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Mele Schv St 2012

Schild von Steier 25/2012 Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark Band 58 Schild von Steier 25/2012 Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark Band 58 ISBN 978-8-3902095-46-6 ISSN 2078-0141 Herausgeber Universalmuseum Joanneum GmbH Archäologie & Münzkabinett Historische Landeskommission für Steiermark Redaktion Marko Mele, Karl Peitler und Barbara Porod Lektorat Marko Mele, Karl Peitler und Barbara Porod Grafische Konzeption Lichtwitz Büro für visuelle Kommunikation Satz Beatrix Schliber-Knechtl Druck Dravski tisk d.o.o. Eine Liste zur Vorbereitung und Abgabe von Manuskripten findet sich unter: http://www.museum-joanneum.at/ de/archaeologiemuseum/publikationen-1/richtlinien-fuer-autorinnenund-autoren Für den Inhalt der Beiträge sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Graz 2012 2 6 Vorwort 8 Beiträge der Tagung „Zum Stand der archäologischen Erforschung des Südostalpenraums” zum 100. Geburtstag von Walter Modrijan 10 Andreas Bernhard Neu erforschte latènezeitliche Gräber in der Gemeinde Lang, KG Schirka, VB Leibnitz 24 Susanne Lamm – Patrick Marko Villen in der Steiermark 42 Marko Mele Das Universalmuseum Joanneum und die Fürsten von Kleinklein (Großklein) 62 94 Daniel Modl Von den Menhiren der Bretagne zu den gotischen Gräbern im Dnjeprbogen Walter Modrijan (1911–1981) und die archäologischen Unternehmungen des „Amtes Rosenberg“ in Frankreich, der Ukraine und Italien zwischen 1940 und 1944 Daniel Modl Walter Modrijan und die Montanarchäologie Resümee der Erforschung des urgeschichtlichen Kupferbergbaus und Buntmetallhandwerks in der Steiermark 126 Wolfgang Muchitsch Das Universalmuseum Joanneum und sein Direktor Walter Modrijan 130 Karl Peitler Zur Geschichte der Abteilung Archäologie & Münzkabinett am Universalmuseum Joanneum 144 Bernhard Schrettle Walter Modrijans Ausgrabungen im Tempelbezirk auf dem Frauenberg 156 Ulla Steinklauber Die Spätantike in der Steiermark 164 Maria Windholz-Konrad Ein urnenfelderzeitliches Prunkgrab aus dem steirischen Koppental. – Zum ersten prähistorischen Grabbefund aus dem Alpendurchgang entlang der Traun zwischen Zinkenkogel und Hohem Sarstein (KG Straßen, SG Bad Aussee, VB Liezen) 188 Weitere Beiträge 190 Anja Drack Eine Theseus- oder Achillesgemme aus Flavia Solva 194 Elfriede Haslauer Aegyptiaca im Archäologiemuseum Schloss Eggenberg, Teil 1 224 Maja Janežič Terra Sigillata vom westlichen Teil der antiken Stadt Poetovio 234 Gabriele Koiner – Walter Prochaska Ein Kapitell mit feingezähntem Akanthus in Schloss Pernegg 248 Susanne Lehrer – Marko Mele – Daniel Modl – Karl Peitler – Barbara Porod – Elisabeth Steiner Projekt InterArch-Steiermark – Eine Bilanz der Jahre 2011 und 2012 262 Hubert Preßlinger – Clemens Eibner – Barbara Preßlinger Metallkundliche Befunde zur schmelzmetallurgischen Gewinnung von Gold in der Urnenfelderzeit im Paltental 5 Das Universalmuseum Joanneum und die Fürsten von Kleinklein (Großklein) Marko Mele Abstract Einführung The Hallstatt period settlement and tumulus necropolis of Kleinklein (community Großklein) is possibly the most important prehistoric site in Styria. Not only because of its famous objects like the mask and the hands from the Kröllkogel-tumulus, but also because of its preservation as a landscape monument. There are still more than 700 tumuli and settlement terraces visible at the site today. Die wahrscheinlich prominenteste Fundstelle der älteren Eisenzeit in der Steiermark, die Siedlung und das Hügelgräberfeld von Kleinklein (Gem. Großklein), wird seit dem Anfang des 19. Jhs. ergraben, eingeebnet und viel zu selten wissenschaftlich erforscht.1 The Universalmuseum Joanneum has been involved in the exploration of the archaeological site for over 150 years. In the beginning the Joanneum bought only single finds from the landlords, till the second half of the 19th century, when the curators of the museum started their own archaeological excavations in the region. This article gives an overview of the activities of the Joanneum at the site. Special attention is given to the excavation of the curator Richard Mell in the year 1909, since some yet unknown plans have been found in the archives of the Joanneum and are published here for the first time. In 2010 the Joanneum started a new ongoing research project. The main goal is to use modern archaeological prospection tools for a complete documentation of the site of Kleinklein. The plans of the prospection in 2010 and 2011 are published in the article and reveal that the site has an even greater archaeological potential than expected. 42 Die Fundstelle dehnt sich auf einem etwa 16 km langen, niedrigen Hügelrücken in der südsteirischen Gemeinde Großklein aus, wo die Landschaft durch Sulm und Saggau geprägt wurde. Nicht weit vom höchsten Gipfel des Rückens, einer 458 Meter hohen Erhebung aus kalkig-phyllitischen Schiefern mit dem Namen Grilloder Burgstallkogel, fließen die Flüsse zusammen und unternehmen einen gemeinsamen Weg bis ins Murtal. Die hallstattzeitliche Siedlung dehnt sich nicht nur auf dem höchsten Gipfel, sondern auch auf den künstlichen Terrassen des Burgstallkogels aus. Besonders am Nordhang sind im Wald die Terrassen noch klar zu sehen, während große Teile der Süd- und Osthänge des Burgstallkogels wegen des modernen Weinbaus keine Terrassierung mehr aufweisen. Im Jahr 1927 startete Walter Schmid, der damalige Landesarchäologe am Joanneum, die erste Siedlungsgrabung auf dem Burgstallkogel. Nach seiner nur fünf Tage dauernden Grabung beichtete er in seinen Notizen von zwei Gebäuden, einem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude, gebaut in Blockbautechnik. Schmids Ergebnisse wurden mehr als 50 Jahre später von Claus Dobiat publiziert und kritisch beurteilt. In den Jahren 1982 und 1984 führte Dobiat zudem weitere Siedlungsgrabungen durch.2 Abb. 1 Die Gruppenteilung in der Sulmtalnekropole. Karte von GIS-Steiermark ergänzt nach Dobiat 1980 und Egg, Kramer 2005. Er legte acht Schnitte an der Kuppe und am Nordhang des Burgstallkogels an, die Daten zur Innenbebauung der Siedlung lieferten. Neben Pfostenlöchern, Lehmverputz und Flechtwerkabdrücken wurden im Schnitt II auch Spuren von horizontalen Schwellbalken gefunden, die auf den sog. Ständerbau schließen lassen.3 Einer der bemerkenswerten Funde aus dieser Grabungskampagne waren insgesamt 107 Webgewichte in einer flachen Grube von 30 bis 40 cm Tiefe. Ihre Lage und Häufung ließ auf einen großen Webstuhl schließen.4 Obwohl die Funde eine zeitliche Eingrenzung der hallstattzeitlichen Besiedlung des Burgstallkogels ermöglichten, reichten die Schnitte jedoch nicht aus, um klare Aussagen über die Dichte und Ausdehnung der Siedlung treffen zu können, besonders weil um die Siedlung am Burgstallkogel im Gegensatz zu vielen anderen Höhensiedlungen des Osthallstattraumes kein Schutzwall zu finden ist.5 Das Besondere am hallstattzeitlichen Zentrum am Burgstallkogel sind die heute gut sichtbaren und erhaltenen Hügelgräberfelder. Die genaue Zahl der Grabhügel ist unbekannt, die Zahlen aus dem 19. Jh. sprechen von 1124 Grabhügeln, Dobiat konnte in seiner Publikation rund 700 Grabhügel identifizieren und einige Forscher meinen, dass die Nekropole einst um 2000 Grabhügel zählte.6 Die meisten befinden sich in einem Umkreis von bis zu 1 km Luftlinie von der Siedlung entfernt. Seit den ersten wissenschaftlichen Ausgrabungen und Publikationen wird die Nekropole in mehrere Grabhügelgruppen geteilt, die nach den Vulgonamen der damaligen Grundeigentümer benannt sind (Abb. 1).7 Die Grabhügelgruppen passten sich der natürlichen Geomorphologie des Geländes an. So bilden oft natürliche Geländeeinschnitte die Grenzen der einzelnen Gruppen. Der Kern der Nekropole erstreckt sich westlich von der Siedlung auf dem Burgstallkogel. Dort befindet sich der größte Komplex von Grabhügeln, die Kaiserschneiderwaldgruppe mit heute 159 verzeichneten Grabhügeln, die nach Osten in die Ofenmacherwaldgruppe mit 67 Grabhügeln und nach Westen in die Forstwaldgruppe mit 70 Grabhügeln übergeht. Weiter östlich befindet sich die von einem Steinbruch schwer beschädigte Höchschusterwaldgruppe mit 94 Grabhügeln. Weitere kleinere Gruppen, wie z.B. die Tschoneggerfranzlwaldgruppe oder die Andräbäckwaldgruppe, und größere Einzelgrabhügel, wie z.B. der TschoneggerfranzlTumulus 2 oder der Kürbischhanslkogel, umgeben den Kernbereich der Nekropole. Diese Großgrabhügel verbinden auch die ein wenig südlich gelegene Grellwaldgruppe mit 57 Grabhügeln mit dem Kernbereich der Nekropole. Die Grabhügel im Zentrum der Nekropole sind unterschiedlich groß, von kleinen, die kaum mehr als 2 m im Durchmesser messen, bis zu den großen mit mehr als 40 m Durchmesser. 43 Marko Mele Nördlich der Siedlung befindet sich ein weiteres großes Hügelgräberfeld, die sog. Leitengritschwaldgruppe mit 160 verzeichneten Grabhügeln. In dieser Gruppe fehlen im Vergleich zu anderen Gruppen die ganz großen Grabhügel, was vielleicht mit der sozialen Stellung der Bestatteten oder der zeitlichen Einordnung des Gräberfeldes zu tun hat. Südwestlich der Siedlung auf dem Burgstallkogel befindet sich das Masser-Kreuzbauer-Gräberfeld.8 In diesem Flachgräberfeld wurden mehrere Brandgräber gefunden, die eine längere Zeitspanne von der Urnenfelderzeit bis in die Hallstattzeit aufweisen. Östlich der Siedlung stellen zwei kleine Grabhügelgruppen, die Karnerwaldgruppe mit 16 und die Muskervastlwaldgruppe mit 17 Grabhügeln, die Verbindung zum wahrscheinlich wichtigsten Teil der Sulmtalnekropole, dem Kleinkleiner Gräberfeld, dar. In diesem separaten Teil der Nekropole im Dorf Kleinklein befinden sich die vier größten und mit Beigaben reich ausgestatteten Grabhügel, der Hartnermichelkogel 1 und 2, der Pommerkogel und der Kröllkogel.9 Nach den bislang publizierten Beobachtungen liegen drei von vier Fürstengrabhügeln in einer chronologischen Abfolge. Am Ende des 8. Jhs. v. Chr. wurde der Hartnermichelkogel 1 angelegt, gefolgt vom Pommerkogel im 7. Jh. v. Chr. und dem Kröllkogel, der in die erste Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. datiert wird.10 Mit dem Anlegen des letzten, wahrscheinlich auch des reichsten Fürstengrabes, des Kröllkogels, am Anfang der Späthallstattzeit, scheinen auch die Hügelbestattungen in den anderen Grabhügelgruppen um Kleinklein zu enden.11 Seit der Entdeckung der Fundstelle ist an ihrer Erforschung auch das Joanneum beteiligt. Die Geschichte der archäologischen Erforschung der Region durch das ehemalige Landesmuseum, heute Universalmuseum Joanneum werden an dieser Stelle kurz zusammengefasst. Forschungstätigkeit des Joanneums in der Sulmtalnekropole Die markantesten Monumente in der Umgebung des Burgstallkogels sind die Grabhügel. Einer der großen Grabhügel wurde in der Josephinischen Landesaufnahme aus dem Jahr 1787 eingezeichnet. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um den noch heute gut sichtbaren Grabhügel im Dorf Kleinklein, den sog. Pommerkogel (Abb. 2). Seit dem Anfang des 19. Jhs. wurden den Berichten zufolge Grabhügel in Burgstall, Goldes und Kleinklein ergraben. Bei diesen Grabungen, die meistens von Grundeigentümern durchgeführt wurden, kamen einige 44 prominenten Funde, wie z.B. die Bronzezisten und die Bronzehände, 1905 auch die Maske, ans Tageslicht, die vom Joanneum gekauft wurden.12 Die wissenschaftliche Erforschung dieser Nekropole begann im Jahr 1881 mit den Grabungen des Bergdirektors Wenzel Radimský und des Kustos des Naturhistorischen Museums Wien Josef Szombathy. Ein Kurator des Joanneums, Wilhelm Gurlitt, war als Vertreter des Grazer Anthropologischen Vereins an diesen Forschungen beteiligt.13 Szombathy und Radimský haben die Nekropole offensichtlich zweigeteilt (Abb. 3). Während Radimský den westlichen Teil untersuchte, nahm Szombathy die Erforschung des östlichen Teils vor. Neben Szombathy grub im östlichen Teil der Nekropole auch Wilhelm Gurlitt, der Ende August und Anfang September 1882 6 Grabhügel erforschte. Die Funde aus Gurlitts Grabungen kamen über den Museumsverein ans Joanneum. Auch weitere Funde aus den Grabungen Radimskýs und Szombathys gelangten ins Joanneum, viele aber auch ins Naturhistorische Museum Wien. Die erste umfangreichere Publikation der Prunkstücke aus dem Gräberfeld wurde vom Landesarchäologen Walter Schmid vorgelegt.14 Schmid, der für das Joanneum von 1911 bis 1951 forschte, grub nicht nur die Siedlung am Burgstallkogel aus, sondern auch einige Grabhügel im Bereich der Sulmtalnekropole (Abb. 3).15 Die Grabungstätigkeit begann Schmid mit einem kleinen Grabhügel aus der Grellwaldgruppe, mit Nr. 37, in den Jahren 1916/17. Gleich danach folgten die Nachgrabungen in den Fürstengrabhügeln Pommerund Kröllkogel im April 1917. Im Jahr 1927 widmete er sich der Siedlung, wo er mehrere Schnitte anlegte. Seine letzten Grabungen machte er an zwei großen Grabhügeln der Forstwaldgruppe, Nr. 52 und Nr. 59, im Jahr 1928. Auch Walter Modrijan hinterließ seine Spuren in dieser Nekropole; er war zusammen mit Odo Burböck mehr als 5 Jahre in der Region tätig (Abb. 3). Im Zentrum ihrer Untersuchungen standen zwei Nekropolen, zum einen im Grellwald zwischen den Jahren 1972 und 1976 und zum anderen die vom Steinbruch gefährdete Höchschusterwaldgruppe in den Jahren 1976/1977. Ein nicht erreichtes Ziel war die komplette Ausgrabung der Grellwaldnekropole, angefangen von Süden. In kurzen Kampagnen konnten 21 Grabhügel der Gruppe ausgegraben werden. Eine Übereinkunft zwischen Modrijan und Otto-Herman Frey führte zur Bearbeitung eines Großteils der Funde aus der Nekropole und ihrer Publikation im Jahr 1980 durch Claus Dobiat. Abb. 2 Auszug aus der Josephinischen Landesaufnahme. Karte GISSteiermark. Abb. 3 Karte der von Wenzel Radimský (blaues Rechteck), Josef Szombathy (grünes Rechteck), Wilhelm Gurlitt (blaue Spirale), Walter Schmid (gelbes Dreieck) und Walter Modrijan (oranges Polygon) untersuchten Grabhügel. Zerstörte (roter Kreis) und vielleicht intakte (schwarzer Kreis) Grabhügel in der Sulmtalnektopole nach dem Stand von 1980. Karte ergänzt nach Dobiat 1980. 45 Marko Mele Aus der Publikation von Dobiat können wir den Zustand des Mittelteils der Nekropole in den 1970er-Jahren gut nachvollziehen. Rote Kreise (Abb. 3) zeigen die Grabhügel, die von Grundeigentümern und Raubgräbern zerstört wurden, die schwarzen Kreise die vermutlich noch erhaltenen Grabhügel. Die Karte zeigt, dass alle großen Grabhügel, wie z.B. der TschoneggerfranzlTumulus 2 oder Forstwald Nr. 59, entweder zerstört und in wenigen Fällen untersucht wurden. In allen Grabhügelgruppen fand zumindest eine wissenschaftliche Grabung statt; überraschenderweise wurde die Kaiserschneiderwaldgruppe, die die meisten Grabhügel aufweist, kaum untersucht. Die jüngste Geschichte der Erforschung der Fürstengrabhügel in Kleinklein ist an anderen Stellen ausführlich publiziert.16 Deswegen sei an dieser Stelle nur die 1995 durchgeführte Grabung von Diether Kramer im Bereich des Fürstengrabes „Kröllkogel“ in Kleinklein erwähnt. Die Grabung führte im Jahr 2006 zu einer Ausstellung mit dem Titel „Das Antlitz des Königs“ im Schloss Eggenberg und zur Vorbereitung einer umfangreichen Publikation der Fürstengrabhügel. Tschoneggerfranzl-Tumulus 2 und Wiesenkaiser 2 – ein Beitrag zur Forschungsgeschichte Zu den größten Grabhügeln in der Nekropole am Burgstall zählt der Tschoneggerfranzl-Tumulus 217, der nach den Beigaben in die Kategorie der Grabhügel der „Sippenanführer“18 gehört. Die TschoneggerfranzlGruppe besteht aus 7 Tumuli, die sich auf den Grundstücken Nr. 280, 282/1, 283/1 und 295, KG Goldes, befinden. Der Tumulus 2 ist mit einem Durchmesser von rund 40 m der größte seiner Gruppe. Er nimmt eine imposante Lage auf einer niedrigen Hügelkuppe ein und ist noch heute im Gelände gut erkennbar. Der Tumulus 2 wurde im Jahr 1882 von Josef Szombathy zum ersten Mal wissenschaftlich untersucht und im Jahr 1885 publiziert.19 Im Jahr 1909 folgte eine Grabung des Landesmuseums Joanneum, die Unterlagen galten jedoch als verschollen.20 Die Grabung wurde im Jahresbericht des Joanneums21 folgendermaßen festgehalten: „Die zweite Grabung erstreckte sich auf einen Grabhügel auf der Grundparzelle Nr. 295 des Besitzers Josef Fischer, vulgo Tschoneggerfranzl, welcher 4 Grabstätten, von denen zwei ziemlich gut erhalten waren, aufwies. Letztere enthielten beide 3 Steinplatten, wobei die eine als Decke diente und die anderen gegeneinandergestellt waren. Als Inhalt derselben wurde 1 große Urne, bezw. 1 Schale aus Ton gefunden.“ In diesem Jahr folgte eine weitere Grabung des Joanneums in der Wiesenkaisergruppe, die auch ihre Erwähnung im Jahresbericht22 fand: 46 „Das erste Mal betraf dies einen Tumulus der Wiesenparzelle Nr. 315 des Grundbesitzers Franz Schipfer, vulgo Wiesenkaiser, förderte aber, da diese bereits stark angegraben war, keine nennenswerten Ergebnisse (1 größere Bronzeperle und Menschenknochen) zutage. Die interessantesten hiebei ergrabenen Stücke sind 5 Gefäßhenkel aus Ton in Gestalt von Hörnern.” Die Wiesenkaisergruppe befindet sich am westlichen Rand der Nekropole von Burgstall auf den Parzellen Nr. 347, 348, 349, 351 und 360 der KG Goldes. Aus der Gruppe sind heute 4 Grabhügel bekannt.23 Laut Dobiat wurde der Grabhügel 1 im Jahr 1909 ausgegraben und die Grabhügel 2 und 3 waren intakt. Ein Neuentdeckung des Grabhügels 4 und gleichzeitig seine Notbergung erfolgten in den Jahren 1990 und 1991.24 Zu Zeit der beiden Ausgrabungen im Jahr 1909 war am Joanneum als Kustos der Historiker Dr. Richard Mell25 (1881-1950) tätig. Nach seinem Studium in Wien und Graz, wo er 1906 dissertierte, wurde Mell am 1. April 1907 als Kustos der Prähistorischen Sammlung und des Antiken- und Münzen-Cabinets angestellt. Im Jahr 1911 trat er den Dienst des Konzeptbeamten der k.k. Statthalterei in Graz an, bis zu seiner Pensionierung war er in der Kulturabteilung der steiermärkischen Landesregierung tätig. Parallel führte er bis 1916 auch die Arbeit als Kustos am Joanneum weiter, ab 1912 zusammen mit Walter Schmid. Von seiner archäologischen Tätigkeit geben die Jahresberichte Auskunft.26 Am Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1907 führte er die Grabungen in der Sulmtalnekropole weiter, die im Jahr zuvor angefangen worden waren. In den nächsten Jahren ging seine archäologische Feldarbeit durch die Übernahme der Sekretariatsgeschäfte zurück. Im Jahr 1909 widmete er sich nur noch der Burgstallnekropole und den römerzeitlichen Funden aus Scheiben bei Unzmarkt. Im Jahr 1910 wurden archäologische Feldforschungen wegen des Geldmangels komplett eingestellt. Mell widmete sich der Pflege der Sammlung und publizierte einige Beiträge zu den Neuentdeckungen der letzten Jahre. Im Jahr 1911 begann die Zusammenarbeit mit Walter Schmid, der vom Joanneum für die Grabungen auf der Poštela und in Stari Trg bei Slovenj Gradec beauftragt wurde. Die Tätigkeiten Mells beschränkten sich in diesem Jahr auf die Vorbereitung der Feierlichkeiten zum Jubiläum des Landesmuseums Joanneum. Im folgenden Jahr wurde Walter Schmid zum Landesarchäologen des Joanneums befördert und übernahm somit auch die ganze Feldforschung, während Mell die Tätigkeit des Kustos weiter führte. Er widmete sich der Vorbereitung der Neuaufstellung der archäologischen Sammlung. Siberix Report Writer Evaluation Version. Visit www.siberix.com for more information. Abb. 4 Situationsplan am Plan 1 und ein Katasterplan von GIS-Steiermark. Über die Grabungen 1909 geben die Jahresberichte noch eine zusätzliche Information: „In beiden Fällen wurde der Kustos durch Herrn Karl Fiala, Beamten der Köflacher Bahn, durch seine reichliche Lokalkenntnis und tätige Beihilfe bei der Grabungstätigkeit unterstützt. Auch fertigte derselbe farbige Situationspläne der Grabungen an, wofür ihm ganz besonderer Dank gebührt.“ Außer diesen Fakten konnten zu Karl Fiala bis jetzt keine weiteren Informationen recherchiert werden. In den Archiven der Abteilung Archäologie & Münzkabinett wurden zwei Pläne aufgefunden, die an dieser Stelle zum ersten Mal präsentiert werden. Es handelt sich um zwei farbige Pläne von den Grabungen aus dem Jahr 1909, die bis jetzt als verschollenen galten.27 Der Plan 1 zeigt die Ergebnisse der Grabung Mells in der Tschoneggerfranzl-Gruppe (Taf. 1). Im rechten oberen Eck befindet sich eine kleine Situationskarte im Maßstab 1:2880, in der zwei Grabhügel eingezeichnet sind, die Grabhügel A und B (Abb. 4). Der Grabhügel A befindet sich auf der Parzelle Nr. 294 und der Grabhügel B auf der anschließenden Parzelle Nr. 295 der KG Goldes. Das ist der erste grundsätzliche Unterschied zur Karte 2 von Dobiat28, auf der westlich des Zugangswegs zum Ofenmacherhof nur ein einziger großer Grabhügel eingezeichnet ist. Im heutigen Kataster werden die ehemaligen Parzellen Nr. 294 und 295 unter der Nummer 295, KG Goldes, geführt. Im Text im rechten unteren Teil des Plans 1 wird festgehalten, dass der Grabhügel A im Jahr 1882 von Radimský gegraben wurde und die Funde sich im Joanneum befinden. Also muss es sich beim Grabhügel A um den Tschoneggerfranzl-Tumulus 2 handeln. Demnach wurde Grabhügel B im Jahr 1909 von Mell ergraben (Abb. 5, links). Beide Grabhügel sind im Mittelteil des Plans schematisch dargestellt und haben einen Durchmesser von rund 39,6 m, was dem heutigen Durchmesser des Tschoneggerfranzl-Tumulus 2 entspricht (Taf. 1). Beim Grabhügel B wurde eine genaue Position des Grabungsschnitts festgehalten. Mell legte seinen Schnitt von 3,5 x 7,8 m fast in der Mitte des Hügels B an. Seine Festpunkte waren das Wohngebäude Hausnummer 26, das Wirtschaftsgebäude und der Stall. Seinen Schnitt positionierte er nach der süd-östlichen Ecke des Gemüsegartens, der 30,8 m vom Wohngebäude und 12,2 bis 13,45 m von der Mitte des Grabhügels entfernt war. Im unteren Teil hat Fiala den Befund in einem Grundriss und zwei Profilen abgebildet (Abb. 5). Aus den Profilen ist ersichtlich, dass die Grabung in einer Tiefe von 0,7 bis 0,8 m den gewachsenen Boden erreichte. Die dazugehörige Beschreibung befindet sich im Textteil des Plans (Abb. 5). Laut der Befundbeschreibung wurden bei der Grabung vier Gräber entdeckt: „... Dabei fanden sich 4 Grabstätten vor (m, n, o, p), von welchen zwei ziemlich gut erhalten waren, während die Übrigen 47 Marko Mele Abb. 5 Textteil des Plans 1 (links) und eine Detailansicht des Befundes (rechts). bloß durch Brandschichten erwiesen sind. Letztere waren 30-40 cm stark.“ Das erste gut erhaltene Grab (m) bestand aus einer keramischen Urne und drei Steinplatten, die die Urne von zwei Seiten und von oben umschlossen. Die Asche ist unterhalb des Gefäßes dargestellt. Beim zweiten Grab (p) wurden 4 Steinplatten entdeckt, neben zwei seitlichen auch eine als Untersatz und eine als Deckel. Im Steinkasten befand sich eine kleine Fußschale. Wie beim Grab m befindet sich die Asche auch hier unter der Bodenplatte. Vom Tschoneggerfranzl-Tumulus 2 publizierten Radimský und Szombathy einen Plan des Befunds von ihrer Grabung im Jahr 1882.29 Laut den Ausgräbern befand sich im Grabhügel eine 7 x 5,9 m große Steinkammer mit einem dromosartigen Zugang, die für die fürstlichen Grabhügel im Südostalpenraum typisch war.30 Für die Grabungen Mells ist die Erwähnung von ovalen „Brandkesseln“ mit linsenförmigem Querschnitt, die sich innerhalb und außerhalb der Grabkammer befanden, interessant. Diese Brandreste können vielleicht mit den „Grabstätten“ o und n im Plan von Fiala verglichen werden. Die Grabungsdokumentation aus dem Jahr 1909 gibt keine weitere Auskunft, ob es sich um eine Scheiterhaufenkonstruktion oder um weitere bestattete Individuen handelt. Die Bestattungsformen in der Sulmtalnekropole hat Claus Dobiat in seiner Publikation des Gräberfelds übersichtlich dargestellt.31 Nach der Publikation Dobiats hatten die untersuchten Grabhügel eine 48 einheitliche Bestattungsform im ganzen Gräberfeld mit einigen Variationen. Gemeinsam für die ganze Nekropole ist die Brandbestattung unter einem Grabhügel. Die Variationen zeigten sich in der Niederlegung der Brandreste und der Beigaben. Unter einem Grabhügel wird meistens nur eine Person bestattet, nur in einzelnen Fällen konnten in einigen größeren Grabhügeln Mehrfachbestattungen identifiziert werden. In einigen Grabhügeln wurden die Brandund Knochenresten des Verstorbenen, zusammen mit kleineren Beigaben, in einer keramischen Urne bestattet. Die Urne wurde meistens in einer Grube beigesetzt, die oft mit Steinplatten abgedeckt wurde. Nur in einigen Fällen konnten Holzreste identifiziert werden, die auf einen Holzeinbau im Grabhügel hindeuten. Eine andere Art von Bestattungen zeigen die Gräber, bei denen die Scheiterhaufenreste zusätzlich in die Grabgrube eingefüllt wurden. In solchen Gräbern ist in einigen Fällen auch eine Urne mit Brandresten vorhanden, in anderen jedoch nicht. Eine weitere Bestattungsform bilden die Grabhügel, die eine Brandfläche überdecken, ohne dass eine spezielle Grube dafür angelegt wurde. Für diese Form von Bestattungen wird eine jüngere Zeitstellung vermutet. In den größten und reichsten Grabhügeln war die Errichtung der rechteckigen Steinkammern aus Kalksteinplatten und Kleinsteinmaterial ein Teil des Bestattungsrituals. In vereinzelten Fällen wurde sogar ein Gang zu der Grabkammer, ein sog. Dromos, gepflastert. Abb. 6 Umzeichnung des Grabhügels A (Tschoneggerfranzl-Tumulus 2) und die vermutliche Lage des Grabhügels B nach dem Plan von Fiala. Luftbild GIS Steiermark. Anhand der Befunde versuchte Dobiat einen Bestattungsverlauf zu rekonstruieren. Nach seiner Meinung wurden nach der Verbrennung der Leichenbrand und die Brandreste aufgesammelt und der Verbrennungsplatz mit Erde überdeckt. Darüber wurden die noch heißen Brandreste aufgestreut und mit Erde und Steinmaterial abgedeckt. Es folgte die Niederlegung des Leichenbrandes mit zerschlagenen keramischen Gefäßen. Erst dann erfolgte die Aufschüttung des Grabhügels, mit der Erde aus seinem unmittelbaren Umfeld. Als einen weiteren Vergleich für die Interpretation des Plans 1 aus der Grabung Mell können wir auf einen ähnlichen Befund von einer archäologischen Baubegleitung im Jahr 1996 auf der Parzelle Nr. 295 zurückgreifen.32 Am Westrand des TschoneggerfranzlTumulus 2 wurden sieben Brandgräber entdeckt, die als flache Brandschüttungen erhalten waren. Nur bei einer Aufschüttung war ein Gefäß erhalten, bei dem es sich um eine Grabbeigabe handeln könnte. Es konnten auch einige verbrannte Keramikreste geborgen werden. Eines der Gräber gehört laut dem Bericht in die späte Phase der Ruše-Gruppe, einige Keramikstücke jedoch auch in die jüngste Phase 3 nach Dobiat. In den Jahren 1987 und 1989 erfolgten eine Fundmeldung und eine Notbergung auf der Parzelle Nr. 283/1 der KG Goldes, dem Standort des Grabhügels Nr. 1 der Tschoneggerfranzl-Gruppe.33 Am westlichen und südlichen Rand des Grabhügels waren beim Pflügen keramische Scherben aufgetaucht, was zu einer Notbergung im Jahr 1990 führte. Die Grabung zeigte, dass es sich wahrscheinlich um weitere kleine Brandgräber am Rand des Grabhügels handelt. Nach der Meinung des Ausgräbers könnte es sich sogar um späthallstattzeitliche Nachbestattungen handeln.34 Dass in der Hallstattzeit im Sulmtal nicht nur Grabhügel angelegt wurden, zeigen auch Grabungen von Wolfgang Artner in der Nekropole von Bergla bei St. Martin im Sulmtal.35 In zwei Grabungskampagnen in den Jahren 2003 und 2004 konnten in der Nekropole fünf Grabhügel und im Bereich zwischen den Grabhügeln fünf Flachgräber untersucht werden. Die Nekropole wird in die Späthallstattzeit (Ha D) datiert. Aus dem Plan 1 von Fiala können wir zwei Schlussfolgerungen ziehen. Erstens, dass die Grabung von Richard Mell im Jahr 1909 nicht am TschoneggerfranzlTumulus 2 geschah, sondern in seiner unmittelbaren Nähe (Abb. 6). Und zweitens, weil die Gräber nur einen halben Meter unter der Erdoberfläche lagen und die Aufschüttung des Grabhügels kaum vorhanden ist (laut Plan nur 70 bis 80 cm), könnte es sich um Flachgräber oder kleine eingeebnete Tumuli handeln, ähnlich wie bei den oben angeführten Vergleichen oder dem Gräberfeld Masser-Kreuzbauer.36 Wenn es sich wirklich um einen Grabhügel von diesem Ausmaß (Durchmesser von 40m) handeln würde, wären wahrscheinlich Teile einer Grabkammer erhalten, wie bei anderen Fürstengrabhügeln in der Nekropole. 49 Siberix Report Writer Evaluation Version. Visit www.siberix.com for more information. Marko Mele Abb. 7 Situationsplan am Plan 2 und ein Katasterplan von GIS-Steiermark. Die Funde aus dem Tschoneggerfranzl-Tumulus 2 wurden von Walter Schmid in seiner Publikation der Fürstengrabhügel am Rande erwähnt, bis sie dann im Jahr 1980 von Claus Dobiat in seiner Publikation vorgelegt wurden.37 Auf dem Plan von Fiala wurden aus dem Hügel B zwei Gefäße abgebildet, ein Kragenhalsgefäß aus dem Grab m und eine Fußschale aus dem Grab p. Das Kragenhalsgefäß ist laut der Abbildung 26 cm breit und 19 cm hoch und nicht verziert. Die Fußschale hat keine genauen Maßangaben, jedoch ist auf der Zeichnung eine Verzierung mit horizontalen Kanneluren erkennbar. Da die Zeichnungen für eine eindeutige Einordnung der Gefäße nicht reichen und die Objekte im Depot des Joanneums noch nicht eindeutig identifiziert werden konnten, müssen wir die Zeitstellung der im Jahr 1909 erforschten Gräber noch offen lassen. Plan 2 (Taf. 2), der im Juli 1909 von Karl Fiala erstellt wurde, überliefert die Grabung Richard Mells am Grabhügel II auf der Parzelle Nr. 351, KG Goldes, die damals Franz Schipfer, vulgo Wiesenkaiser, gehörte. Der Plan 2 ist in seiner Gestaltung dem Plan 1 sehr ähnlich. Er besitzt einen kleinen Situationsplan (Maßstab 1:2880) in der linken unteren Ecke und die Darstellung des Befunds in einem Grundriss und drei Profilen im Mittelteil des Plans. Im Situationsplan sind südlich des Gehöfts drei Grabhügel eingezeichnet. Der Grabhügel Nr. I liegt auf der Parzelle Nr. 351, zwischen zwei Gebäuden, die ihn am nördlichen und westlichen Rand begrenzen (Abb. 7). 50 Der erforschte Grabhügel Nr. II liegt auf der gleichen Parzelle, nur wenige Meter südlich des Grabhügels I. Der Grabhügel III liegt auf der Parzelle Nr. 346 KG Goldes, süd-westlich von den beiden erwähnten Grabhügeln. Die Verteilung der Grabhügel auf dem Plan von Fiala unterscheidet sich von der Ausrichtung auf dem Plan von Dobiat, wo die Grabhügel eine Reihe von Nordwesten nach Südosten bilden.38 Der Grabhügel II hat einen Durchmesser von mehr als 30 m. Die Lage des Grabhügels wurde von der südöstlichen Ecke des Kellerstöckels auf der Bauparzelle Nr. 38 (Hausnummer 53) bestimmt. Die Grabung im Jahr 1909 wurde laut Plan im Grabhügel II der Wiesenkaisergruppe durchgeführt und nicht im Grabhügel 1, wie in der Publikation von Dobiat dargestellt. Dass es sich bei der von Dobiat publizierten Keramik um Funde aus der Grabung 1909 handelt, ist auch aus dem Jahresbericht des Joanneums ersichtlich, in dem 5 Gefäßhenkel in Gestalt von Hörnern beschrieben sind.39 Der Text zu Plan 2, der sich in der linken oberen Ecke des Plans befindet, gibt eine Auskunft über die Grabungskampagnen am Grabhügel (Abb. 8). Im Jahr 1882 erfolgte offensichtlich eine nicht autorisierte Grabung im süd-östlichen Teil des Grabhügels, von der keine weiteren Informationen vorliegen (Taf. 2, M). Vom Grundbesitzer wurde der Grabhügel im Jahr 1908 zum Zweck der Materialgewinnung angegraben aufgesammelt und im Kreuzattaschenbecken am südlichen Rand der Grube beigesetzt. Das Grab wurde um das Jahr 600 v. Chr. angelegt. Der Vergleich der Steinsetzungen von Wiesenkaiser 2 und 4 zeigt, dass es sich wahrscheinlich um eine ähnliche Bestattungsweise handelt, wobei sich die Bestattung Wiesenkaiser 2 wahrscheinlich im nordwestlichen Teil der Steinsetzung befand. Die Funde von Wiesenkaiser 2 ermöglichten Dobiat die Einordnung des Grabhügels in seine Stufe 3, was der Zeitstellung des Wiesenkaiser-Tumulus 4 entspricht.43 Abb. 8 Textteil des Plans 2. Neuvermessung der Sulmtalnekropole (Taf. 2, N). Bei diesen Arbeiten wurden eine Brandschicht und eine Steinmauer entdeckt, in denen sich Keramik, Bronzeobjekte und Knochenreste befanden. Im Juli 1909 führte Mell die Grabung an der Stelle weiter, wo der Grundbesitzer auf die Befunde stieß. Er setzte seinen Schnitt in Richtung Süden an (Taf. 2, O). Offensichtlich folgte er der Steinsetzung und legte sie in einem Ausmaß von rund 8 x 4,2 m frei. Aus der Grabung stammten laut Fiala eine Bronzeperle, Menschenknochen und Gefäßscherben. Im Plan ist die Lage der Schalen (x, y, z) und der Hornansätze (h) extra eingezeichnet. In den Profilen befinden sich die Steinpackung und die Funde in einer Tiefe von 2,2 bis 2,5 m und liegen auf dem gewachsenen Boden. Der Befund des Wiesenkaiser-Tumulus 2 aus dem Jahr 1909 kann mit dem in den Jahren 1990 und 1991 vollkommen ausgegrabenen Wiesenkaiser-Tumulus 440 unmittelbar verglichen werden. Dieser befand sich an der Grenze zwischen den Parzellen Nr. 351 und 360 der KG Goldes. Der Auslöser für diese Grabung war eine Notbergung von Bernhard Hebert im Jahr 199041, bei der ein Kreuzattaschenbecken gefunden wurde, das auf einer Holzunterlage oder in einem Holzkasten lag. Weiters konnte ein Steinpflaster aus Kieselsteinen festgestellt werden, auf dem zwei Keramikgefäße lagen. Im Jahr 1991 folgte eine Ausgrabung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Innsbruck, unter der Leitung von Gerhard Tomedi.42 Das Steinpflaster aus der Notbergung 1990 mit Holzkohlenresten und Keramik konnte auf einer Fläche von rund 3 x 2 m untersucht werden. Nach der Meinung des Ausgräbers handelt es sich jedoch um ein Bustumgrab, also eine Stelle, wo der Leichnam verbrannt und gleichzeitig beigesetzt wurde. Die Kieselsteine waren somit keine Pflasterung sondern eher eine Aufschüttung über eine hölzerne Überdachung, die eine Grube mit den Resten des Scheiterhaufens überdeckte. Die Teile des Leichenbrandes und die verbrannten Bronzen wurden Seit mehr als 150 Jahren werden die Siedlung und das Gräberfeld von Kleinklein (Gem. Großklein) erforscht und geschützt. Trotz der langen Zeitspanne bleibt die volle Ausdehnung der Fundstelle noch immer teilweise unbekannt. Bis heute wurde keine ausreichende moderne archäologische Vermessung der gesamten Fundstelle durchgeführt. Die Forscher beziehen sich auf die Karten von Claus Dobiat aus den 1980er-Jahren44, obwohl er seinen Stand auch nur aus den Zeichnungen Radimskýs und Szombathys aus den 1880er-Jahren übernahm. Die Zahl der in der Hallstattzeit angelegten, bis jetzt untersuchten und noch erhaltenen Hügelgräber ist sehr schwer einzuschätzen, besonders weil sich die Landschaft ständig verändert und Jahrhunderte der Grabungstätigkeit und Vernichtung ihre Spuren hinterlassen haben. Nicht nur das Durchforsten der Archive wie im Fall der Grabung von Richard Mell, sondern auch eine ständig wachsende Zahl an Funden und Befunden in der Region bereichern den Wissenspool zur Fundstelle. Gleichzeitig haben sich auch die technischen Möglichkeiten für die Archäologie in den letzten Jahrzehnten geändert. Der Einsatz von Luftbildern, Laserscans aus der Luft, Geophysik und neuer GIS-unterstützter Prospektionsmethoden wurde zu einem fixen Bestandteil der modernen archäologischen Forschung. Diese Fakten führten im Jahr 2010 zu einer Neuaufnahme der Erforschung dieser wichtigsten steirischen hallstattzeitlichen Fundstelle. Vom Universalmuseum Joanneum werden in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Steiermark und dem Institut für Archäologie der Karl-Franzens Universität Graz archäologische Prospektionen, Vermessungen und Grabungen in der Region durchgeführt.45 Unser erster Schritt war eine Weiterführung der systematischen Komplettvermessung des Gräberfeldes, die in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt im Jahr 2001 begonnen wurde. Damals konnten 14 neue 51 Marko Mele Grabhügel verzeichnet werden.46 In einem kleinen Team werden die noch heute fassbaren Grabhügel terrestrisch eingemessen und verortet. Im September 2010 führte unser Team, bestehend aus einer Vermesserin (Manuela Arneitz), ihrer Assistenz (Florian Dinius) und dem Verfasser, am Burgstall die Vermessung und die Dokumentation der Ofenmacherwaldgruppe durch (Taf. 3). Bei der Vermessung konnten wir 5 neue Grabhügel (Nr. 63-67) feststellen und eine weitere Struktur (Obj. 1), die vielleicht mit der Errichtung des Gräberfelds im Zusammenhang stand. Im Jahr 2011 nahmen wir drei kleinere Gruppen unter die Lupe. Nah am Steinbruch befindet sich die sog. „Andräbäckwaldgruppe“ (Taf. 4). Diese kleine Grabhügelgruppe zeigt schwere Beschädigungen, einerseits durch den Steinbruch, andererseits wegen der Grabungen. Es konnten auch noch die Reste der Grabhügel 1 und 3 festgestellt werden, die bei Dobiat als vom Steinbruch abgetragen verzeichnet sind. Westlich der Kapelle nahe der Hauptstraße in Richtung Goldes befindet sich die sog. „Tschoneggerfranzlwaldgruppe“ mit einem großen, gut sichtbaren und mehreren kleinen, fast ganz abgeflachten Grabhügeln (Taf. 5). Auch hier konnten wir einen weiteren, noch nicht eingetragenen Grabhügel (Nr. 7) identifizieren. Im Jahr 2011 wurde auch eine Hälfte der sog. „Grellwaldgruppe“ neu vermessen (Taf. 6). Die sehr imposanten Grabhügel dieser Gruppe sind gut erhalten, jedoch wurde ein Teil der Nekropole vom Straßenbau angeschnitten. Im südöstlichen Teil dieser Nekropole war auch Walter Modrijan in den 1970er-Jahren tätig. Unser Ziel ist nicht nur eine moderne Vermessung, sondern auch eine komplette Dokumentation des Zustands durch Fotos und Formblätter. Diese werden in eine Datenbank zusammengeführt, die mit einem Mausklick die Daten aus dem Gelände mit den schon bekannten historischen Daten zur Fundstelle und den im Grabhügel gefundenen Objekten verbinden soll. Damit erhoffen wir uns ein nützliches Werkzeug für die weitere Erforschung der Fundstelle zu schaffen, die neue Kenntnisse über die Vergangenheit der Burgstallkogelregion bringen wird. Die gesammelten Daten könnten aber auch für eine digitale Präsentation der Fundstelle vorbereitet werden, die im Kulturtourismus vor Ort zum Einsatz kommen kann. Schlussgedanken und Ausblick Es gibt in der Steiermark keine prähistorische Fundstelle, die so eine internationale Bedeutung hat wie die hallstattzeitliche Siedlung und das Hügelgräberfeld von Kleinklein (Großklein). Nicht nur die Fülle von erstklassigen Funden, die im neuen Archäologiemuseum des Universalmuseums Joanneum ausgestellt sind47, sondern auch der Erhaltungszustand und das Forschungspotenzial der Fundstelle sind in Mitteleuropa einzigartig. An der Erforschung dieser Fundstelle ist das Joanneum schon mehr als 150 Jahre aktiv beteiligt. Durch Ankäufe, Schenkungen und später durch Grabungen füllten die hallstattzeitlichen Funde aus der Region seit der ersten Hälfte des 19. Jhs. die Depots der archäologischen Sammlung. Fast jeder Archäologe des Joanneums, der sich mit der Urgeschichte auseinandersetzte, ist auf irgendeine Weise an der Forschungsgeschichte dieser Region beteiligt. Deshalb ist es verständlich, dass immer wieder Dokumente, Pläne oder Zeichnungen auftauchen, die von der Tätigkeit der Kustoden im Sulmund Saggautal zeugen. Im vorliegenden Artikel konnten zum ersten Mal Pläne aus einer Ausgrabung von Richard Mell im Jahr 1909 vorgestellt werden. Einerseits geben die Pläne eine Information zum Befund und anderseits einen Einblick in die Dokumentationstechnik der Archäologie am Anfang des 20. Jhs. Die Pläne überraschen mit ihrer Darstellungsqualität des Befundes und der Genauigkeit, die mit moderner archäologischer Dokumentation vergleichbar ist. Seit der Wiederaufnahme der Erforschung der Sulmtalnekropole im Jahr 2010 können wir erste Resultate unserer Tätigkeit in der Region publizieren. In den zwei Vermessungs- und Dokumentationskampagnen im Jahr 2010 und 2011 konnten wir kleine Schritte zu einer kompletten Aufnahme dieser Fundstelle machen, die wir in den folgenden Jahren fortsetzen wollen. Endnoten 1 Ausführliche Forschungsgeschichte bei Dobiat 1980, 7-22; Dobiat 1990, 16-38; Egg 2004, 93-97; Egg 2007, 23-30; Egg – Kramer 2005, 3-10; Kramer 2000, 160-180; Kramer 2004, 73-102; Smolnik 1994, 13-17; Teržan 1990, 124-140; Hack 2002, 92-96. Zur Benennung siehe Dobiat 1980, 16-18 und Hack 2002, 95-96. 52 2 Dobiat 1990; Smolnik 1994; Smolnik 1996, 445-454. 3 Dobiat 1990, 34-38. 4 Siehe Beitrag von Slonek in Dobiat 1990, 70-84. 5 Die Siedlungsfunde aus den Grabungen Dobiats legte Regina Smolnik (1994) vor. Sie gliederte die Besiedlung in vier Zeitphasen vom 9. bis zum 6. Jh. v. Chr. Zu vergleichbaren hallstattzeitlichen Zentren siehe Gleirscher 2005, 99-112. 25 Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 28, 1974), S. 214. Für die Grundinformationen zu Richard Mell danke ich Daniel Modl herzlich. 26 Jahresbericht Joanneum 1906-1915. 6 Dobiat 1980, 20-38; Egg – Kramer 2005, 4. 27 Für die Aufindung und Aufbewahrung der Zeichnungen danke ich Frau Brigitte Berner. 7 Anm. 6. 28 Dobiat 1980, Karte 2. 8 Bernhard – Weihs 2003. 29 Radimský – Szombathy 1885, 143, Abb. 49-51. 9 Schmid 1933; Dobiat 1978/79, 57-66; Egg – Kramer 2005; Egg 2004, 93-126; Egg 2007, 23-64; Egg 2009, 31-58; Kramer 2000, 160-180; Kramer 2004, 29-145. 30 Übersichtlich bei Egg 1996, 65. 10 Egg 2009, 40-41; Teržan 1990, 132-134. 11 Dobiat 1980, 159-172; Teržan 1987, 413-433; Teržan 1990, 137-140. 12 Dobiat 1978/79, 57-66; Dobiat 1980, 21-23, mit Literatur. 13 Dobiat 1980, 21-28; Tiefengraber 2005, 7-9. 14 Schmid 1933, 219-282. 15 Die Siedlungsgrabungen Schmids wurden von Claus Dobiat (1990, 12-18) ausgewertet und vorgelegt. 16 Die vier „Fürstengrabhügel“ werden von M. Egg und D. Kramer neu vorgelegt (Egg 1994, 53-86; Egg 2004, 93-126; Egg 2007, 23-64; Egg 2009, 31-58; Egg – Kramer 2005). 17 Die Funde wurden im Rahmen des Projekts „Die hallstattzeitlichen Fürstengräber von Kleinklein (Gem. Großklein, Bez. Leibnitz) in der Weststeiermark“ von Leif Hansen (2007, 173-215) neu vorgelegt. 31 Dobiat 1980, 47-63. 32 Artner 1996, 461. 33 Hebert 1987, 224; Hebert 1989, 197; Hebert 1990a, 29-31; Hebert 1990b, 212. 34 Hebert 1990a, 31. 35 Artner 2004, 864-867; Artner 2007, 31-47. 36 Bernhard – Weihs 2003. 37 Schmid 1933, 274, 276; Dobiat 1980, 226-230, T. 50-59. 38 Dobiat 1980, Karte 1. 39 Dobiat 1980, 19, 25, 35, 248, Taf. 97; Jahresbericht Joanneum 98, 1909, 34. 40 Hack 2002, 98-114. 18 Teržan 1990, 124-136. 41 Hebert 1990b, 212. 19 Radimský – Szombathy 1885, 142; Dobiat 1980, 226; Hansen 2007, 173. 42 Tomedi 1991, 262; Tomedi 1992, 38-42. 20 Dobiat 1980, 25, Anm. 68; Hansen 2007, 168. 21 Jahresbericht Joanneum 98, 1909, 34. 22 Anm. 21 23 Dobiat 1980, 19, 25, 35, 248, Taf. 97; Hack 2002, 91-165. 24 Tomedi 1991, 262; Tomedi 1992, 38-42; Hack 2002, 98-108. 43 Dobiat 1980, 169-170, 248, Taf. 97; Hack 2002, 139-140. 44 Dobiat 1980, Karte 1-8. 45 Für die Unterstützung bei der Durchführung des Forschungsprojekts danke ich der Gemeinde Großklein. 46 Farka 2002, 76, 77. Der Plan wurde von G. Tiefengraber, Ch. Gutjahr und A. Bugar erstellt. 47 Karl u.a. 2009; Peitler u.a 2011. 53 Marko Mele Literaturverzeichnis Artner 1996 W. Artner, KG Goldes, MG Großklein, VB Leibnitz, FÖ 35, 1996, 461. Artner 2004 W. Artner, KG Bergla, OG St. Martin im Sulmtal, VB Deutschlandsberg, FÖ 43, 2004, 864-867. Artner 2007 W. Artner, Das Gräberfeld von Bergla bei St. Martin im Sulmtal, Weststeiermark – Überlegungen zu hallstattzeitlichen Flachgräbern in der mittleren Steiermark, in: P. Trebsche, I. Balzer, C. Eggl, J. K. Koch, H. Nortmann, J. Wiethold, Die Unteren Zehntausend – auf der Suche nach Unterschichten der Eisenzeit, Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 47, Langenweissbach 2007, 31-47. Bernhard – Weihs 2003 A. Bernhard – A. Weihs, Neuerforschte Gräber der frühen Eisenzeit in Kleinklein (Weststeiermark), Universitätsforschungen Prähist. Arch. 93, 2003. Dobiat 1978/79 C. 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