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Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Ägypten

2006, Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis

Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form -durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren -reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Das stehende Heer der römischen Kaiserzeit war mehr als eine gut organisierte und trainierte Kriegsmaschinerie, die dem Kaiser und seinen Statthaltern zur Verfügung stand, um einerseits Kriege gegen äußere Feinde zu führen, und andererseits um Ruhe und Sicherheit im Inneren des Reiches zu gewährleisten. Die Armee diente der Regierung und Verwaltung auch als ein geradezu unerschöpfliches Potential von Arbeitskräften und als Hort der bürokratischen und technischen Kompetenz, auf die man bei der Errichtung von öffentlichen Gebäuden, Wasserleitungen, Straßen etc. zurückgreifen konnte, und die bei Planung und Durchführung von vielerlei administrativen, logistischen und infrastrukturellen Aufgaben zum Einsatz kam. Kaiser und Magistrate mußten auf die Armee zurückgreifen, denn es gab keine vergleichbare zivile Einrichtung, keinen Beamtenapparat. Diese "zivile" Tätigkeit der Armee ist durch zahlreiche literarische und dokumentarische Quellen für die gesamte Kaiserzeit und für alle Teile des Reiches hinlänglich bezeugt. 1

Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis Herausgegeben von Anne Kolb Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:13 Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:13 Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis Konzepte, Prinzipien und Strategien der Administration im römischen Kaiserreich Akten der Tagung an der Universität Zürich 18.-20.10. 2004 Herausgegeben von Anne Kolb Akademie Verlag Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:13 Gedruckt mit Unterstützung der Hochschulstiftung der Universität Zürich. ISBN-13: 978-3-05-004149-0 ISBN-10: 3-05-004149-8 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2006 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Satz: Dörlemann-Satz, Lemförde Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Einbandgestaltung: Ingo Scheffler, Berlin Printed in Germany Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:13 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Ägypten Bernhard Palme Das stehende Heer der römischen Kaiserzeit war mehr als eine gut organisierte und trainierte Kriegsmaschinerie, die dem Kaiser und seinen Statthaltern zur Verfügung stand, um einerseits Kriege gegen äußere Feinde zu führen, und andererseits um Ruhe und Sicherheit im Inneren des Reiches zu gewährleisten. Die Armee diente der Regierung und Verwaltung auch als ein geradezu unerschöpfliches Potential von Arbeitskräften und als Hort der bürokratischen und technischen Kompetenz, auf die man bei der Errichtung von öffentlichen Gebäuden, Wasserleitungen, Straßen etc. zurückgreifen konnte, und die bei Planung und Durchführung von vielerlei administrativen, logistischen und infrastrukturellen Aufgaben zum Einsatz kam. Kaiser und Magistrate mußten auf die Armee zurückgreifen, denn es gab keine vergleichbare zivile Einrichtung, keinen Beamtenapparat. Diese „zivile" Tätigkeit der Armee ist durch zahlreiche literarische und dokumentarische Quellen für die gesamte Kaiserzeit und für alle Teile des Reiches hinlänglich bezeugt.1 Wenn im folgenden der Versuch unternommen sei, dieses allgemeine Bild anhand einer Provinz, nämlich Aegyptus, konkreter zu fassen, dann geschieht das im Bewußtsein, daß die Gegenüberstellung der zivilen Aufgaben gegen die nötigenfalls mit Waffengewalt ausgeübten militärischen Aufgaben der Armee modern gedacht und daher anachronistisch ist. Die Scheidung in eine militärische und eine zivile Komponente der Staatsgewalt ist erst ein Ergebnis der diokletianisch-konstantinischen Reformen, und auch dann galten beide Zweige weiterhin als militia.2 Da der römische Staat keine andere Exekutive kannte, hat man die verschiedenen zivilen Tätigkeitsbereiche wohl als genauso genuine Aufgaben der Armee betrachtet. Dies gilt sicherlich für die vielfältige Tätigkeit in den officia der Reichsverwaltung, die immer als eine Spielform des Militärdienstes verstanden wurde und in unserer Betrachtung daher ausgespart bleibt.3 Ein zweites methodisches Problem ergibt sich aus dem Umstand, daß die Quellenlage dazu zwingt, in der Darstellung Schriftzeugnisse zusammenzustellen, die über die enorme Zeitspanne von ca. 30 v. Chr. bis ca. 300 n. Chr. verstreut und zudem unterschiedlicher örtlicher Herkunft sind. Wenn in unserer Vorstellung daraus ein Gesamtbild entsteht, dann ist stets ein caveat angebracht: Die verfügbaren Informationen sind punktuell, zufällig und kleinteilig. Was die Gesamtschau ergibt, kann allenfalls als Skizze gelten, sicherlich nicht als 1 2 3 Zu zivilen Aufgaben der Armee s. im allgemeinen Zwicky 1944; Le Bohec 1998, 116f., 223; MacMullen 1963, bes. in den Kapiteln „Makers and builder" S. 2 3 ^ 8 und „Administrators" S. 49-77; ders. 1962, 364-378; für Ägypten insbesondere Lesquier 1918, 227-248; Aubert 1995, 257-265; Aiston 1995, 79-81. Quellen dazu finden sich in der Sammlung von Doc. Eser. Rom. 66-82. S. den Beitrag von M. A. Speidel in diesem Band, S. 263. Verwaltungsaufgaben und Schreibpersonal der Armee sind wiederholt untersucht worden, vgl. etwa Zwicky 1944; Jones 1949, 38-55; Clauss 1973; Ott 1995, 82-112; Haensch 1997,713-726; Stauner 2004, 113-204, die beiden letzten mit reichhaltiger Dokumentation. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 300 Bernhard Palme fertiges Gemälde. Trotz allem Bemühen, die Aussagen der Quellen nicht als einen statischen Zustand, sondern als dynamischen Prozeß zu greifen und darzustellen, tritt eine zeitlich differenzierte Entwicklung nur in ungenügendem Maße zutage. Dies gilt auch für die Provinz Aegyptus, die sich als Modellfall anbietet, weil zahlreiche Papyri und Ostraka, die zu der üblichen literarischen und epigraphischen Evidenz hinzutreten, eine wesentlich dichtere Dokumentation ergeben als dies in irgendeiner anderen Provinz der Fall ist. Doch sogar hier bietet sich selten mehr als kurze Momentaufnahmen, wenngleich die Papyri den Vorteil haben, detailreiche und realistische Einblicke in sehr konkrete Situationen und Abläufe zu vermitteln. Die im folgenden präsentierte Evidenz, die ich bei einer Durchsicht des epigraphischen und papyrologischen Materials der Provinz Aegyptus zusammengetragen habe, wird zwar vieles bestätigen, was man sich im Vergleich mit anderen Reichsteilen ohnehin so vorgestellt hatte, bringt aber auch manch Überraschendes ans Licht. Zunächst ist ein kurzes Rekapitulieren der Situation der römischen Armee in Ägypten angebracht.4 Während der Amtszeit des zweitenyutsrqponmlihgfedcaGCA praefectus Aegypti, Aelius Gallus, besuchte Strabon Ägypten und gibt im 17. Buch seiner Geographie auch eine willkommene Schilderung der militärischen Präsenz Roms.5 Insgesamt veranschlagt Strabon die Truppen, die dem ersten Präfekten, Cornelius Gallus, um 25 v.Chr. zur Verfügung standen, mit ca. 22000 Mann. Aus Tacitus wissen wir,6 daß die Zahl der Legionen noch vor 23 n.Chr. auf zwei reduziert worden war, die beide in Nikopolis bei Alexandreia standen: die legio zywvutsro ΧΧΠ Deiotariana und die legio III Cyrenaica. Am Beginn des 2. Jh. wird die legio III Cyrenaica in die neue Provinz Arabia verlegt und die Deiotariana verschwindet, vielleicht während der Bar Kochba-Revolte oder des jüdischen Aufstandes in Ägypten 115-117.7 Ab nun bildet die legio II Traiana bis in die Spätantike die einzige legionare Besatzung Ägyptens, der jedoch eine nicht geringe Anzahl an Auxiliar-Einheiten zur Seite stand.8 Inschriftliche Zeug4 5 6 7 8 Grundlegend dazu ist immer noch Lesquier 1912; ferner Devijver 1974 und ders., 1989, 37-54; Aiston 1995 mit reicher Bibliographie auf S. 241-258 und Mitthof 2000, 377^05. Viele grundsätzliche Überlegungen zur Thematik „Papyrologie und römische Militäigeschichte" finden sich auch bei Strobel 1995, 93-111. Str. 17,1,12 (C 797):wutsrnmlihgfedcbaVLI εστι δέ και στρατιωτικού τρία τάγμ ατα, ών τό εν κατά την πόλιν ϊδρυται, τάλλα δ* έν τη χώρα ­ χωρίς δέ τούτων εννέα μ έν είσι σπεΐραι 'Ρωμ αίων, τρεις μ εν έν τί) πόλει, τρεις δ' έπί των όρων της Αιθιοπίας έν Συήνη, φρουρά τοις τόποις , τρεις δέ κατά την αλλην χώραν. Είσί δέ και ίππαρχίαι τρεις ομ οίως διατεταγμ ένοι κατά τους έπικαιρίους τόπους . Im weiteren Verlauf seiner Landesbeschreibung erwähnt Strabon die Stationierung einer Legion in Babylon (17,1,30 (C 807)), nicht näher definierte Garnisonen im Hermopolites und in der Thebais (17,1,41 (C 813)) sowie die Abwehr äthiopischer Invasoren (17,1,54 (C 820)). Zur augusteischen Disposition vgl. Speidel 1982,120-124. Tac. ann. 4,5: Cetera Africae per duas legiones parique numero Aegyptus ... (aus dem Bericht des Tiberius an den Senat über die militärische Lage des Jahres 23). Femer streift Tacitus die militärische Situation Ägyptens bei seiner Darstellung des Jahres 69: hist. 1,70 und 2,6 sowie ann. 15,36. Vgl. auch die Erwähnung des Flavius Josephus BJ 2,385-387, daß Ägypten (um 66) von nur zwei Legionen ruhiggehalten werde. Lesquier 1912, 54f. und Strobel 1988, 251-280; Daris 2000a, 359-363 zur legio XXII Deiotariana. Zur legio II Traiana: Daris 2000b, 365-367; zu den Auxiliar-Truppen: Daris 1988,743-766. Vgl. nun die Aufstellung bei Aiston 1995,24-26 mit Table 2.1 und 2.2. Dazu kommt (zeitweise) die Besatzung von Nubien, vgl. Speidel 1988,767-798. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 301 nisse zeigen, daß im Verlauf des 1., 2. und 3. Jh. die Gesamtstärke zwischen ca. 16000 und 11000 Mann schwankte 9 - kaum 0,3 Prozent der Gesamtbevölkerung dieser menschenreichen Provinz, die man selbst bei vorsichtigen Schätzungen auf 4,75 Millionen (ohne Alexandreia) annimmt. 10 Die beiden Hauptaufgaben der Armee - Verteidigung der Grenzen und Sicherheit im Inneren - waren in der Provinz Aegyptus sehr ungleich gewichtet. Eine ernste Bedrohung durch äußere Feinde gab es nicht. Nach den Feldzügen der ersten Präfekten durfte die Südgrenze gegenüber Nubien als befriedet gelten; in der Folgezeit führten gelegentliche Übergriffe und Plünderungszüge nomadischer Wüstenstämme zu regionalen „low intensity conflicts", die eine Belästigung und Bedrohung der Zivilbevölkerung, aber niemals eine Gefahr für die Provinz darstellten.11 Die Garantie der Sicherheit war zumindest zeitweise das weitaus größere Problem. Abgesehen von der oftmals angespannten Lage in Alexandreia, Schwierigkeiten mit den Bukoloi im Delta und dem Jüdischen Aufstand am Beginn des 2. Jh. war die Bewachung der Wüstenstraßen vom Niltal zum Roten Meer und zu den Oasen im Westen eine ständige und große Aufgabe des Militärs. Den Patrouillen- und Wachdienst auf diesen für den Fernhandel so wichtigen Verkehrsadern führen die reiche archäologische Evidenz und viele Texte auf Ostraka anschaulich vor Augen. 12 Die Einteilung von Wachmannschaften für verschiedene BeobachtungspostenwvutsrponmlkihgfedcbaTDCA (σκόπελοι) etwa geht besonders klar aus dem gleichfalls auf einer Amphore festgehaltenen Dienstplan aus Contrapollonopolis oder Theben hervor, 13 während ein aus Leukos Limen stammendes Verzeichnis detachierter Soldaten vor Augen führt, wie sehr diese Dienste eine Truppe beanspruchten. 14 Zu diesen zentalen militärischen Aufgaben kamen nicht unbeträchtliche Agenda in nichtmilitärischen Bereichen. In welchem Maße die Soldaten von allerlei zivilen Aufgaben in Anspruch genommen waren, läßt sich am besten an einigen - leider nur bruchstückhaft erhaltenen - Akten aus der Militärverwaltung ablesen. Jede Truppe führte eine exakte Aufstellung über den Personalstand und die tägliche Dienstverwendung. Im Dienstplan einer Zenturie der legio III Cyrenaica aus den Jahren zwischen 81 und 90 scheinen unter anderem Eintragungen wie „Sand graben" (Z. 4b), „Steinbruch" (Z. 4d-e), „Wagen-Train" (Z. 4k) und „Straße nach Nikopolis" (Z. 5a) auf. 15 Ein Verzeichnis der Außendienste einzelner Soldaten vom Jahre 88 9 10 11 12 13 15 Vgl. etwa CIL XVI29 (83); CIL III 6627 (= RMD19) (105); CIL XVI184 (150­178); ZPE 82,1990, 137­153 (179). Vgl. auch die Kalkulation der Truppenstärke bei Aiston 1995, 31f. und Table 2.3. Der Ansatz der Bevölkerungszahl folgt jenem von Bagnall/Frier 1994, 53-56; ebenda auch Hinweise auf höhere und niedrigere Schätzungen. Demicheli 1976, bes. 144-177; Aiston 1995, 69-74. Eine ausgezeichnete Darstellung der Patrouillentätigkeit findet sich schon bei Lesquier 1918, 235-237; die Evidenz aus den Ostraka und der archäologischen Forschung ist eingeflossen in die Studien von Bagnali 1977, 67-86 und ders. in: O. Florida, S. 23-39; Maxfield 1996, 9-19; dies. 2000, 407—442 und 2003, 153-174; Young 2001, 64-89; Cuvigny 2003, bes. II, 295-360 und 399-426. SB XX 14180 (2. Hälfte 2. Jh.), mit BL X 225 f. ; vgl. Stauner 2004,31-34. Zu vergleichen wäre ferner O. Florida 2 (nach 138): Einuroiedc decurio urgiert brieflich, den Knaben in einemzutsrponmlihgedcbaXVSRQPM σκόπελος durch einen Jugendlichen zu ersetzen. SB XX 14248 = P. Quseir 1 (Quseir, 1./2. Jh.). Rom. Mil. Ree. 9 = Ch. L. Α. I 7a und b, S. 16­18 = C. Pap. Lat. 106 V (S. 212­214) = Doc. Eser. Rom. 10 (6); Neuediüon in Ch. L. A. XLVIII, S. 8 (Herk. unbek.). Zum Text vgl. Campbell 1994,26 Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 302 Bernhard Palme (?) hält wiederholt Dienste bei den alexandrinischen Getreidespeichern von Neapolis und Mercurium fest, ferner Dienste in der Münze, in der Papyrusfabrik, im Hafen etc.16 Aus einemywutsrponmlihgfedcbaSBA pridianum der Cohors I Flavia Cilicum, die um 215 in Oberägypten, vielleicht in Contrapollonopolis Major, stationiert war, geht hervor, daß von den insgesamt 457 Mann dieser Einheit (Z. 28) immerhin 126 absunt in choram (Z. 31); Soldaten sind als Boten in Koptos unterwegs (Z. 40), andere sind in das officium des Epistrategos abkommandiert (Z. 43).17 Vergleichbare Militärakten aus anderen Gegenden des Reiches, etwa Dura Europos (z.B. Rom. Mil. Ree. 47 [223-233]) oder Moesia (Rom. Mil. Ree. 63 [105]), zeigen übrigens ein ganz ähnliches Bild. Welche Mobilität die diversen Außendienste den Soldaten abverlangten, ist eindrucksvoll in dem Privatbrief formuliert, den in der ersten Hälfte des 3. Jh. der Soldat Athenodorus seiner Schwester (oder Frau) Selbeina schreibt: „Ich will Dich wissen lassen, daß ich im Arsinoitischen Gau tätig bin und in dem Herakleopolitischen und in anderen Gauen, zusammen mit dem Dekurio Areios".18 Eine Tätigkeit über mehrere Gaue hinweg scheint selbstverständlich zu sein. 1. Φffentliche Arbeiten l.a. Arbeiten am Bewässerungssystem Gleich für den Anfang der römischen Herrschaft in Ägypten berichtet Sueton in seiner Vita des Augustus von umfangreichen Ausbesserungs- und Reinigungsarbeiten an den Bewässerungsanlagen und Kanälen Ägyptens.19 Als Beweggrund gibt er die Bemühung um gesteigerten Ernteertrag an, der für die Getreideversorgung Roms bestimmt war. Man könnte mutmaßen, daß zugleich eine Art „Beschäftigungsprogramm" für die damals so zahlreichen Soldaten der Bürgerkriegsarmee intendiert war, denn Arbeitseinsätze galten den Römern stets als geeignetes Mittel zur Steigerung der Disziplin. Eine Verwendung von Soldaten ist demnach auch bei den Arbeiten am flumen Sebaston20 und bei den Kanalarbeiten der 80er Jahre anzunehmen.21 Eine ähnliche Maßnahme berichtet, fast 200 Jahre später, die Historia 16 17 18 19 20 21 und Stauner 2004, 21 f. sowie S. 20­34 generell zu den „Dienstplänen". Zum „Papierkrieg" in der Heeresverwaltung s. allgemein auch Watson 1974,493-507. Rom. Mil. Ree. 10 = Ch. L. A. 17a und b, S. 12-13 und 15 = C. Pap. Lat. 106 II = Doc. Eser. Rom. 10 (3); Neuedition in Ch. L. A. XLVIII, S. 7 (Herk. unbek.). Zur Interpretation: Stauner 2004, 60f. P. Brookl. 24 = Ch. L. A. XLVII1450 (ca. 215), dazu Maxfield 2000,412f. Zu der Gestaltung solcher rpnida pridiana s. Watson 1974, 494f. und Stauner 2004, 95-112; zum vorliegenden Papyrus bes. S. 105-107. P. Meyer 20,4-7 (Antin., 1. Hälfte 3. Jh.), mit BL II. 2,89:yxutrnlihgedcaSROMIGCA γεινώσκειν (/. γιγνώσκειν) σε θέλω οτι έν τω I Α[ρ]σινοείττ] πράσσω και εν τω ΉρακλεοπολείΙτ[τ]] και εν άλλοις νομ [ο]ΐς μ ετά Αρείου δεκαΙδ[ά]ρχου; Übersetzung von P. Μ. Meyer. Suet. Aug. 18,2:yxvutsrqponmlihgfedcbaNA Aegyptum in provinciae formant redactam ut feraciorem habilioremque annonae urbicae redderet, fossas omnis, in quas Nilus exaestuat, oblimatas longa vetustate militari opere detersit. IGRR 1 1056 (Alex., 10/1 n.Chr.). IGRR 1 1098 = OGIS 672 (Schediae, 80/1) und IGRR 1 1099 = OGIS 673 (Schediae, 86/7). Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 303 Augusta von Kaiser Probus.22 Wiederum wird, wie bei Augustus, die Steigerung des landwirtschaftlichen Ertrages als Beweggrund genannt. Der Arbeitseinsatz der Soldaten könnte aber auch bei Probus darin begründet gewesen sein, daß nach dem Zwischenspiel der palmyrenischen Herrschaft möglicherweise eine umfassende Erneuerung der Bewässerungsanlagen, die sogar Flußläufe und -mündungen betraf, nötig erschien. Vielleicht verfolgte auch diese Maßnahme zugleich die Absicht, diejenigen Truppen, die gegenüber der palmyrenischen Machtübernahme kläglich versagt hatten, zu disziplinieren. Aus diesen wenigen, zeitlich weit auseinander liegenden Erwähnungen größerer Arbeitsvorhaben auf einen kontinuierlichen Einsatz der Armee bei den ständig anfallenden Dammund Kanalarbeiten in der ägyptischen Chora zu schließen, ist jedoch nicht angebracht. Die Papyri, die oft über diese unerläßlichen und alljährlich zu leistenden Arbeiten berichten, geben keine weiteren Hinweise auf eine Heranziehung von Soldaten. Vielmehr hat die römische Verwaltung die Landbevölkerung in großem Umfang zu dieser Tätigkeit verpflichtet. Wie etwa die Penthemeros-Quittungen zumindest für den Arsinoites zeigen, hatte dort jeder männliche Ägypter für fünf Tage pro Jahr zwangsweise an den Kanälen zu arbeiten.23 Liturgische Dienste und/oder steuerliche Leistungen wie etwa die Naubion-Steuer waren aber auch in anderen Gauen eingerichtet, um die nötigen Wartungen durchzuführen.24 Nur vereinzelt erwähnen Texte die Anwesenheit eines Soldaten bei den Dammarbeiten - jedoch lediglich zwecks Überwachung der Arbeiten, nicht um selbst Hand mit anzulegen.25 Sehr aufschlußreich für die Rolle, die Soldaten bei Dammarbeiten spielen, ist ein Geschäftsbrief aus dem Heroninos-Archiv (Mitte 3. Jh.), in dem Alypios, der Generalmanager eines Großgrundbesitzes, dem untergeordneten Verwalter in Thrasos, Heroninos, instruiert: „Da ich unsere Interessen in Sathro stets meiner Obsorge anheimstelle, habe ich von Syros erfahren, daß die Arbeit in dem Bewässerungskanal bei den Schleusenjochen sich verzögert. Doch bei der Arbeit ist Eile geboten, weshalb ich einen Soldaten zu Euch geschickt habe, damit alle, denen es obliegt, sich der Tätigkeit unterziehen und die Arbeit noch rasch vor der dringend nötigen Bewässerung geschieht, damit wir alle mühelos Wasser haben. Aber auch in dem neuen Bewässerungskanal und in dem des Dorfes soll dies, falls nötig, geschehen, damit Ihr von überall her Wasser haben könnt. Für die Aufwendungen des Soldaten sollt, wie es Sitte ist, Ihr aufkommen".26 Ein ähnlicher Sachverhalt dürfte in einem fragmentarischen Text aus den 22 23 24 25 26 Hist. Aug. Prob. 9,3­4:yxvutsrqponmlihgfedcbaPNIEA Exstant apud Aegyptum eius opera, quae per milites struxit, in plurimis civitatibus. In Nilo autem tarn multa fecit ut vectigal frumentarium solus adiuverit. Pontes, templa, porticus, basilicas labore militum struxit, ora fluminum multa patefecit, palude s plerasque siccavit atque in his segetes agrosque constituit. Zum Penthemeros und ähnlichen Dammliturgien s. Eck 1986c, 1-17 und zuletzt ausführlich Kruse 2002, 306-328 mit Verweisen auf die ältere Literatur in Anm. 768. Dazu s. Peachin 1982, 159-166; Bonneau 1993, 153-160; Kruse 2002, 315-319. Von einer Anwesenheit oder Involvierung von Soldaten bei Dammarbeiten sprechen - abgesehen von den im folgenden zitierten Papyri - auch einige Zeugnisse, deren Kontext jedoch keinen näheren Aufschluß über die Art der Tätigkeit gibt, wie etwa der Geschäftsbrief P. Ryl. IV 603 = C. Pap. Jud. 457a = White 1986, Nr. 68 (Oxy., 7 v.Chr.). P. Rein. II 115, 2-17 (Thead., 257):Iέπεί φροντίδα ποιούμ αι [τώ]ν διαφερόντων I ήμ {ε}Ιν έν τη Σαθρώ, εμ α[θ]ον δέ π α ρ ά Σύρου ένΙλιπές τι έργον είναι έν τη διώρυχι π ρ ο ς τοις I ζυγώμ ασιν, χρήζειν τε τό έργον άνάγΙκης , άπέστειλα π ρ ο ς ύμ άς στρατιώτην, I ινα ά π ό των ωφε­ λουμ ένων π ά ν τ ω ν I ή έργατεία βληθη και ταχέως τό έργον I γένηται πριν του ποτισμ οϋ του I Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 304 Bernhard Palme Jahren 161­169 angesprochen sein, wo einutrnlihgfedcbGE centurie in den Arsinoites kommt, um die Basi­ likoi Georgoi und die Landbesitzer des Dorfes Karanis für Bewässerungsarbeiten heranzuziehen. 27 Über die Pflege der Bewässerungsanlagen hinaus scheinen Militärpersonen auch in die verantwortungsvolle Aufgabe eingebunden gewesen zu sein, durch Öffnen bzw. Schließen der Schleusen die Wasserzufuhr gezielt und in der richtigen Dosierung auf alle Felder zu lenken. 28 l.b. Errichtung öffentlicher Gebäude Neben den Dammarbeiten spricht die Vita des Probus noch einen anderen Tätigkeitsbereich der Soldaten an, der im restlichen Reich vielfach durch epigraphische Testimonien bezeugt ist: Den Einsatz von Soldaten bei öffentlichen Bauvorhaben.29 Zu diesem Thema schweigen die Papyri und Inschriften Ägyptens nahezu völlig. 30 Zwar ist einzuräumen, daß das Baugewerbe in den Papyri generell nicht besonders gut dokumentiert ist; zumeist erscheinen liturgische Beamte oder, besonders im 3. Jh., städtische Magistrate und Epimeletai mit Bauten, Baumaterialien und Handwerkern befaßt.31 Statthalter und Prokuratoren scheinen in Ägypten jedoch überhaupt wenig durch öffentliche Bautätigkeit hervorgetreten zu sein - trotz vollmundiger Absichtserklärungen wie jener des Tiberius Iulius Alexander.32 In der beson- 27 28 29 30 31 32 κατεπείγοντος προς t ς εΰμ αρώς τά I ΰδατα πάντας ημ άς εχειν, άλλα I καί, ει τι δέοιτο, έν τη καινή διώρυχι I καί έν τη κωμ ητικτ) γένηταιινα I πανταχόθεν τά ΰδατα εχειν I δυνηθητε, την δέ δαπάΙνην τοΰ στρατιώτου] καθώς I εθος εστίν ύμ ΐν παράσχετε. Der Nachsatz (Ζ. 15­17), daß die Verpflegung des Soldaten auf Kosten der Bauern gehen soll, „wie es Sitte ist", macht deutlich, daß es sich nicht um eine einmalige Maßnahme handelt. BGU I 283 mit den Ergänzungsvorschlägen von BL I 36: ... έκατόν]ταρχος [γενόμ ]ενος έν τω νομ ώ προς σύνλημ ψ{ε}ιν των I [ούσιακών γεωργών καί γεουχών ] (Ζ. 2­3); ... ένεκ]α τή[ς ] άρδεία[ς τ]ης γης (Ζ. 6). Die Ergänzung ούσιακών γεωργών καί γεουχών in Ζ. 3 ergibt sich aus der Erwähnung dieser Personengruppen in Ζ. 1. Dies geht aus einem amtlichen Brief hervor, in dem ein Aigialophylax dem Strategen der Themistu Mens über seine Tätigkeit berichtet: P. Ryl. II 81 (Ars., 107); in Z. 11-13 wird die Einbindung eines utronmlifec centurio erwähnt. MacMullen 1959, 207ff. mit einer Zusammenstellung des inschriftlichen Materials. Fernzuhalten sind selbstverständlich Zeugnisse für Bauten, die von Soldaten aus eigenen Mitteln (έκ τοΰ ιδίου) finanziert werden, so etwa SB III 6673 = SEG 26, 1976/77, 1757 = I. Fayoum I 92 (ein Soldat der legio II Traiana stiftet einen δρόμ ος ), SB V 8819 = I. Portes 86 (einutsronifecba beneficiarius stiften den Bau und die Wandmalerei eines κήπος , vgl. BL XI203f.), SB V 8820 = I. Portes 87 (derselbe beneficiarius stiftet den Bau und die Wandmalerei eines ναός ), I. Fayoum II 124 (ein Veteran stiftet ein ιερόν), SB XX 14376 (Stiftungsinschrift eines centurio auf einem Obelisken). Vgl. lediglich: SB III 6305 = SB IV 7329 (Herk. unbek., 235/6): Die offenbar von einem centurio (Z. 10) errichtete, stark fragmentierte Bauinschrift spricht Z. 6­7 von έτελιώθ[η τά] I έργα τοΰ βα[λανείου? Die Lücke im Text läßt jedoch offen, ob der centurio die Baumaßnahmen privat finanziert hat. Hagedorn 1993, 97-101 zum Transport von Säulen; ein Wiener Papyrus, der von der Renovierung einer Säulenhalle in Herakleopolis handelt - gleichfalls eine Maßnahme der Bule - , wird von F. Mitthof zur Edition vorbereitet. IGRR1 1263, Präambel. Ein forum lulium hat angeblich Cornelius Gallus errichtet (AE 1964, 225); von Obelisken sprechen CIL III 6588 und Plin. nat. hist. 36,68-69; Vgl. dazu die Beobachtungen von Haensch 1997, 221 f. mit weiterer Literatur in Anm. 72. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 305 deren Landesnatur mag es begründet sein, wenn die Armee in Ägypten keine nennenswerten Zeugnisse für Tätigkeit im Straßenbau hinterlassen hat. Wo immer es ging, benutzte man im Land am Nil eben die Wasserwege für bequemere Reisen und billigere Transporte. Ansonsten waren da die Pisten durch die Westliche und Φstliche Wüste, auf denen die Armee zwar ständig patrouillierte, die aber allesamt keine befestigten Straßen mit Pflasterung waren. Das Militär hat aber wiederholt beim Graben von Brunnen und bei der Konstruktion von ZisternenzwvutsronmlkihgfedcaZIA (ύδρεύμ ατα) mitgewirkt. Am eindrucksvollsten kommt das in der umfangreichen, wohl noch der Augusteischen Zeit zuzuordnenden Inschrift über den Zisternenbau in der Φstlichen Wüste zum Ausdruck, die (im ursprünglichen Zustand) alle daran beteiligten Soldaten namentlich angeführt hat; insgesamt dürften über 1400 Soldaten aus vielen verschiedenen Truppenkörpern daran mitgewirkt haben.33 Bezeichnend ist ferner die Formulierung in der Bauinschrift der Via Hadriana, die neben der Errichtung von befestigten Stützpunkten auch den Bau von Zisternen hervorhebt.34 Eine andere Sache ist es, wenn Militärs bei Bau- oder Renovierungsarbeiten von militärischen Anlagen, wie etwa den zahlreichen Wachtposten und Kleinkastellen (σκόπελοι undsrpieda praesidia) nachzuweisen sind,35 denn dann geht es um den genuin militärischen Bereich. I.e. Kontrolle der Steinbrüche Man könnte darüber streiten, ob auch die Aktivitäten des Militärs im Bereich der Beigwerke und Steinbrüche zu den militärischen oder eher zu den zivilen Tätigkeiten zählen.36 Ohne Zweifel standen beispielsweise die kaiserlichen Steinbrüche am Möns Porphyrites und Möns Claudianus, weitab des Niltales mitten in der Φstlichen Wüste, ständig unter der Kontrolle des Militärs und der Verantwortung eines praepositus oder procurator. Diese haben nicht wenige inschriftliche Zeugnisse hinterlassen, vor allem Weihinschriften an das Kaiserhaus37 33 34 35 36 37 CIL III 6627 = ILS 2483 = I. Portes 56 (Koptos) mit dem Kommentar ad loc. SB V 8908 = I. Pan 8 0 , 8 ­ 1 3 (Antin., 137):zwutrponmlkihgfedcbaZVSPLIC ό δ ό ν καινήν Ά δ ρ ι α ν ή ν ά π ό I Βερενίκης εις Ά ν τ ι ν ό ο υ διά I τ ό π ω ν ά σ φ α λ ώ ν και ομ αλών I π α ρ ά την Έ ρ υ θ ρ ά ν θ ά λ α σ σ α ν I ύδρεύμ ασιν άφθόνοις και σταθμ οϊς και φρουρίοις διίειλημ μ ένην ετεμ εν. S. dazu Zitterkopf­ Sidebotham 1989,155­189; Bagnall/Bülow-Jacobsen/Cuvigny 2001, 325-333 und Maxfield 2003, bes. 159f.; vgl. ferner I. Alex. imp. 104,2-6 (Alex.?, 174): praesidium vetustate dilapsum renova\(tum est) sub C. Calvisium Statianum I praeflectum) Aeg(ypti), per Valerium Maximum (centurionem) I leg(ionis) II Tr(aianae) Fort(is); SB I 4075 = I. Philae II 217, 1 - 2 (Philae, spätere Kaiserzeit): επειδή και τό κ[ά]Ιστρον ημ ών άνενέωσεν. Über die Rolle des Militärs bei der Betreibung der Steinbrüche und Beigwerke ist viel geschrieben worden. Einen guten Überblick über die Verhältnisse und einen Einstieg in die Literatur bieten Klein 1988; Maxfield 2001,143-170; Maxfield/Peacock 2001 und Maxfield 2003,164-169. Das aussagekräftigste Zeugnis ist wohl die Weihinschrift I. Pan 42 vom Möns Claudianus, die im Jahre 118 ein gewisser Epaphroditos für das Kaiserhaus setzt und die Aufsichtsfunktion des Militärs deutlich werden läßt (Z. 4 - 6 ) : . . . Έ π α φ ρ ό δ ε ι τ ο ς δούλος Σειγηριανός μ ισθωτής των μ ετάλλων κατασκεύασεν I έπί 'Ραμ μ ίωι Μαρτιάλι, έπάρχωι Αιγύπτου, επιτρόπου τών μ ετάλλων Χρησίμ ου Σεβαστού άπελευθέρου, I οντος π ρ ο ς τοις τοΰ Κλαυδιανοϋ εργοις Ά ο υ ί τ ο υ (έκα­ τοντάρχου) σπείρης πρώτης Φλαουίας Κιλίκων ιππικής . Vgl. etwa auch CIL III 25 = I. Pan 39 (Möns Claud., 98-117): Annius Rufus (centurio) leg. XVI Apollinaris praepositus I ab optimo Imp. Traiano I operi marmorum Monti I Claudiano v(otum) s(olvit) l(ibenti) a(nimo)\ ferner I. Pan. 21 (Möns Porph., 117-119). Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 306 Bernhard Palme und Proskynemata an verschiedene Gottheiten.38 Aber auch in anderen Steinbrόchen und Bergwerken ist die Anwesenheit von Militδrs nachweisbar.39 Am besten ist man όber den Mφns Claudianus unterrichtet, von wo bereits όber 600 Ostraka publiziert vorliegen und etliches Material noch zu erwarten ist. Nach Aus­ kunft dieser Texte sind Arbeit und Verpflegung militδrisch (bzw. paramilitδrisch) organi­ siert. Wie weit das Netz gespannt war, um ausreichend Verpflegung fόr die in den Stein­ brόchen ihren Dienst versehenden Soldaten herbeizuschaffen, fόhrt das amtliche Schreiben vor, mit dem ein Stratege der vereinigten Polemonos und Themistou Merides auf die Auf­ forderung desyutsrponigfedcaA praefectus Aegypti reagierte, Steuergetreide fόr die Truppen in der The­ bais und die ­ hunderte Kilometer vom Arsinoites entfernten ­ Steinbrόche am Mφns Por­ phyrites und Mφns Claudianus auszugeben. Er antwortet dem Statthalter: „ ... und wir berichten Dir όber die verbliebene Gesamtmenge, wobei wir hinzusetzen, wieviel bereits fόr die Verpflegung der Tiere der Truppen in der Thebais und fόr die Aufwendungen der Mδnner, die in den Steinbrόchen des Porphyrites und Claudianus Dienst verrichten, ausgeliefert wurde".40 Wie das Militδr alle Verkehrsverbindungen durch die Φstliche Wόste kontrollierte, so stand auch der Zutritt zum Mφns Claudianus (und anderen Steinbrόchen) unter der strengen Observanz des Militδrs, wie etwa O. Claud. I 48 vom Anfang des 2. Jh. zeigt. Ein centurie weist die vier curatores der praesidia entlang der Via Claudiana an, einen gewissen Askle­ piades passieren zu lassen: „Quintus Accius Optatus, centuno, an die vier curatores der Ka­ stelle an der Via Claudiana, Grüße. Laß Asklepiades passieren".41 Dieses kleine Ostrakon - 38 39 40 41 Beispielsweise SB VIII10173 = I. Pan 51 (Wβdi Semna, 11 n.Chr.), Weihung eines Tribunen der legio III Cyrenaica undzywvutsrponmlkihgfedcbaZWVSPNLIDCBA έπαρχου ΒερνίκηΙς και άρχιμ εταλλάρχου I της Ζμ αράγδου και ΒαΙζίου και Μαργαρίτου και πάντων των μ ετάλλων I της Αιγύπτου (Ζ. 5­10) an Pan, gefolgt von Proskynemata weiterer Soldaten. I. Pan 38 (Möns Porph., 98-117), Weihung einesutroniec centurio an Zeus Helios und Sarapis; SB VIII9988 = I. Pan 22 (Möns Porph., 137/8), Weihung eines centurio an Isis. Einige Beispiele für viele seien angeführt: I. Ko. Ko. 41 (Paneion des Wβdi Hamamβt, 18); I. Ko. Ko. 60 = SB V 8593,1-7 (Wβdi Hamamβt, 3. Jh.): Proskynema eines στρατιΙώτης σκληρουρΙγός ύδρευΐμ άτων. I. Akoris 3 = SB V 8802 (Akoris, 82/3); CIL III 4714 = SB V 8325 = I. Pan 79 (Panopolis, 109); SB I 1133 = I. Thθbes-Syene 35 (El-Kab, 127), Proskynema (?) eines Soldaten; SB VI 9230 (Syene?, Ende 3. Jh.): Der amtliche Brief eines Aufsehers (έργοδότης ) über Steinbrucharbeiten erwähnt u.a. einen Soldaten (Z. 17); Bernand, Inscr. mιtriques 26 (Antin., Ende 3. Jh.): Erwähnung eines δεκάδαρχος , έργων Άντινόοιο προστάτης . Alabastersteinbrüche des Wβdi Natroun: P. Ryl. II 92 (Herk. unbek., Ende 2./3. Jh.): In der Liste von Personen, die είς άντλίαν, „zur Bedienung des Wasserrades" abgestellt sind, scheint auch einusrnifecba beneficiarius auf (Z. 14); auch die lateinischen Namen in den beschädigten Z. 15-16 dürften eher zu Soldaten als zu Arbeitern passen. P. Oxy. XLV 3243,10-14 (Oxy., 214/5): και δ[ηλ]φσαί σοι πά[ν τό] άποΐκείμ ενον μ [έτ]ρον προσ­ θ[εΐσι] πόσον ή[δη] παρΙεδόθη ε'ίς τε τροφάς κτηνώ[ν] των έν Θηβα[ίδ]ι στραΐτευμ άτων και είς χρείας των υπηρετούντων I τοις Πορφυρειτικοΐς και Κλαυδιανοΐς μ ετάλλοις κτλ. Ο. Claud. I 48 (ca. 110­114): Κουίντος Άκκιος Όπτατος (εκατοντάρχης ) I δ' κουράτορσι πραισι(δί)Ιων όδοΰ ΚλαυδιαΙνης χαίρειν. I Πάρες Άσκληπιάδην I ε. Die Bedeutung des ε in der letzten Zeile bleibt unklar; besagt es, daß fünf Personen passieren dürfen? Derselbe centurio hat die Weihinschrift I. Pan 38 (Möns Claud., 98-117) gesetzt. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 307 und es gibt Dutzende ähnliche 42 - diente als eine Art Passierschein, der zugleich wohl auch die Erlaubnis zur Nutzung der Wasserstellen und der befestigten Stützpunkte entlang der Straße erteilte. Es ist eine Konsequenz dieser Beaufsichtigung jeglicher Bewegung auf den Wüstenstraßen, wenn sich Militärs, wie etwa einutsrponmlkigfedcaZT imaginifer in P. Oxy. L 3571 (286?), dann auch an der Suche nach entlaufenen Arbeitern aus Steinbrüchen oder Beigwerken beteiligten. Nach den bislang edierten Ostraka zeigt sich, daß die Soldaten ausschließlich mit der Logistik, Verwaltung und Kontrolle der Steinbrüche und Bergwerke befaßt waren. Die eigentliche Arbeit des Steinebrechens und des mühevollen Abtransportes leisteten andere. Hier bietet sich ein facettenreiches Bild: private Lohnarbeiter und Tagelöhner, freie Unternehmer mit Sklaven, Arbeiter einer (kaiserlichen?) familia waren nebeneinander in diesen Betrieben beschäftigt. Dies zeigt einmal mehr, daß die römische Verwaltung in so kleinen Sektoren keinerlei Vereinheitlichung oder Systematisierung verlangt hat. Die Betreibung wird Privaten überlassen; der Staat und die Armee als sein ausführender Arm beschränken sich in der Regel auf die Aufsichtsfunktion. In Ausnahmesituationen konnten Soldaten aber dennoch gelegentlich zum Arbeitseinsatz im Steinbruch herangezogen werden. Dies ist beispielsweise in dem berühmten Brief angesprochen, den der nach Bostra in Arabia versetzte principalis Apollinaris seiner Mutter Tasucharion nach Hause in Karanis schreibt und wo er seiner Freude Ausdruck verleiht, daß er, der schon zu den immunes gehört, nicht mehr zum Steinebrechen herangezogen wird: „Ich danke dem Sarapis und der Agathe Tyche, daß ich als principalis herumgehe und nichts mache, während alle (anderen) den ganzen Tag lang durcharbeiten beim Steinebrechen". 43 l.d. Tiere für den Zirkus Einen völlig anderen Aspekt soldatischer Tätigkeit beleuchtet ein Privatbrief, der wegen seines fragmentarischen Erhaltungszustandes nur noch zum Teil verständlich wird. In den ersten, noch kompletten Zeilen spricht der Schreiber - durch Vergleichstexte als Soldat ausgewiesen - davon, daß er „unter den praefecti" schon längere Zeit auf der Jagd nach allerlei Tieren ist und die Beute abgeliefert habe. 44 Ein ähnlicher Sachverhalt scheint in einem Brief 42 43 44 Passierscheine vom Mφns Claudianus: O. Claud. I 4 8 ­ 8 2 (Anf. 2. Jh.), ausgestellt von centuriones an stationarii bzw. anzwutsrponmlkihgfedcbaWVTSPNMLJIFDCBA έπιτηρηταις όδοΰ Πορφυρείτου ( 6 1 , 6 2 , 7 6 und 80), στατιωναρίοις όδοΰ Κλαυδιανοΰ (64, 66 und 68), στατιωναρίοις [όδοΰ Ά κ ] α ν θ ί ο υ (81). Ρ. Mich. VIII 465, 13­17 = C. Pap. Jud. 486a = Smallwood 1966, 307a (Bostra, 20. Feb. 108) mit BL VIII214: ΕύχαρισΙ[τώ δέ] τω Σαράπιδι και [Άγαθη] Τύχη δτι πάνΙ[των κο]πιώντων ολην [την ήμ ]έραν κοπτόνΙτων λίθους έγώ ώς πριγκ[ι]παλις διακινώ I μ ηθέν ποιών. Mit fast den gleichen Worten schreibt Apollinarius noch einen Monat spδter an seinen Vater Sabinus: [ο]λης της I [ήμ έρ]ας λίθους κοπτ[ό]ντων και I [άλλα π]οιούντων, έγώ μ έχρι σήΙ[μ ερον] ο υ θ έ ν τούτων επαθον: Ρ. Mich. VIII 466, 21­24 = C. Pap. Jud. 486b = Smallwood 1966, 307b = White 1986, Nr. 105 (Bostra, 26. Mδrz 108) mit BL IV 54; vgl. Stauner 2004,427f„ Nr. 420; Campbell 1994,36. SB VI 9017, Nr. 1 4 , 4 ­ 1 3 (Wβdi Fawβkhir, 40­42): Γ ρ ά ψ ο ν I το λιβέλλον δτι ά π ό ΆκριΙππίνου εως άρτι ύ π ό τοις I έπάρχοις γυνηγοΰμ εν (/. κυνηγοϋμ εν) I π ά ν τ α τα θηρία και I π ε τ ( ε ) ι ν ά έφ' έτους . I Τ ά (/. α) πεπιάκαμ εν I δεδώκαμ εν ΚερεΙαλίω και επεμ Ιψέ σοι αυτά και I τά σκεύων (/. σκεύη) π ά ν τ α κτλ. Der PluralytsrpolihgfecaA praefecti bezieht sich nicht auf praefecti Aegypti, sondern auf Truppenkommandanten (praefecti cohortis, alae). Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 308 Bernhard Palme an den militärischenzutsrpnhgfedcbaUS praefectus Agenor vorzuliegen, in dem der Schreiber sich dafür entschuldigt, daß er bislang noch kein einziges Tier gefangen habe. 45 Unklar bleibt, ob auch die κυνηγών πλοία, für die in O. Theb. 77 (75) und 78 (100) ein decanus bezahlt, in diesen Zusammenhang zu stellen sind. Militärschriftsteller der Spätantike preisen die Jagd als standesgerechtes Training für Soldaten, das regelmäßig durchzuführen sei. Vielleicht sind die zitierten Texte als Hinweise darauf zu werten, daß diese Übung auch in Ägypten gelegentlich am Dienstplan stand und den erfreulichen Nebeneffekt hatte, den Speiseplan mit Wildpret zu bereichern. Doch eine derartige Routineangelegenheit erscheint kaum einer Korrespondenz nötig und würde sich schwerlich über Wochen hingezogen haben (wie es SB VI 9017 andeutet), weshalb die Vermutung, es handle sich um die Jagd nach Tieren für den Zirkus, mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat. 2. Steuerverwaltung 2.a. Unterstützung der Steuererhebung Gemeinhin herrscht die Vorstellung, die Armee wäre in die Steuererhebung involviert gewesen oder sei zumindest fallweise als die Schutzmacht hinter den Eintreibern aufgetreten. Dieses Bild mag dadurch mitgeprägt sein, daß die Armee der frühen und hohen Kaiserzeit ihren Bedarf an Lebensmitteln und anderen Gütern zum Teil aus dem in den Dorfspeichern eingelagerten Steueraufkommen, zum anderen Teil - besonders seit dem Ende des 2. Jh. - durch Zwangsankäufe beschaffte, bevor auch in diesem Bereich immer mehr Agenda an zivile Instanzen abgetreten wurden.46 Zu diesem Themenkreis liefern die Papyrusdokumente, in denen die Steuererhebung sehr ausgiebig vorkommt, verläßliche und repräsentative Nachrichten. Es zeigt sich, daß von einem regelmäßigen Helfen oder Einschreiten des Militärs beim Erheben der normalen Grund-, Erwerbs-, Handels- und Kopfsteuern keine Rede sein kann. In den ersten Jahrzehnten der römischen Herrschaft über Ägypten lag die Steuereintreibung in den Händen von Steuerpächtern, bevor sie ab der 2. Hälfte des 1. Jh. schrittweise in staatliche Regie übernommen wurde. Erhebung, Transport und Abrechnung der Steuern hat man in der gesamten Chora einer größeren Anzahl von neu geschaffenen liturgischen Beamtenkollegien übertragen, die mit ihrem persönlichen Vermögen für das Steueraufkommen hafteten. 47 Abgesehen von vereinzelten, und in ihrem Sinn und Zusammenhang nicht eindeutigen Erwähnungen in 45 46 47 P. Oxy. 1122, 5­10 (Oxy., 3./4. Jh.):zwvutsronmlkihgfedcbaWVSRNIGEDBA Πεπόμ φειν (l. έπεπόμ φειν) δ' αν αυτός θάττον προς σέ ε'ι παρΙήσάν μ [οι] πλείονες στρατιώτοι (/. στρατιωται) I άλλ' Έπ[.. .].ς ύπέστρεφεν, ήΙμ εΐ[ς ] δε άγρεύειν των θηρίων I δυνά[μ ε]θα ούδέ εν. Der Name des Absenders steht vor dem des Adres­ saten, was auf seine gehobene Stellung hinweist. Die Versorgung der rφmischen Armee in Δgypten beschreibt mit zahlreichen Verweisen auf Quellen und Literatur Mitthof 2001, I, Ύ1­ΧΊ. Eine Auswahl von Belegen findet sich in Doc. Eser. Rom. 48­65. Grundlegend sind immer noch die allgemeinen Darstellungen Grundz. Wilck. 185­218 und 339­355 ; Wallace 1938, bes. 31­36 und 286­335; den besten άberblick neueren Datum bietet Sharp 1999, 213­241. Zu den daran beteiligten Beamten s. Oertel 1917,195­231 und Palme 1989, 31­67. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 309 privater oder offizieller Korrespondenz gibt es kaum Zeugnisse für Aktivitäten des Militärs beim Hebungsvorgang.48 Allenfalls liegen indirekte Nachrichten vor: Statthalteredikte zeugen vom Bemühen der Regierung, sowohl eine forcierte Eintreibung durch paramilitärische Waffenträger als auch Übergriffe oder Willkür des Militärs bei der Beschaffung seiner Verpraefectus Aegypti L. pflegung durch Androhung harter Strafen zu verhindern. So stellte der yutsrponigfedcbaA Aemilius Rectus die Eintreibung ohne schriftlichen BerechtigungsscheinzwutsrponmlihgfedcbaTNMLFC (άνευ διπλώ­ μ ατος ) sogar unter Todesstrafe: „Niemanden sei es gestattet, die Leute in der Chora zu Fron­ diensten beim Transport heranzuziehen oder Marschgelder oder etwas anderes gratis einzu­ fordern ohne meinen Berechtigungsschein, so daß jeder, der einen Schein von mir hat und den hinreichenden Lebensunterhalt bekommt, auch den Preis dafür bezahlt. Wenn aber einer der Soldaten oder der Waffenträger oder sonst irgendwer, der im öffentlichen Dienst steht, angezeigt wird, daß er dies entgegen meinem Dekret getan hat oder daß er Zwang ausgeübt hat auf jemanden aus der Chora oder Geld erpreßt hat, gegen diesen werde ich die Höchststrafe anwenden".49 Etwa hundert Jahre später ging der praefectus Aegypti Petronius Mamertinus durch ein Edikt mit ganz ähnlichem Tonfall neuerlich gegen illegale Requisitionen vor.50 Edikte wie diese zeigen zwar einerseits, daß Übergriffe sehr wohl vorkamen, andererseits aber eine Einbindung des Militärs in die reguläre Steuererhebung und Proviantbeschaffung nicht vorgesehen war. Von einem offenbar außergewöhnlichen Einschreiten eines Soldaten spricht die an den Strategen gerichtete Eingabe eines Gymnasiarchen aus spätaugusteischer Zeit, der sich für einen Fährmann verwendet. Dieser wird vom Steuerpächter bedrängt, der willkürlich Sachwerte konfisziert hat: „ ... er ist mit einem Soldaten in das Dorf gekommen, hat sein Haus aufgebrochen und die beiden neuen Kleider, die er dort gefunden hat, an sich genommen und fortgeschleppt, obwohl jener nichts schuldig war". 51 Ansonsten hört man keine Beschwerden über militärische Gewalt bei der Steuererhebung. Eher sind es Privatpersonen, die - wie noch zu zeigen sein wird - mit Schuldeintreibung durch Soldaten drohen. Erst aus dem 4. Jh. 48 49 50 51 Von einem Einschreiten von Soldaten und decuriones bei der Erhebung scheint in P. Oxy. XLII3028 (Oxy., 232­247) die Rede zu sein, der fragmentarische Erhaltungszustand läßt aber den Zusammenhang nicht mehr einwandfrei erkennen. DerxwvutsrponmlkihgedcbaWVTSRPNIHEDCA μ αχαιροφόρος , für den in P. Tebt. Π 391,20­22 (Tebt., 99), einem Vertrag bezüglich der Steuererhebung, ein Salair (όψώνιον) vorgesehen wird, ist kein Soldat, sondern ein angeheuerter Waffenträger. Erst aus dem 4. Jh. liegen zahlreichere Zeugnisse für eine Einbindung von benéficiarii in die Steuererhebung vor, vgl. Nelis­Clιment 2000, 243­252; die meisten dieser benéficiarii waren zu diesem Zeitpunkt jedoch officiates, keine Militδrs. P. Lond. ΙΠ 1171 verso (c), S. 105 = W. Chr. 439 = Smallwood 1966, Nr. 381, 2­11 (Alex.?, 42): Μηδενί έξέστω ένγαρεύειν (l. άγγαρεΰειν) τούς επί της χώρας I μ ηδέ έφόδια ή άλλο τι δωρεάν αίτειν άτερ του I έμ ο[ΰ] διπλώμ ατος , λαμ [β]άνειν δέ έκασ[το]ν των I εχ[όν]των έμ όν δίπλωμ α τά αύταάρκει (I. αυτάρκη) έπιδήτια (/. έπιτήδεια) I τιμ ήν άποδιδόντας αυτών. Έ ά ν δέ τις I μ ηνυθη η των στρατευομ ένων ή των μ αχαιροφόρω(ν) I η όστις ούν τών υπηρετών τώ[ν έν τ]αΐς δημ οσ[ίαις ] I χρήαις (/. χρείαις ) παρ[ά τ]ό έμ όν διάτα[γμ ]α [π]εποηκώς (/. πε­ ποιηκώς ) ή βεβιασΙμ ένος τινά τών άπό της χώρας ή άργυρολογήσας , I κατά τούτου τη άνωτάτψ χρήσομ αι τ(ε)ιμ ωρία. PSIV 446 = Sei. Pap. Π 221 = Doc. Eser. Rom. 49 (Herk. unbek., 133­137); άbersetzung bei Camp­ bell 1994, Nr. 293. BGU IV 1188, 14­16 (Herakl., 15 v.Chr­14 n.Chr.): ... παραγενόμ ενος εις την κώμ ην συν στρατιώτη 1 την οίκίαν α[ύ]τοΰ ένφκησεν και α ευ ρεν ιμ άτια εκεί I καινά δύο ήρε[ν] και άπηγεν κατά μ ηδέν αύτοΰ όφείλοντος κτλ. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 310 Bernhard Palme liegen z.B. Anforderungen von Soldaten (στρατιώται) oderzywvutsrqponmlkjihgfedcbaZWVUTSRQ paramilitärischen Waffenträgern (μ αχαιροφόροι) zum Schutz von Steuereintreibern oder Androhungen einer Eintrei­ bung mit Soldaten vor.52 Es erscheint denkbar, daß ein solcher bewaffneter Begleitschutz gelegentlich auch schon früher zum Einsatz kam. 2.b. Mitwirkung beim Transport des Naturalsteueraufkommens Nur in einem Teilbereich der Steuerverwaltung scheinen Soldaten - zumal in den ersten hundert Jahren der römischen Herrschaft über Ägypten - mit einiger Regelmäßigkeit auf: als Begleitpersonen (έπίπλοοι) beim Transport des Steuergetreides.53 Der Aufgabenbereich der Soldaten umfaßte jedoch mehr als bloß das Eskortieren der Transportschiffe. In einer Quittung über die Verladung von über 1718 Artaben Weizen auf ein Schiff des öffentlichen Dienstes agiert der Epiploos als Stellvertreter des Kapitäns, der dem Sitologen die Übernahme bestätigt;54 ferner zeigen Verladequittungen den Epiploos auch bei der Beladung der Schiffe tätig.55 In gleicher Weise agiert etwa 60 Jahre später der Soldat Claudius Celer als Stellvertreter für drei Kapitäne: Auch er bestätigt den Sitologen die Übernahme des zu transportierenden Steuergetreides.56 Diese Soldaten sind also direkt mit der Abwicklung des Transportes befaßt und beschränken sich nicht auf eine Beaufsichtigung. Ob dies regelmäßig der Fall war, läßt sich nach den vereinzelten Zeugnissen schwer entscheiden, aber der Umstand, daß in einem Frachtvertrag das Schiff sogar als „das Flußschiff des centuno Marcus Cornelius Torullus" bezeichnet werden konnte, spricht dafür, daß zumindest in den Augen der Bevölkerung die Militärs sehr eng mit der Durchführung des Transportes verbunden waren.57 52 Vgl. beispielsweise die Warnung in P. Fay. 135, 2­8 (Euhem., 4. Jh.): του καιρού καλέσαντος της (Ζ. τήν) I συνκομ ιδής (I. συγκομ ιδήν) οφ [± 6] I σεαυτφ τον χρε[..].ω.[.] I άποστ(ε)Τλαιϊνα μ [ή] δόξη μ [ο]ι I στρατιώτας άποστ(ε)ιλαι επί I σαι (Ζ. σέ) και συνκλισθης (Ζ. σονκλησθής ) αχρις αν I πληρώσης . 53 Zur Abwicklung des staatlichen Korntransportes s. allgemein Bφrner 1939, 22­33 und Meyer­Ter­ meer 1978,90­103. 54 p. Lond. II 256(a), S. 98 f. = W. Chr. 443 = Doc. Eser. Rom. 67,1­5 (Ars., 15) mit BLIV 43 und V 51: [± 5]ανο[ς ] κυβερνήτης σκάφης δημ οσίας άγω(γής ) I [(άρταβών).], ής π[α]ράσημ ος ίβις , δια έπίπλ[όο]υ Σέκτος Άτίνιος I [κεντυρ]ίας Άρίου λεγιώνος δευτέρας κικοστής (Ζ. και εικοστής ) σπ(ε)ίρας I [δευτ]ερας Άκουσιλάω σιτολόγφ δημ ο[σ]ίψ Λυσιμ αχίδ(ων) [κτλ. 55 P. Oxy. Hels. 14,1­5 und 8­9 (Oxy., 1. Jh.): Έμ βέβληται (ε)ίς δημ οσίαν έμ βολ(ήν) I τώι ιδ (ετει) Φαώφι ιε εως ιη I Σαραπίωνι Αίλουρίωνος των άπό ΠαΙνεχμ ώνεως Σεβεννΰτου νομ οΰ I κυβερνή(τη) πλοίου ναυλωσίμ ου (άρτάβας ) 'Βσκ I... I δι' έπιπλόου Γαίου Λογγίν[ο]υ στρα­ τιώτη (Ζ. στρατιώτου) I λεγιώ(νος ) κβ Δ ηιοταριανής (Ζ. Δ ηιοτεριανής ) σπεί[ρ(ης )] γ. 56 P. Oxy. II276 = C. Pap. Jud. II 422 = Doc. Ώser. Rom. 68, 5­14 (Oxy., 77) mit BL 1320, VI 96 und VII 129: όμ ολογοΰσ[ι ­ ] ...snmecaN 3 Namen ... κυίβερνήται π[λ]οίο[υ] ναυλωσίμ ου, έκάτείρος ένές (Ζ. ενός sc. πλοίου), δι' έπιπλόου Κλαυδίου Κέλερος I στρατιώτου λεγεώνος δευτέρας έκα­ τονίταρχίας Βραβιρίου, Φρίβι Ήρακλήου τω I συν άλλοις σιτολόγοις δημ οσίου θησαυίροΰ κώμ ης Μερμ έρθων τής άνω τοπαρΙχίας , παρ(ε)ιληφέναι πα[ρ'] αυτών τάς έπισΙ[τ]αλείσας α[ύτ]οΐς κτλ. Als Legion ist in Ζ. 9 mit BL V 76 δευτέρας (και εικοστής ) herzustellen. 57 P. Oxy. XLV 3250, 2­3 (Oxy., 63): ... της Μάρκου Κορνηλίου ΤοΙρούλλου έκατοντάρχου σκάφης ποταμ ίας . Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 311 Ein besonders aufschlußreiches Zeugnis für die Aufsichtsfunktion der Soldaten ist die aufgemalte Inschrift auf einem Tongefäß, das alszyxwvutsrponmlkihgfedcbaWSRPOLJHECA δείγμ α diente. Jede Schiffsladung Steuerge­ treide hatte eine solche unabhängig aufbewahrte, versiegelte „Probe" mitzuführen, an der nötigenfalls die Qualität des Getreides bei seiner Ablieferung in Alexandreia überprüft werden konnte. Auf einem unversehrt erhaltenen Deigma-Gefäß steht zu lesen: „Oxyrhynchitischer Gau: Ammonios, Sohn des Ammonios, Kapitän des staatlichen Schiffes, dessen Symbol ein „[...]" ist, vertreten durch den Epiploos Lucius Oclatius, Soldat der 22. Legion, 2. Kohorte, utrnieca centuria des Maximus Stoltius, und Hermias, Sohn des Petalos, Kapitän des anderen Schiffes, dessen Symbol „Aegyptus" ist, vertreten durch Lucius Castricius, Soldat der 22. Legion, 4. Kohorte, centuria des Titus Pompeius. Das ist eine Musterprobe (δείγμ α) von dem, was wir ge­ laden haben von der Ernte des 28. Jahres des Caesar, einerseits Ammonios, bis zur Reeling, 433 1/4 Artaben Weizen, andererseits Hermias in gleicherweise 433 1/4 Artaben Weizen, das macht zusammen 866 1/2 Artaben, alle eingeladen durch Leonidas und Apollonios, Sitologen des Φstlichen Teiles der Unteren Toparchie, und wir haben hinzugemessen pro 100 Artaben 1/2 Artabe Weizen. Die Verladung haben wir gemacht vom 2. Hathyr bis zum 4. desselben Monats, und wir haben es jeweils mit unseren beiden Siegeln versiegelt. Das des Ammonios hat als Bild den Ammon, das des Hermias den Harpokrates. 4. Hathyr, 29. Jahr des Caesar". 2. Hand: „Wir, Hermias und Ammonios, haben die Musterprobe versiegelt, 19. Hathyr, 29. Jahr des Caesar". 58 Neben anderen bemerkenswerten Einzelheiten (wie der Beschreibung der Siegel) interessiert vor allem die genaue Nennung der begleitenden Soldaten samt Dienstbeschreibung. Auf jedem Schiff fuhr ein eigener Soldat mit; bei der Anzahl an Getreideschiffen, die aus allen Landesteilen nach Alexandreia segelten, muß eine stattliche Zahl von Soldaten alleine dafür abgestellt gewesen sein. Vielleicht ist es bezeichnend für die generelle Tendenz der Verwaltungsorganisation, wenn man ab dem 2. Jh. auch die Rolle der Epiplooi den Soldaten abgenommen und liturgischen Beamten übertragen hat. Der letzte sicher datierte Nachweis für einen Soldaten als Epiploos ist der oben zitierte P. Oxy. II 276 vom Jahre 77; später anzusetzen sind vielleicht folgende Belege, die jedoch nur paläographisch datiert sind: Ein στρατιώτης έπίπλοος wird in dem stark fragmentierten Privatbrief P. Athen. 63 (Herk. unbek., 2. Jh.) er­ wähnt, und in P. Oxy. ΠΙ 522 (Oxy., 2. Jh.), einer Abrechnung über Aufwendungen beim Korntransport, scheinen in Z. 6 auch Soldaten auf, die wohl als Epiplooi mitfuhren. 58 SB VI 9223 = Doc. Eser. Rom. 66 (Oxy., 2. v.Chr.) mit BL VII 204 und X 196:tsonihedaSPIE Νομ οΰ Όξ(υρυγχίτου)· I Αμ μ ώνιος Αμ μ ωνίου κυβερνήτης πλοίου δημ οσίου ου έπίσημ ον α . . σ,LÔL' έπιπλόου Λουκίου Ούκλατίου στρατιώτου I λεγεώνος κβ σπείρης β κεντερυωνέας (/. κεν­ τυρίας ) Μαξίμ ου Στολτίου, καί Έρμ ίας Πετάλου κυβερνή(της ) έτέρου πλοίου I ου έπίσημ ον Αίγυπτος , δι' έπιπλόου Λουκίου Καστρικίου στρατιώτου λεγεώνος κβ σπείρης δ κεντε­ ρυωνέας (/. κεντυρίας ) I Τίτου Πομ πηίου. Έστιν δ(ε)ΐγμ α οΰ έμ βεβλήμ εθα άπό γενή(μ ατος ) κη (έτους ) Καίσαρος , ό μ έν 'Αμ μ ώνιος είς παράφραγμ α I (πυροΰ) (άρταβών) υλγά ό δέ Έρμ ίας ομ οίως (πυροΰ) (άρταβών) υλγά (γίνονται) ai πά(σαι) at έμ βεβλημ έναι διά Λεωνίδου καί Απολλώνιου σιτολ(όγων) άπηλιώ(του) I μ ερίδος κάτω{ι} τοπαρχ(ίας ) (πυ­ ροΰ) (άρτάβαι) a>|ηS καί προσμ εμ ετρήμ εθα ταΐς εκατόν άρτάβ(αις ) (πυροΰ άρτάβης ) S, την δέ έμ βολήν πεποιΙήμ εθα άπό β του Άθύρ εως δ τοΰ αύ(τοΰ) μ ηνός , καί συνεσφραγίσμ εθα τη άμ φο(τέρων) σφραγϊδι, τοΰ μ έν Άμ μ ω(νίου) I ης (ε)ίκών 'Αμ μ ωνος , τοΰ δέ Έρμ ίου ης <ε)ίκών Άρποκράτης . ("Ετους ) κθ Καίσαρος Άθύρ δ. I (2. Η.) Έρμ ίας καί Άμ ώνις έσφρα­ γίσμ (εθ)α τά δ(ε)ίγμ ατα. ("Ετους ) (κθ) Καίσαρος Άθύρ ιθ. Ein Photo des Gefδίes und der Aufschriftfindetsich in der ed. pr. in JJP 4, 1950, Pl. I. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 312 Bernhard Palme Trotzdem findet man später gelegentlich noch Soldaten und Offiziere, die sich um Verladung und Transport des Steuergetreides kümmern. In diesen Zusammenhang gehört wohl der Bericht eines Erhebungsbeamten für GetreidevutsronmlkihgfedcbaSIDA (σιτοπαραλήμ πτης ) aus dem arsinoitischen Dorf Autodike über die Ablieferung von Steuergetreide an verschiedene Destinationen, der an einenywutsrponmkigfedcbaMEA decurio gerichtet ist.59 In einer eidlich bekräftigen Erklärung an einen Gaustrategen verpflichtet sich ein Liturge, das frumentum emptum nach Alexandreia zu geleiten und dort der Verwaltung der Neapolis abzuliefern „gemäß dem an Dich gerichteten Schreiben seitens des centurio Iulius Macedσn".60 Und um die Mitte des 3. Jh. schreibt ein centuno und έπίκτης [δημ (οσίου) σ]ίτου an den Stellvertreter des Stategen: „Ich habe dafür den stationarius geschickt, aber auch die anderen decemprimi, damit wir die Verladung so rasch wie möglich machen können, wo immer ich es verlange".61 Soldaten des Präfekten werden auch in dem etwa zeitgleichen, in seinem Inhalt nicht völlig verständlichen Brief bezüglich der Verschiffung von Steuergetreide erwähnt62 und treten mehrfach als Zahlungsempfänger in einer Abrechnung über Ausgaben des Korntransportes auf.63 Auch nach der Einsetzung von liturgischen Epiplooi scheinen die Militärs also noch regelmäßig mit der Verfrachtung des Steuergetreides befaßt zu sein. 2vutsrponmlihedcbaTPICA .C. Mitwirkung bei der Epikrisis Einen systematischen Einsatz von Militärs - vor allem der höheren Ränge - greift man bei Maßnahmen der Regierung zur administrativen Erfassung des bürgerrechtlichen Status und der fiskalischen Stellung der Bevölkerung. Büigerzensus, Provinzialzensus, Epikrisis und die (nicht verpflichtenden) Geburtsanzeigen lieferten der Verwaltung die gewünschten Daten. Für die in Ägypten ansäßigen römischen Bürger war der praefectus Aegypti zuständig, für die anderen Bevölkerungsgruppen waren es die Strategoi und Basilikoi Grammateis auf Gauebene. Es erscheint selbstverständlich, daß für den Soldatenstand die Militärverwaltung verantwortlich war. So ist beispielsweise die lateinische Anzeige (testatio) eines Soldaten der cohors II Thebaeorum über die Geburt seiner Tochter im Standlager dieser Truppe in Philadelphia verfaßt und anscheinend bei der Kanzlei der Einheit eingereicht worden.64 59 60 61 62 63 64 B G U I 81 (Ars., 189) mit B L 1 1 6 . Insgesamt geht es um die groίe Summe von όber 2640 Artaben Weizen, von der Teile „fόr die Absendung der annona civica"zyxwvutsronmlkjihgfedcbaZXWVUTSPOM (είς ε κ π ε ( μ ) ψ ι ν εύθηνίας , Ζ. 15­16 und 23­24) abgezogen werden und Teile in den Thesauroi verbleiben. P. Oxy. LX 4063, 8 ­ 9 (Oxy., 183): ... ακολούθως tfj γραφείση σοι υ π ό I [Ί]ουλίου Μ α κ ε δ ό ν ο ς (έκατοντάρχου). P. Oxy. 162 verso = W. Chr. 278,11­17 (Oxy., 242­246) mit BL 1313, III 129 und IV 58: "Επεμ ψα δέ είς τούτο τόν στατιωνάριον άλλά I και τους λοιπούς δεκαίπρώτους ίνα δυνηΙθώμ εν δθεν έάν δέω I την έμ βολήν ποιήσαι I δια τάχους . P. Oxy. XXXIII2681 (Oxy., 259­264) mit BL VII 151; vgl. den Komm, zurtsrponlifedcba ed. pr. P. Wash. Univ. Π 80 (Oxy., 3. Jh.): Zahlreiche Eintragungen betreffen beneficiarli und stationarii. Das Ostrakon SB XIV 11562 (Ars., Mitte 3. Jh.) erwδhnt einen Veteranen beim Transport von Steuergetreide. Die Zahlung „fόr das Marschgeld des Soldaten" (υπέρ εφοδίου στρατιώτου) in P. Lond. ΙΠ 1170, Β 121 (S. 193), (Thead., nach 259) erfolgt wohl auch fόr die militδrische Beglei­ tung eines Transportes. BGU VII 1690 = FERA III 5 = C. Pap. Lat. 160 (Ars., 131); bes. Z. 5­6: Actum P(h)il(adelphiae) I hib(ernis) coh(ortis) II Theb(aeorum) etc. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 313 Umfangreiches Quellenmaterial liegt für die vielleicht jährlich vorgenommene Epikrisis vor, durch welche die Behörde feststellte, wer das römische oder alexandrinische Bürgerrecht besaß, wer zu den Einwohnern der Gaumetropolen gehörte (und alszyxwvutsrponmlkihgfedcbaWVTSNK έπικεκριμ ένος nur den halben Kopfsteuersatz bezahlte), oder wer einfacher, die volle Kopfsteuer zahlender Ägypter (λαογραφούμ ενος ) war.65 Im allgemeinen richtete sich der Status eines Individu­ ums nach dem seiner Eltern, doch war ein gewisser Grad an „social mobility" durchaus ge­ geben, beispielsweise durch die Erlangung des römischen Bürgerrechtes mittels Dienst in einer Auxiliareinheit. Die Durchführung der Epikrisis für Römer und Militärveteranen lag im Kompetenzbereich desyutsrpnigfecbaA praefectus Aegypti.66 Bei Veteranen hatte die Epikrisis nach der Entlassung aus dem Heeresdienst stets festzustellen, daß sie (und ihre Frauen und Kinder) nun das römische Bürgerrecht besaßen. Dies geschah immer auf Veranlassung des praefectus Aegypti, die Durchführung selbst war jedoch in die Hände eines Offiziers gelegt. Überliefert sind vor allem Auszüge aus den Epikrisis-Akten der Präfekten, welche stets dasselbe Gestaltungsschema aufweisen: Zunächst wird die Überschrift (προγραφή) abgeschrieben, in welcher summarisch die verschiedenen Gruppen von Veteranen (austsrolheca alae, cohortes und classes) sowie das Datum der Epikrisis und der Name des Präfekten sowie des Offiziers, bei dem die Papiere (δικαιώμ ατα) der Veteranen depo­ niert wurden, festgehalten sind. Der weitgehend formelhafte Text lautet z.B. in der Fassung von W. Chr. 459 vom Jahre 148: „Die unten angeführten Veteranen, die in Alen, Kohorten oder der Syrischen Flotte Militärdienst leisteten, wobei einige samt Kindern und Enkeln, einige alleine des römischen Bürgerrechts und des Conubium teilhaftig wurden mitsamt den Frauen, die sie damals hatten, als ihnen das Bürgerrecht verliehen wurde, oder, wenn manche unverheiratet waren, mit den Frauen, die sie in der Zwischenzeit heimgeführt haben - jeder jeweils eine - , sowie wiederum andere Veteranen, ohne Militärdiplom, die auch alleine des römischen Bürgerrechts teilhaftig wurden, sie alle wurden auf Befehl des Marcus Petronius Honoratus, praefectus Aegypti, der Epikrisis unterzogen durch Magius Sabinus, tribunus der legio II Traiana Fortis vom 3. Mecheir bis zum 2. des Monats Pachσn des gegenwärtigen 11. Jahres; die Papiere, die sie bei dem vorher genannten Sabinus deponiert haben, sind auf den Namen jedes einzelnen abgelegt".67 Danach folgen, mit Aktenzahl gekennzeichnet, die 65 66 67 Zur Epikrisis s. die ausfόhrlichen Diskussionen bei Nelson 1979, 3^40 mit dem άberblick όber die δltere Forschung S. 3­9 und Kruse 2002,1, 252­271. Gegen die Auffassung der δlteren Forschung, die von unterschiedlichen Epikrisis­Verfahren und insbesondere von einer militδrischen Epikrisis ausging, hat bereits Lesquier 1912, 175­201 festgestellt, daί es nur ein einziges Verfahren gegeben hat. Zur Epikrisis von Veteranen vgl. Kruse 2002, II, 638­640. Eine Zusammenstellung der vom praefectus Aegypti durchgefόhrten Epikriseis gibt Haensch 1992, 290­293. BGU1265 = W. Chr. 459 = Doc. Eser. Rom. 93, 3­18 mit BLIV 4 und VIII21 (Ars.): OlutsoniPIA ύπο]Ιγε­ γραμ [μ ένοι] ούετρανοί στρατ[ευσάμ ενοι έν ε'ιλαις ] I και σπείραις και έν κλάσση Συρι[α]κη εν[ε]ιοι μ [έν έπιτυχόντες ] I σύν τέκνοις και έγγόνοις , ετεροι{ς } μ ό[νο]ι τή[ς 'Ρωμ αίων] I πο­ λιτείας και έπιγαμ ίας προς γυν[αικ]ας , [ας τότε ειχον,] I οτε τούτοις ή πολ{ε}ιτεία έδ[ό]θη (ή) ει τ[ινες άγαμ οι ειεν,] I [π]ρός ας εάν μ εταξύ άγάγων (/. άγάγωσι) τοΰ μ έχρ[ι μ ιας έκαστος , ετι δέ] I και ετεροι ούετρανοί οί χωρίς χαλκών πάντες [και αύτοί έπι]1τυχόντες μ όνοι της 'Ρωμ αίων πολ[ιτ]είας [έπεκρίθησαν] I έξ ένκελεύσεως Μάρκου Πετρωνίου [Ό]νω[ράτου έπάρχου] I Αιγύπτου δ[ι]ά Μαγίου Σαβείνου χ{ε}ιλιάρ[χο]υ λ[εγεώνος β] I Τρακινης Ισχυρός άπό Μεχείρ γ ε[ως ] β τοΰ Παχ[ών μ ηνός ] I [τοΰ ένε]στώτος ια (έτους )... (Antonius Pius) ... α. δέ παρέθεντο] I [δικαι]ώμ ατα τω προγεγρ(α)μ [μ ένω] Σ[α]βε[ίνω, Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 314 Bernhard Palme Abschriften der von jedem Veteranen individuell gefόhrten Verhandlung. In Dokumenten wie diesem kommt durchsed διά unmiίverstδndlich zum Ausdruck, daί der Offizier (hier ein xutsrponm tribunus) als Vertreter des Prδfekten handelte, gelegentlich wird sogar explizit gesagt, daί die Durchfόhrung „auf Befehl" (έξ έγκελεύσεως ) des Prδfekten erfolgte. 68 Ein Vergleich der Akten zeigt, daί der Prδfekt die Epikrisis von Veteranen stets an einen hohen Offizier delegierte.69 Besonders anschaulich macht dies eine Aufstellung όber durch­ gefόhrte Epikriseis in P. Wash. Univ. 13, Kol. II (Oxy.?, Anf. 3. Jh.), wo jeweils der mit der Durchfόhrung befaίte Offizier genannt ist; dreimal waren dies tribuni, einmal ein praefectus classis. Epikrisis­Akten, in denen Offiziere auftreten, liegen von der Mitte des 1. Jh. bis zum Beginn des 3. Jh. vor; danach war die Epikrisis von Veteranen durch die Constitutio Antoni­ niana όberflόssig geworden. Vier Offiziersrδnge ­ allesamt Truppenkommandaturen der rit­ terlichen tres militiae ­ wurden fόr die Epikrisis herangezogen: In etwa zwei Drittel der Be­ lege ist es ein tribunus einer bzw. der in Δgypten stationierten Legion, 70 einige andere Male ist ein praefectus classis Alexandrinae71 genannt, ansonsten wurde gelegentlich ein praefectus alae72 oder ein praefectus cohortis73 herangezogen. Ein Prinzip, nach welchem einmal dieser, ein andermal jener Offizier den Auftrag bekam, ist nicht ersichtlich. 68 69 70 71 72 73 έκάσΙτψ όνόμ ]ατι παράκ[ει]ται. ­ Vergleichbare Urkunden mit ähnlichem Wortlaut sind etwa P. Hamb. 131a (Ars., 126-138), BGU1113 (Herk. unbek., nach 140), SB 15217 (Thead., 148), SB VI 9228 (Syene, nach 160), PSI V 447 (Oxy., 166/7), P. Oxy. XII 1451 (Alex., 175), BGU III 847 (182/3) etc. Zum Verfahren vgl. Link 1989, 119f. So etwa in P. Stras. IV 281, 1-8 (Herk. unbek., 142): ε[π]άρ[χ]ω [σ]τ[ό]Ιλου και έπί των I κε­ κριμ ένων I έξ ένκελεύσ[εως ] I διά άναφορίου του I κρατίστου ήγεμ όΙνος Άουιδίου 'Ηλι[ο]Ι[δώ]ρσυ. Ähnlich in SB I 5217 = FIRA III 6, 3-5 (Thead., nach 148):utsrplfeca εξ ένκε[λεύσε]ως Μάρκ[ου Π]εΙτρωνίου Όνα[ρά]του [έπ]άρχου Αίγύπτο[υ διά] Μαγίου Σαβε[ίνου] I χ{ε}ιλιάρ[χο]υ λε[γε]ωνος [δ]ευτέρας Τραια[νη]ς Ίσχυρά[ς . Vgl. auch die Erwähnung des Tribunen in Z. 27. Nelson 1979,42 und 68-73. P. Mich XIV 676, 12-13 (Oxy., 272): In diesem Epikrisis-Ansuchen für das Gymnasium wird die Epikrisis der Vorfahren bis zurück in das 3.-5. Regierungsjahr des Nero zitiert (56/7-58/9). - P. Oxy. XLVI3279, 19-21 (Oxy., 148/9): Auch in diesem Epikrisis-Ansuchen für das Gymnasium wird die Epikrisis der Vorfahren bis in das 3.-4. Regierungsjahr des Nero (56/7-57/8) zitiert. - P. Strasb. V 340 = Doc. Eser. Rom. 90 mit BL V 39 (Ars., nach 117). - BGU 1113 = W. Chr. 458 = FIRA III 7a = Doc. Eser. Rom. 92 (Alex., 140), bes. Z. 10-11 mit BL III 8; vgl. den Kommentar von U. Wilcken, loc. cit. - P. Diog. 6, 2-4- (Ars., 142). - P. Diog. 7, 2-4 (Ars., 143), vgl. auch Z. 32-33. - SB I 5217 = FIRA III 6, 3-5 (Thead., nach 148). - PSI V 447, 3-4 (Oxy., 166/7) mit ZPE 17,1975, 282 und 291 zum Datum. Der Tribun wird im selben Zusammenhang auch in Z. 13-14 und Z. 16 erwähnt. - BGU ΠΙ847 = W. Chr. 460 = Doc. Eser. Rom. 96 (182/3) mit BL V 13, Z. 2­5. Der Name des Tribunen ist nach Z. 8 verläßlich ergänzt. - SB IV 7362 = Sei. Pap. II 315 = FIRA III 7b = Doc. Eser. Rom. 97 (Karanis, 188). P. Stras. IV 281, 1-8 (Herk. unbek., 142). - SB VI 9227 = Doc. Eser. Rom. 95A, 3-6 (Syene, nach 160); vgl. auch die Abschrift des Auszuges in SB VI 9228 = Doc. Eser. Rom. 95B (Syene, nach 160). - BGU IV 1032,15-16 (Ars., nach 173). - P. Oxy. ΧΠ 1451,12­14 (Alex.?, 175); vgl. die Er­ wähnung des praefectus classis auch in Z. 1-2 und Z. 16. - P. Oxy. LVIII 3920 (Oxy., nach 214?). P. Hamb. I 31a = Doc. Eser. Rom. 91, 9-10 (Ars., 126-138, zum Datum s. ZPE 13, 1974, 285). BGU ΠΙ 780 = Doc. Eser. Rom. 94 (Ars., 155­159). Der Name (und Titel?) des praefectus alae waren schon in der Lücke von Z. 5 erwähnt. - P. Stras. ΠΙ 146, Ζ. 8­10 = Neudruck von SB V 8261 (Ars.?, 156­159). Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 315 2.d. Mitwirkung beim Zensus Mit der Epikrisis hing der Provinzialzensus nicht nur sachlich, sondern anscheinend auch organisatorisch zusammen. 74 Dem Zensus der peregrinen Bewohner Ägyptens, der seit der Regierungszeit des Augustus bis nach der Mitte des 3. Jh. alle 14 Jahre durchgeführt wurde, gingen des öfteren sog. Reintegrationsedikte voraus, welche diejenigen Personen, die sich (illegal) außerhalb ihrer Heimatbezirke aufhielten, zur straffreien Rückkehr aufforderten. 75 Als begleitende Maßnahme zur Abwicklung des Zensus verfolgten diese Anordnungen zugleich das Ziel, die durch SteuerfluchtutronihedcbaSA (άναχώρησις ) oder Suche nach Arbeit in die Städte insbesondere natürlich Alexandreia - abgewanderten Menschen wieder in ihre Dörfer und auf die Felder zurückzuführen. Ein solches Edikt des praefectus Aegypti C. Vibius Maximus wird in dem größeren Textkonvolut von P. Lond. III 904, Kol. II aus dem Jahre 104 wörtlich zitiert. Für unsere Fragestellung ist die Verlautbarung von Z. 28-41 relevant: „Da ich freilich weiß, daß unsere Stadt (Alexandreia) einige der Leute aus der Chora braucht, wünsche ich, daß alle, die für ihr Verbleiben hierorts triftige Gründe vorbringen können, ihre Zensusmeldung bei dem praefectus alae Bull[..] Festus einreichen, den ich dafür eingesetzt habe. Von ihm werden auch diejenigen, welche die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit nachweisen, die subscriptio (amtliche Beglaubigung) gemäß diesem Edikt bis zum 30. des gegenwärtigen Monats Epeiph empfangen. Die anderen sollen innerhalb von [xx] Tagen heimkehren. Wenn aber einer außerhalb dieser Fristen ohne subscriptio angetroffen wird, soll er schwer bestraft werden .. .", 76 Der Statthalter setzt als Anlaufstelle also einen praefectus alae namens Festus für spezielle Deklarationen bzw. Ansuchen jener Personen ein, die zwingende Gründe für ihren Aufenthalt in Alexandreia nachzuweisen vermochten. Festus kann nach Abwägen der Gründe diesem Ansuchen stattgeben, indem er die eingereichte Apographe unterzeichnet, wie üblich. Man wird davon ausgehen dürfen, daß auch die Überprüfung, wer nach einer bestimmten Frist noch ohne solchen Erlaubnisschein angetroffen wird, dem Festus und seiner Reitereinheit überantwortet war. Hier zeigt sich, wie ein Kommandant (samt seiner Truppe) zu einer konkreten Aufgabe, die in diesem Fall quasi am Schnittpunkt zwischen Verwaltungs- und Polizeidienst lag, ab- 74 75 76 Zum Provinzialzensus s. Wallace 1937, 96­115; Hombert/Prιaux 1952; Bagnali 1991, 255­265; Palme 1993, 1­24; Bagnall/Frier 1994, 1­30. Solche „Reintegrationsedikte" sind die gleich zu besprechenden Edikte des Vibius Maximus vom Jahre 104, des Sempronius Liberalis vom Jahre 154 und der Erlaί des Kaisers Caracalla (P. Giss. 40, Kol. II vom Jahre 215); δhnliche Maίnahmen sind auch in P. Flor. I 6 (Herrn, 210) angesprochen. Zur Steuerflucht: Braunert 1964, bes. 158­179 undders. 1955/6, bes. 260­293. Link 1993,306­320. Eine Zusammenstellung der papyrologischen Evidenz zur Anachorese gibt Strassi 1988,76­91. P. Lond.yurpoliheaWSPMKJIC ΠΙ 904, Kol. II (S. 125), 18­43 = W. Chr. 202 = Meyer, Jur. Pap. 2a = Sei. Pap. Π 220 = Deiί­ mann 1924, 231f. mit Abb. 50 auf S. 233 (Alex., 104): Είδώς μ έντο[ι δ]τι ένίων των [από] I της χώρας ή πόλις ημ ών εχει χρε[ίαν] I βούλομ [αι] πάντα[ς τ]ούς εϋ[λ]ογον δο[κοΰν]Ιτα[ς ] εχειν τοΰ ενθάδε έπιμ ένιν [αί]Ιτίαν άπογράφεσ[θ]αι παρά Βουλλ . . [ . . . ] Φήστψ έπάρχω[ι] εϊλης , δν επί, το[ύτφ] I έταξα, οΰ και τάς [ΰ]πογραφάς οί άποδ[εί]Ιξαντες άναγκ[αίαν α]ύτών την παρου[σίαν] I λήμ ψοντα[ι κατά τ]οϋ[τ]ο τό παράγγελμ [α] I εντός [της τριακάδος τοΰ έν]εσ[τ]ώτος μ ηΙνός Έ[πείφ, τούς δε άλλους έ]πανελθεΐν I μ εθ' ή[μ έρας .. · εάν δέ τις χωρί]ς ύπογραφή[ς ] I τοΰ έπιλ[οίπου χρόνου εΰ]ρεθήι, ού I μ ετρίω[ς ζημ ιωθήσεται κτλ. Ergδnzungs­ vorschlδge nach Schubart 1951, 153. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 316 Bernhard Palme gestellt wurde. Vermutlich gab es dergleichen „begleitende" Maßnahmen bei jedem Provinzialzensus. Außergewöhnlich ist hingegen, daß auch die Anordnung des Provinzialzensus, die im Regelfall vom Präfekten allein ausging, von einem Offizier mitgetragen wurde. Ein solcher Fall ist für das Jahr 230/1 bekannt geworden.77 Am deutlichsten ist die Rolle des Militärs bei der Durchsetzung der Reintegrationsmaßnahmen im Edikt des Präfekten M. Sempronius Liberalis vom Jahre 154 angesprochen. Die Personen, welche sich illegal außerhalb ihrer angestammten Wohnorte aufhalten, werden unterschieden in einerseits ÜbeltäterzutsronmlkihgedcbaDB (κακούργοι), die sich in Banden zusammengerottet ha­ ben und sich Übergriffe (έφοδοι) und Diebstahl zuschulden kommen ließen, und andererseits solchen, die in Ruhe wieder ihrer Feldarbeit zugeführt werden können. Der Präfekt richtet folgende Worte an sie: „Sie sollen wissen, daß sowohl denxutsrponihgfedcaR egregii Epistrategen als auch den Strategen und den Soldaten, die von mir zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Sicherheit in die Chora entsandt worden sind, Befehl gegeben wurde, einerseits die bevorstehenden Angriffe zu verhindern, ihnen vorzubeugen und zuvorzukommen, andererseits die schon passierten Angriffe aber sofort zu verfolgen und die auf frischer Tat ertappten Übeltäter - aber nicht über die Vorfalle in dieser Räuberei hinaus - in Untersuchung zu ziehen, andere jedoch von den damals Proskribierten, die sich beruhigen und in der Heimat sich der Landwirtschaft widmen, nicht weiter zu belästigen".78 3. Rechtspflege 3.a. Rechtsprechung Im römischen Ägypten wurde die Gerichtsbarkeit bekanntlich vom Statthalter im Namen des Kaisers ausgeübt79. Der Statthalter konnte die Prozeßvorbereitung und auch die Urteilsfindung an Prokuratoren wie den Iuridicus, den Idios Logos oder die Epistrategen delegieren oder eine andere geeignete Person als iudex pedaneus einsetzen. Als ein solcher leitete im Jahre 124 ein praefectus cohortis auf dem Konvent (Z. 36) einen Erbschaftsprozeß zwischen 77 78 79 P. Oxy. XLII 3077, 3­9 (Oxy., 230/1) mit BL X 151 und XI 167:yxwutsrponmlihgedcbaZXWUSRPOLK κ[ατά τά κελευσθέντα υπό] I Αυρηλίου Ζήνωνος Ιανουαρίου του λαμ (προτάτου)] I στρατηλάτου και Κλαυ[δίου Μασ­ κουλείνου] I του λαμ πρότατα (/. λαμ προτάτου) ήγεμ [ονεύσαντος άπογρ(αφόμ εθα) προς ] I την του διελθ(όντος ) θ (έτους ) Μάρ[κου Αυρηλίου Σεουήρου] I Αλεξάνδρου Καίσαρος τ[οϋ κυρίου κατ' οίκίαν] I άπογρ(αφήν) κτλ. Auch in P. Lond. III 946 (Herrn., 231) und in PSIX 1112 (Oxy., 231) sind beide genannt. Anscheinend war der Prδfekt vor dem Abschluί des Zensus abgelφst worden; vgl.: ήγεμ ονεύσαντος . BGU II 372 Kol. II 5­15 = W. Chr. 19; die maίgebliche Edition ist jene von Strassi 1988,1­75, wie­ derabgedruckt als SB XX 14662: "Ιστωσαν, οτ[ι] κ[α]ί τοις κρατίστοι[ς ] έπιστρατήγοις I και τοις σ[τ]ρατηγοϊς και τοις πε[μ ]φθεισι ύπ' έμ [οΰ] I προς την της χώρας άσφάλειαν καί άμ ε­ ριμ νίαν I στρατιώταις παρήγγελ[τ]αι, τάς μ έν άρχομ ένας I εφόδους κ[ω]λΰειν, προορώντας καί προαπανΙτώντας , τάς [δε γ]ενομ ένας παρ[α]υτίκα έπιδιώΐκειν κα[ί] το[ύς ] λημ φθέντας έπ' αΰτ[ο]φ[ώρ]ω καΐκούργους μ [η]δέν περαιτέρω των έν αύτη τη I ληστείς ι γενο[μ ]ένων έξετάζειν, άλλοις δέ των ποίτε προγραφ[έ]ντων ήσυχάζουσι καί έν τη οίΙκείς ι τή γεω[ργ]ίς ι προσκαρτεροϋσι μ η ένοχλεΐν. Zur Rechtsprechung im rφmischen Δgypten s. generell Anagnostou­Caρas 1991. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 317 Ägyptern. Gleich zu Beginn des Verhandlungsprotokolls wird die Einsetzung des Offiziers durch den Präfekten klipp und klar zum Ausdruck gebracht: „Aus dem Akt des Protokolls des Blaesius Marianus,yxvutsrponmligfedcbaA praefectus der cohors I Flavia Cilicum equitata, delegiert durch Aterius Nepos, vir egregius, praefectus (sc. Aegypti)"ß° In gleicher Weise war wohl auch der tribunus Iulius Quadratus, der im Jahre 121/2 einen Prozeß leitete, in das Richteramt eingesetzt worden.81 Das klarste Beispiel für einen centuno als iudex datus ist in dem berühmten Urteil P. Mich. III 159 (37-43) in einem Erbschaftsstreit unter Soldaten formuliert (Z. 5-10): „ ... und für diesen Prozeß hat L. Selius Laetus, praefectus castrorum, den P. Matius, centuno der legio III Cyrenaica, als Richter eingesetzt und ihm befohlen, ein Urteil zu fällen. P. Matius, centurio der legio III Cyrenaica, hat sich als Beisitzer M. Marcius P. f. Fai. Optatus, decurio der ala Xoitana, und L. Herennius Valens, decurio der ala Apriana, und Octavius Domesticus, decurio der ala Vocontiorum, hinzugezogen, und hat, nachdem der Fall von beiden Seiten vorgetragen und die Sicherstellungen verlesen waren, ein Urteil gesprochen und in diesem Urteil zum Ausdruck gebracht... etc.".82 Der praefectus castrorum setzt den centurio P. Matius als Richter ein mit dem Auftrag, die Causa zu entscheiden. Matius wählt drei decuriones - wohl mit Bedacht aus drei verschiedenen Alen - als Beisitzer, verhandelt die Causa und fällt ein Urteil. Daß der Rechtsstreit innerhalb des Militärs ausgetragen wurde und ursprünglich der praefectus castrorum damit befaßt war, hat seinen Grund wohl darin, daß beide Parteien dem Soldatenstand angehörten. Ein zeitlich weit entferntes, aber sachlich unmittelbar anschließendes Testimonium für die Einsetzung eines Offiziers als Richter liegt in einer Urkunde über die Aufteilung von Landbesitz vor, die aus den Jahren 256-261 stammt. In Z. 9-10 wird festgehalten, daß die Besitzteilung „auf Befehl des vir clarissimus Mussius Aemilianus durch den iudex datus Demetrius, centurio des ehrenwerten princeps praefecturae" erfolgt ist.83 Richterliche Kompetenz kommt anscheinend auch dem praefectus vigilum zu, an den die Deklaration einer Frau gerichtet ist, daß sie die rechtmäßige Erbin ihrer verstorbenen Tochter sei.84 Ein gewisser juristischer Sachverstand, der Voraussetzung für einen solchen Einsatz von Militärs ist, scheint insbesondere bei Offizieren ritterlichen Standes nicht selten gewesen zu sein. So nennt das 80 81 82 83 84 Έκ τόμ ου [υπομ νημ α­ CPR118 = Stud. Pal. XX 4 = M. Chr. 84 = Jur. Pap. Nr. 89,1­3 (Ars., 124):zyxvutsronmlkihgedcbaXVTRPOKIF τισμ ών [Β]λαισίου Μα[ρ]ιανοΰ έπαρχου' σπείρης I πρώ[τ]ης Φλαουίας Κιλίκων [ί]ππικής έξ iudex pedaαναπομ πής Άτερίου I [Νέπω]τος του κρατίστο[υ ήγ]ε[μ ]όνος . Die Delegation alsyxvutsrqponmljihgfedcbaX neus geht aus dem έξ αναπομ πής hervor. P. Tebt. II 488 (Tebt., nach 121/2): Das stark beschδdigte Bruchstόck enthδlt einen Teil des Proto­ kolls aus diesem Prozeί. P. Mich. III 159 = C. Pap. Lat. 212 = Ch. L. Α. V 280 = FIRA III 64, 5­10 (Ars.?, 37­43):... inque earn rem L. Selius Laetus praefectus castrorum P. Mattium (centurionem) leg. IH Cyrenaicae iudicem dedisset iudicareque iussiset. S(upra) s(criptus) Matius (centurio) leg. III Cyr(enaicae) adhibitis sibi in Consilio M. Marcio P. f . Fai. deq(urione) ala Xoitana [et] L. Herennio Vale[nt]e deq(urione) ala Apri[ana] et Octavio Domestico deq(urione) ala Vocontiorum causa ex [utrajque parte per[ora]ta cavitionibusque perlectis sent[en]tia[m dixit qua] sententia [pronujntiavit etc. P. Oxy. XIV 1637, 9­10 (Oxy., 256­261): έξ ένκελ(εύσεως ) του λαμ π(ροτάτου) Μουσσίου Αίμ ιλ[ιανοΰ διά κριτοϋ τοΰ] I δοθέντος Δ ημ ητρίου (έκατοντάρχου) του άξιολ(ογωτάτου) πρίγκιπος της ή[γεμ ονίας ; zur Ergδnzung von κριτοΰ vgl. den Komm, ad loc. P. Oxy. XIX 2231 (Oxy., 241): agnitio bonorum possessionis. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 318 Bernhard Palme Protokoll einer Verhandlung vor dem Tribunal desyvutsrponmlkihgfedcbaOLA praefectus Aegypti bei einem conventus der Jahre 176­179 als Mitglieder seines consilium neben dem Dioiketes und einem Epistra­ tegen auch den praefectus classis und einen tribunas.85 Einigen Papyri aus der Zeit der Adoptivkaiser erwδhnen im Zusammenhang mit Recht­ sprechung das Amt eineszxwvutsrponmlkihgfedcbaWVUSRPOMJIGFEDCB επί των κεκριμ ένων, wobei die rechtshistorische Forschung uneins ist, ob dieses Organ auch Urteile sprechen und revidieren konnte, oder ob es die Ur­ teilsfindung als Rechtsexperte durch Fachgutachten vorzubereiten hatte, oder ob es gar nur ein mit dem Vollzug betrauter Justizbeamter war. Die angewendeten Vollmachten (Beugehaft etc.) deuten darauf hin, daί seine Kompetenz sich zumindest auf die Prozeίfόhrung, wahr­ scheinlich auch auf die richterliche Entscheidung erstreckte, aber vφllig sicher ist dies nicht.86 In fόnf von acht Fδllen fόhrt der επί των κεκριμ ένων einen militδrischen Titel, in den anderen Fδllen kφnnte der lateinische Name in dasselbe Milieu weisen:87 επί Σεντίου Μαξίμ [ο]υ χ[ι]λιάρχου του επί I M. Chr. 88, Kol. V 32-VI 2 (Alex, oder Ars., nach 142):yxwvutsrponmlkihgfedcbaVUTSRPOMKIGEDCBA των κεκρ[ι]μ ένων: Das Verfahren ging erst auf den έπί των κεκριμ ένων über, als der Beklagte in den Militärdienst eingetreten ist. P. Stras. IV 281IV, 1-8 (Herk. unbek., 142): - - ] ε[π]άρ[χ]φ [σ]τ[ό]Ιλου και έπί των I κεκριμ ένων I έξ ένκελεύσ[εως ] I δια άναφορίου τοΰ I κρατίστου ήγεμ όΙνος Αου ιδίου Ήλι[ο]Ιδώρου. P. Oxy. II 237, Kol. VIII (Oxy., nach 186): Ein Advokat unterrichtet den έπί των κεκριμ ένων, Sallu­ stius Africanus, έπαρχος στόλου, über einen besonderen Rechtsfall in Mitgiftangelegenheiten und erhält Rechtsauskunft. P. Stras. III 146 = SB V 8261 (Ars.?, 156-159): In einer Klageschrift an den Präfekten ist das Protokoll eines έπί των κεκριμ ένων, des Kohortenkommandanten Iulius Proculus, eingelegt. BGU II 613 = M. Chr. 89, 5­6 (Ars., 161?): [± 7] Φαβρικιανω έπάρχωι ειλης και έπί των κε­ κριμ ένων), vgl. auch Ζ. 5­6: Φαβρικιανφ [έ]πάρχψ εϊλ(ης ) και έπί των [κεκριμ έν(ων)..]: Ein­ gabe des Veteranen Tiberius Tiberinus. Der έπί των κεκριμ ένων soll ein vomyutsrpigfecaA praefectus Aegypti er­ gangenes Urteil vollstrecken. Wie beim Epikrisis­Verfahren sind es auch hier stets Offiziere aus dem Ritterstand, die als έπί των έπικεκριμ ένων eingesetzt werden. Bei M. Chr. 88, BGU II 613 und P. Stras. ΠΙ 146 sind Soldaten oder Veteranen am Prozeί beteiligt, was die Vermutung nahelegt, daί Offiziere immer dann eingesetzt wurden, wenn der Rechtsstreit Militδrpersonen betraf. 3.b. Lokale Ordnungsmacht In einen Kernbereich der auίermilitδrischen Agenda des rφmischen Militδrs in Δgypten fόh­ ren die Petitionen der einfachen Landbevφlkerung an centuriones, decuriones oder beneficiarli. Bislang sind όber 50 Urkunden dieser Art auf Papyrus aufgetaucht.88 Bei aller Vorsicht, die stets bei statistischen Auswertungen des (publizierten) Quellenbefundes angebracht ist, 85 86 87 88 SB XVI 12749,4 (Herk. unbek., 176-179):... π[αρ]όντων έν συμ βου[λίψ. Rainer 1983, 109­116 mit Besprechung der Testimonien und Verweisen auf die ältere Forschung. Keinen militärischen Titel nennen: SB VI 9252 = P. Fam. Tebt. 19 (Ars., 118): Cascelius Geminus; P. Ross. Georg. II 20 (Ars.?, 145-147): Cerealis; P. Fouad 126 (Ars., 158/9): Severus. Listen der Belege bei Aiston 1995, 88-90 und zuletzt bei Whitehorne 2004, 161-169, bezüglich derutronmifedcba benéficiarii Nelis-Clιment 2000, 227-243. Aufgrund der Formulierung τω διακειμ ένφ έν τω Άρσινοείτη έκατοντάρχτ) in Ρ. Mich. VI425, 5 (Ars., 198) könnte man annehmen, daß in jedem Gau nur ein centurio bzw. decurio oder beneficiarmi stationiert war. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 319 besitzt diese stattliche Zahl doch eine gewisse Aussagekraft. 89 In diesen Petitionen wenden sich allerlei „kleine Leute" der ägyptischen Chora an den nächsten greifbaren Repräsentanten der staatlichen Gewalt, um in einem Problemfall rasche Hilfe zu erlangen. P. Mich. III 175 vom 18. April 193 aus dem Dorf Soknopaiu Nesos am nordwestlichen Rand des Fayum ist nicht untypisch und sei hier alsutsrponmifedcba pars pro toto gebracht: „An Ammonius Paternus, centurie, von Melas, Sohn des Horion, aus dem Dorfe Soknopaiu Nesos, Priester des in dem Dorfe befindlichen Gottes. Es gehört mir und meinen Cousins Phanesis und Harpagathes im gemeinsamen Besitz zu gleichen Teilen, (ererbt) vom Großvater mütterlicherseits, in eben diesem Dorfe ein ummauerter freier Platz, wo wir Jahr für Jahr unser Heu deponieren. Als kürzlich der eine (Cousin), Harpagathes, gestorben ist, kam sein Anteil zu gleichen Teilen auf uns beide. Gestern aber, am 22., als ich mein Heu auf dem Platz deponieren wollte, ging mich Phanesis gewaltsam und ungeniert an, beanspruchte mein Heu und ließ es mich nicht in unserem Teil deponieren, sondern versuchte, mich daraus zu vertreiben und für sich alleine zu beanspruchen, was mir gehört, wobei er auch noch mit größter Brutalität gegen mich vorging. Daher ersuche ich Dich, zu befehlen, daß er überstellt werde, damit ich Deiner dementia teilhaftig werde. Das Glück sei Dir hold!" 90 Zumeist sind es solche Konflikte des Alltags, die an den centurio herangetragen werden: Besitzstreitigkeiten, Körperverletzung, Diebstahl, Flurschaden etc. Für die Betroffenen waren sie freilich keine Kleinigkeiten. Auch die Delikte sind mitunter keine Bagatellen; nur die betroffenen Leute sind eben „klein". Was die Leute durch die Petitionen unmittelbar erreichen wollen, ist nicht immer klar formuliert. In manchen Fällen soll der centurio sofort Abhilfe schaffen und z.B. die Rückerstattung des gestohlenen Gutes bewirken. In anderen Fällen erbittet man die Bestrafung eines Übeltäters. In etwa zehn Bittschriften ersucht man den centurio, eine Untersuchung einzuleiten und deren Ergebnis schriftlich niederzulegen. Solch ein amtlicher Bericht diente zur Vorlage bei einem späteren Gerichtsverfahren und sollte bestimmte Fakten - beispielsweise Körperverletzung - mit amtlicher Beglaubigung festhal89 90 Zum Vergleich: Bislang haben wir z.B. etwas mehr als 300 Zensusdeklarationen, von denen insge­ samt mehrere Millionen existiert haben mόssen. Analog dazu kφnnen auch die Petitionen an centuriones, benéficiarii und decuriones ursprόnglich nicht ganz wenige gewesen sein. Whitehorne 2004, 158­160 macht auf die ungleiche rδumliche Streuung dieser Urkunden aufmerksam: Eine auffδllige Konzentration zeigt sich im Arsinoites, wδhrend aus dem (ansonsten gleich gut dokumentierten) Oxyrhynchites vergleichsweise wenige Petitionen an Militδrs vorliegen. Die Grόnde dafόr kφnnten einerseits in einer stδrkeren Prδsenz des Militδrs und andererseits einer hohen Arbeitsauslastung der zivilen Behφrden (Strategen) im Arsinoites zu suchen sein. P. Mich. III 175 = Doc. Eser. Rom. 77 (Sokn. Nes., 193):IΆμ μ ωνίψ Πατέρνω (έκατοντάρχη) I παρά Μέλανος Ώρίωνος άπό κώμ ης ΣοΙκνοπαίου [Ν]ήσου ιερέως του δντος έν τη I κώμ η θε[ο]ΰ. 'Υπάρχει έμ οί τε και τοις άΙνεψιοϊς μ [ο]ν Φανήσ(ε)ι και Άρπαγάθη κοιΙνώς έξ ίσου παππικόν κατά μ ητέρα έν τη I αύτη κώμ η ψ{ε}ιλός τόπος περιτετ(ε)ιχισμ έΙνος ενθα [ά]πο­ τιθόμ εθ[α] (Ι. άποτιθέμ εθα) κατ' ετος δν εχοΐμ εν χόρτον. Τοΰ ούν ενός Άρπαγάθου ύίπογύως τελευτήσαντος και τοΰ μ έρους I αΰτοϋ καταντήσαντος εις άμ φοτέρους I έξ ίσου, εχθές , ήτις ήν κβ, έμ οϋ άποτιθοΙμ ένου (/. άποτιθεμ ένου) έν τφ τόπψ τον ήμ έτερον χόρΙτον ό Φανήσις βιαίως και αύθάδως I έπελθών έκσπετέρισεν (/. έσφετέρισεν) μ ου τόν χόρτον οΰΐκ έάσας μ ε έν τφ ήμ ετέρφ μ έρ(ε)ι άποτίίθεσθαι έπιχειρών έκ τούτου άποθεΐν (/. άπωθεΐν) I μ ε και αυτόν μ όνον άντιποιείσθαι τοΰ μ οι I προσήκοντος ου μ όνον άλλά και τήν άνωΙτάτην μ οι ϋβριν παρεΐχεν. "Οθεν άξιώ κελεΰΐσε (ί. κελεΰσαι) μ εταπεμ φθήναι αυτόν ίνα δυνηθώ της I άπό [σ]οΰ έπι(ει)κ(ε)ίας τυχεΐν. Δ ιευτύχει. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 320 Bernhard Palme praefectus Aegypti) ten.91 Gelegentlich sollte der Soldat die Petition aber an den Richter (denyutsrponigfedcaA weiterleiten und selbst nur das Duplikat behalten. Dies ist unmißverständlich in der Eingabe wegen ungerechtfertiger Nominierung für ein liturgisches Amt ausgedrückt, die ein Ratsherr im Jahre 267 eingereicht hat. Da der Epistratege eine frühere Eingabe abgewiesen hat, legt der Ratsherr seine Bittschrift zu Füßen der Kaiserstatue nieder, damit sie der wachhabende SoldatzwvutsrponmlkihfedcaWTNDB (στατίζων) weiterleite.92 Welche Autorität ein centurio vor Ort besaß, ist besonders deutlich einer Eingabe zu entnehmen, die ein Metropolit an die δημ όσιοι des Dorfes Thea­ delphia richtet; um seiner Bitte Nachdruck zu verleihen, schließt er mit den Worten: „Somit reiche ich diese Petition ein, damit Ihr die Untersuchung durchführt, bevor ich etwa einen Bericht an den centurio regionarius richte".93 In einigen Fällen wird der centurio sogar selbst als eine quasi-richterliche Instanz angerufen, die in einem Rechtsstreit oder Konflikt entscheiden soll. Manchmal mag der Offizier diesem Begehren stattgegeben haben, doch sind das individuelle Einzelfalle und keine Akte einer offiziellen oder gar regelmäßig ausgeübten Jurisdiktion, denn die Militärs besaßen keine Urteilsbefugnis.94 Im übrigen ist den Petitionen natürlich nicht zu entnehmen, wie der Offizier dann entschieden hat oder welche Schritte er veranlaßte. Wenn die Petitionen an centuriones insgesamt auch als Anzeichen eines gewissen Vertrauens der Bevölkerung in das Militär als Ordnungsmacht gesehen werden dürfen, so läßt sich andererseits denken, daß die Stellung eines Offiziers vor Ort und die damit verbundenen Amtshandlungen nicht immer dazu angetan waren, sich nur Freunde zu machen. Die Eingabe P. Brem. 37 erwähnt die Ermordung eines decurio, wobei jedoch unklar bleibt, ob ein Zusammenhang mit dessen Amtsausübung bestand.95 Am Rande sei angemerkt, daß bisweilen auch harmlose Ansinnen in der Gestalt solcher Bittschriften an die Militärs herangetragen wurden. So richtete der Dorfvorsteher von Sokno- 91 92 93 94 95 Dies hat M. Peachin (im Druck) in einer peniblen Studie, die ich schon vor ihrer Publikation lesen durfte, gezeigt. Der Vorgang ist im όbrigen in den Akten eines Liegenschaftsprozesses im sog. Sa­ tabus­Archiv, SB X 10308, 8­13 (Sokn. Nes., 15 n.Chr.) ganz klar angesprochen:vutsroniedc centurio, Stratege und Basilikos Grammateus sollen die Untersuchung durchfόhren und deren Ergebnisse beim con­ ventus (dem Prδfekten) vorlegen:utsronmkihgedcaVTSPIEDB Αίτησαμ ένωι Σαταβ[οΰτι] χρ[όν]ον εις την I έπί τόπων άπόδ(ε)ιξιν ύπερεθέμ [ην] εις διάκρισιν I Α[ο]κρητίου έκατοντάρχου και τοΰ [σ]τρατηγοΰ και βασιίλικοΰ γραμ μ ατέως , οπως έπί τοΰ [δ]ιαλογισμ οϋ την I διάκρισιν δηλώσωσι. Τω δέ Σαταβοΰτι παρήγγειλα I [παρεΐν]αι τότε και τάς οίκονομ ίας , [εϊ] τινας εχει, I [έ]πι­ σκεμ μ έν[α]ς τω έκατοντάρχηι έπιφέρειν. Eine sehr δhnliche Funktion ist durch P. Euphr. 5 (Ap­ padana, 243) auch fόr einen centurio in der Provinz Syria Coele bezeugt. P. Oxy. XVII2130 = Sei. Pap. 292,18­24 (Oxy., 267): άνεθέμ ην έν τφ αυτ[ό]θι Σεβαστείφ I πρός τοις θείοις ϊχνεσι τοΰ κυρίου ημ ών I Αύτοκράτορος Γαλλιηνού Σεβαστού διαίπεμ φ­ θησόμ ενα υπό τοΰ στατίζοντος I τφ λαμ προτάτφ ήγεμ όνι Ίουουενίου (/. Ίουουενίφ) I Γενεαλίου (/. Γενεαλίω) αυτω τε τφ στατίζοντι τά ισα I έπιδούς . SB IV 7469,6­10 (Thead., 193): διό έπιδίδωμ ιτο[ΰτο] I το βιβλί[δι]ον, οπως τ[ήν] I άναζήτησιν ποιήσηται (/. ποιήσητε) I πρ{ε}ίν η άνενέγκφ τφ έπί I των τόπων έκατοντάρχ[φ]. Dies konnte Peachin (im Druck) gegen δltere Ansichten zeigen, die von einer richterlichen Kompe­ tenz des Militδrs ausgingen. P. Brem. 37 (Herrn.?, 117­120) mit BL X 30. Die Eingabe gehφrt zum Archiv des Strategen Apol­ lonios und stammt, wie die anderen Texte dieses Archives, aus der Zeit des Jόdischen Aufstandes. Es wδre daher auch denkbar, daί der decurio im Verlauf dieser Wirren ums Leben kam. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 321 paiu Nesos im Jahre 201/2 oder bald danach ein Gesuch an Antonius Antiochianus,zutsrponmligfedcbaVMJC decurio der ala veterana Gallica, um Musiker für ein Fest zu Ehren des Kaiserhauses engagieren zu dürfen. 96 Nur seiner Form, nicht dem Inhalt nach, ist dieses Schriftstück eine Petition. 3.C. Vollzugsorgane der Justiz Die von der Zivilbevölkerung herangetragenen Petitionen haben die centuriones, decuriones und benéficiarii zur Anlaufstelle für Rechtsuchende gemacht. Doch auch vorgesetzte Dienststellen beauftragten diese Militärs, administrative Vorarbeiten für gerichtliche Entscheidungen zu leisten97. Bei der Ausführung eines solchen Auftrages tritt uns ein centurio namens Lucretius in den Schriftstücken des Prozesses entgegen, den der Priester Nestnephis von Soknopaiu Nesos gegen seinen Kollegen Satabus in den Jahren von 11/2 bis 16 n.Chr. um ein Haus und Baugrundstücke führte. 98 Im Zuge dieses Prozesses, der vor dem Gericht des Idios Logos verhandelt und schließlich entschieden wurde, hat der Richter eine Untersuchung angeordnet, den Lucretius gemeinsam mit dem Gaustrategen und dem Basilikos Grammateus durchzuführen hatte.99 Die Angelegenheit zeigt einerseits die auch anderweitig zu beobachtende Zusammenarbeit zwischen dem Militär und den zivilen Behörden, andererseits die Rolle der Militärorgane in der Chora als Helfer der Justiz. Wenn Ermittlungen nötig waren, dann wandten sich Behörden, die etwa im Bereich der Finanzverwaltung tätig waren, an Soldaten mit der Bitte, die exekutiven Aufgaben durchzuführen. Für Finanzprokuratoren, denen gleich dem Statthalter ja auch Soldaten als Büropersonal zugeteilt waren, war dies naheliegend und wohl routinemäßig der Fall. So schreibt Aurelius Victor, procurator ad Mercurium, im Jahre 199 an seinen cornicularius folgende Anweisung, um das Vermögen eines debitor fisci aufzuspüren und sicherzustellen: „Aurelius Victor an den ehrenwerten Iulius Polydeukes Grüße. Sorge dafür, das gesamte Vermögen des Flavius Hermaiscus, des ehemaligen Pächters der Domäne „Embres", der ein Schuldner des Fiscus ist, aufzuspüren und in Sicherheit zu bringen, mir aber Bericht darüber zu erstatten". 100 Der lakonische, befehlsartige Tonfall des Schreibens zeigt nicht nur die hierarchi96 P. Alex. Giss. 3 = P. Alex. 6 = SB X 10619 mit BL VIII5 und BL X 4 (Ars., 201/2 oder spδter). Der uronifedcba decurio ist auch aus CIL III 6581 und P. Hamb. 139 bekannt. 97 Am besten ist dieser Tδtigkeitsbereich bei den beneficiara untersucht: Ott 1995, 113­128; Nelis­ Clιment 2000, 220­243. 98 Bislang sind 17 Aktenstόcke aus diesem langwierigen und verwickelten Rechtsstreit bekannt ge­ worden. Den Hergang der Ereignisse schildern Swarney 1970,41^19 und Kruse 2002,532­538 mit Quellenverweisen und weiterer Literatur; das Verfahren analysiert Rupprecht 2003, 481^92. 9 9yxwutsrponmlkihfedcbaZXWVUSRPONLJIGDCBA Εις διάκρισιν Λουκρητίου έκατοντάρχου και του στρατηγού και του βασιλικού γραμ ­ μ ατέως ; derselbe Wortlaut steht in SB I 5239, 8­11 (30. Juni 15) mit BL III 174; SB I 5954 = P. Lond. II 276b, 10­11 (S. 148), (30. Juni 15); SB I 5240 = P. Lond. II 355, 8­9 (S. 178) mit BL II. 2,119 (nach 23. Okt. 17) = Rupprecht 2003,489^91; CPR XV 6 ist ein Duplikat der Z. 13­18. BGU I 106 = W. Chr. 174, 1­6 (Alex., 199),­mit BL II. 2, 14 und VIII 19: Αυρήλιος Ούίκτωρ Ίουλ(ίωι) Πολυ[δεύκει] I τωι τιμ ιωτάτωι χαίρ[ειν], I Πάντα τον πόρον Φλ(αουίου) Έρ­ μ αΐσκ[ο]υ γενομ έ[νου] I μ ισθωτού ουσίας Έμ βρή χρεώστου το[ΰ] I ταμ ιείου φρόν[τ]ισον άναζητήσαι καί έν I άσφαλεΐ ποιήσαι έμ οί τε δηλώσα[ι], Iulius Polydeukes wird auf dem Verso adressiert (Ζ. 11): Ίουλίωι Πολυδεύκει κορνικουλαρίωι έπιτρόπ(ου) Έρμ ου; Aurelius Victor tritt auch in P. Oxy. XLVn 3363 (Oxy., 198/9 oder 199/200) alsutrpomiedcaM procurator ad Mercurium auf. Zur Urkunde s. auch Stauner 2004, 424f., Nr. 416. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 322 Bernhard Palme sehe Abstufung zwischen dem Prokurator und seinemvutsronligfedcba cornicularius, sondern wohl auch die keiner Erklärung bedürfende Selbstverständlichkeit solcher Aufträge. Die Rolle der centuriones als Vollzugsorgane gerichtlicher Anweisungen führt ferner P. Mich. VI 425 vom Jahre 198 anschaulich vor Augen. In diesem Schreiben wendet sich Gemellus, Bürger von Antinoupolis, an den Epistrategen mit der Bitte, er möge den im Arsinoites stationierten centuno auftragen, den ProzeßgegnerzwutsronmlihgfedcbaVSG (αντίδικος ), einen Gehilfen des Steuereintreibers, wegen ungerechtfertigten und gewaltsamen Vorgehens an sein Gericht zu überstellen, damit die Verhandlung stattfinden kann.101 Die Causa war zuvor schon dem Präfekten vorgetragen worden, der den Fall an das Gericht des Epistrategen verwiesen hatte. Wie eine solche Ladung vor das Gericht aussah, wenn sie in schriftlicher Form erfolgte, wird durch SB VI 9290 aus der Mitte des 2. Jh. deutlich: In diesem Brief zitiert der centurio mit knappen Worten die eine Streitpartei (ohne ihren Namen zu nennen) zu sich.102 Beide Texte zeigen den centurio als Exekutivbeamten, mit dessen Hilfe die Justiz auf eine gewisse Person zugreift. Dieselbe Funktion kommt auch den beneficiara und decuriones in den stationes der Chora zu. Sie erscheinen beispielsweise als Auftraggeber von Überstellungsbefehlen, die an Dorfvorsteher mit der Forderung herantreten, die gesuchten Personen dem mitgeschickten Soldaten oder Amtsdiener auszuliefern.103 Persönlichkeiten mit genügend Einfluß konnten offenbar erreichen, daß Soldaten auch ohne offiziellen Rahmen eingesetzt wurden, um Personen herbeizuschaffen; so läßt Alypios, der schon genannte Generalmanager des Großgrundbesitzes des Appianus und selbst Grundherr, durch einen Gehilfen seinem Verwalter Heroninos auftragen, er möge einen Fischer an den Reiter Apollonios ausliefern, damit dieser ihn dem Alypios vorführe.104 Allerdings hat Alypios, der in anderen Texten als vir egregius und egregius ducenarius betitelt wird, zeit- 101 P. Mich. VI 425, 4­7 (Karanis, 198):yxvutsrponmlkjihgfedcbaZXWVUTSRPOMLJIHEDCBA άξιώ, έάν σου I xfj τύχη δόξε (l. δόξη), γράψαι τω δια­ κειμ ένψ έν τω Άρσινοείτη εκατοντάρχη πέμ ψαι I τον άντίδιχον (Ζ. άντίδικον) έπί την σήν διάγνωσιν καί άκοΰσαί μ ου προς αυτόν οπως τύχω I των δικαίων. 102 SB VI 9290 = Doc. Eser. Rom. 68 = Ch. L. A. XLVII 1447 = CEL III 164bis (Herk. unbek., Mitte 2. Jh.): Π(αρά) Δ ομ ιτίου 'Ιουλιανού (έκατοντάρχου). I "Εδει σε καί τά πρώτα γράμ μ ατα I λαβόντα μ ή άγνωμ ονήσαι, I άλλά έλθεΐν προς έμ έ καί δ[ι]Ιδάξαι, προς τίνα οί καρποί, I περί ών ην ή άμ φιζβήτηίσις (/. άμ φισβήτησις ) άνήκουσι· καί νυν δε I τά γράμ μ ατα ταύτα λαβών I έλθέ προς έμ έ. Λείαν γάρ σε I οί προνοούντες "Ηρωνος I του έξηγητού αίτιώνται. I (2. Η.) usronlife Pr(idie) Non(as) lun(ias). ­ Die άberschrift zum Text im SB, „Eingabe eines centurio" ist irre­ fόhrend. 103 P. Oxy. I 64 = W. Chr. 475 (Oxy., 3./4. Jh.) mit BL VIII 231, von einem decurio: έξαυτής παράδοτε τφ άποσταλέντι ύπ' έμ οΰ στρατιώτη I Αμ μ ώνις (/. Άμ μ ώνιον) επικαλούμ ενος (I. έπικαλούμ ενον) Άλακερ έντυγχ(άν)οντος I {υπό} Πτολλα κτλ. (Ζ. 3­5). ­ P. Oxy. 165 = Sel. Pap. II 232 (Oxy., 3./4. Jh.) mit BL VIII 231: von einem beneficiarius: παράδοτε τφ άπο­ σταλέντι ύπηρέτ[η] I Παχούμ ιν Παχούμ ι(ο)ς τv κατεσχήκατε σήμ ερον' καί κατηνέγκατε έν τη κώμ η I υμ ών πολίτην οντα (Ζ. 2­4). ­ P. Wise. I 24, 2­3 (Philad., 3­/4. Jh.): έξαυτής παράΙδοτε τω άποσταλέντι ύπ' έμ οΰ στρατιώτη Νόννον καί Ίούλιον I καί Πεσοΰριν κτλ. Zu dem Urkundstyp s. Hagedorn 1979, 60­74 und Drexhage 1989, 102­118. 104 SB VI 9362,1­10 (Thead., 264): [Π](αρά) του κυρίου μ ου Αλυπίου I έξ αύτού ένκελεύσεως . I Σαραπίων Ήρωνίνω I φροντιστή Θρασώ χαίρει(ν). I Παράδ[ο]ς Παήσιν άλιέα I Απολλωνία) ίππεΐ, οπως I άνενέγκη αύτόν πρός I τον κύριόν μ ου Αλύπιον. I Τούτο γάρ αυτός έκέλευΐσεν. κτλ. Ein δhnlicher Fall ist vielleicht schon um die Mitte des 1. Jh. in SB XIV 11585 (Philad.) angesprochen, vgl. Z. 9: πέμ πω στρατιώτη[ν ­ Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 323 weise selbst ein prokuratorisches Amt bekleidet; dies könnte die Beorderung von Soldaten nicht unwesentlich erleichtert haben. Aber auch auf anderer Ebene werden private Beziehungen zu Soldaten eingesetzt, um Hilfestellung oder Vorteile zu erlangen. Eine solche private Inanspruchnahme eines Soldaten etwa im Zuge eines Rechtsstreites wird in dem folgenden Brief eines Mannes an seine Schwester erwähnt: „Ich habe auch den Soldaten Antoninus instruiert, der mit uns in der Epistrategie des Vindex (im Dienst) war und der jetzt mit dem Epistrategen nilaufwärts gesegelt ist, um Dir in der gesamten Causa beizustehen".105 Der Schreiber verspricht sich von dem Soldaten Antoninus mit seinen im Büro des Epistrategen gesammelten Erfahrungen einen kundigen Beistand in einem RechtsstreitzwutsrponmlkjihgfedcbaZWSPMJHGECA (πράγμ α). Ein Soldat als Gehilfe eines zu Gericht sitzenden Epistrategen tritt auch in den Gerichtsakten M. Chr. 93 (Herrn., Mitte 3. Jh.) auf. Als jemand, der für den Zugriff auf Personen verantwortlich ist, nehmenvutsrponmlkihgfedcbaZS centuriones auch Gestellungsbürgschaften entgegen, die das Erscheinen einer Person vor der Behörde sichern.106 Femer sollen entlaufene Sklaven, falls sie aufgegriffen würden, ins Militärgefangnis (έν τοις σίγνοις ) übergeben werden, 107 und Prozeßgegner, bei denen die Befürchtung besteht, daß sie sich dem Verfahren durch Flucht entziehen, „beim Soldaten" in Untersuchungshaft bleiben.108 Schließlich ist aus den literarischen Quellen hinlänglich bekannt, daß Soldaten für den Vollzug von Strafen, namentlich Züchtigungen und Exekutionen, herangezogen wurden. Die Papyri schweigen bislang zu diesem Thema. 3.d. Zustellung amtlicher Schriftstücke Abgesehen von dem regulären Depeschendienst für die militärischen und zivilen Verwaltungszweige 109 hat man Soldaten eingesetzt, um amtliche, insbesondere gerichtliche Schriftstücke zuzustellen. So fungiert ein beneficiarius als Überbringer von Klageschriften (βιβλία) an den Präfekten 110 , Soldaten der Cohors I Flavia Cilicum sind cum epistulis nach Koptos unterwegs111 und umgekehrt schließt eine Eingabe an den vom Statthalter delegierten δικαι­ οδότης (usridc iuridicus) aus der Zeit nach 147 mit den Worten: „ ... wobei Satominus (sc. der Pro­ zeßgegner) das Schreiben durch zwei Soldaten des Iuridicus, vir egregius, übersandt hat". 112 105 106 107 108 109 110 111 112 P. Giss. Univ. III 20 = Sei. Pap. 1117, 2­6 (Alex., 113­117):zwvutsrponmlkjihgfedcbaZVUSRPOMLKIHGE ένετειλάμ ην δέ I κ[αί Ά]ντωνείνωι στρατιώτηι, δς ήν έν τήι έπιΙ[στ]ρατηγίαι Οΰίνδικος μ εθ' ημ ών, άναπλεΰσανΙ[τι] δέ και νυν μ ετά τοΰ έπιστρατήγου, ίνα έν δλωι I [τ]ώι πράγμ ατι σοι παραστη. Etwa P. Oslo Π 30 = Doc. Eser. Rom. 72 (Ars., 20 ν. Chr.) mit BL ΠΙ 121 und V 73: Bόrgschaft fόr eine Frau; SB VIII9853 (Ars., 182­187?): eidliche Verpflichtung zur Gestellung einer Sklavin des ermordeten Bruders, vielleicht vor dem Hintergrund eines Prozesses. P. Oxy. LI 3616,1­5 (Oxy., 3. Jh.?) mit BL VIII272: εϊ [τι]ς [ε]υρεν δοΰλον ονόμ ατι Φίλιππον, ν, I ώς ετών ιδ, λευκόχροον, ψελλόν, πλατύρφυγχον, I μ .[.].[.]..αε..ν, ένδεδυμ ένον στιχ­ άριον I έρεο[ΰ]ν παλαιόν και βάλτιον άπό χρήσεως I [± 4 έ]νεγκάτω έν τοις σίγνοις κτλ. Μ. Chr. 93 (= P. Strasb. 141 + P. Lips. 132), 50­51 (Herrn., ca. 250): Ein Anwalt verlangt im Zuge eines Erbstreites: παρά στρατιώτη μ εινάΙτωσαν, μ ό[γι]ς η[χ]θησαν. Dazu Stoffel 1994, 3­7 und ausfόhrlich Kolb 2000, 49­70 fόr die Prinzipatszeit. P. Amh. Π 80 (Ars., 232/3). P. Brookl. 24, Kol. Π 40 (Contapollonopolis Major, ca. 215); s.o. Anm. 17. BGU Π 378 = M. Chr. 60, 26­27 (Ars., nach 147): διαπεμ ψά[μ ]ενος ό Σατορ[νε]ϊνος I την έπ[ι]σ[τολ]ήν δια δύο στρατιωτών [τοΰ κρατίσ]του δικαι[οδότου]. Die Urkunde gehφrt zum Dossier des Drusilla­Prozesses; zur Interpretation s. BL XI17. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 324 Bernhard Palme Hier werden dem Prozeßgegner gerichtliche Schriftstück, vielleicht die Ladung, zugestellt. Einen Schritt weiter geht es, wenn der Soldat die Prozeßpartei auch bei Gericht vorführen zwvutsrpon (άγαγείν) soll, wie es in dem Protokoll eines Prozesses vor dem Idios Logos heißt: „Du kannst also, indem Du einenzvutsronlihgfedcbaSH beneficiarius mitnimmst, den Eutychas ausforschen und vorführen und die Freilassungsbriefe beibringen".113 In beiden Texten sind die Auftraggeber Prokuratoren; dies mag erklären, warum sie auf die Dienste der Soldaten zurückgreifen konnten. Die bereits angesprochenen Überstellungsbefehle mögen einen ähnlichen jurisdiktionellen Hintergrund haben. Doch nicht nur gerichtliche Schriftstücke, sondern auch Akten der Finanzbuchhaltung werden von Soldaten befördert. Einer amtlichen Aufstellung über Ausgaben, die ins 2. Jh. datiert, ist nämlich zu entnehmen, daß niemand geringerer als ein centuno die monatlich fällige Abrechnung nach Alexandreia bringt,114 und ein singularis kommt als Bote des Präfekten zum Strategen und Basilikos Grammateus.115 3.e. Hilfe bei zivilen Schuldeintreibungen Sogar subalterne zivile Behörden, die keinen direkten Zugriff auf Militärpersonal hatten, konnten anscheinend militärische Unterstützung anfordern, wenn Schulden einzutreiben waren. Dies bildet vielleicht den Hintergrund des fragmentarischen amtlichen Briefes, in dem der Adressat gebeten wird, beim Präfekten die Entsendung von paramilitärischen Waffenträgern (μ αχαιροφόροι) oder Soldaten zu erwirken.116 Bezeichnend ist auch die Bemerkung in einer amtlichen Korrespondenz, in welcher der Absender den Adressaten anweist, für die Eintreibung von ausständigem Pachtzins samt Zinsen zu sorgen. Um seinen Anweisungen mehr Nachdruck zu verleihen, schließt der Absender mit den Worten: „Damit Dir keine Ausrede mehr übrigbleibt, habe ich den Soldaten Ptolemaios, Sohn des Isidoros, als Helfer geschickt". Obwohl Namen und Titel der Briefpartner verloren sind, läßt die Erwähnung eines Prytanen und von Nomarchen erkennen, daß die Vorgänge sich auf Gauebene abspielen und es sich nicht um private Geschäfte, sondern um solche der Bule handelt.117 Dagegen ist bei den folgenden Briefen aus dem Heroninos-Archiv (Mitte 3. Jh.) durch den Zusammenhang und die Prosopographie eindeutig, daß es um die Eintreibung von Schulden auf privater Ebene geht. Der Generalmanager Alypios droht seinem Verwalter Heroninos: „Schon einmal habe ich Euch geschrieben, den Bestand des Weizens und seine Absendung mitzuteilen; Ihr aber habt es vernachlässigt, vielleicht weil Ihr nicht die nötige Gewissenhaftigkeit habt walten lassen. Macht es diesmal wenigstens, damit Ihr nicht gezwungen werdet, 113 114 115 116 117 BGU II 388 = M. Chr. 91,9­11 (Alex., ca. 157­159):...zyxvutsrponmlkihgedcbaZVUSPOLKJIGEDCB δΰνασαι I ουν, [λα]βών βενεφικιάριον, άναζητήσας άγαγείν τον Εύτυχάν και κοΙμ ίσαι τάς ταβέλλας sc(sc. ελευθερώσεως , vgl. SB 15217, 16). Den zitierten Satz spricht der Idios Logos als Verhandlungsleiter zu einer Partei. P. Corn. 26 (Ars.?, 2. Jh.); zur Interpretation vgl. die Einleitung des Editors. P. Oxy. LV 3810 (Oxy., 2./3. Jh.); zur Interpretation dieses Schriftstόckes s. Kruse 2002, 838­841. BGU XVI2646,16­19 (Herakl., 3 v. Chr.): εάν μ έν ουν I δόξη τώι ήγεμ όνι γράψαι περί των μ α­ χ α ι ρ ο φ ( ό ρ ) ω ν εί δε μ [ή], λήψοίμ αι στρατιώτας τρεις παρ' αύτοΰ. Die Stellung des Absenders bleibt unbekannt. BGU I 8, Kol. II, Zitat in Z. 9­10 mit BL I 7 (Ars., 248): ... ϊ]να δέ μ ή [,.]α [πρ]όφασίς σοι ΰπολ[εί]πηται, επεμ ψα Πτολεμ αιον 'Ισιδώρου στρατιώτην βοηΙΘ[ήσοντα. Gegen BL I 7 (ά[π]όφασίς σοι) behalte ich die Ergδnzung derrped ed. pr. bei. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 325 es in Anwesenheit eines Soldaten zu tun".118 Zwei Jahre später schreibt Alypios abermals im Zusammenhang mit Schuldenrückzahlung an Heroninos: „Jetzt aber sei nicht nachlässig in dieser Angelegenheit, damit ihnen nicht ein Soldaten hingeschickt wird".119 Offenbar konnte Alypios - der allerdings selbst procuratorischen Rang innehatte - davon ausgehen, daß er die Unterstützung eines Soldaten auch bei der Eintreibung von Schulden auf seinen privaten Ländereien in Anspruch nehmen durfte. 4. Polizeiliche Aufgaben 4.a. Öffentliche Sicherheit Als eine genuin militärische Aufgabe war oben bereits die Bewachung der Handelswege, insbesondere der latent gefährdeten Routen durch die Φstliche Wüste zum Roten Meer und jener zu den Oasen der Libyschen Wüste angesprochen worden. In beschränktem Umfang hatte das Militär freilich überall im Lande Aufgaben im Sicherheitsbereich wahrzunehmen.120 Die Bewachung der Felder und Schleusen, der Ernte und des Viehs war zwar durchweg von zivilen (oftmals liturgischen) Organen zu leisten, aber wie schon bei den Dammarbeiten kommt den Militärs auch bei den Polizei- und Sicherheitsaufgaben koordinierende und überwachende Funktion zu. Dies geht z.B. aus einem Schreiben des centuno Domitius Annianus hervor, in welchem er den Presbyteroi und Demosioi des arsinoitischen Dorfes Taurinos Wachdienste aufträgt.121 Ein Ostrakon aus der Umgebung von Theben bezeugt gleichfalls die Rolle eines duplicarius bei der Organisation von Wachen.122 Aktiven Wachdienst scheint hingegen ein Soldat zu leisten, der in einer beeideten Erklärung zweier,,Flußwächter"utsrnligedaMB (ποταμ οφυλακΐται) als Begleiter erwähnt wird.123 Die allgemeine Verantwortlichkeit für die Sicherheit geht schließlich aus der an einen δεκαδάρχης έπί ειρήνης Ήρακλεοπολίτου adressierten Meldungen über einen Brand,124 dem Einschreiten eines praefectus alae bei der Entscheidung über eine Gemarkungsgrenze125 und dem Bericht über 118 119 120 121 122 123 '24 125 P. Flor.zywutsrponmlkihgfedcbaXVTSRPLJIHGFEDCBA Π 137* = P. Rein. 152 = Sel. Pap. 1144, 2­8 (Thead., 250­264): και άλλοτε ύμ ίν έγράφη την περιποίηίσιν τοΰ σίτου και τήν άναπομ πήν I δηλώσαι· ΰμ εις δέ ήμ ελήσατε ίσως I ου καλψ συνειδότι χρώμ ενοι· I δ και νυν ποιήσατε ινα I μ ή μ ετά στρατιώτρν άναγκάσθηΐτε τοΰτο ποιήσαι. Ρ. Flor. II151, 8­10 (Thead., 266) mit BL1150 und IV 30: άλλά ορα μ ή άμ εΙλήσης έν τούτω μ ή έπ' αυτούς I στρατιώτης άποστάλί). Allgemein dazu etwa Bagnali 1977,67­86; Dans 1994,437­443; Aubert 1995,257­265. P. Fay. 38 = P. Lond. ΠΙ 820 descr. = Ch. L. A. Ill 207 = Doc. Eser. Rom. 70, 2­7 (Euhem., 2./3. Jh.): φροντίσατε έξαυτης I τήν συνήθη παραίφυλακήν γείνεσθαι I άπό τοΰ μ αγδώλου υμ ών I εως τών όρίων έποιΙκίου λεγομ ένου Αμ μ ίνου. SB ΧΠ 11257 (Thebais, 2. Hδlfte 2. Jh.) mit BL IX 272: Eine Liste von φύλακες samt Altersanga­ ben, adressiert an denusrplidca duplicarius Appianus. PSI VII 734, 19 und 22­25 (Herrn., 218­221): παραφυλάσσ(ε)ιν τον ποταμ όν ... έπί της συνήθους σκάφης , I μ ετά τοΰ σύν ήμ {ε}Γν παραφυλάσσοντος I στρατιώτου, ώς μ ηδέν ατόπημ α γενέΙ[σ]θαι. PSIΙΠ 184 = Doc. Eser. Rom. 75 (Herakl., 292) mit BL I 392. Festgehalten in einer Felsinschrift bei Dehmid: SB 13919 (111) mit BL V m 307 und IX 236 sowie der Literatur in SEG 38, 1859. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 326 Bernhard Palme Raubüberfälle und Mord in einem Dorf hervor, den einutsronlihgfedcbaZSP centurio und ein Stratege gemeinsam an den Präfekten gesandt haben.126 4.b. Staatlicher Zugriff auf Personen Bei der Tätigkeit für die Gerichte und der Eintreibung von Schulden war schon eine besondere Funktion der Militärs angeklungen: Mit Hilfe der Soldaten greift der Staat, seine Verwaltungsinstanzen - oder wer immer sich Einfluß auf sie verschaffen konnte - auf das Individuum zu. Die Verantwortung für die Kommunikation zwischen Behörde und Zivilperson findet in verschiedenen Bereichen ihren Niederschlag: Eine entsprechende Kompetenz wird für einen centurio beispielsweise in der Eingabe eines liturgischen Erhebers von Geldsteuern zwvutsrpon (πράκτωρ άργυρικών) vorausgesetzt: Der Petent richtet folgende Bitte an den Adressaten der Eingabe (wohl einen Epistrategen), um seinen untätigen Kollegen zur Durchführung der Steuererhebung zu bewegen: „Deshalb ersuche ich Dich, den Erretter aller, daß Du an Clodius, den centurio vor Ort schreiben mögest, er soll den Horion zwingen, sich seiner Pflicht zur Erhebung der Steuern zu unterziehen, damit den Steuern keine Einbußen erwachsen".127 Der centurio soll als exekutives Organ für die Verwaltung tätig werden; nur ist diesmal die Angelegenheit keine gerichtliche, sondern eine steuerlich-liturgische. Eine vergleichbare Tätigkeit, die nach heutigen Kategorien in die Kompetenz der Polizei fallen würde, wird besonders in der severischen Zeit greifbar: Die Suche nach vermißten Personen. Eine Frau aus dem Dorfe Philadelphia im Arsinoites etwa vermißt ihren Gatten. Da die δημ όσιοι της κώμ ης ihn nicht auffinden konnten, erstattet sie eine Vermißtenanzeige beim centurio und beim decurto: „Mein Mann, Nemesion, Sohn des Nemesion, Gehilfe der Geldsteuereintreiber in ebendiesem Dorfe, ging am 6. des gegenwärtigen Monats Phamenoth um die 6. Stunde von mir fort und ist bislang nicht zurückgekehrt. Ich habe ihn gemeinsam mit den Gemeindedienern des Dorfes gesucht, aber bis jetzt nicht gefunden. Ich befürchte daher, daß er vielleicht auswärts den Tod gefunden haben könnte. Deshalb bringe ich Euch das zur Kenntnis ..,". 128 Weil der Text vor seinem Ende abbricht, läßt sich nicht sagen, ob es um die Anzeige allein ging - die auch fiskalische Hintergründe haben könnte - oder ob noch die Bitte folgte, nach dem Mann suchen zu lassen. Demselben Genre gehört eine weitere Vermißtenanzeige an, die 126 127 128 έπεί οΰν ό κωμ ογ[ρα(μ ­ Dies wird erwδhnt in P. Thmouis 1, Kol. 116,2­10 (Thmouis, 180­192):utsronmlihgedcbaVRPMLKIGED μ ατεύς )], I φήσας των άμ φιβολ(έων) τους μ έν τε[τε]λ(ευτηκέναι), I τους δέ άνηρήσθαι ύπό των άνοΙσ{ε}ίων Νικωχειτων έπελθόντ[ω]ν I τη Ζμ ούμ ι, και περί της εφόδου [γρ]α(φήναι) I ύπό του στρα(τηγοΰ) Ώρείωνος και Κ[ο]Ιδράτου (έκατοντάρ)χ(ου) τω ήγεμ ονεύσαντι I Βλασσιανφ κτλ. Ρ. Mich. Χ 582, Kol. Π 13­22 (Philad., 50) mit BL VII 114 und den Literaturangaben in BL Vm 216: διό άξιώι (l. άξιώ) σε τον πάντων I σωτήρα οπως γράψης I Κλοτίωι τωι επί των τόίπων έκα­ τοντάρχη I έπανανκάσαι τών (/. τον) I Ώρίωνα άντέχεσθε (/. άντέχεσθαι) I της πρακτορίας των I δημ ωσίων (/. δημ οσίων) προς τό μ ηΙδέν ελατ(τ)ον τοις δημ οσίοις έπακολουθήσαι. Ρ. Gen. I2 17 = Doc. Eser. Rom. 73, 5­17 (Philad., ca. 207): ό άΙνήρ μ ου Νεμ εσίων Νεμ εσίωνος I χ(ε)ιριστής ών πρακτόρων άργυριΙκών της αΰ[τη]ς κώμ ης άπέσΙ[τ]η άπ' έμ οΰ τη ς ' τοϋ οντος μ ηΙ[νός ] Φαμ ενώθ περί ώραν εκτην, I [οΰδ' ε]τι έπανήλθεν. ΆναζητούσΙ[ης δέ] μ ου αυτόν συν τοις της I [κώμ η]ς δημ οσίοις μ έχρι τοϋ I [νυν ού]τέπο (ί ούδέπω) ευρ[ον]. Ύφωροϋμ ε (/. ύφορώμ αι) I [ουν ε]1 μ ή άρα [ά]νθρώπινόν I [τι επ]αθεν ε[ξω]ι (/. ε[ξω). Δ ιό υμ [ϊν] I [τοϋ]το φαν[ερό]ν ποιοΰ[μ αι ]. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Δgypten 327 zwar aus der gleichen Zeit, aber aus dem Dorfe Tebtynis stammt. 129 Wieder ist es eine Frau, die beimutrponiec centurio Anzeige erstattet, weil ihr Vater Kalabalis und Ihr Bruder Neilos nicht von der Hasenjagd zurückgekehrt sind. Mit nahezu denselben Worten wie bei der ersten Anzeige wird der Befürchtung Ausdruck verliehen, die Vermißten könnten einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein. Die Anzeige wird gemacht, um den Rechtsanspruch auf Verfolgung der eventuell Schuldigen sicherzustellen; ein Duplikat der Anzeige ergeht an den Strategen. Eine Bitte, den Vermißten zu suchen, wird nicht geäußert und ist deshalb wohl auch bei der Anzeige aus Philadelphia eher nicht zu erwarten. Die stereotype Formelhaftigkeit der beiden Urkunden zeigt, daß man es mit Routineangelegenheiten zu tun hat. Wiederum ist ein centu­ rio die Anlaufstelle für die besorgten Angehörigen, und man ist versucht, in diesen und ähnlichen Schriftstücken abermals Anzeichen eines grundsätzlichen Vertrauens der Bevölkerung in die Militärs und ihre Möglichkeit zu helfen zu erblicken. Aber Vorsicht ist angebracht. Obwohl in kaum irgendeiner Quelle die römische Armee in Ägypten martialisch auftritt, mahnen vielerlei Indizien und Hinweise eher zur Skepsis, diese Armee und ihre Angehörigen als allzu „zivil" und „harmlos" anzusehen. 130 In den Privatbriefen von Soldaten werden hie und da Ordnungs- und Sicherungsmaßnahmen angesprochen, die nicht reibungslos verliefen. 131 So schreibt der in Alexandreia stationierte Claudius Terentianus an seinen Vater: „Du weißt aber, daß wir überaus erschöpft sind, weil wir mit dem Wirbel und der Unruhe der Stadt aufräumen". 132 Da der Text an den Anfang des 2. Jh. zu setzen ist, könnten hiermit die Wirren des Jüdischen Aufstandes angesprochen sein. In einem zweiten, bruchstückhaften Brief, der kurz danach geschrieben wurde und gleichfalls die UnruhenzutsrpnihecbaT (θόρυβος ) anspricht, scheint Terentianus zu berichten, daß er verwundet wurde (P. Mich. VIII478, 13-16 [Alex., Anf. 2. Jh.]). Umgekehrt nennt eine Aufstellung von Steuerrückständen aus den Jahren zwischen 180 und 192 als Grund für die Außenstände das „harte Durchgreifen" der Soldaten, wobei offenbar zahlreiche Personen getötet und ganze '29 P. Tebt.zxwvutsrponmlkihgfedcbaZWVUTSRPMLKJIHGEDCBA Π 333 = M. Chr. 115 = Sel. Pap. II 336, 5­15 (Tebt., 216): του πατρός μ ου, κύριε, I Καλ­ αβάλεως κυνηγοΰ τυγχάνοντος I άποδημ ήσαντος συν τω άδελφω I μ ου Νείλφ ετι ά π ό της γ' του οντος I μ ηνός π ρ ο ς κυνηγίαν λ α γ ο ώ ν I μ έχρι τούτ[ο]υ ουκ ε π α ν ή λ θ α ν (ί. επανήλθον). ΎφορώΙμ αι ο ύ ν μ ή ε π α ν θ ά ν (/. ε π α θ ό ν ) τι άνθρώπινον. I Έπιδίδωμ ι αυτό τοϋτο φ α ν ε ρ ό ν σοι I π ο ι ο ύ σ α π ρ ο ς τό εάν ήσάν τι παθόντες I άνθρώπ[ι]νον μ έ ν ( ε ) ι ν [μ ]οι τον λ ό γ ο ν I [π]ρός τού[ς ] φανησο[μ έ]νους αιτίους . 130 131 132 Vgl. auch die Vorbehalte von Bagnali 1997,504—512. Zu denken gibt z.B. auch der Kaisereid eines Dorfschreibers, daί ihm keine άbergriffe seitens eines Soldaten oder dessen Leute bekannt sind, P. Oxy. II 240, 3 ­ 7 = Ehrenberg/Jones 1976, Nr. 117 (Oxy., 37): [ομ νύω . . . ] . . . ει (/. ή) μ ήν I [μ ή συνε]ιδέναι μ ε μ ηδενί διασεσεισμ έΙ[νωι έπί] των προκειμ ένων κωμ ών υ π ό I [± 6]ος στρατιώ­ του και τών παρ' αυτοί); vgl. Campbell 1994, 296. In PUG 116 = SB VIII 9805 (Herk. unbek., 2./3. Jh.) ist davon die Rede, daί ein optio mit jeman­ dem „sein Spiel treibt" (έμ παίζειν), Ζ. 4 ­ 6 mit BL VII 274. ­ In BGU II 625 = W. Chr. 21 (Alex., Anf. 3. Jh.) berichtet ein Soldat seinem Bruder όber seinen Einsatz in den Bukolia. ­ In einem an­ deren Privatbrief, PSIIV 286 (Oxy., Ende 3./ Anf. 4. Jh.) mit BL I 394, ist vom „Gebrauch militδ­ rischer Gewalt" (στρατιωτική δυνάμ ει I χρησώμ εθα Ζ. 25­26) die Rede, wobei der fragmentari­ sche Erhaltungszustand den nδheren Zusammenhang verschleiert. P. Mich. VIII 477, 2 8 ­ 3 0 (Alex., Anf. 2. Jh.) mit Literaturverweisen in BL VU 111 und IX 161: οιδες (/. οίδας ) γαρ οτι κοπιώΙμ εν άρτι δ[ιό]τ[ι] κα[θαιροϋμ ε]ν τ[ό]ν θ ό ρ υ β ο ν και άΐκατα­ στασίαν τής πόλ[εως . Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12 328 Bernhard Palme Dörfer entvölkert wurden: „Die Leute von (dem Dorfe) Petetei und von Psenharpokratis und von Psenbienchis, die sich in Petetei aufhielten, sind im 8. Jahre von der dorthin entsandten militärischen Macht getötet worden, und die Dörfer sind menschenleer".133 Resόmee Die papyrologische und epigraphische Dokumentation der Provinz Aegyptus kann einige Funktionen der Armee im zivilen Bereich, die man vereinzelt auch in anderen Teilen des Reiches faßt, anschaulich illustrieren und präzisieren. Dies gilt insbesondere für die Aufgaben im Bereich der gerichtlichen Voruntersuchung und des Sicherheitsdienstes, dieutsronlifedcba centuriones, decuriones und beneficiarli in den Dörfern der Chora ausüben, für die Rolle der Militärs im Steinbruch- und Bergwerksbetrieb sowie bei der administrativen Erfassung der Reichsbewohner, wie der Durchführung der Epikrisis oder des Zensus. Daneben liefern die Papyri selbstverständlich ägyptische Spezifika, wie etwa die Epiplooi, die den Korntransport auf dem Nil begleiten. Überraschend ist hingegen, daß Tätigkeitsbereiche, die sonst als wesentliche Aufgaben der Armee gelten, wie etwa Bautätigkeit oder Unterstützung der Abgabeneintreibung, in den dokumentarischen Quellen Ägyptens kaum einen Niederschlag gefunden haben. Aus diesem Befund sollte freilich nicht voreilig der Schluß gezogen werden, daß es dergleichen in Ägypten nicht gab. Bestimmte Aktivitäten waren - zumindest in den Gegenden, aus denen wir Papyri besitzen - vielleicht einfach kein Gegenstand der schriftlichen Aufzeichnung. Schließlich ist zu bedenken, daß nur ein Bruchteil der sog. „Militärpapyri" tatsächlich vom Militär selbst stammt; zum überwiegenden Teil hingegen betreffen sie die privaten wirtschaftlichen Aktivitäten und rechtlichen Belange der Soldaten. Bei all ihrer Masse liefern die Quellen zur römischen Armee in Ägypten zwar ein reiches und buntes, aber eben kein vollständiges Bild. Trotz der schätzungsweise 50000 dokumentarischen Texte aus dem griechisch-römischen Ägypten blicken wir nur durch ein Schlüsselloch. 133 P. Thmouis 1, Kol. 99,6­11 (Thmouis, 180­192) mit BLX 278:ieID τ[ώ]ν της Πετετεί και της ΨενΙ­ α[ρ]ποκ(ράτεως ) και Ψενβιήγχ(εως ) εν τη I Πετετεί καταμ ένοντας άνηίρησθαι τφ η (ετει) ΰπό της πεμ φθείίσης στρατιωτικής δυνάμ εως I και όλερήμ ους είναι τάς κώμ ας . Die nδheren Umstδnde dieser Ereignisse bleiben unbekannt. Bereitgestellt von | Universität Wien Angemeldet Heruntergeladen am | 04.03.20 18:12