichbare Verbote aus den Jahren 1531, 1558 März 11, 1578 März 28 und 1584 April 10 sind bekannt (siehe jeweils dort). Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 24; Klein, Nachrichten, 1958, S. 62 (nur Hinweis auf Moewes); Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 86f.; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 66f.; Gruber, Storchennester, 2019: Link (bloß Erwähnung). Herzlichen Dank für das Wiederauffinden und die Bilder an Hubert Schopf von Salzburger Landesarchiv. 101 Anfang 16. Jahrhundert: Rechnungsbuch des Salzburger Erzbischofs Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Geheimes Archiv XXVI 1 1/2: Undatiertes Rechnungsbuch des Salzburger Erzbischofs Fol. 215r: Necessaria distributa pro necessatate curie et extraordinoria. Pro absumptio(ne) corvorum klawsraben: s. 10, d. 12 Klein interpretiert den hier abgerechneten Vorgang als das Ausnehmen der Jungvögel aus den Nestern. Dass „absumptio“ jedoch diese Bedeutung hat, ist zumindest nicht eindeutig. Conrad Gesner (siehe bei 1555/1557) verwendet das wesentlich eindeutigere Verb „eximo“ (in der deutschen Fassung: „ausnehmen“) um diesen Vorgang zu bezeichnen. Zu diesem Vorgang siehe ausführlich bei Stumpf (siehe bei 1548), wo auch ältere Quellen, die diesen Vorgang beschreiben, genannt werden. In dem sprachlich zwischen lateinisch und deutsch schwankenden Eintragungen dieses Rechnungsbuches aus der erzbischöflichen Verwaltung Salzburgs werden vor und nach dem hier behandelten Eintrag sowohl Dienstleistungen vor allem aber auch Sachausgaben, zumeist sehr kleine Beträge, verzeichnet. Weitere Rechnungsbücher, die Waldrappe erwähnen, sind aus Kloster Baumburg (siehe bei 1441 und 1471) und aus Stift St. Peter in Salzburg (siehe bei 1524, 1532 und 1544) bekannt (ausführlich Angaben beim Eintrag aus dem Jahr 1524). Klein, Nachrichten, 1958, S. 63; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67. Herzlichen Dank für das Wiederauffinden und die Bilder an Hubert Schopf von Salzburger Landesarchiv. 102 vor 1508: Grabstein von Abt Lorenz Gaul von Murrhardt Bildquelle Murrhardt (Württemberg), Stadtkirche (ehem. Klosterkirche), Westwand des nördlichen Querschiffs, Grabstein von Abt Lorenz Gaul von Murrhardt Die Grabplatte des Abtes Lorenz Gaul (reg. 1501–1508 – Infos HIER) wurde, wie das Katalogisat im Band der Deutschen Inschriften belegt, noch zu Lebzeiten des Abtes angefertigt. Für das Todesjahr wurde bei der Umschrift ein Platz ausgespart, der später nicht ganz ausgefüllt wurde. Zudem ist das Zahlzeichen v deutlich anders gestaltet ist als die übrigen v der Umschrift. Ob das Wappen, das auf seiner Grabplatte zu sehen ist (LINK) und einen schwarzen Vogel zeigt, vielleicht als Waldrapp gedeutet werden kann, bedarf weiterer Studien. Die Identifikation als Schnepfe (Deutsche Inschriften) erscheint jedoch unwahrscheinlich. Bernhard Gönner denkt am ehesten an einen Schwarzstorch. Die Schwäbisch-Gmünder Familie Gul führt ein ähnliches Wappen wie der Murrhardter Abt. Um welchen Vogel es sich handelt, ist jedoch auch in diesem Fall nicht bekannt. Aus heutiger Einschätzung muss der dargestellte Vogel aus dem Quellenkorpus zum Waldrapp ausgeschieden werden. Eine weitere Quelle aus dem Kloster Murrhardt (siehe bei 1580–1620) ist ebenfalls nicht stichhaltig. Deutsche Inschriften (Online): http://www.inschriften.net: Deutsche Inschriften, Band 37: RemsMurr-Kreis (1994), Nr. 99 (Harald Drös und Gerhard Fritz); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 65. 103 1517: Ex probatissimis authoribus variarum rerum vocabula Textquelle (lexikalische) Ex probatissimis authoribus variarum rerum vocabula pro iuventute scholastica breviter, sed commodissime collecta, Augsburg 1517 (VD 16, E 4698) Auf fol. 14r im Abschnitt „De aviario – Von dem vogelhauß oder kobel“ dieses in thematische Gruppen gegliederten Wörterbuches findet sich das Wortpaar: porphirio – stainrapp. Das Wortpaar kommt in der zweiten Auflage (Augsburg 1518: VD 16, E 4699, fol. 13v) wieder vor und wird dann von Johann Pinicianus (siehe bei 1521 (1516/1524) übernommen. Der Begriff Steinrabe kommt schon in Rechnungsbüchern aus Baumburg (siehe bei 1441 bzw. 1471) vor und ist bei Cordus (siehe bei nicht nach 1544) und Gesner (siehe bei 1555/1557) belegt. Das hier behandelte anonyme Wörterbuch scheint jedoch die Erstnennung des Steinraben im lexikalischen Bereich zu sein. Zum sehr problematischen Begriff „porphirio“ siehe bei Pinicianus, der diesen schon 1516 kennt. Ob vielleicht ein als schwarz bekannter Stein bewusst einem verbreiteten volkssprachlichen Begriff, der Stein thematisiert, beigegeben wurde, kann vermutet aber nicht bewiesen werden. 104 1521 (1516/1524): Johann Pinicianus, Promptuarium vocabulorum Textquelle (lexikalische) Johann Pinicianus, Ex promptuario vocabulorum variarum rerum vocabula ad puerorum usum collecta (Promptuarium vocabulorum, Ausz), Augsburg 1521 (VD 16, P 2864): Digitalisat Im Abschnitt „De aviario, Von dem vogelhauser und kobel“ (fol. XIIr-XIIv) steht auf der ersten Seite das Wortpaar porphirio – stainrapp. Er wurde aus einem anonym publizierten Wörterbuch übernommen (siehe bei 1517). Während der Steinrabe dort, wenn ich recht sehe, seine lexikalische Erstnennung hat, kommt der sehr problematische lateinische Begriff „porphyrio“ bereits 1516 in der Erstausgabe der Vollversion des Textes (Promptuarium vocabulorum, Augsburg 1516 – VD 16, P 2862) vor. In Kapitel 9, Aviarium, steht auf Blatt CIIr folgender Eintrag: „Porphirio. Avis, cui crura oblonga et rostrum rubent, morsu bibit.“ In der Ausgabe Augsburg 1524 (VD 16, P 2863), wurde auf fol. 14r dem Eintrag die deutsche Übersetzung beigefügt: „Porphirio. Avis, cui crura oblonga et rostrum rubent, morsu bibit. Stainrapp.“ Bei der Vollversion des Wörterbuches könnte 1516 noch das Purpurhuhn (Porphyrio porphyrio) gemeint gewesen sein, das freilich nördlich der Alpen nicht vorkommt. Porphirio wird, wenn man Whitman glauben, darf in seiner englischen Form felofor für eine water-fowl verwendet (Charles Huntington Whitman, The birds of Old English literature, Urbana 1898 [Wiederabdruck aus: The Journal of Germanic Philology 2, 1898, S. 149–198], S. 28f.). Zum Purpurhuhn vergleiche vor allem Springer, De avium natura, 2007, S. 195f. Gesner, Vogelbůch, 1557, foll. 190v–191r, kennt den Vogel (Purpurvogel – Porphyrio Telamon) aus der Provence. Auch in den Ausgaben der gekürzten „Jugendversion“ von 1521 (VD 16, P 2864), fol. 12r; 1522/23 (VD 16, P 2865), fol. 12r; 1528 (VD 16 P 2866), fol. 12r; 1530 (VD 16, P 2867), fol. 12r; 1532 (VD 16, P 2868), fol. 12r; 1545 (VD 16, P 2872), fol. 13r; 1545 (VD 16, P 2882), fol. 13r kommt das Wortpaar vor. 105 Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 376. 106 1524: Abteirechnungen des Stiftes St. Peter in Salzburg Textquelle (archivalische) Salzburg, St. Peter, Stiftsarchiv, Hs. A 629: Abteirechnungen 1523–1534 Auf fol. 55v des Rechnungsbuches wird vermerkt: Item den hausgnossen von 7 Chlausraben abzunemmen: 23 d. (Pfennige). Das Rechnungsbuch ist eine vollkommen unverdächtige Quelle, in der Ausgaben des Klosters in chronologischer Reihenfolge enthalten sind. Der/die LeserIn erfährt, dass „Hausgenossen“, also ein weltlicher Dienstleister des Klosters (zum Begriff vergleiche den Eintrag im Deutschen Rechtswörterbuch: LINK), eine Tätigkeit, das „Abnehmen“ an sieben Klausraben verrichtet haben. Man kann davon ausgehen, dass in der Wand über dem Kloster St. Peter Waldrappen nisteten und Jungvögel, die für den Verzehr bestimmt waren, aus den Nestern aushoben wurden. Dass dies gebräuchlich war, beschreibt Johannes Stumpf (siehe bei 1548), wo auch weitere Quellen (ab 1504) genannt werden. 1532 wurde ein nahezu identischer Betrag an Trinkgeld bezahlt, die Tätigkeit wird nicht benannt, bloß „pro Chlausraben“ wird angegeben. Ende Mai 1544 (zur jahreszeitlichen Bestimmung siehe bei 1544) werden erneut 24 Pfennige an Trinkgeld bezahlt, diesmal für drei Klausraben. Ob dieses doch vereinzelte Auftreten bedeutet, dass in den anderen Jahren keine Waldrappe im Felsen oberhalb des Klosters nisteten, ob in den anderen Jahren die Nester, obwohl die Vögel nisteten, nicht ausgenommen wurden, oder ob die Jungvögel auch in den anderen Jahren aus den Nestern genommen wurden und bloß die Kosten dafür nicht verzeichnet wurden, muss unbeantwortet bleiben. Rechnungsbücher, die Waldrappe verzeichnen, sind auch aus Kloster Baumburg (siehe bei 1441 und 1471), dort als „Steinraben“ bezeichnet, und aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts (siehe Anfang 16. Jahrhundert), bekannt. Dieses Rechnungsbuch stammt, wie die Klosterrechnungen von St. Peter, aus Salzburg, gehört jedoch zur Buchführung der Erzbischöfe. Dort wird für „pro absumptione“ der Klausraben der (deutlich höhere) Betrag von 10 Schillingen und 12 Pfennigen verzeichnet. Ob „absumptio“ und „abnehmen“ dasselbe bedeuten, kann vermutet werden, eine Unsicherheit bleibt jedoch. Weitere ähnlich lautende Belege sind aus den Jahren 1532 und 1544 überliefert (siehe jeweils dort). Klein, Nachrichten, 1958, S. 63 (mit abweichender Signatur). 107 Ich danke der Stiftsbibliothekarin Sonja Führer für freundliche Nachschau und die Korrekturen und Herrn Stiftsarchivar Gerald Hirtner für die großzügige Hilfe. 108 1528 Jänner 1: Gedenkbuch der Hofkammer Textquelle (archivalische) Wien, Hofkammerarchiv, Gedenkbuch (GB) 31 Auf fol. 7v des Gedenkbuches wird ein Grundgeschäft in Graz verzeichnet: Am 1. Jänner 1528 verschreibt Kaiser Ferdinand I. mit einer in der Graz ausgestellten Urkunde dem Freiherrn Sigmund von Dietrichstein und dessen männlichen Leibeserben das landesfürstliche Hubamtshaus im Sack (Hubhaus in der Sackstraße) mit dem Vorbehalte des Heimfalles beim Absterben des Mannesstammes der Dietrichstein, – und zugleich den Schaidgaden in diesem Hause: wenn wir zu Grätz münzen lassen wollten, daß wir den Werkgaden zu solchem unsern Hause frei haben und brauchen sollen. Mit dem Verkauf ist eine besondere Verpflichtung verbunden: dass er und sein menlich leibs erben sollen auch die Clausraben so ir wonung bei demselben hauss am Slosperg haben wie bisher von den inhabern beruertes haus bescheen hayen, und diesselben nicht beschedign oder vertreibn lassn (zitiert vor allem nach Laukhardt – vgl. auch Albert von Muchar, Geschichte des Herzogthums Steiermark, Bd. 8 [Graz 1867], S. 365, wo die entsprechende Stelle so lautet: … er und seine Leibenserben die sogenannten Klausraben, welche ihre Wohnung bei demselben Hause am Schloßberge haben, wie von den Inhaber bisher beobachtet worden ist, hegen und dieselben nicht beschädigen oder verderben lassen.). Nach der Auflösung der Münze überließ König Ferdinand 1528 das Hubhaus Siegmund von Dietrichstein. Das Grundstück, heute eine Hälfte des Palais Herberstein (Sackstraße 16), reicht bis zum Felsen des Schlossberges. Die Fakten stimmen also alle gut zueinander, sind daher sehr glaubwürdig. http://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2757493 Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 375; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 30; Popelka, Klausraben, 1948/49, S. 64; Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 86 (Erwähnung); Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 16; Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 321; Peter Laukhardt, Großes Buch des Schloßbergs, in Vorbereitung. 109 Den Hinweis auf den Aufbewahrungsort verdanke ich Peter Laukhardt, dem dafür sehr herzlich gedankt sei. Das Gedenkbuch 31 ist im Archivimformationssystem verzeichnet (siehe oben), liegt aber derzeit (Februar 2022) noch nicht digital vor. Nicht bei Georg Göth, Urkunden-Regesten für die Geschichte von Steiermark vom Jahre 1252 bis zum Jahre 1580, in: Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark 14 (1866), S. 188–203. 110 1528 Februar 10: Instruktion für Thoman Uebler Textquelle (archivalische) Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Patente und Kurrenden, sub dato: Instruktion für den Ottenjäger und Fischmeister Thoman Uebler „Es soll auch unser Fischmeister daneben sein fleißiges Aufsehen haben, damit unsere Klausraben gen Grätz auf den Feldern noch andernorts nicht geschossen oder beleidigt, sondern gehegt, gezügelt und gehütet werden." (vorläufig nach Popelka zitiert, der eine Instruktion von 1567 August 22 heranzieht). Die Anweisung erwähnt Waldrappe (lokalüblich als Klausrappen bezeichnet), die, wie gut bezeugt ist, in Graz einen Brutplatz hatten (siehe bei 1504 März 16, 1528 Jänner 1). Fournier, S. 114, berichtet, dass entsprechende Instruktionen für die Steiermark ab 1506 existierten. Am 6. November dieses Jahres bestellte Maximilian I. Caspar Gurmann zum Fischmeister. Diese Instruktion enthielt 13 Punkte, der Klausrabe wird nicht erwähnt. 1528 wird Thman Uebler als Ottenjäger und Fischmeister bestellt und erhielt seine Instruktion am 10. Februar. Diese enthielt erstmals auch die hier relevante Bestimmungen zur Schonung der Klausraben am Schlossberg. Diese werden in den entsprechenden Instruktionen der späteren Jahre immer wieder wiederholt: siehe bei 1553 Jänner 1, 1555, November 28 und 1567 August 22 (dort weitere Angaben). Fournier, Fischer, 1990, S. 115. 111 1531: Verordnung des Salzburger Erzbischöfe Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Hofrat-Catenichl 15a (1530/31) Auf fol. 128rv ist ein Mandat von Matthäus Lang von Wellenburg, Erzbischof von Salzburg (reg. 1519–1540) überliefert: Verbott die Clawssraben nit aus der wenndt oder sonnst mit den handtrorn (Handrohr = tragbare Feuerwaffe) zu verjagen: Der hochwirdigst Fürst und Herr Herr Matheus der heyligen römischen Kirchen Cardinall, Ertzbischows zu Salzburg, Legat des Stuels zu Rom etc. lässt hiemit menigklich anzaigen: Nachdem sein fürstlich gnad glawblich bericht ist, daß durch das püchsenschiessen so in den hewsern, in der Trägassen, Kirchgassen und enthalb (?) der prugkh täglich geschicht, die Klawßraben von iren stennden geschregckht und verjagt werden, daß darauf sein fürstlich gnad ernnstlich bevelhen und gepotten hat, daß sich hinfuran nyemandts, er sey geystlich, weltlich, hofgesind, buerger oder Innwonner, hochs oder nyders stannds, nyemandts außgenommen, unnderstee, in der Trägassen, Kirchgassen, noch ennhalb der prugkh und sondlich ausserhalb der Stat Salzburg am Munichperg und Rietenburg aus puchssen und vill weniger in die wannd des Münichpergs zu schyessen, alles bey vermeydung seiner fürstlichen gnaden swären straff unnd ungnad. Dann wurd yemanndts solh gebot verachtten, darauf ir furstlich gnad' sonnder aufsehen zu haben verordnnet hat, der wirdet von irer furstlichen gnaden 112 wegen nach ungnaden darumb gestrafft werden, darnach wisse sich menigklich zu richten. Diser ding sein drey geschryben und mit dem Sekret verferttigt worden. Die Abschrift des Mandats des Landesherrn ist von seiner Stellung innerhalb des Bandes nach Auskunft von Hubert Schopf wohl nicht (wie bisher angenommen) dem Jahr 1530, sondern dem Folgejahr 1531 zuzuordnen. Bei den Ortsangaben ist zwischen den Orten zu unterscheiden, von denen geschossen wird – Getreidegasse, Siegmund Haffner-Gasse, jenseits der Brücke und vor allem außerhalb der Stadt am Mönchsberg und (in) Rietenburg (Teil der heutigen Stadt Salzburg zwischen Nonntal, Leopoldskroner Moor, Maxglan, Gneis und Altstadt: https://de.wikipedia.org/wiki/Riedenburg_(Salzburg)) – und jenen Orten, von denen die Vögel durch das Schießen aufgeschreckt werden. Deutlich wird, dass es nicht um das Erlegen der Waldrappe geht, sondern dass verhindert werden soll, dass (durch den Lärm?) die Tiere aufgescheucht (geschreckht und verjagt) werden. Stennde werden als Aufenthaltsort genannt, die sich in die Wand des Münichpergs befinden, denn das dorthin Feuern wird unter besondere Strafe gestellt. Bereits 1504 hat Kaiser Maximilian I. befohlen, dass in Graz unter der Steinwand des Schlossberges mer gestell errichtet werden sollen. Ob freilich Stennden solche Gestelle oder bloß den Aufenthaltsort der Vögel meint, ist nicht sicher. Vergleichbare Verbote aus den Jahren 1504 Juni 3, 1558 März 11, 1578 März 28 und 1584 April 10 sind bekannt (siehe jeweils dort). Im-Hof, Beiträge, 1886/87, Bd. 26, S. 298 und Bd. 27, S. 470f.; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 25f.; Klein, Nachrichten, 1958, S. 63; Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 87; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67; Gruber, Storchennester, 2019: Link (bloß Erwähnung: wohl irrig „1530“). Herzlichen Dank für das Wiederauffinden und die Bilder an Hubert Schopf von Salzburger Landesarchiv. 113 1531 Oktober 12: Wappenbrief für die Brüder Staininger Bild- und Textquelle (Wappenbrief) Braunau am Inn, Bezirksmuseum Herzogsburg, I 64 2: König Ferdinand I. verleiht den Brüdern Wolfgang, Hans und Jörg Staininger einen Steinraben als Wappen. Wir Ferdinand von Gottes genaden römischer Kunig zu allen zeiten merer des Reichs in Germanien, zu Hungern, Behem, Dalmacien, Croacien unnd Slavonien etc. kunig, infannt in Hispanien, ertzherzog zu Osterreich, hertzog zu Burgundi, zu Brabannt, zu Steir, zu Kernndten, zu Crain, marggrave zu Mechern etc., zu Lutzemburg, in Ober- unnd Niderslesien, zu Wirtemberg unnd Tegkh hertzog, furst zu Schwaben, gefurster grave zu Habspurg, zu Tyrol, zu Phirt, zu Kiburg unnd Görtz etc., lanndtgrave in Ellsass, marggrave des Heiligen Romischen Reichs zu Burgaw, Ober- unnd Niderlausitz, herr auf der Windischen Margkh, zu Portenaw und zu Salins etc. bekhennen offentlich mit disem brieve unnd thun khundt allermenigelich, das wir guetlich angesehen unnd wargenomen haben die erberkait, redlichait, guet sitten, tugennt unnd vernunfft, damit unnsere unnd des reichs lieben getrewen Wolffganng, Hanns unnd Jörg die Stainninger gebrueder vor unns beruembt sein, auch dazue die getrewen diennst, die sy sich gegen unns unnd dem heiligen römischen reich unndertheniglich unnd guetwillig erbieten, auch wol thuen 114 mögen unnd sollen, unnd darumb mit wolbedachtem muet, guetem rat unnd rechter wissen denselben Wolffganngen, Hannsen und Jörgen den Stainingern gebruedern unnd allen iren eelichen leibserben unnd derselben erbennserben die hernach geschriben wappen unb klainat mit namen ainen schiltt nach der lenng durchab in zween gleich tail abgetailt, nemlich die hinder weiß unnd vorder feldung schwartz, im grund baider tail des schillts ain drifacher pühel in seiner mitte nach des schillts abtaylung mit seinen farben abgewechselt, als nemlich im weissen schwartz unnd schwartzen tail weiß, auf dem mittern hohern pühel ain Stainrab furwertssteend in seiner mitte gleich auf des schillts farbenabwechßlung, als nemlich sein rechter fueß furgestellt sambt seinem vordern halben thayl in des schillts schwartzen halbirung weiß unnb sein hinnder tail mit seinem lingken hinndergestellten fueß ubergeschwungen flugen unnd schwanntz in der weissen feldung bes schillts schwartz, auf dem schillt ain hellm geziert mit schwartzer unnd weisser helmdeckhen, darauf ein gewundtner pausch zurugkh aus fliegennden binnden, daraus enntspringennd zway püffelhörnner, die mundtlocher offen unnd von einannder gekhert, yedes in seiner mitte abgetaillt, als nemlichen das hintern oben unnd das vorder unnden weisß, zwischen denselben hörnnern ain dreifacher pühel unnd darauf ain stainrab erscheinenndt, bede puhel unnd vogel von obengenannter zwaier farben abgetaillt in allermassen wie im schillt, alsdann dieselben wappen unnd klainat inmitten ditz unnsers gegenwürtigen kuniglichen brieves gemalet unnd mit farben aigenntlicher ausgestrichen sein, von newem genediglich verlihen unnd gegeben, verleihen unnd geben inen die auch also aus römischer kunigelicher macht volkhommennhait hiemit wissenntlich in crafft ditz briefs unnd mainnen setzen unnd wollen das nun furbashin die genannten Staininger gebruder all ir eelich leibserben unnd derselben erbennserben in ewig zeit die obgeschriben wappen unnd klainat haben fueren unnd sich der in allen unnd yegelichen eerlichen unnd redlichen sachen unnd geschefften, es sey in streiten kempffen, gestächen, gefechten, panieren, gezellten, aufschlagen innsigeln, betschaden, clainaten, begrebnussen unnd somist an allen anndern ennden nach iren notturfften willen unnd wolgefallen gebrauchen sollen unnd mugen (…) Mit urkund ditz brieves besigelt mit unnserm kunigelichen anhanngenden insigel. Geben in unnser unnd des heiligen reichs stat Speyr den zwelfften tag des monats octobris nach Christi unnsers herrn geburt tawsenntfunffhundert unnd im ainunddreissigisten, unnserer reichs des romischen im ersten unnd der anndern im funfften jaren. (vgl. auch den Text nach Meindl, Bd. 2, S. 91). 115 Das Wappen ist auch auf dem Epitaph des Hanns Staininger aus Braunau (gest. 1567; seine ebenfalls genannte Frau 1570 verstorben), der sich an der Stadtpfarrkirche von Braunau befindet (Meindl, Bd. 2, S. 90), links neben seinem Kopf dargestellt. Hans Staininger war Mitglied des inneren Rates der Stadt, als Handelsherr tätig, Stadthauptmann aber vor allem berühmt wegen seines überlangen Bartes (für Erstinformationen siehe HIER; sowie Max Eitzlmayr, Hanns Staininger, Stadthauptmann zu Braunau, in: Heimat am Inn 16, 1995, S. 69–73). Der RotmarmorEpitaph zeugt von seiner Stellung (LINK). Ein weiterer Hans Staininger wurde von Kaiser Rudolf II. 1601 Dezember 30, Prag, geadelt und das bekannte Wappen wird erneut (leicht abgewandelt) blasoniert: (…) ein Steinrab mit ofenen Schnabel vorwärts stehend in seiner Mitte nach des Schildes Farbenabwechslung (…) (Meindl, Bd. 2, S. 92). Wie Meindl, Bd. 2, S. 93, mitteilt, war der Bart, der Wappen- sowie der Wappen- und Adelsbrief im Jahr 1880 im Besitz der Augsburger Familie Preyß, 1911/12 gelangten Bart und die Urkunden in den Besitz der Stadt Braunau. Heute werden sie im Bezirksmuseum in Braunau in der Herzogsburg ausgestellt. Dort befindet sich auch ein Votivbild der Familie Staininger (Inv.Nr. 31475/79), das ebenfalls das Wappen zeigt (LINK). Ein weiteres Bildzeugnis findet sich im ab 1575 geführten Stammbuch des Paul Jenisch (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. Hist. Qt. 298, fol. 72r), das zu einem Eintrag eines Hannss Staininger aus dem Jahr 1585 gehört (Ob die Miniatur mit auf diese bezogenen Sinnsprüchen schon existierte und der Eintrag und 116 das Wappen beigefügt wurden, oder ob beides in einem entstand, muss noch untersucht werden). Die Darstellungen des Wappenbriefes für sich genommen erlaubt es, wie gesagt, nicht, den Vogel als Waldrapp zu identifizieren. Da jedoch das Tier in der Beschreibung des Wappenbriefes als Steinrab benannt ist und diese Bezeichnung für den Waldrapp gut bezeugt ist (siehe bei 1441 und 1471: jeweils aus Baumburg, und Cordus (siehe bei 1561 (recte wohl nicht nach 1544)), ist eindeutig, was dargestellt werden sollte, auch wenn die Wiedergabe nicht besonders ähnlich ist. Bei Gesner (siehe bei 1555/1557), also mit klarem ornithologischem Wissen, werden die drei deutschen Bezeichnungen (Waldrapp, Steinrapp, Clausrapp) zusammengeführt, sodass an einer Identifizierung (Steinrapp = Waldrapp) nicht gezweifelt werden muss. Zudem sind auf dem bereits erwähnten Epitaph des Hans Staininger die Merkmale detailliert genug, um auch ornithologische Aussagen machen zu können. Bernhard Gönner hebt den langen gebogenen Schnabel, die Länge des Halses und die mittellangen Beine als gut passend hervor. Die Flügelstellung erinnert zwar eher an die Darstellung von Adlern, andererseits nehmen Waldrappe immer wieder ein "Sonnenbad" und breiten dabei am Boden stehend ihr Flügel Richtung Sonne aus. Freilich ist zu beachten, dass die Darstellung an die Blasonierung gebunden war, die die ausgebreiteten Flügel vorschreibt. Der hier behandelte Wappenbrief ist der erste derzeit bekannte, in dem ein Waldrapp als Wappenbild (gemeine Figur) verliehen wird. Weitere Beispiele von 1536 Oktober 8 und 1545 117 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31) sind zu nennen. Der Vogel wird jeweils „Steinrap“ genannt. In einem weiteren Fall (siehe bei 1554 Juli 9) fehlt die Bllasonierung. Von dem hier genannten Steinraben ist die Uttenschwalbe (ein schwarzer Schwan) zu unterscheiden, die in der Heraldik eine gar nicht so kleine Rolle spielt (vgl.: https://www.heraldikwiki.de/wiki/Uttenschwalbe). Vor allem die ab dem 12. Jahrhundert nachweisbare Familie Closen führte diesen Vogel, der freilich in der Regel mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen dargestellt wird, im Wappen (Nachweis als Siegel ab 1241: LINK). Pegoraro, Waldrapp, 1996, S. 26, nimmt – wohl irrig – an, es könnte ein Waldrapp gemeint sein. Konrad Meindl, Geschichte der Stadt Braunau am Inn, Braunau 1882, S. 90–93; Buchheit, Uttenschwalbe, 1951, S. 104f. https://www.monasterium.net/mom/IlluminierteUrkunden/1531-10-12_Braunau/charter (Martin Roland – mit genauer kunsthistorischer Einordnung der architektonischen Rahmung der Wappendarstellung). 118 1532: Abteirechnungen des Stiftes St. Peter in Salzburg Textquelle (archivalische) Salzburg, St. Peter, Stiftsarchiv, Hs. A 629: Abteirechnungen 1523–1534 Auf fol.213r des Rechnungsbuches ist vermerkt: Item bibalia (= Trinkgelder) pro Chlausraben: 24 d(enarii) (für Pfennige) Man kann davon ausgehen, dass in der Wand über dem Kloster St. Peter Waldrappen nisteten und die Zahlungen an Bedienstete gingen, die Jungvögel aus den Nestern aushoben, die für den Verzehr bestimmt waren. Ein ähnlich lautender Beleg ist bereits von 1524 überliefert (siehe 1524 für weitere Angaben). Dass dies gebräuchlich war, beschreibt Johannes Stumpf (siehe bei 1548), wo auch weitere Quellen (ab 1504) genannt werden. Klein, Nachrichten, 1958, S. 64; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67. Ich danke Gerald Hirtner sehr herzlich für seine Unterstützung. 119 1535 Juli 15: Rat- und Richtebücher der Stadt Zürich Textquelle (archivalische) Zürich, Staatsarchiv, Rat- und Richtebücher der Stadt Zürich (B VI 190–B VI 279a ): 1535 Im Strafregister wird berichtet, J. Schwytzer, Thoman Zieglers Knecht, wurde zu einer Geldstrafe von 1 pfd. 5 s. in bar verurteilt, als er Felixen von Jonen einen waldrappen one ursach zuo tod geschlagen hat. (Suolahti nach Staub-Tobler, VI, 1173; Strohl). Die Busse wurde am Donnerstag vor St. Margarethentag, also am 15. Juli verhängt (nach Angaben von Strohl). Strohl führt sehr zu Recht an, dass der getötete Vogel wohl in Gefangenschaft in Zürich gehalten gewesen sein muss. Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 375; Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der Schweizer-deutschen Sprache, Bd. 6 (1909), Sp. 1173: „Waldrap: 1: Steinkrähe, Corv. graculus (sylvaticus. Gessn.). ‚1pfd 5ß bar J Schwytzer, als er Felixen von Jonen einen waldrappen one ursach zuo tod geschlagen hat.‘ 1535, ZRB“; Strohl, Waldrapp, 1917, S. 513–515; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 30f.; Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 320; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 61. 120 1536 Oktober 8: Adels- und Wappenbrief für Johann Weißenfelder Bild- und Textquelle (Wappenbrief) Kaiser Karl V. erhebt mit einer in Genua ausgestellten Urkunde Johann Weißenfelder (Wisenfeldt) aus München in den Adelsstand und vermehrt ihm das Wappen mit einem schwarzen Steinrap. Im zweiten und dritten Feld befindet sich in Gold auf einem natürlichen Stein ein schwarzer Steinrap mit rotem Schnabel und Fueßen. Das Wappen wird von zwei Spangenhelme bekrönt, einer zum Stammwappen, der zweite mit einem Steinraben auf einem Stein zwischen zwei Hörnern. Eine Nachzeichnung des Wappens von Johann Weißenfelder findet sich bei Seyler, Siebmacher’s Wappenbuch, Abgestorbener bayerischer Adel 3, 1911, S. 133 und Tafel 91. Quelle ist freilich nicht ein originaler Wappenbrief, sondern das von 1570–1578 geführte Stammbuch des Anton Wolfgang Ebran von Wildenberg (für weitere Informationen zum Stammbuch siehe HIER), in das 1570 das Wappen von Wolfgang Jacob Weissenfelder 1570 eingetragen wurde (Link [der als Permalink gekennzeichnete Link 2022 Februar 14 nicht mehr funktionstüchtig]). Dass Lorenz Weißenfelder (statt Johann) das Wappen verliehen bekam, insinuiert das Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus, MRFH 2770 (mit Verweis auf Michael Schattenhofer, Das Münchner Patriziat, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 38 [1975], S. 877–899, bes. S. 877, S. 889 und S. 895 [zur Erhebung in den Adelsstand 1536], wo freilich nur die Familie genannt ist). Dass Lorenz Weißenberger dasselbe Wappen tatsächlich führte, belegt die Wappendarstellung in München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm, 616, Vorderdeckel, Spiegel und unterer Schnitt (vgl. Katalogisat von Karin Schneider HIER), ein Codex der ebendemselben L(orenz) Weyssenfelder gehörte. Das hier als Steinrabe bezeichnete Tier ist nach dem Wappenbrief Staininger (siehe bei 1531 Oktober 12) und vor jenem für Höckenstaller (siehe bei 1545 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31)) die 121 zweite kombinierte Text- und Bildquelle, die belegt, dass der Waldrapp / Steinrabe als heraldische Figur diente. Dies besagt freilich nichts über die ornithologische Wiedererkennbarkeit / Exaktheit der Darstellung. Die Abbildungen aus dem Siebmacher von 1612 (HIER) und die von Seyler (siehe oben) zeigen wenig spezifische Merkmale. Die offensichtlichen Parallelen zum Staininger-Wappen – man vergleiche die dort durch die Blasonierung gedeckte Haltung mit ausgebreiteten Flügeln – , und der lange, etwas gebogene Schnabel machen jedoch wahrscheinlich, dass eine gewisse Vertrautheit mit dem Aussehen des Waldrapps vorausgesetzt werden kann. Bei den Akten zur Verleihung des rittermäßigen Adelsstandes und einer Wappenbesserung für Johann Weißenfelder von 1536 Oktober 8 (Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsarchiv, allgemeine Reihe, 450.51, fol. 3v) wurde bloß das Stammwappen (ohne Waldrapp) graphisch notiert. Buchheit, Uttenschwalbe, 1951, S. 105; Frank, Standeserhebungen, 1967/74, Bd. 5, S. 198. 122 1538 Mai 27: Hans Heglinger, Mautinstruktion von Burghausen Bildquelle München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, GL Burghausen 29 ½: Hans Heglinger, Mautinstruktion von Burghausen Bei der hier behandelten Quelle handelt es sich um ein Papier-Libell mit 49 Seiten, das mit Feder beschriftet ist und 9 farbige und 12 unkolorierte Zeichnungen enthält. Hans Heglinger ist von 1522 bis ca. 1550 als Mautzähler, ein dem Mautner von Burghausen nachgeordneter Beamter, nachweisbar (vgl. Dorner, Salzfertiger, S. 52). Er ist für den Text der Mautinstruktion und offenbar auch für die (lavierten) Federzeichnungen, die den Text illustrieren, verantwortlich. Auf S. 5 befindet sich die Illustration zur „Instruktion oder Unterweisung wie das Salz an der fürstlichen Maut zu Burghausen soll gezahlt werden“. Sie zeigt Salzschiffe auf der Salzach und im Hintergrund eine Stadt, die auf Grund des Zusammenhanges als Burghausen zu verstehen ist. Charakteristische architektonische Motive sind freilich nicht zu erkennen (vgl. eine spätere Ansicht der Stadt von Franz Ignaz oder Tobias Schinnagl, die um 1680/81 entstanden sein soll: Salz Macht Geschichte, Katalogband, 1995, S. 272f.). In der oberen Bildmitte sind drei schwarze nach links fliegende Vögel dargestellt, die keine inhaltliche Bedeutung haben, das Bild jedoch – als einzige dargestellte Lebewesen – beleben. In zwei weiteren Illustrationen (S. 11 und 14), die nicht „ortsgebunden“ sind und auf denen bloß die Salzschiffe zu sehen sind, sind ebenfalls die Vögel dargestellt (abgebildet bei Dorner, Salzfertiger, S. 300). Auf allen Bildern ist 123 dasselbe Zeichen auf den Planen der Schiffe zu sehen. Johann Dorner, in: Verbündet Verfeindet (...), S. 52, ordnen dieses Zeichen (Hausmarke) einem Schiffsbesitzer aus Laufen zu. Johann Dorner hat die dargestellten Vögel erstmals 2012 thematisiert und die Tiere als Waldrappe identifiziert, ohne freilich Argumente dafür zu nennen. Die hier vorgestellte Bildquelle ist zwar durchaus bemerkenswert, eine sichere Identifizierung der dargestellten Vögel ist freilich keinesfalls möglich. Vor allem der schmale, nach unten gebogene Schnabel könnte für Waldrappe sprechen und schließt Reiher und Störche jedenfalls aus. Keine Erklärung findet sich für die prononciert gespaltenen Schwänze der dargestellten Vögel. Ich danke Bernhard Gönner für die differenzierte Beurteilung der Darstellung. Salz Macht Geschichte, herausgegeben von Manfred Treml, Rainhard Riepertinger, Evamaria Brockhoff, Katalogband, Augsburg 1995, Katalogband, S. 269–271 (Kat.-Nr. RO 78: L[orenz] M[Maier]); Johann Dorner, Die Burghauser Salzfertiger, in: Salz Macht Geschichte (wie oben), Aufsätze, S. 297–303, bes. S. 300; Verbündet Verfeindet Verschwägert. Bayern und Österreich, Bayerisch-Oberösterreichische Landesausstellung 2012 Burghausen, Braunau, Mattighofen 27. April bis 14. November 2012, Band 1 herausgegeben von Wolfgang Jahn, Evamaria Brockhoff, Augsburg 2012, S. 52f. (Nr. 24: J[ohann] D[orner]). 124 nicht nach 1544: Valerius Cordus, Sylva observationum variarum Textquelle (ornithologische) Valerius Cordus, Sylva observationum variarum Valerius Cordus verstarb 1544, sein Werk kann daher nicht nach 1444 entstanden sein. Es wurde jedoch erst 1561 von Conrad Gesner herausgegeben. Da die Möglichkeit besteht, dass Gesner doch mehr als bisher angenommen in den Text eingegriffen hat, wird dieser erst bei 1561 behandelt (siehe bei 1561 (recte wohl nicht nach 1544)). 125 1544: Abteirechnungen des Stiftes St. Peter in Salzburg Textquelle (archivalische) Salzburg, St. Peter, Stiftsarchiv, Hs. A 631: Abteirechnungen 1541–1554 Auf fol. 118v des Rechnungsbuches wurde eingetragen: Item mer Trinkhgelt geben von wegen der dreyen Klauss Rauben: – t (Pfund) – ß (für Schilling) – d(enarii) (für Pfennige) 24. Das Abrechnungsbuch verzeichnet einen Eintrag, der von Klein mit Waldrappen in Verbindung gebracht wurde. Er las „Klausraben“, was aber definitiv irrig ist, denn es steht eindeutig „...Rauben“, also mit einem „u“. Der Eintrag zwei Positionen davor ist mit dem 23. Mai fixiert, der danach mit dem 30. Mai. Dies erlaubt, was bisher so noch nicht wahrgenommen wurde, eine recht genaue jahreszeitliche Fixierung, denn das Ausnehmen der Nester ist kurz vor dem Flügge-Werden naturgemäß am ertragreichsten. Ähnlich lautende Belege sind bereits von 1524 und 1532 überliefert (siehe jeweils dort) und machen deutlich, dass auch hier (trotz Verschreibung) Klausraben/Waldrappen gemeint sind. Zum Ausnehmen der Nester siehe ausführlich bei Stumpf (siehe bei 1548), wo auch ältere Quellen, die diesen Vorgang beschreiben, genannt werden. Klein, Nachrichten, 1958, S. 64; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67. Ich danke Gerald Hirtner sehr herzlich für seine Unterstützung. 126 1544: William Turner, Avium praecipuarum historia Textquelle (ornithologische) William Turner, Avium praecipuarum, quarum apud Plinium et Aristotelem mentio est, brevis et succincta historia, Köln 1544 (VD 16, T 2384 – Digitalisat) Auf S. E 6 beschreibt William Turner (um 1510–1568) den Waldrapp wie folgt: Iam ut sciatis qualis nam avis sit Helveticorum Waltrapus, quam coniicio phalacrocoracem esse, et tertium genus graculi, avis est corpore longo et ciconia paulo minore, cruribus brevibus, sed crassis, rostro rutilo, parvum adunco et sex pollices longo, albam quoque in capite maculam et eam nudam, nisi male memini, habuit. Si palmipses sit et in terdum natet, indubitanter tertium graculorum genus esse adfirmarem: verum licet autem in manibus habuerim, an palmipes fuerit nec ne et calvus, non memini: quare donec isthaec certius novero, nihil statuam. Ornithologisch ausgerichtete Texte sind vor Gesner (siehe bei 1555/1557) von herausragender Bedeutung. Der Autor sagt, er habe den beschriebenen Vogel in der Schweiz selbst in Händen gehalten. Die Beschreibung der Merkmale passt durchaus auf den Waldrapp. In dieser ersten bewusst vogelkundlichen Quelle wird über Gebiete berichtet, an denen der Waldrapp vorkommt. Bei Turner steht – wie bei Stumpf (siehe bei 1548) – die Schweiz im Mittelpunkt. Bei Gesner erweitern sich die Informationen substantiell. 127 Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 374; Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 540; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 16; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 62. 128 1545 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31): Adels- und Wappenbrief für Brüder Höckenstaller Bild- und Textquelle (Wappenbrief) Kaiser Karl V. verleiht mit einer in Worms mundierten Urkunde Sixtus und Leonhard Höckenstaller (Höggenstaller) Adelsstand und Wappen. Der Akt im Österreichischen Staatsarchiv in Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsarchiv, Reichsadelsakten, Allgemeine Reihe, 190.4, ist 1545 Juli 31 datiert, nicht, wie oft angegeben, an demselben Tag des Jahres 1549. Das Wappenbild auf fol. 3r stimmt mit der Blasonierung bei Seyler (siehe unten) nicht überein, sondern mit den Angaben (und der Abbildung) bei Buchheit nach einer ungenannten Quelle (die Unterschiede beziehen sich jedoch nicht auf den Steinraben). Die Wappenbeschreibung (Blasonierung) lautet: (…) oben vor schwarzem Grund wachsender blau-bewehrter goldener Löwe unten auf schwarzem Zweiberg ein golden gekrönter und bewehrter schwarzer Steinrabe; gekrönter Helm, der wachsende Löwe zwischen zwei goldenen bzw. schwarzen Büffelhörnern; schwarz-goldene Helmdecke (Text nach Seyler). Ein entsprechendes Wappen wurde dem 1574 erfolgten Eintrag des Sixtus Höggenstaler auf foll. 33v/34r im von etwa 1550 bis um 1585 geführten Stammbuch des Onophrius Perbinger (Berbinger) beigegeben (Seyler, Tafel 129; die Handschrift: Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 461). 129 Die Blasonierung besagt freilich nichts über die ornithologische Wiedererkennbarkeit / Exaktheit der Darstellung. Zudem ist zu beachten, dass wir die Ausfertigung des Adels- und Wappenbriefes nicht kennen. Die Bilder – aus dem Adelsakt (bzw. bei Buchheit) und bei Siebmacher (Seyler) nach dem genannten Stammbuch – unterscheiden sich zudem – keineswegs nur aber auch – bei der Wiedergabe des Vogels. In der Zeichnung des Adelsaktes und im Stammbuch ist die Krone und der Zweiberg, beides durch die Blasonierung für das Wappen gesichert, zu erkennen, dafür ist der Schnabel in beiden Fällen viel zu breit und vor allem uncharakteristisch kurz. Einzig bei Buchheit (nach unbekanntem Vorbild – Wappenbrief?) ist der Schnabel dem Naturvorbild deutlich ähnlicher und der Hals ist wesentlich länger, dafür ist der Zweiberg, auf dem der Vogel gemäß der Blasonierung stehen soll, nicht richtig wiedergegeben und die Krone fehlt. Der hier behandelte Wappenbrief, der das dargestellte Tier als Steinrabe bezeichnet, ist nach den Wappenbriefen Staininger (siehe bei 1531 Oktober 12) und Weißenfelder (siehe bei 1536 Oktober 8) der dritte, der als kombinierte Text- und Bildquelle belegt, dass der Waldrapp / Steinrabe als heraldische Figur diente. Seyler, Siebmacher’s Wappenbuch, Abgestorbener bayerischer Adel 3, 1911, S. 179, Tafel 126; Buchheit, Uttenschwalbe, 1951, S. 104f. (mit Abbildung); Frank, Standeserhebungen, 1967/74, Bd. 2, S. 211. 130 1548: Johannes Stumpf, Gemeiner Loblicher Eydgnoschafft ... Textquelle (Landesbeschreibung) und Bildquelle Johannes Stumpf, Gemeiner Loblicher Eydgnoschafft Stetten, Landen und Völckeren Chronick wirdiger thaaten beschreybung, Bd. 2, Zürich 1548 (VD 16, S 9864 – Digitalisat) Im „Das neundt buoch begreyffende die lender und taeler der alten Lepontier in der neundten landtafel verzeichnet“ (foll. 276r–293v) beschreibt Stumpf im Zuge der Behandlung der Rhätischen Vogelwelt auf fol. 292r auch den Waldrapp und gibt seinem Text, so wie auch bei den anderen behandelten Tieren, einen Holzschnitt bei: Waldrappen (Randtitel). Waldrappen ein gemein wildpraet, am besten so er noch jung aus dem naest kompt, ist ein grosser schwaerer vogel, gäntz schwartz als ein Rapp, hat sein naest in den hohen unwaegsamen velsen, allermeist nistet er in dem alten gemeur der zerstoerten und ausgebrennten schloessern, deren vil in den Alpischen lendern gesehen werdend. Sy sind von leyb beynaach so gros und schwaer als ein Storck. Die hier behandelte Quelle ist zwar nicht grundsätzlich ornithologisch / naturkundlich ausgerichtet, die Landesbeschreibung geht aber deutlich auch in diese Richtung. Sie ist also gemeinsam mit Turner (siehe bei 1544) und Gesner (siehe bei 1555/1557) zu betrachten. Weinel, S. 14, bezeichnet das Bild als ältestes Bildzeugnis zum Waldrapp. Dies konnte zwar durch neu aufgefundene Wappenbriefe widerlegt werden (siehe bei 1531 Oktober 12 bzw. 1536 Oktober 8), dass Stumpf jedoch das erste Zeugnis darstellt, das den Begriff „Waldrapp“, eine Beschreibung und ein Bild kombiniert 131 und ornithologisch-landeskundliche Interessen hat, ist evident. Er steht zwar durchaus in einer Tradition, geht aber durch die Bildbeigabe über Turner hinaus und ist als Bild-/Textquelle epochemachend. Stumpf kommt entscheidende Bedeutung zu, die bisher in der Literatur, wie mir scheint, noch nicht ausreichend gewürdigt wurde. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass sein Abschnitt über den Waldrapp Eingang in die Cosmographia des Sebastian Münster fand (siehe bei 1550). Das Bild ist freilich problematisch. Die allgemeine Körperform, die mittellangen, teilweise gefiederten Beine, die Zehenstellung und die dargestellten Krallen sprechen durchaus dafür, dass dem Entwerfer des Holzschnitts ein reales Vorbild bekannt war. Die Ähnlichkeiten beschränken sich keineswegs, wie bei vielen älteren Darstellungen, auf den charakteristischen, schmalen und gebogenen Schnabel. Wie in weiterer Folge auch bei Gesner (siehe bei 1555/1557) fehlen jedoch jene Elemente, die einen erwachsenen Waldrapp auszeichnen und diesen für heutige Betrachter sofort erkennbar machen: die Nackenfedern und der kahle Kopf. Da der Text jedoch ausdrücklich auf Jungvögel Bezug nimmt, lässt sich dieses Argument entkräften. Der lange, geschwungene Hals ist freilich verstörend. Der Bericht vom Ausnehmen der Jungvögel aus den Nestern, um diese dann zu verzehren, ist gut belegt. Erster Beleg ist ein Salzburger Rechnungsbuch (siehe Anfang 16. Jahrhundert), weitere Salzburger Quellen finden sich 1524, 1532 und 1544. Ein Bericht zudem bei Gesner (siehe bei 1555/1557). Für weitere Auflagen, die immer denselben Holzschnitt nutzen, siehe bei 1586 und 1606. Strohl, Waldrapp, 1917, S. 519f.; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 16; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 62; Weinel, Untersuchungen, 2012, S. 14. 132 1550: Sebastian Münster, Cosmographei Textquelle (Landesbeschreibung) Sebastian Münster, Cosmographei (…), Basel 1550 (VD 16, M 6693 – Digitalisat) Auf S. 410 wird im dritten Buch (von dem Teütschen land) zum Kapitel „Von Steinhuenern und Fasanen (so man in Wallis und gar nahe in dem gantzen Schweytzer gebirg und hohen Alpen biß in Etschland findt)“ (in späteren Auflagen Cap. LII) im Text ergänzt: Item waldrappen ein gemein wildpret, am besten so er noch jung auß dem nest kompt, ist ein grosser unnd schwerer vogel, gantz schwartz, hat sein nest in den hohen und onwegsamen felsen, allermeist nistet er in den alten außgebrenten schloessern. In der Erstausgabe der Cosmographia (Basel 1544: VD 16, M 6689 – Digitalisat) des Sebastian Münster (1488–1552) kommt zwar ein entsprechendes Kapitel vor (S. 365), der Abschnitt über den Waldrapp fehlt aber darinnen noch. Ab der Ausgabe von 1550 wird dem Kapitel über die Vögel im Wallis der hier behandelte Abschnitt zum Waldrapp beigefügt. Er beruht (leicht kürzend) auf Johannes Stumpf (siehe bei 1548). Dem Kapitel wird nun auch eine Holzschnittillustration beigegeben, die jedoch bloß jene Vögel abbildet, die schon bisher vorkamen, und die daher den neu im Text erwähnten Waldrapp nicht zeigt. Der bei Stumpf vorhandene Waldrapp-Holzschnitt wurde nicht rezipiert. Bei der Cosmographia handelt es sich demnach – trotz der Illustration – nicht um eine Text-Bild-Quelle. Der Abschnitt über den Waldrapp ist dann Teil aller weiteren Auflagen. Strohl, Waldrapp, 1917, S. 519 (Anm. 2); Anton Gattlen, Die Beschreibung des Landes Wallis in der Kosmographie Sebastian Münsters. Deutsche Ausgaben von 1544–1550, in: S. 97–152, zum Waldrapp S. 146 (Edition). 133 1550: Fekete tar varjú Textquelle (lexikalisch) Fekete tar varjú (ungarisch) / Cornix nigricans (lateinisch) Dieses Zitat und das Datum finden sich, wie Herman sagt, in Notizen von Aladár Ballagi, denen die Quellenangaben fehlen. Vielleicht handelt es sich bei Datum um einen Irrtum und die Angabe bezieht sich auf: Fabricius Balázs, Nomenclatura seu dictionarium Latino-Ungaricum ..., Debrecen 1590 (siehe 1590). Zu lexikalischen Quellen aus Ungarn siehe auch bei 1561. Herman, Kahlrabe, 1903, S. 48. 134 1553 Jänner 1: Instruktion an den Fischmeister Leonhard Peysser Textquelle (archivalische) Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Handschrift 935 (?): Instruktion an den Fischmeister Leonhard Peysser „Es soll auch unser Fischmeister daneben sein fleißiges Aufsehen haben, damit unsere Klausraben gen Grätz auf den Feldern noch andernorts nicht geschossen oder beleidigt, sondern gehegt, gezügelt und gehütet werden." (vorläufig nach Popelka zitiert, der eine Instruktion von 1567 August 22 heranzieht). Die Anweisung erwähnt den Waldrappen, der, wie gut bezeugt ist, in Graz einen Brutplatz hatte (siehe bei 1504 März 16, 1528 Jänner 1). Fournier, S. 114, berichtet, dass entsprechende Instruktionen ab 1506 existierten. Am 6. November dieses Jahres bestellte Maximilian I. Caspar Curmann zum Fischmeister. Diese Instruktion enthielt 13 Punkte, der Klausrabe wird nicht erwähnt. 1528 Februar 10 wird Thoman Uebler als Ottenjäger und Fischmeister bestellt (Fournier, S. 115). Dort findet sich erstmals der hier zitierte Abschnitt zur Schonung der Klausraben. Dieser Abschnitt wird bei späteren Instruktionen immer wiederholt (siehe bei 1567 August 22). Fournier gibt „Hs. 935“ als Standort der Instruktion von 1553 an. Wie Frau Elisabeth SchögglErnst (Mail vom 9. Februar 2022) mitteilt, befindet sich an dieser Stelle jedoch die Originalausfertigung der Instruktion von 1555 November 28. Dass es eine Instruktion für Leonhard Peysser gab, darf trotz des Fehlers bei Fournier als gesichert gelten, denn Fournier macht ganz detaillierte Angaben zum Inhalt. Der Standort der Instruktion für Peysser ist derzeit noch nicht festgestellt. Fournier, Fischer, 1990, S. 116; Popelka, Klausraben, 1948/49, S. 64 (nur Instruktion von 1566 erwähnt); 135 1554 Juli 9: Ansuchen um Verleihung eines Wappens an Andreas Gigler Bild- und Textquelle (Wappenbrief) Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsarchiv, Wappenbuch I, fol. 28: Ausgeschnittene Wappenminiatur aus dem Ansuchen um Verleihung eines Wappens an Andreas (André) Gigler Fritz Popelka hat das Wappen Giglers in die Waldrapp-Forschung eingeführt ohne den Aufbewahrungsort und die genaue Beschaffenheit seiner Quellen offenzulegen (Popelka, Klausraben, 1948/49, S. 65 – siehe ausführlich bei 1560 April 24). Dank umfangreicher Recherchen und der Hilfe von Franz-Stefan Seitschek gelang es jene Quellenreste festzustellen, die den Wappenbrief für Andreas und Hans Gigler dokumentieren. Die Brüder Gigler bekamen mit einer in Wien 1554 Juli 9 ausgestellten Urkunde ein Wappen verliehen, wie Frank, S. 91, verzeichnet. Freilich sind weder der Akt im Adelsarchiv – also die behördliche Dokumentation jeder Wappenverleihung bzw. Standeserhöhung – noch der Wappenbrief selbst, also die Originalurkunde, die an den Begünstigten ausgefolgt wurde, erhalten. Das Wappenbild sei aber – wie Frank schreibt – aus dem Wappenbuch I, das die Reichskanzlei von 1540–1561 führte, indem sie Wappenbilder aus den Ansuchen ausschnitt und in das Buch klebte (Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsarchiv, Reichsadelsakten, Reichskanzleiwappenbuch 1, 29), bekannt. Die Überprüfung dieser Angaben erwies sich als schwierig, da Gigler bei Julius Kindler von Knobloch, Josef Klemme, Das Reichs Canzelei Original Wappenbuch von MDXL bis MDLXI, in: Jahrbuch der k. k. Heraldischen Gesellschaft „Adler“ NF 1 [Wien 1891], S. I–LX, nicht verzeichnet ist. Allgemeine Informationen bei Wolfgang Kotz, Das Reichswappenbuch I, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchives 7 [1954], S. 219–221). Auch im Reichsregister Karls V., Bd. 23: Standeserhöhungen und Wappenbriefe (1550–1554) ist eine Verleihung an Gigler nicht enthalten. 136 Im Adelsarchiv ist der Akt, aus dem die Miniatur im Wappenbuch ausgeschnitten wurde, nicht erhalten. Herr Seitschek fingierte im Zuge der Recherche elektronisch den Akt (https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4871819), um – wie bei allen anderen Fällen – das ausgeschnittene Wappenbild mit einem (in diesem Sonderfall freilich nur virtuellen) Akt verknüpfen zu können. So konnte die Findbarkeit der erhaltenen Wappendarstellung gewährleistet werden. Die Wappendarstellung auf fol. 28r des Wappenbuches I ist von Texten begleitet: Oberhalb des Wappens steht das Gesuch: Andreas Gigler, Briester, Salzburger Bistum, Provisor der Pharr zue Grätz, bith die römisch khuniglich Majestät etc., seinen allergnedigisten Herrn, aufs unnderththenigist ime unnd seinen Gebruedern, Anndreen (gemeint ist wohl der Bittsteller selbst) und Hannsen den Giglern, derselben Erben unnd Erbens Erben etc. dises Wappen und Clainet umb seiner vleissigen unnd embsigen Diensnste wegen mit welchen er sich bei der Chur der Kirchen und Predigambt brauchen lesst, taxfrey allergnedigist zu bewilligen. Will er sein lebennnlang sambt seinen Gebruedern unnderthenigist zuvordiennen erfunden werden. Rechts neben dem Wappen der Name in großer Schrift: Gigler Links ist notiert: Die römisch königliche Majestät bewilliget dem Supplicanten und seinen Brueder gnädiklich diss Wappen doch ausserhalb der Taxfierung zue Wien den 9. Julii anno etc. 54. Der Text links (ist bewillige[t …] dem lectzen […] zue Wienn […] in LII anno […] Stängl) gehört zu einem anderen Gesuch und ist hier unerheblich. Die Informationen sind durchaus reichhaltig, bemerkenswert ist jedoch, dass sich über das zu verleihende Wappen keine Angaben finden. Ob daher, wie Popelka behauptet, ein Waldrapp (Clausrapp) verliehen wurde, kann aus der Quelle nicht geschlossen werden. Dass der Waldrapp (Steinrapp) jedoch tatsächlich als Wappenbild diente, belegt zum Beispiel die Familie Staininger (siehe bei 1531 Oktober 12). Zu Gigler, der in bemerkenswerter Weise zwischen den Konfessionen stand, vergleiche: Ein Hammerschlag ... 500 Jahre evangelischer Glaube in der Steiermark, Graz 2017, S. 54f. Dem Feldzeugleutnent Georg André Gigler wird 1660 Mai 24 der rittermäßige Adelsstand und eine Wappenbesserung verliehen: https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4474516. Das Wappen zeigt im 2. und 3. Feld einen allgemein ähnlichen Vogel (fol. 11r / Abbildung nach Reichskanzleiwappenbuch). Ob ein Zusammenhang mit dem Grazer Stadtpfarrer besteht, ist unklar. Bei dem hier 137 begünstigten Georg André Gigler könnte es sich um einen Nachkommen von Andreas Giglers Bruder Hans handeln. https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4871819 138 1555/1557: Conrad Gesner, Liber avium / Vogelbůch Bild- und Textquelle (ornithologische) Conrad Gesner, Historiae animalium liber tertius qui est de avium natura, Zürich 1555 (VD 16, G 1730 – Digitalisat). Conrad Gesner, Vogelbůch. Darin die art natur und eigenschafft aller voeglen sampt irer waren contrafactur angezeigt wirt: allen Liebhaberen der künsten ... Zürich 1557 (VD 16, G 1734 – Digitalisat) Gesners Vogelbuch bietet einen inhaltsreichen und illustrierten Eintrag zum Waldrapp. Die lateinische Erstausgabe und die zwei Jahre später erschienene deutsche Ausgabe, die denselben Holzschnitt verwendet, werden im Folgenden parallelisiert, die deutsche Variante immer eingerückt. Inhaltliche Abweichungen werden durch Unterstreichungen kenntlich gemacht. S. 337: De corvo sylvatico. Avis, cuius hic effigies habetur, a nostis nominatur vulgo ein Waldrapp, id est corvus sylvaricus, quod locis sylvosis, montanis et desertis degere soleat, ubi in rupibus, aut turribus desertis nidifìcat, quare etiam Steinrapp vocatur. Et alibi (in Bavaria et Stiria) ein Claußrapp a petris seu rupibus et pylis (nam pylas, id est angustias inter duos montes Germani Clausen appellant, hoc est loca clausa) in quibus nidos struit. Fol. 200r: Von dem Waldrappen. Corvus sylvaticus. 139 Der Vogel, welches figur hie verzeichnet stadt, wirt von den unsern gmeinlich ein Waldrapp genennt, darumb dass er inn einoeden waelden wonet, da er dann in hohen schrofen oder alten einoeden thürnen und schloesseren nistet, <fol. 200v> dannenhaer er auch ein Steinrapp genennt wirt. Und anderswo in Bayeren und Steürmarck ein KIaussrapp von den velsen und engen klausen, darinn dann er sein naest macht. Lotharingi, ut audio, Corneille de mer, id est Cornix marina, quam et in iuglandibus aliquando nidificare ferunt. Sed forte ea alia avis eft. Circa lacum Verbanum Corvus marinus dicitur. Alibi in Italia Corvus sylvaticus, ut in Istria circa promontorium Polae, ubi homine per funem demisso per rupes nidis eximuntur et inter mensarum delicias habentur. Ut apud nos quoque in montium quorundam rupibus, sic enim Fabarias thermas repertas aiunt, cum auceps quidam per altissimas rupes propter has aves se demisisset. Alibi in Italia Corvo spilato, id est corvus depilis, quoniam senescens calvescat. Germanice quidam nuper conficto a se a sono vocis eius nomine Scheller vocabat. In Lutringen und bei dem Paffyersee wirt er ein Meerrapp genennt. An andern orten ein Waldrapp. Als in Italien: da er dann etwan von einem menschen, so an einem seil hinabgelassen, aussgenommen und für einen schlaeck gehalten wirt. Wie er auch bei uns in etlichen hohen schroffen bey dem bad Pfaefers gefunden wirt, da sich auch etliche weidleüt hinab gelassen habend. Von seiner stimm wirt er auch ein Scheller geheissen. Sunt qui Phalacrocoracem hanc avem interpretentur, quoniam et magnitudine et colore fere corvum refert et calvescit, ut vidi, cum adultior est. Etliche haltend den für den Phalacrocoracem, dann er von groesse und farb schier dem rappen aehnlich ist. Er gwünt auch einen glatz in seinem alter, als ich gesehen hab. Turnerus Aristotelis Corvum aquaticum et Plinii Phalacrocoracem et Corvum sylvaticum nostrum avem unam esse arbitratur, tertium genus graculi. Corvus sylvacicus Helvetiorum, inquit, avis est corpore longo et ciconia paulo minore, cruribus brevibus, sed crassis, rostro rutilo, parum adunco (curvo) et sex pollices longo. Alba in capite macula et ea nuda, si bene memini. Quod si palmipes esset et interdum nataret, indubitanter tertium graculorum genus esse adfirmarem. Verum Iicet avem in manibus habuerim, an palmipes suerit, necne et calva, non bene memini, sic ille. Sed cum nos certo sciamus, palmipedem non esse Corvum sylvaticum nostrum, non 140 poterit esse Corvus aquaticus Aristotelis, fed neque Plinii, qui (ut diximus) Phalacrocoracem, id est Corvum calvum, eundem et aquaticum facit. Noster vero sylvaticus non est aquaticus, neque in aquis degit, sed in pratis et locis palustribus victum sibi quaeritat. Iam cum Aristoteles tertium graculi genus palmipes faciat, id quoque Corvus sylvaticus noster esse non potest. Avis quam prius haematopodem esse putabam (inquit Bellonius) nunc potius ibin nigram esse coniicio, cuius Herodotus et Aristoteles meminerunt. Turnerus haltet den Wasserrappen Aristotelis und Phalacrocoracem Plinii unnd unseren Waldrappen für einen vogel, aber nit recht, dieweyl er der selbigen voeglen beschreybung nit aenlich ist. Dann er nit breitfuessig ist und darzuo kein wasservogel, sunder er suocht in gruenen gaerten und massaechten orten sein narung. Ea corporis mole avem a Gallis vulgo Corlis (arquatam maiorem nostram esse arbitror) dictam refet, vel paulo minor est, tota nigra, capite phalacrocoracis, rostro iuxta caput plus quam pollicari crassitudine, inflexo modice in arcum et in acutum desinente, rubicundo, qui crurum etiam color est. Proceritas crurum ea fere quae in ardea <S. 338> stellari, colli longitudo quae in ave quam Galli uocant Aigrette, ita ut primo visa a me haec avis atdeam stellarem quodammodo referre videretur corporis fere specie. Haec ille in Gallico libro singularium observationum suarum. Corvo sylvatico nostro magnitudo est gallinae, color niger toto corpore, si eminus videas. Sìn propius, ad solem praesertim, cum viridi permixtus videtur. Pedes fere ut gallinae, Iongiores digiti fissi. Cauda non Jonga. A capite retro crista tendit. Haud scio an in omnibus aut semper. Rosirum rubicundum, oblongum et aptum inseri angustis terrae, arborum et murorum aut petrarum foraminibus, ut latitantia in eis insecta et vermes, quibus pascitur, extrahat. Crura oblonga, obscure rubentia. Unserer Waldrapp ist in der groesse einer Hennen, gantz schwartz gfarbt wenn du in von weytnuss anschauwest. Besichst du aber in an der naehe, fürauss gegen der sonnen, bedunckt er einen mit gruen vermischt seyn. Seine fuess sind auch garnach als der hennen, lenger und zerspalten. Der schwantz ist nit lang und hat auff seinem kopff ein streüsslin hinder sich gericht. Nit weiss ich ob diss an allen und allzeyt gesehen wirt. Der schnabel ist rotlecht, lang unnd komlich im erdtrich zuo graben und in die engen klufften der mauren, boeumen und velsen zuo stossen, damit er die verborgnen würmlin unnd kaeferlin haerauss ziehe. Er hat lange tunckle rote bein. Locustis, gryllis, pisciulis et ranunculis eos vesci audio. Sy glaebend der hoeuwschraecken, gryllen, fischlinen und kleinen froeschlinen. Ut plunmum nidificat in altis arcium destructarum muris, qui in Helveticis montium regionibus frequentes sunt. In ventriculo dissecti aliquando praeter alia insecta, reperi plurima illa quae 141 radices frugum populantur, milii praesertim, Galli Curtillas vocant, nostri transversas (Twaern) a pedum situ ut coniicio. Edunt et vermes e quibus scarabei a maio mense dicti nascuntur. Merteils nistet er auff alten und hohen mauren der zerbrochnen schloesseren, welcher dann im Schweytzerland seer vil gefunden werdend. Als ich diss vogels magen zerschnitten, hab ich über andere unzifer auch vil deren thierlinen gefunden, so den wurtzen der früchten schaden thuond, fürauss dem hirss, welche die unseren Twaeren <fol. 201r> nennend. Sy aessend auch würm, darauss meyenkaefer werdend. VoIant aItissime. Bina aut terna ova pariunt. Primae omnium, quod sciam, avolant circa initium junii ni fallor. Pulli eorum diebus aliquot antequam volare possint nidis exempti, nutriri et facile cicurari possunt, ita ut in agros evolent et subinde revertantur. Laudantur iidem pulli in cibis et in deliciis etiam habentur, suavi carne ossibus mollibus. Dise voegel fliegend seer hoch. Die legend zwey oder dreü eyer. Sy fliegend zum ersten auss allen voeglen hinweg, on zweyfel umb den anfang dess brachmonats. Ire jungen etliche tag vorhin ee dann sy fluck worden auss dem naest genommen, moegend leychtlich auferzogen und gezaempt werden, also, dass sy in die aecker hinauss fliegend und schnaell wiederumb heim kommend. Ire jungen werdend auch zur speyss gelobt und für einen schlaeck gehalten, dann sy habend ein lieblich fleisch und weich gebein. Qui e nidis eos auferunt, in singulis singulos relinquere solent, ut anno sequente libentius redeant. Corythus, Κόρυθος, avis est, una e genere trochilorum, Hesychius. Sunt autem trochili gallinae sylvestres quaedam, pedibus longis, corpore gracili, cursu celeres, ut coniicio. Die sy aber auss irem naest nemmend, die lassend in einem jetlichen eins ligen, damit sy am nachgenden jar dester lieber widerkommend. *** Conrad Gesner (Gessner) (Zürich 1516–1565 Zürich) ist zweifellos die Schlüsselgestalt, wenn es um den Waldrapp geht. Wir schreiben seinen Namen mit einem „s“, so wie er es in seinem Liber avium (und in allen Bänden seiner Historia animalium) auf den Titelblättern selbst vermerkt (Link). Der Eintrag in der NDB (siehe unten) folgt dieser Ansetzung des Familiennamens (Link). Seine Historia animalium erschien ab 1551 in Zürich und war als illustriertes Kompendium angelegt (ausführlich dazu: Fischer, Conrad Gessner, 1966, S. 36–49), die Vögel bildeten den dritten, 1555 publizierten Band. Dass der Waldrapp ein besonders interessantes Beispiel ist, bemerkt auch Fischer, S. 44–46, der ihn in Ges(s)ners Lebensbild erwähnt und den betreffenden Holzschnitt auf S. 46 abbildet. Dies wohl auch deswegen, da in diesem Fall – 142 anders als bei vielen anderen Tieren – zumindest einige der berichteten Informationen auf eigener Naturbeobachtung beruhen könnten. Bemerkenswert sind Gesners Informationen zum Verbreitungsgebiet des Waldrapps. Turner (1544) und Stumpf (1548 – siehe jeweils dort) fokussieren auf die Schweiz. Auch Gesner lebt dort – er nennt etwa Pfäfers als Ort, an dem vor langer Zeit ein mit Waldrappen verknüpftes Ereignis geschehen sei (siehe bei um 1238 (Überlieferung nicht vor 1538)). Doch er nennt bereits in Abschnitt über die verschiedenen Benennungen des Vogels auch andere Regionen. In Bayern und der Steiermark werde der Vogel Klausrapp genannt. In Lothringen (was immer das genau bezeichnen mag, jedenfalls ein Gebiet, in dem französisch gesprochen wird) werde das Tier Corneille de mer (Cornix marina) genannt und beim Lago Maggiore (Paffysersee / Lacus Verbanus) hingegen Meerrabe (Corvus marinus). In den Icones avium (ebenfalls 1555 – siehe unten) werden für Italien auch noch die volkssprachlichen Bezeichnungen Corvo selvatico (Waldrapp), Corvo spilato (Corvo depilis / Kahlrabe) und Corvo mariano nachgereicht. Auch Pola (heute Kroatien) wird als Brutort genannt. Bereits Valerius Cordus (siehe bei 1561 (recte wohl nicht nach 1544)) nennt Brutgebiete des Steinrabens/Steindohle – so nennt Cordus den Vogel. Er führt das Donautal nicht weit von Passau und oberhalb von Kehlheim an. In Gesners Text wird dieser Verweis in die 1585 erschienene posthume Ausgabe aufgenommen (VD 16, G 1731, S. 351). Zum Ausnehmen der Nester siehe ausführlich bei 1548, dem Bericht von Stumpf, wo auch ältere Quellen, die diesen Vorgang beschreiben, genannt werden. Wichtig ist auch Gesners Verweis auf Pierre Belon (Petrus Bellonius – 1517–1564), denn dieser beschreibt einen Ibis, dem Gesner eine Verwandtschaft zum Waldrapp attestiert, was der heute gültigen ornithologischen Einordnung entspricht und auch für die Identifikation des in Europa ausgestorbenen Waldrapp mit den bis heute überlebenden Populationen relevant ist. In den Jahren 1547 bis 1549 reiste Bellonius durch Italien, Griechenland, die Mittelmeerinseln, durch den Vorderen Orient und nach Ägypten. In seinen Les Observations de plusieurs singularitez et choses memorables trouvées en Grece, Asie, Chaldée, Egypte, Arabie & autres pays estrangers, Paris 1553 (Digitalisat), ist im 2. Buch, das Kapitel 32 der Description de plusieus oiseaux & autres animaulx observez lelong du Nil gewidmet (S. 228–231), in dem er ganz prominent den hier relevanten schwarzen Ibis (ibis noir) beschreibt. Diese Verbindung behandelt Gesner auch im Abschnitt zum Ibis (S. 546–550 [lat.] bzw. fol. 159v–160r [dt.]). Die lateinische Fassung enthält einen Rückverweis auf Belon, in der deutschen Ausgabe sagt Gesner jedoch: „wie auch der Waldrapp nit der schwartz Ibis seyn mag, ob er gleych wol einen krumben schnabel hat, darumb dass er im in ubrigen stucken nit aenlich ist.“ 143 Der Holzschnitt, den Gesner seinen Werken beigibt, zeigt einen Jungvogel, dessen Kopf noch befiedert ist, der jedoch bereits Ansätze von Nackenfedern zeigt. Der Körperbau im Allgemeinen, die teilweise befiederten Beine, die Zehen mit Krallen und der lange und dünne – freilich bloß leicht gebogene – Schnabel sind zu nennen. Gesners Holzschnitt, der den Waldrapp mit leicht geöffnetem Schnabel und mit einem angehobenen Bein zeigt, wurde vorbildhaft. Zu nennen sind eine Randillustration im angeblichen Gebetbuch der Philippine Welser (siehe bei wohl nach 1564), eine Buchillustration in St. Gallen (siehe bei 1562), eine Miniatur von Joris Hoefnagel (siehe bei ca. 1575/80), Rumpolts Kochbuch (1581), eine nachgetragene Randillustration (siehe bei 1590/1600) und Aldrovandi (1603). Gesner ist, wie berichtet, weder die erste Quelle, einen Text, der den Waldrapp (in welcher Namensform auch immer) beschreibt und ein entsprechendes (oft nicht besonders naturähnliches) Bild kombiniert (dazu siehe Wappenbriefe bei 1531 Oktober 12, 1536 Oktober 8 und 1545 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31)), noch ist er die erste Quelle, die eine Text-/Bildbotschaft mit ornithologischen Beobachtungen kombiniert. In diesem Fall ist als „Erfinder“ Stumpf zu nennen (siehe bei 1548). Die Akkuratesse des Holzschnitts und die Fülle der Informationen ist jedoch bei Gesner um so vieles höher als bei seinen Vorläufern, sodass ihm der Ehrenplatz in der Waldrapp-Forschung auch nicht durch die Tatsache verloren geht, dass er Vorläufer hatte. Zu Conrad Gesner: Der deutsche Text Gesners wird im Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der Schweizerdeutschen Sprache, Bd. 6 (1909), Sp. 1173, für das Lemma „Waldrap“ verwendet (dieser auch bei Strohl, Waldrapp, 1917, S. 503f.); Eduard K. Fueler, Gesner, Konrad, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 6 (1964), S. 342–345; Fischer, Conrad Gessner, 1966, passim, zum Waldrapp S. 59f. Gesner wird von nahezu allen Autoren, die sich dem Waldrapp widmen, erwähnt. Das Verzeichnis der gekürzt zitierten Literatur ist daher als Bibliographie für Gesner zu verwenden. Einzig Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 319f., ist wegen seiner fundierten Quellenkritik an Gesners Behauptungen hier anzuführen. Springer, De avium natura, 2007, passim, zum Waldrapp S. 149–151; Springer, Kinzelbach, Vogelbuch, 2009 (2013), S. 12, 151–153 und 466; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 62. 144 1555: Conrad Gesner, Icones avium Bild- und Textquelle (lexikalische) Conrad Gesner, Icones avium omium, quae in historia avium Conradi Gesneri describuntur, cum nomenclaturis singulorum latinis, italicis, gallicis et germanicis plerunque, percertos ordines digestae. Ritratti e le figure de gli ucelli. Les figures & pourtraictz des oiseaux. Die Figuren und contrafacturen der voegeln, Zürich 1555 (VD 16, G 1732 – Digitalisat) In diesem Bild- und Namensauszug aus dem Vogelbuch Gesners (siehe oben) wird der Holzschnitt erneut abgedruckt und von einem auf die lexikalischen Betreffe reduzierten Text begleitet. S. 22: Corvus sylvaticus, Ibis nigra secundum Bellonium, ni fallor. Italice: Corvo selvatico, Corvo spilato, Corvo mariano. Lotharingis: Corneille de mer. German.: Waldrapp, Steinrapp, Clausrapp Fischer bezeichnet die Icones treffend als „zoologisches Bilderbuch“, das verlegerisch den jeweiligen Bänden des lateinischen Hauptwerks Gesners nachgereicht wurde. Fischer, Conrad Gessner, 1966, S. 59f.; Weinel, Untersuchungen, 2012, S. 14. 145 1555 November 28: Instruktion an Eramus Ellender, Fischmeister in der Steiermark Textquelle Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Hs. 935, und Innerösterreichische Kammer (IÖK), chronologische Reihe, 174a, 80a: Instruktion an Eramus Ellender, Fischmeister und Otterjäger in der Steiermark „Es soll auch unser Fischmeister daneben sein fleißiges Aufsehen haben, damit unsere Klausraben gen Grätz auf den Feldern noch andernorts nicht geschossen oder beleidigt, sondern gehegt, gezügelt und gehütet werden." (vorläufig nach Popelka zitiert, der eine Instruktion von 1567 August 22 heranzieht). Das Dokument liegt im besiegelten Original (Hs. 935) und in einer Abschrift vor (174a, 80a (alternativer Link). Dass Hs. 935 das Original dieser Instruktion darstellt, verdanke ich einem Hinweis in einem Mail von Elisabeth Schöggl-Ernst vom 9. Februar 2022. Fournier, S. 114, berichtet, dass entsprechende Instruktionen ab 1506 existierten. Am 6. November dieses Jahres bestellte Maximilian I. Caspar Curmann zum Fischmeister. Diese Instruktion enthielt 13 Punkte, der Klausrabe wird nicht erwähnt. 1528 Februar 10 wird Thoman Uebler als Ottenjäger und Fischmeister bestellt (Fournier, S. 115). Dort findet sich erstmals der hier zitierte Abschnitt zur Schonung der Klausraben. Dieser Abschnitt wird bei späteren Instruktionen immer wiederholt (siehe bei 1567 August 22). Fournier, Fischer, 1990, S. 116 (zur Abschrift). 146 1556: Johannes Frisius, Nomenclator latinogermanicus novus Textquelle (lexikalische) Johannes Frisius, Nomenclator latinogermanicus novus, Zürich 1556 (VD 16, F 3008 – Digitalisat) Auf S. 56 des von Johannes Fries (1505–1565) zusammengestellten, nach Sachgebieten geordneten Wörterbuches steht im Abschnitt über die Vögel nach dem Wortpaar „Corvus – ein rapp“: Corvus sylvaticus vel ibis nigra secundum Bellonium – ein waldrapp. Dass die Angaben von Conrad Gesner (siehe bei 1555/1557) so schnell in ein Wörterbuch Eingang fanden, überrascht auf den ersten Blick. Schnell wird freilich klar, dass Gesner in Zürich lebte, dem Erscheinungsort des Nomenclator, und dass er auch an diesem mitarbeitete, wie die Überschrift zum entsprechenden Abschnitt (S. 55) belegt. Ein wohl von diesem Eintrag abzuleitendes Wortpaar bietet 1579 Theophilius Golius. Das wenige Monate davor erschienene rein alphabetisch geordnete „Dictionarium latinogermanicum“ (VD 16, F 3004), enthielt den Begriff noch nicht (vgl. S. 339). Auch im ebenfalls in Zürich in demselben Jahr erschienenen „Novum dictionariolum puerorum latinogermanicum, et e diverso germanicolatinum“ (VD 16, F 3008 – Digitalisat) fehlt der Corvus sylvaticus / Waldrapp (vgl. S. 189 [lat./dt] bzw. S. 185 (rapp [dt./lat.]) bzw. S. 281. Den Hinweis auf den Nomenclator verdanke ich Josef Feldner. 147 1557: Conrad Gesner, Vogelbůch Bild und ornithologische Textquelle Conrad Gesner, Vogelbůch Die deutsche Ausgabe des Liber avium wird gemeinsam mit der lateinischen von 1555 behandelt (siehe bei 1555/1557). 148 1558 März 11: Verordnung des Salzburger Erzbischofs Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Hofrat Catenichl 19 (1557–1559) Fol. 213rv: Mandat [von Michael von Kuenburg, Erzbischof von Salzburg (1554–1560)] von wegen der Clausraben: Wir Michael thuen mit disem unnserm offen mandat khundt aller menigilich: Nachdem dass schiessen aus püchsen so in der stat allenthalben beschicht, vat sorgelich unnd gefärlich, die kranckh person unnd die schwenngern frauen darob erschreckhen, auch die Klaußraben von iren stännden gejagt unnd vertrieben werden, daß wir ain sonnders ungedigs misfallen tragen ennach (?) so bevelchen unnd gebieten wir hiemit ernnstlich unnd wollen, daß sich hinfuran niemants, er sey geystlich, weltlich, hofgesindt, burger oder innwoner, hochs oder niders standts, niemannts ausgenomen in der stat Salzburg, es sey an was ort es wolle, dasgleichn auch ausserhalben der stat als am Munichperg unnd Rietenburg, auch vil weniger in di wanndt des Münichpergs auß püchsen zu schiessen unnderstee, alles bei vermeidung unnserer schwern straff unnd ungnad. Dann wurd jemants solch gebot verachten, darwider thuen unnd hanndeln, (darauf wir dann unnser sonnder guet aufsehen verordnet haben) der soll von unns nach ungnaden gestrafft werden. Darnach 149 wisse sich menigilich zu richten unnd vor schaden ze huetten. Geben in unnserer stat Salzburg den ainlefften tag Martii anno etc. LVIII. Nota: Diser Mandade sein funffe geschriben und angeschlagen werden. (von anderer Hand beigefügt:) Nota den 20 Februarii anno -59 sein der Clausraben Mandats funffe geschriben und dem Jäger Maister anzuschlagen zuegestelt worden. Vergleichbare Verbote aus den Jahren 1504 Juni 3, 1531, 1578 März 28 und 1584 April 10 sind bekannt (siehe dort für weitere Informationen). Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 25 (nur Hinweis); Klein, Nachrichten, 1958, S. 62 (nur Hinweis). Herzlichen Dank für das Übermitteln der Daten zu diesem Stück und die Bilder an Hubert Schopf von Salzburger Landesarchiv. 150 nach 1555 und vor ca. 1560: Ornithologisches Tafelwerk Bild- und Textquelle (ornithologische, lexikalische) New York, Historical Society, 1889.10: Ornithologisches Tafelwerk Formatfüllend wird auf einem 23,3 x 21,3 cm großen Papierblatt ein Vogel präsentiert (1889.10.1.1), gemalt in deckenden Farben aber ohne Hintergrund. Die Krallen seiner Läufe sind auf einem bloß gezeichneten, ganz unauffälligen Grund positioniert. Die Zeichnung wird durch kalligraphisch höchst anspruchsvolle Beschriftungen komplettiert. Zu sehen ist ein nach links im Profil dargestelltes Tier mit ganz unregelmäßigem Umriss. Der leicht geöffnete, rote, lange und leicht gebogene Schnabel ragt am weitesten nach links. Der kleine heller orange, stark differenziert dargestellte Kopf ist ganz unbefiedert. Die Farbe der Iris entspricht jener des Schnabels. Das Federkleid schließt, in deutlichem Kontrast zur „Nacktheit“ des Kopfes, mit feinen, aufgebogenen Federn auf dem Hinterkopf an, die einen ganz „zerzausten“ Umriss verursachen. Der Hals wird von kurzen Federn bedeckt, während der kompakte Körper und vor allem die Flügel durch Rotanteile das Schimmern des Gefieders vermitteln wollen. Die Federn des Körpers und der Flügel enden rechts auf beinahe derselben Höhe jeweils fast an der vertikalen Blattkante. Unten schließen die zuerst noch gefiederten Läufe an, die dann aber in die durchaus prominent ins Bild gesetzten schmutzig roten unteren Extremitäten übergehen, die mit sehr differenzierten malerischen Mitteln gestaltet werden. Die originalen Beschriftungen beginnen rechts des Kopfes mit der Benennung des abgebildeten Vogels in Griechisch, Lateinisch und Französisch (zwei Varianten): Φαλακροκόραχ [Phalacrocorax] – Corvus calvus – Corbeau galeran – Corbeau voiran. Dann folgen Verse, die abschließend B(enoît) Textor zugeschrieben werden: 151 Cristatus, rosto non barvo (?), tum subadunco / Est rosto rubro crure. Phalacrocorax – Der erste Buchstabe des vierten Wortes ist nicht eindeutig. Vom inhaltlichen Verständnis ist wohl „parvo“ (klein) zu lesen. De eodem. Est iucunda caro, rubrum tibi grandeque rostrum / Est postica tibi crista Phalacrocorax De eodem. Non natat, est fidipes, sectatur prata, paludes, / Est natus vermes esse Phalacrocorax. L’autheur. B. Textor. Der zweite Teil der Beschriftung füllt die Fläche links neben den Läufen. De eodem. Nonne Phalacrocorax Graecis est dicta volucris / Qui corvus calvus vertitur a latiis? De eodem. Pro quo est hydrocorax nonullis sumpta volucris, / Praeditus es suavi carne Phalacrocorax. L’autheur. B. Textor. Abschließend werden der Maler und der Schreiber genannt: Le peintre. Pierre Vase, alias Cruche. L’escrivain. Thomas Huilier. Offensichtlich von einer anderen, wohl (etwas späteren) Hand wurde oben mittig eine Zählung in hellerer Tinte ergänzt: 1a. Die Beschriftung nennt drei an der Herstellung des Kunstwerks beteiligte: Die Verse, die den Waldrapp zum Inhalt haben, werden Benoît Textor (ca. 1525–1565), der aus der Gegend von Lyon stammte, zugeordnet. Er war Arzt und Ornithologe und lebte ab 1542 in Neuchâtel und ab 1543 in Genf (für eine Erstinformation siehe: https://fr.wikipedia.org/wiki/Beno%C3%AEt_Textor). Am Ende des zweiten Textabschnitts werden zuerst der Maler und dann der Schreiber genannt. Der Maler, Pierre Vase, alias Cruche, das ist Pierre Eskrich (Paris 1518 oder 1520–nach 1590 Lyon), entstammt der aus Freiburg im Breisgau stammenden Familie „Krug“ und lebte bis 1544 in Paris, ab 1548 in Lyon, dann ab 1552 vielfach in Genf, ab 1564 vor allem wieder in Lyon. Er war auch dichterisch tätig und verwendete auch „Vase“ bzw. „Cruche“ als Namen. 1569 scheint sich Eskrich eindeutig auf die Seite der Katholiken gestellt zu haben. Eskrich hat auch Holzschnitt-Alphabet mit Vogeldarstellungen für Guillaume Rouillée in Lyon hergestellt, das sich in drucken von 1554 bis 1559 nachweisen lässt: Histoire d’Herodian, Lyon, G. Rouillé, 1554 (Digitalisat), foll. IIr, IVr, in Guillaume du Choul, Discours sur la castramétation, Lyon, G. Rouillé, 1555 (Digitalisat), foll. 2r, 4r, in den beiggebunden Des Bains et antiquites exercitations greques et romaines (Digitalisat), foll. 2r, 3r, und in seinen Discours sur la religion 152 des anciens Romains, Lyon, G. Rouillé, 1556 (Digitalisat), foll. 3r, 5r, sowie in Andrea Tiraquelli, Tractatus, Lyon, Guillaumr Rouillé, 1559, S. 3, 109, 219, 221, 345, 347, 349. Für eine Erstinformation über Eskrich siehe https://fr.wikipedia.org/wiki/Pierre_Eskrich, für eine umfassende biographisch Darstellung siehe Frank Lestringant, Pierre Eskrich, der Künstler der Mappe-Monde, in: Derselbe, Die Mappe-Monde Nouvelle Papistique, Berlin 2019, S. 57–78. Thomas Huilier, über den bisher nichts Weiteres festgestellt werden konnte, nennt sich als Schreiber. Dabei handelt es sich um das einzige Ego-Zeugnis, denn Maler und Dichter werden ja bloß von Huillier als Ausführende benannt. Ob Huillier vielleicht auch die graphischen Landschaftsandeutungen zu verantworten hat, wäre auf Grund der identischen Tintenfarbe von Zeichnung und Schrift zu überlegen. Der Eintrag bietet einige lexikalische Probleme. Der griechische Begriff für Kahlrabe wurde später mit dem Kormoran verbunden. Die lateinische Bezeichnung „Corvus calvus“ stellt zwar, wie bei Gesner, eine Beziehung zu Raben her, statt des (durchaus problematischen) Adjektivs „sylvaticus“ wird hier, aus dem Griechischen abgeleitet, auf die Kahlheit Bezug genommen. „Galeran“ scheint eine Bezeichnung für einen speziellen Rotton zu sein. Corbeau galeran wird zumeist mit Ibis à tete rouge übertragen. Dass der Begriff etymologisch aus dem deutschen „walh“ (fremd) und „hramm“ (Rabe) bestehen soll, bedarf weiterer Klärung. Zur Sammlung Als erste Illustration im ersten Band des vierbändigen Tafelwerks, findet sich die beschriebene Illustration des Waldrapps (1889.10.1.1). Nicht alle Illustrationen, die alle fliegenden Tieren gewidmet sind, stammen aus derselben „Serie“. 65 Blätter sind sowohl von der Anlage der Illustration als auch der Textbotschaft der ursprünglichen Serie zuzuordnen, die Olson und Mazzitelli als „first avian project“ benennen. Dieser „Grundstock“ zeigt, so wie der Waldrapp, Beschriftungen in kalligraphischer Qualität, die unten jeweils (wie am hier behandelten Blatt) den 153 Schreiber Thomas Huilier und den jeweils verantwortlichen Maler, hier Pierre Vase alias Cruche, nennen. Einige Blätter in zwei eng mit der New Yorker Sammlung verbundenen Bänden in Paris (siehe bei um 1560) sind ähnlich beschriftet (vgl. Olson, Mazzitelli, S. 468) und verbinden die Pariser Bände mit der ersten Phase, während der Pariser Hauptbestand einen Neuansatz bildet, der stark mit Jacques Dalechamps verbunden ist. Bei einer Vogeldarstellung (Ms. lat. 11.858, fol. 167r) nehmen Olsen, Mazitelli, S. 470f. mit Fig. 52, sehr zu Recht an, dass sie von derselben Hand wie der Waldrapp, also jener des Pierre Eskrich, stammt, wodurch die Verbindungen nochmals verstärkt werden. Das Tafelwerk, das sich heute in New York befindet, wurde 1889 der Historical Society von Nathaniel H. Bishop geschenkt. Zur älteren Provenienz siehe den Eintrag in der Sammlungsdatenbank. Zur Datierung der Sammlung 2007 haben Olson und Mazzitelli, S. 462, den Grundstock nach Genf verortet und zwischen 1552 (Eskrichs Ankunft in Genf) und 1568 datiert. 2019 folgt Lestringant, S. 69, dieser Einschätzung. Aber bereits 2015 hatte Olson ihre Meinung geändert – wenn ich recht sehe ohne näherer Begründung – und lokalisiert die Sammlung nun nach Lyon und datiert sehr früh „vers 1548–1555“ (Olson, 2015, S. 88). Der Online-Katalog der New Yorker Sammlung datiert, ebenfalls ohne nähere Begründung „ca. 1554–1564“. Dass Eskrich in den fraglichen Jahren im Auftrag von Jacques Dalechamp auf der Suche nach Vögeln durch den Jura reiste, belegen (undatierte) Briefe von Robert Constantin (zu ihn siehe bei 1573) an Dalechamp (Lestringant, S. 70, und Olson, Mazzitelli, S. 456f. – Paris, BnF, Ms. lat. 13.063, foll. 271r, 292r, 295r). Dass er dort auch einen Waldrapp tatsächlich sah, ist durchaus glaubhaft. Die Verse auf dem Waldrapp-Blatt und auf allen Blättern, die Text enthalten, den Thomas Huilier „signierte“, werden Benoît Textor zugeordnet. Die Verse sind mit dem jeweiligen Bildgegenstand eng verknüpft. Man kann – mit Vorbehalt – Benoît Textors Todesjahr (1565) als Terminus non post quem für das Blatt mit dem Waldrapp vermuten und damit wohl auch für den gesamten Grundstock. Eskrichs religiöse Positionierung 1569 (siehe oben) könnte ein weiterer Hinweis für den Abbruch des Projekts sein. Die Datierung lässt sich aber weiter präzisieren. Mir erscheint eine Zeitspanne, die ein Zusammenwirken von Benoît Textor (gest. 1565) und Eskrich (ab 1548 in Lyon, ab 1552 [oft] in Genf), inklusive der belegten Jura-Reise, ermöglicht, als Datierung am wahrscheinlichsten. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass in den originalen Beschriftungen Gesner genannt wird: Auf Tafel 1889.10.1.52 ist vermerkt … vel merula aquatica Gesnero. Das bezieht sich, wie mir 154 scheint, nicht bloß auf einen wissenschaftlichen Austausch zu diesem Vogel, sondern setzt Gesners Liber avium von 1555 (siehe bei 1555/1557) voraus (S. 584f. mit Illustration). Das Blatt, und damit auch der hier behandelte Grundbestand, können demnach nicht vor 1555 entstanden sein. Dasselbe kann man auch mit Pierre Belon durchspielen. Der lexikalische Teil der Beschriftung von Tafel 1889.10.3.1 endet mit: Bellonio gerfaut. Dies bezieht sich auf dessen L’histoire de la nature des oyseaux (…), Paris 1555 (Digitalisat), S. 94f. (mit Illustration). Bei Belon stimmen auch die Benennungen weitgehend überein, die Bilder haben freilich, wie bei Gesner, keine spezifischen (kopialen) Übereinstimmungen. Es gibt einen Briefwechsel zwischen Dalechamps und Gesner, wobei alle vorhandenen Daten auf die Jahre 1560 und 1561 verweisen (Olson, Mazzitelli, S. 457). Auf S. 454 nennen die beiden auch Briefe zwischen Dalechamps und Claude Textor aus denselben beiden Jahren (Paris, BnF, Ms. lat. 13.063, foll. 184r–187v) und vermuten zudem, dass spätere Beschriftungen von Claude Textor eigenhändig hinzugefügt wurden. Diese Wiederaufnahme des Projekts wäre demnach ab 1560 anzusetzen. Folglich muss die erste Phase, jene mit den Beschriftungen in Huiliers Hand, vor ca. 1560 anzusetzen sein. So ergibt sich für den hier relevanten Grundstock eine recht präzise Datierung zwischen nach 1555 und vor ca. 1560. Der ursprüngliche Plan, ein „Bilderbuch“ mit lexikalischen Angaben und mit entsprechenden Versen, mag aufgegeben worden sein, als Gesners Werk erschien, wobei vom Charakter vor allem dessen Icones avium (siehe bei 1555) als Dopplung zum eigenen Tun verstanden worden sein mögen. Im Grundstock gibt es sonst keine offensichtlichen Berührungspunkte mit Gesners Publikationen, weder bei den Benennungen (vor allem die lateinischen kommen in beiden Quellen vor), noch bei den Illustrationen. Als man sich um 1560 entschloss, das Projekt fortzusetzen, sind hingegen deutliche Berührungspunkte zu beobachten. Dasselbe gilt (in geringerem Maße) auch für Belon, dessen Vogelbuch ebenfalls 1555 veröffentlich wurde (jeweils Olson, Mazzitelli, S. 446–452, mit den entsprechenden Belegen). Zur Stellung der New Yorker Illustration im Vergleich zu anderen Waldrapp-Darstellungen Die hier behandelte Darstellung eines Waldrapps ist nicht die älteste aber vielleicht die älteste, die offensichtlich ornithologisches Sammeln und den Wunsch nach großer Naturnähe bei der Darstellung glaubhaft verbindet. Die Illustration bei Stumpf (1548) wird diesem Anspruch jedenfalls noch nicht gerecht. Der Holzschnitt bei Gesner (1555/1557) wird diesem Anspruch hingegen schon gerecht. Wenn man die beiden Darstellungen vergleicht, stellt man viele Parallelen fest. Etwa den leicht geöffneten Schnabel und der grundsätzliche Körperbau. Gesner zeigt einen Jungvogel, der Hals ist deutlich länger. Durch die Möglichkeiten der Farbe ist die 155 hier behandelte Illustration Gesner jedoch deutlich überlegen, auch weil ein adulter Vogel mehr Charakteristika zeigt als das Jungtier. Sowohl was die malerische Qualität als auch was den Anspruch auf Naturwiedergabe betrifft ist eigentlich bloß das Blatt im Museum Kaiser Rudolfs II. vergleichbar (siehe bei 1577–1612). Die beiden Tafeln verbindet auch die Formgelegenheit: bei beiden handelt es sich um Tafelwerke, die zu Sammelndes abbilden. Die hier vorgestellte Illustration des Waldrapps ist Teil eines Parallelprojekts zu den Icones avium von Conrad Gesner. Sammlungsdatenbank: https://emuseum.nyhistory.org/collections/93105/rare-watercolors-ofeuropean-birds-15401590/objects Audubon's Aviary, New-York Historical Society, March 16–May 7, 2006 (das Blatt mit dem Waldrapp war ausgestellt); Olson, Mazzitelli, Discovery, 2007, S. 435–521. Roberta J.M. Olson, Drawn by New York: Six Centuries of Watercolors and Drawings at the Nes York Historical Society, September 19, 2008–January 19, 2009, New York 2008; Vanessa Selbach, Artisan ou artiste? La carrière de Pierre Eskrich, brodeur, peintre et graveur, dans les milieux humanistes de Lyon et Genève (ca 1550–1580), in: Chrétiens et Societés 2011, numéro special 1, S. 37–55 (zum „Vogelprojekt“ Seelbach, Absatz 26–28 – die Tafel mit dem Waldrapp als Illustration 4); Roberta J.M. Olson, Dessins ornithologique, in: Lyon Renaissance: Art et Humanisme, Ausstellungskatalog Lyon, Musée des Beaux-Arts, Paris 2015, S. 77–90 (im Druck S. 88– 97); Roberta J. M. Olson, Les dessins d'oiseaux de Pierre Eskrich et Cie et la question des échanges entre Genève et Lyon, in: Arts et Humanisme Lyon Renaissance, Musée des Beaux-Arts de Lyon October 23, 2015–January 25, 2016, Lyon 2015, S. 88–97, 120–129. Big Bird: Looking for Lifesize, New-York Historical Society, April 7–June 11, 2017 (das Blatt mit dem Waldrapp war ausgestellt); Frank Lestringant, Die Mappe-Monde Nouvelle Papistique, Berlin 2019, S. 69f. Pierre Eskirch [sic!], maître brodeur et tailleur d’histoires (1520–1590): https://textoriana.blogspot.com/2020/12/pierre-eskirch-maitre-brodeur-et.html (2020 Dezember 8 von „Textor“) 156 um 1560: Jacques Dalechamps, Des oyseaux Bildquelle Paris, Bibliothèque nationale de France, Ms. lat. 11.858, und Ms. lat. 11.859: Jacques Dalechamps, Des oyseaux Baudouin Van den Abeele hat zwei Tafelbände in Paris publiziert, die eng mit der bedeutenden Sammlung von Vogelbildern in New York verbunden sind (zu dieser siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560). Der Titel „Le livre des oyseaux faict par Jaques Dalechamps medecin du roy“ (zit. nach Van den Abeele, S. 15) steht zu Beginn des ersten Bandes. Bei dem Titel handelt es sich freilich um eine spätere Zuschreibung. Van den Abeele, S. 16, verweist jedoch auf Notizen auf den Tafeln, die der Handschrift Dalechamps zumindest sehr ähnlich sind. Der Waldrapp ist in beiden Bänden abgebildet: Ms. lat. 18.858, fol. 120r, und Ms. lat. 18.859, fol. 222r (Van der Abeele, S. 33). Die Darstellung des Waldrapps ist jedoch nicht mit jener in New York zu vergleichen. Einerseits ist die malerische Qualität bescheidener, andererseits handelt es sich um eine ganz unabhängige Naturstudie, die aber, zweifelsfrei, ebenfalls einen Waldrapp zeigt. Die Darstellung ist am ehesten mit jener aus dem Gothaer Vogelbuch zu vergleichen (siehe bei 1603–1662 (wohl um 1632/33)). Die entscheidende Frage ist, in welcher Abfolge die Illustrationen bei Gesner (siehe bei 1555/1557), in New York und hier in Paris stehen. In Ms. lat. 18.858 finden sich, wie Olson und Mazzitelli, S. 468, berichten, einzelne Tafeln, die datiert sind: 1559 (8 Mal), 1560 und 1561 (sogar mit einem Tagesdatum); zwei Tafeln tragen spätere Daten: 1569 und 1581 (vgl. auch Van den Abeele, S. 42f.). Für die Beurteilung ist entscheidend, dass die Bände – weder jene in New York noch jene in Paris – ein homogenes Ganzes darstellen, sondern unterschiedliche, jedoch eng verbundene Gruppen vereinen. Die Illustrationen des ersten Pariser Bandes werden im zweiten häufig wiederholt (Van den Abeele, S. 20, 29). 157 Vielfach wird auf Pierre Belon Bezug genommen, wodurch das Erscheinen seiner „L’histoire de la nature des oyseaux“ (Paris 1555 – Digitalisat) einen Terminus post quem zumindest für viele Beschriftungen ergibt (bei Belon kommt der Waldrapp freilcih nicht vor). In zwei Fällen dienten die Illustrationen bei Belon auch als Vorlage für die Tafeln (Van den Abeele, S. 24f.). Ähnliches gilt auch für Gesners Werk (ibidem, S. 26). Baudoiun Van den Abeele, S. 42f., datiert die Hauptarbeitsphase an den beiden Bänden in Paris daher glaubwürdig um 1560. Der Dialekt der Beischriften deutet, wie Van den Abeele, S. 16, berichtet auf Lyon, was die Verbindung zu Dalechamps, der ab 1550 in Lyon ansässig war, weiter absichert. 1626 wurden die beiden Bände in Lyon erworben (Van den Abeele, S. 15). Pierre Jacquet, Les botanistes lyonnais du XVIème siecle, in: Publications de la Societé Linnéenne de Lyon, Suppl 65-5 [1996], S. 1–70, bes. S. 21; Baudouin Van den Abeele, Les Albums ornithologiques de Jacques Dalechamps, médecin et naturaliste à Lyon (1513–1588), in: Archives Internationals d'Histoire des Sciences 52 (2002), S. 3–45, bes. ab. S. 9; Olson, Mazzitelli, Discovery, 2007, S. 435–521, bes. S. 466–475. Roberta J.M. Olson, Cat. 87: Artiste anonyme: Tichodrome échelette (Tichodroma muraria), in: Lyon Renaissance: Art et Humanisme, Ausstellungskatalog Lyon, Musée des Beaux-Arts, Paris 2015, S. 76 (im Druck S. 120f.: Olson datiert Ms. lat. 11.859 „après 1555–1556“) 158 1560 April 24: Wappensiegel des Andreas Gigler Bildquelle (Siegel) Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Allgemeine Urkundenreihe (AUR), 1560-IV-24: Wappensiegel des des Grazer Stadtpfarrers Andreas (André) Gigler Fritz Popelka führt das Wappen Giglers in die WaldrappForschung ein und nennt eine Urkunde von 1560 ohne deren Aufbewahrungsort zu verraten. Als Wappenbild (des Siegels) beschreibt er: „einen aufrechtstehenden, nach (heraldisch) rechts gewendeten Klausraben mit ausgespreizten Flügeln. Die langen dünnen Beine und der Schopf sind in der Wappendarstellung gut erkennbar.“ Peter Wiesflecker, Graz, Steiermärkisches Landesarchiv (Mail vom 22. Dezember 2020), teilt mit, dass sich im Archiv kein Wappenbrief für Gigler befindet (so meine Anfrage). Er verweist jedoch darauf, dass die Urkunde AUR 1560-IV-24, mit der Andreas (André) Gigler dem Georg von Herberstein einen Acker vor dem Paulustor in Graz zur Nutzung auf 20 Jahre überlässt, mit drei (heute abgefallenen, jedoch erhaltenen) Siegeln gesiegelt wurde. Darunter befinde sich auch ein Siegel Giglers. Die Umschrift lautet: S(igillum) Andre Gigler 15 55. Es ist ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln dargestellt, der Schnabel ist kurz und gerade, am Hinterkopf befindet sich ein Federschopf. Wiesflecker vermutet wohl zu Recht, dass sich Popelka auf dieses Stück bezogen hat. Das Siegelbild wurde 2016 von Simon reproduziert (siehe Abbildung). 2020 sei es nach den Angaben Wiesfleckers auf Grund seines Erhaltungszustandes bzw. der Verunreinigung nur noch schwer zu erkennen, weise jedoch auf einen „Raben“ hin. Ludwig Freidinger kommt zu demselben Ergebnis wie Wiesflecker und bildet (in Nachzeichnung) das Siegel ab und bezeichnet den dargestellten Vogel als Kiebitz. Bernhard Gönner, für dessen fachkundige Expertise ich mich herzlich bedanke, beurteilt die Darstellung als „wenig überzeugend“. Für einen Waldrapp ist der Schnabel zu kurz und zu 159 gerade. Für den Waldrapp können jedoch die Nackenfedern ins Feld geführt werden. Gigler wirkte an einem Ort, an dem nachweislich Waldrappe lebten. Es wäre also vorstellbar, dass ihm als Wappentier ein solcher verliehen wurde, wie dies bei den Gebrüdern Staininger aus Braunau am Inn tatsächlich geschah (dort als Steinrabe bezeichnet – siehe bei 1531 Oktober 12). Sicherheit sei freilich erst möglich, wenn der Wappenbrief (oder ein Registereintrag zu diesem) auftauche. Als reine Bildquelle hat die Darstellung keinen ornithologischen Wert. Nachforschungen haben ein Ansuchen für einen Wappenbrief ans Tageslicht gebracht (siehe bei 1554 Juli 9), welches freilich keine Benennung des verliehenen Wappenbildes enthält. Genau die benötigte Klarstellung kann die Quelle nicht bieten. Popelkas Behauptungen erweisen sich daher als unbegründet. Der von ihm unbegründeter Weise als „Klausrabe“ bezeichnete Vogel, bleibt namenlos, das Bild reicht für eine Bestimmung, wie Bernhard Gönner, feststellt, nicht aus. Popelka, Klausraben, 1948/49, S. 65 (Ich bedanke mich sehr herzlich bei Silke Sladek von der auch heute noch bestehenden Zeitschrift „Der Anblick“ für die Anfertigung einer Reproduktion des Artikels von Fritz Popelka.); Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 86; Frank, Standeserhebungen, 1967/74, Bd. 2, S. 91; Hable, Waldrapp, 1983, S. 3–5. <noch ungeprüft>; Hable, Waldrapp, 1994, S. 114f.; Ludwig Freidinger, Die Stadtpfarrer von Graz – ihre Siegel und Wappen vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz 31 (Graz 2001), S. 79–135, bes. S. 100f. (ich danke Peter Laukhardt für den Hinweis auf diese Publikation). Simon, Beobachtungen, 2016, S. 42f. 160 1561 (recte wohl nicht nach 1544): Valerius Cordus, Annotationes Textquelle (ornithologische) Valerius Cordus, Annotationes in Pedacii Dioscoridis (...) Sylva qua rerum fossilium in Germania plurimarum metallorum lapidum & stirpium aliquot rariorum notitiam brevissime persequitur nunquam hactenus visa (...), Hg. Conrad Gesner, Straßburg 1561 (VD 16, C 5109 – Digitalisat) Der Sammelband mit Werken des Cordus enthält auf foll. 217r–224v eine als Sylva observationum variarum benanntes Werk, auf dessen vorletzter Seite fol. 224r sich Berichte zu Brutgebiete von Steinraben finden: Steynraben, corvi sunt in rupium et petrarum cavernis viventes, vita illis ad Danubium in utraque ripa ubicunque saxa et rupes attolluntur: ut non procul a Passavio et supra Kelheymium in petraeis faucibus. Expetuntur regum venationibus et mensis. Als gedruckte Randnotiz (von Gesner) ist dem Druck beigefügt: Pyrgocorax. Item Brisaci apud sanctam Mariam de Lapide prope Basileam. Als nächstes Lemma folgt: Steyndolen, monedulae sunt in petrarum cavernis agentes, reliquis monedulis multo minores. Frequentes autem sunt supra Kelheymium in petreis faucibus, utraque Danubii ripa. Übersetzung (Schenker, 1975): Steynraben sind Raben, welche in Höhlen von Felswänden und Steinen leben; sie leben bei der Donau an beiden Ufern überall wo sich Felsen und Felsklüfte erheben: wie zum Beispiel nicht weit von Passau und oberhalb von Kehlheim in felsigen Schluchten. Sie sind begehrt bei den Jagden der Könige und an ihren Tischen. Randnotiz: Pyrgocorax [Turmrabe]. Ebenso in Breisach (und) bei der Heiligen Maria vom Stein in der Nähe von Basel. Steyndolen sind Dohlen, welche in Felshöhlen leben: gegenüber den übrigen Dohlen sind sie bedeutend kleiner: sie sind aber häufig oberhalb von Kelheim in felsigen Schluchten, an beiden Ufern der Donau. 161 Valerius Cordus starb bereits 1544. Strohl, S. 514–516, macht glaubhaft, dass die Angaben des Stammtextes (Sylva observationum variarum), der lose Reisebeobachtungen umfasse, jedenfalls von Cordus stammen würden. Wohl erst 1559 gelangten Cordus’ Schriften in Gesners Hände, der nach Stohl für den Druck die Randnotiz hinzugefügt habe. Die Angaben sind im Grunde für sich genommen kaum aussagekräftig. Erst das Wissen, dass in Bayern und im angrenzenden Oberösterreich der Begriff „Steinrabe“ (siehe bei 1441, 1471 in Baumburger Quellen; 1531 Oktober 12 in einem Wappenbrief für einen Bürger aus Braunau am Inn und 1536 Oktober 8 und 1545 Juli 31 (nicht 1549 Juli 31) in weiteren Wappenbriefen) für den Waldrapp üblich ist, und ein von Gesner hinzugefügter Verweis, der wiederspiegelt, dass Gesner die Angaben des Cordus’ auf den Waldrapp bezieht, ermöglichen die Einordnung. Der Verweis auf Passau und Kehlheim kommt bei Gesners eigenem Werk (siehe bei 1555/1557) zu seinen Lebzeiten (gest. 1565) nicht vor, er wurde erst 1585 in die posthume Frankfurter Ausgabe aufgenommen (VD 16, G 1731, S. 351; vgl. dazu auch Schenker, 1977, S. 15). Cordus liefert keinerlei Angaben zum Aussehen und keine Möglichkeit den Vogel von der im folgenden Lemma behandelten Steindohle zu unterscheiden. Die von Gesner am Rand ergänzten geographischen Angaben sind problematisch. Schenker argumentiert, dass Breisach und Mariastein (bei Basel) nicht denselben Ort meinen können, sondern zwei distinkte (im Druck sei ein Satzzeichen ausgefallen). Die Identifizierung mit (dem Tal der) Birsig, was geographisch möglich wäre, lehnt er ab. Zu Mariastern vergleiche als Erstinformation https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Mariastein. Das dort später bestehende Kloster existierte freilich im 16. Jahrhundert noch nicht. Gesner bezieht sich wohl auf eine spätmittelalterliche Wallfahrt, die später wiederbelebt wurde (Schenker, 1977, S. 15). Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 542f.; Strohl, Waldrapp, 1917, S. 514–516; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 31f.; Schenker, Breisach, 1975, S. 40f.; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 15; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 65. 162 1561: Jagdrechte in der Herrschaft in St. Jakob am Thurn Textquelle (archivalische) Salzburger Landesarchiv, Archiv Plaz. Urbar III 50: Jagdrechte in der Herrschaft in St. Jakob am Thurn Die Quelle legt die Jagdrechte der Herren von Thurn auf ihrem Besitz (St. Jakob am Thurn) fest. Zum Waldrapp wird bestimmt: Mer ruegen (= festhalten) wir den Herrn vom Thuern auf irn gruntten als (= alles) Federspill (= Falkenbeitze) unnd Claußraben mugen sy fahen (= fangen) lassen. Das Fangen der Waldrappe (Klausraben) war 1561 offenbar so wichtig, dass es Eingang in diese Jagdrechte fand. Bezeichnend auch, dass es mit der Falkenbeize in einem Absatz abgehandelt wird. Für weitere Angaben siehe auch bei 1608 Oktober 1. Klein, Nachrichten, 1958, S, 64; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67. Ich danke Hubert Schopf, dem Leiter des Salzburger Landesarchivs, sehr herzlich für seine Unterstützung bei der Interpretation dieser Quelle. 163 1561: Peter Mèlius, Predigten Textquelle (literarische) Peter Mèlius, Predigten In der 111. Predigt, so Herman, schreibt Mèlius: Oktalan rókahoz és tarvarjúhoz illendö raraszsäga (Schlauheit, die für einen unvernünftigen Fuchs oder für einen Kahlraben passt). Herman belegt mit diesem ersten ungarischen Sprachdenkmal (für ein unsicheres siehe auch schon 1550), dass das Wort tarvarjú (Kahlrabe) bekannt war, denn sonst, so sehr nachvollziehbar die Argumentation von Herman, würde die Verwendung in Sprichworten keine Wirkung erzielen. Die Publikation, auf die sich Herman bezieht, konnte bisher nicht identifiziert werden. 1561 hat Mèlius drei Bände publiziert: - A Christus közbejarasarol valo predicacioc, Debrecen 1561: http://oszkdk.oszk.hu/storage/00/00/07/21/dd/1/RMK_I_46.pdf - A Szent Pal apastal levelenec, mellyeket a Colossabelieknec irt predicacio szerent valo magyarazattya, Debrecen 1561: http://dspace.bcucluj.ro/handle/123456789/13304. - A szent János evangéliumának prédikáció szerint való magyarázata, Debrecen 1561: derzeit kein Digitalisat verfügbar. Das Zitat mit dem tarvariu konnte in den Digitalisaten bisher dort nicht gefunden werden. (Eine genauere Prüfung ist bei „Szent Pal“ notwendig.) Auch in Magiar predikatiok, 1563 (Digitalisat), und in anderen (späteren) Publikationen von Mèlius konnte das Zitat bisher nicht nachgewiesen werden. Vgl. vor allem Gábor Szalay, Méliusz, a magyar Kálvin életműve – Impressziók, Budapest 2015 (Digitalisat). Weitere Forschungen sind notwendig. Sollte das Zitat kein absoluter Fake sein, wovon nicht auszugehen ist, kann die Textsorte, eine Predigt, eine gewisse Zuverlässlichkeit beanspruchen, denn irgendwelche naturkundlichen Interessen, die ein Sprachdenkmal vielleicht verfälscht haben könnten, sind auszuschließen. Vielmehr geht Herman davon aus, dass der Prediger altgläubige Gegner so verunglimpfen wollte. Die Bedeutung der Quelle wird auch durch die Tatsache erhöht, dass der Druck zeitgenössisch ist, also zwischen Quelle und Überlieferung nicht getrennt werden muss. Wenn freilich – wie eine ebenfalls 1561 entstandene lexikalische Quelle nahelegt – „Tarvariu“ bloß „Krähe“ bedeutet, verliert das Gedankengebäude Hermans seinen Halt (siehe unten). 164 Peter Mèlius (1536–1572) ist eine wichtige Figur in der ungarischen Reformation, ab 1561, dem Jahr, um das es hier geht, Bischof der kalvinistischen Kirche (für eine Erstinformation siehe zum Beispiel HIER). Herman, Kahlrabe, 1903, S. 48 (und weitere Belege desselben Autors von 1568). Zu weiteren ungarischen Quellen siehe bei 1550, 1561 und 1590. 165 1561: Gábor Pesti, Nomenclatura sex linguarum Textquelle (lexikalische) Gábor Pesti, Nomenclatura sex linguarum, Latinae, Italicae, Gallicae, Bohemicae Hungaricae et Germanicae, Wien 1568 (VD 16, M 5706 – Digitalisat) Auf foll. H4v–H5r wird in Kapitel 30 (De avibus) folgender Eintrag geboten: Cornix – cornacchia – cornaille – wrana – tarvaryw – kraee“. Diesen Eintrag stellt Herman, Kahlrabe, 1903, S. 48, in Frage, der den ungarischen Begriff „Tarvariu“ mit dem Waldtrapp (Kahlrapp) gleichsetzt; hier wird dieser mit der ganz gewöhnlichen Krähe identifiziert. Für den Raben gibt es folgende Wortreihe: „Corvus – corbo – corbiau – hawran – hollo – rapp“. Einen spezifischeren Eintrag, der in Richtung Waldrapp weisen würde, ist nicht zu finden. Ob Pesti freilich wirklich zuverlässig ist, ist tatsächlich unsicher, denn Fausto Veranzio, Dictionarium quinque nobilissimarum Europae linguarum: Latinae, Italicae, Germanicae, Dalmatiae et Ungaricae, Venedig 1595 (Digitalisat), hat auf S. 24 die Wortreihe: Cornix – Cornacchia – ein Kray – Vrana – Varyu. Der Eintrag „Corvus“ in dem nach den lateinischen Begriffen alphabetisch geordneten Werk ist nicht vorhanden. Hier wird der Krähe also nicht der spezifische Begriff „Tarvariu“, sondern der allgemeine „variu“ zugeordnet. Es bleibt demnach Platz, dem Begriff „Tarvariu“ doch eine spezifischere Bedeutung zuzuordnen. 166 Die Kombination „Cornix – Varju“ auch bei Albert Szenczi Molnár, Dictionarium Latinoungaricum opus novum (…), Nürnberg 1604 (VD17 23:290383G – Link), fol. I5v. Auf fol. (I6v) folgt dann „Corvus – Hollo“, weitere Untergliederungen (zum Beispiel: Corvus sylvaticus, …) fehlen. Ob der entsprechende Eintrag auch in der Ausgabe von Pestis Wörterbuch, das in Wien bereits 1538 (Link) bzw. ebendort 1554 (VD 16, M 5703) erschien, vorkommt, wurde noch nicht überprüft. 167 1562: Manfred Barbarini Lupus, Vierstimmige Gesänge Bildquelle St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 542: Manfred Barbarini Lupus, Vierstimmige Gesänge zu den Hochfesten des Jahres Das großformatige, 1562 von Pater Heinrich Keller (1562 datierter Vermerk auf p. 2: 1518– 1567, Profess 1535, Subprior 1551) geschriebene liturgische Gesangbuch (Graduale) überliefert nicht, wie im Mittelalter üblich, bloß einstimmige gregorianische Gesänge, sondern kunstvoll mehrstimmige Kompositionen des Manfred Barbarini Lupus. Die buchmalerische Ausstattung der ersten Seiten der Hochfeste mit fünf ganzseitigen Miniaturen stammt vom Lindauer Buchmaler Caspar Härtli (sein Wappen im zugehörigen Cod. 542, p. 1). Die Doppelseite, die der Miniaturenseite (p. 3) zum Osterfest folgt (pp. 4–5), ist mit reichem Randdekor mit vielen naturalistischen Vogeldarstellungen versehen. Unter diesen befindet sich auf p. 5 schräg oberhalb der Initiale L(audate) auch eine Darstellung eines als Waldrapp identifizierten Vogels. Alle anderen derartigen Seiten sind anderen Themen gewidmet und daher ohne Vögel. Die Wiedergabe des Waldrapps stimmt in vielen Punkten mit dem Holzschnitt Gesners (siehe bei 1555/1557) überein. Zu nennen sind die Schrittstellung, der leicht geöffnete Schnabel, der grundsätzliche Körperbau und die Nackenfedern. Wieder ist ein junger Waldrapp 168 dargestellt. In der Naturtreue, nicht nur durch die Farbigkeit, ist der hier gemalte Vogel dem Gesner’schen Holzschnitt sogar überlegen und gehört damit zu den naturgetreuesten historischen Abbildern die wir besitzen. Die Intention ist freilich eine ganz andere, denn hier geht es um Dekor. Die Vogelabbildungen sind in die Ranken eingegliedert, die ganz der mittelalterlichen Struktur von buchmalerischem Dekor entsprechen. Die Tierdarstellungen im hier untersuchten Codex sind für den Buchmaler eine Möglichkeit sein Können der exakten Naturwiedergabe – eine damals überaus geschätzte Fähigkeit – zu demonstrieren. Zur Handschrift siehe http://e-codices.ch/en/list/one/csg/0542 mit Digitalisat und Beschreibung von Beat Matthias von Scarpatetti, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 2: Abt. III: Codices 450–546, Liturgica, Libri precum, deutsche Gebetbücher, Spiritualia, Musikhandschriften 9.–16. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, S. 397–409. Strohl, Waldrapp, 1917, S. 521f.; Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 320; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 16; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 62. 169 1564 (Abschrift 1612 redigiert): Tagebuch des Felix Platter Textquelle (narrative) Basel, Universitätsbibliothek, A λ III 3: Tagebuch des Felix Platter Auf Seite 176 berichtet Felix Platter (1536–1614), der als Arzt in Basel lebte, von einem Besuch auf Angenstein: „Den 26 Maii [1564] ritt ich ghen Angenstein zu einem, der Jung hat geheissen, hatt D. Zipparts tochter, die an der pestilenz krank lag; man bauwet damahlen erst das schloss. Ob dem imbiss gab man uns ein Waldtrappen, und weil der Jung sagt, ein tauber [tollwütiger] hundt habe ihm den kopf abgebissen, darumb walte niemandts darvon essen. Die frauw starb damahlen.“ Valentin Lötscher identifiziert den Schlossherrn mit Hieronymus Jung, der mit Anna Zipper von Angenstein, Tochter des Juristen Wendelin Zipper, eines Freundes des Felix Platter, verheiratet war. Den Ort bestimmt er mit Angenstein im Birstal bei Aesch, 10 km südlich von Basel. Die Episode ist Teil einer Reihe vergleichbarer Kurzmitteilungen, die Reisen, vornehmlich Patientenbesuche, betreffen. Das Jahr 1564 war in Basel und dessen Umgebung stark von dem Pestausbruch geprägt, was den gefragten Arzt Felix Platter stark in Anspruch nahm. Die Überlieferung der tagebuchartigen Aufzeichnungen ist nicht zeitgenössisch, sondern beruht auf einer Redaktion, die Platter 1609 begann und frühestens 1613 abschloss (Lötscher, S. 32f.). Als Schreiber des Abschnitts bis Seite 137 kann Lötscher, S. 30, Felix Platter, also den Autor selbst, identifizieren. Am unteren Ende dieser Seite übernahm sein viel jüngerer Halbbruder Thomas Platter II. (1574–1628) die Schreibarbeit. Der Abschnitt, in dem der Waldrapp nebenbei eine Rolle spielt, wurde also bereits von Thomas Platter geschrieben. Der Textcharakter macht deutlich, dass ältere Aufzeichnungen, die Felix Platter wohl ab 1551 führte (Lötscher, S. 32), die Textgrundlage bildeten und nicht bloßes Erinnern Jahrzehnte später. Trotz der nicht zeitgenössischen Überlieferung besteht kein Grund den Berichten zu misstrauen. Vergleiche auch https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/janckequellenkunde/verzeichnis/p/platter/index.html. Der Band, der das Tagebuch enthält, ist heute in ein Fragment eines mittelalterlichen Antiphonars eingebunden, was durchaus dem Usus des frühen 17. Jahrhunderts entsprechen würde. Bloß berichtet Lötscher, S. 29f., von glaubhaften Aussagen, dass 1840 die Blätter lose waren. Ob der Einband also ursprünglich zum Tagebuch gehörte, ist keineswegs sicher. 170 Für Erstinformation zu Felix Platter siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Platter_(Mediziner,_1536). Valentin Lötscher, Felix Platter Tagebuch (Lebensbeschreibung) 1536–1567 (Basler Chroniken 10), 1975, S. 432f.; Schenker, Breisach, 1975, S. 42; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 15; Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 321; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 62, 64. 171 wohl nach 1564 (3. Drittel 16. Jahrhundert): Gebetbuch (der Philippine Welser?) Bildquelle Wien, Kunsthistorisches Museum (KHM), KK 3232 (ausgestellt auf Schloss Ambras in Innsbruck): Vermeintliches Gebetbuch der Philippine Welser Im Nachlass-Inventar Erzherzog Ferdinands (von Tirol) von 1596 (Wien, KHM, KK 6652, foll. 461v–462r, bzw. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 8228, fol. 392v) wird das hier vorgestellte Gebetbuch erwähnt und der Buchschmuck, der durchgehend Tier- und Pflanzendarstellungen am Rand zeigt, sehr treffend charakterisiert: Ain schen alt Teütsch geschribens Pet Puech auf Pargament, alles schen Iluminiert, allerlai Thüern unnd Pluembwerch, in schwarz samet eingebunden, unnd das bschlacht gannz guldin geschmelzt, ist in aim Praun sameten säckhl so Ir Dt: gebraucht haben. Ain schön alt Teütsch geschribens petbuech auf pergament, alles schön iluminirt von allerlai thieren und plumbwerch, in schwarz sammet eingebunden und das beschlecht ganz gulden geschmelzt, ist in ain praun sammeten säckhl, so ir durchlaucht gebraucht haben. (Text nach KK 6652 [nach Thomas Kuster und Katharina Seidl] bzw. nach Cod. 8228 [nach Boeheim]). Böhm, Pegoraro, S. 69, berichten ohne genaueren Nachweis, dass in dem deutschsprachigen Gebetbuch in den Randleisten ein Waldrapp dargestellt sei, der der Darstellung von Gesners Holzschnitt folge (zu diesem bei 1555/1557). 172 Thomas Kuster von der Sammlung in Ambras war so zuvorkommend, die Darstellung auf fol. 99v ausfindig zu machen. Der Vogel im unteren Randbereich stellt tatsächlich eine Kopie des Gesner’schen Vorbildes dar. Ob weitere Vogeldarstellungen des Gebetbuches auf Vorlagen Gesners zurückgehen, wurde bisher meines Wissens noch nicht überprüft. Das Gebetbuch stand, wie das Inventars von 1596 belegt, im erzherzoglichen Gebrauch: so ir durchlaucht gebraucht haben. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich der Gebrauch auf Erzherzog Ferdinand selbst bezieht, die Formulierung könnte theoretisch auch, wie dies bisher geschah, auf dessen Gattin Philippine bezogen werden. Dass dieser 1596 formulierte Gebrauchshinweis freilich auf eine Verwendung vor mehr als 15 Jahren zu beziehen ist (Philippine starb bereits 1580), und nicht auf den eben Verstorbenen oder auf dessen zweite Frau, die noch am Leben war, erstaunt. Dieser Gebrauch ist zudem davon unabhängig, dass auf den Spiegel des Vorderdeckels ein Portrait Erzherzog Ferdinands klebt. Ob dieses Portrait schon ursprünglich zu dem Gebetbuch gehörte, ist keineswegs gesichert. Selbst 1596 werden zwar die Tiere und Blumen erwähnt, das Portrait zu Beginn jedoch nicht. Ferdinand trägt die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies, dessen Mitglied er 1557 wurde. Auf Grund des vergleichsweise jugendlichen Alters des Dargestellten nimmt Katharina Seidl eine Entstehung des Portraits bald nach der Verleihung an. Über den Entstehungsort des Gebetbuchs besteht Unsicherheit. Sollte es tatsächlich für Philippine hergestellt worden sein, dann wäre wohl eine Entstehung in Böhmen vor 1567 oder in Tirol anzunehmen, wenn man an eine spätere Herstellung denkt. Konkrete Argumente, abgesehen vom angeblich jugendlichen Alter des Erzherzogs (und dies bezieht sich ja nur auf das Portrait und nicht zwingend auf den Buchblock), wurden bisher nicht vorgebracht. Dank eines Gutachtens von Peter Wiesinger (Mail vom 30. Juni 2021) kann es nun zumindest als gesichert gelten, dass die Sprache bairisch ist, die Gebete also im bayerisch- 173 österreichischen Kulturraum geschrieben wurden. Also weder in Philippines Heimat Augsburg, wo man schwäbisch spricht, noch in Böhmen, wo mitteldeutsche Sprachformen vorherrschen. Folgende Hinweise führt Peter Wiesinger an: 1. Mhd. ie – uo – üe als ie, ue, üe: lieber, ruehige, beruefft, güett, behüett, gefüert: u vo r: wuerden 2. Mhd. ei teilweise als ai/ay: zu ainem kind, kain glid, des hayls 3. Mhd. o vor r als a: warden ‘geworden’ 4. Mhd. k im Auslaut als ckh: anblickh, gedruckht 5. pf in scharpf. Der Stil der malerischen Ausstattung ist uneinheitlich, die Beteiligung mehrerer Hände ist wahrscheinlich. Ulrich Merkel benennt einen Illuministen DHP, dem er auch das 1546 datierte Loos-Buch des Paul Pamst (Kunsthandel) zuweist. Während die Nutzung des kleinen Gebetbüchleins viele Fragen aufwirft, die die bisher übliche Identifizierung und Datierung in Frage stellen, bleibt davon unberührt, dass auf fol. 99v ein Waldrapp dargestellt ist, der das Gesner’sche Vorbild vergröbernd reproduziert. Wann und wo dies geschah, bleibt offen. Zumindest Augsburg und Böhmen scheinen als Orte, an denen der Buchblock mit dem Waldrapp entstand, auszuscheiden. Als Entstehungsort könnte sich, da ja die Nutzung auf Schloss Ambras gesichert ist, Tirol anbieten. Dies würde dann eine Entstehung „nach 1564“ (Ferdiand übernimmt die Herrschaft in Tirol und den Vorlanden) bzw. „nach 1567“ (Philippine übersiedelt nach Innsbruck) wahrscheinlich machen. Dass am Hof in Ambras ein entsprechendes kulturelles Umfeld bestand, belegt das Missale für Kardinal Andreas, den Sohn von Ferdinand und Philippine (siehe bei 1581/1590). Auch die – wie das Missale – von Joris Hoefnagel gemalten Animalia volatilia (siehe bei ca. 1575/80) sind hier zu nennen. Anders als im späteren Missale, wo ein Waldrapp auf einem Weg pickend dargestellt ist, folgt der Waldrapp der Vogelsammlung in Washington – wie das hier behandelte Gebetbuch – der Vorlage Gesners. Wendelin Boeheim, Urkunden und Regesten aus der k. k. Hofbibliothek, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses 7 (1888), S. XCI– CCCXIII, die Edition des Inventars von 1596 auf S. CCXXVI–##, das Gebetbuch auf S. CCXCI; Wendelin Boeheim, Philippine Welser. Eine Schilderung ihres Lebens und ihres Charakters, Innsbruck, 1894, S. 44, 63f. (Datierung „um 1560“); Augsburger Renaissance (Ausst.Kat.), Augsburg 1955 (ungeprüft: Angaben nach Realonline); 174 Die Welser, Nürnberg 1960, S. ##, Kat.-Nr. 26 (ungeprüft; Angaben nach Realonline); Elisabeth Schleicher, Gebetbuch, in: Dieselbe, Ortwin Gamber, Kurt Wegerer, Alfred Auer, Die Kunstkammer (Führer durch das Kunsthistorische Museum 24), Innsbruck 1997, S. 88 (Kat.-Nr. 194); Alfred Auer, Gebetbuch der Philippine Welser (deutsch), in: Natur und Kunst, 1995, S. 81–83 (Kat.-Nr. 22); Vavra, Elisabeth (Hg.), Aufmüpfig und angepasst. Frauenleben in Österreich, Ausstellungskatalog Wien 1998, ## (ungeprüft, Angaben nach IMREAL; dort als Aufbewahrungsort: Lauf-Neunhof, Freiherrlich von Welsersche Familienstiftung); Philippine Welser & Anna Caterina Gonzaga. Die Gemahlinnen Erzherzog Ferdinands II. Ausstellung Schloss Ambras, Innsbruck 1998, S. 27, Kat.-Nr. 13 (Alfred Auer: Prag oder Süddeutschland, 1557–1560); Ulrich Merkel, Buchmalerei in Bayern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Spätblüte und Endzeit einer Gattung, Regensburg 1999, S. 221 (Nr. 9 des Abschnitts „Ausklang“); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 69; Echt tierisch! Die Menagerie des Fürsten. Ausstellung Schloss Ambras, Wien 2015, S. 222f., Kat.-Nr. 4.16 (Katharina Seidl: Prag oder Süddeutschland, 1557–1560); Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst, Jubiläumsausstellung 2017, S. 134, Nr. 3.4 (Katharina Seidl: Prag oder Süddeutschland, 1557–1560). https://www.khm.at/de/object/5b86822a19/ (Objektdatenbank des Kunsthistorischen Museums) https://realonline.imareal.sbg.ac.at/en/detail/nr-015875/ (wohl teilweise irrig – z. B.: Aufbewahrungsort: Lauf-Neunhof, Freiherrlich von Welsersche Familienstiftung) 175 1567 August 22: Instruktion an Hans Piber, Fischmeister in Untersteier Textquelle Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Innerösterreichische Kammer (IÖK), chronologische Reihe, 174a, 80z: Konzept der Instruktion an Hans Piber (Pyber), Fischmeister in Untersteier „Es soll auch unser Fischmeister daneben ein (sein) fleißiges Aufsehen haben, damit unsere Klausraben zu (gen) Grätz weder auf den Feldern noch andernorts (anderorts) (nicht) geschossen oder beleidigt, sondern (gehegt,) gezügelt und gehütet werden." (zit. nach Hable – in Klammern Abweichungen bei Popelka) Die im Namen Erzherzog Karls von (Inner-)Österreich (1540–1590) verfasste Instruktion erwähnt den Waldrappen, ortsüblich als Klausrapp bezeichnet, ob er allerdings auch realiter noch in Graz brütete, ist damit noch nicht entgültig belegt, freilich wahrscheinlich. Vergleichbare ältere Instruktionen sind aus den Jahren 1528 Februar 10 und 1553 Jänner 1 und 1555 November 28 überliefert. Dass der Klausrabe 1566 am Schlossberg in Graz tatsächlich brütete, ist auch deshalb wahrscheinlich, da der entsprechende Passus auch in späteren vergleichbaren Dokumenten erscheint. Dass nicht einfach nur vorgegebene Formeln kopiert wurden, macht eine Besonderheit der Instruktion von 1621 deutlich, denn dort wurde zu den zu schützenden Vögeln eine Art, das Rohrhuhn, hinzugefügt. 1576 Juli 18, Generale fürJakob Lerch: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Patente und Kurrenden, sub dato – Fournier, S. 118, 1577 Februar 11, Instruktion für Hans Clarmann: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, IÖK, 179, 5, sub dato – Fournier, S. 118, 1578 Oktober 13, Instruktion für Vinzenz Zott: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, IÖK, 179, 5, sub dato – Fournier, S. 118, 1606 (August 16?), Instruktion für Peter Zott: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Hofkammer, sub dato (FA) – Fournier, S. 119, 1621 Februar 22, Instruktion für Peter Zott: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Hofkammer, Sach, K 49, H. 11 – Fournier, S. 122 (die geschützten Vogelarten werden um das Rohrhuhn erweitert); Popelka, S. 64, 1626 Februar 7, Instruktion für Peter Zott: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Patente und Kurrenden, sub dato – Fournier, S. 122, 1628 Jänner 2, Instruktion für Mathias Zott: Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Hofkammer, 1628 Jänner, 116 (FA) – Fournier, S. 122. 176 In einer weiteren Instruktion für Mathias Zott von 1638 Juli 21 (Popelka und Fournier, S. 124) bzw. 1638 Juni 27 (Tratz) fehlt der Abschnitt (Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, IÖK, 319a, 181, 21 bzw. HK 1638 Juli, 149 [FA]), was darauf hindeutet, dass er wegen des Nichtmehrvorhandenseins des Vogels obsolet wurde. Popelka (und ihm folgend Tratz und Hable) zitiert aus der Instruktion für Hans Piber ohne deren Aufbewahrungsort zu nennen. Über das Datum der Instruktion besteht einige Unklarheit. Einerseits nennt Fournier, S. 117 im Text den „9. September 1566“ an dem Hans Piber seine Instruktion erhalten haben soll, andererseits wird in der Fußnote nach der Archivsignatur „1567 VIII 22“ vermerkt, das Datum, das auch im elektronischen Archivnachweissystem aufscheint. Frau Elisabeth Schöggl-Ernst hat dankenswerter Weise festgestellt, dass das vorliegende Konzept zur Instruktion das Datum 1567 August 22 trägt. Archivnachweise (Permalinks offenbar unzuverlässig): IÖK, 174a, 80u: https://egov.stmk.gv.at/archivinformationssystem/objekt.jsp?id=1392696 (alternativer Link) (1566 Mai 20 [oder 29?]: Übersendung der Entwürfe) IÖK, 174a, 80x: https://egov.stmk.gv.at/archivinformationssystem/objekt.jsp?id=1392699 (alternativer Link) (1566 September 1: Ausfertigungsbefehl Erzherzog Karls) IÖK, 174a, 80z: https://egov.stmk.gv.at/archivinformationssystem/objekt.jsp?id=1392701 (alternativer Link) (1567 August 22: Instruktion) Popelka, Klausraben, 1948/49, S. 64; Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 86; Hable, Waldrapp, 1994, S. 114; Fournier, Fischer, 1990, S. 117f.; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 68. 177 1571 Juni 15: Brief des Sebald Hochenkyrcher Textquelle (archivalisch-narrative) Salzburg, Landesarchiv, Hofkammer Gastein 1571 C, Nr.47: Brief des Sebald Hochenkyrcher, Pfleger zu Dächsenpach (Taxenbach) und Landtrichter in der Rawriß (Rauris), an Erzbischof Johann Jakob Kuen Belasy von Salzburg Anlässlich eines Kuraufenthalts in Gastein (heute: Bad Gastein) von Anna, der Gemahlin von Herzog Albrecht V. von Bayern (1528–1590 – eine Tochter Kaiser Ferdinand I.), die zudem von ihrem Bruder Erzherzog Karl II. von (Inner-)Österreich (1540–1590), ebenfalls mit grossem Gefolge, besucht wurde, berichtet der Pfleger: Gnedigister fürst unnd herr, E(uer) f(ürstlichen) G(naden) bevelch sambt ubersendter profiandt-ihhallt eingeschlossner zöttl hab ich an heut dato vor dem morgenmall empfanngen. Auch meiner gnedigisten frauen alle sachen ausser Copaun unnd Klaußraben fürtragen lassen. Doch iren fürstlichen gnaden die Copaun und Claußraben so gebracht worden, darneben angezaigt darauf ir f(ürstliche) G(naden) vermeldt e(ure) f(ürstliche) G(naden) haben von derselben wegen zuvil mhüe und uncosten. Der Bericht zeigt, dass Kapaun und Waldrapp als besondere Speisen extra hervorgehoben werden. 178 Das Treffen der Geschwister wird wohl mit der am 26. August desselben Jahres in Wien gefeierten Hochzeit von Karl mit Annas Tochter Maria Anna in Verbindung stehen. Klein, Nachrichten, 1958, S. 63; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67. 179 1573: Robert Constantin, Supplementum linguae latinae Textquelle (lexikalische) Robert Constantin, Supplementum linguae latinae seu Dictionarium abstrusorum vocabulorum, (sine loco [Genf/Lyon]) 1573 (Digitalisat) Auf Seite „I B“ findet sich der Eintrag Ibis – Ιϐις – Gallice corgalleran vel corbeau galeran: Avis est tota nigra, magnitudine helorii (qui gallis corlieu, sive corlis) cui caput phalacrocoracis (id est corvi aquatici, nostrique cormorant) rostrum rubicundum, incurvum: crura subrubra, longa ut ardeae stellaris. Habet & collum ardeolae, quae Χευκóς (recte wohl Λευκóς) Aristoteli (!) à nostrique aigrette appellatur. Neben dem rein Lexikalischen bietet Constantin auch physiognomische Merkmale, die auf den Waldrapp zu deuten scheinen. Ein roter gebogener und langer Schnabel ist ein Merkmal, das den Vogel von anderen in Frage kommenden Tieren unterscheidet. Auch der kahle Schädel ist zu nennen. Dass bei Robert Constantin (1530 [?]–1605) der Waldrapp zumindest eine Rolle spielt, wird durch eine weitere Quelle bestätigt. Diese stammt aus demselben intellektuellen Umfeld und sie beinhaltet auch ein Bild (siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560). Das ornithologische Tafelwerk, das sich in New York erhalten hat, fügt einem naturalistischen Abbild eines Waldrapps folgende lexikalische Bestimmung bei: Φαλακροκόραχ (Phalacrocorax) – Corvus calvus – Corbeau galeran – Corbeau voiran. Die Parallelen sind deutlich und das Bild belegt, welchen Vogel der Verfasser / Schreiber im Sinne hatte. Die Bezeichnung „Corbeau galeran“ kommt dann auch noch bei Aldrovandi (siehe bei 1603) vor. Zun den Druckorten vgl. GLN 15 16-2459 (Genf) bzw. GLN 15 16-2460. (Lyon). Thomas Antoine, Nouvèles variétés étimolojiqes, in: Romania 44 (1916), S. 321–356, bes. S. 339. 180 1573: Ulrich Campell, Rhaetiae alpestris topographica descriptio Textquelle (naturkundlich-landeskundliche) Ulrich Campell, Rhaetiae alpestris topographica descriptio In der landeskundlichen Beschreibung des Ulrich Campell (Susch/Engadin um 1510–1582 Tschlin), die als Manuskript am 1. Mai 1573 am Josias Simler übersendet wurde (dazu siehe Einleitung, S. XV – der Druck scheiterte in weiterer Folge), wird der Waldrapp als Abschnitt 109 im dritten (naturkundlichen) Anhang erwähnt: Randtitel: Waldrapp, corvus sylvaticus, ibis. 109. Ad sylvestrium avium ordinem pertinet etiam avis, quae Germaniae appellatur Waldrapp etc., quam Gesnerus nomine Germanicae illius appellationis imitatione ficto vocat corvum sylvaticum censetque eam secundum Bellonium ibim esse, quae Hieronymo authore tota nigra est, quum et nostra haec corvi similitudine sit atra. Quo facit, quod Plinius lib. 10, cap. 48, testatus, quod M. Egnatius Calvinus praefectus Alpium prodiderit visam in illis ab se peculiarem Aegypti ibim. Qua de Plinius porro lib. 8, cap. 37, ita tradidit: „simile quidam (id est clysterem nempe) et volucris monstravit“, ait, „quae ibis vocatur; nostri adunciate per eam partem se perluens, qua reddi ciborum onera maxime salubre est, quemadmodum alia animalia alia remedia eaque varia ostenderunt“. De eadem etiam Cicero lib. De natura 2: „ibides“, inquit, maximam vim serpentium conficiunt, quam sint rigidis cruribus, corneo proceroque rostro“, etc. Hinc Aegyptii aves illas et adorant invocantque contra serpentium (volucrium nimirum) adventum, Plinio lib. 10, cap. 28, teste. Est autem huius sylvatici nostri corvi ferina apprime vulgaris, optima pulli etiamnum tenerique a nido ablati. Et quum sint corporis magnitudine moleque parum infra ciconiam, nidulantur ferme in editis inviisque petrarum scopulis et potissimum nidos suos construere gaudent in veteribus et iam obsoletis ac ruinam minantibus dirutarum arcium vel exustorum castellorum parietibus, quorum plurima hinc in Alpestribus nostris regionibus passim cernuntur. 109. Zur Klasse der Alpenvögel gehört auch der im Deutschen Waldrapp etc. geheißene Vogel, den Gesner mit einem dieser deutschen Bezeichnungen nachgebildeten Namen corvus sylvaticus nennt, und von dem er, Bellonius folgend, animmt, es sei der Ibis, der nach dem Zeugnis des Hieronymus ganz schwarz ist. Dazu passt, was Plinius im 10. Buch, Kap. 18, bezeugt, dass Marcus Egnatius Calvinus, Präfekt in den Alpen, berichtet habe, dort sei von ihm der Ägypten eigentümliche Ibis gesehen worden. Über diesem hat Plinius sodann im 8. Buch, Kap. 37, folgende Nachrichten gegeben: Etwas Ähnliches (d. h. eben das Clystier) hat auch ein Vogel gezeigt, der Ibis heißt, indem er mit dem gekrümmten Schnabel sich an jenem Körperteil bespült, durch den man am zuträglichsten sich der Speiseüberreste entledigt, wie andre Tiere andere Heilmittel mancher Art gelehrt haben.“ Von dem gleichen Vogel sagt auch Cicero im 2. Buch de natura: „Die Ibisse vertilgen eine außerordentliche Menge von Schlangen, da sie steife 181 Beine haben und einen langen hörnernen Schnabel“ etc. Darum verehren auch die Ägypter jene Vögel und rufen sie an gegen die Ankunft der Schlangen (nämlich der geflügelten), wie Plinius im 10. Buch, Kap. 28, bezeugt. Das Wildpret dieses unseres Waldraben aber ist überaus gewöhnlich, am besten von einem noch jung und zaret aus dem Nest genommenen Tiere. Obwohl an Körpergröße und Gewicht nur wenig unter dem Storch stehend, nisten sie in der Regel auf hohen unzugänglichen Steinklippen und lieben es besonders, ihre Nester in alten, schon verfallenen, mit Einsturz drohenden Wänden zerstörter Burgen oder ausgebrannter Kastelle zu bauen, wie man sie in Menge da und dort in unseren Alpengegenden überall erblickt. Strohl weist – sehr zu Recht –darauf hin, dass Campell nicht selbst beobachtet habe, sondern ältere Texte kompilierte. Der Haupttext von C. J. Kind ist in den Quellen zur Schweizer Geschichte 17 (Basel 1884) ediert (Link); der hier relevante Anhang 3 und 4 von Traugott Schiess in den Jahresberichten der naturforschenden Gesellschaft Graubünden, N. F. 42/43 (1899/1900), mit deutscher Übersetzung (der Abschnitt zum Waldrapp in Band 43, S. 94f.) – Vorwort, Inhaltsverzeichnis, Einleitung und Anmerkungen als Anhang zu Band 44 (1900/1901): Link. Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 540f.; Strohl, Waldrapp, 1917, S. 517f; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 64. 182 ca. 1575/80: Joris Hoefnagel, Animalia volatilia et Amphibia Bildquelle Washington, National Gallery of Art, Collection Lessing J. Rosenwald, 1987.20.8.63: Joris Hoefnagel, Vier Elemente, Band 4: Animalia volatilia et Amphibia (Aier) – Digitalisat Tav. LXII stellt keinen einzelnen Vogel dar, sondern in einem querovalen Bildfeld sind mehrere Vögel zu sehen. Die Darstellung ist mit Corvum delusit hiantem überschrieben und LXII gezählt. Die Tiere sind mit kleinen arabischen Ziffern nummeriert, Die Bildunterschrift – Hic niger est, hunc tu Romane caveto zitiert ein Sprichwort des Horaz’ (Dieser ist schwarz, vor diesem, Römer, nimm dich in Acht) – nimmt darauf freilich nicht Bezug, sondern bloß auf die Gefiederfarbe von zwei der abgebildeten Vögel. Links auf einem Felsen ist ein Waldrapp mit leicht geöffnetem Schnabel dargestellt, der den linken Lauf angehoben hat. Die Haltung entspricht dem Holzschnitt Gesners (ab 1555 – siehe bei 1555/1557). Trotz der Berühmtheit des aus Antwerpen stammenden Joris Hoefnagelzu ist in diesem Fall von einer kolorierenden Rezeption des gedruckten Vorbilds auszugehen. In Bezug auf Naturtreue reicht die hier vorliegende Darstellung weder an die Randillustration im St. Gallner Graduale (siehe bei 1562) noch an das Tierportrait im Museum Kaiser Rudolfs II. (siehe bei 1577–1612) heran. Vielmehr steht sie kaum über der Randillustration im vermeindlichen Gebetbuch der Philippine Welser (siehe bei wohl nach 1564 (3. Drittel 16. Jahrhundert)). 183 Die vierbändige Sammlung von etwa 300 Bildtafeln zu den Vier Elementen wird dem Frühwerk des Joris Hoefnagel zugerechnet, weil verschiedene Tafeln Daten von 1575 bis 1582 tragen. Im Band zu den Vögeln ist die zweite Tafel (Aquila in nubibus) sowohl G. HF. monogrammiert als auch A(nn)o [15]76 datiert; Tafel 76 ist A(nn)o [15]76 datiert und mit Anverpiae auch lokalisiert. Tafel 4 ist mit A(nn)o [15]80 datiert. Manfred Staudinger, Études descriptives de zoologie historique, in: Le bestiaire de Rodolphe II. Cod. min. 129 et 130 de la Bibliothèque Nationale d’Autriche, Paris 1990, S. 460–465; Pegoraro, Waldrapp, 1996, S. 29; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 69. 184 1577–1612: Naturstudien aus dem Museum Kaiser Rudolfs II. Bildquelle Wien, ÖNB, Cod. Min. 130: Naturstudien aus dem Museum Kaiser Rudolfs II. Die hier zu behandelnden Blätter entstanden in Wien (?) und in Prag. Auf fol. 86r findet sich bei der Darstellung folgende Beischrift: Waldrapp und Zwergsänger. Dieses Blatt kann keinen der an der Ausführung des kaiserlichen Museums beteiligten bekannten Maler (Giuseppe Arcimboldo, Hans Hoffmann, Dirk de Quade van Ravensteyn, Daniel Fröschl) mit Bestimmtheit zugeordnet werden. Die hier vorliegende Darstellung ist gemeinsam mit einer Studie von Pierre Eskrich (siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560) die bei weitem detaillierteste, die wir vom Waldrapp vor dem 20. Jahrhundert kennen. Der Körperbau mit korrekt langen Beinen, die bloß im obersten Bereich gefiedert sind, die Zehenstellung, die Krallen, die drei Enden hinten, die die Flügel und den Schwanz abbilden, die vom Körper unterschiedliche Gefiederstruktur des Halses, das – wie bei Gesner (siehe bei 1555/1557) noch juvenile – Nackengefieder. Der Kopf hat einen grauen Schimmer, Lichtreflexe deuten das Kahl-Werden bereits an. Die Iris ist orange, ähnlich der Farbe des Schnabels, der lang, schmal und im vorderen Bereich gebogen ist. Hier, und im Grunde ist dies in der vorliegenden Sammlung zusammen mit dem Blatt von Eskrich das einzige Beispiel, liegt eine echte Naturstudie vor. Man ist sogar geneigt von einem Portrait eines individuellen Vogels zu sprechen, also einem Kunstwerk, das nicht allgemein gültige Merkmale der Waldrappe zusammenfasst, sondern dass ein konkretes Tier abbildet. Thesaurus Austriacus, 1996, S. 242–248 (Manfred Staudinger); zur Handschrift ebendort S. 230–236; Mey, Zeugnisse, 1997, S. 10f. (nach Staudinger); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 70f. 185 1578 März 28: Verordnung des Salzburger Erzbischofs Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Hofrat Catenichl 21 (1578) Auf foll. 43r–44r ist ein Ausschreiben [des Salzburger Erzbischofs Johann Jakob Kuen Belasy] überliefert: Ausschreiben von wegen der Clausraben unnd Storchen, 5 (mal) ze schreiben. Wir Johann Jacob etc. thun mit disem unserm offnen mandat khundt unnd zu wissen aller menigclich: Nachdem durch das püchßen schiessen, so alhie in unnser stat Salzburg, in der Trä- und Kirchgassen, auch ennhalb der pruggen, schier täglich beschicht, nit allain die Clausraben unnd Storchen aus iren stendten geschröckht unnd verjagt werden, sonnder auch solches schüessen der schwachen personen, auch der schwanngern frauen halben seer geferlich, so haben weillendt unnsere vorfordern löblicher gedechtnuß unnd auch wir deßhalben gleichwoll järlich offne mandat oder bevelch zu abstellung sölches schüessens ausgeen unnd an die haubt thör alhie anschlagen lassen. Aber dessen alles unangesehen befinden wir, durch anderer glaubwirdigen bericht unnd unser selbs gewisse erfahrung, das solches unserm verbott bißheer wenig gelebt oder nachganngen worden, deßhalben wir dann gegen den verbrechern und ungehorsamen ain billichs ungnedigs mißfallen tragen und ist darauf unser ernstlicher bevelch, das sich nun hinfüran (?) niemand, er sei geistlich, weltlich, hofgesindt, burger oder inwohner, hohes oder nidern standts, niemandt ausgenomen, unterstee, in der Trä- oder Kirchgasse, bevorab aus den wierths- oder andern heusern am Münchperg unnd Rüetenburg 186 aus püchßen sonderlich in die wandt des Münchpergs nach den Clausraben oder Storchen noch andern gefigel mit nichte zu schiessen, bei vermeidung unserer schweren straff unnd ungnad. Dann wo jemandt, er sei burger, inwohner alhie oder frembder aus den heüsern oder sonst gegen dem Münchperg schiessen unnd solch unser verboth verachten oder übertretten wurden, darauf wir dann unser sonders acht und khundtschafft verorndt haben, der solle nach ungnaden darumben gestrafft werden. Darnach hab sich ain jeder zu richten und sonderlich die wierth und andere in der Trägassen wonendt für sich unnd ire gößt vor straff zu verhüetten. Geben und mit unserm fürgedruckhten secret verförttigt in unser stat Salzburg, den 28. Martii anno (15)78. Vergleichbare Verbote aus den Jahren 1504 Juni 3, 1531, 1558 März 11 und 1584 April 10 sind bekannt (siehe dort für weitere Informationen). Im-Hof, Beiträge, 1886/87, S. 471f.; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 25f.; Tratz, Kenntnis, 1960/61, S. 87f.; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67; Gruber, Storchennester, 2019: Link (mit Abschrift). Herzlichen Dank für die Bilder an Hubert Schopf von Salzburger Landesarchiv. 187 1579: Theophilus Golius, Onomasticon latino-germanicum Textquelle (lexikalische) Theophilus Golius, Onomasticon latino-germanicum, Straßburg 1579 (VD 16, G 2635 = H 4793 – Digitalisat) In Sp. 291 (irrig als „192“ bezeichnet) dieses Wörterbuches steht im Abschnitt über die Vögel (Avium varia: genera) nach dem Wortpaar „Corvus – rapp“: Corvus sylvaticus – waldrapp. Ein identisches Wortpaar bietet bereits 1556 Johannes Frisius (siehe dort). Nachdem Conrad Gesner (1555/1557) sein Vogelbuch veröffentlich hatte und bei Frisius’ Wörterbuch den entsprechenden Abschnitt verantwortete, bieten lexikalische Quellen, die auf das Deutsche und Lateinische beschränkt sind, in der Regel keinen neuen Erkenntnisgewinn. Vor allem auf die Aufzählung weiterer Auflagen wird daher verzichtet. Den Hinweis auf den Golius verdanke ich Josef Feldner. 188 1580–1620: Freskenreste im Refektorium des Klosters Murrhardt Bildquelle Murrhardt (Württemberg), Freskenreste im Refektorium des Klosters (heute Gemeindesaal) Burckhardt, S. 8 (Bild) und S. 11 (Text) stellt, freilich ohne jeden Nachweis, eine Detailabbildung eines schwarzen Vogels vor. Er deutet den Kontext des 1972 aufgedeckten Freskos im Refektorium des ehemaligen Benediktinerklosters in Murrhardt in Württemberg als zur Fastenzeit erlaubte Speisen. Burckhardt erkennt, dass der Vogel auf einem Ast säße. Dies ist an Hand der beigegebenen Abbildung kaum zu beurteilen, wäre jedoch auf Grund der aus dem Ungarischen bekannten Sprichworte bemerkenswert (siehe bei 1598). Nach heutigem Wissenstand muss die Darstellung aus dem Quellenkorpus zum Waldrapp gestrichen werden, da keine ausreichende Ähnlichkeit des Vogels mit dem Waldrapp nachweisbar ist. Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 65 (erwähnt die Beschreibung der Waldmalerei in Adam Adami, Traditiones murense [1648] [für mich bibliographisch nicht nachvollziehbar]); Jochen Hölzinger, Darstellung des Waldrapps (Geronticus eremita) im ehemaligen Kloster Murrhardt aus dem 16. Jahrhundert, in: Ökologie der Vögel 34 (2012), S. 67–74 <noch ungeprüft>; Stephan Burkhardt, Der Waldrapp – ein Phönix aus der Asche, in: Terra plana 2013, S. 3–16, bes.S. 8 (Bild) und S. 11 (Text). 189 1581: Marx Rumpolt, Ein new Kochbuch Bild- und Textquelle (Kochbuch) Marx Rumpolt, Ein new Kochbuch (…), Frankfurt am Main 1581 (VD 16, ZV 13440 – Digitalisat) Auf fol. 65r wird von Speisen berichtet, die Fleisch vom „Drappen“ nutzen: Vom Drappen seindt fuenfferley Speiß und Trachten zu machen. (es folgt der Holzschnitt) 1. Mit einer braunen Brueh warm gebraten oder trucken. 2. In Pasteten kalt lassen werden. 3. Von einem gebratenen Drappen die Brust genommen, halb gehack darauß gemacht, ein sauren frischen Limoniensafft darein gedruckt, oder fein breit geschnitten, und darmit auffsieden lassen sampt der braunen Brueh, so ist es gut und wolgeschmack. Und ein solches gehack kanstu zurichten auff vielerley manier, es sey saur oder nicht. Auß der andern halben Brust kanstu auch gestossens machen. 4. Kanst auch den Drappen zurichten schwartz oder gelb, auff ungerisch. 5. Du kanst auch den Drappen zurichten, wie von einem Schwan, in einer Gallrat, daß sie allerley farb hat, es sey gelb, gruen, rot, weiß, braun oder Leibfarb, auch schwartz mit Mandeln, die uberzogen seind von allerley farb und die Gallart damit belegt, ist es gut und ein schoen Schawessen. Die Rezepte weisen keine Besonderheiten auf, die Rückschlüsse auf das verwendete Fleisch zulassen. Die Benennung als „Drappen“ ist zu wenig spezifisch, die Verbindung zum Waldrapp ergibt sich einzig aus der Vorlage des Holzschnitts zwischen Überschrift und eigentlichem Text. Dieser wiederholt das Gesner‘sche Vorbild (siehe bei 1555/1557) seitenverkehrt, vergröbert und verkleinert. Rumpolts Kochbuch ist daher nicht geeignet, das Aussterben oder den Bestandsrückgang des Waldrapps mit dem Verzehr des Fleisches zu begründen. Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 13; Schenker, Waldrapp, 1981, S. 6f. (mit Abbildung aber ohne weiterreichende Informationen); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 63f. 190 1581/1590: Missale für Kardinal Andreas, Sohn von Erzherzog Ferdinands Bildquelle Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 1784: Missale für Kardinal Andreas, Sohn von Erzherzog Ferdinands (von Tirol) Das Missale wurde in Innsbruck geschrieben, die hier relevante malerische Ausstattung durch Joris Hoefnagel erfolgte vor allem in München, denn der Maler war dort als Hofmaler engagiert. Auf fol. 102v (originale Paginierung: 124) beginnt das Offizium zum Sonntag Sexagesima, das mit einem Bild eines Gartens im bas de page hervorgehoben ist. Mittig sind drei Vögeln auf einem Weg dargestellt. Killermann und Strohl, identifizieren den Vogel links vorne als Waldrapp. Bemerkenswert ist, dass der Waldrapp beim Picken im Boden gezeigt wird, die Länge des Schnabels und der Beine führen – wie es dem Naturvorbild entspricht – zu einer weitgehend horizontalen Körperhaltung (ich danke Bernhard Gönner für diese Beobachtung). Die Darstellung ist offensichtlich von Gesners Vorbild (siehe bei 1555/1557) unabhängig, es wird jedoch erneut ein jugendliches Tier dargestellt. Killermann diskutiert, ob der Vogel rechts als Weibchen des Waldrapps oder als Alpenkrähe anzusprechen sei. Einige Jahre früher (siehe bei ca. 1575/80) folgte Hoefnagel bei der Darstellung des Waldrapps noch der Vorlage Gesners. Ob man aus der Art der Darstellung folgern kann, dass ein domestizierter Waldrapp dargestellt wurde, liegt zwar nahe, bedarf aber noch weiterer Studien. 191 Der Dekor des Missales verschmilzt tiefsinnige Emblematik mit exzessiv naturalistischen Darstellungen. Dies ist für die Spätphase der Buchmalerei ein häufiges Phänomen. Zur Handschrift: http://data.onb.ac.at/rec/AC13947333 (mit SW-Digitalisat); https://manuscripta.at/?ID=6491 Killermann, Waldrapp, 1912, S. 276–278 (mit Abbildung); Strohl, Waldrapp, 1917, S. 523–525; Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 323f.; Andreas Fingernagel, Nr. 31: Missale für Kardinal Andreas „von Österreich“, in: Natur und Kunst, 1995, S. 105–107 (ohne Erwähnung des Waldrapps); Thesaurus Austriacus, 1996, S. 244 (ohne Erwähnung des Waldrapps); Pegoraro, Waldrapp, 1996, S. 28; Martin Roland, Nr. 288: Joris Hoefnagel, Missale für Kardinal Andreas, in: Arthur Rosenauer (Hg.), Spätmittelalter und Renaissance (Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 3), München u. a. 2003, S. 162 und 545f. (ohne Erwähnung des Waldrapps); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 68f. 192 1584 April 10: Verordnung des Salzburger Erzbischofs Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Hofrat Catenichl 27 (1584) Auf foll. 58r–60r: Ausschreiben [des Salzburger Erzbischofs Johann Jakob Kuen Belasy] von wegen der Claußraben und Storchen, Sechs mall ze senden ze schreiben (also in sechsfacher Ausfertigung herzustellen). Wir Johann Jacob etc. thun mit disem unnserm offnen manndat khundt unnd zu wissen aller menigclich: Nachdem durch daß puchsenschuessen, so alhie in unnser haubtstat Salzburg, in der Trä- unnd Khirchgassen, auch ennthalb der pruggen, schier täglich beschicht, dardurch nit allain die Claußraben unnd Storchen auß ieren stenndten geschröckht unnd verjagt werden, sonnder auch solches schuessen der schwachen personnen unnd der schwanngern frauen halben seer geferlich. So haben weillend unnsere vorfordern loblicher gedechtnuß unnd auch wir deßhalben gleichwoll järlich offne manndat unnd bevelch zu abstellung solches schuessens außgeen unnd ahn die statthor alhie anschlagen lassen. Aber dessen alles unnangesechen befinden wir, durch annder glaubwurdigen bericht unnd unser selbs gewisse erfahrung, daß solchem unnserm verpott bißheer wenig gelebt oder nachganngen worden, deßhalben wir dann gegen den verbrechern unnd ungehorsamen ain billichs ungnedigs mißfallen tragen unnd ist darauf unnser ernnstlicher 193 bevelch, das sich nun hinfüran niemandts, er sey geistlich, welltlich, vom adl, hofgesindt, burger oder inwohner, hoch oder niders stanndts, niemanndt außgenommen, unnderstet, in der Trä- oder Kirchgasse, bevorab auß den würths- oder anndern heusern am Münichperg oder Riettenburg auß püchsen sonderlich noch auch sonst auff dem Grieß alda vil personen hin unnd wider in den gärtten daselbs gelegen geen auch die weibs-personen an dem waschen sein und schaffen bei in die wanndt deß Münichpergs nach den Claußraben oder Storchen noch andern gefligl zue vermeidung unnserer unserer schweren straff unnd unngnadt. Dann wo yemanndt, er sey geistlich, vom adl, hofgesindt, burger, innwohner oder fremder auß den heusern oder sonnst gegen dem Münichperg schüessen unnd solch unnser verbott verachten oder übertretten wurden. Darauf wir dann unnser sonnder acht und khundtschafft bestöllt haben oder solle nach unngnaden den darumben gestrafft werden. Darnach hab sich ain yeder zu richten unnd sonnderlich die würth unnd anndere in der Trägassen auch anndern ortten wonendt für sich unnd ire gößdt vor straff zu verhuetten. Geben und mit unserm hie fürgedruckhten secret verferttigt in unnser stat Salzburg, den zehenden Aprilis anno (15)84. Vergleichbare Verbote aus den Jahren 1504 Juni 3, 1531, 1558 März 11 und 1578 März 28 sind bekannt (siehe jeweils dort). Im hier behandelten Catenichl 27 (1584) findet sich offenbar letztmals beim Gebot, das Schießen zu unterlassen, der Bezug auf die Klausraben (Waldrappe). Ab Catenichl 29 (1586), foll. 207r–208r, fehlt dieser (Information Hubert Schopf). Daraus ergibt sich ein recht konkreter Hinweis, ab wann in Salzburg die Existenz (bzw. die Erinnerung an die Existenz) des Waldrapps zu Ende ging. Im-Hof, Beiträge, 1886/87, S. 471f.; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 25 (nur Hinweis); Gruber, Storchennester, 2019: Link (bloß Erwähnung). Herzlichen Dank für die Bilder an Hubert Schopf von Salzburger Landesarchiv. 194 1586: Johannes Stumpf, Gemeiner Loblicher Eydgnoschafft ... Text- und Bildquelle Johannes Stumpf, Gemeiner Loblicher Eydgnoschafft Stetten, Landen und Völckeren Chronick wirdiger thaaten beschreibung, Zürich 1586 (VD 16, S 9865 – Digitalisat) Die für den Waldrapp relevante Stelle auf fol. 561v entspricht bis auf typographische Minimalitäten der Erstauflage von 1548 (siehe bei 1548). Dort finden sich auch weitere Informationen. Es wird immer derselbe Holzschnitt verwendet. 195 1586: Martin Ruland, Dictionariolum et nomenclatur Textquelle (lexikalische) Martin Ruland, Dictionariolum et nomenclatura germanico latino greca omnium rerum et locutionum usitarum (…), Augsburg 1586 (VD 16, R 3662 – Digitalisat) Auf S. 860 dieses in Themenfelder gegliederten und erstmals nach deutschen Begriffen geordneten Wörterbuches steht im Abschnitt über die Vögel nach dem Wortpaar „Rapp – Corvus – κόραξ“: Waldrapp – Corvus sylvaticus – κόραξ ἄγριος. Der Wert dieses von den aus Basel stammenden Arzt Martin Ruland (1569–1611) verfassten Wörterbuches liegt sowohl in seiner Anordnung nach deutschen Begriffen als auch in der Hinzufügung des griechischen Begriffs, der – wenn ich recht sehe – hier erstmals auftritt. Corax agrios (von ἀγρός [Feld]) ist als Begriff für mich bisher nicht nachweisbar. Für den Waldrapp ist bisher bloß „Φαλακροκόραχ“ (siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560) für mich bekannt. Das lateinisch-deutsche Wortpaar bietet Johannes Frisius bereits 1556 (siehe dort). Den Hinweis auf Martin Ruland verdanke ich Josef Feldner. 196 1590: Fabricius Balázs, Nomenclatura seu dictionarium Textquelle (lexikalische) Fabricius Balázs, Nomenclatura seu dictionarium Latino-Ungaricum ..., Debrecen 1590 Zwischen dem Lemma „Cornix – Variu“ und „Cuculus, Coccix, Babellus – Kakuk“ findet sich der hier relevante Eintrag: „Cornix nigricans – Fekete tar variu“ Fekete bedeutet „schwarz“, variu bedeutet „Rabe / Krähe“. Julius Németh übersetzt „tar“ mit „bunt“, was gut zum schimmernden Gefieder des Waldrapps passen würde und sieht bei der Wortschöpfung türkische Wurzeln. Herman, Kahlrabe, 1903, S. 48, übersetzt „tar variu“ hingegen mit Kahlrabe. Zu den erheblichen lexikographischen Unsicherheiten siehe auch die Einträge zu 1550 und 1561. Der Wortbestand geht auch in Hieronymus Megiser, Dictionarium quatuor linguarum, über; vgl. die Digitalisate der Ausgaben von 1629, S. 155, bzw. 1641, S. 155. Vergleiche die Edition des Textes: János Melich, Szikszal Fabricius Balázs, Latin-magyar Szójegyzéte, 1590-ből, Budapest 1906, S. 45, bzw. das Digitalisat der Ausgabe von 1593, S. 65. Herman, Kahlrabe, 1903, S. 48; J(ulius) Németh, Eine Benennung für scheckige Tiere bei Türken und Ungarn, in: Acta Linguistica Academiae Scientarum Hungaricarum 15 (1965), S. 79–84. 197 1590/1600: Randillustrationen zu: Pier Candido Decembrio, De omnium animantium naturis atque formis Bild- und Textquelle Rom / Roma, Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb lat. 276: Randillustrationen zu: Pier Candido Decembrio, De omnium animantium naturis atque formis (Digitalisat) Der Text des Pier Candido Decembrio (Petrus Candidus Decembrius – 1399–1477) ist nicht nach 1460 entstanden (dazu siehe bei 1460, nicht nach). Das Werk ist nach Gruppen aufgebaut, innerhalb derselben alphabetisch. Der Ibis ist Teil des zweiten, den Vögeln gewidmeten Buches und wird auf foll. 98v–99v behandelt. Die Illustration auf fol. 99r (Killermann, Tafel 5 [Abb. 10]) folgt (wie zahlreiche andere Illustrationen), wie bereits Killermann, S. 172 und 217, richtig erkannte, dem von Conrad Gesner vorgegebenen Typus (siehe bei 1555/1557). Als unmittelbar auf Gesner zurückgehend erweist sich die Illustration durch den leicht angehobenen einen Lauf, die jugendliche Gestalt des Waldrapps und durch den leicht geöffneten Schnabel. Neben dem Holzstich bei Gesner ist vor allem auf die Illustration im angeblichen Gebetbuch der Philippine Welser hinzuweisen (siehe bei wohl nach 1564 (3. Drittel 16. Jahrhundert)), auch die Illustration in Manfred Barbarini Lupus, Vierstimmige Gesänge, ist sehr verwandt (siehe bei 1562). Es erweist sich, dass Gesners Holzschnitt stark rezipiert wurde, keineswegs nur im Bereich der Ornithologie. Cynthia Pyle schreibt die in den Ms. Urb. lat. 276 nachgetragenen Randillustrationen dem Manuaner Künstler Teodoro Ghisi (1536–1601) zu. Als Datierung gibt sie das letzte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts an (z. B. Pyle, Art and Sience, 1994, S. 268). Die Vorlagen übernimmt der Maler, so wie im hier relevanten Beispiel auch, vor allem aus gedruckten Werken. Er war aber andererseits auch für Ulisse Aldrovandi (siehe bei 1603) tätig (Pyle, Art and Science, S. 291). Die Illustrationen zu dessen Werk haben jedoch keinen Einfluss auf die Randillustrationen, die daher, wie Pyle sicher zu Recht vermutet, älter sein müssen als die Publikation Aldrovandis (Pyle, Art and Science, S. 304–313). 198 Über die Provenienz des Urb. lat. 276 zwischen seiner Dedikation an Lodovico III. Gonzaga, Markgraf von Mantua, und seinem Wiederauftauchen in der Sammlung in Urbino 1632 ist wenig bekannt (Pyle, Art and Science, S. 299). Die Zuschreibung, die darauf aufbaut, dass der Codex in Mantua verblieb, bleibt daher unsicher. Zu Urb. lat. 276 siehe: http://www.mss.vatlib.it/guii/console?service=shortDetail&id=1259 (Katalogisat) und https://digi.vatlib.it/view/MSS_Urb.lat.276 (Digitalisat), https://digi.vatlib.it/mss/detail/Urb.lat.276 (Bibliographie) Sebastian Killermann, Das Tierbuch des Pier Candido Decembrio (Petrus Candidus Decembrius: 1399–1477) geschrieben 1460, gemalt im 16. Jahrhundert (Codex Vaticanus Urb. lat. 276.), in: Zoologische Annalen 6 (1914), S. 113–221, Tafel 1–8. Cynthia M. Pyle, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Codex Urbinas latinus 276, Faksimile und Begleitband (Codices e Vaticanis Selecti, LX), Zürich 1984; Cynthia M. Pyle. Harvard MS Richardson 23: A «Pendant» to Vatican MS Urb. lat. 276 and a Significant Exemplar for P. C. Decembrio's Opuscula historica, in: Scriptorium 42 (1988), S. 191–198; Cynthia M. Pyle, Some late sixteenth-century depictions of the aurochs (Bos primigenius Bojanus, extinct 1627): new evidence from Vatican MS Urb. lat. 276, in: Archives of Natural History 21 (1994), S. 275–288; Cynthia M. Pyle, The Art and Science of Renaissance Natural History: Thomas of Cantimpré, Pier Candido Decembrio, Conrad Gessner, and Teodoro Ghisi in Vatican Library MS Urb. Lat. 276, in: Viator 27 (1996), S. 265–321. Giuseppe Castelli, Codice Urbinate Latino 276. La miniatura, in: Marisa Laveroni (Hrsg.), Animalia Prodigiosa, elementi di storia naturale e aspetti prodigiosi in de omneum animantium naturis atque formis di Pier Candido Decembrio, Vigevano 2001, S. 64–85 (noch nicht geprüft); 199 1591: Simon Ostermann, Vocabularium analyticum Textquelle (lexikalische) Simon Ostermann, Vocabularium analyticum ad augendum pariter linguae latinae usum & verum cognitionem studiosis, Lauingen 1591 (VD 16, O 1394 – Digitalisat) Auf S. 331 findet sich der auf den Waldrapp bezügliche Eintrag: Ibis Pelusiaca, seu nigra, ein schwarzer Ibin, vulgo, ein Steinrapp, nisten vil in einem hohen runden felsen bey Salzburg an der stat, mansuescunt et habentur in hortis, ut eos a serpentibus, lacertis, ranisque purgent. Der Eintrag steht im Abschnitt „De avibus“ dieses Wörterbuches. Für die Identifikation mit dem Waldrapp spricht vor allem der Nachweis, dass dieser an den angegebenen Stellen in Salzburg tatsächlich nistete (letztmalige Nennung 1584 April 10) und dass die Nahrung, die hier angegeben wird, mit jener übereinstimmt, die für den Waldrapp genannt wird. Steinrabe wird bei Gesner (ab 1555 – siehe bei 1555/1557) als eine Benennungsmöglichkeit genannt, bei Cordus (siehe bei 1561 (recte wohl nicht nach 1544)) ist es sogar die einzige (siehe jeweils dort). Schon 1441 / 1471 kommt die Bezeichnung in Baumburg vor. Im lexikalischen Bereich ist der Steinrabe ab 1517 (siehe dort) nachweisbar. Ostermann referiert mit dem Toponym „Pelusium“ (Ort im östlichen Nildelta – heute: Tell elFarama) auf Plinius den Älteren, der in seiner Historia naturalis schreibt: „Ibis circa Pelusium tantum nigra est, ceteris omnibus locis candida.“ (Lib. 10, Cap. 45). Grundlage für Plinius war Aristoteles, Historia animalium, Lib. 9, cap. 27 (vgl. Schnieders, S. 831f.). Auf dieser Stelle von Aristoteles beruht auch eine Verbindung zum Waldrapp, die zwischen dem 1460 entstandenen Text des Pier Candido Decembrio (siehe bei 1460, nicht nach) und der viel später ergänzten Illustration in Ms. Urb. lat. 267 (siehe bei 1590/1600) durch den Illustrator hergestellt wurde. In der Zusammenschau der lexikographischen Belege zeichnet sich Ostermann durch vielfältige Quellen aus, die kompakte und vergleichsweise zuverlässliche Informationen über einen Vogel 200 bieten, der zum Zeitpunkt des Erscheinens des Vokabulars wohl nur noch an ganz wenigen Orten Europas anzutreffen war. Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 375; Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 541; Killermann, Waldrapp, 1912, S. 270; Strohl, Waldrapp, 1917, S. 522f.; Moewes, Vom Klausraben, 1929, S. 28; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 16; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67; Aristoteles, Historia animalium, Buch VIII und IX, übersetzt und erläutert von Stefan Schnieders, Berlin, Boston 2019, S. 831–833 (zu Lib. 9, cap. 27). 201 1592: Helfrich Emmel, Sylva quinquelinguis vocabulorum Textquelle (lexikalische) Helfrich Emmel, Sylva quinquelinguis vocabulorum et phrasium germanicae, latinae, grecae hebraicae gallicae linguae, Straßburg 1592 (VD 16, E 1069 – Digitalisat; Digitalisat) S. CC 3: „Rab / Rapp – Corvus“ und anschließend als Unterbegriffe: „Corvus sylvaticus – Waldrab / Steynrab (...)“. Der einzige Wert dieser lexikalischen Quelle besteht darin, dass Waldrab und Steinrab als Synonyme verstanden werden. Auch die parallele Verwendung von „-rab“ und „-rapp“ tritt auf. Ein anderes lexikalisches Werk Emmels wird bei einem Eintrag zum Jahr 1598 erwähnt. Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 376. 202 1592: Gergely Diosi, Cisio Textquelle (literarische) Gergely Diosi, Cisio magyar nyelven és az égh iarasanac és czillagoknak kuoloembkuoloemb természetinec follyasaból való Practica. Mellybl gyermekeknek születeseknec természetek és az napoknak minólta megisniertetnec. Azaz: Magyar Planétás Kónyv. Invisibilia Dei Perca quae facta sunt, intellecta, conspiciuntur, Kolozsvár 1592. (Cisio in ungarischer Sprache und Praktik der Bewegung des Himmels und der verschiedenen Eigenschaften der Gestirne. Woraus die Natur, die Geburt der Kinder und die Bedeutung der Tage erkannt werden. Das ist: Ungarisches Planetenbuch. Invisibilia Dei Perca quae facta sunt, intellecta, conspiciuntur.) – Digitalisat Auf S. 57 stehen Wetterregeln mit Erwähnung des Kahlraben: Az Tar varyu ha feredic, és azután tétoua sétál és kiált, es lészen, ha az koeen az viz mellett kiált, esőt iegyez. Ha gyorsan egymás vtan kettot vagy harmat szól, szélveszet hoz. Ha reggel zajog, tiszta vodot, ha estue zajog, szomoru esoet vagy szelet. Wenn der Kahlrabe (Tar varyu) badet und dann hin und her geht und ruft (kiált), wird es regnen; wenn er am Wasser auf dem Stein sitzt und ruft, zeigt er Regen an. – Wenn er zwei oder dreimal schnell nacheinander schreit (szól), bringt er Sturm. – Wenn er in der Frühe lärmt, bringt er klares Wetter, wenn er abends lärmt, bringt er traurigen Regen oder Wind. Nach seinen 1903 veröffentlichten Belegen für den Kahlraben (Waldrapp) in ungarischen Sprachquellen des 16. Jahrhunderts (siehe vor allem unten bei 1598) reicht Herman 1907 einen weiteren Beleg nach, diesmal nicht eigentlich Sprichworte, sondern Wetterregeln. Die Verhaltensweisen, die dem Vogel zugeordnet werden, sind, das erkennt auch Herman an, nicht besonders typisch für den als Felsbewohner bekannten Waldrapp. Otto Herman, Még egyszer a tarvarjúról. (Geronticus eremita |Lin.]) – Noch einmal über den Kahlraben (Geronticus eremita [Lin.]), in: Aquila 1907, S. 33–41. 203 1593: Ladislaus Welenus von Zierotin, Itinerarium Textquelle (chronikale) Rom / Roma, Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 613: Ladislaus Welenus (Velen) von Zierotin (Zerotein), Itinerarium / Reisebericht Auf foll. 55v–56r wird zu 1593 über einen Turm in Breisach berichtet, der Waldrappen als Aufenthaltsort dient: 13 Decembris postquam Doctori Grynaeo et reliquis amicis valedixissem navem onerariam conscendi et Basilea discessi comitante me Domino comite Hannovio, et eius praefecto Ottone Stralendorffio. Fuit illo die serenum coelum ita ut post horam secundam Brisacum veniremus, cum prius oppidum lnnstein et arcem, huius nominis, in saxo extructam, ut et Neuburgum, ubi vectigal exsolvebant nautae, praeter ivissemus. Brisaci arcem et ejus conclavia nec non ex quadratis lapidibus quadratam turrim vidimus, quam aedificasse dicunt Rudolphum primum lmperatorem. In illa turri aves habitant nigrae, quas appelant waldtrappen, habentes longa rostra flava et longos pedes, perinde ut ciconiae, cum quibus etiam abeunt et redeunt, ita ut existimem esse nigras czcomas. (Schenker, Breisach, 1975, S. 37f. – Hervorhebung: MR) Übersetzung (Schenker): Nachdem ich mich von Doktor Grynaeus und den übrigen Freunden verabschiedet hatte, bestieg ich am 13. Dezember ein Lastschiff und brach von Basel auf, wobei mich Herr von Hanau als Gefährte begleitete, und sein Betreuer Otto Stralendorff. Der Himmel war an jenem Tag so heiter, dass wir zur zweiten Stunde nach Breisach kamen, nachdem wir zuvor an der Stadt Istein und an der Burg dieses Namens, welche auf einem Felsen erbaut ist, wie auch an Neuenburg, wo die Schiffsleute die Steuer bezahlten, vorbeigefahren waren. In Breisach sahen wir die Burg und ihre Gebäulichkeiten und auch den viereckigen Turm aus Quadersteinen, den Kaiser Rudolf von Habsburg erbaut haben soll. In jenem Turm wohnen schwarze Vögel, die sie Waldtrappen nennen. Sie haben lange rötlichgelbe Schnäbel und lange Füsse wie Störche, mit denen sie auch weggehen und wiederkommen, so dass ich glaube, dass es schwarze Störche sind. Schenker argumentiert, dass Zierotin im Dezember in Breisach die Waldrappe als Zugvögel nicht gesehen haben könne. Dieses Argument wird jedoch hinfällig, wenn Zierotin mit domestizierten Exemplaren zusammentraf. Eine vergleichbare Vermutung hat sich schon bei einem Züricher Beispiel von 1535 ergeben (siehe bei 1535 Juli 15). Schenker, 1975, S. 38, vermutet hingegen, die Bewohner der Burg hätten dem Reisenden bloß von Bemerkenswertem erzählt und dabei berichtet, dass im Sommer in der Burg Waldrappen hausen würden. Vgl. auch die bei 1191 (Überlieferung 1587) stehenden Angaben zu Breisach. Schenker, Breisach, 1975, S. 37–43, passim (Text S. 37f.); 204 Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 15; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 65f.; Landmann, Bestandsschutz, 2015, S. 172f. (sehr kritisch); Schenker, Replik, 2017, S. 130f. 205 1594: Nicodemus Frischlin, Nomenclator trilinguis Textquelle (lexikalische) Nicodemus Frischlin, Nomenclator trilinguis graeco latinogermanicus continens omnium rerum (…), Frankfurt/Main 1594 (VD 16, F 2949 – Digitalisat) Auf S. 109 dieses nach griechischen Begriffen geordneten Wörterbuches steht im Abschnitt über die Raubvögel (!) nach Κοράξ – Corvus – Rapp/Rap: κόραξ ὄρειος – Corvus montanus – Steinrapp/Scheller. Die Begrifflichkeit weicht, bemerkenswerter Weise, von jener des 1586 von Martin Ruland verfassten dreisprachigen Wörterbuches ab (siehe dort). „Steinrapp“ ist schon im 15. Jahrhundert als Begriff belegt (siehe bei 1441 und 1471). Zu seinem Auftreten in Wörterbüchern siehe bei 1517. „Steinrapp“ und „Scheller“ sind bei Conrad Gesner (siehe bei 1555/1557) belegt, der wie Josef Feldner in seinem Hinweis, für den ich sehr herzlich danke, bereits anmerkt, als Quelle zu vermuten ist. Der Begriff „Corvus monatanus“ ist hier neu und Frischlin bietet, was doch erstaunt, keine Alternativen, die mit Corvus sylvaticus naheliegend und allgemein gebräuchlich waren. Trotzdem war wohl Gesner die Anregung, bei dem zu lesen ist: Waldrapp, id est corvus sylvaricus, quod locis sylvosis, montanis et desertis degere soleat. Auch der griechische Begriff ist offenbar neu und weicht von Ruland ab, der „κόραξ ἄγριος“ verwendet. Frischlins ungewöhnliche Zusammenstellung hat Daniel Adam z Weleslavína (Adamus Danielus, dessen Wörterbuch 1598 erschien, beeinflusst. Herman, Kahlrabe, 1903, S. 46. 206 1598: Johann Decsi, Adagiorum graeco latino ungaricorum Chiliades quinque Textquelle (literarische) Johann Decsi von Baranya, Adagiorum graeco latino ungaricorum Chiliades quinque, Bartfeld / Bardejov / Bártfa / Bartphae 1598 – Digitalisat Auf S. 79 steht das ungarisches Sprichwort „Egyébkorís láttam én ágon tàr variút“ (Auch sonst sah ich den Kahlraben auf dem Ast) – als sinngleiche Neuschöpfung nach Decsis lateinischem Text: „Complurium Thriorum ego strepitum audivi.“ Der lateinische Text folgt Erasmus von Rotterdam. In den Collectanea adagiorum, Paris 1500 (GW 9374), ist er noch nicht enthalten, sondern erst in der Ausgabe Venedig 1508: Adagiorum Chiliades tres (Digitalisat) auf fol. 109v. Die Sinnspitze charakterisiert Herman so: Wer davon redet, dass er sonst, heute oder wann immer den Kahlraben (so die deutsche Übersetzung von tarvariú) auf einem Ast gesehen habe, der redet leeres Geschwätz, denn der Kahlrabe lässt sich auf keinem Ast nieder: Wer aber will, dass man ihn nicht für einen eitlen Schwätzer halte, der soll nicht von Kahlraben reden, die auf Ästen sitzen. Denn jeder weiß ja, dass ein Kahlrabe als Bewohner von Felsen niemals auf einem Ast sitzt. Herman meint, dass sogar die Anatomie der Beine des Kohlraben dies unmöglich machen würde. Und hierin ist auch für die eitlen Schwätzer die Warnung inbegriffen, dass man ihnen nachsagt: „Ich habe auch sonst einen Kahlraben auf einem Ast gesehen“, das heisst: Ich habe auch sonst leere Drohungen und leeres Geschwätz gehört. Wie, so der lateinische Text, das brennende Feigenlaub, das zwar prasselnd brennt, aber keine Glut hinterlässt, oder wie das leere Gerassel mit den Kieselsteinen der Wahrsager, das keinen Gehalt hat. Herman schließt, dass der Vogel und sein Verhalten allgemein bekannt waren, sonst hätte ja, was durchaus nachvollziehbar ist, das Sprichwort seine Wirkung nicht entfalten können. Wenn 207 freilich – wie eine 1561 entstandene lexikalische Quelle nahelegen könnte – „Tarvariu“ bloß „Krähe“ bedeutet, verliert das Gedankengebäude Hermans seinen Halt (vergleiche zwei entsprechende Einträge zu 1561). Johann Decsi (1560–1601) war einer der wichtigen reformierten Geistlichen in Siebenbürgen, seine Bedeutung liegt auch bei seinen sprachwissenschaftlichen Interessen (vgl. Reformierte in der Baranya: https://www.academia.edu/41692122), er ist auch als (erster) Sammler ungarischer Sprichworte bekannt. Als Erstinformation https://en.wikipedia.org/wiki/J%C3%A1nos_Baranyai_Decsi bzw. viel ausführlicher auf Ungarisch: https://hu.wikipedia.org/wiki/Baranyai_Decsi_J%C3%A1nos. Herman, Kahlrabe, 1903, S. 35–65, zu Decsi S. 48–50; Dávid Fokos, Láttam én már karón varjút (Ich sah auf einem Ast einen Raben), in: Magyar Nyelvőr 67 (1938), S. 109–113, bes. S. 109. 208 1598: Adamus Danielus, Nomenclator quadrilinguis Textquelle (lexikalische) Daniel Adam z Weleslavína (Adamus Danielus), Nomenclator quadrilinguis, Boemicolatino-Graecogermanicus – Digitalisat Col. 198 (Digitalisat 117): Horní krkavec – Corvus montanus – Κοράξ ὄρειος – Steinrapp, Scheller Der Inhalt baut, zumindest in diesem konkreten Fall, nicht, wie Mlíkovský, S. 180, vergeschlagen hat, auf Helfrich Emmel, Nomenclator quadrilinguis, Lationogermanicograecogallicus, Straßburg 1592, Sp. 136, auf (vgl. ein anderes seiner Werke bei 1592), sondern auf Nicodemus Frischlin (siehe bei 1594), dessen Wortbestand tschechische Begriffe zugefügt wurden. Der tschechische Begriff ist eine Übersetzung von Corvus montanus, der – wenn ich recht sehe – von Frischlin geprägt wurde. Vor dem Steinrapp steht auch „Pyrrhocorax (…) Steynkraeh, Bergdol“, was viele Unklarheiten aufzeigt. Mlíkovský vermutet der Autor könnte den Begriff für dieses Wörterbuch erfunden haben und lehnt – sehr zu Recht – ab, dass man daraus schließen könne, es habe den betreffenden Vogel in Böhmen gegeben. Jiří Mlíkovský, Northern Bald Ibis (Geronticus eremita) in the Czech Republic, Poland and Slovakia: a review of historical records, in: Sylivia 43 (2007), S. 179–185; Lubomír Hampl, Šwiat awifauny III w polskich i czeskich przekładach Pisma Świętego rodzina krukowatych – kawka, wrona, kruk, gawron i sójka, Bielsko-Biała 2016, S. 195. 209 1600: Christoph Wirsung, Ein newes Artzney Buch oder Lonicers Kräuterbuch (?) Text- und Bildquelle Christoph Wirsung, Ein newes Artzney Buch (Lonicers Kräuterbuch), Frankfurt 1600 (nicht nachvollziehbare Angaben nach Kumerloeve) Kumerloeve behauptet, die Abbildung in Wirsungs Publikation (MR: der Autor verstarb bereits 1571) nehme sich Gesners Holzschnitt zum Vorbild, der Text beziehe sich jedoch auf den Ibis. Dieser Hinweis fehle in der Heidelberger Auflage von 1572 (wohl auf Lonitzers Kräuterbuch – VD 16, L 2422 zu beziehen) noch. Welche Publikation Kumerloeve hier vorlag, ist derzeit unklar, denn – zumindest für mich – ist weder von Adam Lonitzers Kräuterbuch noch von Wirsungs Arznei Buch eine Auflage nachweisbar, die 1600 in Frankfurt erschienen wäre. Wirsungs Publikationen haben keine durchgehenden Illustrationen, daher ist wohl Lonitzers Kräuterbuch gemeint, das durchgehend illustriert ist und als Abschluss auch Tiere (und dabei auch Vögel) abbildet. In der digital zur Verfügung stehenden Frankfurter Ausgabe von 1582 (VD 16, L 2423 – Digitalisat) kommen ab fol. 336r Vögel vor, auf foll. 342v–343r die Rabenvögel (jedoch kein Waldrapp). In der digital verfügbaren Ausgabe Augsburg 1630 (VD 17, 29:734808D – Digitalisat), sind die Vögel ab S. 640 illustriert, die Raben S. 672f. (der Waldrapp ist nicht erwähnt). Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 323. 210 1601 Dezember 30: Adels- und Wappenbrief für Hans Staininger Bild- und Textquelle (Wappenbrief) Braunau am Inn, Bezirksmuseum Herzogsburg, I 64 6: Kaiser Rudolf II., Adels- und Wappenbrief für den Augsburger Bürger Hans Staininger Der in Prag ausgestellte Adelsund Wappenbrief von 1601 erneuert (leicht abweichend blasoniert) die Wappenverleihung König Ferdinands I. von 1531 (siehe 1531 Oktober 12 für weitere Informationen) und nimmt Hans Staininger und seine Nachkommen in den Adelsstand auf. Das Wappen wird wie folgt blasoniert: … ein Steinrab mit ofenen Schnabel vorwärts stehend in seiner Mitte nach des Schildes Farbenabwechslung. Das Vollwappen entspricht heraldisch, bis auf die Helmform dem Vorbild von 1531. Die technische Ausführung, kolorierte Federzeichnung weicht jedoch ab. Das Schriftstück von 1601 ist aus diplomatischer Sicht höchst problematisch und keineswegs eine rechtsgültige Originalausfertigung des Diploms. 211 Das vorliegende Stück ist zwar kein Original im juristischen Sinn, der Inhalt scheint jedoch echt zu sein, denn Wien, Österreichisches Staatarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsarchiv, Reichsadelsakten, Allgemeine Reihe, 405,45, überliefert Akten zur Nobilitierung, Wappenbesserung und Rotwachsfreiheit (Frank, Standeserhebungen, 1967/74, Bd. 5: Si–Z, S. 41) und bildet auf fol. 4r auch ein entsprechendes Wappen ab. Konrad Meindl, Geschichte der Stadt Braunau am Inn, Braunau 1882, S. 90–93 (zum hier behandelten Stück vor allem S. 91–93 – mit Teiltranskription). 212 1603: Ulysus Aldrovandi, De Avibus Historiae Libri XII Text- und Bildquelle (ornithologische) Ulysus Aldrovandi, Historiam naturalem in Gymnasio Bononiensi profitentis, Ornithologiae. Hoc est De Avibus Historiae Libri XII, Bologna 1603 – Digitalisat; Digitalisat S. 261–266: Buch 19, Cap. 55: De corvo aquatico (mit Abbildung auf S. 263) S. 267–270: Cap. 56: De Phalacrocorace, sive Corvo aquatico Plinii (mit Abbildung S. 268: Phalacrocorax ex Illirico missus bzw. S. 269: Phalacrocorax Bellonii) S. 270f.: Cap. 57: De Corvo sylvatico (mit Abbildung S. 270) – dazu unten im Detail. S. 312: Buch 20, Cap. 3, behandelt die Ibisse. In der Einleitung wird unter der Überschrift „Synonyma“ bei Benennungen des Ibis darauf hingewiesen, dass „in Europa, quod sciam, nomen non habet, nimirum avis hic ignota, quamquam volunt Gallis dici corgaleran, vel corbeau galeran: quod nomen forte corvo sylvatico convenire putandum est, cum quo 213 ibidem nigram Bellonium Ornithologus perperam arbitratur confundere.“ Zu den vom Autor hervorgehobenen Begriffen siehe bei 1573 und bei nach 1555 und vor ca. 1560, wo jeweils Berührungspunkte zum Waldrapp behandelt werden. Auf S. 313 wird der „Ibis Bellonii“ abgebildet. In der Ausgabe von 1599 (Digitalisat) kommt der Waldrapp (Corvus sylvaticus) noch nicht als eigenes Lemma vor. Aldrovandi bezieht sich beim 1603 neu angefügten Abschnitt über den Corvus sylvaticus, wie er klar kommuniziert, in Inhalt und Bild auf Gesner. Doch auch der auf S.268 abgebildete Phalacrocorax ex Illirico missus hat auffallende Ähnlichkeiten mit dem Waldrapp wie Bernhard Gönner bestätigt. Der lange Schnabel, der nackte Kopf, die (von Gesners Bildtradition deutlich abweichend dargestellten) Nackenfedern, die Länge der Beine und deren teilweise Befiederung seien zu nennen. Dass der abgebildete Vogel jedoch seine Beute mit den Füssen fasst, entspricht nicht dem Naturvorbild. Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 376; Schenker, Verbreitungsgebiet, 1977, S. 17; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 70. 214 1606, nicht nach: Marcus zum Lamm, Thesaurus picturarum Bildquelle Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, Ms. 1971: Marcus zum Lamm, Thesaurus picturarum, Band 29–31: Aves – Band 31, fol. 102r: Waldrapp Der Thesaurus picturarum stellt eine enzyklopedische Quelle dar, die in 32 Bänden und einem Zusatzband Wissen vor allem in Bildern präsentiert. Die Bände 29–31 sind den Vögeln gewidmet, einem speziellen Interessensgebiet des vor allem in Heidelberg lebenden Autors Marcus zum Lamm (1544–1606). Sein Tod bildet einen sicheren Terminus non post quem. Der Thesaurus versammelt Bilder von 185 Vogelarten. Die genaue Behandlung dieser Quelle erfolgt beim nächsten Update. Albrecht Schwan, Dr. Markus zum Lamm († 1606) als Ornithologe, in: Journal für Ornithologie 74 (1926), S. 671–688 (ohne Erwähnung des Waldrapps); Otto Schnurre, Weitere Beiträge zur Kenntnis des Thesaurus Picturarum von Marcus zum Lamm, sowie einiger Stadtverordnungen aus dem 14. bis 16. Jahrhundert, in: Journal für Ornithologie 75 (1927), S. 404–425; der Waldrapp als (Nr.) 102 auf S. 414 erwähnt; Ragnar K. Kinzelbach und Jochen Hölzinger (Hgg.), Marcus Zum Lamm. Die Vogelbücher aus dem Thesaurus picturarum, Stuttgart 2000, S. 50–335, zum Waldrapp S. 83–86. Die Kenntnis auf diese wichtige Quelle verdanke ich Josef Feldner. 215 1606: Johann Rudolf Rebmann, Ein neuw, lustig, ernsthafft, poetisch Gastmal Textquelle (literarische) Johann Rudolf Rebmann, Ein neuw, lustig, ernsthafft, poetisch Gastmal und Gespraech zweyer Bergen in der loeblichen Eydgnoßschafft und im Berner Gebiet gelegen, Bern 1606 (VD 17, 23:244264X – Digitalisat) Auf S, 122 steht: Zu hoechst bey uns der Waldrapp g’birt / der Reiger auch da g’funden wirt. Der Wert dieser Quelle ist gering, denn sie enthält keinerlei weitere Hinweise zum Waldrapp. Auch die Reihenfolge der Verse, die in diesem Abschnitt jeweils einem Vogel gewidmet sind, scheint keinerlei Bedeutung zu haben. Die Einordnung der Quelle ist schwierig. Sie gehört weder zu den Wörterbüchern noch zum Archivgut und kann auch nicht als chronikalisch eingestuft werden. Während die Quelle also im deutschen Sprachraum aus dem Üblichen herausfällt, gibt es in Ungarn erstaunliche Parallelen, denn dort fand der Kahlrabe (tarvariu) gar nicht so selten bei Sprichworten Verwendung (siehe zum Beispiel bei 1561, 1592 und 1598). Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 13 (Lieferung 7: 1908), Sp. 1180 (neben Stumpf [1548], Gesner [unter dem Übersetzer Rudolf Heuszlin (1557)] und Guler von Weineck [1616] zitiert das Wörterbuch auch die Verse aus der zweiten Auflage von Rebmanns Werk [1620] als Beleg zum Lemma „Waldrapp“). Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 376 (nach Grimm); Strohl, Waldrapp, 1917, S. 519f. (Anm. 2). Kumerloeve, Waldrapp, 1978, S. 321f. (Anm. 5). Den Hinweis auf diese Quelle verdanke ich Josef Feldner. 216 1606: Stumpf, Schweytzer Chronick Text- und Bildquelle Stumpf, Schweytzer Chronick, Zürich 1606 (Digitalisat) Zum Waldrapp siehe fol. 612v (Buch 9, Kap. 21). Für weitere Informationen siehe bei der Erstausgabe von 1548. Es wird immer derselbe Holzschnitt verwendet. Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 375; Lauterborn, Vorkommen, 1912, S. 540. 217 1608 Oktober 1: Findbuch der Pfleggerichtsakten Golling Textquelle (archivalische) Salzburg, Landesarchiv, Findbuch 21-11/06: Pfleggericht Golling 2, Rubrik 51, 2. Bund Nr. 25: Findbuch der Pfleggerichtsakten Golling, Rubrik Oberjägermeisterei: Die Thurenerische Jagdbeschreibung betreffend, den 1. Octobris 1608 Die hier behandelte Quelle stellt ein archivalisches Findbuch zu einem Akt dar, der nicht erhalten ist. Der Vergleich mit einem älteren, sehr ähnlichen Akt (siehe bei 1561) macht jedoch wahrscheinlich, dass der Inhalt weitgehend vollständig ins Findbuch übertragen wurde. Extract aus dem Stifftlibel, welcher Orten der wohlgeboren Herren zum Thurn, Neuen Peyern und Au des hochfürstlichen Erzstifft Salzburg Erbschenken, meiner gnädigen und gebuetenden Herrn, Vischwässer und Reißgejaider, dem Paul Leopolder Burger und Gastgeber zu Khuchl, in Golling und andern anstossenden Landtgerichten vor Michaeli Anno 1608 unzt auf gehörte Zeit des 1609 Jahr und dann vehrer von Jar zu Jarn (doch gegen halbjährig aufsag) zu Bstandt verlassen habe. Erstlichen sagt der Buchstaben, ruegen wir (= legen wir fest) den Herrn zum Thurn die Tauggl für freye Fischwaith von der Taugglpruggen an den Reinsperg, darin der Teuffenbach gehörig ist für freiaigen. Mer riegen (= festhalten) wir den Herren zum Thurn, ir freyes Gejaydt in der Tauggl auf allen ihren Gründten und Pöden, am anfang der Taugl Pruggen an den Palvenbach, nach dem Palvenbach an den Schlenken auf die Nasen und auf den Schmittenstein, von da bis an das Hörndl oder Regenpreth, wie das Wasser und die Steinwalch sagt, von Hörndl bis an den Seillenstein auf das Farmsthörl, ob dem Thörl an den Gener auf das Hinterkarpreth und die Ackerspach Alben oder Loch als die Mar zeigen, von dem Ackerspachloch an den Deisl und Schober, von dem Schober herwieder an das Thörl oder Thorstein in das Varenkhar, als das Regenwasser zeigt, aus dem Varenkar nach der Ramey herwider ab zu der Taugl und nach der Taugl heraus an den Teuffenpach, nach dem Teuffenpach auf die Wegscheid, als weit bemelter von Thurn Gründ zeigen unzt an die Hollstattwandt, außer an den Archensteig, von Archensteig nach der untern Platen unzt auf das Walthorn, und von Walthorn auf die Hirt, von der Hirt wieder auf die Tauglpruggen. Mer riegen wir in (ihnen) daß Gejaydt auf allen deren zum Thurn Gründten und Pöden daselbst, nichts davon ausgenommen, und daß Rothwildt am Adneterperg in der Lackhen, von der Lackhen zum Schwärzenpach in die Staingassen, von der Staingassen zu dem Leoman in die Gassen, zum Scholchman zu Neureyth endthalben des Crispls, von Chrisspl in daß Herrnholz. Mer riegen wir den Herrn zum Thurn, auf ir und ihrer vorfordern gehabten und noch habendten Gründten, alles Föderspill und Claußraben mügen sie fahen (= fangen) lassen, und solches 218 alles dermassen inhalten, damit daß gemelt Visch und Reißgejaydt bösser und nit abgeächt werde. Zu Urkhundt ich ime diesen Extract mit meinem aignen hiefürgetruckhten Petschaft und undterzognen Handschrift becräftiget habe. Den 1. Octobriss Anno im Sechzechenhundert und Achten Jar Virgilius Clanner der Jünger Pfleger zum Thurn. Ein in Bezug auf die Falkenjagd und das Fangen von Klausraben identischer Eintrag zu Jagdrechten in der Herrschaft in St. Jakob am Thurn ist schon aus dem Jahr 1561 überliefert (siehe 1561 für weitere Informationen). Im-Hof, Beiträge, 1886/87, S. 511f. 219 1603–1662 (wohl um 1632/33): Gothaer Vogelbuch Bildquelle Gotha, Schlossmuseum (Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha´schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft, Stiftung Schloss Friedenstein), Kupferstichkabinett: Gothaer Vogelbuch (Gemahlte Vögel) Bei der hier vorzustellenden Quelle handelt es sich um einen Klebeband mit 143 farbig gemalten Vogeldarstellungen über Federzeichnungen, 13 weitere Zeichnungen wurden nicht mit Farbe vollendet. Auf fol. 50r (alt: fol. 54r) findet sich die Darstellung eines Waldrapps: Dieser Fogel ist zuo Aisthaussen uff einem alten gemeüer geschossen worden im ambt Hildberg. Avis ignota. Eiusmodi vidi in aviaris regis Galliae in aeeo S. Germani (SaintGermain-en-Laye) quam nom inaverunt Corneille des monts Pyrenees, Cornicem e montibus Pyrenais, Corneille des monts Pyrenées. Text nach Mey, S. 7, bzw. soweit auf der Abbildung lesbar nach Autopsie. Mey, S. 11, übersetzt den lateinischen Abschnitt (mit Adaptierungen von M. R.): Ich habe einen Vogel dieser Art in den Vogelkäfigen des französischen Königs auf dem Gebiet von SaintGerman-en-Laye gesehen, den man als „corneille des monts Pyrenees“ bezeichnete. Mey, S. 10, identifizieren den Ort, an dem der Vogel erlegt wurde, mit Eishausen und den verwaltungstechnischen Bezugsort mit Hildburghausen, einer Kreisstadt in Thüringen. Der Band mit 143 Vogeldarstellungen, deren Fundstellen (wenn angegeben) aus dem thüringischen Raum stammen, ist auf der ersten Umschlagseite mit „von Löber“ bezeichnet und auf dem ersten Deckblatt: „Nota. Die französischen nahmen der Vögel sindt von Landgrafs Friedrichs zu Hessen Falknnier angefügt und von mir dabey geschrieben worden. H. L.“ (Text nach Mey, Hackethal, 2012, S. 78). Zehn Blätter weisen Daten von 1603 bis 1662 auf. 220 E. G. Franz, Hessisches Staatsarchiv in Darmstadt, identifiziert den Genannten mit Landgraf Friedrich von Hessen-Darmstadt (1616–1682) (nach Mey, S. 9). Dieser war, bevor er Kardinal und Bischof von Breslau wurde, Johanniter-Großprior in Heitersheim. Seine Biographie erlaubt eine gewisse zeitliche Einordnung: 1632/33 und 1634/35 war er in Frankreich, damals könnte er (oder sein Falkner) den Vogel in einem Käfig gesehen haben, an den der in der ersten Person Schreibende sich erinnert fühlte. Im Kontext der Vogelbildsammlung fällt auf, dass der (tatsächlich ja bereits weitestgehend ausgestorbene) Waldrapp und bloß sieben weitere Vogel nicht identifiziert werden konnten (Avis ignota). Die Darstellung des Waldrapps ist von Gesner (siehe bei 1555/1557) offensichtlich unabhängig, folgt also keiner kopialen Bildtradition, die bekannt wäre. Der Waldrapp ist eindeutig erkennbar. Zu nennen sind zum Beispiel der gebogene, sehr dünne Schnabel, die Kopf- und Nackenfedern, die im Ansatz gefiederten Beine und die Zehen mit Krallen. Es ist, und das ist bemerkenswert, ein erwachsenes Exemplar zu sehen, der Schädel ist kahl. Ob das Gothaer Vogelbuch im Ganzen als Sammlung und im Speziellen bei der Darstellung des Waldrapps auf französischen Anregungen aufbaut, muss noch untersucht werden (siehe bei nach 1555 und vor ca. 1560 und um 1560). Verglichen mit anderen zuverlässigen Darstellungen erscheint der Hals ziemlich lange. Da jedoch eindeutige Merkmale vorliegen, darf diese Besonderheit durchaus ernst genommen werden. Es darf sogar gefragt werden, ob die (in der Regel unzuverlässigen) Darstellungen von langhalsigen Vögeln nicht doch Hinweise, vielleicht auf eine besondere Gruppe von Tieren geben. Sabine Hackethal, Hans Hackethal, Zoologische Klebebände als erste faunistische Sammlungen, in: Andreas Grote (Hg.), Macrocosmos in Microcosmo. Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450 bis 1800, Opladen 1994, S. 283–299, bes. S. 289–292; Mey, Zeugnisse, 1997, S. 8–12; Fred Rost, Herbert Grimm, Kommentierte Artenliste der Vögel Thüringens, in: Anzeiger des Vereins Thüringer Ornithologen 5 (2004), Sonderheft, S. 3–78, bes. S. 25; Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 66; Eberhard Mey, Sabine Hackethal, Die im "Gothaer Vogelbuch" dargestellten Arten: ein Zeugnis für die thüringische Vogelwelt aus dem 17. Jahrhundert, in: Ökologie der Vögel / Ecology of Birds 34 (2012), S. 75–140 (mit allen Angaben zum Gesamtband und dessen Geschichte sowie vollständiger Bibliographie), zum Waldrapp S. 83, 86, 104, 134. 221 1600–1700: Aquarelle von Säugetieren, Vögeln, Insekten und Pflanzen samt deutschen Legenden Bildquelle Zürich, Zentralbibliothek, Rh. hist. 161: Aquarelle von Säugetieren, Vögeln, Insekten und Pflanzen samt deutschen Legenden: Digitalisate Auf fol. 183r sind vier Vögel abgebildet, der dritte ist als Waldt Rap bezeichnet. Er ist schwarz, der Körperbau entspricht allgemein einem Waldrapp, die Beine sind rot und ganz nackt. Der Schnabel ist ebenfalls rot, länglich und leicht gebogen. Ein Ansatz eines Schopfes ist am Hinterkopf zu erkennen. Schenker, der diese Darstellung entdeckte und publizierte, geht von einem Jungvogel aus. Dies und der leicht geöffnete Schnabel machen wahrscheinlich, dass der Maler das Vorbild Gesners (siehe bei 1555/1557) kannte, er hat sich jedoch – anders als viele seiner Kollegen – davon nur für die allgemeine Komposition anregen lassen, die Details scheinen anderen Quellen – vielleicht sogar eigener Beobachtung – zu folgen. Allgemein ähnlich ist auch die Wiedergabe des als Schwartzer Storch bezeichneten Vogels (fol. 147r). Die gebundene Sammlung vor allem von Tieren stammt aus dem Benediktinerkloster Rheinau, von dem das Stück freilich erst 1822 erworben wurde. In Rheinau gab es zumindest im 18. Jahrhundert (und frühen 19. Jahrhundert) ein lebhaftes Interesse an den Dingen der Natur (siehe Leu, passim). Über Herkunft und Alter der Sammlung sagt diese Provenienz freilich kaum etwas aus. Urs B. Leu, Die Pflege der Naturwissenschaften in Rheinau, in: Librarium. Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft = Revue de la Société Suisse des Bibliophiles 52 (2009), S. 108–112, bes. S. 108; 222 André Schenker, Eine bisher unbekannte Abbildung des Waldrapps Geronticus eremita aus dem 17. Jahrhundert, in: Ornithologischer Beobachter 111 (2014), S. 63–67. 223 1616: Johann Guler von Weineck, Raetia Textquelle Johann Guler von Weineck, Raetia, das ist außführliche und wahrhaffte Beschreibung der dreyen loblichen Grawen Bündten und anderer Retischen Völcker, Zürich 1616 (Link) Guler von Weineck berichtet auf foll. 81r–82r über die Quellen bei Kloster Pfäfers. Er beginnt den Bericht mit der Legende zur Entdeckung des Bades durch einen Jäger, der junge Waldrappe aus den Nestern ausnehmen wollte (zu älteren Versionen dieser Erzählung siehe bei um 1238 (Überlieferung nicht vor 1538)). Die bekannte Überlieferung reichert Guler mit einem Namen an, den er dem Jäger zuweist („genannt der Vogler“), der zudem „des geschlaechts der Carlinen von Hohenbalcken“ sei. Welche Absicht mit der Nennung der Familie, deren Stammburg im Bündner Münstertal liegt (zur Familie siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Hohenbalken), durch den Autor verfolgt wurde, ist bisher noch nicht untersucht. Dass hier lokale Besitzansprüche mitspielten macht die Tatsache wahrscheinlich, dass die Gründungserzählung 1630 bei Augustin Stöcklin, Historia de Fabariensibus Thermis naturaliter calidis (St. Gallen, Stiftsarchiv, Cod. Fab. 106b, fol. 93v) ausgebaut erscheint und statt der aristokratischen Jäger nun Jäger des Abtes genannt werden, welche den Familien Vils und Thuli aus Vilters entstammten würden. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 13 (Lieferung 7: 1908), Sp. 1180 (nach Stumpf [1548] und Gesner [unter dem Übersetzer Rudolf Heuszlin (1557)] ist Guler von Weineck der drittälteste Nachweis für das Lemma „Waldrapp“); Suolahti, Vogelnamen, 1909, S. 376 (nach Grimm); Strohl, Waldrapp, 1917, S. 511f. Vogler, Geschichte, 1986, S. 516f.; Simon, Beobachtungen, 2016, S. 39. 224 nach 1624: Kleine Salzburgische Chronik Textquelle Salzburg, Universitätsbibliothek, M I 104: Kleine Salzburgische Chronik Die kurze Landesbeschreibung (foll. 1r–2v –Transkription des Incipit), die das „Ämterverzeichnis“ (Erzbischöfe, Äbte von St. Peter, Dompröpste, Bischöfe von Chiemsee, Äbtissinnen vom Nonnberg), das den Kern des Codex bildet, einleitet, enthält, neben einem Abschnitt über das Wild auch einen über die Wildvögel. Auf fol. 2v (Transkription von Beatrix Koll) wird berichtet: Es hat auch allerley Federwuldtbräth unnd gefügl, als Aehannen (= Auerhähne), Schildthannen (= Birkhähne), Brambhannen, Schuldthennen, Haslhuener, Steinhuener, Schneehüener unnd Rebhüener unnd anders dergleichen geflügl als Raiger, Cranich, Clausrappen, Wildtgenns, Andvögl unnd Andten. Der Klausrapp (Waldrapp) kommt bei den „besonderen“ (eher selten vorkommenden?) Vögeln ganz selbstverständlich nach Reiher und Kranich vor. Gemäß dem Vorkommen in archivalischen Quellen (siehe bei 1584 April 10) darf vermutet werden, dass der Brutplatz im Bereich der Stadt Salzburg bereits in den 1580er Jahren seine Bedeutung verloren hatte. Dass Waldrappen jedoch vereinzelt weiterhin zu beobachten waren, ist davon natürlich unberührt. Die Datierung, die der Angabe auf dem Titelblatt (1622) widerspricht, geht auf Beatrix Koll zurück und beruht auf Hinweisen im Text. Ob jedoch ältere Textbausteine für die Einleitung 225 übernommen wurden, diese also nicht den Stand der 1620er Jahre widerspiegelt, wurde, soweit ich sehe, bisher noch nicht untersucht. Hans Tietze, Die illuminierten Handschriften in Salzburg (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich 2 = Publikationen des Institutes für Österreichische Geschichtsforschung), Leipzig 1905, S. 69 Nr.80; Ernst Frisch, Handschriftenkatalog der Universitätsbibliothek Salzburg [handschriftlich auf Karteikarten], Salzburg 1946, M I 104 (Link, Link); Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011, S. 67 https://manuscripta.at/?ID=35938 http://www.ubs.sbg.ac.at/sosa/handschriften/MI104/MI104.htm (Beatrix Koll – mit Volldigitalisat und Transkription) 226 D: Mehrfach zitierte Literatur Das Verzeichnis nennt vor allem Arbeiten, die den Waldrapp erwähnen und von allgemeiner Bedeutung sind. Werke, die bloß auf eine Quelle Bezug nehmen, sind hier in der Regel nicht verzeichnet, um dem Verzeichnis den Charakter einer allgemein verwendbaren Bibliographie zur historischen Waldrapp-Forschung zu geben. Die Anordnung ist alphabetisch, die Werke eines Autors sind jedoch chronologisch geordnet. In seltenen Einzelfällen sind Kommentare zur Publikation beigegeben. Wenn Publikationen online verfügbar sind, wird dies angegeben (die letzte Prüfung erfolgte 2022 Februar 14). Leserinnen und Leser sind eingeladen, gerade in diesem Bereich, bei dem oft Neues im Netz hinzukommt, bei dem es aber leider oft auch zu Veränderungen kommt, mitzuarbeiten. Ergänzungen und Korrekturen werden gerne eingearbeitet. In spitzen Klammern wird in der Regel ein Link zu einem (selten mehreren) bibliographischen Aufnahmen beigefügt und die URL der Digitalisate angegeben. Böhm u. a., Northern Bald Ibis, 2020 Christiane Böhm, Christopher G. R. Bowden, Philip J. Seddon, Taner Hatipoğlu, Widade Oubrou, Mohammed El Bekkay, Miguel A. Quevedo, Johannes Fritz, Can Yeniyurt, Jose Manual Lopez, Jorge Fernandez Orueta, Didone Frigerio, Markus Unsöld, The northern bald ibis Geronticus eremita: history, current status and future perspectives: Online Publikation 2020: https://www.cambridge.org/core/journals/oryx/article/northern-bald-ibis-geronticus-eremitahistory-current-status-and-future-perspectives/570EE0C496F173CE86B34429B8675583 (Der Text enthält trotz des Titels nichts zur Geschichte.) Böhm, Pegoraro, Waldrapp, 2011 Christiane Böhm, Karin Pegoraro, Der Waldrapp Geronticus eremita. Ein Glatzkopf in Turbulenzen (Neue Brehm-Bücherei 659), Hohenwarsleben 2011. < bibliographischer Nachweis: http://d-nb.info/979317517> Buchheit, Uttenschwalbe, 1951 Hans Buchheit, Uttenschwalbe und Steinrabe, in: Der Familienforscher in Bayern, Franken und Schwaben 1 (1951), S. 101–105. 227 < bibliographischer Nachweis: https://gateway-bayern.de/BV040348110 – https://www.blfonline.de/sites/default/files/blf_quellen_dateien/der_familienforscher_in_bayern_franken_und_sc hwaben_band_1_heft_07.pdf#page=7> Bussmann, Provinztempel, 2010 Richard Bussmann, Die Provinztempel Ägyptens von der 0. bis zur 11. Dynastie. Archäologie und Geschichte einer gesellschaftlichen Institution zwischen Residenz und Provinz, 2 Bände, Leiden [u. a.] 2010. < bibliographischer Nachweis: http://d-nb.info/1009438379> Darnell, Inscriptions, 2017 John Coleman Darnell, The Early Hieroglyphic Inscriptions at el-Khawy, in: ARCHÉO-NIL 27 (2017), S. 49–64. < bibliographischer Nachweis: http://www.worldcat.org/oclc/7301387428 – https://www.academia.edu/40387407> Fischer, Conrad Gessner, 1966 Hans Fischer, Conrad Gessner (26. März 1516–13. Dezember 1565). Leben und Werk, (= Neujahresblatt auf das Jahr 1966 als 168. Stück von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich zur Erinnerung an den 400. Todestag, den 13. Dezember 1965, des grossen Zürcher Naturforschers, Universalhistorikers und Arztes Conrad Gessner), Zürich 1966: LINK (zum Tierbuch bes. S. 36–49). < bibliographischer Nachweis: http://permalink.snl.ch/bib/sz000214860 – https://www.ngzh.ch/media/njb/Neujahrsblatt_NGZH_1966.pdf#page=40> Fournier, Fischer, 1990 Germot Fournier, Fischer, Fischmeister und Fischinspektor – ein Beitrag zur Geschichte der Fischer in der Steiermark, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 81 (1990), S. 113–151. < bibliographischer Nachweis: http://data.onb.ac.at/rec/AC07200914 – https://www.historischerverein-stmk.at/wp-content/uploads/Z_Jg81_Gernot-FOURNIER-FischerFischmeister-und-Fischinspektor.pdf> 228 Frank, Standeserhebungen, 1967/74 Karl Friedrich von für das Deutsche Reich und die Österreichischen Erblande bis 1806 sowie kaiserliche österreichische bis 1823 mit einigen Nachträgen zum „Alt-Österreichischen AdelsLexikon“ 1823–1918, 5 Bände, Schloß Senftenberg 1974. < bibliographischer Nachweis: http://d-nb.info/550501312> Fritz, Janák, Intervention, 2020 Johannes Fritz, Jiří Janák, How human intervention and climate change shaped the fate of the Northern Bald Ibis from ancient Egypt to the presence: an interdisciplinary approach to extinction and recovery of an iconic bird species. Preprint (2020): https://doi.org/10.1101/Fritz_Janak_How-the-2020.11.25.397570 bzw. https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.11.25.397570v1.full.pdf (Seitenzitate nach diesem PDF). Gruber, Storchennester, 2019 Fritz Gruber, Storchennester in der Altstadt und der Klausrab 1578 in der Mönchsbergwand: Online-Publikation 2019: https://www.sn.at/wiki/Storchennester_in_der_Altstadt_und_der_Klausrab_1578_in_der_M%C3 %B6nchsbergwand#cite_ref-2. Hable, Waldrapp, 1983 Erich Hable, Waldrapp von Graz, in: Naturfreunde Steiermark, 1983, Heft 1/2, S. 3–5. <noch ungeprüft> Hable, Waldrapp, 1994 Erich Hable, Der Waldrapp Geronticus eremita einstmals Brutvogel am Grazer Schloßberg, in: Monticola 7 (1994), S. 114f. < https://www.zobodat.at/pdf/Mont_7_0114-0115.pdf> Herman, Kahlrabe, 1903 Otto Herman, Der Kahlrabe (Geronticus eremita), sein Denkmal in Ungarn, in: Aquila 10 (1903), S. 35–65 (mit Texterkennung: https://archive.org/stream/aquila10magy/aquila10magy_djvu.txt). < bibliographischer Nachweis: https://permalink.obvsg.at/AC06805565> 229 Hirsch, Rettung, 1976 U. Hirsch, Die Rettung der heiligen Vögel, in: Tierpark 9 (1976), S. 4–11. <noch ungeprüft > Hölzinger, Waldrapp, 1988 Jochen Hölzinger, Waldrapp (Geronticus eremita) – Knochenfunde aus der spätrömischen Befestigung Sponeck am Kaiserstuhl, in: Ornithologisches Jahrbuch Baden-Württemberg 4 (1988), S. 57–67. < https://www.zobodat.at/pdf/Ornithol-Jh-Bad-Wuertt_4_0057-0067.pdf> Hölzinger, Geronticus, 2011 Jochen Hölzinger, Geronticus eremita (Linnaeus 1758) Waldrapp, in: Jochen Hölzinger, HansGünther Bauer (Hgg.), Die Vögel Baden-Württembergs, Bd. 2.1: Nicht-Singvögel, Rheidae (Nadus) – Pheonicopteridae (Flamingos), Stuttgart 2011, S. 333–348. <noch ungeprüft> Im-Hof, Beiträge, 1886/87 Rupert von Im-Hof, Beiträge zur Geschichte des salzburgischen Jagdwesens aus archivalischen Quellen gesammelt, in: Mittheilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 26 (1886), S. 129–180, 219–307, 27 (1887), S. 111–219, 409–517. < bibliographischer Nachweis: http://data.onb.ac.at/rec/AC07189935 – https://anno.onb.ac.at/cgi-content/annoplus?apm=0&aid=slk&datum=18860003&zoom=2&seite=00000129; https://anno.onb.ac.at/cgicontent/anno-plus?apm=0&aid=slk&datum=18860003&zoom=2&seite=00000219; https://www.zobodat.at/pdf/MGSL_27_0111-0219.pdf; https://www.zobodat.at/pdf/MGSL_27_0409-0517.pdf> Janák, Waldrapp, 2007 Jiří Janák, The Waldrapp – A Special Connection Between Egypt and Austria, in: Johanna Holaubek, Hana Navrátilová, Wolf Oerter, Egypt and Austria 3/1, Prag 2007, S.129–132. < bibliographischer Nachweis: https://gateway-bayern.de/BV022967836 – https://www.academia.edu/892350> Janák, Spotting the Akh, 2010 Jiří Janák, Spotting the Akh. 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Gesner’s “Waldrapp“ in Mittel-Europa, in: Zoologische Jahrbücher, Supplement 15 (1912): Festschrift zum sechzigsten Geburtstage des Herrn Geheimen Hofrats Prof. Dr. Johann Wilhelm Spengel in Giessen, erster Band, S. 537–562 (auch hier). < bibliographischer Nachweis: http://www.worldcat.org/oclc/315835480 – https://www.biodiversitylibrary.org/page/14196948#page/547; https://archive.org/details/zoologischejahrb151jena/page/537> Mey, Zeugnisse, 1997 Eberhard Mey, Neuere kultur- und naturgeschichtliche Zeugnisse vom Waldrapp Geronticus eremita, in: Rudolstädter naturhistorische Schriften 8 (1997), S. 3–17. <https://www.zobodat.at/pdf/Rudolstaeder-naturhist-schriften_8_1997_0003-0017.pdf> 233 Moewes, Vom Klausraben, 1929 Franz Moewes, Vom Klausraben, in: Jahrbuch für Vogelschutz (1929), S. 24–32. < bibliographischer Nachweis: https://permalink.obvsg.at/AC07873620> Natur und Kunst, 1995 Alfred Auer, Eva Irblich (Hgg.), Natur und Kunst. 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