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Untersuchungen zur relativen Chronologie der Nekropole von Marlik

2008

Untersuchungen zur relativen Chronologie der Nekropole von Marlik Christian Konrad Piller Dissertation an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt von Christian Konrad Piller aus Straubing München, den 7. August 2008 Erstgutachter: Zweitgutachter: Tag der mündlichen Prüfung: Prof. Dr. Stephan Kroll Prof. Dr. Michael Roaf 3. Juli 2007 Inhaltsverzeichnis Vorwort 7 1. Einleitung: Vorgeschichte und Idee zur Arbeit 8 2. Ziele und Grenzen 11 2.1. Ziele der Untersuchung 11 2.2. Nicht bearbeitete Themenbereiche 11 3. Der Fundort und sein Umfeld 13 3.1. Nordiran – der Naturraum 13 3.2. Kurzer Abriss der Forschungsgeschichte der früheisenzeitlichen 19 Archäologie Nordirans 3.2.1 Die Gebrüder de Morgan im Taleshgebiet 19 3.2.2. Kommerzielle Grabungen 20 3.2.3. Der „Schatz von Kalar Dasht“ 22 3.2.4. Die „Amlash-Bronzen“ 23 3.2.5. Die japanischen Expeditionen in der Region Dailaman 24 3.2.6. Marlik 25 3.2.7. Kaluraz 28 3.2.8. Weitere Forschungen 29 3.3. Der Fundort Tepe Marlik 30 3.4. Kurzbeschreibung der Gräber 33 4. Bemerkungen zur methodischen Vorgehensweise 36 4.1. Horizontale Stratigraphie 36 4.2. Zum Vorhandensein Geschlossener Funde 37 4.2.1. Erbstücke 37 4.2.2. Beraubung 38 4.2.3. Mehrfach- und Nachbestattungen 44 2 5. Die Grundlagen der Kombinationstabelle 5.1. Die Funde 52 52 5.1.1. Keramik 53 5.1.2. Metallgefäße 63 5.1.3. Steingefäße 64 5.1.4. Zoomorphe Figurinen 65 5.1.5. Schmuck und Tracht 68 5.1.6. Waffen 84 5.1.7. Geräte, Zubehör und Sonstiges 100 5.2. Die Gräber 6. Die Kombinationstabelle 102 124 6.1. In der Tabelle enthaltene Typen 124 6.2. In der Tabelle enthaltene Gräber 128 6.3. Die Kombinationstabelle 130 6.3.1. Durchläufer 7. Interpretation der Tabelle 7.1. Interpretationsmöglichkeiten 130 133 133 7.1.1. Geschlechtsspezifische Interpretation 133 7.1.2. Soziologische Interpretation 135 7.1.3. Chronologische Interpretation 137 7.1.3.1. Typologische Reihen 137 7.1.3.2 Eisenfunde 146 7.1.3.3. Zusammenfassung 149 8. Auswertung der Tabelle 8.1. Zuordnung der Gräber zu den Stufen 151 151 8.1.1. Stufe I 153 8.1.2. Stufe II 154 8.1.2.1. Stufe IIa 155 8.1.2.2. Stufe IIb 156 8.1.3. Stufe III 157 3 8.2. Belegungschronologie 157 8.2.1. Stufe I 158 8.2.2. Stufe IIa 159 8.2.3. Stufe IIb 160 8.2.4. Stufe III 161 8.3. Auswertung der Typen 163 8.3.1. Keramik 163 8.3.2. Unverzierte Metallgefäße 170 8.3.3. Steingefäße 170 8.3.4. Zoomorphe Figurinen 170 8.3.5. Schmuck und Tracht 171 8.3.6. Waffen 187 8.3.7. Geräte, Zubehör und Sonstiges 195 8.4. Auswertung weiterer Funde 8.4.1. Figürlich verzierte Metallgefäße 199 199 8.4.1.1. Stufe I 200 8.4.1.2. Stufe IIa 201 8.4.1.3. Stufe IIb 202 8.4.1.4. Stufe III 203 8.4.1.5. Zusammenfassung 204 8.4.2. Anthropomorphe Figurinen 206 8.4.3. Siegel 209 8.4.3.1. Stempelsiegel 209 8.4.3.2. Rollsiegel 209 8.4.3.3. Zusammenfassung 211 8.5. Auswertung der Gräber 213 8.5.1. Stufe I 213 8.5.2. Stufe IIa 215 8.5.3. Stufe IIb 222 8.5.4. Stufe III 230 8.5.5. Pferdegräber 233 8.5.6. Nicht zuweisbare Gräber 234 4 9. Absolute Datierung – Die Nekropole von Marlik und ihr chronologisches Umfeld 236 9.1. Stufe I: die Ghalekuti-Stufe 237 9.2. Stufe II: die klassische Marlik-Kultur 238 9.3. Stufe III 239 9.4. Ausblick: die Eisenzeit II-IV 239 10. Zusammenfassung der Ergebnisse 242 11. Literaturverzeichnis 247 12. Abbildungsnachweise 271 13. Karte 277 14. Typentafeln 278 5 Zum Geleit „Zohak saß eintausend Jahre auf dem Thron; die ganze Welt gehorchte ihm. Während dieser langen Zeit waren die Sitten der Weisen in Vergessenheit geraten. Jegliche Tugend wurde verachtet, die schwarze Kunst höchst geschätzt; das Recht unterlag der Nacht, und das Unglück triumphierte.“ Ferdowsi, Schahnameh, I,35 „Hier ist die Einsicht: Wer Verstand hat, der berechne die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl.“ Die Bibel, Neues Testament Offenbarung des Johannes, 13,18. „Für alle Perioden und für jedes Land ist es möglich die relative Chronologie zu bestimmen, auch in dem Falle, dass jenes Land in der betreffenden Periode ganz isoliert war.“ Oskar Montelius Die Typologische Methode, 1903 6 Vorwort Die Nekropole von Marlik gilt als einer der bekanntesten, zugleich aber auch verwirrendsten Fundorte der eisenzeitlichen Archäologie Irans. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit, die eine überarbeitete Fassung der im April 2007 am Institut für Vorderasiatische Archäologie der Ludwig-Maximilians Universität München eingereichten Inaugural-Dissertation darstellt, war es deshalb, ein chronologisches Grundgerüst für diese wichtige Ausgrabung zu erstellen und so die Basis für zukünftige Arbeiten zur Eisenzeit in Nordiran zu schaffen. Dies wäre ohne die Hilfe und Unterstützung zahlreicher Personen nicht möglich gewesen. An erster Stelle ist mein Lehrer, Herr Prof. Dr. St. Kroll, zu nennen, der sich bereit erklärte, die vorliegende Dissertation zu betreuen, obwohl der Autor seine Geduld über die Jahre hinweg sicherlich das ein oder andere mal ein bisschen überstrapazierte. Herr Kroll war immer bereit, über Anlage und Inhalt der Arbeit zu diskutieren, wofür ich ihm an dieser Stelle herzlich danken möchte. Auch Herrn Prof. Dr. M. Roaf gebührt Dank für sein Interesse an der Arbeit und seine tatkräftige Unterstützung. Zahlreiche Personen haben durch ihre Kenntnisse in Fachdiskussionen immer wieder zum Fortgang der Arbeit beigetragen. Mein Dank gilt P. Bartl, M.A., E. Findling, M.A., Dr. K. Kaniuth, Dr. U. Löw, B. Muhle, M.A. sowie Dr. J. Schreiber. Herrn M. Guckenbiehl danke ich für die technische Unterstützung bei der Anfertigung der Gräberfeldpläne und anderer Abbildungen. Zuletzt möchte ich meiner Frau Simone danken, die mich während der entscheidenden Phase der Arbeit mit viel Verständnis und Geduld unterstützte und meine geistige Abwesenheit in der nordiranischen Eisenzeit immer mit Fassung trug. München, im Sommer 2008 Christian Konrad Piller 7 Einleitung 1. Einleitung: Vorgeschichte und Idee zur Arbeit Die Grundidee zu der vorliegenden Untersuchung geht auf die Magisterarbeit des Autors mit dem Titel „Schwerter im Alten Orient“ zurück1. Darin wurde versucht, die Schwertfunde aus dem Bereich der Kulturen des Alten Vorderasien möglichst umfassend zusammen zu stellen und für jeden Typ Informationen zur Verbreitung, Datierung und seiner Stellung innerhalb des kulturgeschichtlichen Umfeldes zu erarbeiten. Schnell stellte sich heraus, dass viele dieser Zielsetzungen mit dem vorliegenden Fundmaterial bestenfalls ansatzweise zu erreichen waren. Die Gründe hierfür waren höchst unterschiedlicher Natur. Neben zahlreichen Altfunden, deren Auswertung sich durch die seinerzeit angewandte Grabungs- und Publikationstechnik als schwierig erwies, stammte ein Großteil der aufgenommenen Schwerter aus dem internationalen Kunsthandel, so dass es bei diesen Stücken in der Regel nicht möglich war, Informationen zum Fundort und den Fundumständen zu verifizieren. Viele wissenschaftliche Grabungen waren wiederum nur sehr unvollständig publiziert worden, was eine Gesamtbewertung der dort gefundenen Objekte oft erschwerte bzw. unmöglich machte. Ein solcher Fundort ist Tepe Marlik in der Provinz Gilan in Nordiran, der in den Jahren 1961 bis 1962 von einer iranischen Expedition unter der Leitung von E.O. Negahban untersucht worden war. Schon im Laufe der Grabungen wurde klar, dass es sich um den Bestattungsplatz einer gesellschaftlich hoch stehenden Schicht handeln musste, wie man ihn in Iran bisher nicht gekannt hatte2. In einigen der insgesamt 53 steinernen Grabbauten wurden Objekte zu Tage gefördert, welche zu den herausragenden Werken altorientalischen Kunstschaffens zu zählen sind und dem Fundort schnell zu überregionaler Bedeutung innerhalb der Vorderasiatischen Archäologie verhalfen. Deshalb war es umso mehr zu bedauern, dass eine ausführliche Vorlage der Funde und Befunde jahrzehntelang auf sich warten ließ. Nach einem bereits kurz nach Ende der Ausgrabungen in monographischer Form erschienenen Vorbericht3 wurden in der Folgezeit verschiedentlich einzelne Fundgruppen publiziert, die vor allem in kunstgeschichtlicher Sicht relevant waren4. Die Verwirrung unter denjenigen, welche sich im 1 Vorgelegt im März 1995. Negahban benutzte später des Öfteren, wohl in bewusster Anlehnung an den bereits in den zwanziger Jahren durch Leonard Woolley ergrabenen Königsfriedhof von Ur, den Terminus „royal cemetery“. Da wir über die gesellschaftlichen Verhältnisse des früheisenzeitlichen Nordiran ohne entsprechende Siedlungsgrabungen aber nur ungenügend informiert sind, wird in der vorliegenden Arbeit eine neutralere Terminologie verwendet. 3 Negahban 1964. 4 Hier sind vor allem die Siegel, Figurinen, Metallgefäße und Anhänger zu nennen. Von den zahlreichen Waffenfunden wurden lediglich die Keulenköpfe vollständig publiziert. Für eine kurze Aufzählung der wichtigsten Veröffentlichung des Ausgräbers siehe Seidl 1998, 553. 2 8 Einleitung Rahmen verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen weiterführend mit den Funden aus Marlik befassen wollten, blieb jedoch weiterhin bestehen. An Versuchen, das vielfältige Fundmaterial zu ordnen und zu analysieren fehlte es keineswegs5, wohl aber an den Informationen, die hierfür notwendig gewesen wären6. Neben der absoluten Datierung und der Belegungsdauer der Nekropole waren auch Fragen nach der relativen Datierung der einzelnen Gräber lange Zeit umstritten7. Schließlich gab man sich mit der Aussage zufrieden, dass eine exakte Gliederung unter den gegebenen Bedingungen kaum zu erreichen sein würde. Auch der Autor der vorliegenden Arbeit kam damals zu einer ähnlich unbefriedigenden Schlussfolgerung und sah sich gezwungen, die Schwerter aus Marlik nur ganz allgemein zu datieren8. Weiterführende Aussagen verboten sich beim damaligen Kenntnisstand. 1995 erschien die Monographie Weapons from Marlik9, in welcher der Ausgräber umfassend alle Waffenfunde aus Marlik vorstellte. Damit war erstmals der Zugriff auf eine Fundgattung gegeben, die in größerer Stückzahl und fest definierten Typen in der Mehrheit der Befunde vorhanden war10. Mit diesen Informationen versuchte der Verfasser dieser Arbeit, eine chronologische Untergliederung der Nekropole von Marlik zu erstellen. Bereits die ersten Ansätze erbrachten interessante Ergebnisse11, welche mit dem Erscheinen des so genannten Complete Excavation Report im Jahre 1996 auf eine sehr viel breitere Basis gestellt werden konnten12. 5 Maxwell-Hyslop 1971; Muscarella 1984, 415-416; Dittmann 1990, 136-137, Anm. 102; Löw 1996; Calmeyer 1987, Fahimi 2003 sowie Vahdati 2005b, um nur einige zu nennen. 6 Immerhin wurde in den späteren Publikationen die zuvor für Außenstehende recht verwirrende Zuordnung der Funde und Befunde in einzelne Quadranten zugunsten einer eingängigeren Durchnummerierung der Gräber von 1 bis 53 abgelöst. Hierzu einige Beispiele: das spätere Grab 25 war auf insgesamt vier Quadranten aufgeteilt (XV E, XV F, XVI E und XVI F), während der Quadrant XIV D im Gegensatz dazu Teile von drei Gräbern beinhaltete (Gr. 18, 23 und 24). Im Vorbericht wurden die Objekte ausschließlich unter Abgabe eines Quadranten publiziert, so dass es auch scharfsinnigen Bearbeitern nicht immer gelingen konnte, festzustellen, aus welchem Grab denn die jeweiligen Funde wirklich stammen. Vgl. Calmeyer 1987, 346-347, Anm. 26. 7 Eine ausführliche Zusammenfassung der wichtigsten bisherigen Datierungsversuche findet sich bei Löw 1998, 33-38, gefolgt von einem eigenen Vorschlag. Da seither keine neuen Erkenntnisse mehr hinzugekommen sind, ist eine erneute Auflistung an dieser Stelle nicht notwendig. 8 Piller 1995, 28-30. 9 Negahban 1995. 10 Bei Negahban 1983, der Monographie über die Metallgefäße, war dies nicht der Fall, da die dort vorgestellten Objekte in typologischem Sinne als Einzelstücke zu betrachten sind. 11 Vorgestellt bei einem Referat im Archäologischen Colloquium des Instituts für Vorderasiatische Archäologie und bei einem Vortrag im Rahmen der Jahresversammlung der Deutschen Orientgesellschaft im Mai 2003 in Berlin. 12 Der Titel „complete“ ist allerdings nicht ganz korrekt, da einige zuvor bereits bekannte Fundstücke hier nicht mehr auftauchen. Löw 1998, 39-40, zeigt deutlich auf, dass sich einige an verschiedenen Stellen von Negahban publizierte Inventarlisten in ihrer Zusammensetzung durchaus unterscheiden. Auch der Verfasser konnte einige Beispiele ausfindig machen. So wird bei Negahban 1995, 88 die Anzahl der Knochenpfeilspitzen aus Grab 27 mit drei angegeben. Bei Negahban 1996, 281 sind es hingegen sieben Stück. Für eine typologische Auswertung ist die Anzahl der Funde nicht so wichtig wie ihr generelles Vorhandensein. Im Folgenden soll deshalb das bei Negahban 1996 publizierte Material die Basis der vorliegenden Untersuchung bilden. 9 Einleitung Die Veröffentlichung aller Inventarlisten im Rahmen dieses Endberichtes konnte dem Bearbeiter der Nekropole das notwendige Handwerkszeug für eine komplette Auswertung liefern und bildet die Hauptgrundlage der vorliegenden Arbeit13. 13 Eine komplette Fundvorlage wurde bereits von Muscarella 1984, 417 gefordert. Dennoch war er damals der Ansicht: „and even then all these problems will not be resolved.“ 10 Ziele und Grenzen 2. Ziele und Grenzen 2.1. Ziele der Untersuchung Obgleich man dem Ausgräber für seine unermüdliche Arbeit in Marlik sicherlich zu Dank verpflichtet ist, so bestehen doch vor allem auch aufgrund der von ihm angewandten Grabungs- und Publikationstechnik größere Desiderate. Hierbei ist in erster Linie zu bemängeln, dass eine angemessene wissenschaftliche Dokumentation der außergewöhnlichen Befunde offenbar so gut wie nicht erfolgte. Im Laufe der Ausgrabungen sind so zahlreiche wichtige Informationen für das Verständnis des Fundortes und seines Umfeldes verloren gegangen. Der große zeitliche Abstand zwischen den Grabungen und dem Erscheinen einer abschließenden Publikation führte zur mehrfachen Veröffentlichung derselben Fundgattungen und teilweise auch zu unterschiedlichen Behauptungen bezüglich der Zusammensetzung einzelner Grabinventare14. Wurde bisher versucht, die Zeitstellung von Gräbern zu erarbeiten, so konzentrierte man sich dabei in der Regel auf einzelne Funde, die man durch äußere Vergleich zu datieren versuchte. Wie die oben zitierte Auflistung zahlreicher Datierungsansätze zeigt, war man mit dieser Methode kaum in der Lage, befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist somit eine möglichst umfassende chronologische Analyse der Nekropole von Marlik. Dies beinhaltet neben einem absoluten Datierungsansatz insbesondere eine Untersuchung zur relativen Chronologie der Gräber sowie der darin enthaltenen Fundstücke. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Frage, ob der Friedhof – wie bisher vermutet - tatsächlich ohne Plan angelegt wurde15, oder ob sich hinter der Verteilung der Grabbauten auf dem Hügel eine bisher nicht erkannte Struktur, also eine horizontale Stratigraphie verbirgt. Hiermit wäre es dann möglich, das äußerst umfangreiche Fundmaterial aus diesem reichen Gräberfeld relativchronologisch zu gliedern und damit eine Feinchronologie für den entsprechenden Abschnitt der Frühen Eisenzeit in Nordiran vorzulegen. 2.2. Nicht bearbeitete Themenbereiche Im Gegensatz zu den oben aufgeführten Zielen steht eine Reihe von Aspekten, die im Rahmen dieser Arbeit nicht näher untersucht werden können. So bildet beispielsweise eine Bewertung der 14 15 früheisenzeitlichen Grab- und Beigabensitte im Folgenden keinen zentralen Seidl 1998, 553-555; Löw 1998, 39-40. Als Beispiele seien Negahban 1996, 11-13 und Löw 1998, 28 genannt. 11 Ziele und Grenzen Themenbereich, da diese Faktoren durch die mangelhafte Grabungs- und Publikationsweise, vor allem aber wegen der quasi nicht vorhandenen Dokumentation in Form von Fotografien, Zeichnungen und Befundbeschreibungen kaum in wünschenswerter Weise zu behandeln sind16. Zudem macht das beinahe völlige Fehlen von Skelettfunden eine Untersuchung der Beigabensitten so gut wie unmöglich. Gerne wird von Autoren, welche sich mit der eisenzeitlichen Archäologie Irans beschäftigen, eine ethnische Komponente in ihre Beurteilung der damaligen Verhältnisse eingebracht17. Der bisherige Forschungsstand reicht jedoch nicht aus, um derartige Thesen absichern zu können. Alle bisher geäußerten Meinungen zum Thema der ethnischen Interpretation der aus dem iranischen Hochland vorliegenden Funde und Befunde müssen – deutlich ausgedrückt – beim derzeitigen Kenntnisstand als gegenstandslos gelten. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit auch auf eine derartige Bewertung der Nekropole von Marlik vollständig verzichtet. Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit ist, wie oben ausgeführt, stark auf eine relativchronologische Zielsetzung ausgerichtet. Vergleichbare Funde oder Befunde aus anderen Orten werden deshalb im Zuge der Arbeit meist nur dann erwähnt, wenn sie in dieser Hinsicht einen entsprechenden Wert besitzen. Damit soll eine Basis für zukünftige Arbeiten innerhalb der eisenzeitlichen Archäologie Nordirans geschaffen werden. 16 Informationen zur Fundlage der Beigaben sind kaum vorhanden. Einzelne Vermutungen lassen sich zwar durch die wenigen Beschreibungen und Grabungsfotografien erschließen, sind aber nicht auf eine wissenschaftlich fundierte Basis zu stellen. Will man Ergebnisse in dieser Richtung erhalten, so ist man gezwungen, auf Informationen besser dokumentierter Fundorte wie Ghalekuti zurückzugreifen. Ob die Erkenntnisse von dort aber in jedem Fall ohne weiteres auf die Verhältnisse in Marlik übertragbar sind, ist keineswegs gesichert, da es sich hier um einen weniger reichen Bestattungsplatz handelt, der nicht die gesamte Laufzeit der Nekropole von Marlik abdeckt. 17 Zuletzt Fahimi 2004. 12 Der Fundort und sein Umfeld 3. Der Fundort und sein Umfeld 3.1. Nordiran – der Naturraum Mit dem geographischen Begriff Nordiran soll im Folgenden die Region des Elbursgebirges und des ihm vorgelagerten Kaspischen Tieflandes, also in etwa das Territorium der heutigen iranischen Provinzen Gilan, Mazanderan und Golestan umschrieben werden (Karte I)18. Das mächtige, aus mehreren annähernd west-östlich verlaufenden Auffaltungen bestehende Elbursgebirge trennt das Iranische Hochland vom Kaspischen Meer und stellt seit jeher nicht nur eine natur-, sondern auch eine kulturgeographische Barriere zwischen diesen beiden Regionen dar19. Abb. 1: Blick über die fruchtbare Küstenebene am Kaspischen Meer auf das Elbursgebirge. 18 Dies entspricht relativ genau dem Bereich, den die Iraner noch heute shomal (Norden) nennen. Die Provinz Golestan, welche bereits den Übergang vom Küstentiefland zur Turkmenensteppe bildet, entstand erst im Jahre 1996 durch Abtrennung des östlichen Teiles der Provinz Mazanderan und ist deshalb in früheren Arbeiten und Karten nicht zu finden. 19 Ehlers 1980, 330, bezeichnet das südkaspische Tiefland in dieser Hinsicht als „innerhalb Irans einmalig“. 13 Der Fundort und sein Umfeld Während im Iranischen Hochland selbst heute weitgehend kontinentales und arides Klima mit nur geringen Niederschlägen vorherrscht, zeichnet sich die südkaspische Küstenebene durch reichliche Regenfälle und eine üppige Vegetation aus (Abb. 1)20. Die zur Ebene hin steil abfallende Nordabdachung des Elbursgebirges wird durch einen von Eichen- und Buchenbeständen dominierten Bergwald mit entsprechendem Tier- und Pflanzenreichtum geprägt21. In den höheren Lagen greift das trockene Hochlandklima auch auf die nördlichen Hänge des Elbursgebirges über und bildet eine xerophytische Felssteppe (Abb. 2)22. Die besondere geographische Lage dürfte wohl schon seit vorgeschichtlicher Zeit die Gesamtentwicklung der Region stark beeinflusst haben. Während der östliche Teil des Südkaspischen Tieflandes vom Gorgangebiet aus vergleichsweise leicht zugänglich war und noch im 19. Jh. unter dauernder Bedrohung durch die kriegerischen Turkmenenstämme zu leiden hatte, blieb der eigentliche Gebirgsraum ebenso wie der westliche Teil des Tieflandes vor derartigen Turbulenzen während seiner gesamten Geschichte beinahe vollständig verschont23. Dies betrifft insbesondere den Süden der heutigen Provinz Gilan, in der sich auch der Fundort Tepe Marlik befindet24. Bis in die jüngste Zeit stellt diese Region einen Raum 20 Während an den zur Zentraliranischen Wüste hin orientierten Südhängen des Elbursgebirges im Jahresmittel lediglich Niederschläge von etwa 200 bis 250 Millimeter pro Quadratmeter gemessen werden, beträgt die jährliche Niederschlagsmenge direkt an der Küste bei Bandar Anzali bis zu 2000 Millimeter pro Quadratmeter. Damit stellt die südkaspische Tiefebene das einzige ganzjährig humide Gebiet Irans dar. Landeinwärts Richtung Elbursnordabdachung nehmen diese Mengen zwar schnell ab, übertreffen den Landesdurchschnitt aber immer noch um ein vielfaches. Vgl. Gehrke/Mehner 1975, 30, Tab. 2; Ehlers 1980, 75. 21 Gehrke/Mehner 1975, 34; Ehlers 1980, 331. Im Gegensatz zu dem insbesondere seit dem Mittelalter immer stärker entwaldeten Binnenland scheint der Kaspische Gebirgswald abgesehen von vereinzelten, intensiver genutzten Regionen lange Zeit weitgehend intakt geblieben zu sein. Die neuen iranisch-japanischen Forschungen haben ergeben, dass die Ebene von Rostamabad und die umliegenden Gebirgszüge früher bis zu einer Meereshöhe von über 850 m mit dichtem Wald bewachsen waren. Vgl. Yamauchi 2005, 109. Ab dem späten 19. Jh. erfolgte dann auch hier eine großflächige Entwaldung vieler Gebiete, um den stetig steigenden Holzkohlebedarf der schnell anwachsenden Hauptstadt Teheran decken zu können. Wie Negahban 1964, 9, Anm. 3, anmerkt, waren die um das Tal des Gohar Rud liegenden Hügelketten zur Zeit der Ausgrabungen in Marlik erheblich von Abholzung betroffen. Noch während der Schahzeit wurden erste Maßnahmen eingeleitet, um dieser Entwicklung erfolgreich entgegenzuwirken. Umfangreiche Aufforstungsprogramme haben dazu geführt, dass der Charakter der Region zumindest zum Teil erhalten werden konnte. 22 Ehlers 1980, 331. Diese beginnt oberhalb von etwa 2500 m über Meereshöhe, da auf dieser Höhe im Regelfall das Kondensationsniveau der maritimen Luftmassen endet und damit die notwendige Versorgung mit Regenwasser nicht mehr gegeben ist. Eine anschauliche Beschreibung findet sich bei Morier 1985, 517 sowie 521-524. 23 Dies wirkt sich auch auf die Struktur größerer Ansiedlungen aus, die auf größere Befestigungsanlagen im Regelfall verzichten können und sich in ihrem Erscheinungsbild von den Städten des iranischen Hochlandes und des östlichen Mazanderan deutlich unterscheiden. Der wehrhafte Charakter der Provinz von Mazanderan wird von Morier 1985, 517, 525-526 ausführlich geschildert. Zu den Unterschieden zwischen dem Hochland und der gilakischen Tiefebene vgl. Ehlers 1980, 323; Stodte 1999, 196 sowie Loti 1925, 293, der anmerkt, dass Rasht „nicht einmal mehr einen persischen Anstrich zeigt.“ 24 Wie schon Olearius 1959, 466, berichtet, war auch der Weg direkt entlang der Küste kaum gangbar, bevor Schah Abbas ihn mit einer dammartigen Konstruktion aus Holzbohlen befestigen ließ. Zu den Erlebnissen eines Reisenden im durch Regen frisch aufgeweichten Boden der Kaspischen Tiefebene äußert sich unter anderem Vámbéry 1867, 279-280, 303-304: „Nur wenigen von uns gelang es, trocken in Sari anzukommen. Jeder hatte sich ein- oder zweimal im Kothe gewälzt.“ Ein gutes Jahrhundert danach hatte sich an den Verhältnissen 14 Der Fundort und sein Umfeld dar, welcher an den politischen und historischen Entwicklungen des Iranischen Hochlandes nur eingeschränkt oder mit größerer Verzögerung teilnahm25. Abb. 2: Blick über die höheren Lagen des Elbursgebirges Die Verkehrswege zwischen dem Iranischen Hochland und der Region am Kaspischen Meer waren bis in die 30er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts auf einige wenige natürliche Verbindungen beschränkt, als deren bedeutendste der Durchbruch des Sefid Rud durch das Elbursgebirge zu nennen ist. Es handelt sich hierbei um einen der größten iranischen Flüsse, der aus dem Zusammenfluss des Kizil Uzun mit dem Schahrud entsteht, kurz vor Rudbar durch einen heute mit einem Staudamm versehenen Engpass bricht und dann zum Kaspischen Meer hin entwässert26. Eine weitere wichtige Route führte vom Gebiet des heutigen Teheran grundlegend noch nichts geändert, wie H. Luschey im Juni 1963 feststellte, muss man „damit rechnen, auch einmal bis zum Knie im feuchtwarmen Sumpf einzusinken.“ Luschey 1983, 388. 25 Am deutlichsten wird dies hinsichtlich der Islamisierung der Region, die erst zwei Jahrhunderte nach der Eroberung des Sassanidischen Reiches durch die Araber erfolgte. Vgl. Ehlers 1980, 322; Gronke 2003, 17, 32. 26 Seit dem 17. Jh. war dies der bevorzugte Verbindungsweg, wenn man von Mitteleuropa über Russland nach Persien oder umgekehrt reisen wollte. Er wurde auch noch Ende des 19. Jh. von Schah Naser ad-Din auf seinen berühmt-berüchtigten Europareisen benutzt. Siehe hierzu Leicht 1969, 43-44. Aber auch dieser Weg war teilweise alles andere als gut gangbar oder gar ungefährlich. Entsprechende Berichte finden sich bei Olearius 15 Der Fundort und sein Umfeld aus über die Orte Damavand und Firuzkuh zur Tiefebene von Mazanderan und dann weiter in Richtung Zentralasien27. Andere Wege, etwa die nahe am Hochbecken von Kalar Dasht vorbeiführende Strecke von Teheran über Karadj nach Chalus mögen zwar auch in früheren Zeiten saisonal gangbar gewesen sein, erreichten aber ihre heutige Bedeutung erst durch den unter Reza Schah während der 20er und 30er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts in Angriff genommenen Ausbau der Infrastruktur Irans. Zuvor war ein einfacher Zugang in das Gebirge neben den genannten Hauptverkehrswegen meist nur im Bereich der aus dem Gebirge kommenden Wasserläufe möglich, welche insbesondere am dessen nördlichen Hängen zahlreich vorhanden sind. Hier war bis in die jüngste Zeit hinein zu beobachten, dass die ortsansässige Bevölkerung einen saisonalen Wechsel des Wohnsitzes zwischen dem Tiefland und höher gelegenen, kühleren Sommerdörfern praktizierte28. Die höheren Lagen des Gebirges waren nur wenige Monate im Jahr für Weidewirtschaft nutzbar und blieben abgesehen davon weitgehend siedlungsfrei29. Größere Siedlungszentren konnten sich lediglich im Bereich günstig gelegener Kleinräume wie der Hochbecken von Kalar Dasht oder Dailaman bilden30. Inwieweit sich dies auf die vor- und frühgeschichtliche Zeit übertragen 1959, 464-465; Hedin 1967, 17-19 oder Loti 1925, 287-290, welche die Route in den Jahren 1639, 1886 bzw. 1900 bereisten. 27 Negahban 1996, 1. Heute hat sich allgemein die Ansicht durchgesetzt, dass sich in diesem Bereich die in zahlreichen antiken und islamischen Quellen genannte Kaspische Pforte befand. Zusammenfassend zu den Argumenten hierzu hat sich zuletzt Vahdati 2006 geäußert. In safawidischer Zeit wurde der Weg stark ausgebaut, da es sich um die beste Verbindung von Zentraliran zu den Sommerresidenzen von Schah Abbas I. in Ashraf und Farhabad handelt. Vgl. Kleiss 1981, 129. Eine gute Routenbeschreibung findet sich bei Morier 1985,496-524. Dennoch blieb dieser Weg, „ein minder besuchter als alle übrigen Strassen in Iran, ging durch die nur schlecht bevölkerte Gegend über beträchtliche Hügel, rauschende Bergströme gegen Firuzkuh“. Vámbéry 1867, 269-272 erwähnt zudem, dass diese Passstraße im Winter nur unter erheblicher Lebensgefahr zu benutzen war. 28 Ehlers 1980, 332. Für die Region um Marlik Negahban 1996, 1-3 sowie 25, Anm.1; für Kaluraz Yamauchi 2005, 110. Ähnliches war auch im Gebiet von Dailaman zu beobachten, wo sich im Bereich des zum Kaspischen Meer hin fließenden Pol-i Rud zahlreiche Dörfer befinden, die von ihren eigentlich in der Tiefebene siedelnden Bewohnern nur zwischen Frühling und Herbst zum hauptsächlichen Zweck der Weidewirtschaft bezogen werden. Ab September sind die meisten Flussläufe so stark angeschwollen, dass sie nicht mehr zu überqueren sind, und ab Oktober befindet sich die gesamte Region unter einer Schneedecke, die eine Mächtigkeit von mehreren Metern besitzen kann. Vgl. Fukai/Ikeda 1971, 1. Es steht zu vermuten, dass vergleichbare klimatische Bedingungen auch während des 2. und 1. Jt. v.Chr. herrschten und eine dauerhafte Besiedlung in diesen Höhenlagen unmöglich machten. 29 Dies stellte bereits Freya Stark fest, die in den Jahren 1930 und 1931 Nordiran bereiste. Vgl. Stark 1991, 337. Negahban 1964, 9, Anm. 5, gibt an, dass die am höchsten gelegenen Ansiedlungen an den Hängen des Kuh-e Darfak nahe Marlik maximal für zwei Monate im Hochsommer von Hirten und Viehzüchtern genutzt wurden, die aus dem Tal des Sefid Rud in die Berge wandern. Ein regelrechter Nomadismus ist in Nordiran aber nicht vorhanden, wie Ehlers 1980, 325 und 332, deutlich ausführt. 30 Die zahlreichen Bodendenkmäler im der Hochebene von Kalar Dasht lassen darauf schließen, dass diese bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit dicht besiedelt war. Vgl. Samadi 1959. Schon zuvor wurde immer wieder ein größerer Tepe in der Ebene erwähnt, der aber vor allem mit der mittelalterlich-islamischen Besiedlung der Region in Zusammenhang gebracht wurde. Vgl. Stark 1991, 345-354. Erst unlängst stellt sich heraus, dass dieser Siedlungshügel auch frühbronzezeitliches Fundmaterial der Kura-Araxes Kultur enthält, was auf eine Siedlungstätigkeit spätestens ab dem 3. vorchristlichen Jahrtausend schließen lässt. Vgl. Mousavi/Abbasnejad/Heydarian 2007. 16 Der Fundort und sein Umfeld lässt, ist aufgrund des bisherigen Forschungsstandes nur begrenzt feststellbar, doch dürften sich die antiken Verhältnisse nicht allzu sehr von dem Bild unterschieden haben, das sich dem Besucher der Region noch bis vor wenigen Jahrzehnten bot31. Auch die Täler des Sefid Rud und seiner Nebenflüsse sind aufgrund des fruchtbaren Bodens, des milden Klimas und der hohen Niederschläge bereits in der Antike als bedeutende Siedlungskammer und wichtige Verkehrsverbindung genutzt worden32. Dies belegen die zahlreichen Fundplätze, die sich in einem verhältnismäßig kleinen Abschnitt dieser Strecke geradezu konzentrieren, darunter die ausgesprochen reichen Nekropolen von Marlik und Kaluraz samt der zugehörigen, aber bisher nur ansatzweise untersuchten Siedlungshügel Pile Qal’eh und Tepe Jalaliye (Kaluraz Tepe)33. Die besonderen Umweltbedingungen in Nordiran haben sich auf zahlreiche Bereiche des täglichen Lebens ausgewirkt. So unterscheiden sich die lokale Tracht und die gesellschaftlichen Verhältnisse, welche eng an die Zusammenarbeit bei der Bestellung der Felder gekoppelt sind, deutlich von anderen Regionen Irans34. Auch die bis vor kurzem noch weit verbreitete traditionelle Architektur ist ganz auf die klimatischen Besonderheiten vor Ort ausgerichtet. Es handelt sich um hölzerne Ständerbauten, deren Zwischenräume mit Zweiggeflecht ausgefüllt wurden, bevor man die Wände innen und außen mit einem Lehm/Stroh-Gemisch beschmierte35. Die steilen Giebeldächer wurden mit Reisstroh, Holzschindeln oder anderen organischen Materialien gedeckt und sind in der regenreichen Region ausgesprochen zweckorientiert (Abb. 3). Mit einer ähnlichen Konstruktion der Auch die zahlreichen vor- und frühgeschichtlichen Gräberfelder im 1500 bis 2000 m hoch gelegene Becken des Pol-i Rud deuten auf eine intensive Nutzung dieser Region hin. Vgl. Fukai/Ikeda 1971, 1-5. 31 Yamauchi 2005, 110. Im Gegensatz dazu scheint die vergleichsweise breite Küstenebene von Mazanderan bereits in vorgeschichtlicher Zeit relativ dicht besiedelt gewesen zu sein. Luschey 1983, 386 sowie 388, stellte bei einer Reise Anfang der sechziger Jahre fest, dass sich in der Nähe der rezenten Dörfer oft auch vor- und frühgeschichtliche Tepes befinden. Dennoch setzte die archäologische Erforschung der Region erst vor wenigen Jahren ein. Als wichtigster Fundort ist der bisher leider kaum publizierte Gohar Tepe zwischen Sari und Behshahr zu nennen. Neben Wohn- und Werkstattbereichen wurden auch zahlreiche Bestattungen freigelegt. Zusammenfassend hierzu Azarnoush/Helwing 2005, 230-231. Für die durch das Mündungsgebiet des Sefid Rud gebildete gilakische Tiefebene fehlen derartige Fundplätze bisher. 32 Negahban 1964, 9-10; Kleiss 1989, 1. 33 Die von einer japanisch- iranischen Expedition begonnenen Untersuchungen in Tepe Jalaliye wurden in den letzten Jahren unter iranischer Leitung weitergeführt, befinden sich aber immer noch im Anfangsstadium. Bisher wurden größere Gebäudekomplexe vor allem aus parthischer Zeit freigelegt. Zahlreiche Keramikfunde deuten auf eine stärkere Besiedlung des Ortes vor allem während der Eisenzeit II hin, was gut zu den bereits Ende der 60er Jahre durch Hakemi freilegten Gräbern aus Kaluraz passen würde. Die vereinzelt im Füllschutt aufgefundenen Steinwerkzeuge belegen die Nutzung des Platzes durch den Menschen jedoch bereits ab dem Paläolithikum. Vgl. Khalatbari 2007. 34 Dies beobachtete bereits Olearius 1959, 467-468, der insbesondere auch auf die Unterschiede zwischen den Ackerbau betreibenden Gilakis im Süden und den von der Viehwirtschaft lebenden Talesh im Norden der heutigen Provinz Gilan hinweist. 35 Luschey 1983, 390-391, Taf. 47, 1-2. Vereinzelt ist eine Nischengliederung oder einer Verzierung der Fassade mit einfachen Reliefdarstellungen zu beobachten, welche von der Frau des Hauses persönlich gestaltet worden waren. 17 Der Fundort und sein Umfeld Wohnhäuser muss auch in vorgeschichtlicher Zeit gerechnet werden, wenngleich sich dies im archäologischen Befund bisher nicht nachweisen ließ36. Abb. 3: Traditionelles Wohnhaus am Rande des Elbursgebirges bei Shaft. Generell kann festgestellt werden, dass die regionalen Besonderheiten auch die archäologische Erforschung der Region stark mit beeinflusst haben. Zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Fundorte in Nordiran dürften von der üppigen Vegetation überwuchert worden sein und sind damit oft nur schwer zu entdecken. Daneben haben die in dieser niederschlagsreichen Region häufig auftretenden Erdrutsche und die intensive Tätigkeit von Raubgräbern ebenfalls zu einem großen Verlust an Bodendenkmälern geführt37. Im Küstentiefland Gilans haben hingegen vor allem die intensive landwirtschaftliche Nutzung, die dichte rezente Besiedlung und der durch inneriranischen Tourismus ausgelöste Bauboom dafür gesorgt, dass vor- und frühgeschichtliche Fundstätten bisher nicht bekannt geworden sind. 36 37 Luschey 1983, 388-390. Negahban 1964, 10; Fahimi/Kazuya 2005, 7; Fahimi 2005, 44. 18 Der Fundort und sein Umfeld 3.2. Kurzer Abriss der Forschungsgeschichte der früheisenzeitlichen Archäologie Nordirans 3.2.1 Die Gebrüder de Morgan im Taleshgebiet Die archäologische Erforschung des südlichen Kaspigebietes setzte bereits vergleichsweise früh ein38. Um die Jahrhundertwende besuchte Jacques de Morgan neben seiner Tätigkeit in Susa immer wieder verschiedene Regionen des Iranischen Hochlandes. Neben Mazanderan, Aserbaidschan und Luristan39 reiste er im April 1890, angeregt durch seine vorherigen Forschungen im russischen Teil Armeniens, in das Taleshgebiet bei Lenkoran, welches seit dem Frieden von Turkmançai 1829 ebenfalls zu Russland gehörte. Von dort aus begab sich de Morgan in die bewaldeten Gebirgszüge westlich des Kaspischen Meeres, wo er zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Gräberfelder entdeckte und diese stichprobenartig untersuchen konnte (Abb. 4). Abb. 4: Jacques de Morgan (mit Tropenhelm) beaufsichtigt die Aufdeckung eines steinernen Grabbaus im Taleshgebirge. Aufnahme aus dem Jahre 1890. 38 Im Folgenden werden nur die für die Zeitstellung relevanten Untersuchungen dargestellt. Eine Gesamtschilderung der archäologischen Forschungsgeschichte Nordirans vom Paläolithikum bis in die islamische Zeit wäre für die vorliegende Arbeit weitestgehend irrelevant und würde zudem unverhältnismäßig viel Raum beanspruchen. 39 De Morgan 1896, 1-11. 19 Der Fundort und sein Umfeld In der Hauptsache handelte es sich um steinerne Grabbauten, die meist über einen längeren Zeitraum genutzt wurden und zahlreiche Keramik- und Metallfunde lieferten. Der 1896 erschienene Bericht40 war reich mit Landschaftsskizzen, Fundortkartierungen, sowie Grabund Fundzeichnungen ausgestattet und ermöglichte der Fachwelt einen ersten Einblick in die vorgeschichtlichen Kulturen der Region. 1901 folgte, diesmal zusammen mit seinem Bruder Henri, eine zweite Reise an das Kaspische Meer, um die persische Seite des Taleshgebietes zu untersuchen. Erneut wurden zahlreiche Fundorte besucht, zum Teil kartiert und eine Vielzahl von Gräbern ausgegraben. Die Ergebnisse erschienen bereits kurz darauf in einer für die damalige Zeit ansprechenden Form41 und machten das Taleshgebiet insbesondere in der französischen Forschung der folgenden Jahrzehnte zu einer festen Größe42. Weitere Arbeiten vor Ort fanden danach jedoch nicht mehr statt, so dass die Aktivitäten der Gebrüder de Morgan noch Jahrzehnte später die einzigen nennenswerten Grabungstätigkeiten im nördlichen Teil der iranischen Provinz Gilan darstellten43. 3.2.2. Kommerzielle Grabungen 1930 wurde das Denkmalschutzgesetz in Persien durch Reza Schah geändert. Das Archäologiemonopol Frankreichs, im Jahre 1895 für die Summe von 50.000 Goldfrancs vom Kadscharenherrscher Naser ad-Din Schah erkauft44, wurde aufgehoben. Der Weg war frei für Expeditionen anderer Staaten, leider aber auch für unselige „kommerzielle Grabungen“ von Geschäftsleuten, Basarhändlern und so genannten „Privatgelehrten“ (Abb. 5)45. Hierbei konnten beim iranischen Kultusministerium offizielle Grabungsgenehmigungen gegen Zahlung einer gewissen Summe erkauft werden. Die Funde aus den Grabungen waren zur Hälfte Eigentum des Lizenznehmers, der im Anschluss das Recht hatte, diese im nationalen 40 De Morgan 1896. De Morgan 1905. 42 Dies zeigt sich besonders deutlich in dem 1927 posthum erschienenen Werk La Préhistoire Orientale von Jacques de Morgan und in Claude Schaeffers ambitionierter Stratigraphie Comparèe et Chronologie de l’Asie Occidentale von 1948. Noch heute sind Funde aus den Grabungen de Morgans in einigen Vitrinen des großen Vorgeschichtsmuseums von Saint Germain en Laye bei Paris ausgestellt. International wurden sie hingegen bestenfalls als Randnotiz wahrgenommen. 43 Kroll 1984, 48-58 sowie 126-127, besuchte die Region im Rahmen eines Surveys, wobei er auf die Berichte der de Morgans zurückgreifen und einige der von ihnen entdeckten Fundorte erneut aufsuchen konnte. Erst in den letzten Jahren wurde von iranischer Seite intensiv damit begonnen, Grabungen im Taleshgebiet durchzuführen. Eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Aktivitäten findet sich bei Vahdati 2007, 126. 44 Kargar/Loyrette 2001, 15. 45 Als Beispiel ist Dr. Benjamin Mahboubian zu nennen, ein aus Hamadan stammender Arzt, der im Laufe seiner mehrere Jahrzehnte währenden Karriere als Hobbyarchäologe über einhundert Ausgrabungen in verschiedenen Regionen Irans, hauptsächlich im Westen und Nordwesten des Landes durchführte. Die Notizbücher, in die Mahboubian seine Beobachtungen während der Grabungen eingetragen haben soll, sind zwischenzeitlich leider verloren gegangen. Vgl. Mahboubian 1997, 8-16. 41 20 Der Fundort und sein Umfeld oder internationalen Kunsthandel zu veräußern. Abgesehen davon, dass diese kommerziellen Grabungen im Regelfall weder in Anwesenheit eines Beamten des zuständigen Ministeriums noch unter Aufsicht eines wissenschaftlich qualifizierten Grabungsleiters durchgeführt wurden46, war es insbesondere für Kunsthändler ein Leichtes, ihre auf anderen Wegen erworbenen Handelsobjekte mit einer scheinbar verifizierbaren und damit legalen, den Wert steigernden Herkunftsbezeichnung zu versehen. Eine Dokumentation nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten wurde so gut wie nie erstellt. Abb. 5: Kommerzielle Grabung Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts in Iranisch-Aserbaidschan. Derartige Aktivitäten fanden vor allem in Westiran statt, da seit 1928 die vermeintlich aus dieser Region stammenden Luristanbronzen im internationalen Kunsthandel und der Fachwelt Aufsehen erregt hatten. Nordiran lag hingegen (noch) nicht im Zielbereich professioneller 46 Negahban 1996, 5, beschreibt eindrücklich die damaligen Verhältnisse. Demnach bestand bei den meisten Beamten des neu geschaffenen Antikendienstes kein großes Verlangen, eine unbestimmte Zeit weitab der pulsierenden Metropole Teheran auf einer einsamen und vermutlich nicht ganz staub- und schmutzfreien Ausgrabung zu verbringen. Stattdessen wurde den Lehrern der örtlichen Schulen die Aufgabe übertragen, die Vertretung des Antikendienstes zu übernehmen und die Funde aus den kommerziellen Grabungen für den Handel frei zu geben. Im Jahre 1959 wurden 96 % der kommerziellen Grabungen auf diese Art und Weise betreut. Mahboubian 1997, 8, betont jedoch, dass diese Grabungen in völligem Einklang mit den damaligen Gesetzen des Landes standen und keineswegs heimlich durchgeführt wurden. 21 Der Fundort und sein Umfeld Raubgräber und Kunsthändler. Dennoch dürften auch hier vereinzelt entsprechende Maßnahmen stattgefunden haben, denn bereits in den 30er Jahren finden sich im Fundmaterial kommerzieller Grabungen durchaus Objekte, die wohl aus Nordiran stammen, denen aber aus verkaufstechnischen Gründen das Etikett „Luristan“ sozusagen übergestülpt wurde47. Vor allem Bearbeitern, die mit der Materie nicht allzu eng vertraut sind, ist es deshalb manchmal bis in die jüngere Zeit nicht immer möglich gewesen, deutlich zwischen den iranischen „Kunsthandelsprovinzen“ und den tatsächlichen Fundorten der von ihnen besprochenen Fundstücke zu unterscheiden48. 3.2.3. Der „Schatz von Kalar Dasht“ Die Entdeckung der ersten international Aufsehen erregenden Funde aus Nordiran geht ebenfalls in die Regierungszeit Reza Schahs zurück. Er beauftragte zu Anfang der 30er Jahre einen deutschen Architekten mit dem Bau eines palastartigen Komplexes in der Hochebene von Kalar Dasht. 1934 reiste Reza Schah, selbst aus der Provinz Mazanderan stammend, zur geplanten Einweihung des Palastes in das Elbursgebirge. Dort angekommen, musste der Monarch jedoch feststellen, dass die Bauarbeiten dem Zeitplan hinterher hinkten und die geplante Einweihung des Palastes sich deshalb verzögert würde. Während der Schah samt Eskorte, Ministern und Honoratioren in der Nähe der Baustelle in einem Zelt die Fertigstellung abwartete, entdeckte einer der Arbeiter zufällig mehrere unterirdische Grabanlagen49. Dies war die Geburtstunde des so genannten „Schatzes von Kalar Dasht“50. Ein fachkundiger Archäologe wurde zur Bergung der Funde, die zunächst in das Archiv der iranischen Nationalbank gebracht wurden, nicht hinzugezogen. Aus den spärlichen Veröffentlichungen geht lediglich hervor, dass einzelne Bestattungen bis zu zwanzig Keramikgefäße und diverse Objekte aus Bronze oder Gold enthalten haben sollen. Die Gesamtzahl der geborgenen Keramikgefäße wurde später mit 125 Stück angegeben. Zu den 47 Dies lässt sich gut an einem figürlich verzierten Bronzebecher zeigen, der in der Erstpublikation durch Godard 1933, 132, einer kommerziellen Grabung bei Zalu Ab in Luristan zugeschrieben wurde. Noch de Waele 1982, 226, 234-235, übernahm diese Herkunftsangabe, obwohl er sich der deutlichen Bezüge des Stückes zu den mittlerweile bekannten Funden aus Marlik und Kaluraz durchaus bewusst war. Erst Löw 1998, 386-388, 390-395 sowie 456-457, konnte nachweisen, dass das Gefäß in das Umfeld der nordiranischen Stilgruppen einzuordnen ist. Es handelt sich hierbei im Übrigen um das erste figürlich verzierte Metallgefäß aus Nordiran, das überhaupt publiziert wurde. 48 So werden bei Zahlhaas 2002, 33-35 die Dolche Kat.-Nr. 43 und 46, die Lanzenspitzen Kat.-Nr. 49-50 und der Lanzenschuh Kat.-Nr. 51 Luristan zugeordnet, obwohl von dort keine gesicherten Exemplare dieser Typen vorliegen. Vergleichbare, zum Teil sogar beinahe identische Stücke wurden vielmehr bei verschiedenen Grabungen in Nordiran gefunden. Ähnliche Fälle sind auch bei Seifert 2005, 47, Kat.-Nr. 25 sowie Khorasani 2006, 380 und 384, Kat.-Nr. 12 und 20, vorhanden. 49 Diese wurden später von Samadi 1959, 4, als Galerien bezeichnet. Was sich genau hinter diesem Ausdruck verbirgt, ist allerdings nicht zu klären. 50 Anschaulich geschildert von Samadi 1959b, 175-176. 22 Der Fundort und sein Umfeld bekanntesten Metallfunden gehören ein goldener Dolch mit halbmondförmigem Heft sowie mehrere aus Goldblech getriebene Gefäße. Besonders hervorzuheben ist ein Wulstbodennapf mit reliefierter Darstellung schreitender Löwen, deren angenietete Köpfe rundplastisch ausgearbeitet sind51. Abb. 7: Schah Mohammed Reza Pahlevi besichtigt die im Nationalmuseum in Teheran ausgestellten Funde aus Kalar Dasht. 1944 wurden die Funde auf ein Dekret des neuen Schahs Mohammed Reza Pahlevi hin in das Iran Bastan Museum überführt, von wo sie vier Jahre später erstmals zu einer Ausstellungen außer Landes geschickt und damit international bekannt gemacht wurden. 3.2.4. Die „Amlash-Bronzen“ Im Jahre 1953 besuchte der Schah das Iran Bastan Museum, zeigte sich stark beeindruckt von den Goldobjekten aus Kalar Dasht und ordnete archäologische Untersuchungen in ihrem Herkunftsgebiet an (Abb. 7). Daraufhin machte sich im Folgejahr eine iranische Expedition unter Leitung von H. Samadi in die Hochebene von Kalar Dasht auf, um im Umfeld des Fundortes archäologische Untersuchungen durchzuführen. Die Grabungen erbrachten zur 51 Samadi 1959, 13-14, Fig. 10-11. Gute Farbabbildungen bei Kargar 2004, 22. 23 Der Fundort und sein Umfeld Enttäuschung der Ausgräber jedoch nur einige Keramikgefäße, die in den betreffenden Publikationen auch später niemals näher beschrieben wurden. Man wechselte deshalb in das nur wenige Kilometer entfernte Garmabak, wo der Bürgermeister des Ortes zufällig bei Arbeiten auf einem seiner Felder eine Stierfigurine und fünf Gefäße aus Keramik sowie zwei Dolche und zwei Armreifen aus Bronze gefunden hatte. Dort wurden innerhalb von zwanzig Grabungstagen 31 Gräber freigelegt. Es handelt sich um vergleichsweise kleine, einfache Erdgräber ohne Grabarchitektur, die oft mehrere Skelette enthielten52. Da auch diese Ergebnisse die Ausgräber nicht zu befriedigen mochten, zog man schließlich weiter zur Kleinstadt Amlash, die sich in der Provinz Gilan an den Nordhängen des Elbursgebirges befindet. Von dort waren ebenfalls Zufallsfunde bekannt geworden, so dass sich die Expedition entschloss, ihr Glück in den beiden Dörfern Tomadjan und Emam im Gebirge südlich von Amlash zu versuchen. Hier war man ein wenig erfolgreicher, denn es fanden sich immerhin einige steinerne Grabbauten mit vergleichsweise ansehnlichen Metallobjekten. Leider wurde durch diese Grabungen auch das Interesse des Kunsthandels auf die Region gelenkt. Ab den späten 50er Jahren wurde der internationale Markt geradezu mit Bronze- und Keramikfunden überschwemmt, die sich deutlich von den bisher mehrheitlich gehandelten Luristanbronzen unterschieden. In Anlehnung an diese entstand der Begriff „Amlash-Bronzen“, da man den meisten Objekten eine Herkunft aus der eben dieser Region zuschrieb53. 3.2.5. Die japanischen Expeditionen in der Region Dailaman 1959 hielten sich mehrere Mitarbeiter des archäologischen Instituts der Universität Tokio in Teheran auf, um ein Grabungsprojekt zur Erforschung der Vorgeschichte der Marv-DashtEbene in der Provinz Fars im Süden Irans vorzubereiten54. Im Teheraner Basar wurden sie auf die zahlreichen Objekte aufmerksam, welche im Kunsthandel mit der Herkunftsbezeichnung „Amlash“ angeboten wurden. Daraufhin begab sich eine Abordnung der japanischen 52 Samadi 1959, 27, erwähnt, dass die Skelette nicht ordentlich ausgerichtet, sondern völlig durcheinander liegend aufgefunden wurden, was im Hinblick auf die große Anzahl der Toten wohl auf mehrere sukzessiv vorgenommene Nachbestattungen schließen lässt. So auch Dyson 1979, 6. 53 Der Begriff wurde nach Dyson 1985, 976, erstmals im Jahre 1961 bei einer Ausstellung in Paris verwendet. Vergleichsweise früh versuchte Calmeyer 1962, 215, 222-223, das bisher bekannte Fundmaterial ansatzweise in drei Gruppen zu gliedern, war sich aber der Vorläufigkeit dieses Unterfangens durch die damals noch ausstehenden Publikationen für Marlik und Ghalekuti sehr wohl bewusst. Negahban 1998,46, trat später dafür ein, den Begriff Amlash durch den Terminus „Marlik-Kultur“ zu ersetzen, um damit die früheisenzeitlichen Kulturerscheinungen in Nordiran zu umschreiben. Auch dies ist indes keine korrekte Ansprache, denn die Nekropole von Marlik vermag trotz ihres Reichtums bestenfalls einen chronologisch und chorologisch kleinen Ausschnitt dieser Periode zu illustrieren. In der vorliegenden Arbeit wird die Bezeichnung Marlik-Kultur für die Hauptbelegungsphase der Nekropole verwendet. 54 Egami/Masuda/Fukai 1965, xi-xii. 24 Der Fundort und sein Umfeld Expedition dorthin, um festzustellen, dass dieser Ort lediglich als Verteilungszentrum der Funde diente. Hinweise aus der Bevölkerung brachten die Japaner schließlich in das Hochbecken von Dailaman inmitten des Elbursgebirges. Dort fanden sie zahlreiche, zum Teil bereits geplünderte Gräberfelder vor. Die aufgesammelten Keramik- und Knochenfragmente zeigten aber, dass man sich auf der richtigen Spur befand. Ebenso wurde auch der dringende Handlungsbedarf deutlich, wollte man zumindest einige der noch nicht beraubten Gräber einer wissenschaftlichen Untersuchung unterziehen. Kurz entschlossen wurde eine Expedition zusammengestellt, die im darauf folgenden Jahr in den Orten Ghalekuti und Lasulkan erfolgreiche Ausgrabungen durchführen konnte. Bis Mitte der 60er Jahre kehrten die japanischen Archäologen mehrmals in die Region zurück und unternahmen an verschiedenen Orten Surveys und Grabungen55. Hierbei konnten in den Jahren 1960 und 1964 in Ghalekuti etwa zwanzig meist intakte früheisenzeitliche Gräber freigelegt werden56. Die Ergebnisse dieser Kampagnen wurden bereits kurz darauf in mehreren Monographien umfassend vorgestellt57. Noch heute enthalten diese Berichte die ausführlichste Grabungsdokumentation, die bisher aus dem nordiranischen Bereich vorgelegt wurde. Vor allem was die Auswertung des Totenbrauchtums, der Beigabensitte und der Trachtsitte betrifft, sind die Grabungen von Ghalekuti der reicheren Nekropole von Marlik sogar deutlich überlegen. Sie sind deshalb von eminenter Bedeutung auch für eine Bearbeitung des Fundortes Tepe Marlik. 3.2.6. Marlik Auch von iranischer Seite erkannte man Anfang der 60er Jahre den Ernst der Situation. Es folgte eine Umstrukturierung der zuständigen Behörden, die zunächst die kommerziellen Grabungen verboten58. Als nächsten Schritt plante man die systematische Aufnahme der archäologischen Stätten des Landes. Hierbei richtete sich das Hauptaugenmerk zunächst auf 55 Das Problem der Amlash-Bronzen zu klären war dabei nur eines der Ziele der Expedition Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Erforschung der parthisch-sassanidischen Zeit und deren Bedeutung für den Ost-WestHandel entlang der so genannten Seidenstraße bis nach Ostasien. In unserem Zusammenhang sind hier allerdings nur die Funde und Befunde der Frühen Eisenzeit von Interesse, obwohl die japanische Expedition auch in Bezug auf den zweiten Forschungsschwerpunkt als durchaus erfolgreich eingestuft werden darf. 56 Dieser Fundort besteht aus insgesamt vier nahe beieinander liegenden Hügeln, die von den Ausgräbern mit den lateinischen Ziffern I bis IV durchnummeriert wurden. Für unseren Themenbereich ist vor allem Ghalekuti I, in geringerem Maße auch Ghalekuti II von Interesse. Die anderen Hügel lieferten hauptsächlich Material achämenidischer und parthischer Zeitstellung. 57 Egami/Fukai/Masuda 1965; Fukai/Ikeda 1971. Die Grabungsberichte umfassen neben der archäologischen Dokumentation auch Analysen zu den Metall- und Glasfunden sowie zwei monographische Bände mit anthropologischer Auswertung des geborgenen Skelettmaterials. Siehe hierzu Egami/Ikeda 1963 und Ikeda 1968. 58 Negahban 1996, 5. Erwähnenswert ist die bei Negahban 1964, 1, gemachte Feststellung, dass man die Raubgrabungen in Nordiran noch 1960 durch die Vergabe von Lizenzen für kommerzielle Grabungen in den Griff zu bekommen glaubte, was allerdings nicht zu den erwünschten Ergebnissen führte. 25 Der Fundort und sein Umfeld die Provinz Gilan, da diese am akutesten der Bedrohung durch Raubgräber und Schmuggler ausgesetzt war. Im Zuge der Vorbereitungen zu diesem Großprojekt wurde der neu in den Archaeological Service berufene iranische Archäologe E.O. Negahban darauf aufmerksam, dass insbesondere ein Hügel namens Cheragh Ali Tepe bei Rudbar immer wieder in den Berichten über illegale Aktivitäten in dieser Region auftauchte und stellte für sein Expeditionsteam eine Genehmigung für einen zweiwöchigen Survey in der Region aus59. Das Team legte auf dem Cheragh Ali Tepe einen Suchschnitt an und förderte vierzehn Goldblechknöpfe, zwei Rollsiegel und mehrere bronzene Tierfigurinen zu Tage. Dabei stand man von Anfang an unter dem Druck lokaler Machthaber, die auf eine Fundteilung oder sogar auf einen Abzug der Archäologen drängten, so dass die Sondage nur unter Polizeischutz fortgeführt werden konnte60. Abb. 8: Ezat O. Negahban (recht mit Aktentasche) auf dem Wege nach Marlik. Daraufhin erwirkte Negahban eine offizielle Grabungsgenehmigung und begab sich selbst vor Ort (Abb. 8). Der erste Suchschnitt wurde unter seiner Leitung erweitert, ein zweiter am östlichen Hang des Hügels eröffnet. Auch hier stieß man schnell auf zum Teil wertvolle 59 Negahban 1996, 6. Negahban 1996, 8, schildert sehr eindrücklich, wie er seinen stellvertretenden Grabungsleiter beim Aufstieg in das Tal des Gohar Rud Tal traf. Dieser hatte sich in einem nahe gelegenen Ort einen bekannten Hobbyringer gemietet, welcher die Funde aus dem ersten Suchschnitt von morgens bis abends in einem Leinenrucksack auf seinem Rücken mit sich herumtrug, um sie vor dem Zugriff der Einheimischen zu schützen. 60 26 Der Fundort und sein Umfeld Funde sowie auf eine in etwa rechteckige, aus rohen Bruchsteinen errichtete Struktur. Nachdem man zunächst der Ansicht war, es handele sich um ein Gebäude, wurde bei fortschreitender Grabungstätigkeit klar, dass man ein in den Hügel eingetiefes Grab mit steinernen Wänden entdeckt hatte. Negahban legte daraufhin ein Vermessungsnetz über den gesamten Hügel, zeichnete einen Plan mit Höhenlinien und teilte die Grabungsfläche in Quadranten von fünf mal fünf Metern auf, die er in nord-südlicher Richtung mit Großbuchstaben und in west-östlicher Richtung mit lateinischen Ziffern bezeichnete. Anschließend wurde der gesamte Hügel in einer beinahe durchgehenden Kampagne von 14 Monaten zwischen Mitte 1961 und Herbst 1962 ergraben. Während der Arbeiten benannte Negahban den Hügel von Cheragh Ali Tepe, dem Namen des letzten Vorbesitzers, in Tepe Marlik um61. Unter diesem Namen ist der Fundort bis heute bekannt geblieben. Im Spätherbst des Jahres 1962 kam es in Iran zu einem der in damaliger Zeit nicht gerade unüblichen Regierungswechsel, der sich auch auf die Ministerien auswirkte, welche für die archäologische Erforschung des Landes zuständig waren. Einflussreiche Personen aus dem Umfeld der Regierung erwirkten eine Einstellung der Grabungen in Gilan. Das Feld wurde erneut den Raubgräbern überlassen. Als Negahban ein Jahr später in das Tal des Gohar Rud zurückkehrte, konnte er nur noch feststellen, dass das gesamte Gebiet intensiv von illegalen Grabungen betroffen war62. Bei einem kurzen Survey wurden mehr als 2000 Raublöcher im unmittelbaren Umfeld des Tepe Marlik verzeichnet. Bei gutem Wetter hatten sich hier bisweilen bis zu 400 Personen versammelt, um sich „ihren“ Anteil an den wertvollen Grabbeigaben der verschiedenen Nekropolen zu sichern63. 61 Während der gesamten Dauer der archäologischen Untersuchungen erschienen immer wieder verschiedene Lokalgrößen auf der Grabung, um Besitzansprüche auf die Funde anzumelden oder eine Beteiligung an der Ausgrabung und dementsprechend auch einen Anteil an den Fundobjekten zu fordern, meist unter dem Vorwand einer Verwandtschaft mit dem mittlerweile verstorbenen Vorbesitzer. Bemerkenswert ist auch, dass sich die zuvor offenbar schwer vermittelbaren Töchter des Cheragh Ali nach Bekanntwerden der reichen Funde vor heiratswilligen jungen Männern kaum retten konnten. Ob aus diesen ersten Annäherungsversuchen dauerhafte Verbindungen hervorgegangen sind, ist dem Verfasser jedoch nicht bekannt. Im internationalen Kunsthandel wurde der Name Cheragh Ali Tepe weiterhin verwendet, um hochwertige Funde aus sassanidischer Zeit mit einer allgemein bekannten, aber ganz offensichtlich falschen Fundortangabe ausstatten zu können. Overlaet 1995, 95-97, spricht in diesem Zusammenhang von einem „fashionable origin“. 62 Negahban 1996, 11, lastet den von oben verordneten Grabungsstopp einer Clique aus Raubgräbern, Schmugglern, hohen Regierungsbeamten und einflussreichen Personen aus dem Kreis der Schahfamilie an. Derartige Bemerkungen finden sich in Publikationen, welche vor der islamischen Revolution erschienen sind, selbstverständlich nicht. 63 Dies erinnert an die Schilderung der erst vor einigen Jahren vorgefallenen Ereignisse in Jiroft. Nachdem in der Region per Zufall wertvolle Objekte aus dem 3. Jt. v.Chr. aufgetaucht waren, fanden sich an den Wochenenden und den zahlreichen iranischen Feiertagen viele Familien aus der Region bei den mittlerweile bekannten Gräberfeldern ein und verbanden die gute alte iranische Tradition des Picknickmachens mit der Durchführung von Raubgrabungen. 27 Der Fundort und sein Umfeld 3.2.7. Kaluraz Kurz nach den ausgesprochen erfolgreichen Grabungen in Marlik legte A. Hakemi in den Jahren 1965-1969 nur wenige Kilometer flussabwärts von Marlik auf der westlichen Seite des Sefid Rud im Umfeld der Ortschaft Kaluraz mehrere Sondageschnitte an. Neben einigen Architekturresten konnte er verschiedene Grabbauten freilegen, die zum Teil Beigaben von ausgesprochen hoher Qualität enthielten. Bedauerlicherweise wurden bisher lediglich einige kürzere Artikel, aber kein umfassender Grabungsbericht vorgelegt, so dass wir über die Fundzusammenhänge vor Ort nicht hinreichend unterrichtet sind64. Zu den bemerkenswerten Funden gehören figürlich verzierte Metallgefäße, Bronzewaffen, Tierfigurinen aus Keramik und Metall sowie goldene Scheibenanhänger und Pferdegeschirr65. Andere iranische Unternehmungen wie beispielsweise die von M. Moghadam durchgeführten Grabungen in Ghiasabad (Abb. 9), wurden mangels ausreichender Publikation in der Fachwelt bestenfalls am Rande wahrgenommen, um dann gleich wieder vergessen zu werden66. Abb. 9.: Mohsen Moghaddam im Jahre 1961 bei der Freilegung eines Grabes in Ghiasabad. 64 Hakemi 1986; Hakemi 1972; Hakemi 1973. Keramik, Tonfigurinen und Metallgefäße aus den Altgrabungen von Kaluraz wurden unlängst im Rahmen der Arbeiten der iranisch-japanischen Expedition in Gilan vorgelegt. Vgl. Ohtsu/Adachi 2006. 66 Moghadam 1972, 133-136, publizierte unter anderem Grabungsfotos eines rechteckigen, gut gemauerten Steinkammergrabes, das gute Parallelen zu einigen Befunden in Ghalekuti und Marlik aufweist. Erwähnenswert scheint dem Ausgräber vor allem die Tatsache, dass sich in diesem Grab ein Schildkrötenpanzer fand. Ansonsten wird kaum etwas zu den Ergebnissen dieser Grabungen gesagt. 65 28 Der Fundort und sein Umfeld 3.2.8. Weitere Forschungen Die 60er Jahre, während denen die erfolgreichen Grabungen in Marlik, Kaluraz und Ghalekuti stattfanden, stellen bis heute die fruchtbarste Zeit in der archäologischen Erforschung Nordirans dar. Die Arbeiten der damaligen Jahre bilden dementsprechend auch die Hauptbasis der vorliegenden Arbeit. Danach schlief die archäologische Forschung in der Region weitgehend ein. Während anderen eisenzeitlichen Kulturgruppen, beispielsweise in Nordwest- und Westiran vor allem während der 60er und 70er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts große Aufmerksamkeit zuteil wurde, fanden im Gebiet des Elbursgebirges kaum noch Aktivitäten statt. Erwähnenswert sind aus dieser Zeit bestenfalls die während der 70er Jahre erfolgten Untersuchungen der zurück gekehrten japanischen Expedition im früheisenzeitlichen Gräberfeld von Lameh Zamin, das jedoch nur sehr einfache Bestattungen enthielt67. Nach der islamischen Revolution kam die archäologische Erforschung Nordirans schließlich für einige Jahre völlig zum Erliegen. Als positiver Nebeneffekt dieser Entwicklung kann gewertet werden, dass auch die Tätigkeit der Raubgräber offensichtlich zurückging, da durch Revolution und Krieg der internationale Kunsthandel im Laufe der 80er Jahre als Abnehmer für iranische Antiken weitgehend ausfiel. Erst in den 90er Jahren wurden, zunächst im Rahmen von Rettungsgrabungen, erneut Unternehmungen durchgeführt68. Seit kurzem finden wieder intensivere Forschungen in Form wissenschaftlicher Survey- und Grabungsprojekte statt, welche auch in Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen erfolgen69. Besonders zu erwähnen sind die iranisch-japanischen Aktivitäten in der Region Rostamabad, wo mit Tepe Jalaliyeh erstmals auch eine größere Siedlungsgrabung in Gilan begonnen wurde70, sowie die iranischen Grabungen in verschiedenen Gräberfeldern des Taleshgebietes71. Es ist zu erwarten, dass sich unser Kenntnisstand in den nächsten Jahren deutlich verbessern wird, wenn die Ergebnisse dieser Unternehmungen in entsprechender Form ausgewertet wurden. Nach wie vor ist aber festzustellen, dass die Nekropole von Marlik bis auf weiteres als wichtigster Fundort im gesamten Nordiran zu betrachten ist. 67 Fukai/Matsutani 1982. Khalatbari 1997. 69 Beispielsweise Nokhandeh/Fahimi 2004; zusammenfassend Vahdati 2007, 126. 70 Ohtsu/Nokandeh/Yamauchi 2003; Ohtsu/Nokandeh/Yamauchi 2004a; Ohtsu/Nokandeh/Yamauchi 2004b; Ohtsu/Nokandeh/Yamauchi 2005; Ohtsu/Nokandeh/Yamauchi 2006. Seit 2006 werden die Grabungen auf dem nunmehr Kaluraz Tepe genannten Hügel unter iranischer Leitung fortgesetzt. Siehe hierzu Khalatbari 2007. 71 Khalatbari 2004a; Khalatbari 2004b; Khalatbari 2004c. 68 29 Der Fundort und sein Umfeld 3.3 Der Fundort Tepe Marlik Tepe Marlik ist ein steil aufragender, natürlich entstandener Hügel, der sich in prominenter Lage im Tal des Flusses Gohar Rud befindet. Der Gohar Rud, einer der rechten Nebenflüsse des Sefid Rud, entspringt etwa fünfzehn Kilometer östlich von Marlik und bildet nahe seiner Mündung einen relativ breiten Taleinschnitt (Abb.10). Abb. 10: Blick von Süden in das Tal des Gohar Rud. Unmittelbar nördlich davon verengt sich das Bett des Sefid Rud erneut72, bevor sich die weite, fruchtbare Ebene von Rostamabad öffnet, welche den Blick auf den Kuh-e Darfak, den höchsten Berg in der Region, freigibt. Sowohl die Ebene als auch die Hänge rund um Tepe Marlik werden heute intensiv zur Anlage von Reisfeldern genutzt. Das Tal des Gohar Rud befindet sich also in einer strategisch höchst günstigen Position mit guter Wasserversorgung 72 In islamischer Zeit befand sich exakt an dieser Stelle eine inmitten des Sefid Rud auf einer Insel erbaute Sperrbefestigung, welche den Zugang nach Norden kontrollierte. Vgl. Kleiss 198 30 Der Fundort und sein Umfeld in unmittelbarer Nähe zu üppigen Waldgebieten sowie ertragreichen Ackerbauflächen73. Zudem war man von hier aus in der Lage, die Kontrolle über den wichtigen Verkehrsweg entlang des Sefid Rud auszuüben (Abb. 11)74. Abb. 11: Blick vom Tepe Marlik über das Tal des Sefid Rud nach Westen. Die Kuppe des Tepe Marlik weist von Nordwesten nach Südosten eine Ausdehnung von etwa 140 m, von Südwesten nach Nordosten eine von maximal 80 m auf. Das von den Ausgräbern angefertigte Höhenrelief zeigt ebenso wie einige Fotografien, dass sich die Hügelkuppe aus einer niedrigeren Erhebung im Westen und einem breiteren Sattel im Osten bzw. Südosten mit einer dazwischen liegenden, nach Norden hin breiter werdenden flachen Senke zusammensetzt. Der Hügel selbst besteht aus natürlich gewachsenem Fels mit einer 73 Die günstige Lage ist auch durch das Vorkommen zahlreicher Feldfrüchte ersichtlich. Vgl. Ehlers 1980, 324, Abb. 57. Das Tal des Sefid Rud ist die einzige Region außerhalb der Küstenebene, in der bereits früh Zitrusfrüchte und Oliven angebaut wurden. Ähnlich auch Negahban 1964, 9. 74 Noch heute ist der Lauf des Sefid Rud und die neu erbaute Hauptstraße Qazvin-Rasht vom Tepe Marlik aus gut einzusehen. 31 Der Fundort und sein Umfeld unterschiedlich mächtigen Humusauflage und wurde während der Frühen Eisenzeit als Begräbnisplatz genutzt75. Die Gräber sind unregelmäßig über die Hügeloberfläche verteilt (Abb. 12). Hierbei sind einige Bereiche sehr dicht belegt, andere hingegen weisen wenige bzw. gar keine Befunde auf. Dem Ausgräber war es nicht möglich, eine Struktur im Gräberfeld zu erkennen; die Grabbauten schienen mehr oder weniger planlos und größtenteils ohne direkten Bezug zueinander errichtet worden zu sein76. Abb. 12: Gräberplan der Nekropole von Marlik Am intensivsten war die oben erwähnte Senke mit Gräbern ausgestattet. Hier kommt es aufgrund der engen Belegung auch zu fast allen Fällen, in denen sich Grabbauten beinahe 75 Diese Erdschicht besitzt eine Mächtigkeit von 1,00 bis 2,70 m, besteht aber nicht, wie Calmeyer 1990, 426, fälschlich meint, aus Kulturschutt, sondern aus natürlich gebildetem humosem Oberboden. 76 Negahban 1996, 11 sowie 13. Andere Bearbeiter standen später vor dem gleichen Problem. Eine Ausnahme bilden die kleinen Pferdegräber 49, 51 und 53, welche offensichtlich in direktem Bezug zu den großen Waffengräbern 44, 50 und 52 angelegt wurden. 32 Der Fundort und sein Umfeld oder tatsächlich berühren. Regelrechte Überschneidungen sind aber nicht gegeben77. Weniger intensiv wurden die Bereiche im Nordwesten und Osten bzw. Südosten genutzt, wo zum Teil größere Abstände zwischen den einzelnen Befunden liegen. Die steilen Hänge am äußersten östlichen, südlichen und westlichen Rand des Hügels enthielten keine Befunde, da sie aufgrund der erheblichen Steillage für die Anlegung großflächiger Grabbauten nicht geeignet sind78. Auch der südliche Abschnitt des Hügels weist zwischen den beiden erwähnten Erhebungen eine größere Fläche auf, in der keine Gräber vorhanden sind79. Gleiches trifft auf die westliche Erhebung zu, welche offenbar nicht für die Anlage von Grabbauten genutzt wurde. 3.4. Kurzbeschreibung der Gräber Bei der Anlage der Grabbauten wurden zunächst von der antiken Oberfläche des Hügels aus große Gruben abgetieft, welche mit steinernen Wänden ausgekleidet wurden. Anfangs versuchte man offenbar, mehr oder weniger rechteckige Strukturen zu errichten, was jedoch aufgrund des felsigen Untergrundes, welcher zahlreiche Spalten und Klüfte aufwies, nicht immer möglich war. Eine Abarbeitung des natürlich gewachsenen Felsens wurde wohl wegen des damit verbundenen Aufwandes so gut wie nie vorgenommen. Aus dem gleichen Grund wurden in einigen Gräbern anstehende Felsblöcke bei der Errichtung des Grabbaus einfach als Teil der Wände genutzt, wodurch die unregelmäßige Struktur und fehlende Ausrichtung vieler Befunde zumindest zum Teil zu erklären sein dürfte. Die unterschiedliche Tiefe der Grabbauten zwischen einem und drei Metern ist ebenfalls auf die natürlichen Gegebenheiten vor Ort zurückzuführen. Vermutlich richtete sich dieser Faktor in erster Linie nach der Mächtigkeit der vorhandenen Humusauflage. Die Grabwände bestehen in der Regel aus lokalen Bruchsteinen, deren Größe nach oben hin meist stark abnimmt. Kleinere Lücken wurden oft mit Kieseln aufgefüllt. Die Rückseite der Grabwände wurde grob belassen und mit Erde und Steinen hinterfüttert. Auch die Innenseiten der Grabbauten waren bisweilen relativ unregelmäßig, dennoch ließen sich verschiedentlich Ansätze beobachten, dieser Fassade eine geradere Form zu geben. In einigen Fällen wurden 77 Darauf lässt zumindest der Grabungsplan schließen. Vom Ausgräber liegen hierzu keine Informationen vor. Der einzige Fall, in den ein Grabbau in einen anderen eingreift, befindet sich im Südosten des Gräberfeldes (Gr. 49 und 50, siehe auch weiter unten). 78 Diese Hänge sind so steil, dass sie auch ohne Gepäck zu Fuß nur schwierig zu ersteigen sind, wie der Autor bei einem Besuch vor Ort im Frühjahr 2004 erfahren musste. 79 Wie einige Aufnahmen aus der Zeit der Grabungen vor Ort zeigen, befand sich exakt in diesem Bereich an der südlichen Hügelflanke ein lang gestrecktes rezentes Gebäude, welches mit der Rückwand offenbar in den anstehenden Boden eingetieft war. Vgl. Negahban 1995, Colour Pl. I unten; Negahban 1997, 217-218. Man kann wohl davon ausgehen, dass eventuell in diesem Bereich vorhandene Gräber beim Bau des Gebäudes zerstört worden waren. 33 Der Fundort und sein Umfeld die Wände innen auch mit Lehmputz grob verschmiert80. Neben dem vor Ort vorkommenden Gestein wurde auch ein gelblicher Stein verwendet, der aus einer Entfernung von etwa fünfzehn Kilometern aus dem Quellbereich des Gohar Rud stammt81. Negahban weist darauf hin, dass sich zumindest ein Stück dieses Gesteines in jedem Grab fand82. Er war entweder auf dem Boden niedergelegt oder in die Grabwände verbaut worden. Herausragende Befunde wie Grab 52 wiesen große Steinplatten auf, die ebenfalls aus diesem gelblichen Stein bestanden. Außerdem gab es Gräber, in denen eine ganze Wand daraus erbaut worden war. Außergewöhnlich ist der Befund von Grab 36, welches völlig aus gelbem Stein bestand83. Der Grabboden wurde im Regelfall nicht besonders vorbereitet, obwohl man meist versuchte, eine mehr oder weniger ebene Fläche herzustellen84. In einigen Gräbern befanden sich steinerne Plattformen, auf denen die Toten in ihrer Kleidung mit Waffen und anderen Beigaben niedergelegt wurden85. Hier hatten sich die Skelette wesentlich besser erhalten als in den meisten anderen Befunden, wo bestenfalls noch spärliche Knochenreste festgestellt werden konnten. Nachdem man die Bestattung samt Beigaben in das Grab eingebracht hatte, wurde der Boden mit einer etwa 20 bis 30 cm mächtigen Schicht weicher, rötlichbrauner Erde zugedeckt, die sich hinsichtlich ihrer Konsistenz und Farbe deutlich von dem vor Ort vorhandenen Oberboden unterschied. Auf dieser Schicht wurden manchmal Fragmente des oben erwähnten gelben Gesteines niedergelegt, bevor man das Grab mit lokaler Erde vom Hügel, oft vermischt mit Bruchsteinen, auffüllte. Decksteine, wie sie im benachbarten Fundort Ghalekuti bei einigen Gräbern vorhanden sind, wurden aufgrund der außergewöhnlichen Abmessungen der Grabbauten in Marlik nicht verwendet86. 80 Bereits während der Grabungen fiel Negahban die Diskrepanz zwischen dem Reichtum der Beigaben und der vergleichsweise einfachen, oft nicht sehr sorgfältigen Architektur der Grabbauten auf. Negahban 1996, 13-14. 81 Eine Verbindung zwischen dem Tal des Gohar Rud und seinem viel höher gelegenen Quellgebiet war noch zur Zeit der Ausgrabungen in Marlik festzustellen. Laut Negahban 1996, 25, Anm. 1, befanden sich dort die Sommerlager der Talbewohner. Eine archäologische Untersuchung dieser Region könnte hoch interessante Ergebnisse erbringen. 82 Negahban 1996, 14. 83 Dieses Gestein lässt sich im Gegensatz zum lokalen Bruchstein in flachen Platten brechen, so dass eine sorgfältigere Konstruktion der Wände möglich ist, wie man besonders gut am Beispiel von Grab 36 beobachten kann. Vgl. Negahban 1983, Pl. 2,4. 84 Eine Ausnahme bildet die in Grab 45 freigelegte Gipsplatte, welche von Negahban 1996, 22 sowie Pl. 12, A, als Teil des Grabfußbodens interpretiert wurde. In einigen Fällen ließ sich lediglich ein unregelmäßiger oder schräg abfallender Boden feststellen, was Negahban auf natürliche Erdbewegungen, vielleicht in Folge eines Bebens, zurückführte. Oft fanden sich auch größere Steinbrocken auf bzw. über dem Boden. 85 Die zahlreich aufgefundenen Goldblechknöpfe werden gemeinhin als Besatz des Obergewandes interpretiert. Wie und wo genau die Knöpfe saßen, bleibt aber unbekannt. Auch dieses interessante Detail ist also kaum weiter verwertbar und lässt sich wohl auch nicht auf die meisten anderen Gräber übertragen, wie es bisweilen geschieht. Die wenigen Textilfunde aus Marlik, wiederum hauptsächlich aufgrund der besseren Erhaltungsbedingungen aus Grab 52 stammend, wurden zwar publiziert, aber nicht weiter untersucht. Angaben zum Rohmaterial, zur Art des Stoffes und zur angewandten Webtechnik hätten unsere Kenntnisse über die früheisenzeitliche Tracht Nordirans erheblich bereichert. 86 Auch das große, etwa 3,6 mal 3,9 m messende Grab A-V in Ghalekuti I war im Gegensatz zu den kleineren Grabbauten vor Ort nicht mit Steinplatten überdeckt worden. Vielmehr fanden sich in der Auffüllung mehrere 34 Der Fundort und sein Umfeld Größe, Form und Ausrichtung der Grabbauten hinterlassen auf den Betrachter kein strukturiertes Bild, obwohl Negahban bereits kurz nach Abschluss der Grabungen eine Typologie mit vier verschiedenen Grabtypen vorlegte87. Da er jedoch auch in der Folge immer darauf verzichtete, diesen Typen bestimmte Gräber zuzuordnen, erwies sich eine Auswertung der Nekropole mittels der Grabtypen auch für spätere Bearbeiter als undurchführbar88. Lagen von dicht aneinander gelegten Holzbohlen, welche immer wieder mit fest gestampfter Erde überdeckt worden waren. Vgl. Egami 1965, 4, 6. Das Fehlen von Decksteinen bei größeren Gräbern scheint demnach durchaus nicht unüblich zu sein und muss nicht unbedingt als Anzeichen einer Störung des Befundes interpretiert werden. 87 Negahban 1964, 14-16. 88 Lediglich Grabtyp 4, also die vermutlichen Pferdegräber 49, 51 und 53 am Osthang des Hügels, sind durch die vorhandenen Informationen gut zu identifizieren. Bei den anderen Gräbern gibt es nur allgemeine Hinweise, die sich zum Teil aber widersprechen bzw. oft für mehrere Typen gelten. Dies musste auch Löw 1998, 31-32, erkennen, die im Rahmen einer versuchten Auswertung der Grabtypen nur zu recht allgemeinen Ergebnissen gelangte. 35 Methodik 4. Bemerkungen zur methodischen Vorgehensweise Wie oben bereits dargelegt, konnten die bisherigen Ansätze zur chronologischen Gliederung der Nekropole von Marlik aus verschiedenen Gründen keine zufrieden stellenden Ergebnisse erbringen. Problematisch erwies sich für viele Bearbeiter dieses Fundortes auch, dass eine „klassische“ vertikale Stratigraphie, wie sie bei Tellgrabungen im Orient gemeinhin möglich ist, hier nicht anzuwenden war89. Der Untergrund, in den die Befunde eingegraben wurden, verfügt über keinerlei stratigraphische Gliederung, da es sich sowohl beim Humus als auch beim Felsen um natürlich gewachsene Bodenschichten handelt. Überschneidungen, welche das chronologische Verhältnis bestimmter Befunde zueinander klären könnten, bestehen abgesehen von einer einzigen Ausnahme nicht90. 4.1. Horizontale Stratigraphie Die vorliegende Arbeit beruht auf dem Versuch, eine horizontale Stratigraphie und damit eine Belegungschronologie für die Nekropole von Marlik zu erarbeiten91. Hierbei bestehen die „Schichten“ der Stratigraphie nicht aus tatsächlich greifbaren, natürlichen oder anthropogenen Ablagerungen, sondern aus Gruppen von Befunden mit ähnlichem oder identischem Fundmaterial, die aufgrund eben dieser Gemeinsamkeiten als annähernd gleichzeitig betrachtet werden92. Um dies zu erreichen, ist zunächst eine umfassende Auswertung der Grabinventare hinsichtlich regelhafter Vergesellschaftungen bestimmter Beigabenkombinationen durchzuführen93. Dies ist am besten in einer Kombinationstabelle möglich, in der die 89 Negahban 1964, 13, weist ganz richtig darauf hin, dass die Gräber von Marlik in vertikalstratigraphischem Sinne allesamt der gleichen archäologischen Schicht angehören. 90 Grab 49 überlagert die nördliche Ecke Grab 50 und dürfte deshalb jünger sein. Da es sich aber bei Grab 49 um ein beinahe fundleeres Pferdegrab handelt, ist diese Aussage für die relative Chronologie des Gräberfeldes allerdings von ausgesprochen geringem Wert. 91 Müller-Karpe 1975, 69, versuchte, diesen Begriff in einem Satz zu erklären: „Darunter versteht man Befunde in Siedlungen, Friedhöfen und einzelnen Grabanlagen, wo aus der Verbreitung bestimmter, chronologisch voneinander zu unterscheidender Fundtypen (Keramik, Schmuck, Waffen, Geräte) etwa über die stufenweise Vergrößerung bzw. Verlagerung des Siedlungs- bzw. Friedhofsareals oder der Belegung einer einzelnen Grabanlage in Erfahrung gebracht werden kann, was dann als Bestätigung einer allgemeinen chronologischen Stufenfolge zu werten ist.“ Eggers 1959, 82, meint hierzu: „Innerhalb der Vorderasiatischen Archäologie wird diese Methode weniger oft genutzt, da sich durch Grabungen in Tellsiedlungen meist gute und aussagekräftige Ergebnisse am besten über eine vertikale Stratigraphie erschließen lassen.“ 92 Eggers 1959, 82 kurz und prägnant: „Horizontale Stratigraphie ist eigentlich ein paradoxer Ausdruck, der sich aber doch bewährt hat.“ 93 Matney 1998, 84, bemerkt ganz richtig, dass die von Negahban 1996 angewandte Publikationsweise dem Bearbeiter den Blick auf die Grabinventare erschwert. Die Bedeutung der Veröffentlichung nach Inventaren wurde in der iranischen Archäologie bis heute nicht wahrgenommen. Man bevorzugt immer noch eine Gliederung nach Fundgattungen und/oder Typen. Vgl. Kambakhsh Fard 1990 für Gheytariyeh, Negahban 1996 für Marlik und Khalatbari 2004c für Maryan. Gegenbeispiele stammen in der Regel von nicht-iranischen Archäologen. Hier sind unter anderem Ghirshman 1939 für die Nekropolen A und B von Tepe Sialk und 36 Methodik verschiedenen Typen (Funde) mit den Gräbern (Befunden) verknüpft dargestellt werden können. Ziel dieser Vorgehensweise ist es, Grabgruppen mit ähnlichen Inventaren herauszuarbeiten und festzustellen, ob und wie diese Gruppen miteinander in Verbindung stehen bzw. inwiefern sie sich voneinander unterscheiden. In einem weiteren Schritt werden die auf diese Art erstellten Grabgruppen auf den Gräberfeldplan übertragen. Im Idealfall wären hierbei Belegungsareale zu erkennen, die Rückschlüsse auf Entstehung und Entwicklung des Friedhofes zu geben könnten94. Diese Methode wird vor allem in der europäischen Vor- und Frühgeschichte bereits seit längerem zur relativen Datierung archäologischer Befunde angewandt. Insbesondere bei Gräberfeldern hat sich dort die Erstellung einer Kombinationsstatistik bzw. Korrelationsanalyse, also die „systematische Registrierung (und tabellarische Darstellung) und Vergesellschaftung von bestimmten Typen und Kulturerscheinungen in geschlossenen (gleichzeitig niedergelegten) Funden“ bewährt95. 4.2. Zum Vorhandensein Geschlossener Funde Eine grundlegende Voraussetzung für die hier angewandte Methodik ist das Vorhandensein von sicheren oder geschlossenen Funden in der bereits 1903 von O. Montelius aufgestellten Definition96. Spätere Eingriffe, bei denen die Zusammensetzung eines Grabinventars verändert wurde, können sich erheblich auf die Bewertung eines Befundes auswirken. Hier sind vor allem so genannte Sekundär- oder Nachbestattungen zu nennen, während andere Faktoren wie beispielsweise Beraubung, eine gleichzeitige Bestattung mehrerer Individuen oder das Vorhandensein älterer Fundstücke die Definition eines geschlossenen Fundes in der Regel nicht beeinträchtigen. 4.2.1. Erbstücke Wie die Forschung der letzten Jahrzehnte gezeigt hat, kann man im Regelfall davon ausgehen, dass die Beigaben zum größten Teil während der Lebenszeit der in einem Grab bestatteten Person hergestellt worden sind. Gleiches ist auch für Marlik zu vermuten. So genannte Muscarella 1974 für die früheisenzeitlichen Bestattungen in Dinkha Tepe zu nennen. Löw unternahm 1996 den bis dahin umfangreichsten Versuch, die Inventare von Marlik aufgrund der damals bekannten Informationen so weit als möglich zusammenzustellen. Diese aufwändige Arbeit wurde allerdings durch das zwischenzeitliche Erscheinen des Endberichtes obsolet. 94 Hrouda 1978, 32. 95 Müller-Karpe 1975, 69. 96 Montelius 1903, 3: „Ein Fund in dieser Meinung (…) kann als die Summe von denjenigen angesehen werden, welche unter solchen Verhältnissen gefunden worden sind, dass sie als ganz gleichzeitig niedergelegt betrachtet werden müssen.“ 37 Methodik Erbstücke bilden die große Ausnahme und fallen im Vergleich zum üblichen Beigabenspektrum meist durch ihr ungewöhnliches Gepräge auf. Oft handelt es sich um besondere Objekte, nicht selten um Importstücke97. In methodischer Hinsicht sind derartige Funde als wenig problematisch einzustufen, da sie als Einzelstücke keinen Eingang in die Kombinationstabelle finden. Für Datierungsfragen sind sie in der Regel kaum zu gebrauchen, da sie bestenfalls einen terminus post quem für ihre Herstellung liefern, aber nichts über den Zeitpunkt aussagen, an dem sie in Marlik als Teil einer Grabausstattung in den Boden kamen. 4.2.2. Beraubung Die Äußerungen des Ausgräbers zum Vorhandensein beraubter Befunde in Marlik sind ausgesprochen unterschiedlich. Während Negahban deren Existenz in einigen Publikationen kategorisch ausgeschlossen hatte, äußerte er sich an anderen Stellen etwas differenzierter. Gleich mehrfach wird erwähnt, dass vor Beginn der Grabungstätigkeiten in bestimmten Bereichen des Hügels Raublöcher und Suchschnitte von Plünderern zu erkennen waren, wobei Negahban diese Beraubungsversuche aber größtenteils für erfolglos hielt98. In der Tat wurden die Beigaben in einigen Befunden ohne erkennbare Ordnung durcheinander liegend aufgefunden; in der Grabverfüllung befanden sich manchmal unregelmäßig verstreute Bruchsteine. Zudem gibt es Gräber, in denen die oben beschriebene Trennung zwischen den sich deutlich unterscheidenden Erdschichten offenbar nicht mehr vorhanden war. All diese Faktoren könnten auf eine eventuelle Störung durch Grabraub hindeuten. Da die betreffenden Befunde - darunter die Gräber 26, 32, 44 und 45 - aber meist über eine angemessene bis sogar ausgesprochen reiche Ausstattung verfügten, ist eine Beraubung zumindest in diesen Fällen wohl kaum anzunehmen. Negahban war vielmehr der Ansicht, die unregelmäßige Fundlage sei auf natürliche Ursachen wie Erdbeben oder eines Absenkung des Untergrundes zurückzuführen99. Leider sind genaue Beschreibungen, Fotografien und vor allem 97 Hier können einige Beispiele aus Hasanlu angeführt werden. Aus dem Zerstörungsschutt der Schicht IV B stammen zwei mit Keilschrift versehene, importierte Steingefäße aus altelamischer bzw. mittelbabylonischer Zeit. Abbildungen bei Dyson 1989, 123, Fig. 21; Piggott 1989, 77, Fig. 16. In diesen Bereich ist vielleicht auch die berühmte Hasanlu-Goldschale einzuordnen, bei der es sich vermutlich um ein Produkt aus Nordiran handelt, welches wohl Ende des 2. Jt. v.Chr. hergestellt wurde. Vgl. hierzu vor allem Löw 1998, 269-272. 98 Negahban 1983, VIII recht deutlich, etwas moderater Negahban 1964, 10. Vgl. hierzu Negahban 1983, VII sowie Negahban 1964, 11: “Marlik, which bore on one slope the scars of several ditches cut by unsuccessful antique hunters” und Negahban 1996, 8-9: „ traces of disturbances and digging by clandestine excavators could be seen on the northern slope as well as some other parts of the mound“. Andere Autoren äußerten sich ähnlich. So berichtet Mahboubian 1997, 27, dass bereits während der 50er Jahre auf dem Cheragh Ali Tepe und anderen benachbarten Fundorten Raubgrabungen durchgeführt worden seien. Auch Calmeyer 1990, 426, ist der Ansicht, dass eine unbekannte Zahl von Funden bereits vor den offiziellen Ausgrabungen durch Raubgräber entwendet worden sein dürfte. 99 Negahban 1996, 16, spricht von Ausnahmefällen. In der Regel scheinen demnach ungestörte Befunde aufgedeckt worden zu sein. 38 Methodik Zeichnungen der von den Ausgräbern angetroffenen Befunde so gut wie nicht vorhanden, weswegen man bei der Identifizierung eventuell beraubter Gräber weitgehend auf Vermutungen angewiesen bleibt. Der Verdacht einer Beraubung richtet sich in erster Linie auf die in der Endpublikation als fundleer bezeichneten Gräber. Hierbei handelt es sich um die Grabnummern 9, 22, 28, 31, 34, 35, 38, 43, 46, 48 sowie 51100. Bei vorsichtiger Auswertung lassen sich zudem Befunde herausfiltern, die vermutlich partiell beraubt worden waren und zum Zeitpunkt der Ausgrabungen nur noch ein unvollständiges Inventar enthielten101. Hierfür kommen vor allem diejenigen Grabbauten in Frage, die im Vergleich zu ihrer Größe nur wenige kleinformatige Funde wie Perlen, Anhänger oder Pfeilspitzen lieferten. Diese dürften der Aufmerksamkeit der Plünderer entgangen sein und verblieben deshalb im Grab102. Im Einzelnen könnten folgende Befunde betroffen sein: Grab 4 Negahban betont, dass sich in diesem Grab weder Waffen noch Schmuckstücke fanden103. Es konnten lediglich wenige Einzelstücke aus dem Grabbau geborgen werden. Die Keramik besteht nur aus einer einfachen Ausgussschale. 100 Vgl. Negahban 1996, 17 für Grab 9; Negahban 1996, 19 für Grab 22; Negahban 1996, 20 für Grab 31; Negahban 1996, 21 für Grab 35; Negahban 1996, 23 für Grab 48. Hierbei stellt sich im Hinblick auf die angewandte Grabungs- und Publikationstaktik die Frage, ob tatsächlich immer alle Funde aus einem Grab angegeben werden. Ein gutes Beispiel hierfür bietet Grab 7. Der kurzen Beschreibung ist zu entnehmen, dass sich im Grabbau zahlreiche Keramikfragmente fanden. Diese werden später dann aber weder in den Inventarlisten noch im Katalog erwähnt bzw. abgebildet, obwohl sie für die Bewertung des Grabes durchaus von Bedeutung sein dürften. Vgl. Negahban 1996, 17 und 28. Daneben besteht bei völlig fundleeren Gräbern auch die Möglichkeit, dass es sich hierbei um so genannte Kenotaphe handelt, welche von vorneherein nicht zur Aufnahme einer Bestattung bestimmt waren. Dies mutmaßte anfänglich auch Calmeyer 1962, 216. Dass es Derartiges im früheisenzeitlichen Nordiran gegeben haben könnte, deutet sich bei einer genaueren Betrachtung von Grab B-III in Ghalekuti an. Dieser steinerne Grabbau enthielt keinerlei Funde, die Decksteine befanden sich in Originalposition. Über dem Grab verstreut fanden sich zahlreiche Keramik- und Metallfunde. Haerinck 1988, 73, war der Ansicht, dass hier in einem Grabbau der EZ I im Laufe der EZ III Nachbestattungen vorgenommen worden waren. Eindeutiges Fundmaterial der EZ I fehlt allerdings. Die Nachbestattungen scheinen den Grabbau selbst nicht betroffen zu haben. Vielleicht liegt also auch hier ein so genannter Kenotaph vor. 101 Bei einer Beraubung werden keinesfalls immer alle Beigaben entwendet. Bei antiker Beraubung bleibt Keramik meist im Grab zurück, da sie für die Raubgräber keinen Wert besitzt. Dies ist auch bei modernen Raubgrabungen der Fall, wenn die Gefäße zerscherbt sind und sich nicht gewinnbringend weiter veräußern lassen. Hier werden dann meist nur die vollständig erhaltenen Exemplare geborgen. Nicht selten finden sich um beraubte Gräber herum die zerschlagenen Reste der Geschirrbeigaben, während wertvollere Funde entwendet wurden. Das Hauptaugenmerk der Raubgräber dürfte im Regelfall auf die Metallfunde gerichtet sein. Dennoch können durch gewisse Umstände auch diese Objekte der Aufmerksamkeit der Plünderer entgehen. Als Beispiel ist Grab T.7 in Area D von Ghalekuti II zu nennen, bei dem sich in einem geplünderten Grab drei Bronzedolche unter einem in das Grab gestürzten Deckstein fanden. Fukai/Ikeda , 10-11, Pl. XXVIII. 102 Ein gut vergleichbares Beispiel liegt aus der beraubten Nekropole von Dosaran bei Zanjan vor. Dort konnten die iranischen Archäologen bei Nachgrabungen in dem laut Informationen der Raubgräber ehemals reich ausgestatteten Grab 2 lediglich einige kleinformatige Objekte wie Ohrringe, Perlen und Pressblechmasken sowie ein stark korrodiertes Eisenmesser und einen Keramiktopf bergen. Die Pressblechmasken mit Bes-Motiv veranlassten die Ausgräber, eine Datierung in die achämenidische Zeit anzunehmen. Vgl. Rahbar 1997, 119. 103 Negahban 1996, 17. 39 Methodik Grab 6 Der Großteil der Funde wird aus kleineren Bronzeobjekten wie Glöckchen oder Anhängern gebildet. An Waffen werden nur einige Pfeilspitzen aufgeführt, die zum größten Teil unpubliziert blieben. Am auffälligsten sind eine beschädigte Bronzeflaschen und zwei kleine unverzierte Goldanhänger. Keramik wird nirgends erwähnt. Grab 7 Im Grab fanden sich ein fragmentierter Dolchgriff und eine Pfeilspitze. Die zahlreichen zerbrochenen Keramikgefäße werden nur in der Grabbeschreibung erwähnt, tauchen aber weder in der Inventarliste noch im Katalog auf. Auch Negahban deutet an, dass es sich um einen beraubten Befund handeln könnte104. Grab 8 Die Funde bestehen aus einem beschädigten Bronzemesser ohne Spitze, einer einfachen Keramikschale und zwei stark abgenutzten Rollsiegel mit assyrischer Inschrift. Dieses dürftige Inventar steht in auffälligem Gegensatz zu der Größe des Grabbaus. Grab 11 Der einzige Fund ist das Randfragment einer Schnabelkanne mit Ausgusstülle aus Keramik. Eine Beraubung dieses Befundes kann als sehr wahrscheinlich angesehen werden. Grab 14 Hierbei handelt es sich um eines der größten Gräber der gesamten Nekropole. Bereits Negahban hatte die auffällige Diskrepanz zwischen der Größe des Grabbaus und den vergleichsweise wenigen Funden, die hauptsächlich aus kleinteiligem Schmuck bestehen, bemerkt105. Grab 29 In dem vergleichsweise großen Grabbau waren nur wenige Funde vorhanden. Aufgelistet werden drei Keramikgefäße und vier Bronzewaffen. Eine Beraubung wäre möglich, kann aber nicht sicher nachgewiesen werden. 104 105 Negahban 1996, 17. Negahban 1996, 18. 40 Methodik Grab 30 Die Funde bestehen aus wenig Keramik und einigen Bronzefunden, darunter auch ein Dolch. Eine vollständige Ausstattung dürfte hier aber wohl nicht vorliegen. Grab 42 Im Bereich dieses Befundes wurde der erste Suchschnitt in Marlik angelegt. Hierbei wurden zwei Rollsiegel, vierzehn Goldknöpfe und mehrere bronzene Rinderfiguren entdeckt, wobei von letzteren in der Grabbeschreibung und der Inventarliste dann allerdings nicht mehr die Rede ist106. Als weitere Funde sind nur noch drei teils fragmentierte Bronzegefäße und ein Wetzstein genannt. Eine eiserne Dolchklinge stammt aus dem oberflächennahen Bereich. Ihre Zuordnung zum Grabinventar ist nicht gesichert. Goldknöpfe und Fragmente figürlich verzierter Metallgefäße aus dem Grab deuten auf eine reiche Kriegerbestattung ähnlich wie in den Befunden 47 oder 52 hin. Bezüglich der Menge der Goldknöpfe nimmt Grab 42 hinter den beiden erwähnten Befunde und Grab 24 immerhin den vierten Rang in Marlik ein. Als vollständig ist das Inventar aber auf keinen Fall zu bezeichnen. Grab 37 Der einzige Fund aus diesem Grab ist ein verziertes Goldgefäß107. Obwohl es seltsam anmutet, dass bei einer Beraubung ausgerechnet dieses wertvolle Stück zurückgelassen worden sein sollte, kann man aufgrund des völligen Fehlens weiterer Funde wohl dennoch von einer Plünderung des Grabes ausgehen. Das Gefäß muss hierbei wohl übersehen worden sein. Grab 39 Hier stellt sich die gleiche Frage wie bei Grab 37. Außer vier figürlich verzierten Metallgefäßen sind keine Funde aus diesem Grab aufgeführt. Ob eine Beraubung vorliegt, kann demnach nicht sicher geklärt werden. Die aufgeführten Verdachtsfälle konzentrieren sich jeweils in bestimmten Teilen des Tepe Marlik (Abb. 13). Hier ist zunächst ist ein kleineres, wohl fünf bis sieben (Gr. 4, 6, 7 und 8, evtl. auch Gr. 10 und 14) Grabbauten umfassendes Areal im nordwestlichen Bereich des 106 107 Vgl. die Äußerungen bei Negahban 1996, 6 mit der Inventarliste Negahban 1996, 42. Negahban 1996, Kat.-Nr. 7. 41 Methodik Hügels zu nennen108. Daneben lässt sich ein zweites Areal postulieren, in dem vermutlich beraubte Gräber (Gr. 29, 30, 37, 39, 41 und 42) in zum Teil enger Nachbarschaft zu den fundleeren Gräbern auftauchen. Es scheint, als ob die Grabräuber jeweils abschnittsweise, wohl in Form von Suchschnitten vorgegangen sind. Im Gegensatz dazu waren der dicht belegte Bereich in der nördlichen Senke zwischen den beiden Hügelkuppen sowie die Randzonen im äußersten Nordwesten, Nordosten und - zum Teil auch – Südosten offenbar nicht von diesen Aktivitäten betroffen. Abb. 13: Kartierung der vermutlich beraubten Areale und Gräber. Eine weitere Frage stellt sich nach dem Zeitpunk des Grabraubes. Zeitgenössisch, wie dies für einige vor- und frühgeschichtliche Kulturen belegbar ist, dürfte er wohl nicht gewesen sein, denn sonst wären wohl auch die besonders reichen Gräber ein Hauptziel der Täter gewesen und dürften kaum verschont worden sein109. Eine Gesellschaft, die es sich leisten konnte, ihre 108 Dies passt gut zu den oben zitierten Bemerkungen Negahbans, der schon vor Beginn der Grabungen in exakt diesem Bereich zahlreiche Raublöcher vorgefunden hatte. 109 Negahban 1983, VIII. 42 Methodik herausragenden Mitglieder an einer derart prominenten Stelle mit außergewöhnlich reichen Beigaben zu bestatten hatte sicherlich auch die Möglichkeit, für den Schutz der Grabbauten zu sorgen, zumal sich die vermutlich zur Nekropole gehörende Siedlung in Sichtweite auf dem Pile Qal’eh, nur wenige hundert Meter östlich des Marlik Tepe befand (Abb. 14)110. Die Beraubungen scheinen demnach erst nach der Aufgabe des Ortes als Bestattungsplatz stattgefunden zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war die exakte Lage der Grabbauten auf der Hügeloberfläche wohl nicht mehr ohne weiteres zu erkennen, weshalb viele der reich ausgestatteten Befunde einer Beraubung entgingen. Abb. 14: Blick vom Tepe Marlik nach Osten zum Siedlungshügel Pile Qal’eh. Methodisch gesehen ist das Vorhandensein beraubter Befunde zwar nicht ideal, aber vertretbar. Die oben genannte Definition eines geschlossenen Fundes ist hierbei nicht betroffen, da beim Grabraub zwar Gegenstände entnommen, aber im Regelfall keine hinzugefügt werden. Die im Grab aufgefundenen Artefakte gehören damit nach wie vor zum originalen Inventar einer Bestattung und können im Rahmen einer Kombinationstabelle ausgewertet werden. 110 Negahban 1983, VIII; Kleiss 1996, 36. 43 Methodik 4.2.3. Mehrfach- und Nachbestattungen So genannte Sekundär- oder Nachbestattungen stellen in methodischer Hinsicht das größte Problem bei der horizontalstratigraphischen Auswertung eines Gräberfeldes dar, da hierbei die Zusammensetzung des Fundmaterials erheblich verändert werden kann. Im Gegensatz dazu würde eine Mehrfachbestattung - also die gleichzeitige Einbringung mehrerer Individuen in einen dafür vorgesehenen Grabbau - die Definition eines geschlossenen Fundes nicht beeinflussen: alle Funde gelangten zur gleichen Zeit in das Grab111. Als Beispiel kann hier Grab 21 aus Marlik angeführt werden, in dem sich zwei beinahe intakte Skelette fanden112. Die veröffentlichten Beschreibungen und Fotografien lassen kaum einen Zweifel daran, dass die beiden Individuen gemeinsam beerdigt wurden. Soweit erkennbar, dürfte diese Doppelbestattung aber wohl nicht als exemplarisch für andere Befunde vor Ort gelten, zumal sie auch hinsichtlich des Fundinventars einen eher ungewöhnlichen Eindruck hinterlässt113. Ein Überblick über die bisher ergrabenen Fundorte in Nordiran zeigt, dass Gräber mit mehreren Individuen in dieser Region keine Seltenheit sind. In der Bewertung derartiger Befunde kamen die Ausgräber aber meist zu verschiedenen Ergebnissen. Schon de Morgan hatte im Taleshgebiet zahlreiche Steingräber mit mehreren, zum Teil regellos durcheinander liegenden Skeletten aufgedeckt.114 Nach ausführlicher Diskussion kam er zu dem Schluss, es könnte sich bei einigen Skeletten um Gefolgschaftsbestattungen von Frauen oder Sklaven handeln, welche der Hauptbestattung in das Grab folgten115. Das von Samadi untersuchte Grab 7 in Garmabak enthielt nicht weniger als neun Individuen, welche in zwei Schichten übereinander aufgefunden wurden116. Während sich der Ausgräber selbst nicht hierzu äußerte, veranlasste seine Beschreibung Dyson später zu der Vermutung, es handele sich um die 111 Lediglich hinsichtlich der geschlechtsspezifischen oder soziologischen Interpretation könnten sich differenzierte Aspekte ergeben, wenn zugleich männliche und weibliche Individuen oder Personen unterschiedlichen Ranges in einem Grab bestattet worden wären. 112 Negahban 1996, Pl. C. 113 Insgesamt macht die Keramik einen etwas jüngeren Eindruck, womit sich die Vermutung aufdrängt, es könnte sich generell um die spätere Nutzung eines fundleeren früheren Grabbaus handeln. Hierfür würde auch der ungewöhnlich gute Erhaltungszustand der Knochen sprechen. Beweisen lässt sich diese Vermutung indes nicht. 114 Beispiele liegen aus folgenden Fundorten vor: Veri: De Morgan 1896, Fig. 38 und Fig. 40; Djönü: De Morgan 1896, Fig. 46 und Fig. 49; Agha Evlar: De Morgan 1905, Fig. 634. 115 De Morgan 1927, 196-197, stellt zunächst die Frage in den Raum, ob es sich hierbei um eine Art Familiengräber handeln könnte, die zum Zwecke der Nachbestattung nachträglich mehrmals geöffnet wurden, ist aber dann doch der Ansicht, dass alle Bestattungen zur gleichen Zeit erfolgten. Seine ebenfalls geäußerte Idee der Gefolgschaftsbestattungen scheint von den zu dieser Zeit publik gewordenen Befunden aus dem berühmten Ur-Friedhof geprägt und hat seinerseits die Interpretation der japanischen Ausgräber in Ghalekuti stark beeinflusst. 116 Samadi 1959, 28, erwähnt, dass dies in Garmabak die große Ausnahme darstellt. In den anderen Gräbern fanden sich lediglich ein bis höchstens zwei Skelette, nur ein weiteres Grab enthielt 13 Tote. 44 Methodik nachträglich erfolgte Einbringung weiterer Individuen im Rahmen einer Nachbestattung117. Bei den neuen iranischen Forschungen im Taleshgebiet wurden ebenfalls zahlreiche Gräber freigelegt, die mehrere Individuen enthielten, wobei sowohl Mehrfach- als auch Nachbestattungen festgestellt werden konnten118. Auch in Ghalekuti konnten die japanischen Ausgräber einige Befunde freilegen, in denen sich mehr als ein Skelett befand, hielten diese aber jeweils für gleichzeitige Gefolgschaftsbestattungen119. Zur Begründung bediente man sich der Argumentation, welche De Morgan für die Dolmengräber des Taleshgebietes vorgelegt hatte120. Demnach ist eine Nachbestattung nur dann anzunehmen, wenn hierbei die Erstbestattung teilweise gestört, beiseite geräumt oder ganz aus dem Grab entfernt wurde121. Hier sind vor allem die Gräber AV und C-I zu nennen, die zum Teil Überreste von mehr als zehn Individuen enthielten. Bereits während der Grabungen stellte man fest, dass sich die auf dem Boden des Grabes bestatteten Toten von den oberflächennah aufgefundenen Skelettresten hinsichtlich ihrer Ausrichtung und der beigegebenen Objekte stark unterschieden122. Während die Hauptbestattung auf dem Rücken liegend, mit Bronzewaffen und grauschwarzer Keramik versehen war, befanden sich die darüber aufgefundenen Toten meist in einer Art Hockerlage und besaßen als Beigaben unter anderem auch eine orange bis rötliche Ware und zum Teil eiserne Waffen. Die Grabeinfüllung war über den Hauptbestattungen sehr stark verdichtet, im oberflächennahen Bereich allerdings sehr viel lockerer. Dennoch wurde aufgrund der oben dargelegten These eine gleichzeitige Niederlegung all dieser Toten postuliert. Den eisernen Waffen, mit denen 117 Dyson 1979, 6. Als Beispiel einer gleichzeitigen Mehrfachbestattung kann Grab 2 von Mianrud genannt werden. Hier wurde ein mit Helm und Schwertern bewaffneter Mann gefunden, der zu beiden Seiten von je einer weiblichen Bestattung flankiert wurde. Khalatbari 2004b, 53-55. Dieses Grab ist aufgrund der beigegebenen Waffen und der bemalten Keramik in die Mitteleisenzeit zu datieren. In Maryan enthielten unter anderem die Gräber 20 und 21Überreste mehrerer Individuen. Khalatbari 2004c, 103 und 106. Nachbestattet wurde hingegen ganz offensichtlich in Grab 1 in Tul-e Gilan. Vgl. Khalatbari 2004 a, 35-38 sowie Vahdati 2007, 136. 119 Es handelt sich um die Gräber A-II, A-III, A-V, A-VI, B-III und C-I. Bei den Gräbern A-II und A-III wurden über den Decksteinen einfache Bestattungen eingebracht, die aufgrund der kaum vorhandenen Beigaben nicht zu datieren sind. Im Fall von Grab B-III war der eigentliche Grabbau völlig fundleer. Über dem Grab fanden sich hingegen Reste von mindestens drei Individuen, durchmischt mit Keramik und fragmentierten Metallfunden. Es dürfte sich um ein beraubtes Grab oder einen Kenotaph handeln. 120 Egami/Fukai/Masuda 1965, 11-13. 121 Dies ist beispielsweise bei Grab A-VI zu beobachten. Knochen und Beigaben der Erstbestattung wurden beiseite geräumt und sorgfältig an den Rändern des Grabbaus deponiert. Ihren Platz auf der Sohle des Grabbaus nahm ein anderer Toter ein. Die Nachbestattung lässt sich aufgrund der Beifunde eindeutig mit Belegungsstufe IIa in Marlik gleichsetzen und erfolgte damit zu einem erheblich früheren Zeitpunkt als dies in den Gräbern A-V, B-III und C-I der Fall war. 122 Egami 1965, 11-13, 28. Laut anthropologischer Untersuchung soll sich auch die Schädelform beider Gruppen gut voneinander absetzen lassen. Eine Diskussion zur Aussagekraft derartiger Ergebnisse soll aber kein Bestandteil der vorliegenden Arbeit sein. 118 45 Methodik die vermeintlichen Gefolgsleute ausgestattet worden waren, wurde hierbei eine religiöse oder kultische Bedeutung zum Schutz des Grabes zugeschrieben123. Als erste wies D. Cinquabre darauf hin, dass diese Interpretation nicht korrekt sein kann124. Nur wenig später ordnete R.H. Dyson die rötlich gefärbte Keramik aus den oberen Schichten der Gräber A-V und C-I der deutlich jüngeren, EZ III-zeitlichen orange ware zu125. Schließlich gelang es E. Haerinck, nachzuweisen, dass es sich bei diesen Skeletten in den oberen Beereichen dieser Gräber um Nachbestattungen handelt, die während der Eisenzeit III in die oberen Bereiche von Grabbauten aus der Eisenzeit I eingebracht worden waren126. Die Diskussion um das Vorhandensein etwaiger Nachbestattungen in Marlik wurde indirekt durch einen Artikel O.W. Muscarellas ausgelöst, der einen Fibelfund aus Grab 36 zum Anlass nahm, um auf chronologische Unstimmigkeiten bei der Datierung der Nekropole hinzuweisen127. Während dies für Muscarella einen eindeutigen Beleg für eine späte Zeitstellung mehrerer Gräber in Marlik darstellte, schlug Haerinck eine andere Lösung vor und stellte erstmals die Möglichkeit in den Raum, dass einige Befunde in diesem Friedhof jüngere Nachbestattungen aus dem 1. Jt. v.Chr. enthielten, die während der zum Teil recht chaotischen Grabungen nicht erkannt worden waren128. Hierbei bereif er sich neben den bereits erwähnten Befunden aus Ghalekuti vor allem auch auf Grab 14 aus Tomadjan. Wenn er hierbei auch einigen Fehlschlüssen erlag129, so ist die Arbeit Haerincks dennoch als wichtiger Beitrag für das Verständnis der Archäologie nordiranischer Gräberfelder zu werten. 123 Egami/Fukai/Masuda 1965, 13, 28-32, mit umfassenden, aber leider gegenstandslosen ethnischen und kulturhistorischen Ausführungen. Diese Fehlinterpretation treibt bisweilen seltsame Blüten. So liest man in der von A. Lippert übersetzten deutschen Ausgabe von Matheson 1980, 66: „In den Gräbern fanden sich zwei oder mehrere Bestattungen, vermutlich handelte es sich um rituelle Selbstmorde von Häuptlingen mit ihren Dienern.“ 124 Cinquabre 1978, 338, Anm. 30. 125 Dyson 1979, insbesondere 12-13. 126 Gleiches trifft sicherlich auch auf die Skelette zu, welche in den Gräbern A-II und A-III an den schräg in das Grab ragenden Decksteinen lagen. Auch hier handelt es sich offensichtlich um spätere Nachbestattungen, die eine völlig andere Ausrichtung als der ursprüngliche Grabbau aufweisen. Die wenigen Perlenfunde ermöglichten aber keine exakte Datierung dieser Bestattungen. 127 Muscarella 1984, 415-417, ordnete das Stück Typ III,7 nach Stronach zu und datierte es deshalb analog zu den bekannten Vergleichsfunden in das späte 8. und 7. Jh., was nach iranischer Terminologie der EZ III entsprechen würde. Wie Pedde 2000, 253-256, bei einer neueren Untersuchung zeigen konnte, handelt es sich um einen beinahe im gesamten Vorderen Orient vorkommenden Fibeltyp, den er als Gruppe D1.2 benannte und der in das 7. und 6. Jh. v.Chr. zu datieren ist. Die Fibel ist also noch jünger als von Muscarella angenommen; damit wird eine niedrige Datierung des gesamten Inventares von Grab 36 noch unwahrscheinlicher, denn das Fundmaterial der Mittleren Eisenzeit, welche der Achämenidenzeit unmittelbar vorangeht, sieht in Gilan völlig anders aus. Vgl. hierzu Haerinck 1988, Hori 1981 sowie Khalatbari 2004b und 2004c. 128 Haerinck 1988, 65. 129 Haerinck nahm an, dass die Dolche alle zu Grab 14 gehören. Dies ist allerdings nicht der Fall. Die daggers with barbs, welche in der Tat als Leitform der EZ I anzusehen sind, stammen aus anderen Befunden. Vgl. Samadi 1959, 40-44. Es handelt sich bei diesen Waffen auch nicht um eine Beigabe ärmerer Gräber, wie Haerinck meinte, denn in Ghalekuti kommen sie in den reichsten Bestattungen vor. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. L; Fukai/Ikeda 1971, Pl. L. Der dortige Befund legt vielmehr nahe, dass es sich hierbei sogar um eine Art Statussymbol hochrangiger Krieger handelte. Des Weiteren stellte Haerinck eine Entwicklungsreihe für die Dolche mit spulenförmigem Knauf auf und ging hierbei davon aus, dass ganz aus Bronze gearbeitete Exemplare 46 Methodik Vor allem U. Löw griff später die Argumentation Haerincks auf und versuchte, jüngeres Fundmaterial in den Gräbern von Marlik zu identifizieren. Sie kam zu dem Schluss, dass eine ganze Reihe wichtiger Gräber sowohl Fundmaterial der EZ I als auch der EZ II/III enthielten130. Als tendenziell späte Typen führte Löw unter anderem bronzene Schnabelkropfkannen, zweizinkige Bronzeforken, Bronzekessel mit Schöpfkellen sowie Gewandnadeln mit Felidenköpfen an, wobei sie die späte Zeitstellung dieser Objekte meist mit Vergleichsfunden aus der Nekropole B von Tepe Sialk begründete. In der deutschsprachigen Forschung wurde die Datierung dieses Gräberfeldes in das 8. und 7. Jh. v.Chr. beinahe zeitgleich während der frühen 60er Jahre durch P. Calmeyer sowie R.M. Boehmer131 erarbeitet und seitdem prinzipiell nicht mehr in Frage gestellt. Neuere Erkenntnisse und eine exakte Analyse des Fundmaterials aus Sialk zeigen jedoch, dass man für Teile der Nekropole B durchaus mit einem höheren Zeitansatz rechnen kann132. Unabhängig von der zeitlichen Stellung der Nekropole B von Sialk waren nicht alle von Löw als spät betrachtete Funde aus Marlik so eindeutig zu datieren, wie sie annahm. Hier ist zunächst eine bronzene Schnabelkropfkanne aus Grab 52 zu nennen133. Die Gefäßform an denjenigen mit eisernen Klingen zeitlich voran gehen und damit in die EZ I zu datieren wären. In der Tat gibt es keinen einzigen EZ I-zeitlichen Befund, in dem derartige Waffen vorkommen. Es scheint sich um einen Typ zu handeln, dessen Entwicklung erst nach dem Ende der Belegungszeit der Nekropole von Marlik im Laufe der EZ II einsetzt. Wie auch bei anderen Typen dieser Zeitstellung zu beobachten, ist hier noch mit einem nebeneinander von bronzenen und eisernen Klingen zu rechnen, die in beiden Fällen einen im Überfangguss abgebrachten Bronzegriff aufweisen. Es existieren zahlreiche Beispiele, bei denen im bronzenen Griff ein eiserner Kern festgestellt werden konnte, was im Sinne einer Spätdatierung, wohl in die EZ II zu verstehen sein dürfte. Vgl. Piller 1995, 59-60; Kontani 2005. Erst ab der EZ III tauchen dann die schmaleren Varianten auf, die abgesehen von dem nun wieder kleineren Knauf ganz aus Eisen geschmiedet sind. Vgl. Piller 1995, 62-64, Kat.Nr. 111-114; Khalatbari 2004c, 292, Abb. 93. Der Endpunkt der Entwicklung ist dann nach allgemeiner Ansicht in achämenidischer Zeit erreicht. Hier liegt aus Deve Hüyük in Syrien ein Dolchgriff mit stark verändertem Spulenknauf vor. Vgl. Moorey 1975, 112, Fig. 3,4. Das besondere an dem Exemplar aus Tomadjan Grab 14 ist die gegossene Oberflächenstruktur der Klinge. Gleiches wäre bei einer eisernen Klinge nicht machbar gewesen. Mehrfache Profilierung der Klingenoberfläche ist bei vielen Dolchtypen der EZ II zu beobachten. Vgl. Mahboubian 1997, Kat.-Nr. 392-396; Khalatbari 2004a, 83, Fig. 49 oben. Außerdem scheint die Errichtung steinerner Grabbauten nicht auf die EZ I beschränkt zu sein, wie unter anderem die neuen iranischen Grabungen im Taleshgebiet zeigen. Dort waren auch Gräber vorhanden, die mehr als ein Individuum enthielten. Diese Sitte scheint sich in der EZ III weit verbreitet zu haben. Ein Blick auf die Funde, welche Grab 14 in Tomadjan sicher zugeordnet werden können, zeigt, dass es sich um eine Bestattung aus dem Übergangsbereich zwischen der EZ III und der Achämenidenzeit handeln dürfte. Ob wirklich eine Nachbestattung vorliegt, ist nicht gesichert. Sollte dies der Fall sein, dann ist der zeitliche Abstand zwischen Erst- und Zweitbestattung jedenfalls nicht sehr groß gewesen. Die EZ I scheidet hierfür jedoch völlig aus. 130 Löw 1998, 56-57. 131 Calmeyer 1969, Gruppen 38, 39 und 40; Boehmer 1965, 802-822. 132 Mit ausführlicher Diskussion bei Dittmann 1990, 131, Anm. 89. Es ist sogar zu vermuten, dass die ältesten Belegungsstufen aus Sialk B nahe an die späteren Gräber in Marlik anzuschließen sind. 133 Negahban 1996, Kat.-Nr. 45. Calmeyer 1969, 104, datierte das Stück aufgrund einer entfernt ähnlichen Schnabelkanne aus Samos vergleichsweise spät. Eine gute Abbildung findet sich bei Maxwell-Hyslop 1956, Pl. XXXIV, 4. Ob man mit diesem Befund derart exakt datieren kann, bleibt m.E. eher zweifelhaft, da wir über die Zeiten und Wege der Kanne von Iran nach Samos keinerlei Vorstellungen haben. Zudem scheint der Befund nicht ganz unumstritten, was Calmeyer zugunsten einer willkommenen Datierungsmöglichkeit als nebensächlich abtut. Typologisch älter sind seiner Meinung nach in jedem Fall die Kannen aus Tepe Guran und Marlik. Dem kann man sich voll und ganz anschließen. Auch Löw 1998, 52-53 stellte fest, dass sich die Schnabelkanne aus 47 Methodik sich ist in Marlik nicht ungewöhnlich. Sie kommt beinahe identisch bei einem unverzierten Exemplar aus Grab 45 vor134. Dass Schnabelkannen dieser Art durchaus bereits im ausgehenden 2. Jt. v.Chr. vorhanden gewesen sein könnten, zeigen zwei Funde aus Westiran. Schon seit längerem bekannt ist eine Schnabelkanne aus Grab 4 in Tepe Guran, die aufgrund neuerer Untersuchungen wohl in die Phase Iron I B eingeordnet werden kann135. Ein gut vergleichbares Stück befand sich auch im Fundmaterial des Grabes 7B von Khatunban B136. Da die exakten Fundzusammenhänge dieser Altgrabungen nicht mehr rekonstruierbar waren, gestaltet sich eine Datierung dieses Grabes als schwierig. Aufgrund des Fehlens von bemalter Keramik im Stil von Baba Jan III und dem Vorhandensein einer klassischen luristanischen Scheinaxt kann aber ein Datum innerhalb der EZ III ausgeschlossen werden. Die Bearbeiter sprechen sich für eine Datierung in die Eisenzeit IIA-B aus, was absolutchronologisch etwa dem Zeitraum zwischen 1000 und 800/750 v.Chr. entsprechen dürfte137. Ähnlich verhält es sich mit den zweizinkigen Bronzeforken. Vergleichbare Objekte waren bereits in dem mittlerweile verschollenen „Schatz von Astarabad“ enthalten, der zwar durch einfache Umzeichnungen bekannt ist, sich einer wissenschaftlichen Bewertung aufgrund der nicht mehr rekonstruierbaren Fundumstände aber weitgehend entzieht. Aufgrund des gesamten Erscheinungsbildes des Schatzes ist davon auszugehen, dass dieser Fund „in wesentlichen Teilen zeitgleich mit Tepe Hissar III C zu datieren ist138. Aus Tepe Hissar selbst liegen Beispiele ähnlicher Bronzeforken mit zwei und drei Zinken aus Fundzusammenhängen Marlik in verschiedener Hinsicht von den jüngeren Exemplaren unterscheidet. Die von Muscarella 1988, 255259, für eine weitere Schnabelkanne erarbeitete Datierung lehnt sich stark an die Grabungsergebnisse aus Hasanlu an, die jedoch nicht ohne Weiteres auf Nordiran übertragen werden können. Insbesondere werden Schnabelkannen aus Keramik und Metall verglichen, was gerade in Bezug auf den so genannten bridged spout wenig sinnvoll ist, da dieser bei Metallexemplaren nicht vorhanden ist und deshalb auch nicht als datierendes Element eingesetzt werden kann. 134 Negahban 1996, Kat.-Nr. 44. 135 Thrane 1963, 129, Fig. 30-31; Thrane 2001, 93-101, Pl. 65, T 4.6. Das Grab enthielt auch einen Randleistendolch der Gruppe B3 nach Overlaet 2003, 160-161, Abb. 126-127. Die breite, blattförmige Klinge steht noch ganz in der Tradition älterer Stücke, während der zusehends profilierte Griff bereits die Entwicklung der nachfolgenden Eisenschwerter der Eisenzeit II aus Kutal-i Gulgul und Bard-i Pal vorwegnimmt. Vgl. Overlaet 2003, 163-164, Abb. 131. Die Datierung ergibt sich aus zahlreichen Schwertern und Dolchen dieses Typs, welche mit Inschriften babylonischer Könige versehen sind. Vgl. hierzu Nagel 1960, Lambert 1969, Das Vorhandensein eiserner Fingerringe in Grab 4 von Tepe Guran passt gut zu dem Auftauchen derartiger Stücke in der Phase Iron I B nach Overlaet 2003, 210. Damit dürfte die Schnabelkanne aus Grab 4 von Tepe Guran wohl in das 12. oder 11. Jh. v.Chr. zu datieren sein. 136 Haerinck/Jaffar-Mohammadi/Overlaet 2004, 117-118, Fig. 2 sowie 150, Pl. 10. 137 Haerinck/Jaffar-Mohammadi/Overlaet 2002, 125, 132-133. Hierbei wird eine längere Nutzung des Grabes zur Einbringung von Nachbestattungen während dieses Zeitraumes durchaus in Erwägung gezogen. Zur Datierung Overlaet 2005, 12-14. 138 Zusammenfassen zu den Argumenten Löw 1998, 514-516. 48 Methodik des späten 3. bzw. frühen 2. Jt. v.Chr. vor139. Eine ähnliche Zeitstellung dürften auch die Exemplare aus dem erst jüngst entdeckten Hortfund von Bazgir Tepe besitzen140. Die besten Parallelen zu den Bronzeforken mit Tüllenschäftung aus Marlik liegen allerdings aus Nordwest- und Zentraliran sowie aus dem südlichen Kaukasusraum vor. Während die Exemplare aus Hasanlu und Tepe Sialk in das frühe 1. Jt. v.Chr. datieren141, sind die vergleichbaren Funde aus Georgien, Armenien und Aserbaidschan über einen relativ langen Zeitraum vom 14. bis zum 8. Jh. v.Chr. belegt142. Damit würde eine Zeitstellung im späten zweiten Jahrtausend auch für die Forken aus Marlik durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Als Indiz einer Nachbestattung können sie jedenfalls nicht angeführt werden143. Eine weitere Fundgruppe, die erstaunlich enge Vergleichsfunde in der Nekropole B von Tepe Sialk besitzt, sind Bronzekessel mit halbrunden Henkeln, die mittels eines schmalen Blechbandes am Gefäßkörper angebracht sind144. Auch hier liegen entsprechende Funde bereits aus Zusammenhängen des späten 2. Jt. v.Chr. im südlichen Kaukasus vor145. Außerdem wurden in einigen der Bronzekessel typische Keramikformen der EZ I gefunden, die man im Zuge der Bestattungsriten im Grab deponierte146. An einer gleichzeitigen Niederlegung beider Fundgattungen ist demnach wohl nicht zu zweifeln. Ähnlich wie bei den zweizinkigen Forken kann man auch hier vermuten, dass es sich um einen Typ handelt, dessen Form in erster Linie an seine Funktion gebunden war, weshalb sie sich über einen längeren Zeitraum nur wenig veränderte. Gewandnadeln mit Felidenköpfen wurden in zahlreichen Gräbern in Tepe Sialk, Nekropole B gefunden, sind dort aber wesentlich einfacher gearbeitet147. In Marlik lassen sich die 139 Schmidt 1933, 407, Pl. CXX A, H.166. Nokandeh/Ravakandi/Abbasi 2006, 121, Abb. 2,10-12. 141 In diese Zeit dürften die meisten Bestattungen der Nekropole B von Tepe Sialk fallen. Zur Datierung unten. In Hasanlu IVB fanden sich drei Exemplare, wovon zwei plastische Verzierung in Tierform aufweisen. Vgl. De Schauensee 1988, 52-53, Pl. 46-47. 142 Eine Bronzeforke aus Grab 117 der Nekropole von Treli in Georgien gehörte einer zwar beraubten, aber offensichtlich reichen Bestattung an. Es ist zu vermuten, dass derartige Objekte offenbar eine Funktion als Statussymbol besaßen. Vgl. Miron/Orthmann 1995, 322, Kat.-Nr. 351. In Aserbaidschan sind unter anderem die Funde aus Helenendorf und Arčadzor zu nennen, die in das 12./11. bzw. das 9. Jh. v.Chr. zu datieren sind und damit die ausgesprochen lange Laufzeit dieses Typs anschaulich illustrieren. Vgl. Kossack 1983, 108-110 sowie 126-129. 143 Ansatzweise führt auch Löw 1998, 53-57, diese Möglichkeit ins Feld. 144 Ghirshman 1939, Pl. XXIV, 9. Eine gute Farbaufnahme findet sich bei Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 705, Kat.-Nr. 352. Diese Beispiele aus Sialk entsprechen in Marlik am besten den Bronzekesseln der Variante B, welche aus den Gräbern 47 und 52 vorliegen. Vgl. Negahban 1996, 83, Kat.-Nr. 24-25. 145 Torosian/Chikikian/Petrosian 2002, Lčašen Grab XIV. Zur Datierung siehe Kossack 1983, 105-108. 146 Befundfotografien finden sich bei Negahban 1983, 64,24 für Grab 47 und Negahban 1983, Pl. 5,8 für Grab 18. 147 Ein Überblick wird bei Ghirshman 1939, Pl. XXIX, 1, gegeben. In folgenden Befunde sind Nadeln dieses Typs sicher enthalten: Grab 123: Ghirshman 1939, Pl. LXXIX, S.991; Grab 132: Ghirshman 1939, Pl. XCIII, S. 1352; Grab 136: Ghirshman 1939, Pl. XCIII, S. 1478. Alle diese Gräber gehören der ältesten Belegungsstufe nach Tourovetz 1989, 223, Anm. 23, an und dürften zeitlich nahe an die Nekropole von Marlik heranreichen. 140 49 Methodik Tierkopfnadeln gut in eine größere Gruppe von Metallarbeiten einreihen, die durch punzverzierte und mit Bitumen gefüllte Tierköpfe aus dünnem Goldblech charakterisiert werden. Hierbei kann es sich um Nadelköpfe, Perlen oder Aufsätze in Vogel-, Capriden- oder Felidenform handeln. Gegenstände dieser Art bilden einen festen Bestandteil der materiellen Kultur von Marlik und können kaum alle als Anzeichen für Nachbestattungen gewertet werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sicher der EZ II/III zuzuweisende Fundobjekte aus Marlik so gut wie nicht vorliegen. Die Veröffentlichung des Endberichtes zeigt zudem, dass der überwiegende Teil der Funde der gleichen materiellen Kultur angehört und sich deshalb auch gut typologisch gliedern lässt. Dies wird nicht zuletzt durch das geschlossene Bild der in dieser Arbeit vorgelegten Kombinationstabelle klar. Mittlerweile wurden auch genügend Befunde aus der Mitteleisenzeit und der Achämenidenzeit in Nordiran ergraben, um den markanten Unterschied der Marlik-Kultur zu diesen Zeitstufen gut erkennbar zu machen148. Die oben erwähnte Fibel aus Grab 36 ist demnach als Einzelfall zu werten und kann weder als Beleg für eine Spätdatierung einzelner Gräber noch gar der gesamten Nekropole herangezogen werden149. Natürlich können unentdeckte Nachbestattungen in Marlik aufgrund der etwas „rustikalen“ Grabungstechnik nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden; die Regel bilden sie aber in keinem Fall. Sie sind vielmehr als große Ausnahme zu betrachten und fallen bei einer auf Typologie basierenden Auswertung des Fundmaterials nicht ins Gewicht. Erwähnenswert ist zudem, dass alle150 oben aufgeführten Fälle von Mehrfach- und Nachbestattungen eindeutig in das 1. Jt. v.Chr. datieren und damit deutlich jünger sind als die Bestattungen in der Nekropole von Marlik151. Die Sitte, ältere Gräber wieder zu belegen, dürfte sich erst im Laufe der Eisenzeit II und III herausgebildet haben. Dass die Verhältnisse während der Eisenzeit I, insbesondere auch die Oberschichtgräber betreffend, sich davon grundlegend unterscheiden, zeigt ein Blick auf den bereits mehrfach erwähnten Referenzfundort Ghalekuti. Dort waren die zum Teil sehr aufwändigen steinernen Grabbauten jeweils nur für einen Toten vorgesehen, auch wenn sie wie im Falle des Grabes A-V Ausmaße 148 Hori 1981; Haerinck 1989; Khalatbari 2004b. Khalatbari meinte, große Übereinstimmungen zwischen dem Fundmaterial der Nekropole von Marlik und dem durch einen Armreifen mit urartäischer Inschrift vermeintlich datierbaren Grab 1 in Tul-e Taleš erkennen zu können. Er sprach sich deshalb für eine annähernd gleichzeitige Datierung beider Fundkomplexe in das 8./7. Jh. v.Chr. aus. Wie Vahdati 2007, 129-136, zeigen konnte, handelt es sich um ein Grab, das Funde aus mehreren Zeitstufen enthielt. Die ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass in dem Befund mehrfach Nachbestattungen vorgenommen wurden. 150 Unklar bleibt hierbei wie bereits erwähnt die exakte Zeitstellung von Grab 21 in Marlik. 151 Siehe hierzu das Kapitel „Absolute Datierung“ gegen Ende der vorliegenden Arbeit. An der zuletzt von Löw 1998, 60-61, vorgeschlagenen Datierung der Nekropole in das späte 2. Jt. v.Chr. dürfte mittlerweile kaum mehr zu zweifeln sein. 149 50 Methodik besaßen, die weit über das für eine Person Notwendige hinausgehen152. In dem genannten Grab fanden sich neben den unmittelbar zum Skelett gehörigen Beigaben zahlreiche Objekte scheinbar ohne gezielte Anordnung im Grab verstreut153. Hierbei handelt es sich aber nicht um Beigaben anderer, vielleicht zuvor in dem gleichen Grabbau bestatteter Individuen, sondern offensichtlich um einen Teil des Totenbrauchtums, der es erforderte, einem hochrangigen Verstorbenen zahlreiche Waffen und Gefäße mit ins Grab zu geben und dort nach einer für uns nicht mehr nachvollziehbaren Anordnung zu deponieren. Eine ähnliche Vorgehensweise lässt sich auch bei einigen Gräbern in Marlik beobachten. Hier wurde lediglich ein Teil des Grabbaus genutzt, um den Toten mit seiner persönlichen Ausstattung wie Schmuck, Tracht und einer Grundausstattung mit Waffen entweder auf einer steinernen Plattform oder direkt auf dem Boden des Grabes niederzulegen. Der restliche Bereich im Grab wurde für die Deponierung von Keramik- oder Metallgefäßen, weiteren Waffen oder einer Fleischbeigabe verwendet. 152 So genannte Dolmengräber, wie sie im Taleshgebiet in mehreren Fundorten ergraben werden konnten, sind in Marlik nicht vorhanden. Dieser große Grabtyp wurde offenbar im Gegensatz zu den Befunden in Marlik und Ghalekuti bereits von Anfang an für die Aufnahme von Nachbestattungen geplant. 153 Egami/Fukai/Masuda 1965, 4. 51 Die Funde 5. Die Grundlagen der Kombinationstabelle 5.1. Die Funde Zur Erstellung einer Kombinationstabelle sind zwei Quellen auszuwerten: die Funde und die Befunde. Unter den Funden sind die in den Gräbern entdeckten Beigaben zu verstehen, die sich zum größten Teil in Typen einteilen lassen. Ein Fund kann dann als Typ definiert werden, wenn er in gleicher Ausfertigung in mindestens zwei Gräbern vorhanden ist. Absolut identische Fundstücke kommen jedoch nur in seltenen Fällen vor; meistens unterscheiden sich die Vertreter eines Typs in einigen Merkmalen geringfügig voneinander. Es ist deshalb notwendig, zu jedem Typ eine ausführliche Definition der bestimmenden Merkmale zu geben. Des Weiteren ist eine auf diese Weise definierte Einheit gegen andere, typologisch nahe stehende Fundstücke abzugrenzen, welche aus verschiedenen Gründen nicht mit aufgenommen wurden. So genannte Einzelstücke sind für die typologische Bearbeitung eines Gräberfeldes nicht zu verwerten, da es sich um Objekte handelt, die in dieser Form nur ein einziges mal auftauchen und die deshalb in einer Kombinationstabelle nicht zu verknüpfen sind. Als prominente Beispiele für Einzelstücke in Marlik sind die Rollsiegel oder die figürlich verzierten Metallgefäße zu nennen, die sich zwar stilistisch in Gruppen einteilen lassen, aber keine Typen bilden. Einige der Einzelstücke können jedoch später in die Auswertung der Ergebnisse mit eingearbeitet werden. Als Durchläufer werden Typen bezeichnet, die in allen Bereichen der Kombinationstabelle vorhanden sind. Diese müssen identifiziert und besonders behandelt werden, da sie großen Einfluss auf die Ergebnisse der Kombinationstabelle haben können. Dabei ist es zunächst völlig unerheblich, wie die erarbeitete Tabelle zu interpretieren ist. Die einzige Aussage, welche aus Durchläufern zu gewinnen ist, ist eben jene, dass sie in den Gräbern aller Abschnitte vorhanden sind. Bei einer geschlechtsspezifischen Interpretation bedeutet dies, dass es sich um Objekte handelt, die sowohl in Männer- als auch in Frauengräbern auftauchen und demnach nicht als männer- bzw. frauenspezifische Beigabe zu werten sind. Bei einer soziologischen Interpretation der Tabelle wäre es eine Beigabe, welche den sozialen Status der bestatteten Person nicht zu definieren vermag. Ähnliches gilt auch für eine chronologischen Bewertung: Funde, welche in allen Bereichen vorkommen, existieren offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg beinahe ohne Veränderungen und sind für feinchronologische Untersuchungen nicht geeignet. Diese Formen „verwässern“ sozusagen das Tabellenbild, da sie durch ihre zahlreichen Verknüpfungen durch alle Abschnitte hindurch 52 Die Funde einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Stellung anderer Typen bzw. Gräber ausüben können. Um eine aussagekräftige Horizontalstratigraphie zu erhalten, sollten die Durchläufer bei deren Ausarbeitung identifiziert und aus der Tabelle entnommen bzw. deutlich an deren Rand gestellt werden154. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass diese Objekte in der weiteren Folge völlig aus dem Blickfeld geraten. Sie können durchaus interessante Ergebnisse zur Untersuchung einer vorgeschichtlichen Kulturausprägung liefern und werden im Rahmen der Auswertung mit behandelt. Im folgenden Kapitel werden alle Fundgattungen der Reihe nach vorgestellt und analysiert. Einführend wird zu jeder Fundgattung eine kurze Einleitung gegeben, die Informationen über den Umfang, die Verbreitung und die Möglichkeit zur Auswertung im Rahmen einer typologischen Analyse beinhaltet. Wenn sich Typen feststellen lassen, werden diese beschrieben, definiert und kurz besprochen. Des Weiteren wird aufgeführt, in welchen Gräbern die Vertreter eines Typs vorhanden sind. Hierbei gelten die Katalognummern aus dem Endbericht des Ausgräbers als Referenznummer zur Identifizierung der Funde. Zuletzt folgt ein Hinweis auf die Abbildungsnummer im Tafelteil der vorliegenden Arbeit. 5.1.1. Keramik Gefäße aus gebranntem Ton gehören in den meisten archäologischen Ausgrabungen zu den wichtigsten Fundgattungen. Dies trifft auch für die Nekropole von Marlik zu155, wenngleich die Keramik dort von Anfang an im Schatten qualitativ hochwertigerer Fundgattungen wie Schmuck, Waffen, Figurinen oder Metallgefäßen stand. Lange Jahre waren nur einige wenige Gefäße bekannt, was eine Gesamtbewertung des Fundmaterials erschwerte bzw. beinahe unmöglich machte. Meist handelte es sich hierbei um markante, auch innerhalb der Nekropole seltene Funde, zum Teil sogar um ungewöhnliche Einzelstücke156. Eine umfassende Publikation der keramischen Funde erfolgte erst im Endbericht des Ausgräbers157. Die Keramik der eisenzeitlichen Kulturen Nordirans ist bisher fast ausschließlich aus Gräbern bekannt. Es handelt sich nur um einen Teil des gesamten Formenbestandes, also um eine „positive Auslese aus bekannten Gründen“158. Auch Negahban erkannte, dass die Tongefäße 154 Müller 1997, 116 mit weiterführender Literatur. Keramikgefäße waren dort in mindestens 31 Befunden vorhanden. Im Einzelnen handelt es sich um die Gräber 2, 3, 4, 5, 10, 11, 12, 13, 15, 17, 18, 19, 20, 21, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 32, 33, 36, 40, 41, 44, 45, 47, 50 und 52. 156 Negahban 1964, Fig. 21-26. 157 Negahban 1996, 219-250. Lediglich die ebenfalls aus Keramik hergestellten Figurinen wurden bereits bei Negahban 1972 vorgestellt. 158 Eggers 1959, 264-268. „Positive Auslese“ meint hierbei, dass es sich um diejenigen Objekte aus dem Bestand der jeweiligen Kulturausprägung handelt, welche dem Toten mit ins Grab gegeben wurden. Unter „bekannten Gründen“ ist zu verstehen, dass man dabei einem gewissen Brauch folgte, d.h. der Tote wurden mit den 155 53 Die Funde aus Marlik eine eigens für die Bestattung ausgewählte Grabkeramik darstellen159. Er unterscheidet zwischen qualitativ hochwertigen Gefäßen, die er in eine Reihe mit den prestige- oder statusträchtigen Beigaben aus wertvollerem Material setzen möchte, und einer einfacher gemachten Ware für den täglichen Gebrauch. Letztere wurde offenbar hin und wieder für die Deponierung einer Fleischbeigabe verwendet160. Bei den gut gearbeiteten dünnwandigen Gefäßformen wird man wohl von einer Herstellung auf der schnell drehenden Töpferscheibe ausgehen können. Ob die einfacheren dickwandigen, gröber wirkenden Formen handgemacht sind, lässt sich zwar in einigen Fällen vermuten, aber nicht beweisen. Negahban beschreibt den Ton als fein, gut vorbereitet und mit sehr kleinen Partikeln mineralischer Magerung versehen. Auch der Brennvorgang scheint sorgfältig durchgeführt worden zu sein. Die Gefäße sind gut gebrannt und zeigen keine Kernverfärbungen. Die überwiegende Mehrzahl der Funde besitzt eine gleichmäßig polierte, einfarbige Oberfläche. Als Färbungen kommen hauptsächlich verschiedene Rot-, Braun- und Grautöne vor. Auf die Oberfläche wird ein dünner Überzug aufgetragen, der später geglättet und damit poliert wird. Politurverzierung in Form von Streifenmustern oder Kreuzschraffur ist selten und beschränkt sich auf wenige Gefäße, meist Kannen. Einige Kannen weisen Rippen, oft in Kombination mit Stichreihen auf. Ritzverzierung kommt dagegen ausgesprochen selten vor. Bemalte Keramik ist in früheisenzeitlichen Fundzusammenhängen in Nordiran bisher nicht nachzuweisen161. Obwohl in dieser Arbeit versucht wurde, aus Gründen der Übersichtlichkeit Negahbans Typeneinteilung weitgehend zu übernehmen, war es vor allem im Bereich der Keramik nötig, einige Änderungen vorzunehmen. Gerade hier fasst Negahban mehrfach unterschiedliche Gefäße oder Fragmente zu einem Typ oder Subtyp zusammen, obwohl sie kaum Gemeinsamkeiten zueinander aufweisen. Beigaben ausgestattet, die ihm der örtlichen Tradition zufolge zustanden. Das soll aber nicht heißen, dass wir die exakten Gründe für die Beigaben in jedem Fall mit unserem heutigen Wissensstand fassen könnten. In einigen Fällen werden wir wohl nie sichere Gewissheit erlangen können, was genau aus welchen Gründen wie gemacht wurde. Hierfür ist die rein archäologische Quellenlage in einem schriftlosen Raum wie Nordiran nicht ausreichend. Dies betrifft natürlich nicht nur die Keramik, sondern alle in den Gräbern enthaltenen Fundgattungen. 159 Negahban 1996, 219. 160 Negahban 1996, 219. Eine genauere Klärung dieses Themenbereiches wäre im Hinblick auf die Erforschung der Grabsitten höchst aufschlussreich. Leider wird vom Ausgräber später nicht weiter darauf eingegangen. Erwähnt werden lediglich verschiedene Tier- und Vogelknochen. 161 Ein von Samadi 1959, 41, Gig. 40, abgebildetes Gefäß aus Grab 28 in Tomadjan gehört aufgrund der guten Vergleichsmöglichkeiten zur bemalten Keramik von Tepe Sialk Nekropole B wohl bereits in die Mitteleisenzeit. Weitere Beispiele dieser olivbraunen Ware mit heller, cremefarbener Bemalung liegen auch aus dem Kunsthandel vor. Vgl. Kawami 1992, 184-185, Fig. 73; Seipel 2000, 168, Kat.-Nr. 94. Durch die neueren iranischen Grabungen im Talešgebiet konnte bestätigt werden, dass die bemalte Keramik in die Übergangsphase zwischen Eisenzeit III und IV gehören dürfte. Vgl. Khalatbari 2004b, Fig. 53-54. Die betreffenden Gefäße wurden in Grab 2 in Mianrud gefunden. Damit bietet sich für die bemalte Keramik in Nordiran eine Datierung im 7. bis frühen 6. Jh. v.Chr. an. 54 Die Funde Kannen Typ I Es handelt sich um einhenkelige Kannen, deren schlanke Hälse oben meist leicht ausbiegen. Der relativ kleine, aber starke Henkel ist auf der Schulter und an der unteren Hälfte des Halses angesetzt. Am oberen Henkelansatz, im mittleren Bereich des Halses sowie am Übergang von Hals zu Schulter können horizontal verlaufende Rippen angebracht sein, die manchmal zusätzlich mit eingeritzten Mustern in Form von Stichreihen versehen sind. Ähnliche Stichreihen können auch im Schulterbereich vorhanden sein. Die Gefäßböden sind entweder flach oder leicht abgerundet. Meist wurde die Oberfläche geglättet bzw. leicht poliert und besitzt eine graue bzw. graubraune Farbe, kann aber auch schwarz bis oliv oder ziegelrot sein. Aufgrund der charakteristischen Form des Gefäßhalses und der Rippen- und Stichverzierung besitzen diese Kannen einen hohen Wiedererkennungswert. Negahban unterteilt sie anhand des Gefäßkörpers in verschiedene Typen und Subtypen, deren Grenzen allerdings oft fließend sind162. Kannen Typ I, Variante A Kurzbeschreibung: Beschreibung wie oben. Der schlanke, hohe Gefäßkörper wurde von Negahban als ovoid angesprochen. In Grab 26 kommt die Form in Metall vor163. Vorkommen: Gr. 13, 19, 27 (2), und 32. Bronze: Gr. 26. Lit.: Negahban 1996, 222, Kat.-Nr. 504-508. Abb.: Taf. I,1. Kannen Typ I, Variante B Kurzbeschreibung: Beschreibung wie oben. Im Vergleich zu Variante A im oberen Teil meist ein etwas breiterer Gefäßkörper, der dann zum Boden hin beinahe spitz zuläuft. Vorkommen: Gr. 24 (2), 27, 33 und 36 (Doppelgefäß). Lit.: Negahban 1996, 222-223, 226, Kat.-Nr. 509-512 und 533. Abb.: Taf. I,2. Kannen Typ I, Variante C Kurzbeschreibung: Beschreibung wie oben. Der Gefäßkörper ist deutlich breiter als bei den Varianten A und C und besitzt seinen größten Umfang etwa in der Mitte. Vorkommen: Gr. 26, 32, 33, 47 (3), 50 (aus dem Bereich des Suchschnitts), 52 (3). 162 163 Negahban 1996, 222-224. Negahban 1996, 85, Kat.-Nr. 39. 55 Die Funde Lit.: Negahban 1996, 223-224, Kat.-Nr. 513-524164. Abb.: Taf. I,3. Kannen Typ II Kurzbeschreibung: In Marlik wurden nur zwei Gefäße dieses Typs gefunden, die von Negahban als Globular Jars, Subtype C bezeichnet wurden. Es handelt sich um Kannen mit breitem, tief sitzenden Gefäßkörper, trichterförmigem, weit ausbiegendem Hals und einem Henkel, der an Schulter und Rand ansetzt. Bei einigen Exemplaren befindet sich am oberen Henkelansatz ein knubbenartiger Keramikfortsatz. Vorkommen: Gr. 23, 41. Lit.: Negahban 1996, 224-225, Kat.-Nr. 527-528165. Abb.: Taf. I,4. Kannen Typ III Kurzbeschreibung: Die von Negahban als Depressed Globular Jars, Subtype A166 bezeichneten Gefäße verfügen über einen massig wirkenden, gedrungenen Gefäßkörper, bei dem der größte Durchmesser unterhalb der Gefäßmitte liegen kann. Die Beispiele dieses Typs wirken meist etwas gröber als die zuvor beschriebenen Kannen der Typen I und II. Verzierungen sind selten und beschränken sich auf Stichreihen im Übergangsbereich zwischen Hals und Schulter. Vorkommen: Gr. 13, 18 (Doppelgefäß), 32, 33 (2) und 44. Lit.: Negahban 1996, 225-226, Kat.-Nr. 529-530 und 534. Abb.: Taf. I,5. Würfelförmige Gefäße Kurzbeschreibung: Es handelt sich um eine sehr ungewöhnliche Gefäßform mit eckigem, würfelförmigem Gefäßkörper und kurzem rundem Hals. Vorkommen: Gräber 5, 44. Lit.: Negahban 1996, 226, Kat.-Nr. 535-537167. Abb. Taf. I,6. 164 Nicht zum Typ gehören die Kat.-Nr. 522 und 523 aus Gheshlagh sowie Kat.-Nr. 524 aus Grab 52. Zu beachten ist, dass bei der unter Kat.-Nr. 519 publizierten Umzeichnung offenbar ein falsches Gefäß abgebildet wurde. Korrekt ist die fotografische Abbildung bei Negahban 1996, Pl. 103. 165 Negahban 1996, Kat.-Nr. 528 beinhaltet zwei Gefäße, von denen eines aus Gheshlagh stammt und deshalb hier nicht mit aufgeführt wird. 166 Negahban 1996, 225. 167 Der Streufund aus Planquadrat XVIIIG (Negahban 1996, Kat.-Nr. 535) ist nicht verwertbar. 56 Die Funde Töpfe Kurzbeschreibung: Topfartige Gefäßform mit abgerundetem oder flachem Boden und schräg ausgestelltem, schmalen Rand. Der von Negahban präsentierte Typ ist nicht einheitlich und umfasst eine Zusammenstellung unterschiedlicher Gefäße168. Im Rahmen der vorliegenden Auswertung kann diese Form deshalb nur sehr eingeschränkt verwertet werden. Gut vergleichbar sind Exemplare aus den Gräbern 5, 13 und 52. Vorkommen: Gr. 5, 13 und 52. Lit.: Negahban 1996, 231-232, Kat.-Nr. 562-569. Abb.: Taf. I,7. Topfartige Gefäße mit einem Henkel Kurzbeschreibung: Topfförmiger Gefäßkörper mit flachem Standboden und leicht ausbiegendem, schmal auslaufendem Rand. Ein vertikaler Henkel ist oben am Rand, unten etwa im Bereich des größten Gefäßumfangs angesetzt. Vorkommen: Gr. 27, 33. Lit.: Negahban 1996, 230, Kat.-Nr. 556-557169. Abb.: Taf. I,8. Töpfe mit zwei Henkeln Kurzbeschreibung: Topfartiges, S-förmiges Profil mit flachem Standboden und zwei randständigen vertikalen Henkeln170. Vorkommen: Gr. 50 (2) und 52. Lit.: Negahban 1996, 232, Kat.-Nr. 570-571. Abb.: Taf. I,9. Schüsseln mit Ritzverzierung Kurzbeschreibung: Schüsseln mit flachem Standboden, leicht konkaver Wandung und nach außen abgeschrägtem Rand. Unterhalb des Randes befindet sich ein breites Band mit eingeritztem Kreuzschraffurmuster. 168 Der Autor unterscheidet hier zwischen feineren und gröberen Exemplaren. Ebenfalls dem Typ zuzuordnen ist ein Siebgefäß aus Grab 13. Vgl. Negahban 1996, 242-243, Kat.-Nr. 636. 169 Negahban 1996, Kat.-Nr. 557 enthält auch ein Gefäß aus Grab 5, das diesem Typ aufgrund seiner schmäleren und höheren Form nicht zuzuordnen ist. 170 Negahban 1996, 232, benutzt hier auch den Ausdruck „Dizie“, der einen heute noch gerne in Iran zubereiteten, in einem Keramikgefäß mit zwei Henkeln gekochten Eintopf umschreibt. 57 Die Funde Vorkommen: Gr. 36, 47 und 52. Lit.: Negahban 1996, 234-235, Kat.-Nr. 585-586. Abb.: Taf. I,10. Schüsseln mit vertikalem Henkel Kurzbeschreibung: Hohe Schüsselformen mit einem vertikalen Henkel, der in der Mitte bzw. der unteren Hälfte des Gefäßkörpers angebracht ist. Vorkommen: Gr. 18, 25 und 40. Lit.: Negahban 1996, 236-237, Kat.-Nr. 600-601. Abb.: Taf. I,11. Tassen mit großem Henkel Kurzbeschreibung: Die einfachen, tassenförmigen Gefäße besitzen randständige Bandhenkel, die sich über den Gefäßrand nach oben hinaus wölben und zum Teil erhebliche Ausmaße annehmen können. Vorkommen: Gr. 4, 36. Lit.: Negahban 1996, 229, Kat.-Nr. 554-555. Abb.: Taf. I,12. Schnabelkannen Die so genannten Schnabelkannen gehören zu den charakteristischen Gefäßformen der iranischen Vorgeschichte und zählen sowohl in der Eastern Grey Ware als auch der Western Grey Ware zu den keramischen Leitformen171. In der Region des Elbursgebirges tauchen sie ebenfalls in zahlreichen früheisenzeitlichen Fundorten auf. Aufgrund der ungewöhnlichen Form wurde die Vermutung geäußert, es handele sich bei den keramischen Exemplaren um Imitationen von Metallgefäßen, die im Kulturbereich der Eastern Grey Ware tatsächlich nachzuweisen sind172. In der Regel besitzen die Gefäße einen geschlossenen, oft topfartigen Körper, an dem auf einer Seite eine Ausgusstülle angesetzt wird. Grundsätzlich lassen sich zwei Ausgussformen unterscheiden. Die einfachere Variante sind lange, nur leicht gebogene Formen, die am Gefäßkörper meist eine Tülle bilden. Bei der zweiten Möglichkeit sitzt der Ausguss weiter 171 Zusammenfassend hierzu Young 1985; Muscarella 1994 sowie Piller 2004a. Der Hortfund von Tepe Bazgir, welcher weitgehend mit Hissar IIIC zu parallelisieren ist, enthielt eine bronzene Schnabelkanne, die gute Vergleiche in Tepe Hissar besitzt. Vgl. Nokandeh/Rakavandi/Abbasi 2006, 121, Abb. 2,5 mit Schmidt 1937, Pl. LVIII, H2031 sowie Pl. LX, H2773, letzteres aus Stein. 172 58 Die Funde unten, etwa in der Mitte der Gefäßwandung. Da der offene Teil des Schnabels sich aber dennoch in etwa auf gleicher Höhe mit dem Rand des Gefäßkörpers befindet, wird die Ausgusstülle knapp nach dem Ansatzpunkt am Gefäßkörper in etwa rechtem Winkel nach oben geführt, wo er dann in den leicht gebogenen, aber annähernd horizontal nach vorne verlaufenden offenen Ausguss übergeht. Bei vielen Keramik- und Metallschnabelkannen aus Marlik ist der vertikale Teil der Tülle durch mehrere parallel verlaufende, nach hinten hochgezogenen Rippen verziert. Diese für Nordiran charakteristische Gestaltung ist auch bei zahlreichen Schnabelkannen aus Metall vorhanden und bildet ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu Gefäßen aus Nordwestiran173. Schnabelkannen Typ I Ein auf den ersten Blick sehr ungewöhnliches Ausgussgefäß aus Grab 12 weist bei näherer Betrachtung eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit einigen anderen Schnabelkannen auf174. Der lange, nur leicht gebogene Ausguss wird knapp unterhalb des Gefäßrandes durch ein Loch in der Wandung gespeist und ist oben auf voller Länge offen. Gegenüber der Tülle befindet sich ein knubbenartiger Henkel. Der Rand biegt beinahe spitzwinklig nach innen ein und ist auf der Oberseite mit einer zwei umlaufenden Rippen versehen, die auch bei anderen Schnabelkannen in Marlik mehrfach belegt sind. Den zur Basis hin schmäler werdenden Gefäßkörper kann man als annähernd ovoid beschreiben. Er ist auf einen flachen Standring aufgesetzt. Zwar nicht identisch, aber in allen genannten Grundzügen gut vergleichbar sind zwei Schnabelkannen aus den Gräbern A-V und E.6 in Ghalekuti175. Der Gefäßkörper ist hier etwas breiter und oben abgerundet, aber ansonsten stimmen die Details weitgehend überein176. Da dieser Typ in Marlik allerdings nur in Grab 12 vorhanden ist, taucht er in der Kombinationstabelle nicht auf. Ein beinahe identisches Exemplar wurde kürzlich in einem Grab in Gohar Tepe entdeckt177. Vorkommen: Gr. 12. Lit.: Negahban 1996, 241-242, Kat.-Nr. 632. Abb.: Taf. II,1. 173 Vgl. hierzu Muscarella 1994, Fig. 12.4.2., 12.5, 12.1.2 und 12.2.2. Negahban 1996, Fig. 30 und Pl. 116, jeweils Kat.-Nr. 632. 175 Egami 1965, Pl. LII, 17; Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI, 11. 176 Dies entspricht auch der von Mousavi 2001, 165-166 vorgeschlagenen Gliederung. 177 Vom Autor selbst bei einem Besuch im April 2008 vor Ort gesehen und fotografisch dokumentiert. 174 59 Die Funde Schnabelkannen Typ II, Variante A Kurzbeschreibung: Die Schnabelkannen besitzen runde, topfartige Gefäßkörper und einen doppelt gebogenem Ausguss. Gut vergleichbar sind vor allem zwei Beispiele aus den Gräbern 47 und 52, während zu anderen Stücken größere Unterschiede bestehen. Vorkommen: Gr. 47, 52. Lit.: Negahban 1996, 232-233, Kat.-Nr. 574 und 577178. Abb.: Taf. II,2. Schnabelkannen Typ II, Variante B Kurzbeschreibung: Halbhoher Gefäßkörper mit nach innen gezogenem Rand. Der Ausguss ist etwa auf halber Höhe am Gefäßkörper angesetzt und doppelt gebogen. Der offene obere Teil des Ausgusses ist relativ lang, der mittlere Teil mit den für Marlik typischen Ritzlinien verziert. Vorkommen: Gr. 27, 41. Lit.: Negahban 1996, 232-233, Kat.-Nr. 572-573. Abb.: Taf. II,3. Schnabelkanne Typ II, Variante C Kurzbeschreibung: Entspricht weitgehend Variante B, weist aber einen deutlich höheren Gefäßkörper auf. Vorkommen: Gr. 26, 27 und 36. Lit.: Negahban 1996, 242, Kat.-Nr. 633-635. Abb.: Taf. II,4. 178 Eine Schnabelkanne mit ausbiegendem Rand und bridged spout aus Grab 13 (Negahban 1996, Kat.-Nr. 578) und ein Exemplar mit tiefliegendem Gefäßkörper und kurzem Ausguss aus Grab 2 (Negahban 1996, Kat.-Nr. 572) stehen diesem Typ zwar nahe, sind aber aufgrund der genannten Unterschiede dennoch als Einzelstücke zu betrachten. 60 Die Funde Ausgussschalen Es handelt sich meist um eine eher schüsselartige Gefäßform, an deren Rand ein oben offener Ausguss ansitzt. Die hier definierten Varianten unterscheiden sich hauptsächlich in der Gestaltung des Gefäßbodens und der Henkel. Ausgussschalen Typ I, Variante A Kurzbeschreibung: Hohe, geschlossene Schalen mit flachem Standboden und manchmal nach außen abgeschrägtem Rand. Der Ausguss sitzt am Rand an und ist oben auf voller Länge offen. Vorkommen: Gr. 13, 15179, 19, 24, 26, 29, 44, 47 und 52. Lit.: Negahban 1996, 237-238, Kat.-Nr. 606-608. Abb.: Taf. II,5. Ausgussschalen Typ I, Variante B Kurzbeschreibung: Die Grundform ist ähnlich wie bei Variante A, allerdings ist ein niedriger Standfuß an den Boden angesetzt. Gegenüber des Ausgusses befindet sich ein leicht nach oben gezogener, manchmal eckig ausgeformter Henkel. Außen unterhalb des Randes verläuft eine horizontale Rille. Vorkommen: Gr. 4, 13 und 29. Lit.: Negahban 1996, 238-239, Kat.-Nr. 612-615. Abb.: Taf. II,6. Ausgussschalen Typ II Kurzbeschreibung: Ähnlicher Gefäßkörper wie für die anderen Varianten beschrieben, jedoch auf sehr hohem Standring180. Seitlich können vertikale Ösenhenkel angebracht sein. Vorkommen: Gr. 30, 36. Lit.: Negahban 1996, 238-239, Kat.-Nr. 609, 616-617. Abb.: Taf. II,7. 179 Negahban 1996, Kat.-Nr. 608 wurde in den Typ mit aufgenommen, da sie sich lediglich durch den etwa schmaleren Ausguss von den anderen Exemplaren unterscheidet. 180 Diese drei Gefäße wurden trotz kleinerer Unterschiede zu einem Typ zusammengefasst. 61 Die Funde Becken Hierbei handelt es sich um Gefäße mit schüsselförmigem Körper und einem breiten tellerartigen Rand. Negahban unterschied aufgrund der Ausgestaltung der Gefäßinnenseite mehrere Subtypen. Diese typologische Gliederung wird hier jedoch nicht übernommen181. Stattdessen werden im Folgenden zwei Varianten definiert, die sich in Bezug auf den Gefäßumriss gut unterscheiden lassen. Becken Variante A Kurzbeschreibung: Flacher Standboden, Wandung schräg davon abgesetzt und bis zum Rand durchgehend konkav durchgebogen. Der Rand selbst biegt leicht nach unten aus182. Vorkommen: Gr. 12. Lit.: Negahban 1996, 239, Kat.-Nr. 618. Abb.: Taf. III,1. Becken Variante B Kurzbeschreibung: Im Gegensatz zur ersten Variante besitzt die Gefäßwand einen deutlichen Knick. Der untere Teil ist leicht nach außen gewölbt, und geht nach dem Knick in einen breiten, leicht nach oben geschwungenen Rand über. Vorkommen: Gr. 13, 19, 25, 44 und 45183. Lit.: Negahban 1996, 239-240. Abb.: Taf. III,2. Teller Kurzbeschreibung: Flache tellerartige Gefäße mit leicht nach oben gezogenem Rand. Vorkommen: Gr. 3, 13, 18, 40184. Lit.: Negahban 241, Kat.-Nr. 625-630. Abb.: Taf. III,3. 181 Negahban 1996, 239-241. Eine Schale aus Grab 18 besitzt eine gut vergleichbare Randform. Vgl. Negahban 1996, 236, Kat.-Nr. 596. 183 Bei Negahban 1996, 239, heißt es, auch in Grab 47 wäre ein Becken gefunden worden. Hierbei handelt es sich aber um einen Druckfehler. Korrekt ist stattdessen Grab 45. 184 Kat.-Nr. 625 aus Grab 21 stellt aufgrund der plastischen Verzierungen ein Einzelstück dar, während Kat.-Nr. 626 aus Planquadrat XXV L keinem gesicherten Befund entstammt. 182 62 Die Funde 5.1.2. Metallgefäße Wie bereits erwähnt, sind die figürlich verzierten Metallgefäße in typologischer Hinsicht als Einzelstücke zu betrachten. Ähnlichkeiten bezüglich der Gefäßform oder stilistische Übereinstimmungen reichen für eine typologische Gliederung dieser Fundgattung nicht aus185. Lediglich bei den unverzierten Bronzegefäßen lassen sich einige Typen bilden. Bronzekessel Große Kessel aus Bronzeblech mit zwei gegenständigen Henkeln sind in mehreren Gräbern vertreten. Unterschiede bestehen hauptsächlich in der Art der Befestigung der Henkel. Bronzekessel, Variante A Kurzbeschreibung: Die beiden kleinen Henkel sind mittels Attaschen direkt auf den Gefäßrand aufgenietet186. Vorkommen: Gr. 18, 44. Lit.: Negahban 1996, 83, Kat.-Nr. 22-23. Abb.: Taf. IV,1. Bronzekessel, Variante B Kurzbeschreibung: Hier erfolgt die Befestigung der Henkel an einem Bronzeblechband, welches den gesamten Gefäßrand umgibt. Vorkommen: Gr. 47, 52. Lit.: Negahban 1996, 83, Kat.-Nr. 24-25. Abb.: Taf. IV,2. Bronzetassen Kurzbeschreibung: Bronzetassen mit s-förmig geschwungenen Profil und rundem bzw. leicht abgeflachtem Standboden. Am Rand und an der Gefäßwandung kurz unterhalb des größten Durchmessers ist ein schmaler vertikaler Bandhenkel angenietet. Vorkommen: Gr. 25, 27. Lit.: Negahban 1996, 84-85, Kat.-Nr. 34-35. Abb.: Taf. IV,3. 185 Eine ausführliche Behandlung der figürlich verzierten Metallgefäße folgt weiter unten im Kapitel „Auswertung weiterer Funde“. 186 Eine ähnliche Art der Befestigung findet sich bereits an einem Metallkessel aus Assur Grab 18, der wohl in die späte U-III-Zeit datiert. Vgl. Haller 1954, 9, Pl. 9,i. 63 Die Funde 5.1.3. Steingefäße Die Herstellung von Gefäßen aus Stein besaß im vorachämenidischen Nordiran offenbar keine große Tradition187. Wertvolle Stücke in ungewöhnlichen Formen, wie sie in vergleichsweise großer Zahl aus bronzezeitlichen Kulturgruppen Nordostirans vorhanden sind, fehlen in Marlik völlig188. Die wenigen Funde beschränken sich auf einfache, rein zweckorientierte Formen wie Reibeschalen oder Mörser. Steinmörser Bei den Mörsern handelt es sich um vergleichsweise grobe, becherartige Gefäße mit dicker Wandung und einem oben offenen Ausguss, der in einem Stück mit dem Gefäßkörper gearbeitet ist. Aufgrund der Gestaltung des Ausgusses lassen sich zwei Varianten unterscheiden. Steinmörser, Variante A Kurzbeschreibung: Der Ausguss sitzt nahe dem Rand an der oberen Hälfte des Mörsers. Er ist oben offen und wird durch ein Loch gespeist, das durch die Wandung des Gefäßes gebohrt wurde. Vorkommen: Gr. 19, 27. Lit.: Negahban 1996, 300, Kat.-Nr. 901, 903-904. Abb.: Taf. IV,4 Steinmörser, Variante B Kurzbeschreibung: Bei dieser Variante sitzt der oben völlig offene Ausguss direkt am Rand des Gefäßes. Vorkommen: Gr. 1, 2, 3. Lit.: Negahban 1996, 300, Kat.-Nr. 900, 902. Abb.: Taf. IV,5. 187 Die während der 60er Jahre in der Region Dailaman tätige japanische Expedition konnte in Ghalekuti auch einige achämenidenzeitliche Gräber freilegen. Grab Ghalekuti I, Grab 5 enthielt eine typisch achämenidische Steinschale. Sono/Fukai 1968, Pl. LXXXV,4; Pl. LI, 19. 188 Vgl. hierzu die Funde aus Tepe Hissar bei Schmidt 1937, 212-216 sowie Pl. LIX-LX. 64 Die Funde 5.1.4. Zoomorphe Figurinen Bei den anthropomorphen Figurinen handelt es sich ausschließlich um Einzelstücke, die in der Kombinationstabelle nicht erscheinen. Die weitaus zahlreicher vorhandenen zoomorphen Figurinen lassen sich hingegen größtenteils in feste Typen einteilen189. In beiden Fällen wurden hauptsächlich die Werkstoffe Keramik und Bronze, seltener Gold verwendet. Tierfigurinen aus Keramik Bei den hier aufgeführten Typen handelt es sich um hohle, gefäßartige Nachbildungen verschiedener Tierarten. Warenart und Oberflächenbehandlung entsprechen der feineren Grabkeramik vor Ort. Die Oberfläche ist meist glänzend poliert und kann Andeutungen von Politurverzierung und eingestochenen Punktreihen aufweisen. In einigen Gräbern fanden sich zahlreiche dieser Figuren nebeneinander auf dem Boden aufgestellt. Ansonsten besitzen wir keinerlei Information zur Fundlage. Auch zur Funktion dieser Figurinen gibt es nur wenige Hinweise. Bei den meisten Exemplaren ist die Schnauze zu einem oben offenen Ausguss umgestaltet, was darauf schließen lässt, dass man aus diesen Figurinen eine Flüssigkeit ausgegossen hat190. Ähnliches ist wohl auch für einige der anthropomorphen Figurinen zu vermuten. Stierfiguren aus Keramik Kurzbeschreibung: Hohl gearbeitete Keramikfigurinen von Buckelrindern. Verzierung in Form von Stichreihen kann im Halsbereich oder über den Rumpf verteilt vorkommen. Die Hörner sind separat gefertigt und wurden später oberhalb des Ausgusses auf dem Kopf angesetzt. Vorne auf der Brust verläuft eine vertikale Rippe, welche die Wamme des Tieres andeuten sollte. Eine Tierfigurine aus Grab 36 wurde von Negahban wohl wegen der fehlenden Wamme als Widder angesprochen191. Es dürfte sich aufgrund des Gesamterscheinungsbildes aber auch hier um eine Rinderfigurine handeln. An den durchlochten Ohren können Draht- oder Blechohrringe aus Gold angebracht sein. Vorkommen: Gr. 5, 13. 18 (5), 19 (4), 24, 27 (2), 32, 36 und 52. Lit.: Negahban 1996, 116-120, 124, Kat.-Nr. 83-99 und 109. Abb.: Taf. V,1. 189 Negahban 1996, 113, erwähnt nicht weniger als 33 Stück aus Keramik und 68 aus Metall. Bei den Tierfigurinen aus Grab 36 besteht die Ausgussvorrichtung aus einer konisch zulaufenden, oben geschlossenen Röhre, welche die Tierschnauze vergleichsweise realistisch wiedergibt. Offensichtlich handelt es sich hierbei um eigens für diesen Befund hergestellte Sonderanfertigungen. Dies betrifft sowohl Hirsch- als auch Widder- Stier-, Maultier- und Leopardenfigurinen. Nur zwei der Widder weisen den sonst üblichen offenen Ausguss auf. 191 Negahban 1996, 124, Kat.-Nr. 109. 190 65 Die Funde Hirschfiguren aus Keramik Kurzbeschreibung: Hohl gearbeitete Keramikfiguren von Hirschen. Oberflächenbehandelung und Verzierungsmöglichkeiten entsprechen den Stierfigurinen. Vorkommen: Gr. 36 (2), 47, 52. Lit.: Negahban 1996, 120-122, Kat.-Nr. 100-103. Abb.: Taf. V,2. Maultierfiguren aus Keramik Kurzbeschreibung: Die Gesamtgestaltung und Technik entspricht den bereits beschriebenen Tierfigurinen. Um welche Tierart es sich handelt, ist aufgrund der vorhandenen Merkmale kaum zu entscheiden. Wegen der seitlich befestigten Packsättel entschied sich Negahban für eine Ansprache als Maultier, die mangels besserer Alternativen im Folgenden beibehalten werden soll. Vorkommen: Gr. 24 und 36. Lit.: Negahban 1996, 122-123, Kat.-Nr. 104-105. Abb.: Taf. V,3. Tierfigurinen aus Metall Die meisten Metallfigurinen wurden in der Technik der verlorenen Form aus Bronze gegossen192. Diese Vorgehensweise bringt es mit sich, dass absolut identische Stücke kaum vorhanden sind, da die Form nach dem Guss zerstört wird. Dargestellt werden die gleichen Tiere wie in Keramik; außer den Buckelrindern sind vor allem Hirsche sehr zahlreich, daneben gibt es auch Widder, Equiden und Feliden193. Einige Stücke weisen im Schulterbereich eine Durchlochung auf, die vermutlich als Aufhängevorrichtung diente194. Über die Fundlage sind wir durch Grab A-V in Ghalekuti informiert, wo sich eine bronzene 192 Bei den Felidenköpfen aus Goldblech handelt es sich streng genommen nicht um Figurinen. Sie wurden aber dennoch in dieses Kapitel mit aufgenommen. 193 Widderfiguren aus Bronze liegen zwar aus einer Reihe von Gräbern vor (Gr. 26, 36), sind aber typologisch zu weit voneinander entfernt, um mit aufgenommen werden zu können. Als Einzelstücke sind auch die hundebzw. katzenartigen Figuren aus Gr. 52 zu betrachten. Hirsche stammen aus den Gräbern 36, 50 (3), 47 (2) und 52. Widder- oder Ziegen in unterschiedlicher Form in den Gräbern 36, 26, Equiden (2) und Feliden (3) in Grab 52. 194 Negahban 1996, 126, betont, dass Tierfiguren mit auf dem Rücken angebrachten Hängeösen nicht in Marlik selbst, sondern in dem benachbarten Gheshlagh vorhanden sind. Diese sind auch sehr viel einfacher gearbeitet als die qualitativ meist hochwertigeren Stücke aus Marlik. Die unterschiedliche Aufhängung dürfte wohl ein chronologischer Faktor sein. Schon Haerinck 1987, 73, hatte vermutet, dass bronzene Tierfigurinen mit Hängeöse zum charakteristischen Fundgut seiner Stufe Eisenzeit III gehören. Da auch andere Funde aus Gheshlagh einen durchaus späten Eindruck machen, wäre eine derartige Datierung für die bronzenen Rinderfiguren mit Hängeöse durchaus möglich. 66 Die Funde Hirschfigur im Bereich innerhalb des rechten Unterarmes des Toten zusammen mit einer Axthacke und einer Bronzespatula fand195. Wie Negahban bemerkt, besitzen die Figuren aus verschiedenen Gräbern in der Regel leicht unterschiedliche Maße, Proportionen oder andere Charakteristika196. Besonders deutlich wird dies, wenn man die Bronzefigurinen aus den Gräbern 36 und 52 vergleicht. Während erstere einen gedrungenen, massigen Körperbau mit kurzen massigen Beinen aufweisen, wirken letztere sehr viel schlanker und leichter. Zudem können hier die schmalen Beine schräg nach vorne gesetzt sein197. Dieser Befund zeigt einmal mehr, dass zumindest ein gewisser Teil der Beigaben von entsprechenden Handwerkern speziell für den Bestatteten hergestellt worden sein dürfte198. Stierfiguren aus Bronze Kurzbeschreibung: Figurinen von Rindern mit Hörnern und deutlich ausgeprägtem Buckel. In seltenen Fällen werden die Beine mit Rädern versehen. Manchmal sind die Rinder auch paarweise mit einem Miniaturpflug aus Bronze kombiniert. Vorkommen: Gr. 13 (2), 24 (mit Rädern), 36 (3), 40 (3), 47 (2), zusammen mit Pflug in Gr. 18, 25, 27, 47 und 52. Lit.: Negahban 1996, 126-129, Kat.-Nr. 115-124 sowie 129-133199. Abb.: Taf. V,4. Hirschfiguren aus Bronze Kurzbeschreibung: Technik und Gestaltung wie bei den Stierfiguren. Auffällig ist die unterschiedliche Ausformung des Geweihs. Vorkommen: 36, 47 (2), 50 (3) und 52. Lit.: Negahban 1996, 129-131, 134-140200. Abb.: Taf. V,5. 195 Egami 1965, Pl. VI, 3 und Pl. L. Negahban 1996, 126. 197 Vgl. Negahban 1996, Pl. 42, 115-117, Pl. 45, 134, Pl. 46, 143-144 und Pl. 47, 145 und 149 aus Grab 36 mit Negahban 1996, Pl. 43, 124, Pl. 46, 140-141 sowie Pl. 47, 148 198 Diese Vermutung wurde von Löw 1998, 481-485 auch schon in Bezug auf die figürlich verzierten Metallgefäße untersucht. 199 Die Kat.-Nr. 125-128 stammen aus Gheshlagh und sind aufgrund der auf dem Rücken angebrachten Hängeösen wohl in das frühe 1. Jt. zu datieren. 200 Kat.-Nr. 141 aus Geshlagh unterscheidet sich erneut von den Exemplaren aus Marlik durch die Hängeöse auf dem Rücken. 196 67 Die Funde Felidenköpfe aus Goldblech Kurzbeschreibung: Aus dünnem Goldblech gearbeitete, punzverzierte Köpfe von Feliden mit langen Eckzähnen und aufgerissenem Maul. Der unten offene Halsansatz lässt vermuten, dass diese Objekte ursprünglich auf einem anderen Gegenstand aufgesetzt waren. Vorkommen: Gr. 24, 26 (2). Lit.: Negahban 1996, 134, Kat.-Nr. 153-154. Abb.: Taf. V,6. 5.1.5. Schmuck und Tracht In der europäischen Vor- und Frühgeschichtsforschung wird insbesondere bei der Auswertung von Grabinventaren seit längerem eine strikte Trennung zwischen Schmuck und Trachtbestandteilen praktiziert. Sinnvoll ist eine derartige Unterscheidung aber nur, wenn man weitergehende Informationen und Hintergründe über die Fundlage der Objekte und die Entwicklung der Trachtausstattung besitzt. Beides ist in Marlik nicht der Fall. Deshalb ist eine exakte Trennung zwischen Schmuck und Tracht aufgrund des derzeitigen Forschungsstandes für die nordiranische Früheisenzeit kaum möglich. Während Perlen bzw. Perlenketten, Armreifen, Finger- und Ohrringe sowie Anhänger wohl zum Schmuck zu zählen sind, dürften zur Tracht eher jene Objekte gehören, die in Zusammenhang mit Kleidung, Haartracht oder Kopfputz stehen. Hier sind Nadeln, welche vermutlich als Haar- oder Gewandnadeln dienten, Diademe, Lockenringe, Blechknöpfe, Gürtelbleche, Goldblätter und so genannte „Zimbeln“ zu nennen. Solange keine ausreichende Anzahl gut dokumentierter Grabungsbefunde vorliegt, kann eine derartige Zuordnung jedoch nur spekulativ bleiben. Perlen und Perlenketten Ein Großteil der Schmuckfunde besteht aus Perlen, welche von Negahban oft zu Ketten zusammengestellt wurden201. Zur Herstellung von Perlen wurden vor allem Gold und verschiedene Halbedelsteine wie Karneol und Achat, in geringerem Umfang auch Bronze, Fritte bzw. Glaspaste, Gips und Muscheln verarbeitet. 201 Bei der fachgerechten Bergung von Perlenketten aus Grabbefunden ist eine vorsichtige Vorgehensweise ebenso wie eine ausführliche grabungsbegleitende Dokumentation absolut notwendig, um Struktur und Zusammensetzung der Ketten rekonstruieren zu können. In Anbetracht der in Marlik angewandten Grabungstechnik ist deshalb wohl nicht gesichert, ob die Reihenfolge und Kombination der Perlen wirklich der publizierten Fassung entspricht. Des Weiteren ist nicht sicher, ob tatsächlich alle Teile der Kette geborgen werden konnten. Außerdem wäre es möglich, dass einige Ketten aus Perlen rekonstruiert worden, die ursprünglich gar nicht zusammen gehört haben. Aus diesem Grund werden ganze Ketten hier nicht bewertet, sondern nur die einzelnen Bestandteile, welche sicher bestimmten Grabbefunden zugeordnet werden können. 68 Die Funde Konische Goldblechperlen Kurzbeschreibung: Einfache, aus Goldblech zusammengerollte Perlen in annähernd konischer Form. Vorkommen: Gr. 32, 36. Lit.: Negahban 11996, 165, Kat.-Nr. 336. Abb.: Taf. VI,1. Olivenförmige Goldblechperlen Kurzbeschreibung: Es handelt sich um einfache kurze Röhrenperlen aus Goldblech mit mittiger Verdickung, die Negahban zu einem Vergleich mit Olivenfrüchten anregte. Mangels einer prägnanteren Bezeichnung soll dies hier beibehalten werden. Vorkommen: Gr. 2, 5, 19, 24, 27, 36, 45, 50 und 47. Lit.: Negahban 1996, 142-144, 151-152, 165, Kat.-Nr. 158-159, 163, 167, 213, 217, 335. Abb.: Taf. VI,2. Goldene Ringscheiben Kurzbeschreibung: Kleine Goldscheiben mit mittig angebrachtem rundem Loch. Vorkommen: Gr. 10, 47. Lit.: Negahban 1996, 165, Kat.-Nr. 334. Abb.: Taf. VI,3. Goldene Scheibenperlen mit Durchschub Kurzbeschreibung: Flache, scheibenförmige Goldperlen mit mittig angebrachter Rippe zur Aufnahme der Perlenschnur. Vorkommen: Gr. 10, 23, 47 und 50. Lit.: Negahban 1996, 165, Kat.-Nr. 160, 331. Abb.: Taf. VI,4. Zahnradperlen aus Fritte Kurzbeschreibung: Flache, scheibenförmige Fritteperlen mit gezacktem Rand. Vorkommen: Gr. 32, 47. Lit.: Negahban 1996, 160, Kat.-Nr. 289-290. 69 Die Funde Abb.: Taf. VI,5. Kugelförmige Goldblechperlen Kurzbeschreibung: Aus zwei Hälften zusammengesetzte, runde Blechperlen. Vorkommen: Gr. 19, 26, 27, 32, 33, 47 und 52. Lit.: Negahban 1996, 142-144, 151, 165, Kat.-Nr. 161, 163, 168, 213, 333. Abb.: Taf. VI,6. Goldene Rippenperlen Kurzbeschreibung: Aus Goldblech hergestellte, runde oder bikonische Blechperlen mit vertikalem Rippenmuster. Vorkommen: Gold: Gr. 15, 47, 50. Lit.: Negahban 1996, 142, 164-165, Kat.-Nr. 160, 329. Abb.: Taf. VI,7. Flache Rippenperlen Kurzbeschreibung: Hierbei handelt es sich um eine einfache, flach-bikonische Variante der goldenen Rippenperlen. Als Werkstoff wird Gips oder Fritte verwendet. Vorkommen: Gr. 27 und 50. Lit.: Negahban 1996, 160, Kat.-Nr. 292-293 (Fritte) und 298202 (Gips). Abb.: Taf. VI,8. Granatapfelförmige Perlen Kurzbeschreibung: Hohl gearbeitete, runde Goldblechperlen mit röhrenförmigem Ansatz, der eine Granatapfelfrucht darstellen soll. Auf der entgegen gesetzten Seite befindet sich ein kleine Öse, welche zur Befestigung der Perlen an einer Kettenschnur diente203. Vorkommen: Gr. 5, 19, 27, 32, 36, 47. Lit.: Negahban 1996, 144, 164, Kat.-Nr. 165, 204 -205, 210, 326-327. Abb.: Taf. VI,9 202 Die Perlenkette Negahban 1996, Kat.-Nr. 297 enthielt ebenfalls eine gerippte Perle, allerdings von völlig unterschiedlicher Form. Sie wurde deshalb hier nicht mit aufgenommen. 203 Größere Anhänger in Form eines Granatapfels wie Kat.-Nr. 164 und 175-176 aus Grab 36 sind von diesen Perlen deutlich zu unterscheiden. 70 Die Funde Schwarzweiß gebänderte Glasperlen Kurzbeschreibung: Kleine Perlen von annähernd zylindrischer Form aus einem weißen, glasoder fritteartigen Material mit schwarzer Streifenbänderung. Vorkommen: Gr. 26, 36 und 47. Lit.: Negahban 1996, 159, 166, Kat.-Nr. 283-287, 340. Abb.: Taf. VI,10. Spiraldrahtperlen Kurzbeschreibung: Länglich-röhrenförmige Perlen aus spiralförmig zusammen gedrehtem, manchmal flach gehämmertem Metalldraht. Meist aus Gold, in Grab 36 auch aus Bronze. Vorkommen: Gr. 10, 19, 23, 36 und 50. Lit.: Negahban 1996, 165, Kat.-Nr. 160, 211, 267 und 332. Abb.: Taf. VI,11. Röhrenperlen mit Gittermuster Kurzbeschreibung: Lange Röhrenperlen aus Goldblech mit eingeritztem Gittermuster. Vorkommen: Gr. 15, 23204. Lit.: Negahban 1996, 162-163, Kat.-Nr. 316-317. Abb.: Taf. VI,12. Goldene Tierkopfperlen Kurzbeschreibung: Stilisierte Capriden- und Felidenköpfe aus dünnem Goldblech, zum Teil ornamental verziert. Das Innere ist mit Bitumen ausgefüllt. An der Rückseite befinden sich halbrunde Ösen zur Befestigung an einer Perlenkette. Vorkommen: Gr. 24, 27, 32, 36 und 41. Lit.: Negahban 1996, 163-164, Kat.-Nr. 158, 322-325. Abb.: Taf. VI,13. Vierspiralige Schieberperlen Kurzbeschreibung: Bestehend aus einer zentralen Goldblechröhre, an deren Enden zu beiden Seiten symmetrisch je zwei aus dünn gehämmertem Golddraht gerollte Voluten angesetzt sind. Wie bei den Rippenperlen existiert auch hier eine einfachere Variante aus Fritte. Vorkommen: Gold: Gr. 16, 32, 36; Fritte: Gr. 16 und 40. 204 Vergleichbar ist auch eine Perle aus Grab 2 bei Negahban 1996, 152, Kat.-Nr. 217. 71 Die Funde Lit.: Negahban 1996, 143, 164, Kat.-Nr. 162, 163, 212, 328 (Gold) sowie 206, 296 (Fritte). Abb.: Taf. VI,14. Birnenförmige Goldblechobjekte Kurzbeschreibung: In den Gräbern 24 und 26 fanden sich mehrere beinahe identische birnenförmige Objekte aus dünnem Goldblech. Die Oberfläche ist im oberen Teil glatt belassen, im bauchigen unteren Teil mit einfachen runden Punzschlägen von hinten versehen worden. Zur Funktion dieser etwa 2,5 bis 2,8 cm großen Objekte lassen sich keine Angaben machen. Negahban geht davon aus, dass es sich um Anhänger handelt. Vorkommen: Gr. 24, 26. Lit.: Negahban 1996, 149, Kat.-Nr. 200-201. Abb.: Taf. VI,15. Armreifen und Ringe Die Armreifen aus Marlik sind alle aus Metall hergestellt. Bei den zahlreich vorhandenen Einzelstücken wurde hauptsächlich Gold als Werkstoff verwendet. Als Typen lassen sich nur einige sehr einfache Formen ansprechen. Offene Armreifen Kurzbeschreibung: Offene Armreifen aus dickem Metalldraht mit rundem Querschnitt. Die Enden können sich verjüngen und leicht überlappen. Beispiele liegen aus Gold und Bronze vor. Vorkommen: Gold: Gr. 24, 33, 45, 47; Bronze: Gr. 1, 2, 3, 20, 6, 15, 18, 25, 36, 44 und 50. Lit.: Negahban 1996, 168-169, Kat.-Nr. 353, 355-356. Abb.: Taf. VII,1. Offene tordierte Armreifen Kurzbeschreibung: Offene, in sich verdrehte Armreifen aus einem dicken vierkantigen Golddraht. Aus Marlik liegen nur zwei Exemplare vor, die überdies leichte Unterschiede zueinander aufweisen. Vorkommen: Gr. 33 und 50. Lit.: Kat.-Nr. Negahban 1996, 168, Kat.-Nr. 351-352. 72 Die Funde Abb.: Taf. VII,2. „Bronzebarren“ Kurzbeschreibung: Eine Reihe von schweren, kreisförmig zusammen gebogenen Bronzeringen wurde von Negahban als Barren angesprochen. Die sich leicht verjüngenden Enden sind mit einfachen eingeritzten Strich- und Fischgrätmustern verziert. Sollte es sich tatsächlich um Barren handeln, so lassen zumindest die Abmessungen kein festes Maßsystem erkennen. Auf Gewichtsangaben wird in der Publikation verzichtet, was in diesem Fall aber sehr wünschenswert gewesen wäre. Vorkommen: Gr. 25 (2), 36 (8) und 40 (2). Lit.: Negahban 1996, 312-313, Kat.-Nr. 974-976. Abb.: Taf. VII,3. Geschlossene Bronzeringe Kurzbeschreibung: Geschlossen gegossene Bronzeringe mit länglichem Querschnitt. Eine Verwendung als Armreifen ist nicht gesichert. Vorkommen: Gr. 36, 50. Lit.: Negahban 1996, 169, Kat.-Nr. 357. Abb.: Taf. VII,4. Ohrringe Ohrringe liegen aus Marlik in großer Zahl vor. Auch sie sind überwiegend aus Gold gefertigt. Die Grundform besteht aus einem dünnen, rund gebogenen Drahtstecker und einem oft halbmondförmig gerundeten Hauptteil. Anhänger an einfachen Drahtringen kommen vergleichsweise selten vor. Das Typenspektrum ist als durchaus umfangreich zu bezeichnen und belegt einmal mehr den meisterhaften Umgang der nordiranischen Goldschmiede mit ihrem Werkstoff. Informationen zur Trageweise sind auch hier mangels Dokumentation kaum vorhanden. Die zahlreichen Darstellungen von Menschen auf den figürlich verzierten Metallgefäßen helfen in dieser Hinsicht nicht weiter, da Ohrringe dort nirgends zu erkennen sind. Im Regelfall wird man aber wohl davon auszugehen haben, dass jeweils zwei identische Exemplare getragen wurden, wie dies im benachbarten Fundort Ghalekuti nachgewiesen ist205. Auch in sind 205 Hier ist vor allem das reiche Kriegergrab E.6 zu nennen. Vgl. Fukai/Ikeda 1971, Pl. XV und L. Auch die anthropomorphen Keramikfigurinen aus Marlik besitzen jeweils nur eine Durchlochung an jedem Ohr. Vgl. Negahban 1972, 144-145, Fig. 7-9. 73 Die Funde Marlik zahlreiche Ohrringe paarweise vorhanden. Darüber hinaus sind einige Befunde wie beispielsweise Grab 36 mit einem vielfachen der einfachen Ausstattung versehen und können zum Teil mehr als zehn Exemplare enthalten206. Einige der Rinderfiguren aus Keramik besitzen ebenfalls durchlochte Ohren, in denen sich zum Teil noch einfache Draht- oder Blechohrringe aus Gold fanden207. Bootsförmige Ohrringe Die Ohrringe bestehen aus einem breiten, in der Mitte verdickten Körper aus Goldblech und einem schmalen Drahtaufhänger. An der Vorderseite können Applikationen in verschiedenen Formen angelötet sein. Bei einer Sonderform, die in Marlik nur mit drei Exemplaren aus Grab 52 belegt ist, sind die Aufsätze in Form eines Tierkopfes ausgeführt208. Bootsförmige Ohrringe, Variante A Kurzbeschreibung: An der Vorderseite sind eine oder mehrere hohle Goldkugeln aufgelötet. Vorkommen: Gr. 23, 44, 45 und 50. Lit.: Negahban 1996, 171-172, Kat.-Nr. 367-370. Abb.: Taf. VIII,1. Bootsförmige Ohrringe, Variante B Kurzbeschreibung: An der Vorderseite befindet sich ein scheibenförmiger Aufsatz, der mittels eines kurzen Goldröhrchens mit dem Körper verbunden ist. Vorkommen: Gr. 2 und 5. Lit.: Negahban 1996, 172, Kat.-Nr. 371-372. Abb.: Taf. VIII,2. Halbmondförmige Blechohrringe Kurzbeschreibung: Es handelt sich um breite, aus Goldblech hergestellte Blechohrringe. Verzierungen sind üblicherweise nicht vorhanden. Nur ein Exemplar auch Grab 50 ist mit 206 Hierzu passt, dass eine aus Goldblech gearbeitete Büste aus Grab 36 mehrfach durchlochte Ohren aufweist. Ein Drahtohrring befand sich noch an Ort und Stelle, während die anderen offenbar verloren gegangen waren. Gute Aufnahmen finden sich bei Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 754-755. 207 Sehr schön zu sehen bei einem Exemplar aus Grab 18. Vgl. Seipel 2000, 157, Kat.-Nr. 83. 208 Negahban 1996, 172; Kat.-Nr. 372. Ein Beispiel dieses Typs soll angeblich auch in Khurvin gefunden worden sein, doch lassen sich diese angaben nicht verifizieren, da das entsprechende Material aus dem Kunsthandel stammt. Vgl. Vanden Berghe, Pl. L, 357. 74 Die Funde langem schmalen Punzschlägen versehen worden209. Kleine Ohrringe ähnlicher Form finden sich manchmal an Buckelrinderfiguren aus Keramik210. Vorkommen: Gr. 10, 19, 50; an Buckelrindern: Gr. 18. Lit.: Negahban 172-173, Kat.-Nr. 373-375. Abb.: Taf. VIII,3. Tordierte Drahtohrringe Einige Drahtohrringe besitzen keinen glatten, sondern einen in sich verdrehten, tordierten Körper. Hinsichtlich Material und Ausführung lassen sich zwei qualitativ und technisch verschiedene Varianten unterscheiden. Tordierte Drahtohrringe, Variante A Kurzbeschreibung: Einfach in sich verdrehte Drahtringe aus Bronze oder Silber. Vorkommen: Gr. 40, 36. Lit.: Negahban 1996, 174, Kat.-Nr. 385 (Silber) und 386 (Bronze). Abb.: Taf. VIII,4. Tordierte Drahtohrringe, Variante B Kurzbeschreibung: Ringförmig zusammen gebogene Bronzedrahtohrringe. Der in sich verdrehte Metalldraht nimmt zu den Enden hin zusehends ab und endet in einem einfachen runden Golddraht. Möglich wäre wie im Fall der Vergleichsstücke aus Dinkha Tepe, dass man mehrere Golddrähte zusammenlötete und erst dann in sich verdrehte211. Vorkommen: Gr. 23, 50. Lit.: Negahban 1996, 173, Kat.-Nr. 376-377. Abb.: Taf. VIII,5. 209 Entfernt nahe stehend sind zwei gut gearbeitete granulierte Exemplare aus Grab 10. In das Innere der Rundung sind vierstrahlige Sterne eingesetzt, welche mit Lapislazulieinlagen versehen wurden. Negahban 1996, 171, Kat.-Nr. 365. 210 In Grab 18 wurden gleich mehrere Buckelrinder mit Blechohrring gefunden. Negahban 1996, 117-118, Kat.Nr. 86, 88. 211 Rubinson 1991, 384-385. Der Unterschied zu den Ohrringen aus Dinkha Tepe besteht aber darin, dass diese um einen zentralen Draht gewickelt wurden, der bei anderen Beispielen aus Enkomi, Lachish oder Marlik nicht vorhanden zu sein scheint. Zu unterschiedlichen Herstellungstechniken für diesen Typ siehe auch MaxwellHyslop 1971, 115 und 130. 75 Die Funde Goldene Drahtohrringe Rund gebogene Ohrringe aus dickem, sich zu den Enden hin verjüngendem Golddraht. Goldene Drahtohrringe, Variante A Kurzbeschreibung: Beschreibung wie oben. Unverziert. Vorkommen: Gr. 10, 14, 16, 19, 36, 40, 45. Lit.: Negahban 1996, 174, Kat.-Nr. 384. Abb.: Taf. VIII,6. Goldene Drahtohrringe,Variante B Kurzbeschreibung: Mit einem bis drei angelöteten Goldkügelchen212. Vorkommen: Gr. 14, 15, 23. Lit.: Negahban 1996, 173-174, Kat.-Nr. 379-382. Abb.: Taf. VIII,7. Lockenringe Kurzbeschreibung: Für mehrfach spiralförmig zusammen gedrehte Ringe aus dünnem Metalldraht nimmt Negahban eine Verwendung als Lockenringe an. Diese Funktion ist jedoch nicht gesichert. Auf zeitgenössischen Abbildungen fehlen Hinweise auf eine derart geschmückte Haartracht. Leider konnten auch die besser dokumentierten Befunde aus Ghalekuti in dieser Frage nicht weiterhelfen213. Sie zeigen aber, dass es sich um Funde handelt, die sowohl in männlichen als auch in weiblichen Bestattungen zu finden ist. In Marlik stammen alle Exemplare aus waffenführenden Gräbern. Als Werkstoff wird in der Regel Gold, seltener Bronze verwendet. Vorkommen: Gold: Gr. 1, 15, 27, 47 und 50; Bronze: Gr. 50214. Lit.: Negahban 1996, 177-178, Kat.-Nr. 404-408. Abb.: Taf. IX,1. 212 Kat.-Nr. 378 aus Grab 24 und Kat.-Nr. 383 aus Grab 47 sind als Einzelstücke zu betrachten, welche diesem Typ nicht angehören. 213 Ähnliche Funde wurden auch in mehreren Gräbern in Ghalekuti I gemacht, doch leider ist die exakte Fundlage aufgrund der vorhandenen Dokumentation nicht herauszufinden. Lediglich in Grab A-V kann angenommen werden, dass sich die Ringe im Bereich des Schädels befunden haben dürften. Vgl. Egami 1965, Pl. L. 214 Ähnliche Spiraldrahtringe aus Grab 36 unterscheiden sich durch die dicke des Drahtes und das nur einfache überlappen der Enden deutlich und dürften wohl nicht dem gleichen Zweck gedient haben wie die bedeutend leichteren und feiner gearbeiteten Mehrfachspiralen. 76 Die Funde Goldblechblätter Kurzbeschreibung: Länglich-ovale Blätter aus dünn gehämmertem Goldblech mit Mittelrippe und Aufhängevorrichtung dünnem, gebogenen Draht. Vorkommen: Gr. 32, 50. Lit.: Negahban 1996, 183, Kat.-Nr. 445-446. Abb.: Taf. IX,2. Goldblechknöpfe Kurzbeschreibung: Runde Goldblechscheiben mit zentraler Erhebung. Während der Rand mit eingepunzten Strich- und Punktverzierungen versehen sein kann215, bleibt der halbrunde bis beinahe spitzkonische Buckel unverziert. Durchlochungen auf dem Rand weisen darauf hin, dass diese Objekte auf eine Unterlage aus organischem Material aufgenäht worden waren. Der archäologische Befund in den Gräbern 47 und 52 bestätigt diese Vermutung. Dort fanden sich zahlreiche Goldblechknöpfe im Bereich des Oberkörpers als Gewandverzierung. Vorkommen: Gr. 1 (1), Gr. 10 (1), 24 (6), 26 (59), 27 (1), 32 (1), 33 (9), 42 (14), 45 (10), 47 (24), 50 (3), 52 (66). Lit.: Negahban 1996, 178-181, Kat.-Nr. 409-430. Abb.: Taf. IX,3. Bronzeknöpfe Kurzbeschreibung: In Bezug auf die Form bestehen große Ähnlichkeiten mit einigen der oben beschriebenen Goldblechknöpfe. Löcher befinden sich meist am, manchmal aber auch auf der zentralen Erhebung. Die Ähnlichkeit zu den „Zimbeln“ und einem Objekt aus Grab 52, welches von Negahban unter die Helme eingereiht wurde, ist vor allem bei den Exemplaren aus Grab 41 bemerkenswert216. Daneben existieren einige Einzelstücke217. Vorkommen: Gr. 15 (2), 27 (2), 52. Lit.: Negahban 1996, 181-182, Kat.-Nr. 433-437. Abb.: Taf. IX,4. 215 Kat.-Nr. 431 aus Grab 18 und Kat.-Nr. 432 aus Grab 36 unterscheiden sich deutlich von den anderen Knöpfen und wurden nicht in den Typ mit aufgenommen. Weitere Knöpfe aus Knochen, Fritte oder Muscheln stellen Ausnahmen dar und sind nicht mit den erwähnten Blechknöpfen zu vergleichen. 216 Negahban 1996, 286, Kat.-Nr. 891. 217 Dies betrifft Kat.-Nr. 438-439 aus Grab 52. 77 Die Funde „Zimbeln“ Die kreisrunden, aus Bronzeblech gegossenen und durch hämmern nachbearbeiteten Scheiben besitzen einen halbrunden Mittelbuckel, auf dessen Scheitelpunkt sich eine mittig angebrachte Durchlochung befindet. Der Durchmesser schwankt stark und reicht von 10,4 cm bis 27,5 cm. In seltenen Fällen befindet sich auf dem Rand eine von hinten eingehämmerte Verzierung. Zum Teil sind kleine Bronzeappliken vorhanden, die wohl einen rein ornamentalen Zweck besitzen. In einem Fall wurden kleine Perlenketten auf den Rand aufgesetzt. Die Ansprache dieser Objekte ist nicht gesichert. Negahban meint, es könnte sich um Zimbeln handeln218. Da sich auf einer ganzen Reihe dieser Objekte fest korrodierte Textilreste befinden, ist eine solche Ansprache aber wohl eher abzulehnen. Es könnte sich um Teile der Tracht handeln, die ähnlich wie die Goldblechknöpfe auf der Kleidung befestigt waren. In dieser Verwendung sind beinahe identische Objekte in Nordiran noch in partherzeitlichen Fundzusammenhängen belegt219. Vorkommen: Gr. 13 (2), 24 (2), 26 (3), 36 (7), 41 (1), 47 (2), 50 (4) und 52 (1). Lit.: Negahban 1996, 286, 313-314, Kat.-Nr. 891, 979-986. Abb.: Taf. IX,5. Goldblechdiademe Lange Streifen aus dünn gehämmertem Goldblech wurden von Negahban als Diademe oder Stirnbänder angesprochen220. Die ganz erhaltenen Stücke weisen bei einer durchschnittlichen Breite von etwa 1 cm Längen zwischen 18 und 75 cm auf. Meist finden sich an den Enden Durchlochungen, die zur Befestigung mittels einer Schnur oder eines Bandes benutzt wurden, 218 Negahban 1964, 45. Nicht ganz klar ist bei einer solchen Ansprache ist, warum die Erstpublikation der gesamten Fundgruppe im Rahmen der Monographie über die Waffen vorgenommen wurde. Boehmer 1972, 135136, schlägt für beinahe identische Objekte aus Boğazköy ebenfalls eine Interpretation als Zimbeln an. Moorey 1971, 246-248, schließt sich zwar prinzipiell dieser Deutung an, ist sich aber offenbar nicht ganz sicher. Einige der von ihm aufgeführten Beispiele weisen Verzierungen auf, die den spätparthischen Stücken aus Noruzmahale Grab B-V ähneln. 219 In Noruzmahale treten derartige Objekte sowohl verziert (Grab B-V) als auch unverziert (Grab A-II) paarweise aufeinander gelegt im Bereich über der linken Schulter auf. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1966, Pl. XLIII, 8-9 und Pl. XLVI, 1-2. Laut Hori 1981, 45-48, gehören die Gräber aus Noruzmahale in die spätparthische Zeit und sind in das 1. bis 3. Jh. n.Chr. zu datieren. In Ghalekuti II, Tomb 2 liegen die beiden Objekte nebeneinander im Bereich der rechten Hälfte des Brustkorbes. Der rechte Arm des Bestatteten ist darüber gelegt, was für eine Befestigung auf der Brust spricht. Sono/Fukai 1968, Pl. LXXVI und LXXVII, 9-10. Die falsche Datierung dieses Befundes durch die Ausgräber in die achämenidische Zeit wurde später von Haerinck 1989, 457-461, übernommen, aber durch Hori 1981, 48-51, berichtigt. Demnach ist das Grab vor allem aufgrund der durchbrochenen Gürtelschnalle aus Bronze, welche gute Vergleichsmöglichkeiten mit südrussischen, zentralasiatischen und sibirischen Fundstücken besitzt, eindeutig in den Zeitraum zwischen dem 3. und 1. vorchristlichen Jahrhundert einzuordnen. 220 Diese Annahme wird durch die Fundlage einiger beinahe identischer Objekte aus der Nekropole von Sumbar I bestätigt. Vgl. Chlopin 1986, 87. Entsprechenden Funde stammen aus den Gräbern S I 49, S I 89 und S I 115. Chlopin 1986, 71, Abb. 43,7; 85, Abb. 64, 3; 95, Abb. 77, 8. 78 Die Funde während kleinere Löcher entlang der Ränder zum Aufnähen auf einer organischen Unterlage gedient haben dürften. Goldblechdiademe, Variante A Kurzbeschreibung: Die Goldblechstreifen sind durch von hinten eingepunzte Punktreihen und größere kreisrunde Erhebungen verziert. Vorkommen: Gr. 14, 15, 23, 50. Lit.: Negahban 1996, 176-177, Kat.-Nr. 397-401, 403. Abb.: Taf. IX,6. Goldblechdiademe, Variante B Kurzbeschreibung: Wie oben, aber unverziert. Vorkommen: Gr. 32, 45, 47, 50. Lit.: Negahban 1996, 176-177, Kat.-Nr. 402. Abb.: Keine Abbildung vorhanden. Gürtelbleche Objekte, die vom Ausgräber als Gürtelbleche angesprochen wurden, waren in sieben Gräbern vorhanden. Es handelt sich hierbei um längliche Bronzeblechstreifen, die oft mit eingepunzter oder von hinten getriebener Reliefverzierung versehen sind. Grundsätzlich unterschied Negahban drei verschiedene Typen, die er mit lateinischen Großbuchstaben (A, B, C) bezeichnete221. Die größte Gruppe bilden Gürtel des Typs A, die in immerhin vier Gräbern gefunden wurden. Auffällig ist die einheitliche Länge zwischen 46,00 und 48,00 cm. Damit konnten diese Bleche den Hüftbereich eines erwachsenen Mannes auf keinen Fall vollständig umfassen. Es ist zu vermuten, dass diese Gürtel einen Teil des Körpers offen ließen222. Der von Negahban ebenfalls den Gürteln zugerechnete Typ B besteht aus zwei Exemplaren, die sogar ein wenig kürzer sind als die Bleche des Typs A. Auffällig ist die Buckelverzierung auf dem Gürtelblech und den daran befestigten Scheiben. Negahban selbst ist sich nicht sicher, ob es sich nicht auch um Teile eines Pferdebrustschmucks handeln könnte223. Typ C schließlich stellt lediglich eine Ansammlung von verzierten Bronzeblechfragmenten dar, die er für 221 Negahban 1995, 97-103. Damit unterscheiden sich diese Stücke gut von den späteren urartäischen Blechen, die sehr viel größere Längen aufweisen und sich zum Teil an den Enden wohl auch überlappt haben. Ein gut vergleichbares Exemplar von 60 cm Länge wurde angeblich in Tsheshme Sohrab bei Bisotun gefunden. Kleiss 1989, 28-29, Abb. 6. Die angeblichen Beifunde bestehen aus einer Pfeilspitze und einem Bronzedolch mit schmaler, durchlochter Griffangel. 223 Negahban 1996, 284. 222 79 Die Funde Gürtelteile hält. Typologisch sind diese Stücke nicht zu verwerten und werden deshalb in die folgende Auswertung auch nicht mit aufgenommen. Festzuhalten bleibt, dass alle hier aufgeführten Funde aus Waffengräbern stammen und damit wohl zur Ausstattung von Männern gehört haben dürften. Gürtelbleche, Typ I Kurzbeschreibung: Hierbei handelt es sich um Negahbans Typ A. Die länglichen Metallstreifen aus gehämmertem Bronzeblech besitzen volutenartig eingerollte Enden. Bei einigen Stücken ist punktartige Punzverzierung zu sehen. Die Befestigung könnte durch ein Loch zwischen den Voluten erfolgt sein. Vorkommen: 26, 32, 47 und 52. Negahban 1996, 284-286, Kat.-Nr. 874-881. Abb.: Taf. IX,7. Gürtelbleche, Typ II Kurzbeschreibung: Entspricht Negahbans Typ B. Die breiten Blechstreifen besitzen applizierte Bronzescheiben und eine Reliefverzierung, die einigen der so genannten „Schildbuckel“ aus Marlik ähnelt224. Kleine Löcher entlang der Ränder sprechen dafür, dass diese Objekte auf eine vermutlich lederne Unterlage aufgenäht waren, während die größeren Löcher nahe den Enden zur Befestigung gedient haben dürften. Ob es sich tatsächlich um Gürtelbleche handelt, ist wie bereits erwähnt nicht sicher. Wahrscheinlicher ist eine Ansprache als Pferdepektorale oder ähnliches. Vorkommen: Gr. 26, 44. Lit.: Negahban 1996, 284-285, Kat.-Nr. 882-883. Abb.: Taf. IX,8. 224 Negahban 1995, Pl. XIII, 161-162. In Grab 44 sind ein Gürtel des Typs II und ein „Schildbuckel“ miteinander vergesellschaftet. 80 Die Funde Nadeln Die meisten der in Marlik gefundenen Nadeln dürften als Gewandnadeln zu interpretieren sein225. Funde liegen aus insgesamt acht Gräbern vor. Damit deutet sich bereits an, dass Gewandnadeln vor Ort im Gegensatz zu vielen anderen Fundgattungen keinen substantiellen Bestandteil des Fundmaterials bilden. Auffällig ist auch die große Vielfalt an verschiedenen Formen. Feste Typen haben sich in Marlik offenbar nur zum Teil herausgebildet. Tierkopfnadeln Kurzbeschreibung: Der obere Teil des goldenen Nadelschaftes wurde mit einer bitumengefüllten Goldblechfolie umrollt, die außen mit Granulation verziert ist. Mittels eines schmalen Drahtes sind ebenfalls mit Bitumen gefüllte, aus Gold getriebene Feliden- oder Vogelköpfe auf den schmalen Schaft aufgesetzt. Eine einfache Version ohne Granulation und applizierte Tierköpfe liegt aus Grab 36 (zwei mit Goldblechhülse, eine ohne) vor226. Vorkommen: Gr. 32 (2), 41 (2). Lit.: Negahban 1996, 185, Kat.-Nr. 449-450. Abb.: Taf. X,1. Goldene Kegelkopfnadeln Kurzbeschreibung: Goldene Nadeln mit Schaftloch und konischem Kegelkopf. Zwischen Schaftloch und Kopf ist der Nadelschaft in durch eingetiefte Rillen in unterschiedlich breite horizontale Zonen unterteilt, von denen einige zusätzlich mit vertikalen Strichen versehen sein können. Neben den Tierkopfnadeln handelt es sich um die qualitativ hochwertigsten Nadeln aus dem gesamten Gräberfeld. Vorkommen: Gr. 10, 50. Lit.: Negahban 1996, 187, Kat.-Nr. 457-458. Abb.: Taf. X,2. Pilzknopfnadeln Kurzbeschreibung: Bronzene Nadeln mit Schaftloch und breitem, pilzförmigem Kopf. Der Bereich zwischen Schaftloch und Kopf ist ritzverziert. Vorkommen: Gr. 10, 36. 225 Eine andere Verwendung ist für einen massiven Vierkantspieß mit Capridenkopfende aus Grab 26 und eine lange Bronzenadel mit Kopf in Form einer kleinen Buckelrinderfigurine aus Grab 44 anzunehmen. Bei beiden Objekten handelt es sich um Einzelstücke. Vgl. Negahban 1996, Pl. 93, Kat.-Nr. 451-452. Nadeln mit Ösenkopf wurden von Negahban 1996, 311, als Nähnadeln angesprochen und deshalb unter die Geräte eingeordnet. 226 Negahban 1996, Kat.-Nr. 455-456. 81 Die Funde Lit.: Negahban 1996, 187, Kat.-Nr. 463. Abb.: Taf. X,3. Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf Kurzbeschreibung: Bronzenadeln mit Schaftloch, die im oberen Teil mehrfach gerillt sind. Der Kopf ist nur leicht abgesetzt. Es handelt sich vermutlich um eine einfache Variante der goldenen Kegelkopfnadeln. Verwandt scheint auch eine einzelne Nadel mit unterteiltem Schaft, aber soweit feststellbar ohne Durchlochung, aus Grab 36. Vorkommen: 19 (2), 36 (3), 50 (2) und 52 (4). Lit.: Negahban 1996, 187-188, Kat.-Nr. 462, 464-465. Abb.: Taf. X,4. Ösenkopfnadeln Kurzbeschreibung: Gold- oder Bronzenadeln mit kleiner Schleifenöse. Aufgrund dieser Form schlug Negahban eine Verwendung als Nähnadel vor, was jedoch nicht zu beweisen ist. Vorkommen: Gold: Gr. 36 (5); Bronze: Gr. 26 (3), 32 (9) und 36 (10). Lit.: Negahban 1996, 311, Kat.-Nr. 968-970. Abb.: Taf. X,5. Anhänger Die typisierbaren Anhänger aus Marlik lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Die erste Gruppe besteht aus mehreren aneinandergefügten, meist hohlen Perlen, die zu Pyramiden, Granatapfelclustern oder Traubenreben zusammengesetzt sind. Diese Konglomerate werden mit einer Öse an einem goldenen Drahtring befestigt, der als Aufhängevorrichtung dient. Bei den anderen Anhängern handelt es sich um runde Goldblechscheiben, die durch Punz-, Ritzund Treibarbeit verziert sind. Clusteranhänger Granatapfelanhänger Kurzbeschreibung: Ringförmig zusammen gebogene Ohranhänger mit granatapfelförmigen Perlenclustern. Vorkommen: Gr. 24, 32, 33, 36 und 47. Lit.: Negahban 1996, 143, 145, 170, Kat.-Nr. 163, 170-174, 205-206, 360-362. 82 Die Funde Abb.: Taf. XI,1. Doppelpyramidenanhänger Kurzbeschreibung: Zusammengelötete Goldkugeln in Form einer Doppelpyramide an Ohrhängern aus dickem Golddraht. Vorkommen: Gr. 27, als Anhänger an einer Halskette in Gr. 24 (144, K 169) Lit.: Negahban 1996, 170-171, Kat.-Nr. 363. Abb.: Taf. XI,2. Traubenförmige Perlen/Anhänger Kurzbeschreibung: Aus Goldblech gefertigte runde Perlen, die in Form einer Traubenrebe zusammengelötet wurden. Vorkommen: Gr. 24, 26, 27, 47. Lit.: Negahban 1996, 145, Kat.-Nr. 177-180. Abb.: Taf. XI,3. Scheibenanhänger Eine größere Gruppe innerhalb der Anhänger bilden runde Scheiben aus getriebenem Goldblech mit eingeritzten und eingepunzten Verzierungen sowie einer Aufhängevorrichtung. Sie gehören zu einer Form, die in verschiedenen Regionen Vorderasiens belegt ist. Erneut lässt sich auch bei dieser Fundgattung eine gewisse Spezialisierung der Handwerker feststellen. So tauchen mit Granulation versehene Scheibenanhänger ausschließlich in Grab 26227, mit aufgelöteten Metallstegen verzierte nur in Grab 33 auf. Neben der floral wirkenden Ornamentik der letzteren lassen sich alle Anhänger in den Bereich der Astralsymbolik einordnen. Hierbei können grundsätzlich zwei Varianten unterschieden werden. Scheibenanhänger, Variante A Kurzbeschreibung: Runde Anhänger aus getriebenem Goldblech mit eingepunzten oder ritzverzierten Astralsymbolen in Strahlenform. Vorkommen: Gr. 12, 15, 23, 50. Lit.: Negahban 1996, 146-148, Kat.-Nr. 185-190, 197. Abb.: Taf. XI,4. 227 Zur Technik der Granulation vgl. Maxwell-Hyslop 1971, 128-130. 83 Die Funde Scheibenanhänger, Variante B Kurzbeschreibung: Runde Anhänger aus getriebenem Goldblech mit von hinten eingepunztem Muster in Form mehrerer konzentrischer Buckel. Ein Anhängerpaar aus Grab 2 ist als Zwischenform zwischen den Varianten A und B zu betrachten und entfällt für die typologische Auswertung228. Vorkommen: Gr. 24, 27, 36, 45, 47, 50. Lit.: Negahban 1996, 148, Kat.-Nr. 166-167, 191-195, 207-208. Abb.: Taf. XI,5. 5.1.6. Waffen Neben Schmuck und Keramik gehören die Waffen zu den wichtigsten Fundgattungen in Marlik. Hier sind ausgesprochen viele Bestattungen mit einer ungewöhnlich hohen Anzahl von Waffenbeigaben ausgestattet. Für die früheisenzeitliche Kultur Nordirans bildet eine angemessene Waffenbeigabe in Männergräbern ab einer gewissen sozialen Stellung offenbar eine wichtige Komponente. Auch in Ghalekuti zeichnen sich die sozial hochrangigen Bestattungen durch eine vielfältige Waffenbeigabe aus, welche die Ausstattung normaler Gräber erheblich übersteigt229. Dem bewaffneten Krieger kam demnach wohl eine gewisse Bedeutung innerhalb der damaligen Gesellschaftsstruktur zu. Dies lässt sich gut mit den antiken und islamischen Quellen über die Bewohner des Elbursgebirges in Einklang bringen. Dort gelten die Bergstämme im Bereich der heutigen Provinz Gilan gemeinhin als extrem kriegerische Zeitgenossen230. Erstaunlicherweise ist dieser martialisch wirkende Aspekt der früheisenzeitlichen Kultur Nordirans im gleichzeitigen Kunstschaffen so gut wie nicht auszumachen. So werden bisweilen zwar bewaffnete Männer auf Metallgefäßen oder als Figurinen dargestellt, jedoch sind diese nie übermäßig mit Waffen ausgestattet und erwecken 228 Negahban 1996, 148, Kat.-Nr. 196. Dies betrifft die beiden bereits erwähnten Gräber A-V und E.6. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. L-LVII; Fukai/Ikeda 1971, Pl. L-LII. 230 Die archäologischen Funde aus Nordiran reichen bisher noch nicht aus, um eine gesicherte ethnische Ansprache für die eisenzeitliche Bevölkerung in Nordiran zu finden. Nach verschiedenen antiken Quellen befanden sich ab achämenidischer Zeit die Stämme der Kadusier, welche oft mit den Giliten gleichgesetzt werden, und der Marden oder Amarden in der Region. Als Grenze zwischen den beiden Stämmen wird in der Regel der Sefid Rud angegeben. In frühislamischer Zeit widerstanden die Dailamiten, welche zuvor noch als herausragende Fußsoldaten im Heer der Sassaniden Erwähnung finden, in der Region des Elbursgebirges gut zwei Jahrhunderte lang allen Islamisierungsversuchen und bedrohten sogar islamische Zentren im nördlichen Zentraliran. Gronke 2003, 17, 32. Schmitt 1990, 612. 229 84 Die Funde auch keinen allzu kriegerischen Eindruck. Kampfszenen sind bisher völlig unbekannt; Waffeneinsatz wird lediglich bei den seltenen Jagddarstellungen gezeigt231. Die Waffenproduktion ist ausgesprochen vielfältig und schnelllebig. Parallel zueinander werden fast immer mehrere Typen von Dolchen bzw. Schwertern sowie Lanzen- und Pfeilspitzen produziert, die sich im Laufe der Zeit starken typologischen Entwicklungen unterworfen sind. Bemerkenswert ist auch die starke lokale Prägung der nordiranischen Waffenindustrie. Gute Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Regionen sind nur in wenigen Fällen vorhanden. Dolche bzw. Schwerter Die exakte Ansprache eines Fundstückes als Dolch oder Schwert ist nicht immer ganz einfach. Bei beiden Bezeichnungen handelt es sich um zweischneidige Blankwaffen. Entscheidend für die Formenansprache ist meist die Klinge, die bei einem Schwert eine deutlich größere Länge aufweisen sollte als bei einem Dolch. Hierbei sind die Grenzen aber fließend und lassen sich nicht immer eindeutig festlegen, da auch andere Faktoren wie Form und Querschnitt der Klinge berücksichtigt werden sollten232. Die meisten Blankwaffen aus Marlik befinden sich in etwa im Übergangsbereich zwischen Dolch und Schwert, der im Regelfall zwischen vierzig und fünfzig Zentimetern liegt. Im Folgenden wird der Einfachheit halber die Bezeichnung Dolch verwendet, mit der die meisten der hier aufgeführten Funde gut zu umschreiben sind233. Dolche Typ I Diese Waffen wurde von Negahban zu den Lanzenspitzen gerechnet, obwohl er selbst zum Teil Zweifel an dieser Zuordnung äußert234. Vergleiche zu Funden aus Ghalekuti zeigen aber, dass es sich eindeutig um Dolche handelt. Die Klingen besitzen abgerundete Schultern und 231 Die einzige Denkmälergattung, auf der sich entsprechende Darstellungen finden, sind die figürlich verzierten Metallgefäße. Vgl. Negahban 1983, 81-82, Kat.-Nr. 56 aus Grab 42; Negahban 1983, 84-85, Kat.-Nr. 59 aus Grab 5 sowie Negahban 1983, 86-87, Kat.-Nr. 61 aus Grab 44. 232 Diese beiden Faktoren zeigen meist an, wie die Waffen verwendet wurden. Exemplare mit triangulärer Klinge und ausgeprägter Spitze sind in erster Linie als Stoßwaffen geeignet. Eine markante Mittelrippe unterstützt diese Funktion, die sowohl für Dolche als auch für Schwerter möglich ist. Bei einer Hiebwaffe verlaufen die Schneiden zur gerundeten oder stumpfen Spitze hin annähernd gerade; die Mittelrippe ist oft flach und breit. 233 Die Typen II A und B bewegen sich im Rahmen zwischen 41,5 cm und 50 cm, wobei eine auffällige Häufung im Bereich um etwa 48.00 cm zu beobachten ist (Typ IIA: 48, 49, 43, 48, 41.5, 47.5, 48; Typ IIB: 50, 46, 49,5, 48, 43, 50, 44). Eine absolute Ausnahme bildet das 0,82 cm lange Exemplar aus Grab 26. Typ III A fällt etwa fünf bis zehn Zentimeter kürzer aus (38.5, 43, 32, 38, 42.5), während der schmälere Typ III B in etwa gleich lang ist wie Typ II (48, 46.1, 44, 44, 46, 43.5, 41.5). Das einzige ganz erhaltene Stück des Typs IV weist mit 59,3 cm ebenfalls eine außergewöhnliche Länge auf. Die Beispiele des Typs IIIA liegen bei 39, 43, 47.8, 42, 46.5, 41, 40, und 37,5 cm, während Typ IIIB nur ein ganzes Exemplar mit einer Länge von 44 cm lieferte. Insgesamt sind nur drei Exemplare in Marlik länger als fünfzig Zentimeter. 234 Negahban 1995, 67-68. 85 Die Funde annähernd parallel oder leicht triangulär verlaufende Schneiden. Die Mittelrippen sind unterschiedlich gestaltet. Zusammen mit der Klinge wurde eine kurze und schmale Griffzunge mit flachem Querschnitt gegossen, die nahe dem Ende ein Nietloch zur Sicherung des Griffes oder des Knauf aufweisen kann. Des Weiteren befinden sich bei einigen Varianten im Bereich der Klingenschultern zwei Niete, um eine zusätzliche Befestigung des Griffes zu gewährleisten. Wie die Griffe ursprünglich ausgesehen haben, ist nicht bekannt. Die Korrosionsabdrücke auf den Klingenwurzeln einiger Exemplare aus Ghalekuti zeigen, dass mehrheitlich mit einem runden Heftausschnitt zu rechnen sein dürfte235; auch in Marlik lassen die publizierten Fotografien zum Teil ähnliches vermuten236. Bei einem Dolch aus Grab C-I in Ghalekuti kann ein halbmondförmiger Heftausschnitt rekonstruiert werden237. In den einfachen Waffengräbern von Ghalekuti ist jeweils nur ein Dolch vorhanden, während in den reichen Befunden A-V und E.6 alle vier Varianten gefunden wurden. Direkt am Skelett befand sich in beiden Fällen quer über dem Hüftbereich liegend jeweils ein Dolch des Typs I D238. Die anderen Waffen waren im Grab verstreut und gehörten offenbar nicht zur unmittelbaren Ausrüstung des Toten. Die Varianten A, B und D können in Marlik selbst als Einzelstücke betrachtet werden, wurden aber dennoch in die folgende Beschreibung aufgenommen, um das gesamte Spektrum dieses Typs zeigen zu können. Dolche Typ I, Variante A Kurzbeschreibung: Gerade Schneiden, stumpfe Klingenspitze, kantig abgerundete Schultern. Klinge ähnlich wie bisher. Die Griffzunge wurde in Längsrichtung um neunzig Grad verdreht und sieht von vorne deshalb spitz zulaufend aus. Vorkommen: Gr. 15. Lit.: Negahban 1996, 270, Kat.-Nr. 790. Abb.: Taf. XII,1. Dolche Typ I, Variante B Kurzbeschreibung: Löffelartige Griffzunge mit Nietloch nahe dem gerundeten Abschluss; abgerundete Klingenschultern mit vergleichsweise kurzer (29,00 cm), bis nahe zur Spitze breit bleibender Klinge. Niedrige, zu den Seiten hin auslaufende Mittelrippe oder Mittelgrat. 235 Grab A-V: Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LV, 41-45; Grab A-VII: Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXII, 11; Grab E.6: Fukai/Ikeda 1971, Pl. LII, 9. In einem Fall aus Grab A-VIII scheint das Heft abgerundet zur Klinge hin auszugreifen. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXIV, 18. 236 Negahban 1995, Pl. IX, 115 aus Grab 12 sowie Negahban 1995, Pl. IX, 117 aus Grab 15. 237 Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXXLX, 200. Dieser Umstand zeigt, dass halbmondförmige Hefte in Nordiran bereits gleichzeitig mit Belegungsstufe I in Marlik vorhanden sind. 238 Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. VI,3 sowie Pl. L ; Fukai/Ikeda 1971, Pl. XVII,1 und Pl. L. 86 Die Funde Vorkommen: Gr. 12. Lit.: Negahban 1996, 270, Kat.-Nr. 788. Abb.: Taf. XII,2. Dolche Typ I, Variante C Kurzbeschreibung: Kurze Griffzunge mit geradem Abschluss, vergleichsweise breite, gut abgerundete Klingenschultern, in denen sich zwei Niete mit breitem Kopf befinden. Markante Mittelrippen sind nicht zu erkennen. Längen von 40,00 cm bis 49,00 cm. Vorkommen: Gr. 12, 15. Lit.: Negahban 1996, 270, Kat.-Nr. 787 und 789. Abb.: Taf. XII,3. Dolche Typ I, Variante D Kurzbeschreibung: Wie oben, nur schmalere Klinge. Die Schneiden verlaufen gerade, nähern sich nach vorne hin gleichmäßig an und biegen dann kurz vor der Spitze nach innen ein. Klingenschultern leicht abgerundet bzw. abgetreppt. Die Klinge besitzt eine kantig abgesetzte, hohe Mittelrippe, die zu beiden Seiten von mehreren kleineren Rippen begleitet wird. Vorkommen: Gr. 12. Lit.: Negahban 1996, 270, Kat.-Nr. 786. Abb.: Taf. XI,4. Dolche Typ I, Variante E Kurzbeschreibung: Die vergleichsweise breite, trianguläre Klinge besitzt eine deutlich abgesetzte, halbrunde Mittelrippe, die zu beiden Seiten von mehreren schmalen Rippen begleitet wird. Am Ende schmalen Griffzunge befindet sich ein Loch zur Aufnahme eines Nietstiftes. Vorkommen: Gr. 47, 52. Lit.: Negahban 1996, 266, 270, Kat.-Nr. 731 und 782239. Abb.: Taf. XII,5. 239 Kat.-Nr. 782 wurde von Negahban 1995, 66, seinen Lanzenspitzen des Typs V zugeordnet, unterscheidet sich aber m.E. in vielerlei Hinsicht von diesen. Zudem zeigen sowohl die Fundlage als auch der zusammen mit der Waffe geborgene Knauf, dass es sich um einen Dolch handeln dürfte. Gleiches gilt für Kat.-Nr. 731, welche von Negahban 1995, 57 ebenfalls als Lanzenspitze angesprochen wurde. 87 Die Funde Dolche Typ II Bronzedolche mit breiter, triangulär zulaufender Klinge. Der Klingenquerschnitt kann einen Mittelgrat oder eine schmale, deutlich erkennbare Mittelrippe besitzen. Nachdem die Klinge gegossen und überarbeitet worden war, wurde in der Technik des Überfanggusses ein Bronzegriff über Klingenschultern und Angel gegossen240. Die Schultern des geraden Heftes sind eckig abgesetzt; zur Klinge hin kann das Heft spitz eingezogen sein241. Bei einigen Exemplaren findet sich im Heftbereich mitgegossene plastische Verzierung. Die Handhabe besitzt einen runden Querschnitt und ist mit mehreren Rippen untergliedert. Im hohlen Bereich des halbmondförmigen Knaufes ist zum Teil noch das Ende der Angel zu sehen. Die Oberseite des Knaufes ist durch mehrere quer verlaufende Rippen gegliedert. Auf der Handhabe können sich kleine, meist viereckige Aussparungen befinden, die zur Aufnahme von Einlagen aus organischen Materialien bestimmt waren242. Auch die hohlen Bereiche des Knaufes sind manchmal noch mit Einlagen versehen. Über den Knaufrücken verlaufen in Längsrichtung mehrere deutlich ausgeprägte breite Rippen. Die beiden von Negahban definierten Varianten unterscheiden sich lediglich in der Anordnung der Profilierung auf der Handhabe. Dolche Typ II, Variante A Kurzbeschreibung: Mehrere Rippen oder Rillen sind eng beieinander in der Mitte der Handhabe angebracht. Vorkommen: Gr. 26, 33, 47, 52. Lit.: Negahban 1996, 259-260, Kat.-Nr. 676-687. Abb.: Taf. XIII,1. 240 Zur Technik allgemein siehe Drescher 1958, für nordiranische Dolche vgl. Maxwell-Hyslop/Hodges 1964. Bei einer eingehenden Untersuchung einem aus dem Kunsthandel stammenden Exemplar dieses Typs stellten Birmingham/Kennon/Malin 1964, 46-49, fest, dass sich im Bereich der Handhabe ein Tonkern befand, um den der Griff gegossen worden war. Diese Maßnahme diente vermutlich zur Materialersparnis oder zum Austarieren der Waffe. 241 Die Klingenschultern können sowohl eckig als auch abgerundet sein. Dies ist von außen ohne entsprechende Untersuchungen aber nicht zu erkennen. Für ein Beispiel mit abgerundeten Ecken siehe Birmingham/Kennon/Malin 1964, Pl. IX, 3. 242 Reste hölzerner Einlagen haben sich beispielsweise am Dolch Negahban 1996, Kat.-Nr. 692 erhalten, wie bei Negahban 1995, 45 nachzulesen ist. Ein verwandtes Stück aus dem Kunsthandel besitzt ebenfalls kleine, mit Löchern versehene Holzeinlagen. Vgl. Mahboubian 1997, Kat.-Nr. 384b. 88 Die Funde Dolche Typ II, Variante B Kurzbeschreibung: Die Rippen an der Handhabe sind deutlich voneinander abgesetzt. Vorkommen: Gr. 26, 47243. Lit.: Negahban 1996, 260, Kat.-Nr. 688, 690-692, 694-695. Abb.: Taf. XIII,2. Dolche Typ III Es handelt sich um Waffen mit spitz zulaufenden, triangulären Klingen, einem gerade anschließenden Heft mit eckig abgesetzten Schultern und einem pilzförmigem Knauf. In der Fachliteratur finden sich verschiedene Meinungen darüber, ob Waffen dieses Typs in einem Stück hergestellt wurden oder aus einer Klinge mit einem darauf gegossenen Griff bestehen244. Herstellungstechnisch sinnvoller wäre die zweite Vermutung245. Zu beiden Seiten der Handhabe befinden sich je drei spitze Auskerbungen, die einen besseren Griff garantieren sollten. Handhabe und Knauf waren ursprünglich mit Griffschalen aus organischem Material ausgelegt. Die Befestigung dieser Einlagen erfolgte nicht durch Nieten, sondern durch das Zusammenhämmern der hohen Randleisten nach Innen246. Dolche Typ III, Variante A Kurzbeschreibung: Randleistendolche mit breiter triangulärer Klinge und schmaler Mittelrippe, die sich gut mit den oben beschriebenen Dolchen des Typs II vergleichen lässt. Der halbmondförmige Knauf ist meist etwas breiter als die rechteckigen Heftschultern. Vorkommen: Grab 16, 27, 29, 33. Lit.: Negahban 1996, 260, Kat.-Nr. 689, 696-701. Abb.: Taf. XIII,3. 243 Das von Negahban 1995, 35, Pl. III, 39, diesem Typ zugeordnete Exemplar aus Grab 27 gehört laut Beschreibung und Abbildung den Randleistendolchen des Typs III A. Auch der Dolch bei Negahban 1996, Kat.Nr. 693 aus Grab 29 unterscheidet sich deutlich von den anderen Beispielen, wie auch Negahban 1995, 45 anmerkt. Er wurde deshalb hier nicht in den Typ mit aufgenommen. Gleiches trifft auf den fragmentierten Dolch Negahban 1995, 43, Fig. 25 aus Grab 33 zu. 244 Muscarella 1988, 101, weist ganz richtig darauf hin, dass der optische Eindruck eines in einem Stück gegossenen Dolches vorhanden ist, man aber ohne weitergehende Untersuchungen kaum feststellen könne, ob nicht doch ein Überfangguss angewendet wurde. Erstere Möglichkeit vertreten unter anderem Calmeyer 1962, 218 und Stutzinger 2001, 14. Für einen Überfangguss sprechen sich Maxwell-Hyslop/Hodges 1964, 51, Fig. I,8; Moorey 1971, 77 sowie Negahban 1995, 45, Anm. 76, aus. 245 Wie von Birmingham/Kennon/Malin 1964, 47-48 dargelegt, wurde in einem ersten Arbeitsgang die Klinge gegossen und dann hart geschmiedet, bevor man den Griff im Wachsausschmelzverfahren über den Griff gegossen hat. Im Anschluss wurden Griff, Knauf und Klinge nur noch durch einige wenige Hammerschläge nachbearbeitet und dann geglättet. Das Hartschmieden der Klinge wäre mit bereits angebrachtem Griff nur schwer zu bewerkstelligen. 246 Aus dem Kunsthandel liegt ein Exemplar der Variante A vor, bei der sich die hölzernen Griffeinlagen gut erhalten haben. Vgl. Seifert 2005, 49, Abb. 37. 89 Die Funde Dolche Typ III, Variante B Kurzbeschreibung: Diese Dolche entsprechen in ihrem grundsätzlichen Parametern zwar Variante A, sind jedoch in ihrem Erscheinungsbild erkennbar schlanker gehalten. Deshalb läuft die schmale Klinge, die keine markante Mittelrippe aufweist, auch in einer deutlicheren Spitze aus. Das Heft ist sehr schmal, die Schultern können spitzwinklig nach oben gezogen sein. Auch der Knauf ist im Vergleich zu Variante A deutlich schmäler und nur unwesentlich breiter oder in etwa so breit wie das Heft. Vorkommen: Grab 13, 18, 25, 30, 45. Lit.: Negahban 1996, 261, Kat.-Nr. 702-708. Abb.: Taf. XIII,4. Dolche Typ IV Auch hier wird ein bronzener Griff wird über die Klinge gegossen. Die breiten Klingen weisen eine für die Verhältnisse in Marlik ungewöhnliche Länge auf, besitzen leicht konkav einziehende Schneiden und flache, aber breite Mittelrippen sowie eine abgerundete, stumpfe Spitze. All diese Faktoren deuten auf eine Verwendung als Hiebwaffe hin, während alle anderen bisher beschriebenen Varianten hauptsächlich als Stichwaffen eingesetzt worden sein dürften. Das schmale Heft schließt zur Klinge hin gerade ab und besitzt eckige Schultern. Der untere Teil der Handhabe ist wie das Heft voll gegossen, der größere obere Teil aber mitsamt dem schmalen, oben halbrund abschließenden Knauf als Griffzunge mit Randleisten ausgeführt. An der geraden Handhabe befinden sich keine Ausbuchtungen oder Rippen. Einlagen haben sich nicht erhalten. Vorkommen: Gr. 26, 33247. Lit.: Negahban 1996, 261, Kat.-Nr. 709-710. Abb.: Taf. XIII,5. 247 Das von Negahban 1996, 261, Kat.-Nr. 711 diesem Typ zugeordnete Stück aus Grab 1 unterscheidet sich erheblich von den anderen Vertretern und ist als Einzelstück zu betrachten, das hier nicht mit aufgenommen wurde. 90 Die Funde Dolche Typ V Die triangulär spitz zulaufende Klinge ist zusammen mit dem mit einer Randleiste umgebenen Griff in einem Stück gegossen. Das markanteste Merkmal dieses Typs ist das zur Klinge hin eingebogene Heft, welches oft als „halbmondförmig“ charakterisiert wird248. Es wurde in einem zweiten Arbeitsgang auf die Waffe aufgegossen249. Bei dieser Konstruktion ragen die rechteckigen oder spitz zulaufenden Klingenschultern zu beiden Seiten über das Heft hinaus. Die Mittelrippe ist meist gut zu erkennen und setzt sich durch die Heftenden bis zur Klingenwurzel fort. In dem vom Heft umschlossenen Bereich der Klinge können zu beiden Seiten der Mittelrippe punktförmige Erhebungen vorhanden sein250. Dolche Typ V, Variante A Kurzbeschreibung: Der Griff besteht aus einer glatten Handhabe und einem schmalen, oben halbkreisförmig abschließenden Knauf, die beide mit einer Randleiste eingefasst werden. Zum Teil ist ein fließender, durch eine konkave Biegung des Umrisses erzeugter Übergang zwischen Handhabe und Knauf vorhanden. Der Knauf ist meist in etwa so breit wie das Heft, in jedem Falle aber schmäler als die Klingenschultern. Die Schneiden der Klinge können manchmal leicht nach außen gebogen sein. Vorkommen: Gr. 1, 2, 3, 13 und 44. Lit.: Negahban 1996, 262, Kat.-Nr. 712-721. Abb.: Taf. XIII,6. Dolche Typ V, Variante B Kurzbeschreibung: In seinen Grundzügen entsprechen die hier aufgeführten Exemplare dem zuvor beschriebenen Typ. Allerdings ist der untere Teil der Handhabe nun massiv ausgeführt. Nur der Bereich des Knaufes besitzt eine Randleiste und ist zur Aufnahme einer Einlage aus organischem Material bestimmt. Diesem Typ ist auch ein Fragment aus Grab 2 zuzuordnen, welches zwar kein Halbmondheft, dafür aber die typische Form der Handhabe samt den auf anderen Exemplare nachweisbaren Ritzerzierungen aufweist. Typologisch nah stehend ist ein 248 Dyson 1964, 40-41. Autoren, welche den Text wohl etwas unaufmerksam lasen, nahmen bisweilen an, dass die bei Dyson 1964, Pl. IX, 4-5 abgebildeten Dolche mit Halbmondheft nicht aus Hasanlu, sondern aus dem Kunsthandel stammten. 249 Maxwell-Hyslop/Hodges 1964, 51, Fig. I, 5, 10. Nicht richtig beurteilt von Nagel 1963, 14. 250 Gut zu erkennen bei Negahban 1995, Pl. V, 61-62 aus den Gräber 13 und 1 in Marlik. Diese Verzierung ist bei Samadi 1959, 20, Fig. 18, für ein Exemplar dieses Typs mit mehrfach profilierter Handhabe aus Kalar Dasht belegt. 91 Die Funde Bronzegriff mit verlorener Eisenklinge aus Grab 7, der jedoch hier nicht mit aufgenommen wurde251. Vorkommen: Gr. 1, 2, 5. Lit.: Negahban 1996, 262-263, Kat.-Nr. 722-726. Abb.: Taf. XIII,7. Lanzenspitzen Laut Negahban kommen Lanzenspitzen in Marlik häufiger vor als Dolche und bilden nach den Pfeilspitzen die zahlenmäßig zweitgrößte Gruppe innerhalb der Waffenfunde252. Hierbei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass ihm bei der Ansprache einiger Typen Fehleinschätzungen unterliefen. Eine ganze Reihe der unter die Lanzenspitzen eingeordneten Typen und Einzelstücke ist als Dolch oder Schwert zu bezeichnen253. Die im Folgenden aufgeführten Stücke sind, sofern nicht extra erwähnt, aus Bronze gegossen. Vor allem für die Lanzen mit Tüllenimitation benötigte man hierfür eine zweischalige Gussform. Dies ist aufgrund der meist gut erkennbaren Mittelrippen auch für den Großteil der anderen Stücke anzunehmen. Eisen wird als Werkstoff kaum verwendet und ist lediglich bei einem Exemplar des Typs III A und einigen Tüllenlanzen aus den Gräbern 41 und 5 belegt254. Lanzenspitzen Typ I Einfache Formen mit am Ende umgebogener, oft mit einem Knopf abgeschlossener Angel stellen die größte Gruppe von Lanzenspitzen in Marlik dar. Die hier aufgeführten Varianten unterscheiden sich nur geringfügig hinsichtlich Form und Querschnitt des Blattes. Meist ist die Mittelrippe nur schwach ausgebildet. 251 Negahban 1995, 39, Fig. 14. Negahban 1995, 37, 57, gibt die Zahl der Dolche mit 59, die der Lanzen mit „nearly 119“ mehr oder weniger komplett erhaltenen Exemplaren an. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass sich bei den vermeintlichen Lanzenspitzen eine ganze Reihe von Dolchklingen befindet. 253 Dies betrifft bei den Einzelstücken das Klingenfragment Negahban 1995, Fig. 36, welches typologisch den Dolchen des Typs V A nahe steht. Die kurze eiserne Waffe bei Negahban 1995, Pl. XII, 144 aus Grab 16 dürfte wohl auch eher als Dolch anzusprechen sein. Zu nennen ist außerdem die in Grab 24 gefundene Waffe Negahban 1995, Pl. VI, 66. Hierbei handelt es sich eindeutig um eine Dolchklinge mit verlorenem Griff. Die Form des Heftes, welches mit Hilfe einer Niete an der Klinge befestigt wurde, zeichnet sich deutlich als unterschiedlich korrodierter Schatten im Bereich der Klingenwurzel ab. Form und Querschnitt stehen den Dolchen des Typs II A und B nahe, die ausschließlich in den Grab 24 nahe stehenden Gräbern gefunden wurden. Vermutlich stellt das Stück den Übergang zwischen den frühen Griffzungendolchen und den späteren Vollgriffdolchen dar, was ausgesprochen gut zu der vermuteten relativchronologischen Stellung von Grab 24 passen würde. Negahbans Lanzenspitzen Typ VI ist eine Zusammenstellung verschiedener Varianten von Griffzungendolchen, wie weiter oben im Kapitel „Vorstellung der Funde“ bereits ausgeführt wurde. Der von Negahban 1995, 68-69 definierte Typ VII A wurde ausschließlich in Grab 47 gefunden. Es handelt sic hier ebenfalls um Dolchklingen, die zusammen mit den typologisch nahe stehenden Dolchen der Typen II A-B die Unterlage des Bestatteten bildeten. 254 Negahban 1995, 59, Fig. 44; 74-75, Fig. 53 und 74, Pl. XII,145. 252 92 Die Funde Lanzenspitzen Typ I, Variante A Kurzbeschreibung: Lanzen mit mäßig abgerundeten Schultern und flacher, nach vorne hin vergleichsweise breitem Blatt. Die breite Mittelrippe ist zwar meist gut zu erkennen, aber dennoch relativ flach. Vorkommen: Gr. 24, 26, 33. Lit.: Negahban 1996, 269, Kat.-Nr. 763-766. Abb.: Taf. XIV,1. Lanzenspitzen Typ I, Variante B Kurzbeschreibung: Ähnlich wie Variante A, jedoch mit gestreckter Form des Blattes und nur leicht verdickter, niedriger Mittelrippe. Vorkommen: Gr. 15, 29. Lit.: Negahban 1996, 269, Kat.-Nr. 767-768. Abb.: Taf. XIV,2. Lanzenspitzen Typ I, Variante C Kurzbeschreibung: Schmaleres Blatt als die anderen Varianten sowie deutlich abgesetzte, breite Mittelrippe und eckiger abgesetzte Schultern. Die Angel ist am Ende gerade abgeschlossen. Vorkommen: Gr. 24, 26, 32. Lit.: Negahban 1996, 269, Kat.-Nr. 769-771. Abb.: Taf. XIV,3. Lanzenspitzen Typ I, Variante D Kurzbeschreibung: Die Form entspricht einigen Beispielen der Variante A, unterscheidet sich aber durch die kleineren Abmessungen, welche auf eine Verwendung als Speer oder Wurfspieß hindeuten könnten. Vorkommen: Gr. 26, 33255. Lit.: Negahban 1996, 273, Kat.-Nr. 815-816. Abb.: Taf. XIV,4. 255 Kat.-Nr. 817 und 818 sind als Einzelstücke zu betrachten. 93 Die Funde Lanzenspitzen Typ I, Variante E Kurzbeschreibung: Das Blatt ist im Bereich der abgerundeten Schultern relativ breit und verjüngt sich zur Spitze hin stark. Da die Mittelrippen nur als leichte Erhebungen angedeutet sind, ist der Blattquerschnitt vergleichsweise flach. Beinahe alle Stücke stammen aus Grab 47. Bei einem Exemplar aus Grab 52 sind beiderseits der Mittelrippe zwei parallel verlaufende Rillen eingetieft. Ein weiteres, mit mehreren Rillen versehenes Stück dürfte aufgrund der am Ende mit einem Nietloch versehenen Angel, der abgetreppten Schultern und des nahebei aufgefundenen Knaufes wohl eher als Dolchklinge anzusprechen256. Vorkommen: Gr. 24, 47, 52. Lit.: Negahban 1996, 269-270, Kat.-Nr. 772-785. Abb.: Taf. XIV,5. Lanzenspitzen Typ II Die Vertreter dieses Typs werden vor allem durch ihr langes, schmal zulaufendes Blatt charakterisiert. Hinsichtlich Klingengestaltung und Form der Schultern lassen sich zwei Varianten unterscheiden. Lanzenspitzen Typ II, Variante A Kurzbeschreibung: Ausgesprochen schlank wirkende Waffen mit extrem langer, schmaler Angel, welche am Ende umbiegt und in einem kleinen Knopf endet. Die Blätter laufen spitz zu, besitzen eine unterschiedlich breite, hohe Mittelrippe und spitzwinklig nach oben gezogene Schultern. Am Heft kann ein schmaler Bronzesteg angebracht sein, wie er für Lanzenspitzen eigentlich recht untypisch ist. Die zwei Exemplare aus Grab 5 weisen geradere, bereits leicht abgerundete Schultern und eine gerade Form der Schneiden auf. Ein Stück aus Grab 18 ist aus Eisen geschmiedet, unterscheidet sich aber ansonsten kaum von den anderen Beispielen dieses Typs. Typologisch nahe stehend ist eine bronzene Lanzenspitze aus Grab 24 (Taf. XIV,6)257. Vorkommen: Grab 5, 13, 16, 18 (Eisen), 25, 27. Lit.: Negahban 1996, 268-269, 273, Kat.-Nr. 752-760, 822. 256 Negahban 1995, 66, erwähnt einen runden Fritteknopf nahe der Angel. Auch dies spricht – analog zum Befund aus Grab E.6 von Ghalekuti – für eine Ansprache der Waffe als Dolch. Der Fritteknopf wäre dann wohl als Knauf anzusprechen. Leider taucht der erwähnte Fritteknopf bei Negahban 1996, Pl. 123, 782 lediglich als Abbildung auf, wird aber im Text nicht mehr erwähnt. Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, verschiedene Publikationen des Ausgräbers miteinander zu vergleichen. 257 Negahban 1996, 268, Kat.-Nr. 760, Color Plate XXXII, C. Diese Waffe ist in der vorhergehenden Publikation Negahban 1995 nicht enthalten. 94 Die Funde Abb.: Taf. XIV,7. Lanzenspitzen Typ II, Variante B Kurzbeschreibung: Lanzenspitzen mit triangulär spitz zulaufendem Blatt und deutlich ausgeprägter Mittelrippe. Die Schultern sind herzförmig abgerundet. Am Ende der vierkantig geschmiedeten Angel befindet sich eine im rechten Winkel umgebogene knopfartige Verdickung. Vorkommen: Gr. 1, 5. Lit.: Negahban 1996, 268-269, Kat.-Nr. 761-762. Abb.: Taf. XIV,8. Lanzenspitzen Typ III Hierbei handelt es sich um Angellanzen mit Tüllenimitation. Aufgrund der Blattform sind zwei Varianten zu unterscheiden. Lanzenspitzen Typ III, Variante A Kurzbeschreibung: Schwere Lanzenspitze mit großem Blatt. Die Schultern sind sanft abgerundet und gehen in gerade, leicht aufeinander zulaufende Schneiden über, die vorne in einer breiten Spitze enden. Die Mittelrippe ist relativ breit und geht direkt in die nach unten ausschwingende Tüllenimitation über. Danach folgt eine massive Angel, die am Ende umgebogen sein kann und in diesem Fall mit einem knopfartigen Abschluss endet258. Vorkommen: Gr. 15, 18. Lit.: Negahban 1996, 267-268, Kat.-Nr. 749-751. Abb.: Taf. XIV,1. Lanzenspitze Typ III, Variante B Kurzbeschreibung: Lanzenspitzen mit triangulär spitz zulaufendem Blatt. Die Klingenschultern sind eckig abgesetzt, manchmal auch leicht abgerundet. Die Mittelrippe ist deutlich hervorgehoben und verbreitert sich kontinuierlich von der Spitze zur Blattwurzel, wo sie direkt in die Tüllenimitation übergeht. Diese wird durch einen breiten Absatz mit dreieckiger Aussparung abgeschlossen. Danach folgt die viereckig zugeschmiedete, am Ende umgebogene und mit knopfartiger Verdickung versehene Angel. Der Bereich der 258 Es gibt aber auch Beispiele aus anderen Fundorten, bei denen die Angel gerade ausläuft und dementsprechend auch kein Knopf benötigt wird. Vgl. Moghadam 1972, 136, Fig. 3 aus Ghiasabad. 95 Die Funde Tüllenimitation kann durch Ritzlinien verziert sein. Verwandt sind Lanzen mit blattförmiger Spitze aus Grab 44 (Taf. XV,3)259. Vorkommen: Gr. 2, 3, 5, 13, 50. Lit.: Negahban 1996, 267-268, Kat.-Nr. 739-748. Abb.: Taf. XV,2. Lanzenspitzen Typ IV Lanzenspitzen mit Tüllen sind in Marlik vergleichsweise selten. Negahban führt insgesamt drei Subtypen auf, die aber in der vorliegenden Arbeit nur eingeschränkt übernommen werden konnten260. Lanzenspitzen Typ IV, Variante A Kurzbeschreibung: Als markantes Merkmal können die schräg abfallenden Schultern gelten, die jeweils von Blatt und Tülle eckig abgesetzt sind. Die Schneiden verlaufen gerade und nähern sich bis zur leicht abgerundeten Spitze nur leicht an; die Mittelrippen bleiben bis zur Spitze hin relativ breit und weisen einen abgerundeten Querschnitt auf. Vorkommen: Gr. 27, 44261. Lit.: Negahban 1995, 71, Fig. 47-48; Negahban 1996, 272, Kat.-Nr. 812-813. Abb.: Taf. XV,4. Lanzenspitzen Typ IV, Variante B Kurzbeschreibung: Die hier zusammen gefassten Exemplare besitzen triangulär spitz zulaufende Schneiden mit deutlich abgesetzten Ecken. Die Klingenschultern sind leicht konkav gerundet, die Mittelrippe schmal und deutlich ausgeprägt. Typologisch nahe stehend sind die beiden Exemplare mit blattförmiger Spitze aus Grab 44 (Taf. XV,6)262. Vorkommen: Gr. 1, 3, 5. Lit.: Negahban 1996, 272, Kat.-Nr. 803-811. Abb.: Taf. XV,5. 259 Negahban 1995, Pl. VI, 67-68. Negahban 1995, 70-73. Negahban 1996, 272, Kat.-Nr. 801-802, Subtyp A liegt lediglich aus Grab 44 vor und kann als Variante der Tüllenlanzen des hier definierten Typs IV angesprochen werden. 261 Negahban 1996, Kat.-Nr. 814 ist aus diesem Typ auszugliedern, da die Form von Blatt und Tülle den oben definierten Kriterien nicht entsprechen. Diese Lanzenspitze ist als Einzelstück zu bewerten. 262 Negahban 1995, Pl. X, 129-130. 260 96 Die Funde Pfeilspitzen Naturgemäß sind bei dieser Fundgattung die Unterschiede weniger markant als bei den anderen Waffen. Bronzepfeilspitzen sind aus einem Stück gegossen können ebenso wie die Lanzen mittels Angel oder Tülle am Schaft befestigt werden. Einige Typen weisen zwischen Blatt und Angel eine Schaftverdickung auf. Tüllenpfeilspitzen sind in Marlik, abgesehen von den mehreren Knochenspitzen aus Grab 27263, nicht vorhanden. Dreiflügelige Exemplare liegen lediglich aus Grab 7 vor264. Wie auch schon bei den Dolchen und Lanzenspitzen kommen auch hier einige Sonderanfertigungen vor, die meist Einzelstücke darstellen265. Pfeilspitzen Typ I Kurzbeschreibung: Hierbei handelt es sich eigentlich nicht um Pfeilspitzen, sondern vielmehr um Miniaturnachbildungen ganzer Pfeile mit schmaler Spitze, kurzem tordiertem Schaft und breit ausfächernden Ende, welches die Fiederung am Schaftende darstellen soll. Vorkommen: Gr. 15, 24. Lit.: Negahban 1996, 275-276, Kat.-Nr. 824-825. Abb.: Taf. XVI,1. Pfeilspitzen Typ II Kurzbeschreibung: Breite, mit weiten Flügeln ausgestattete Spitzen mit lange nach hinten gezogenen Widerhaken und einer schmalen Angel. Die Beispiele dieses Typs weisen zwar eine gewisse Variationsbreite, aber auch einen hohen Wiedererkennungswert auf. Vorkommen: Gr. 15, 24 und 26. Lit.: Negahban 1996, 277-278, Kat.-Nr. 828-831. Abb.: Taf. XVI,2. Pfeilspitzen Typ III Dieser Typ lässt sich in mehrere Varianten unterteilen. Gemeinsames Merkmal ist das mehr oder weniger trianguläre Blatt, die deutlich erkennbare Mittelrippe und die Schaftverdickung. Pfeilspitzen Typ III, Variante A 263 Negahban 1995, 88, Pl. XII, 158. Dies sind die einzigen Exemplare dieses Typs aus Marlik. Gut vergleichbare Knochenspitzen liegen aus Grab AVI in Ghalekuti vor. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LX, 14-19. 264 Negahban 1995, 84 ,Pl. XII, 157. 265 Beispielsweise Negahban 1995, Pl. XII, 148. 97 Die Funde Kurzbeschreibung: Spitzen mit dreieckigem Blatt und leicht nach unten ausgezogenen Ecken. Die Mittelrippe verbreitert sich zur Angel hin ständig und bildet einen verdickten Bereich aus, bevor die eigentliche schmale Angel ansetzt. Vorkommen: Gr. 25, 44 und 50. Lit.: Negahban 1996, 279, Kat.-Nr. 832-834. Abb.: Taf. XVI,3. Pfeilspitzen Typ III, Variante B Kurzbeschreibung: Die Exemplare dieser Variante ähneln den oben beschriebenen Beispielen stark, besitzen aber im Gegensatz zu diesen leicht abgerundete Schultern. Die Grenzen sind allerdings zum Teil fließend. Vorkommen: Gr. 6, 24, 26 und 50. Lit.: Negahban 1996, 279, Kat.-Nr. 835-839. Abb.: Taf. XVI,4. Pfeilspitzen Typ III, Variante C Kurzbeschreibung: Schlanke, längliche Spitzen mit spitz ausgezogenen Ecken und leicht abgerundet nach vorne hin zulaufenden Schneiden. Schaftverdickung und schmal zulaufende Angel. Vorkommen: 24, 26, 47 und 52. Lit.: Negahban 1996, 279-280, Kat.-Nr. 840-844. Abb.: Taf. XVI,5. Pfeilspitzen Typ IV Kurzbeschreibung: Einfache dreieckige Spitzen mit spitzwinklig ausgezogenen Ecken und einfacher Angel ohne Schaftverdickung. Vorkommen: Gr. 24, 25, 27 und 33266. Lit.: Negahban 1996, 280-281, Kat.-Nr. 849-852. Abb.: Taf. XVI,6. Pfeilspitzen Typ V Diese einfachen Pfeilspitzen weisen keine Schaftverdickung auf. Der von Negahban geschlossen publizierte Typ lässt sich anhand der Blattform in zwei Varianten aufteilen. 266 Das sehr einfache Stück Negahban 1996, Kat.-Nr. 853, unterscheidet sich deutlich von den übrigen Vertretern des Typs und wurde deshalb ausgegliedert. 98 Die Funde Pfeilspitzen Typ V, Variante A Kurzbeschreibung: Schmale blattförmige Spitzen mit abgerundeten Schultern und einer beinahe bis zur Spitze gleich bleibenden Breite. Mittelgrat. Vorkommen: Gr. 12, 15. Lit.: Negahban 1996, 281, Kat.-Nr. 856, 858 und 861. Abb.: Taf. XVI,7. Pfeilspitzen Typ V, Variante B Kurzbeschreibung: Tropfenförmige Spitzen mit breiten, abgerundeten Schultern und nach vorne hin spitz zulaufenden Schneiden. Mittelgrat oder Mittelrippe. Vorkommen: Gr. 24, 26, 36 und 52. Lit.: Negahban 1996, 281, Kat.-Nr. 854-855, 857, 859 und 860. Abb.: Taf. XVI,8. Keulenköpfe Keulenköpfe aus Metall oder Stein wurden in zahlreichen Gräbern in Marlik entdeckt. Zum Teil fanden sich gleich mehrere solche Objekte in einem Befund. Eine typologische Auswertung bleibt jedoch aufgrund der vielen Einzelstücke schwierig. Dies betrifft insbesondere die Exemplare aus Bronze, da diese aufgrund des angewandten Gussverfahrens mit der verlorenen Form eine hohe Individualität aufweisen. Bei einigen dieser Stücke dürfte es sich um Einzelanfertigungen für den jeweiligen Besitzer des Grabes zu handeln. Keulenköpfe aus Stein besitzen naturgemäß eine einfachere Form und lassen sich besser typisieren. Birnenförmige Keulenköpfe Kurzbeschreibung: Rundliche Keulenköpfe aus Stein oder Metall mit schlankem Einzug und leicht ausschwingendem Fuß. Eine vertikale Durchbohrung dient zur Aufnahme eines Schaftes. Vorkommen: Bronze: Gr. 44; Stein: Gr. 16, 27, 44 und 50. Lit.: Negahban 1996, 253, 255, Kat.-Nr. 644, 661-665. Abb.: Taf. XVII,1. 99 Die Funde 5.1.7. Geräte, Zubehör und Sonstiges Axthacken Kurzbeschreibung: Äxte mit Schaftloch und zwei Schneiden, die im rechten Winkel zueinander angeordnet sind. Vorkommen: Gr. 2, 15, 19, 24, 26 (oberflächennah), 44 und 50. Lit.: Negahban 1996, 304-305, Kat.-Nr. 938-939. Abb.: Taf. XVII,2. „Fingernagelsäuberer“ Kurzbeschreibung: Nadelartige Bronzeobjekte mit großem durchbrochenem Kopf. Ob die von Negahban angenommene Funktion zutrifft, ist nicht zu klären. Es bestehen aber große Ähnlichkeiten zu Gewandnadeln mit durchbrochenem Kopf, welche ebenfalls in Grab 36 gefunden wurden267. Vorkommen: Gr. 26, 27, 36 und 44. Lit.: Negahban 1996, 310, Kat.-Nr. 961. Abb.: Taf. XVII,3. Ohrensäuberer Kurzbeschreibung: Toilettbesteck aus starkem Gold- oder Bronzestift. An den Enden befindet sich eine löffelartige Verbreiterung. Wie die gut dokumentierten Befunde in Ghalekuti zeigen, gehörten solche Objekte zur üblichen Ausstattung in den Waffengräbern268. Vorkommen: Gr. 12, 26 (2), 36 und 47 (2). Lit.: Negahban 1996, 310-311, Kat.-Nr. 962-967. Abb.: Taf. XVII,4. Runde Bronzeschellen Kurzbeschreibung: Durchbrochene runde Bronzeglöckchen mit Aufsatz in Granatapfelform. Vorkommen: Gr. 13, 18, 30, 36, 44 und 47. Lit.: Negahban 307-308, Kat.-Nr. 943-949. 267 Negahban 1996, Kat.-Nr. 459. Dort handelt es sich um einfache vierkantige Pfrieme, welche oft spitz zulaufende oder flache, manchmal löffelartig gehämmerte Enden aufweisen. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LV,51-52 aus Grab A-V, Pl. LXII,10 aus Grab A-VII und Pl. LXIV,17 aus Grab A-VIII sowie Fukai/Ikeda 1971, Pl. LII,5 für Grab E.6. In den Gräbern A-VII und A-VIII befanden sich diese Objekte im Beckenbereich. Man kann demnach annehmen, dass sie im Gürtel getragen wurden. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXI und LXIII. 268 100 Die Funde Abb.: Taf. XVII,5. Schöpfkellen Kurzbeschreibung: Halbrunde Schöpfkellen aus Bronze mit langem, tordierten Griff und umgebogenem Ende. Vorkommen: Gr. 24, 26, 36 und 52. Lit.: Negahban 1996, 302-303, Kat.-Nr. 925-926. Abb.: Taf. XVIII,1. Bronzeforken Diese Objekte besitzen eine Tüllenschäftung, die den Lanzenspitzen des Typs IV entspricht. Statt eines Lanzenblattes wird die Tülle jedoch in zwei parallel zueinander angeordnete dünne Spieße überführt. Die exakte Funktion dieser Forken konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden269. Bronzeforken, Variante A Kurzbeschreibung: Zweizinkige Bronzeforken mit Tülle zur Aufnahme eines Schaftes. Zwei lange, gerade und parallel zueinander verlaufende Zinken. Vorkommen: Gr. 1, 24, 26, 33, 36, 50 und 52. Lit.: Negahban 1996, 303, Kat.-Nr. 927-928. Abb.: Taf. XVIII,2. Bronzeforken, Variante B Kurzbeschreibung: Zweizinkige Bronzeforken mit Tülle und s-förmig geschwungenem Ansatz der Zinken. Vorkommen: Gr. 44, 45. Lit.: Negahban 1996, 303, Kat.-Nr. 929-930. Abb.: Taf. XVIII,3. 269 Näheres zu den verschiedenen Möglichkeiten im Kapitel „Auswertung der Typen“. 101 Die Gräber 5.2. Die Gräber Die Befunde bestehen aus den 53 Gräbern auf dem Tepe Marlik, die im Folgenden katalogartig vorgestellt werden sollen. Neben einigen allgemeinen Angaben wie der Lage, Form und Ausrichtung des Grabbaus werden auch dessen Abmessungen und seine Tiefe aufgeführt, sofern hierzu Informationen vorhanden sind. Erwähnenswerte Besonderheiten werden kurz dargestellt, ebenso eventuelle Skelettbefunde270. Grab Nr.: 1 Lage: Planquadrat IIID+ Form: unregelmäßig viereckig Abmessungen: 3,5 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa west-östlich Sonstiges: Die Wände bestehen aus gebrochenem Stein und Kieseln. Auf eine gerade bzw. vertikale Konstruktion scheint wenig Wert gelegt worden zu sein. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 2 Lage: Planquadrat VIB+ Form: annähernd rechteckig, mit zum Teil abgerundeten Ecken Abmessungen: 3,0 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: nord-südlich Sonstiges: Einfache Bauart der Grabwände mit größeren Steinen unten und kleineren Steinen oben, teilweise mit Tonmörtel. Nahe der nordöstlichen Ecke befindet sich ein großer Steinblock. Skelettbefund: nein 270 Eine vollständige Neuvorstellung der gesamten Grabinventare kann kein Bestandteil dieser Untersuchung sein. Dies würde den zur Verfügung stehenden Rahmen bei weitem sprengen und wäre ohne direkten Zugang zum Fundmaterial zudem wenig sinnvoll. 102 Die Gräber Grab Nr.: 3 Lage: Planquadrat VI A Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 4,5 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 4 Lage: Planquadrat VIII A+, VIII B+ Form: unregelmäßig viereckig Abmessungen: 4,0 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa südwest-nordöstlich Sonstiges: In der Mitte des Grabes wurde ein großer Felsblock aufgefunden. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 5 Lage: Planquadrat VIII A+, VIII B+ Form: unregelmäßig viereckig Abmessungen: 4,0 m mal 3,0 m Grabtiefe: ca. 1,75 m Ausrichtung: etwa südwest-nordöstlich Sonstiges: Ein Teil der Wände besteht aus importiertem gelbem Stein. Auf dem Boden fanden sich zwei große Felsbrocken. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 6 Lage: Planquadrat IXA+, XA+ Form: länglich-oval, mit leichten Ecken 103 Die Gräber Abmessungen: 4,0 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Sonstiges: Die südwestliche Grabwand scheint gestört oder erodiert zu sein. Nahe der südöstlichen Ecke lag ein großer Felsbrocken. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 7 Lage: Planquadrat IXB Form: unregelmäßig viereckig Abmessungen: Keine Angaben; laut Plan aber in etwa wie Grab 5. Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa west-östlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 8 Lage: Planquadrat IXD Form: beinahe rechteckig Abmessungen: 3,0 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 2,25 m Ausrichtung: nordwest-südöstlich Sonstiges: Die östliche Grabwand war aus großen Steinblöcken, die westliche aus kleinen Brocken mit Tonmörtel errichtet. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 9 Lage: Planquadrat IXI, XI Form: unregelmäßig viereckig Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa nord-südlich 104 Die Gräber Skelettbefund: nein Grab Nr.: 10 Lage: Planquadrat XA, XB, XIA, XIB Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 4,5 m mal 4,0 m Grabtiefe: ca. 2,0 m Ausrichtung: nordwest-südöstlich Sonstiges: Auf dem Boden befinden sich drei große Steinblöcke. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 11 Lage: Planquadrat XC Form: unregelmäßig viereckig Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: südwest-nordöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 12 Lage: Planquadrat XID, XIE, XIID, XIIE Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 5,0 m mal 3,0 m Grabtiefe: ca. 2,0 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Sonstiges: Nahe der nördlichen Ecke des Grabbaus lagen zwei größere Steinblöcke auf dem Boden. Skelettbefund: nein 105 Die Gräber Grab Nr.: 13 Lage: Planquadrat XIIG, XIIH Form: annähernd quadratisch Abmessungen: 3,0 mal 3,0 m Grabtiefe: ca. 2,0 m Ausrichtung: west-östlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 14 Lage: Planquadrat XIIA, XIIB, XIIIA, XIIIB Form: unregelmäßig fünfeckig mit abgerundeten Ecken Abmessungen: 8,0 m mal 6,0 m Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: südwest-nordöstlich Sonstiges: Zahlreiche große Felsbrocken waren ohne erkennbare Ordnung im Grabbau verstreut. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 15 Lage: Planquadrat XIIC, XIIIC, XIIID Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 4,0 m mal 3,0 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Sonstiges: Nahe der nördlichen Ecke fand sich eine große Steinplattform. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 16 Lage: Planquadrat XIII F Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 2,5 m mal 2,0 m 106 Die Gräber Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa west-östlich Sonstiges: Der Grabbau wurde aus Bruchsteinen errichtet und weist keine gute Qualität auf. Im östlichen Bereich des Grabes befindet sich ein großer Felsblock im Grab. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 17 Lage: Planquadrat XIV C, XV C Form: annähernd rechteckig Abmessungen: keine Angaben, etwa wie Grab 23 Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: südwest-nordwestlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 18 Lage: Planquadrat XIV D, XV D Form: unregelmäßig oval, mit leichten Ecken Abmessungen: 3,0 m mal 1,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa west-östlich Sonstiges: Bemerkenswert schien dem Ausgräber lediglich die schlechte Ausführung des Grabbaus Skelettbefund: nein Grab Nr.: 19 Lage: Planquadrat XIV E, XIV F Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 2,5 m mal 1,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich 107 Die Gräber Skelettbefund: nein Grab Nr.: 20 Lage: Planquadrat XIV H Form: unregelmäßig oval, zum Teil mit Ecken Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa west-östlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 21 Lage: Planquadrat XIV G, XV G, XV F Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 4,0 m mal 3,0 m Grabtiefe: ca. 1,0 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Skelettbefund: Zwei annähernd parallel zueinander niedergelegte, beinahe vollständig erhaltene Skelette in linkseitiger Hockerlage. Der Schädel befindet sich im Norden, der Blick richtet sich nach Osten. Die Beine waren unterschiedlich stark angewinkelt, ein Arm war vor der Brust ebenfalls abgeknickt. An den Toten fanden sich mehrere Keramikgefäße als Grabbeigaben. Grab Nr.: 22 Lage: Planquadrat XV I, XIV I Form: annähernd rechteckig Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa west-östlich Sonstiges: Größe und Ausrichtung entsprechen dem direkt angrenzenden Grab 20. 108 Die Gräber Skelettbefund: nein Grab Nr.: 23 Lage: Planquadrat XV D, XVI D Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 3,5 m mal 2,5 m Grabtiefe: ca. 2,0 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 24 Lage: Planquadrat XVD, XVE, XVID, XVI E Form: annähernd rechteckig, zum Teil abgerundete Ecken Abmessungen: 3,0 m mal 2,0 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Sonstiges: Die zum Teil aus importiertem gelblichen Stein errichteten Grabwände reichten nicht bis zur Sohle nach unten. Ein ebener Boden konnte von den Ausgräbern nicht festgestellt werden. Skelettbefund: Die wenigen Knochenfragmente waren zu schlecht erhalten, um sie bergen zu können. Grab Nr.: 25 Lage: Planquadrat XVIE, XVIF Form: unregelmäßig rechteckig mit stark abgerundeten Ecken Abmessungen: 6,5 m mal 5,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Sonstiges: Grabbau von schlechter Qualität mit kleinen Bruchsteinen und viel Tonmörtel. Skelettbefund: nein 109 Die Gräber Grab Nr.: 26 Lage: Planquadrat XVII B, XVI B Form: etwa sechseckig Abmessungen: 6,0 m mal 4,5 m Grabtiefe: ca. 2,5 m Ausrichtung: west-östlich Sonstiges: Die Beigaben befanden sich nicht in einer horizontalen Schicht wie in anderen Gräbern, sondern wurden völlig durcheinander aufgefunden. Skelettbefund: In der Verfüllung des Grabes konnten teilweise kleine Knochensplitter festgestellt werden. Lage und Orientierung des Bestatteten waren aber nicht mehr zu klären. Grab Nr.: 27 Lage: Planquadrat XVI D, XVII D Form: rechteckig Abmessungen: 3,0 m mal 2,0 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: nordwest-südöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 28 Lage: Planquadrat XVI G Form: unregelmäßig oval, zum Teil mit Ecken Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa südwest-nordöstlich Skelettbefund: nein 110 Die Gräber Grab Nr.: 29 Lage: Planquadrat XVI G, XVI H Form: unregelmäßig oval, zum Teil leicht eckig Abmessungen: 5,5 m mal 4,5 m Grabtiefe: 2,0 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich Sonstiges: Zwei große Steinblöcke auf dem Boden des Grabes. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 30 Lage: Planquadrat XVI L Form: unregelmäßig oval Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: südwest-nordöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 31 Lage: Planquadrat XVI N, XVI O Form: rechteckig Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa südwest-nordöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 32 Lage: Planquadrat XVII E Form: rechteckig Abmessungen: 3,0 m mal 1,5 m Grabtiefe: 1,5 m Ausrichtung: südwest-nordöstlich 111 Die Gräber Sonstiges: Ein Teil der Grabwände bestand aus importiertem gelbem Stein. Mehrere Brocken dieses Gestein lagen neben- und übereinander auf dem Grabboden. Viele der Beigaben wurden zwischen diesen Steinen zerdrückt aufgefunden. Eine Beraubung des Grabes ist aufgrund der verbliebenen Funde wohl eher nicht anzunehmen. Negahban führt diesen Befund auf natürliche Ursachen zurück271. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 33 Lage: Planquadrat XVII F, XVIII F Form: leicht unregelmäßig rechteckig, beinahe quadratisch Abmessungen: 3,5 m mal 3,0 m Grabtiefe: 2,0 m Ausrichtung: nord-südlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 34 Lage: Planquadrat XVII J Form: annähernd rechteckig Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: beinahe nord-südlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 35 Lage: Planquadrat XVI M, XVI N, XVII M, XVII N Form: unregelmäßig viereckig 271 Negahban 1996, 20, meint, es könne sich bei den aufgefundenen Felsbrocken um die Decksteine des Grabbaus gehandelt haben, die irgendwann in das Grab gestürzt wären. Da Decksteine aber ansonsten in Marlik nicht zu belegen sind, kann auch diese Theorie als eher unwahrscheinlich gelten, zumal die Gräber nachweislich sorgfältig mit Erde verfüllt wurden. 112 Die Gräber Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: nordwest-südöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 36 Lage: Planquadrat XVIII C Form: beinahe quadratisch, zum Teil mit abgerundeten Ecken Abmessungen: 2,0 m mal 1,5 m Grabtiefe: 1,25 m Ausrichtung: nord-südlich Sonstiges: Es handelt sich um das einzige Grab, dessen Wände vollständig aus dem gelben importierten Stein errichtet wurden. Auf dem Boden lagen drei größere Platten dieses Gesteins ohne erkennbare Ordnung. Die Funde waren regelrecht aufeinander gestapelt, wobei bestimmte Fundgattungen offenbar beieinander lagen272. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 37 Lage: Planquadrat XVIIE, XVIIIE Form: rechteckig Abmessungen: keine Angaben, aber etwas größer als Grab 27 Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: nordwest-südöstlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 38 Lage: Planquadrat XVII I, XVIII I 272 Negahban 1996, 21. 113 Die Gräber Form: unregelmäßig Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: west-östlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 39 Lage: Planquadrat XVIIL Form: annähernd quadratisch Abmessungen: 4,0 m mal 4,0 m Grabtiefe: 2,0 m Ausrichtung: etwa südwest-nordöstlich Sonstiges: In der südöstlichen Ecke wurde ein großer ovaler Steinbrocken aufgefunden. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 40 Lage: Planquadrat XVIII N Form: unregelmäßig Abmessungen: 2,5 m mal 1,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa west-östlich Sonstiges: Die Grabwände wurden zwischen natürlichen Felsbrocken angelegt, was die unregelmäßige Form erklären dürfte. Entlang der nördlichen Grabwand befand sich ein großer Steinblock. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 41 Lage: Planquadrat XIX K Form: unregelmäßig Abmessungen: 3,5 m mal 2,5 m 114 Die Gräber Grabtiefe: ca. 2,25 m Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Sonstiges: Ein großer Felsbrocken mitten im Grab nimmt einen Großteil des Bodens ein. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 42 Lage: Planquadrat XX F Form: annähernd quadratisch Abmessungen: 5,0 m mal 5,0 m Grabtiefe: ca. 2,5 m Ausrichtung: etwa nord-südlich Sonstiges: Ein ebener Boden konnte nicht festgestellt werden. Drei große unregelmäßige Steinbrocken stören den Boden des Grabbaus. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 43 Lage: Planquadrat XX J Form: unregelmäßig länglich oval Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa west-östlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 44 Lage: Planquadrat XX M, XX N, XXI M, XXI N Form: unregelmäßig oval Abmessungen: 7,0 m mal 4,0 m Grabtiefe: ca. 2,5 m Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich 115 Die Gräber Sonstiges: Die Grabwände bestehen hauptsächlich aus lokalem Stein, sind aber mit einigen importierten Steinen durchsetzt. Nahe der nordwestlichen Ecke ist ein geborstener großer Steinblock in die Wand integriert, der wohl als eine Art Treppenabgang in das Grab fungierte. Die Beigaben fanden sich nicht in einer bestimmten Schicht, sondern zwischen den Felsblöcken. Skelettbefund: Stark fragmentierte Knochenreste, „which turned to powder at the slightest touch“273. Grab Nr.: 45 Lage: Planquadrat XXI G, XXI H, XXII G, XXII H Form: unregelmäßig oval Abmessungen: 10,0 m mal 5,0 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Sonstiges: Negahban weist auf die schlechte Qualität des Grabbaus hin. In Teilen des Grabes wurden Reste einer Gipsfläche gefunden, die vielleicht den ursprünglich ebenen Boden darstellen. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 46 Lage: Planquadrat XXI J Form: unregelmäßig oval Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa west-östlich Skelettbefund: nein Grab Nr.: 47 Lage: Planquadrat XXII E, XXII F 273 Negahban 1996, 22. 116 Die Gräber Form: unregelmäßig oval Abmessungen: 5,5 m mal 4,5 m Grabtiefe: ca. 1,5 m Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Skelettbefund: Schlecht erhaltenes Skelett in linksseitiger Hockerlage. Sonstiges: Parallel zur nordwestlichen Grabwand befanden sich drei große Steinplatten, die man zu einer Plattform zusammengesetzt hatte. Die Umgebung dieser Konstruktion war geebnet worden. Auf der Plattform wurde der Tote auf einer Art Unterlage aus Waffen gebettet. Diese bestand aus fünf Vollgriffdolchen, welche auf der linken, d.h. westlichen Hälfte der Plattform parallel zueinander mit den Spitzen zur Mitte hin ausgerichtet, niedergelegt worden waren. Auf der gegenüber liegenden Seite der Plattform fanden sich sieben ebenfalls annähernd parallel mit den Spitzen zur Mitte ausgerichtete Griffangeldolche274. Zwischen den Spitzen dieser beiden Waffenreihen befand sich ein in der Längsachse der Plattform ausgerichteter großer Griffangeldolch275. Dieser gehörte aber wohl nicht zur Waffenunterlage, wie Negahban meint. Auf den von oben aufgenommenen Fotografien ist gut zu erkennen, dass sich der Dolch vor dem Körper des Bestatteten befand und demnach seiner unmittelbaren Ausrüstung zuzurechnen sein dürfte276. Der Tote war in linksseitiger Hockerlage mit leicht angehockten Beinen niedergelegt worden und nordost(Kopf)-südwestlich orientiert; demnach richtete sich der Blick nach Südosten. In situ waren noch Teile des Schädels samt einigen Zähnen sowie die 274 Es handelt sich nicht um Lanzenspitzen, wie Negahban meint, sondern um Dolchklingen. Siehe oben im Kapitel „Vorstellung der Typen“. 275 Auch diese Waffe wurde von Negahban, 1996, 22, als Lanzenspitze bezeichnet. Aufgrund der publizierten Fotografien und Beschreibungen dürfte es sich um einen Griffangeldolch des oben definierten Typs I E mit hoher Mittelrippe und begleitenden Rillen handeln, der in Negahban 1995, 59, Abb. 38 in Umzeichnung publiziert wurde. Die Abbildung lässt darauf schließen, dass die rechteckig geschmiedete Angel im Bereich eines Nietlochs, dessen halbrunder Ansatz noch gut zu erkennen ist, abgebrochen ist. Ein auf einer Reihe von Befundfotografien ist in der Verlängerung der Griffangel ein großer Knopf mit zentraler Durchlochung zu erkennen, der vermutlich als Knauf für die Waffe fungierte. Vgl. Negahban 1983, 33 und Negahban 1996, Pl. 13 B. In der Endpublikation ist dieser Knauf allerdings dann leider nicht mehr aufgeführt. Gut vergleichbar sind eine Dolchklinge mit Rillendekor und Fritteknauf aus Grab 52 und ein Griffzungendolch mit goldenem Knauf aus Grab E.6 in Ghalekuti. Siehe Fukai/Ikeda 1971, Pl. L. 276 Negahban 1999, 88, Abb. 40. 117 Die Gräber Langknochen von Ober- und Unterschenkel erhalten, während Wirbelsäule und Rippen größtenteils vergangen waren. Von den Armen und Händen hatten sich lediglich einige Fragmente erhalten. Vor den Hüften des Toten lag ein mit der Öffnung zum Kopf hin orientierter, zerdrückt aufgefundener Goldbecher277 sowie zwei parallel nebeneinander niedergelegte Pfeil- oder Wurfspießspitzen. Auf und um den Oberkörper wurden 28 Goldblechknöpfe freigelegt, die ursprünglich wohl auf der Kleidung des Toten aufgenäht worden waren. Des Weiteren nennt der Ausgräber Ohrringe, Perlen aus unterschiedlichen Materialien und Anhänger, aber leider ohne zu spezifizieren, um welche Objekte oder Typen es sich genau handelt. Um die Plattform herum verstreut lagen Waffen wie Keulenköpfe oder Pfeilspitzen und Ausrüstungsgegenstände wie Bronzegürtel und ein Köcherblech. Nahe der westlichen Grabwand waren zahlreiche Bronze- und Keramikgefäße ineinander gestellt worden. Negahban vermutet, dass diese Behältnisse ursprünglich mit Speisebeigaben gefüllt waren278. Erwähnt wird noch, dass weitere Fundgattungen wie Schmuck, Goldblech und Bronzefigurinen in anderen Teilen des Grabes aufgefunden wurden. Grab Nr.: 48 Lage: Planquadrat XXII J, XXIII J Form: annähernd rechteckig mit abgerundeten Ecken Abmessungen: keine Angaben Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa nord-südlich Skelettbefund: nein 277 Ob die Hände des Bestatteten tatsächlich nach diesem Gefäß griffen, wie Negahban 1996, 22, vermutet, ist allerdings den wenigen veröffentlichten Fotografien nicht zu entnehmen. 278 Negahban 1996, 22. 118 Die Gräber Grab Nr.: 49 Lage: Planquadrat XXII K Form: länglich oval, mit leichten Ecken Abmessungen: 1,5 m mal 1,0 m Grabtiefe: ca. 1,0 m Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Sonstiges: Erwähnenswert ist die schlechte Qualität der Ausführung unter Einbezug von vielen natürlichen Felsblöcken. Der Befund greift in die nordöstliche Ecke des benachbarten Grabes 50 ein. Skelettbefund: Zähne und Knochenreste eines Pferdes. Grab Nr.: 50 Lage: Planquadrat XXI K, XXI L, XXII K, XXII L, XXIII K, XXIII L Form: annähernd rechteckig Abmessungen: 7,0 m mal 5,0 m Grabtiefe: ca. 1,5 m im Osten, 1,0 m im Westen Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Skelettbefund: nein Sonstiges: Dieses Grab verfügt über eine ausgesprochen sorgfältige Bauweise mit beinahe vertikalen Wänden und einem ebenen Boden. Im nördlichen Bereich stieß man auf eine in etwa rechteckige Plattform, die mit einer ihrer Schmalseiten an die nördliche Grabwand angesetzt war. Die Ausrichtung dieser circa 3,0 Meter langen, 1,20 Meter breiten und 0,75 Meter hohen Installation verläuft in Längsrichtung in etwa parallel zu der südwest-nordöstlich orientierten Grabwand. Offenbar hatte man versucht, die Oberfläche der aus größeren Blöcken bestehenden Plattform mit kleineren gelblichen Steinplatten und Tonmörtel möglichst glatt und eben zu gestalten279. Analog zu den Befunden aus Grab 47 und 52 könnte man auch hier annehmen, dass diese Konstruktion als Unterlage für eine Bestattung dienen 279 Negahban 1996, 10, 23. Die Beschreibung lässt an den bereits erwähnten importierten Stein aus dem Quellgebiet des Gohar Rud denken, obwohl dies hier nicht ausdrücklich gesagt wird. In Grab 52 bestand die große Steinplatte, auf welcher der Tote niedergelegt worden war, aus einem massiven Stück dieses Gesteins. 119 Die Gräber sollte. Auf der Plattform fanden sich aber weder Knochenreste noch Beigaben; stattdessen lag eine ganze Reihe von Funden unregelmäßig verstreut um diese Konstruktion auf dem Boden des Grabes herum. An der nordwestlichen Ecke des Grabbaus schließt sich das kleine Pferdegrab 49 an. Gräberfeldplan und Befundbeschreibungen lassen kaum einen Zweifel daran, dass dieses Grab in den großen Grabbau 50 eingreift und stört. Grab 49 dürfte demnach später errichtet worden sein. Ebenfalls im nordwestlichen Bereich, zum Teil wohl an Grab 49 anschließend, fand sich eine aus zusammengesetzten Steinen bestehende Struktur, die aufgrund der Asche- und Holzkohlenreste als Herd angesprochen wurde. Negahban war der Ansicht, dass man hier während der Begräbniszeremonie etwas gekocht oder verbrannt hatte280. An anderer Stelle wird jedoch betont, dass sich diese Herdkonstruktion auf einem vergleichsweise hohen Niveau befand und man beim weiteren Abtiefen des Bereiches in Bodennähe auf Funde stieß281. Damit wird deutlich, dass es sich bei dem Herd wohl um einen späteren Eingriff handelt, der nicht in Zusammenhang mit dem Grabbau oder den dort eingebrachten Bestattungen steht, zumal die Verwendung von Feuer während der Bestattungszeremonien ansonsten nirgends in Marlik nachgewiesen ist. Auch der Herdbefund ist vor Ort singulär geblieben. Die unregelmäßige Anordnung der Funde veranlasste Negahban zu der Vermutung, Bestattungsprozedur oder dass zu entweder einem während späteren der Zeitpunkt irgendeine Störung vorgefallen war. Aufgrund der zahlreichen noch enthaltenen Funde sprach er sich für die Möglichkeit eines nicht vollständig durchgeführten Beraubungsversuches aus282. 280 Negahban 1996, 23. Negahban 1996, 10. Bedauerlicherweise wird nirgends erwähnt, welche Fundobjekte aus welchen Bereichen des Grabes stammen. Dies wäre für die Klärung dieses schwierigen Befundes sicherlich hilfreich gewesen. 282 Negahban 1996, 23. 281 120 Die Gräber Grab Nr.: 51 Lage: Planquadrat XXI M, XXII M Form: länglich oval, mit leichten Ecken Abmessungen: keine Angaben, etwa wie Grab 49 Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: west-östlich Sonstiges: nahe an Grab 44 gesetzt. Skelettbefund: nein Grab Nr.: 52 Lage: Planquadrat XXIII G, XXIII F, XXIV G Form: unregelmäßig oval Abmessungen: 7,0 m mal 4,5 m Grabtiefe: ca. 2,5 m im Westen, 1,0 m im Osten Ausrichtung: nordwest-südöstlich Skelettbefund: Schlecht erhaltenes Skelett in linksseitiger Hockerlage. Sonstiges: Der Grabbau besteht aus größeren Steinblöcken, die mit lokalem Bruchsteinen, Kiesel und Tonmörtel ausgefüllt waren. Nahe der nordwestlichen Seite des Grabbaus fanden sich zwei parallel angeordnete kleine Steinmauern, auf die ein sehr großer Block des importierten gelblichen Steines gelegt worden war. Die Ausrichtung dieses langrechteckigen Blockes (Länge 2,60 m, Breite 0,70 m, Stärke 0,20 m) verläuft in nordost-südwestlicher Richtung. Die Höhe über dem Grabboden, der durch Auffüllungen ein in etwa waagerechtes Niveau erhalten hatte, beträgt in etwa 0,35 m. Der Bereich westlich der Plattform war mit Steinplatten regelrecht gepflastert, um mehr Raum für den Bestatteten und seine Beigaben zu schaffen. Unter den Schultern des Toten lagen zwei Vollgriffdolche, welche mit den Spitzen zur Mitte der Plattform hin ausgerichtet waren. Des Weiteren waren drei Vollgriffwaffen von der östlichen Seite her mit Spitze zur Mitte etwa parallel zueinander 121 Die Gräber platziert worden, bevor man den Toten auf der Plattform niederlegte. Bei einer dieser Waffen handelt es sich um einen Griffangeldolch des Typs I E mit Rillen beiderseits der Mittelrippe 283 Fritteknauf und einem nahe der Angel aufgefundenen . Das gesamte Arrangement gleicht dem in Grab 47, besteht aber aus deutlich weniger Waffen. Auch hinsichtlich der Orientierung und Lage des bestatteten Individuums sind sich beide Befunde ausgesprochen ähnlich. Es handelt sich um einen linksseitigen Hocker mit leicht angewinkelten Beinen. Der Kopf befand sich im Nordosten, der Blick war dementsprechend nach Südosten gerichtet. Das Skelett war sehr schlecht erhalten, jedoch schützte die steinerne Unterlage die Knochen weitaus besser vor dem Verfall als es sonst in den Gräbern von Marlik der Fall war. Textilreste und Goldblechknöpfe auf und um den Brustbereich legen nahe, dass dieser Teil des Leichnams bei der Bestattung mit einem Gewand bekleidet war, welches mit verzierten Goldblechknöpfen besetzt war. Grab 52 lieferte in Marlik die mit Abstand größte Anzahl solcher Knöpfe. Des Weiteren erwähnt Negahban im Skelettbereich diverse Perlen aus Gold, Karneol und Muscheln sowie Ohrringe, eine Kette und einen Lockenring aus Gold, Bronzeblechknöpfe und Silberringe. Zu den hinter dem Rücken des Skeletts aufgefundenen Objekten gehören ein stark beschädigtes, figürlich verziertes Goldgefäß sowie mehrere in Längsrichtung der Plattform ausgerichtete große Pfeilspitzen284. Im Zwischenraum zwischen der Steinplatte und der Grabwand fanden sich eng beieinander liegend zwei länglich-röhrenförmige Keulenköpfe, eine bronzene Spatula sowie eine größere Menge von Pfeilspitzen. Sternförmige Knochenobjekte, die mit Bronzestiften auf einer 283 Der Knauf ist beschrieben, aber nicht abgebildet bei Negahban 1995, 66, Pl. IX, 110 und abgebildet, aber nicht beschrieben bei Negahban 1996, Pl. 123, 782 und ebenso wie der Dolchknauf aus Grab 47 in der Endpublikation nicht aufgeführt. 284 Negahban 1996, 24, meint, die Beschädigung könne absichtlich bei der Begräbniszeremonie herbeigeführt worden sein. Da dies aber ansonsten in Marlik nicht nachgewiesen werden konnte, dürften wohl eher natürlich Ursachen für den Schaden verantwortlich zu machen sein. 122 Die Gräber ledernen Unterlage befestigt waren, wurden von Negahban als Überzug für ein nahebei aufgefundenes Köcherblech angesprochen. Unter der Steinplatte wurden zwei weitere Keulenköpfe, eine anthropomorphe Keramikfigur, Keramikgefäße, „Zimbeln“, Gürtelbleche und andere Geräte aus Bronze entdeckt. Im westlichen Teil des Grabes fanden sich mehr als dreißig Keramik- und Bronzegefäße, darunter zwei große Bronzekessel, die mit Tierknochen von Vögeln und Säugetieren gefüllt waren. Auf der östlichen Seite des Grabbaus befanden sich vierundzwanzig zoomorphe Bronzefiguren. Grab Nr.: 53 Lage: Planquadrat XXIII H, XXIV H Form: länglich oval, mit leichten Ecken Abmessungen: keine Angaben, etwas größer als Grab 49 Grabtiefe: keine Angaben Ausrichtung: etwa nordwest-südöstlich Sonstiges: nahe an Grab 52 gesetzt. Skelettbefund: Pferdezähne 123 Die Kombinationstabelle 6. Die Kombinationstabelle 6.1. In der Tabelle enthaltene Typen Kapitel 5.2. ergab, dass sich das Fundmaterial der Nekropole von Marlik in 117 Typen untergliedern lässt. Diese bilden die y-Achse der Kombinationstabelle. Keramik Kannen Typ I, Variante A Kannen Typ I, Variante B Kannen Typ I, Variante C Kannen Typ II Kannen Typ III Würfelförmige Gefäße Tassen mit übergroßem Henkel Topfartige Gefäße mit einem Henkel Töpfe Töpfe mit zwei Henkeln Schnabelkannen Typ II, Variante A Schnabelkannen Typ II, Variante B Schnabelkanne Typ II, Variante C Schüsseln mit Ritzverzierung Schüsseln mit niedrigem Henkel Ausgussschalen Typ I, Variante A Ausgussschalen Typ I, Variante B Ausgussschalen Typ II Becken Variante A Becken Variante B Teller Metallgefäße Bronzekessel, Variante A Bronzekessel, Variante B Bronzetassen 124 Die Kombinationstabelle Steingefäße Steinmörser, Variante A Steinmörser, Variante B Zoomorphe Tierfigurinen Stierfiguren aus Keramik Hirschfiguren aus Keramik Maultierfiguren aus Keramik Stierfiguren aus Bronze Hirschfiguren aus Bronze Felidenköpfe aus Goldblech Schmuck und Tracht Schwarzweiß gebänderte Glasperlen Zahnradperlen aus Fritte Goldene Tierkopfperlen Goldene Scheibenperlen Goldene Rippenperlen Flache Rippenperlen Spiraldrahtperlen Kugelförmige Goldblechperlen Vierspiralige Schieberperlen Granatapfelförmige Perlen Olivenförmige Goldblechperlen Konische Goldblechperlen Goldene Ringscheiben Röhrenperlen mit Gittermuster Birnenförmige Goldblechobjekte Offene Armreifen Offene tordierte Armreifen Geschlossene Bronzeringe „Bronzebarren“ Granatapfelanhänger Doppelpyramidenanhänger 125 Die Kombinationstabelle Traubenförmige Perlen/Anhänger Bootsförmige Ohrringe, Variante A Bootsförmige Ohrringe, Variante B Halbmondförmige Blechohrringe Tordierte Drahtohrringe, Variante A Tordierte Drahtohrringe, Variante B Goldene Drahtohrringe, Variante A Goldene Drahtohrringe, Variante B Goldblechdiademe, Variante A Goldblechdiademe, Variante B Lockenringe Goldblechblätter Goldblechknöpfe Bronzeknöpfe „Zimbeln“ Gürtelbleche, Typ I Gürtelbleche, Typ II Tierkopfnadeln Goldene Kegelkopfnadeln Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf Pilzknopfnadeln Ösenkopfnadeln Scheibenanhänger, Variante A Scheibenanhänger, Variante B Waffen Birnenförmige Keulenköpfe Dolche Typ I, Variante A Dolche Typ I, Variante B Dolche Typ I, Variante C Dolche Typ I, Variante D Dolche Typ I, Variante E Dolche Typ II, Variante A Dolche Typ II, Variante B 126 Die Kombinationstabelle Dolche Typ III, Variante A Dolche Typ III, Variante B Dolche Typ IV Dolche Typ V, Variante A Dolche Typ V, Variante B Lanzenspitzen Typ I, Variante A Lanzenspitzen Typ I, Variante B Lanzenspitzen Typ I, Variante C Lanzenspitzen Typ I, Variante D Lanzenspitzen Typ I, Variante E Lanzenspitzen Typ II, Variante A Lanzenspitze Typ III, Variante B Lanzenspitzen Typ II, Variante B Lanzenspitzen Typ III, Variante A Lanzenspitzen Typ III, Variante B Lanzenspitzen Typ IV A Lanzenspitzen Typ IV B Pfeilspitzen Typ I Pfeilspitzen Typ II Pfeilspitzen Typ III, Variante A Pfeilspitzen Typ III, Variante B Pfeilspitzen Typ III, Variante C Pfeilspitzen Typ IV Pfeilspitzen Typ V, Variante A Pfeilspitzen Typ V, Variante B Geräte, Zubehör und Sonstiges Schöpfkellen Bronzeforken, Variante A Bronzeforken, Variante B Axthacken Runde Bronzeschellen „Fingernagelsäuberer“ Ohrensäuberer 127 Die Kombinationstabelle 6.2. In der Tabelle enthaltene Gräber Ein Grab sollte mindestens zwei der oben definierten Typen enthalten, um eine gesicherte Verknüpfung innerhalb einer Kombinationstabelle zu ermöglichen. Befunde, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, können nicht in die Tabelle aufgenommen werden. Dies betrifft zunächst die Grabnummern 9, 22, 28, 31, 34, 35, 38, 43, 46, 48 und 51, welche laut Angaben des Ausgräbers fundleer vorgefunden wurden. Des Weiteren enthielten die Gräber 11, 37, 49 und 53 lediglich ein einziges Fundstück, weshalb auch sie nicht in die Auswertung mit einbezogen werden können. Die Gräber 7, 8, 17, 20, 21, 39 und 42 lieferten zwar mehrere Funde, aber niemals zwei verwertbare Typen. Damit sind auch sie nicht in der Tabelle enthalten. Grab 6 Eine Bronzekanne stellt vor Ort ein Einzelstück dar, ebenso zwei goldene Scheibenanhänger, die vielleicht als Ohrgehänge anzusprechen sind. Die Funktion zweier Anhänger aus Bronzedraht ist unklar. Auch hier handelt es sich um singuläre Objekte. Gleiches gilt für einen Bronzehaken sowie mehrere doppelkonische Glöckchen. Im Gegensatz dazu sind offene Bronzearmreifen zwar in einer Vielzahl von Gräbern vorhanden, besitzen aber aufgrund ihres Charakters als Durchläufer kaum typologische Aussagekraft. Verwertbar wären lediglich die Pfeilspitzen des Typs III B. Dies reicht jedoch für eine Aufnahme in die Tabelle nicht aus. Grab 7 In diesem Grab befanden sich eine Pfeilspitze und ein fragmentierter Dolch. Bei beiden Funden handelt es sich um Einzelstücke, die vor Ort typologisch nicht einzuordnen sind. Grab 8 Das Bodenstück einer Schüssel aus grauer Ware wurde von Negahban zwar in einer Katalognummer mit ähnlichen Gefäßen zusammengefasst285, doch ist eine typologische Ähnlichkeit mit den anderen Fundstücken nicht gegeben. Grab 17 Obwohl in der Inventarliste fünf Keramikgefäße für diesen Befund aufgeführt sind lässt sich keines davon einem der oben definierten Typen zuordnen. 285 Negahban 1996, 235, Kat.-Nr. 591. 128 Die Kombinationstabelle Grab 20 Dieses Grab enthielt einfache offene Bronzearmreifen, wie sie in zahlreichen Befunden in Marlik vorkommen. Einen chronologisch relevanten Typ bilden diese jedoch nicht. Zu den keramischen Funden gehören eine breite Kanne auf Standfuß bzw. Standring mit einpolierter metopenartiger Verzierung im Schulterbereich, die trotz entfernt vergleichbarer Stücke aus den Gräbern 10 und 15 typologisch gesehen als Einzelstück zu werten ist. Vor Ort absolut ungewöhnlich sind drei ritzverzierte bauchige Gefäße in dunkelgrauer bzw. brauner Ware. Bisher erwies es sich auch als äußerst schwierig, Referenzfunde zu diesen Stücken zu finden. In den Fundlisten werden überdies die Fragmente von mindestens drei weiteren Gefäßen erwähnt, die allerdings nicht weiter behandelt werden. Grab 21 Eine breite Schüssel besitzt ein entferntes Vergleichsstück in Grab 52. Zur Erstellung eines Typs reichen die Ähnlichkeiten allerdings nicht aus. Des Weiteren fand sich ein Teller mit vor Ort völlig ungewöhnlicher Rippenverzierung, der als Einzelstück zu betrachten ist. Grab 39 Dieser Befund enthielt nur vier figürlich verzierte Metallgefäße, welche den Stilgruppen 8, 9 und 10 nach Löw angehören. Da Stilgruppen aber nicht als Typ zu werten sind, kann auch dieses Grab nicht in die Tabelle aufgenommen werden. Grab 42 Die Bronzegefäße fallen für eine typologische Untersuchung aus. Gleiches gilt für die Rollsiegel und den Wetzstein. Grab 42 enthielt auch zahlreiche Goldbuttons. Diese lassen zwar gewisse Rückschlüsse auf die früheisenzeitliche Tracht in Nordiran, aber nur sehr ungenaue Aussagen zur typologischen Bewertung dieser Objektgruppe zu. Die restlichen Befunde erfüllen die oben genannten Voraussetzungen und lassen sich bezüglich ihres Fundmaterials mehrfach mit anderen Gräbern verknüpfen. In der Tabelle verbleiben damit 30 Gräber, die auf der x-Achse eingetragen wurden. Hierbei handelt es sich um die Grabnummern 1, 2, 3, 4, 5, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 32, 33, 36, 40, 41, 44, 45, 47, 50 und 52. 129 Die Kombinationstabelle 6.3. Die Kombinationstabelle Die Verknüpfung von Typen und Gräbern in einer Kombinationstabelle ist entweder per Hand oder über die Eingabe in ein Computerprogramm möglich286. In der Frühphase der vorliegenden Arbeit wurden beide Vorgehensweisen angewandt. Die Ergebnisse stimmen in ihren Grundzügen weitgehend überein: Unterschiede ergeben sich lediglich in der exakten Position einiger weniger Gräber. In beiden Fällen zeigt das Tabellenbild eine von links oben nach rechts unten verlaufende Diagonale, die zwar gewisse Abstufungen, aber keine Brüche oder Lücken erkennen lässt. Dies ist im Sinne einer weitgehend geradlinigen Entwicklung der materiellen Kultur der Nekropole von Marlik zu interpretieren. In einigen Bereichen der Tabelle sind dichte Konzentrationen zu erkennen, die auf Gräber hindeuten, welche über eine umfangreiche Basis an gemeinsamen Beigabentypen verfügen. Des Weiteren ist festzustellen, dass die Gräber an beiden Enden der Tabelle kaum Gemeinsamkeiten hinsichtlich ihrer Ausstattung aufweisen. 6.3.1. Durchläufer Wichtig für die Erstellung eines klaren Tabellenbildes ist das Erkennen so genannter Durchläufer. Hierunter sind, wie bereits weiter oben ausgeführt, diejenigen Typen zu verstehen, die in allen Abschnitten der Kombinationstabelle vorhanden sind und das Tabellenbild ungünstig beeinflussen. Beim Streichen von Durchläufern ist jedoch Vorsicht geboten, damit keine wichtigen Informationen verloren gehen287. Axthacken Querschneidige Axthacken liegen bereits aus mittelbronzezeitlichen Fundzusammenhängen in Tepe Hissar vor. Es handelt sich um eine offensichtlich zweckgebundene Form, die sich auch im Laufe mehrerer Jahrhunderte nicht erkennbar verändert hat288. In Marlik gibt es derartige Axthacken in Gräbern der Stufen I, IIa, IIb und III. Es handelt sich damit um einen der wenigen Typen, die in allen vier großen Belegungsabschnitten auftauchen. Für eine chronologische Auswertung sind sie demnach auch nicht zu gebrauchen. Lockenringe Spiralförmig zusammen gedrehte Ringe aus Metalldraht wurden in Gräbern der Stufen I, IIa-b und III gefunden. Negahban verwendet die Bezeichnung „hair binder“, was dem älteren 286 In der vorliegenden Arbeit wurde eine frei erhältliche Version des Programms Winbasp benutzt. Müller 1997, 116. 288 Zum Typ an sich siehe Deshayes 1960, 279-291. 287 130 Die Kombinationstabelle deutschen Begriff Lockenring in etwa entspricht. Ob die damit implizierte Verwendung als Teil der Haartracht korrekt ist, lässt sich mangels Befundbeschreibungen nicht verifizieren. Als eindeutiger Durchläufer sind die Lockenringe für die Tabelleninterpretation demnach nicht zu verwenden. Offene Armreifen Einfache offene Armreifen aus Bronze oder Gold kommen in zahlreichen Gräbern vor. Vertreten sind Befunde der Stufen I, IIa-b und III. Wie nicht anders zu erwarten, besitzt diese ausgesprochen einfache Form eine lange Laufzeit und kann als klassischer Durchläufer gewertet werden. Nach Entnahme der Durchläufer bietet sich das Folgende Tabellenbild (Abb. 15.): 131 Die Kombinationstabelle Typen / Grabnummern 15 12 14 23 10 50 24 26 47 52 36 32 33 27 19 41 44 45 30 Dolche Typ I C ● ● Pfeilspitzen Typ V A ● ● Pfeilspitzen Typ I ● Lanzenspitzen Typ I B ● Lanzenspitzen Typ III A ● Röhrenperlen mit Gittermuster ● Drahtohrringe Variante B ● ● ● Goldblechdiademe Variante A ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Spiraldrahtperlen ● ● ● ● Goldene Ringscheiben ● Pilzkopfnadeln ● Goldene Kegelkopfnadeln ● ● Blechohrringe ● ● ● ● ● ● ● Geschlossene Bronzeringe ● Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf ● Goldblechdiademe Variante B ● Goldblechblätter ● Kannen Typ I C ● Offene tordierte Armreifen ● Scheibenanhänger Variante B ● ● Pfeilspitzen Typ III B ● ● ● Zimbeln ● ● ● ● ● Goldblechknöpfe ● ● ● ● ● Bronzeforken Variante A ● ● ● Olivenförmige Goldblechperlen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Birnenförmige Goldblechobjekte ● ● Felidenköpfe aus Goldblech ● ● Lanzenspitzen Typ I C ● ● Pfeilspitzen Typ V B ● ● ● ● Schöpfkellen ● ● ● ● Maultierfiguren aus Keramik ● Lanzenspitzen Typ I A ● Doppelpyramidenanhänger ● Pfeilspitzen Typ IV ● Kannen Typ I B ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Schwarzweiß gebänderte Glasperlen ● ● ● Dolche Typ II B ● ● Lanzenspitzen Typ I D ● Dolche Typ IV ● Gürtelbleche Typ II ● Gürtelbleche Typ I ● ● ● Dolche Typ II A ● ● ● Schnabelkannen Typ II A ● ● Bronzekessel Variante B ● Dolche Typ I E ● ● ● ● Hirschfiguren aus Keramik ● ● Schüsseln mit Ritzverzierung ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Tordierte Ohrringe Variante A ● Konische Goldblechperlen ● ● Vierspiralige Schieberperlen ● ● ● ● ● ● Tassen mit großem Henkel ● ● ● Zahnradperlen aus Fritte ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Tierkopfnadeln ● ● ● ● ● ● Topfartige Gefäße mit einem Henkel ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Granatapfelförmige Perlen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Steinmörser Variante A ● Schnabelkannen Typ II B ● Flache Rippenperlen ● ● ● ● ● Becken Variante B ● ● ● ● ● ● ● ● ● Ausgusschalen Typ I B ● Dolche Typ III A Goldene Drahtohrringe Variante A ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Bronzekessel Variante A ● Schüsseln mit vertikalem Henkel ● Kannen Typ III ● ● ● ● ● ● ● ● Dolche Typ III B ● Lanzenspitzen Typ II A ● ● ● Teller ● Dolche Typ V A Lanzenspitzen Typ III B ● ● ● ● Töpfe ● ● ● ● ● Bronzebarren Runde Bronzeschellen ● ● ● ● Bronzeforken Variante B Pfeilspitzen Typ III A ● ● ● ● Bronzetassen ● ● ● ● ● Bootsförmige Ohrringe Variante A ● ● Lanzenspitzen IV A Birnenförmige Keulenköpfe ● ● ● ● ● ● ● ● Lanzenspitzen Typ IV B ● ● Steinmörser Variante B ● ● Lanzenspitzen Typ II B ● Dolche Typ V B ● Bootsförmige Ohrringe Variante B Würfelförmige Gefäße ● ● ● Ausgusschalen Typ II Kannen Typ I A ● ● ● Ösenkopfnadeln Stierfiguren aus Keramik ● ● ● ● Fingernagelsäuberer Stierfiguren aus Bronze ● ● ● Schnabelkanne Typ II C Goldene Tierkopfperlen ● ● ● ● Bronzeknöpfe ● ● Kugelförmige Goldblechperlen Granatapfelanhänger ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Traubenförmige Anhänger ● ● ● ● ● Pfeilspitzen Typ III C ● ● ● ● ● Lanzenspitzen Typ I E ● ● ● Hirschfiguren aus Bronze ● ● Töpfe mit zwei Henkeln Ohrensäuberer 5 ● ● Scheibenperlen mit Durchschub Pfeilspitzen Typ II 2 ● Tordierte Ohrringe Variante B Ausgusschalen Typ I A 1 ● ● Scheibenanhänger Variante A 3 ● Kannen Typ II Goldene Rippenperlen 4 29 16 40 25 18 13 ● ● ● ● ● ● ● ● ● Abb. 15: Kombinationstabelle der Typen und Gräber in Marlik. 132 Interpretation der Tabelle 7. Interpretation der Tabelle 7.1. Interpretationsmöglichkeiten Für die Interpretation einer Kombinationstabelle bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Die Unterschiede im Fundmaterial könnten beispielsweise auf geschlechtsspezifische, soziologische oder chronologische Ursachen zurückzuführen sein289. 7.1.1. Geschlechtsspezifische Interpretation Männer- und Frauengräber sind oft mit geschlechtsspezifischen Beigaben ausgestattet. Neben einigen gemeinsamen Fundgattungen dürften demnach auch Funde vorhanden sein, die als typische Beigaben für männliche oder weibliche Bestattungen zu identifizieren sind. Waffen gelten gemeinhin als geradezu „klassische“ Beigabe in Männergräbern; in Zusammenhang mit weiblichen Bestattungen sind sie in vorgeschichtlichen Kulturen hingegen nur selten zu finden. Dies trifft auch auf die bisher bekannt gewordenen eisenzeitlichen Befunde aus Nordiran zu. Hier kann die Waffenbeigabe sogar ein ausgesprochen intensives Ausmaß erreichen. In Befunden wie den Gräbern 47 und 52 wurden die Toten geradezu auf eine Unterlage aus Waffen gebettet, und auch aus vielen anderen Gräbern liegen bedeutend mehr Exemplare vor, als für eine einfache Ausstattung eines Kriegers vonnöten wären. Damit wird anschaulich illustriert, welche wichtige Rolle die Waffenbeigabe im Grabkult der Region spielte290. Gesicherte Waffenfunde wurden in Marlik in 28 bzw. 29 Gräbern gemacht (Abb. 16)291. Da, wie weiter unten dargelegt, die Grabbauten jeweils nur für eine einzige Bestattung errichtet worden sein dürften, ist davon auszugehen, dass Gräber, die Waffen enthalten, die Bestattungen männlicher Individuen darstellen292. Des Weiteren existieren einige Befunde, in denen zwar keine Waffen, aber andere Objekte vorhanden waren, die eher dem männlichen Beigabenspektrum zuzuordnen sind (Abb. 16). Zu nennen ist hier ein Streitwagenknauf aus Grab 4, ein Bronzemeißel aus Grab 10 und vielleicht auch ein Messer aus Grab 8293. Wie oben ausgeführt, stehen diese drei Befunde im Verdacht, aufgrund einer Beraubung zum 289 Müller-Karpe 1975, 70. Dieser Befund steht in deutlichem Gegensatz zu den Erzeugnissen der bildlichen Kunst. Hier verfügen die männlichen Figurinen und die auf den Metallgefäßen dargestellten Männer bestenfalls über eine einfache Bewaffnung aus Dolch oder Bogen. Insbesondere letzter werden manchmal zur Jagd eingesetzt. Kampfszenen fehlen hingegen in der eisenzeitlichen Kunst Nordirans bisher völlig. 291 Hinzu käme vielleicht noch Grab 42, wenn der eiserne Dolch, welcher von Negahban 1995, 103, Pl. XVII, 189, im oberflächennahen Bereich von Test Trench I über dem Grab gefunden wurde, diesem Grab zuzuordnen ist. 292 Zu diesem Schluss kommt auch Haerinck 1987, 68. 293 Negahban 1996, Kat.-Nr. 957, Kat.-Nr. 937; Kat.-Nr. 916. 290 133 Interpretation der Tabelle Zeitpunkt der Ausgrabung keine vollständigen Grabinventare mehr enthalten zu haben. Das Fehlen ursprünglich vorhandener Waffen wäre somit durchaus erklärbar, obgleich ein Beweis für diese Vermutung natürlich nicht zu erbringen ist. Abb. 16: Gräber mit Waffen (orange) oder anderen männerspezifischen Beigaben (braun). Typischen Beigaben für Frauen lassen sich sehr viel schwieriger identifizieren. Negahban neigt dazu, Schmuckfunde meist weiblichen Bestattungen zuzuschreiben294. Schmuck gehörte in den altorientalischen Kulturen gemeinhin aber oft auch zur Ausstattung von Männern. Dies ist auch in Nordiran der Fall, wie ein Blick auf die besser dokumentierten Grabungen in Ghalekuti zeigt295. In der Tat sind Waffen- und Schmuckfunde in zahlreichen Befunden in Marlik miteinander vergesellschaftet. Reiche Schmuckgräber ohne Waffen wie beispielsweise 294 Negahban 1996, 17-23. Als Beispiele seien die Gr. 5, 10, 12, 16, 19, 23, 24, 32, 41, 45 und 50 genannt, die aufgrund der Schmuckfunde meist mit Frauen in Verbindung gebracht werden. Allerdings ist zu beachten, dass eine Reihe dieser Befunde auch Waffen enthielt. In diesem Fällen ist Negahban meist unschlüssig, ob er sich für ein Frauen- oder Männergrab entscheiden soll und nennt dann meist beide Möglichkeiten. 295 Egami 1965, Pl. LVII für Grab A-V, Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI für Grab E.6 in Ghalekuti. 134 Interpretation der Tabelle Grab 23 sind nur in geringer Zahl vorhanden. Hier könnte es sich tatsächlich um Frauengräber handeln, was jedoch in Ermangelung anthropologischer Untersuchungen nicht nachzuweisen ist. Ein Spiegel aus Grab 10 und eine Spindel aus Grab 41 gehören zu den Objekten, die man als frauenspezifisch einstufen könnte296. Leider handelt es sich in beiden Fällen vor Ort um Einzelstücke, so dass eine typologische Bewertung nicht möglich ist. Klammert man die elf fundleeren Grabbauten aus, dann beläuft sich die Zahl der vermutlichen Männergräber in Marlik auf 32 von 42 Befunden. In der Kombinationstabelle fällt der Anteil mit 25 von 30 Gräbern prozentual sogar noch höher aus. Die entsprechenden Befunde verteilen sich über alle Bereiche des Gräberfeldes und der Kombinationstabelle. Damit dürfte klar sein, dass diese Tabelle keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Grabausstattung widerspiegelt. 7.1.2. Soziologische Interpretation Ein weiterer Grund für abweichende Beigabenkombinationen könnte in der unterschiedlichen sozialen Stellung der Bestatteten zu suchen sein. Bei Gräberfeldern, in denen verschiedene soziale Schichten der ortsansässigen Bevölkerung bestattet wurden, setzen sich die Gräber der Oberschicht in der Regel durch eine qualitativ und quantitativ höher stehende Beigabenausstattung von denen der einfachen Bevölkerung ab. Wie die ärmeren Bestattungen während der Frühen Eisenzeit aussahen, ist in dem kleinen Gräberfeld von Lameh Zamin zu sehen297. Dort enthalten die Gräber lediglich einen überschaubaren Satz von durchschnittlich fünf Keramikgefäßen, dazu bestenfalls einige Perlen aus Halbedelsteinen. Metallfunde bilden die Ausnahme und sind relativ einfach gearbeitet. Ein gutes Beispiel eines Friedhofes, in dem verschiedene soziale Schichten gemischt sind, bietet der Fundort Ghalekuti I298. Hier repräsentieren die Gräber A-V und E.6 die oberste Ausstattungskategorie. Ersteres überragt auch bezüglich seiner Abmessungen alle anderen Gräber vor Ort und erreicht mit 3,6 mal 3,9 m die Größe vieler Grabbauten in Marlik. Beide Gräber enthielten nicht nur Metallgefäße und vergleichsweise hochwertigen Goldschmuck, sondern auch eine Waffenausstattung, die weit über den Bedarf eines einzelnen Kriegers hinausgeht299. Im Gegensatz dazu verfügten die anderen Männergräber vor Ort meist nur über schlichte Perlenketten aus Halbedelsteinen und ein einzelnes Waffenset aus Dolch 296 Negahban 1996, Kat.-Nr. 971 und Kat.-Nr. 921. Allerdings fand sich in Grab 10 auch ein Bronzemeißel, der eher eine männerspezifische Beigabe darstellen dürfte. 297 Fukai/Matsutani 1982. 298 Egami/Fukai/Masuda 1965; Fukai/Ikeda 1971. 299 In Grab A-V wurde ein silberner Becher gefunden, der sich im Bereich über dem Kopf des Bestatteten befand. Zur Fundlage vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. VIII, 1 sowie Pl. L. Interessanterweise taucht dieses Gefäß weder als Umzeichnung noch im Text der Publikation auf. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. 135 Interpretation der Tabelle und Lanzenspitze300. Noch unscheinbarer wirkt die Ausstattung der Frauengräber, die meist nur Keramik und einfache Schmuckfunde lieferten. Auffällig ist, dass die beiden Gräber A-V und E.6 sowie das zwar beraubte, aber ehemals vermutlich auch reich ausgestattete301 Grab E.7 in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander auf der Kuppe eines Hügels angelegt worden waren, während die anderen Grabbauten sich weiter unten an den Hängen befinden. Es scheint, als ob für reichere Bestattungen ein besonderes Areal an prominenter Stelle innerhalb des Friedhofs vorgesehen war302. Eine ähnliche Konstellation lässt sich auch in Marlik feststellen: Dort war die oben beschriebene Hügelkuppe nicht der einzige Ort, der während der Frühen Eisenzeit für Bestattungen genutzt wurde. Negahban erwähnt mehrfach, dass in den niedrigeren Lagen um den Hügel, wo sich in rezenter Zeit hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Flächen wie Reisfelder oder Obstplantagen befinden, weitere Gräber vorhanden waren. Dort sollen sich laut Aussage des Ausgräbers die Bestattungsareale der einfacheren Bevölkerung befunden haben303. Leider konnten diese Bereiche während der vierzehnmonatigen Grabungstätigkeiten in Marlik nur stichprobenartig untersucht werden. Die Hügelkuppe selbst scheint den Mitgliedern der Oberschicht vorbehalten gewesen zu sein. Darauf lässt neben der Größe der Grabbauten auch die Qualität der Ausstattung schließen: Goldfunde waren in nicht weniger als 29 Gräbern vorhanden304, figürlich verzierte Metallgefäße in immerhin sechzehn Gräbern305. Reiche und zum Teil sehr reiche Befunde liegen aus allen Bereichen der Tabelle vor; eine soziale Abstufung einzelner Gräber oder ganzer Grabgruppen ist nicht zu erkennen306. Damit dürfte ein soziologischer Hintergrund für die unterschiedliche Ausstattung der Gräber ebenfalls auszuschließen sein. 300 Dies betrifft Grab A-VII, A-VIII, C-I, C-III und C-IV. In Grab C-II wurde statt des Dolches eine zweite Lanzenspitze beigegeben. 301 Hierfür sprechen Bauart und Ausrichtung, die dem parallel dazu angelegten Grab E.6 fast vollständig entsprechen. Außerdem wurde das Randfragment eines zerscherbten Keramikbeckens gefunden. Diese Form ist in Marlik und Ghalekuti auf reichere Waffengräber beschränkt. 302 Cinquabre 1979, 336, ist der Ansicht, dass alle anderen Gräber in Ghalekuti auf das in jeder Hinsicht herausragende Grab A-V ausgerichtet gewesen seien. Dies würde allerdings bedeuten, dass Grab A-V älter sein müsste als die anderen, oder dass man bereits bei der Anlage des Gräberfeldes die Planung entsprechend ausrichtete. Beides lässt sich allerdings letztlich nicht nachweisen. 303 Negahban 1996, 13. 304 Hierbei handelt es sich um die Gräber 1, 2, 3, 5, 6, 10, 12, 14, 15, 16, 18, 19, 23, 24, 25, 26, 27, 32, 33, 36, 37, 40, 41, 42, 44, 45, 47, 50 und 52. Der Ausgräber spricht deshalb gerne von einem royal cemetery, eine für die Vorderasiatische Archäologie nicht unübliche Wortwahl, die sicherlich von so bekannten Fundorten wie dem so genannten Königsfriedhof von Ur beeinflusst sein dürfte. 305 Es handelt sich um die Grabnummern 1, 2, 5, 24, 26, 27, 32, 36, 37, 39, 42, 44, 45, 47, 50 und 52. Von diesen sechzehn Gräbern besitzen 11 eine übermäßige Waffenbeigabe. 306 Wie oben ausgeführt, dürften einige Gräber mit weniger reichen Funden unvollständige Inventare sind wohl auf Beraubungsversuche zurückzuführen und stellen keine soziologische Komponente dar. 136 Interpretation der Tabelle 7.1.3. Chronologische Interpretation Die Methode, einzelne Objekte aus dem Gräberfeld mit datierbaren Stücken aus anderen Fundorten zu vergleichen, erwies sich im Falle der Nekropole von Marlik bisher als wenig erfolgreich307. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die materielle Kultur Nordirans im Laufe der gesamten Früheisenzeit offensichtlich stark lokal geprägt war. Soweit erkennbar, haben die Bewohner der Region weitgehend darauf verzichtet, ihre Kultur nach außen zu tragen. Eine feste Basis mit vergleichbaren Objekten aus anderen Regionen zu finden ist deshalb beinahe unmöglich. Dass es in gewissem Umfang Kontakte nach Außen gegeben hat, zeigen zum einen die eindeutigen Importstücke wie Rollsiegel und Mosaikglasgefäße, und zum anderen die auf den figürlich verzierten Metallgefäßen feststellbaren Einflüsse aus dem assyrischen, babylonischen oder elamischen Kulturraum. Für die Feststellung der relativen Abfolge der Gräber sind diese Objekte wenig geeignet, da wir keinerlei Kenntnisse über Art und Weise des Kulturkontaktes besitzen. Eine relativchronologische Gliederung des Fundmaterials aus Marlik kann folglich nur aus sich selbst heraus erfolgen. Zu diesem Zweck werden bestimmte Fundgattungen dahingehend untersucht, ob sich bei ihnen eine technologische oder typologische Entwicklung fassen lässt. Damit wäre es auch möglich, die Laufrichtung der Kombinationstabelle festzustellen. Zur Erstellung so genannter typologischer Reihen sind am ehesten Fundgruppen geeignet, die über erkennbare und nachvollziehbare Veränderungen im Typenspektrum verfügen. In Marlik ist dies am besten bei einigen Waffenformen wie den Dolchen und den Lanzenspitzen zu beobachten, während Schmuck- und Keramikfunde für eine derartige Auswertung aus unterschiedlichen Gründen nur eingeschränkt brauchbar sind. Gerade im Schmuckbereich sind bei einigen Typen ausgesprochen lange Laufzeiten nachzuweisen, während eine technologische Entwicklung kaum festzustellen ist. Die Keramik hat in Marlik den Nachteil, dass sie offenbar nur unvollständig publiziert wurde, wohl nicht aus allen Bereichen der Kombinationstabelle in gleichem Maße vorliegt und sich demnach kaum in dem entsprechenden Umfang auswerten lässt. 7.1.3.1. Typologische Reihen Dolche Die Entwicklung metallener Dolche beginnt im Vorderen Orient im 4. Jahrtausend v.Chr. Zunächst handelt es sich um einfache Griffplattendolche, welche die Form der aus Stein 307 Ein schönes Beispiel bietet Calmeyer 1987, 347. 137 Interpretation der Tabelle hergestellten Vorbilder nachahmen308. Die logische Weiterentwicklung der Griffplatte bildet die Griffzunge, die seit der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends an ihrem Rand mit Metallstegen zur Fixierung der Griffeinlagen versehen sein kann. Diese in der Vorderasiatischen Archäologie als Randleistendolche bezeichnete Form ist manchmal zusätzlich mit metallenen Lappen ausgestattet, die nach innen gehämmert werden, um einen besseren Halt der Griffeinlage zu gewährleisten309. Daneben werden auch Vollgriffwaffen produziert, bei denen der Griff in der Technik der verlorenen Form im Überfangguss auf die Klinge gegossen wird. Letztere kann aus Bronze oder bereits aus Eisen bestehen und besitzt eine schmale Griffangel. Ab der Eisenzeit III werden die meisten Waffen dann aus Eisen hergestellt. Bronzene Vollgriffe kommen in diesem Zeitraum außer Gebrauch. In der Kombinationstabelle treten in der linken oberen Ecke verschiedene Varianten einfacher Griffzungendolche auf, die vom Ausgräber irrtümlich den Lanzenspitzen zugeordnet wurden310. Die Griffe waren aus organischem Material gefertigt und haben sich nicht erhalten. Vergleichbare Waffen mit löffelartiger, einfach durchlochter Griffzunge und gerader Klinge mit Mittelgrat liegen aus Nordwest-311, West312- und Zentraliran313 sowie aus dem südlichen Kaukasus314 und dem südwestlichen Turkmenistan vor (Abb. 18,a-d). Sie können dort jeweils in die ausgehende Mittelbronzezeit, die Spätbronzezeit bzw. die Eisenzeit I datiert werden. 308 Aus dem iranischen Hochland ist ein Griffplattendolch aus Tepe Ghabristan bei Sagzabad zu nennen. Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 607, Kat.-Nr. 102. 309 Sehr anschaulich dargestellt bei Boehmer 1972, 43, Abb. 22. 310 Bei Negahban 1995, 67-68. In der vorliegendem Arbeit Dolchtyp I. 311 Ein Kurzschwert aus Dinkha Tepe ähnelt vor allem Variante A des Typs I. Vgl. Rubinson 1991, 380, Fig. 13. Es stammt aus einem mittelbronzezeitlichen Grab, das auch über gute Vergleichsmöglichkeiten zum Schmuckund Trachtbereich in Marlik verfügt. Bereits Sir Aurel Stein hatte in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts vergleichbare Funde in Dinkha Tepe gemacht, sie aber versehentlich in chalkolithische Zeit datiert. Vgl. Stein 1940, Pl. XXI, 4. In der Tat gehören die von ihm aufgedeckten Gräber dem Habur-Waren-Horizont der ausgehenden Mittelbronzezeit an. Siehe hierzu Piller 2004b, 165-167. Dolche mit ähnlicher Form finden sich außerdem im früheisenzeitlichen Gräberfeld von Dinkha Tepe. Siehe Muscarella 1974, Fig. 3 für Grab VII, burial 2 und Fig. 6 für Grab B9a, burial 23. Beide Gräber gehören nach Meinung des Ausgräbers zu den ältesten freigelegten Bestattungen der Phase Dinkha III, welche der Eisenzeit I nordwestiranischer Terminologie weitgehend entspricht. Allerdings scheint die Waffenbeigabe in Nordwestiran bei weitem nicht die Bedeutung erlangt zu haben wie in Nordiran. Dolche sind dort sogar ausgesprochen selten vorhanden. Die bevorzugten Waffen der Eisenzeit II sind Lanzenspitzen und Keulenköpfe. 312 Funde aus Westiran sind vergleichsweise selten. Die besten Vergleiche stammen aus den Gräbern von Tepe Giyan. Vgl. Contenau/Ghirshman 1935, Pl. VI, 1. 313 Hier bleiben aufgrund mangelnder Publikationen zum neu entdeckten Gräberfeld von Sarm nach wie vor die bereits während der 30er Jahre des 20. Jh. von einer französischen Expedition ergrabenen beiden Nekropolen A und B von Tepe Sialk bislang der wichtigste Referenzfundort zu Marlik. Aus Grab IV der Nekropole A liegt ein eiserner Dolch mit löffelartiger Griffzunge vor, ähnliche Funde gibt es allerdings auch noch aus verschiedenen Gräbern der Nekropole B. Siehe hierzu Ghirshman 1939, Pl. V, 1 sowie Pl. XCII, 28. 314 Gambaschidze/Hauptmann/Slotta 2001, Kat.-Nr. 81, 84, 104, 182-184, 188-191. 138 Interpretation der Tabelle Stufe I Stufe IIa Stufe IIb Stufe III Abb. 17: Typologische Reihe der Dolchtypen aus der Nekropole von Marlik, übertragen auf das Bild der Kombinationstabelle. Zur Stufengliederung siehe Kapitel 8.1. 139 Interpretation der Tabelle a b c d e f g Abb. 18,a-d: Mittel- und spätbronzezeitliche Dolche aus Nordostiran, Turkmenistan, Nordwestiran und dem südlichen Kaukasus; Abb. 18,f-g: Vertreter der Marlik Typen I A, I B und I C. Im Laufe der Zeit wird diese einfache Grundform in Marlik durch aufwändigere Konstruktionen ersetzt. Ab dem mittleren Tabellenbereich existiert eine Vielzahl von Vollgriff- und Randleistendolchen, wobei Klinge und Griff im Überfanggussverfahren miteinander verbunden waren315. 315 Nicht korrekt dürfte die oft geäußerte Feststellung sein, dass derartige Waffen in einem Stück gegossen wurden, wie z.B. Calmeyer, 1962, 218-222, vermutete. Zur Technik des Überfanggusses an typologisch nahe stehenden Dolchen siehe Maxwell-Hyslop/Hodges 1964. Zum Vergleich lässt sich die Entwicklung im benachbarten südlichen Kaukasus heranziehen. Auch hier gibt es zunächst lediglich kleine Griffplattendolche mit flachem Klingenquerschnitt. In der Mittelbronzezeit entwickeln sich längere Waffen, welche über eine Mittelrippe bzw. einen Mittelgrat und eine Griffzunge verfügen. Die Befestigung des aus organischem Material hergestellten Griffes erfolgte mit Nieten. Nietlöcher befinden sich an der Griffzunge, manchmal zusätzlich auch an beiden Seiten der Klingenschulter, so wie dies auch bei Variante C des Dolchtyps I in Marlik zu beobachten ist. Vgl. Miron/Orthmann 1995, 242, Kat.-Nr. 106 aus Kwasatali sowie Gambaschidze/Hauptmann/Slotta 2001, 318, Kat.-Nr. 182, ebenfalls Kwasatali und Kat.-Nr. 184 aus Sweli. Ab der Frühen Eisenzeit werden diese Dolche und Schwerter durch Exemplare mit Randleisten oder Vollgriffen abgelöst. Den entscheidenden Entwicklungsschub schreibt man gemeinhin dem Auftauchen der so genannten Vorderasiatischen Dolche zu. Hierbei handelt es sich um Randleistendolche verschiedener Varianten, welche um die Mitte des 2. vorchristlichen Jahrtausends im südlichen Kaukasus auftauchen und dann wohl als Prototyp der einheimischen Vollgriffwaffen anzusprechen sind. Vgl. Gambaschidze/Hauptmann/Slotta 2001, 328, Kat.-Nr. 210-211 aus Rweli bzw. Treli. Ein ähnlicher Ablauf könnte auch für Nordiran postuliert werden, wie der seltene Fund eines nicht in der Region beheimateten Randleistendolches in Djamshidabad andeutet. Vgl. Fallahiyan 2004, 231, Abb. 32, A. Das Fundmaterial aus Djamshidabad weist zahlreiche Vergleichsmöglichkeiten zu Ghalekuti, Lameh Zamin und den ersten Belegungsstufen in Marlik auf und dürfte dementsprechend früh einzuordnen sein. Bei den übrigen Dolchfunden vor Ort handelt es sich bezeichnenderweise um einfache Griffplatten- oder Griffzungenwaffen, wie sie beinahe identisch neuerdings auch aus bronzezeitlichen Gräbern in Gohar Tepe bekannt geworden sind. 140 Interpretation der Tabelle a b c d e f g Abb. 19,a-e: Dolche und Schwerter der letzten Belegungsstufe in Marlik; Abb. 19,f-g: Dolche und Schwerter der Eisenzeit II. Die Technik des Überfangusses ist auch bei den zwei einzigen bimetallischen Dolchen in Marlik angewandt worden. Bimetallische Waffen mit bronzenem Griff und eiserner Klinge gelten im Iranischen Hochland gemeinhin als Leitfossil der Eisenzeit II und sind typologisch als Weiterentwicklung einfacher Griffzungendolche anzusehen316. Dazu passt gut, dass beide Dolche aus Gräbern stammen, die in den rechten unteren Bereich der Kombinationstabelle einzuordnen sind317. Zusammenfassend lässt feststellen, dass die Dolche in der linken oberen Ecke der Tabelle sich am besten mit mittel- und spätbronzezeitlichen Funden vergleichen lassen (Abb. 18), während sich die Funde in der rechten unteren Ecke technologisch und typologisch bereits an Waffen der Eisenzeit II anlehnen (Abb. 19)318. 316 Pigott 1989, 72-74. Grab 25 gehört fest zu Stufe IIb, während Grab 7 zwar nicht in der Tabelle enthalten ist, aber aus verschiedenen Gründen eng mit Stufe III zu verbinden sein dürfte. Zur Begründung siehe unten Kapitel „Eisenfunde“. Typologische Vergleiche zu Funden außerhalb des Elbursgebirges sind in diesen Fällen kaum vorhanden. 318 Dies betrifft auch zwei vor Ort ungewöhnliche Kurzschwerter aus Grab 1. Vgl. Negahban 1995, 38, Pl. III, 32-33. Der Typ liegt mehrfach auch dem Kunsthandel vor, wurde aber in wissenschaftlichen Grabungen bisher nur selten gefunden. Vgl. Barbier 1970, 31, Kat.-Nr.207. Leider ist das von Hakemi 1972, 6, publizierte Exemplar aus Kaluraz aufgrund fehlender Informationen über die Beifunde chronologisch nicht näher einzuordnen. Das halbmondförmige Heft mit seiner markanten Hufeisenform entspricht jedoch einigen 317 141 Interpretation der Tabelle Lanzenspitzen Bronzene Lanzenspitzen sind in Marlik in zahlreichen Varianten vertreten. Grundsätzlich lassen sich zwei Möglichkeiten unterscheiden, mit denen diese ursprünglich an hölzernen Schäften zu befestigen waren. Im ersten Fall verfügen die Lanzenspitzen über eine geschmiedete Angel, also einen dornartigen Fortsatz, der in den Schaft eingesetzt wurde. Als zusätzliche Befestigungshilfe kann das Ende der Angel umgebogen und mit einer knopfartigen Verdickung abgeschlossen sein319. Bei der zweiten Möglichkeit wird der meist etwas zugespitzte Holzschaft in eine Metallhülse – die so genannte Tülle - eingeführt, die am unteren Ende des Blattes ansitzt. Die Herstellung von Tüllen ist mit größeren Anforderungen an das Können der Metallhandwerker verbunden, da diese entweder auf komplizierte Weise mit gegossen oder ausgeschmiedet werden müssen. Auch technologisch stellen Tüllenlanzen gegenüber den Angellanzen eine Weiterentwicklung dar, denn sie bieten weitaus größere Vorteile bei der Verbindung von Schaft und Lanzenspitze. Als Sonderform sind Angellanzen zu betrachten, bei denen das Blatt zunächst in einen massiv gegossenen Schaft übergeht, der erst später in eine Angel mündet. Der Übergang zwischen Schaft und Angel wird hierbei meist durch eine deutliche Rippe markiert, welche an der Vorder- und Rückseite durch eine triangulär spitz zulaufende Einkerbung unterbrochen wird. Hierbei dürfte es sich um die Imitation eines Tüllenschlitzes handeln, der bei geschmiedeten Tüllen in Längsrichtung verläuft und am Ende leicht auseinander klaffen kann. Schwertern der EZ II. Ein stark fragmentierter Dolch aus Grab 2 wurde von Negahban 1995, 59, Fig. 36, irrtümlich den Lanzenspitzen zugeordnet. Die mehrfache Profilierung der Klinge, das aufgegossene Heft in Form dreier nebeneinander angeordneter Halbmonde und vor allem die massiv aus Bronze gegossene Griffsäule mit vertikalen Eintiefungen und schrägen Ritzverzierungen lassen einerseits die typologische Nähe zu den Dolchtypen V A und V B, andererseits eine deutliche Hinwendung zu einigen Schwertformen der EZ II erkennen. Insbesondere die Technik, den Knauf auf einer leicht zulaufenden Angel am Ende des Griffes aufzusetzen, scheint typisch für die EZ II/III zu sein. Für Vergleiche zu beiden Beispielen siehe Piller 1995, Typ 17 A, 34-37, sowie Khalatbari 2004a, 83 Fig. 49 oben. In Marlik stellen sowohl das hufeisenförmige Heft als auch die Knaufstange Einzelerscheinungen dar und bestätigen die vermutete späte Zeitstellung der Gräber 1 und 2, welche sich ganz am rechten Rand der Tabelle befinden. 319 Eine Rekonstruktionszeichnung dieser Befestigungstechnik findet sich bei Yadin 1963, 157. 142 Interpretation der Tabelle Stufe I Stufe IIa Stufe IIb Stufe III Abb. 20: Typologische Reihe der Lanzenspitzen aus der Nekropole von Marlik, übertragen auf das Bild der Kombinationstabelle. Zur Stufengliederung siehe Kapitel 8.1. 143 Interpretation der Tabelle Einfache Angellanzen tauchen in einigen Regionen Vorderasiens bereits im Laufe des 4. Jt. v.Chr. auf. Seit dem frühen 3. Jt. kommen als typologische Weiterentwicklung Typen mit Tüllenimitation hinzu. Die Grundzüge beider Varianten sind - wie auch bei den Tüllenlanzen - hauptsächlich funktional bedingt und verändern sich über längere Zeit nur unmerklich. Unterschiede bestehen aber hinsichtlich der Form des Blattes, der Gestaltung der Mittelrippe und dem Verhältnis der diversen Bestandeile zueinander. Im Iranischen Hochland sind alle genannten Formen bereits in früh- und mittelbronzezeitlichen Zusammenhängen, insbesondere aus dem Kulturbereich der Eastern Grey Ware in Nordostiran, belegt320. Gut vergleichbare Angellanzen mit und ohne Tüllenimitation kommen auch aus Pišva südöstlich von Teheran, wo sie zusammen mit Keramik der Central Grey Ware aufgefunden wurden und dementsprechend wohl in das zweite Viertel des 2. Jt. v.Chr. zu datieren sein dürften321. a b c d e f Abb. 21,a-c: Lanzenspitzen aus den frühen Gräbern in Marlik; Abb. 22,d-f: Lanzenspitzen der Mittel- und Spätbronzezeit aus Nordost- und Zentraliran. Während man in allen anderen Regionen Vorderasiens die Produktion von Angellanzen mit und ohne Tüllenimitation bis spätestens zur Mitte des 2. Jt. v.Chr. fast vollständig aufgab, hielt man in Nordiran auch während der Eisenzeit I an diesen bereits leicht anachronistisch 320 Für die Angellanzen stammen die bekanntesten Beispiele sicherlich aus Tepe Hissar. Vgl. Schmidt 1937, Pl. L-LI. Sie kommen aus den Schichten IIIB und IIIC. Bei einigen Stücken ist nicht ganz klar, ob sie als Lanzenspitze oder als Dolchklinge anzusprechen sind. Ähnlich datieren auch die Funde aus Tureng Tepe. Vgl. Wulsin 1932, Pl. XX. Während in Tepe Hissar lediglich ein Vierkantspieß mit Tülle entdeckt wurde, enthielt der annähernd zeitgleich zu datierende Hortfund von Bazgir zahlreiche Tüllenlanzen. Vgl. Schmidt 1937, Pl. L, H. 2779 und Nokandeh/Rakavandi/Abbasi 2006, 122, Abb. 4 sowie 127, Abb. 15. Letztere zeigen, dass in Nordostiran bereits zu dieser Zeit gut ausgeprägte Typen von Tüllenlanzen existierten. Typologisch sind durchaus Vergleiche zu einigen Funden aus Ghalekuti möglich. Vgl. Egami/Fukai/Ikeda 1965, Pl. LXXXI, 16 aus Grab C-II. Auch im Gräberfeld von Gohar Tepe bei Sari wurden jüngst entsprechende Funde gemacht. Freundliche Mitteilung des Ausgräbers. 321 Zur Datierung vgl. Piller 2004b, 170. 144 Interpretation der Tabelle wirkenden Typen fest. Sie tauchen bis zum Ende der Belegung von Marlik relativ zahlreich in den Gräbern auf und werden zum Teil sogar weiterentwickelt. In Ghalekuti und anderen Orten hatte man aus der Grundform des Typs III A eine eindrucksvolle, aber wenig wirksame Prestigewaffe hergestellt322. a b c d e f Abb. 22,a-d: Lanzenspitzen aus den späteren Gräbern in Marlik; Abb. 22,e-f: Lanzenspitzen aus dem frühen 1. Jt. v.Chr. In der linken Hälfte der Kombinationstabelle sind keine Tüllenlanzen vorhanden. Etwa ab dem mittleren Bereich tauchen die ersten Exemplare auf, und in der rechten Hälfte der Tabelle existieren Tüllenlanzen dann in fest definierten, einheitlichen Formen323. Im Vergleich dazu 322 Diese von den japanischen Ausgräbern so genannten daggers with barbs sind keine Dolche, sondern Lanzenspitzen, wie die Fundlage ein den Gräbern A-V, A-VII und E.6 eindeutig belegt. In diesen Befunden wurden die entsprechenden Waffen exakt dort niedergelegt, wo sich in den Gräbern A-VIII, C-I und C-II die Lanzenspitzen des Typs III A befinden. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. L, Pl. LXI und Fukai/Ikeda 1971, Pl. L mit Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXIII, Pl. LXXII und Pl. LXXX. Eine Verwendung als Schwert bzw. Dolche, wie sie unter anderem von Calmeyer 1962, 219, und – für eine nahe verwandte Variante – von Muscarella 1988, 99-100, vorgeschlagen wurde, ist deshalb abzulehnen, obwohl die breiten, geraden Schneiden und der flache Klingenquerschnitt mit niedriger Mittelrippe eher dem Erscheinungsbild einer Hiebwaffe entsprechen würden. Diese verhältnismäßig großen und schweren Waffen lassen sich mit ihrem kleinen Dorn nicht sinnvoll an einem Schaft befestigen. Der bei einigen Exemplaren sichtbare Abdruck im unteren Bereich spricht für eine Umwickelung aus organischem Material, mit deren Hilfe die Verbindung zwischen Waffe und Schaft unterstützt wurde. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LIV, 36-40 aus Grab A-V sowie Pl. LXII, 12 aus Grab A-VII. Auch dann ist eine tatsächliche Verwendung dieses Typs eher unwahrscheinlich. Für den oben angesprochenen Prestigewert spricht die Tatsache, dass derartige Waffen gleich mehrfach in den beiden reichsten Gräbern vor Ort enthalten waren. In Grab E.6 hatte man dem Toten ein Exemplar mit stark bestoßenen Schneiden auf die rechte Armbeuge gelegt. Dass die Waffe bereits vor ihrer Niederlegung in der Bestattung beschädigt war, zeigen Goldblechbänder, mit denen die entsprechenden Stellen eng umwickelt waren. Dies deutet ebenfalls auf den hohen Stellenwert hin, den man diesen offensichtlich weitgehend unbrauchbaren Lanzenspitzen zuschrieb. 323 Dies betrifft den oben beschriebenen Typ Lanzenspitzen IV. 145 Interpretation der Tabelle nimmt die Zahl der einfachen Angellanzen ab, je weiter man sich in die rechte Tabellenhälfte begibt324. Aus Befunden der Eisenzeit II und III liegen keine Angellanzen mehr vor. Alle bisher aufgefundenen Exemplare besitzen Tüllen, einige davon lassen sich typologisch an die Funde in der rechten unteren Ecke der Kombinationstabelle anschließen325. Ebenfalls ab der EZ III werden Waffen mehr und mehr aus Eisen hergestellt, wodurch die Produktion von Tüllenlanzen nochmals einen erheblichen Aufschwung erfuhr. Die Ergebnisse der Kombinationstabelle von Marlik lassen sich insgesamt gut in die Entwicklung der Lanzenspitzen des Vorderen Orients einordnen. Während die Funde aus der linken oberen Ecke der Tabelle eindeutig in der Tradition mittelbronzezeitlicher Typen stehen326, weisen die Tüllenlanzen mit triangulärer Klinge in der rechten unteren Ecke bereits den Weg zur weiteren Entwicklung in der nachfolgenden Eisenzeit II. Die Auswertung der Lanzenspitzen erbrachte für die Laufrichtung der Tabelle demnach ein ähnliches Ergebnis wie die der Dolche und Schwerter. 7.1.3.2 Eisenfunde Fundstücke aus Eisen327 werden in der Archäologie des Iranischen Hochlandes gerne als chronologischer Indikator betrachtet328. Auch wenn man dieser Ansicht im Allgemeinen durchaus zustimmen kann, so ist doch zu bedenken, dass Eisen eines der ersten Metalle war, die vom Menschen genutzt wurden329. Lange Zeit waren nur besondere Quellen für diesen Werkstoff verfügbar, was zu einer erheblichen Wertsteigerung im Vergleich zu anderen Metallen führte330. Erst gegen Ende des 2. Jt. v.Chr. tauchen Eisenobjekte vermehrt im Fundgut des Iranischen Hochlandes und den daran angrenzenden Regionen auf. Im frühen 1. Jt. v.Chr. kommt es dann zu einem erheblichen Schub in der Entwicklung, und ab der 324 Eine ganz ähnliche typologische Entwicklung lässt sich am Übergang von der Früh- zur Mittelbronzezeit in der Levante beobachten. Vgl. Philipp 1989, 69-101. 325 Den besten Vergleich zu Marlik Typ IV bietet eine Tüllenlanze aus Grab 1 in Tul-e Gilan. Vgl. Khalatbari 2004a, 83, Fig. 51, die einem charakteristischen Typ der Eisenzeit II angehört. Zu diesem Typ generell Moorey 1971, 90. Auch Haerinck 1988, 72, sieht eine Lanzenspitze dieses Typs aus Grab 4 in Ghalekuti II als Weiterentwicklung der Typen der EZ I an. 326 Aufgrund der geographischen Nähe und der großen typologischen Übereinstimmungen können die Waffen aus Tepe Hissar, Tureng Tepe und vor allem aus Pišva als direkte Vorläufer der Lanzen aus Marlik und Ghalekuti angesprochen werden. Eine von Young 1985, 365, erwähnte Angellanzenspitze aus Gheytariyeh ist in den entsprechenden Publikationen zu diesem Fundort allerdings nicht zu finden. Vgl. Kambakhsh Fard 1990; Kambakhsh Fard 2001. 327 Rein technisch gesehen handelt es sich bei den hier erwähnten Fundstücken niemals um Eisen, da dieser Terminus ein kohlenstofffreies Material umschreibt, während die antiken Objekte jeweils über zufällig oder absichtlich beigefügte Kohlenstoffanteile verfügen. Richtiger, aber im Sprachgebrauch verwirrender wäre eine Bezeichnung als Stahl. Zur Erklärung siehe Moorey 1994, 278 sowie Piller 1995, 1, Anm. 4. 328 Z.B. Tourovetz 1989; Pigott 1989. 329 Zusammenfassend hierzu Schoop 1995, siehe auch Moorey 1994, 287. 330 In Frage kommt hierfür vor allem Meteoreisen. Auch beim Schmelzen von Kupfererzen kann Eisen in geringeren Mengen in Form von Eisenoxiden anfallen, die anschließend weiter verarbeitet werden können. Vgl. Moorey 1994, 278-280 sowie Ottaway 1994, 101-101. 146 Interpretation der Tabelle Eisenzeit III werden Waffen und Geräte hauptsächlich aus Eisen hergestellt331. Ein eisernes Fundstück alleine reicht also noch nicht aus, um eine späte Datierung eines Befundes zu begründen. Bei einer Häufung entsprechender Objekte sollte man allerdings davon ausgehen können, dass die Produktion eiserner Artefakte ein ausreichendes Ausmaß angenommen hatte. Abb. 23: Kartierung der Eisenfunde in der Nekropole von Marlik mit farbiger Kennzeichnung der Stufenzugehörigkeit. Eisenfunde wurden in Marlik in insgesamt acht Gräbern gemacht332. Überträgt man diese Befunde auf die Kombinationstabelle, so fällt auf, dass in der linken Hälfte der Tabelle kaum Gräber mit entsprechenden Objekten vorhanden sind333. Eisen ist hier lediglich durch einen kleinen Metallstift aus Grab 52 vertreten, der als Punzwerkzeug angesprochen wurde334. 331 Haerinck 1988, 73, ist der Meinung, dass in der Eisenzeit III alle Waffen aus Eisen hergestellt sind. Eine genauere Analyse der von ihm behandelten Befunde zeigt jedoch, dass auch in dieser Phase durchaus noch bronzene Waffen vorkommen können. Der vollständige Wechsel zum Werkstoff Eisen wird in Nordiran erst in der folgenden Achämenidenzeit (EZ IV) durchgeführt. 332 Im Einzelnen handelt es sich um die Gräber 5, 7, 16, 18, 25, 41, 42 und 52. 333 In den vom Fundmaterial her gut vergleichbaren Gräbern aus Ghalekuti fehlen Eisenfunde völlig. 334 Tylecote 1972. Interessanterweise wird dieses Objekt im Endbericht nicht mehr erwähnt. Ein entfernt vergleichbares Objekt fand sich auch in Grab IV der Nekropole A von Tepe Sialk, welches auch einen eisernen Griffzungendolch. Vgl. Ghirshman 1939, Pl. V,1 sowie Pl. XXXIX, S. 459 und S. 458. Auch hier handelt es sich 147 Interpretation der Tabelle Zahlreicher werden die Eisenfunde dann in der rechten Tabellenhälfte, wo sie in einem kleinen Abschnitt regelrecht konzentriert auftauchen. Nun ändert sich auch der Charakter der Fundobjekte: es handelt sich durchweg um größere Waffen wie Lanzenspitzen sowie Dolchund Schwertklingen, für deren Herstellung auch die Verfügbarkeit über ausreichende Materialmengen notwendig war. Dies lässt indirekt auf eine vermehrte Ausbeutung der Lagerstätten und/oder das Vorhandensein der notwendigen Handelskontakte zur Erlangung des Rohmaterials oder der Fertigprodukte schließen. Einen der Bronzeindustrie auch nur annähernd gleichrangigen Produktionsumfang vermochte man während der Belegungsdauer der Nekropole von Marlik allerdings noch nicht zu erreichen. Dies zeigt sich auch bei der typologischen Einordnung der entsprechenden Objekte. Wie ein Blick auf die wenigen Fundstücke zeigt, handelt es sich fast ausschließlich um Einzelstücke. Der einzige Eisenfund, der einem auch in der Kombinationstabelle enthaltenen Typ zugeordnet werden kann, ist eine Lanzenspitze aus Grab 18. Trotz des schlechten Erhaltungszustandes ist das Stück eindeutig als Vertreter der ansonsten aus Bronze gegossenen Angellanzenspitzen des Typs II A zu erkennen335. Im Gegensatz dazu sind die beiden Tüllenlanzen aus Grab 41 vor Ort als Einzelstücke zu bezeichnen336. Bei einer in mehrere Teile zerbrochenen Waffe ungeklärter Funktion aus Grab 5 konnte sich der Ausgräber nicht entscheiden, ob es sich um eine Schwertklinge oder um eine Lanzenspitze handelt337. Gleiches gilt für eine vergleichsweise kurze Klinge aus Grab 16338. Unverständlich wirkt auf den ersten Blick auch die Umzeichnung eines bronzenen Schwertgriffes mit Resten einer eisernen Klinge aus Grab 25339. Erst die im Endbericht enthaltene Fotografie brachte hier mehr Klarheit340: Demnach besteht der Griff aus einer flachen Handhabe mit konkav eingezogenen Seiten, deren Rand mit Metallleisten zur Aufnahme von Griffschalen ausgestattet ist. Laut Beschreibung ist das Heft halbmondförmig eingezogen. Der Knauf besteht aus einer Angel mit mehreren rillenartigen Verdickungen. Bisher sind mir zu diesem Schwert keine Parallelen bekannt. Der gerillte Knauf könnte jedoch als Vorstufe der so genannten Spulenknaufschwerter angesprochen werden, die im Laufe der um ein vergleichsweise frühes Fundstück. Neuere Forschungen haben ergeben, dass die Nekropole A von Tepe Sialk vermutlich um die Mitte des 2. Jt. v.Chr. einzuordnen sein dürfte. Vgl. Dittmann 1990, 134 und Piller 2004b, 170. 335 Negahban 1995, 63; Negahban 1996, 273. 336 Negahban 1996, 273, Kat.-Nr. 821 und 823. 337 Vgl. Negahban 1995, 103 mit Negahban 1996, 273. Die Abbildung vermag leider nichts zur Klärung dieser Frage beizutragen. 338 Negahban 1995, 103 nimmt an, es könnte sich um einen Dolch handeln, während Negahban 1996, 273 davon ausgeht, es sei eine Lanzenspitze. 339 Negahban 1995, Fig. 13. 340 Hilfreich ist jedenfalls die Veröffentlichung einer fotografischen Abbildung bei Negahban 1996, Pl. 119, 672. Vielleicht handelt es sich um eine Vorstufe zu den später sehr verbreiteten Spulenknaufschwertern. 148 Interpretation der Tabelle nachfolgenden Eisenzeit II aufkommen341. In Marlik bildet diese Waffe jedenfalls ein absolutes Einzelstück. Besser zu beurteilen ist hingegen ein ebenfalls bronzener Dolch- oder Schwertgriff aus Grab 7, der eine nicht erhaltene Eisenklinge besaß und typologisch in die Nähe der Dolche des Typs V B gerückt werden kann342. Zuletzt ist noch eine kleine Dolchklinge mit Griffzunge zu nennen, die oberflächennah in Planquadrat XX F gefunden wurde. Es handelt sich hierbei um den Bereich von Test Trench I, der sich zum Teil über dem später freigelegten Grab 42 befand. Ob der Dolch damit sicher diesem Grab zugewiesen werden kann, muss jedoch offen bleiben343. Alle hier aufgeführten Waffenfunde gehören dem zweiten Abschnitt der Tabelle an. Diese auffällige Häufung steht in bemerkenswertem Gegensatz zu deren Fehlen im linken Tabellenbereich und könnte durchaus im Sinne einer chronologischen Aussage interpretiert werden. Dies würde gut zu der oben durchgeführten Auswertung der Dolche und Lanzenspitzen passen. 7.1.3.3. Zusammenfassung Nach genauerer Betrachtung der vorliegenden Informationen konnten sowohl eine geschlechtsspezifische als auch eine soziologische Interpretation der Kombinationstabelle ausgeschlossen werden. Die Auswertung der Dolche bzw. Schwerter und der Lanzenspitzen ergab übereinstimmend eine Laufrichtung von links oben nach rechts unten. Typologisch und technologisch „älter“ sind offensichtlich in beiden Fällen diejenigen Funde, welche in der Tabelle im linken oberen Bereich vorkommen, während nach rechts unten hin entwickelte Typen auftreten344. Eine Untersuchung der Eisenfunde aus der Nekropole führte zu ähnlichen Ergebnissen. Damit kombiniert die in der Kombinationstabelle erkennbare Diagonale den Ablauf der Grabbelegung auf der x-Achse von links nach rechts mit der Abfolge des Fundmaterials auf der y-Achse von oben nach unten. Dies bedeutet, dass Gräber und Typen in 341 Vgl. beispielsweise die zahlreichen Varianten dieses Typs in Grab 1 von Tul-e Gilan bei Khalatbari 2004a, 83-84, Fig. 51-53. 342 Gut vergleichbar sind die Ritzverzierungen mit mehreren parallelen Linien im unteren Teil der Handhabe, welcher in Vollgrifftechnik gegossen ist. Das mit drei spitzen Ausläufern versehene Heft bildet offenbar eine Sonderform der Halbmondhefte mit Mittelrippe. Die Aufteilung des oberen Teils der Handhabe durch Stege in dreieckige Elemente zur Aufnahme von Einlagen findet eine gute Entsprechung zu einem Dolch des Typs V aus dem Kunsthandel. Vgl. hierzu Nagel 1963, Tafel V,11. 343 Für Grab 42 wurde eine Stellung im späten Bereich der Nekropole, wohl am Übergang zwischen den Stufen IIb und III, ermittelt. 344 In Grab 15 sind Lanzenspitzen des Typs III A mit verschiedenen Varianten der Griffzungendolchen des Typs I vergesellschaftet. Diese Kombination kommt in den vom Fundmaterial her gut vergleichbaren Gräbern von Ghalekuti mehrfach vor und bestätigt die enge chronologische Verbindung zwischen den beiden Waffenformen. Als Beispiele können die Gräber A-VIII und C-I genannt werden. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXIV, 18-19 sowie Pl. LXXIX, 200-201. 149 Interpretation der Tabelle der linken oberen Ecke der Tabelle generell als älter einzustufen sind als solche in der Mitte und diese wiederum älter sind als diejenigen in der rechten unteren Ecke345. 345 Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass nicht unbedingt mit einer linearen Zeitentwicklung zu rechnen ist. Vgl. Zimmermann 1997, 11. Eggert 2001, 206-221, hat ausführlich darauf hingewiesen, dass dies nicht zwangsweise bedeuten muss, dass die Gräber in exakt der Reihenfolge angelegt wurden, in der sie in der Tabelle auftauchen. Es kann durch diese Methode bestenfalls eine chronologische Nähe verschiedener Befunde zueinander angedeutet werden. 150 Auswertung der Tabelle 8. Auswertung der Tabelle 8.1. Zuordnung der Gräber zu den Stufen Wie bereits einleitend kurz dargelegt, stand am Beginn der vorliegenden Arbeit zunächst eine Untersuchung zu den Waffenfunden aus Marlik. Die hierzu angefertigte Kombinationstabelle ergab vier deutlich voneinander abgesetzte Bereiche, welche bei chronologischer Interpretation der Tabelle die Schichten einer horizontalen Stratigraphie bilden. Um Missverständnisse bei der Verwendung des Terminus Schicht, welcher in der Tat besser im Rahmen einer vertikalen Stratigraphie einzusetzen ist, zu vermeiden, wird dieser im Folgenden durch die Bezeichnung Stufe ersetzt. Dadurch wird gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei um Abstufungen einer chronologisch fortschreitenden Entwicklung handelt. Die Stufen der Waffentabelle wurden zunächst mit lateinischen Ziffern von I bis IV durchnummeriert. Mit der Einbeziehung weiterer Funde, welche erst nach dem Erscheinen des Endberichtes 1996 möglich wurde, stellte sich heraus, dass die Stufen II und III in vielen Bereichen enger miteinander verbunden waren als zunächst angenommen. Um diesen neuen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, wurde in der Gesamttabelle eine Umbenennung vorgenommen. Die Abfolge beginnt wie zuvor mit Belegungsstufe I, jedoch wurden nun die folgenden beiden Abschnitte zu einer Stufe zusammengefasst, welche in die zwei Phasen IIa und IIb unterteilt wurde. Damit rückte die ehemalige Stufe IV auf und erscheint in der Gesamttabelle als Stufe III. Diese Stufen werden im Folgenden bei Tabellen, Grafiken und anderen Abbildungen farblich gekennzeichnet (Abb. 24): Stufe I: gelb; Stufe IIa: grün; Stufe IIb: rot; Stufe III: blau. 151 Auswertung der Tabelle Typen / Grabnummern 15 12 14 23 10 50 24 26 47 52 36 32 33 27 19 41 44 45 30 Dolche Typ I C ● ● Pfeilspitzen Typ V A ● ● Pfeilspitzen Typ I ● Lanzenspitzen Typ I B ● Lanzenspitzen Typ III A ● Röhrenperlen mit Gittermuster ● Drahtohrringe Variante B ● ● ● Goldblechdiademe Variante A ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Spiraldrahtperlen ● ● ● ● ● ● ● ● Goldene Ringscheiben ● Pilzkopfnadeln ● Goldene Kegelkopfnadeln ● ● Blechohrringe ● ● ● ● ● ● ● Geschlossene Bronzeringe ● Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf ● Goldblechdiademe Variante B ● Goldblechblätter ● Kannen Typ I C ● Offene tordierte Armreifen ● Scheibenanhänger Variante B ● ● Pfeilspitzen Typ III B ● ● ● Zimbeln ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Olivenförmige Goldblechperlen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Birnenförmige Goldblechobjekte ● ● Felidenköpfe aus Goldblech ● ● Lanzenspitzen Typ I C ● ● Pfeilspitzen Typ V B ● ● ● Schöpfkellen ● ● ● Maultierfiguren aus Keramik ● Lanzenspitzen Typ I A ● Doppelpyramidenanhänger ● Pfeilspitzen Typ IV ● Kannen Typ I B ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Schwarzweiß gebänderte Glasperlen ● ● ● Dolche Typ II B ● ● Lanzenspitzen Typ I D ● Dolche Typ IV ● Gürtelbleche Typ II ● Gürtelbleche Typ I ● ● ● Dolche Typ II A ● ● ● Schnabelkannen Typ II A ● ● Bronzekessel Variante B ● ● Dolche Typ I E ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Schüsseln mit Ritzverzierung ● ● ● ● ● ● ● Ausgusschalen Typ II ● Tassen mit großem Henkel ● Tordierte Ohrringe Variante A ● Konische Goldblechperlen ● ● ● ● ● ● Vierspiralige Schieberperlen ● ● ● ● ● ● ● Zahnradperlen aus Fritte ● ● Hirschfiguren aus Keramik ● ● ● ● ● ● ● Tierkopfnadeln ● ● ● ● ● ● Topfartige Gefäße mit einem Henkel ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Steinmörser Variante A ● ● Schnabelkannen Typ II B ● ● ● Granatapfelförmige Perlen ● ● Flache Rippenperlen ● Bronzetassen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Dolche Typ III A ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Kannen Typ III ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Dolche Typ III B ● Lanzenspitzen Typ II A ● ● ● Teller ● Dolche Typ V A Töpfe ● ● Schüsseln mit vertikalem Henkel Lanzenspitzen Typ III B ● ● ● Bronzekessel Variante A ● ● ● ● ● ● ● Bronzebarren Runde Bronzeschellen ● ● Ausgusschalen Typ I B Goldene Drahtohrringe Variante A ● ● ● ● Becken Variante B Pfeilspitzen Typ III A ● ● ● Bronzeforken Variante B Bootsförmige Ohrringe Variante A ● ● Lanzenspitzen IV A Birnenförmige Keulenköpfe ● ● ● ● ● ● ● ● Steinmörser Variante B ● ● Lanzenspitzen Typ II B ● Dolche Typ V B ● ● ● ● ● ● Bootsförmige Ohrringe Variante B ● ● ● Lanzenspitzen Typ IV B Würfelförmige Gefäße ● ● ● ● ● ● ● ● ● Kannen Typ I A ● ● ● ● Stierfiguren aus Keramik ● ● ● Ösenkopfnadeln Stierfiguren aus Bronze ● ● ● ● Fingernagelsäuberer Bronzeknöpfe ● ● Schnabelkanne Typ II C Goldene Tierkopfperlen ● ● ● ● Granatapfelanhänger ● ● ● Kugelförmige Goldblechperlen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Traubenförmige Anhänger ● ● ● ● ● Pfeilspitzen Typ III C ● ● ● ● ● ● ● ● Goldblechknöpfe Lanzenspitzen Typ I E ● ● Bronzeforken Variante A Hirschfiguren aus Bronze ● ● Töpfe mit zwei Henkeln Ohrensäuberer 5 ● ● Scheibenperlen mit Durchschub Pfeilspitzen Typ II 2 ● Tordierte Ohrringe Variante B Ausgusschalen Typ I A 1 ● ● Scheibenanhänger Variante A 3 ● Kannen Typ II Goldene Rippenperlen 4 29 16 40 25 18 13 ● ● ● Abb. 24: Interpretation der Kombinationstabelle mit farbig hervorgehobener Stufengliederung. 152 Auswertung der Tabelle 8.1.1. Stufe I Der erste Belegungsabschnitt ist als gut an der Konzentration von Funden in der linken oberen Ecke der Tabelle zu erkennen. Er besteht aus den Gräbern 10, 12, 14, 15 und 23. Waffengräber der Stufe I sind die beiden Befunde 12 und 15. Hinzu kommen die vor allem über den Schmuck vergleichbaren Gräber 10, 14 und 23. Während zu einigen Gräbern der nachfolgenden Stufe IIa zum Teil noch gute Vergleichsmöglichkeiten bestehen, gibt es in der rechten Tabellenhälfte nur noch wenige Übereinstimmungen mit Stufe I. Eine Ausnahme bildet Grab 50, das über den Schmuck an Stufe I, ansonsten aber bereits an Stufe IIb gebunden ist346. Abb.25: Gräber der Stufe I. 346 Zur Datierung dieses ungewöhnlichen Befundes siehe weiter unten im Kapitel „Auswertung der Gräber“. 153 Auswertung der Tabelle Die besten Vergleiche zu den Grabinventaren der Stufe I kommen aus dem früheisenzeitlichen Gräberfeld von Ghalekuti. Die meisten der dort aufgedeckten Steinkistengräber dürften aufgrund ihres Inventars wohl in etwa gleichzeitig mit Stufe I sein und bieten so eine willkommene Ergänzung zu den Befunden in Marlik. 8.1.2. Stufe II Der Großteil der Tabelle wird von einem insgesamt neunzehn Gräber umfassenden Komplex eingenommen, der als Stufe II bezeichnet wurde. Viele gemeinsame Fundgattungen und Typen zeigen, dass es sich um eine zusammenhängende Kulturausprägung handelt, die sich in einer Reihe von Merkmalen von den früheren und späteren Fundkonzentrationen an den Enden der Kombinationstabelle unterscheidet. Viele der oft als charakteristisch für den Fundort Marlik bezeichneten Objekte wie figürlich verzierte Metallgefäße, Keramikkannen, anthropomorphe und zoomorphe Keramik- und Metallfigurinen, mehrere markante Waffentypen und die Trachtausstattung mit zahlreichen Goldblechknöpfen tauchen erst jetzt auf und sind später bestenfalls noch in Einzelfällen vorhanden. Aus diesem Grund wurde Stufe II in der vorliegenden Arbeit auch als „Klassische Marlik-Kultur“ bezeichnet. Wie oben bereits dargelegt, lassen sich innerhalb dieses Abschnittes zwei Phasen feststellen. Dies wird insbesondere im Bereich der Waffenfunde und der figürlich verzierten Metallgefäße deutlich. Die erste Phase, welche zum Teil noch Anklänge an das Fundmaterial der Stufe I aufweist, wurde Stufe IIa genannt. Der spätere Abschnitt tendiert bereits in einigen Bereichen zur nachfolgenden Stufe III und wurde als Stufe IIa bezeichnet. 154 Auswertung der Tabelle 8.1.2.1. Stufe IIa Zu Stufe IIa gehören die Befunde 24, 26, 27, 32, 33, 36, 47 und 52. Bei den Gräbern 26, 47 und 52 handelt es sich um ausgesprochen große Grabbauten mit zahlreichen Waffenfunden. Die Tracht mit den auf der Kleidung aufgenähten Goldblechknöpfen bildet ein weiteres gemeinsames Charakteristikum dieser so genannten Kriegergräber. Die Befunde 24, 27, 32 und 33 repräsentieren kleinere, aber dennoch durchaus gut ausgestattete Waffengräber. Zuletzt ist noch das sogar für die Verhältnisse in Marlik äußerst reiche, in mehrerer Hinsicht ungewöhnliche Grab 36 zu nennen. Es enthielt kaum Waffen, aber eine große Anzahl anderer Fundgattungen sowie einige herausragende Einzelstücke, die regelrecht übereinander gestapelt wurden. Wie die Kombinationstabelle zeigt, ist der Übergang zur nächsten Phase fließend. Dies wird insbesondere bei der Analyse der Gräber 27 und 29 deutlich. Abb. 26: Gräber der Stufe IIa. 155 Auswertung der Tabelle 8.1.2.2. Stufe IIb Die zweite Phase der Stufe II umfasst die Gräber 13, 16, 18, 19, 25, 29, 30, 40, 41, 44, 45 und 50 und bildet damit die Belegungsstufe mit den meisten Befunden. Wie oben ausgeführt, ist der Anteil beraubter Gräber in diesem Abschnitt besonders hoch, was die Auswertung zum Teil erschwerte. Als reiche Kriegergräber, welche die Tradition der vorhergehenden Phase weiterführen, können die Grabnummern 44, 45 und 50 genannt werden. Vermutlich gehörte ursprünglich auch der stark gestörte Befund 42 in diese Kategorie. Die Gruppe der kleineren Waffengräber wird durch die Grabnummern 13, 16, 18 und 29 gebildet. Abb. 27: Gräber der Stufe IIb. 156 Auswertung der Tabelle 8.1.3. Stufe III Vier Gräber setzten sich in der linken unteren Ecke der Kombinationstabelle deutlich von Stufe II ab. Es handelt sich um die Befunde 1, 2, 3 und 5, die hauptsächlich durch Waffentypen, einige Keramikformen und bestimmte Objekte aus dem Schmuckbereich definiert sind. Bezüge bestehen vor allem zu einigen Gräbern der Stufe IIb, während zu den älteren Belegungsbereichen kaum noch Gemeinsamkeiten vorhanden sind. Abb. 28: Gräber der Stufe III. 8.2. Belegungschronologie Die oben beschriebenen Stufen der Kombinationstabelle lassen sich zur Illustration der Belegungschronologie auf den Gräberfeldplan übertragen. Es zeigt sich, dass die in der Tabelle durch Stufenbildung voneinander abgesetzten Beigabenkombinationen im Gräberfeld als weitgehend geschlossene Belegungsareale auftauchen. 157 Auswertung der Tabelle 8.2.1. Stufe I Die dieser Stufe zugeordneten Befunde liegen nahe beieinander am dicht belegten Zentralbereich der Nekropole auf der nördlichen Seite des Hügels (Abb. 29). Meist verfügen sie über eine annähernd rechteckige Struktur (Gr. 10, 12, 15, 17 und 23), die sie von den meisten anderen Gräbern vor Ort unterscheidet347. Auch die generelle Ausrichtung der Grabwände in südwest-nordöstlicher Richtung stimmt bei den erwähnten Gräbern in etwa überein. Abb. 29: Belegungsbereich der Stufe I. 347 Es könnte sich um den von Negahban 1964, 16 definierten Grabtyp 3 handeln, den er aus nicht näher dargelegten Gründen für den ältesten hielt. Dies würde gut mit den Ergebnissen der Horizontalstratigraphie übereinstimmen. 158 Auswertung der Tabelle 8.2.2. Stufe IIa Alle oben aufgeführten Grabbauten dieser Phase befinden sich am nordöstlichen Hang des Hügels bzw. im dicht belegten Zentralbereich der Nekropole (Abb. 30). Auch hier liegen diejenigen Gräber, welche laut Kombinationstabelle erhebliche Übereinstimmungen im Fundmaterial aufweisen, in enger Nachbarschaft nahe beieinander. Das Belegungsareal hat sich im Vergleich zur ersten Stufe nach Osten verlagert. Einige Befunde der Stufe IIa zeichnen sich durch einen ausgesprochenen Reichtum der Grabinventare aus. Ein vorherrschender Grabtyp ist nicht auszumachen. Neben großen, reich mit Waffen ausgestatteten Kriegergräbern unregelmäßiger Form (Gr. 26, 47 und 52) gibt es auch kleinere, annähernd langrechteckige Waffengräber in südost-nordwestlicher Ausrichtung (Gr. 19, 24, 32) sowie in etwa quadratische Grabbauten mit grob nord-südlicher (Gr. 33, 36) und langrechteckige Gräber in nordwest-südöstlicher Orientierung (Gr. 27, 37). Abb. 30: Belegungsbereiche der Stufen I und IIa. 159 Auswertung der Tabelle 8.2.3 Stufe IIb Eindeutig zu Stufe IIb gehören große, unregelmäßige (Gr. 42, 44, 45, 25) bzw. rechteckige (Gr. 50) und annähernd rechteckige kleinere Gräber (Gr. 13, 16, 18) unterschiedlicher Orientierung. Bei anderen Befunden (Gr. 30, 40 und 41) war lediglich eine allgemeine Einstufung in den Gesamtbereich von Stufe II mit gewissen Tendenzen zur späteren Phase möglich. Einige Gräber liegen im dicht belegten und gut durchmischten Zentralbereich, die anderen erstrecken sich südlich und östlichen davon bis zur südöstlichen Erhebung des Hügels. Damit deckt das Belegungsareal dieser Phase eine sehr viel größere Fläche ab als das der beiden vorhergehenden Stufen. Innerhalb dieses Bereiches befinden sich die meisten der leer vorgefundenen und wohl auch einige der zum Teil beraubten Grabbauten. Das Belegungsareal schließt in etwa südlich an das der ersten Phase von Stufe II an und ist zum Teil eng damit verbunden (Abb. 31). Abb. 31: Belegungsbereiche der Stufen I bis IIb. 160 Auswertung der Tabelle Im Grenzbereich zwischen diesen Arealen liegen auch die Befunde, welche aufgrund der Kombinationstabelle als Übergangsgräber zwischen beiden Phasen der Stufe II zu interpretieren sind (Gr. 27, 29 und 19). 8.2.4. Stufe III Obwohl sich bezüglich der Inventare durchaus einige Gemeinsamkeiten zwischen den späteren Gräbern der Stufe IIb (etwa Gr. 13 und 42) und denen der unmittelbar darauf folgenden Stufe III feststellen lassen, unterscheidet sich das Fundmaterial dieser Stufe in verschiedener Hinsicht von den vorhergehenden Phasen. Dies zeigt sich auch bei der Kartierung der Belegungsareale, bei der sich Stufe III im nordwestlichen Bereich der Nekropole deutlich von den anderen Grabgruppen absetzt. Den sicheren Gräbern (Gr. 1, 2, 3, 5) der Stufe III können wohl noch zwei weitere Befunde (Gr. 6, 7) zugeordnet werden, die in unmittelbarer Nachbarschaft am nordwestlichen Randbereich der Nekropole ergraben wurden. Abb. 32: Belegungsbereich der Stufen I bis III. 161 Auswertung der Tabelle Mit diesen Befunden endet auch die Nutzung des Hügels von Marlik als Friedhof. Ob sich jüngere Gräber, etwa der nachfolgenden Eisenzeit II in den niedrigeren Lagen um den Tepe anschließen, ist aufgrund fehlender Grabungen nicht bekannt. Die nahe gelegenen Fundorte Zeinab Bejar und Qara Qhešlagh lieferten überwiegend Material der Eisenzeit II/III und könnten, vielleicht mit einer zeitlichen Lücke, relativchronologisch an die jüngsten Gräber in Marlik anschließen348. 348 In Zejnab Bejar wurden mindestens fünf Bestattungen in einfachen Erdgruben freigelegt. Die fehlende Grabarchitektur und die bei Negahban 1996, Pl. 4,C und Pl. 5, A deutlich erkennbare unregelmäßige Körperhaltung lassen sogleich an die Nachbestattungen der Eisenzeit III in Grab C-I von Ghalekuti denken. Dieser erste Eindruck kann durch einige der Funde bestätigt werden. Die Keramikkanne Negahban 1996, Kat.Nr. 499 aus Grab 1 gehört zu den Leitformen der EZ III-zeitlichen orange ware und besitzt ein fast identisches Gegenstück in Grab C-I in Ghalekuti. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXXIII, 2. Gleiches gilt für die ziegelrote Schale Negahban 1996, Kat.-Nr. 623, mit ihren drei Knubbenfüße und dem schräg angebrachten Griff. Zu zwei Bronzenadeln mit verbreitertem, flachen Oberteil und eingerolltem Ende wurden unlängst gute Parallelen aus Grab 9 in Maryan bekannt. Vgl. Khalatbari 2004c, 235, Abb. 14,3-4. Auch diese Bestattung könnte aufgrund der Totenlage in die Eisenzeit III zu datieren sein. Etwas später ist ein silberner Armreif mit Schlangenkopfenden und Ritzverzierung einzuordnen. Vergleichsstücke aus Ghalekuti I, Grab 5 deuten auf eine achämenidische Zeitstellung hin. Vgl. Haerinck 1989, Fig. 4. Einige der aus Gheshlagh publizierten Funde stehen offenbar ebenfalls der orange ware nahe. Hierbei handelt es sich um die keine Flasche mit drei Knubbenfüßen Negahban 1996, Kat.-Nr. 498 und eine Schüssel mit drei typischen Zahnradhenkeln bei Negahban 1996, Kat.-Nr. 605. 162 Auswertung der Typen 8.3. Auswertung der Typen Anhand der bisher erarbeiteten Stufengliederung besteht erstmals die Möglichkeit, dass Fundmaterial der Nekropole von Marlik feinchronologisch zu gliedern. 8.3.1. Keramik Die Keramik Nordirans zeichnet sich durch eine hohe Eigenständigkeit aus. Ab der Frühen Eisenzeit349 bis weit hinein in die parthische Zeit passt sich die Keramikproduktion zwar gewissen allgemeinen „Trends“ aus dem iranischen Hochland an, bewahrt aber zugleich ihren selbständigen Charakter unter Herausbildung eigener Formen und Varianten350. Hinsichtlich der absoluten Datierung können äußere Vergleiche nur bedingt, in Bezug auf die relative Abfolge so gut wie gar nicht weiterhelfen351. Wie bereits oben in Kapitel „Vorstellung der Typen“ geschildert, ist in Marlik gerade im Bereich der Keramik mit einer größeren Menge an Funden zu rechnen, die aus diversen Gründen unbeachtet blieben und folglich in keiner Publikation erwähnt wurden. Ein Blick auf die Kombinationstabelle zeigt, dass der überwiegende Teil des verwertbaren Materials in Stufe II einzuordnen ist. Demgegenüber sind aus Gräbern der Stufen I und III vergleichsweise wenig Funde vorhanden. Für die in der vorliegenden Arbeit angestrebte relativchronologische Gliederung der Nekropole von Marlik vermögen die keramischen Funde aus diesem Grund nur eingeschränkt zum Erreichen detaillierter Ergebnisse beizutragen. Kannen Typ I Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass zwischen den drei Formen dieses Typs starke Übereinstimmungen vorhanden sind. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass verschiedene Varianten in mehreren Gräbern miteinander vergesellschaftet sein können352. Dies lässt darauf 349 Haerinck 1988, 66, weist darauf hin, dass aus Gilan kein Fundmaterial vorliegt, das sicher in die Früh- oder Mittelbronzezeit zu datieren ist. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen hat sich dieser Befund bis heute kaum geändert. Siehe hierzu auch Kroll 1984, 138. 350 Haerinck hat die Keramikentwicklung in Nordiran für den genannten Zeitraum in mehreren Arbeiten zusammengefasst und dargestellt. Für die Frühe und Mittlere Eisenzeit siehe Haerinck 1988, für die achämenidische und frühparthische Zeit Haerinck 1989, für die parthische Zeit Haerinck 1983, 149-171. 351 Löw 1998, 33-61, ordnete die Keramik aus Marlik pauschal der von ihr so genannten „Kultur der Grauen Ware“ zu. Es wurde in dieser Arbeit bereits darauf hingewiesen, dass dies nicht ganz korrekt ist. Von den klassischen Leitformen der Western Grey Ware ist in Nordiran lediglich die Schnabelkanne vertreten, doch auch hier lassen sich die Exemplare aus dem Elbursgebirge gut vom nordwestiranischen Fundmaterial unterscheiden. 352 So z.B. die Varianten A und B in Grab 27, die Varianten A und C in Grab 32 sowie die Varianten B und C in Grab 33. 163 Auswertung der Typen schließen, dass die Unterschiede wohl nicht auf chronologische Ursachen zurückzuführen sind. Die verschiedenen Varianten dürften vielmehr in etwa gleichzeitig zu datieren sein. Ein Blick auf die Ergebnisse der Kombinationstabelle bestätigt das gewonnene Bild. Alle Gräber, die Kannen des Typs I enthalten, sind in Stufe II einzuordnen, wobei ein deutliches Übergewicht in Stufe IIa zu erkennen ist. Aufgrund der großen Zahl von Funden und dem trotz des Variantenreichtums geschlossenen Erscheinungsbildes kann man konstatieren, dass die Kannen des Typs I als keramische Leitform der klassischen Marlik-Kultur, wie sie uns in Stufe II begegnet, anzusprechen sind. Bisher sind sie weder davor noch danach nachzuweisen353. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa und IIb. Variante B: Marlik Stufe IIa. Variante C: Marlik Stufe IIa. Kannen Typ II In Marlik sind Kannen dieses Typs lediglich in den Gräbern 23 und 41 gefunden worden. Ein weiteres Gefäß aus Gheshlagh entzieht sich leider aufgrund der ungenauen Informationen einer exakteren Bewertung354. Gut datierbar ist hingegen eine Kanne dieses Typs aus Ghalekuti Grab E.6355. Dieses Grab ist mit Marlik Stufe I zu parallelisieren und bietet eine Datierung, die gut zu Grab 23 passen würde. Der Fund aus Grab 41 deutet aber an, dass die Form auch noch in Stufe II vorhanden war. Zeitstellung: Marlik Stufen I bis II. Kannen Typ III Funde dieses Typs verteilen sich auf Gräber der Stufen IIa und IIb. In drei Fällen (Gräber 13, 32, 33) bestehen Vergesellschaftungen mit Kannen des Typs I, mit denen Typ III wohl in etwas zeitgleich sein dürfte. Die Stichverzierungen am Übergang zwischen Hals und Schulter, welche bei beiden Typen zu beobachten sind, weisen in die gleiche Richtung. Auch hier handelt es sich demnach um eine typische Form der klassischen Marlik-Kultur der Stufe II. Zeitstellung: Marlik Stufe II. 353 Dies betrifft auch die Befunde aus Ghalekuti, die weitgehend Stufe I in Marlik entsprechen. Negahban 1996, 11, 24 sowie 51-52, äußert sich nur ganz allgemein über die Grabungen in Geshlagh. Anhand der vorliegenden Informationen ist es nicht möglich, die verschiedenen Funde bestimmten Grabungsarealen zuzuordnen. 355 Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI, 15. 354 164 Auswertung der Typen Würfelförmige Gefäße Diese ausgesprochen charakteristische Form ist in Marlik lediglich dreimal vorhanden, wobei das Exemplar aus Planquadrat XVIII G nicht zu bewerten ist. Grab 44 gehört Stufe IIb, Grab 5 Stufe III an. Damit sind würfelförmige Gefäße vermutlich in den späteren Belegungsabschnitt der Nekropole einzuordnen. Zeitstellung: Marlik Stufe IIb und III. Töpfe Funde unterschiedlicher Varianten stammen aus den Gräbern 52 und 47, 36 (Stufe IIa), 13, 50, 30 (Stufe IIb) und 5 (Stufe III). In Ghalekuti und Lameh Zamin gehört die Form zur üblichen Ausstattung fast aller Gräber. Wie sich zeigt, handelt es sich wohl um einen Durchläufer, der aufgrund der einfachen Form eine lange Laufzeit aufweist und nur eine geringe feinchronologische Relevanz besitzt. Zeitstellung: Marlik Stufe I, IIa, IIb und III. Durchläufer. Topfartige Gefäße mit einem Henkel Die zwei Gefäße dieses Typs stammen aus Befunden der Stufe IIa. Eines der Exemplare ist in Grab 27 mit einer von der Form her gut vergleichbaren Bronzetasse vergesellschaftet. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Töpfe mit zwei Henkeln Vor dem Erscheinen des Endberichtes nahm Haerinck an, dass es diese Form erst ab der Eisenzeit II auftaucht356. Die erst mit Erscheinen des Endberichtes bekannt gewordenen Funde aus den Gräbern 50 und 52 in Marlik legen jedoch nahe, dass es derartige Gefäße bereits im späten 2. Jt. v.Chr. gab. Es dürfte sich demnach auch hier um eine ausgesprochen langlebige Form handeln. In Marlik sind die wenigen Funde auf Gräber der Stufe II beschränkt. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-b. Schüsseln mit Ritzverzierung Eingeritzte kreuzschraffierte Verzierung ist in Marlik nur bei den drei Exemplaren dieses Typs vorhanden. Die dadurch bereits angedeutete Nähe der Befunde 36, 47 und 52 wird auch in der Kombinationstabelle deutlich. Alle Gefäße stammen aus Gräbern der Stufe IIa. 356 Haerinck 1987, 72. 165 Auswertung der Typen Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Schüsseln mit vertikalem Henkel In Marlik gehören die Funde in den Rahmen der Stufe II. Gut vergleichbare Schüsseln kommen bereits in den Sumbar-Gräberfeldern im Südwesten Turkmenistans vor357, außerdem in einigen Befunden von Ghalekuti und Lameh Zamin358. Es dürfte sich somit um eine Form mit insgesamt längerer Laufzeit handeln, als dies die Befunde in Marlik andeuten. Zeitstellung: Marlik Stufe IIb. Tasse mit großem Henkel Von den beiden Befunden, die diesen Typ enthielten, lässt sich lediglich Grab 36 in das Stufensystem einordnen, während Grab 4 nicht zuweisbar ist. Grab 36 gehört zu den herausragenden Befunden der Stufe IIa. Ein ähnliches Gefäß mit etwas kleinerem Henkel aus Ghalekuti Grab A-V zeigt, dass sich der Typ schon zuvor auszubilden begann359. Tassen dieses Typs tauchen auch noch in mehreren Befunden der Nekropole B von Tepe Sialk auf360. Es handelt sich offensichtlich um einen Typ, dessen Laufzeit nicht auf einzelne Belegungsphasen in Marlik zu beschränken ist. Zeitstellung: Durchläufer Schnabelkannen Die ältesten Schnabelkannen in Iran stammen aus dem Bereich der Eastern Grey Ware 361.Sie werden in der Regel als Vorbilder für die jüngeren Beispiele in benachbarten Regionen, insbesondere im Südwesten Turkmenistans und im nördlichen Zentraliran angesehen362. Als gemeinsames Kennzeichen aller frühen Schnabelkannen ist ein hoch am Gefäßkörper angesetzter, nur mäßig gekrümmter Ausguss zu nennen, der erhebliche Längen erreichen kann. Dies ist übereinstimmend für das Sumbargebiet, Nordostiran, den nördlichen 357 Chlopin 1986, 18, Abb. 6, IIIa-b. Ghalekuti Grab C-I, allerdings mit abgebrochenem Henkel: Egami 1965, Pl. LXXIX, 203. Von der Keramik her dürfte Grab LZ-110 in Lameh Zamin in die gleiche Zeitstufe zu gehören. Fukai/Matsutani 1982 Pl. 63, 3, während Grab LZ-105 Keramik der EZ II enthielt. Fukai/Matsutani 1982, Pl. 60, 1. 359 Egami 1965, Pl. LIII, 24. 360 Ghirshman 1939, P. XX, 1-2. 361 Schmidt 1937, 181, Fig. 107, H3511 aus Hissar IIIC; Arne 1945, 196, Fig. 386 aus Schah Tepe. 362 Die gesamte Literatur zu diesem Thema zusammenzutragen würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen bei weitem sprengen. Zur Datierung der Sumbar-Nekropolen in die Mitte des 2. Jt. v.Chr. siehe Chlopin 1986, 31-34; Brentjes 1987, 23; Dittmann 1990, 134; zur Zeitstellung der Central Grey Ware vgl. Piller 2004b, 152-154.. Zusammenfassend hat sich zuletzt Adachi 2006, 36-43, mit Entwicklung und Typologie der Schnabelkannen im Iranischen Hochland beschäftigt. 358 166 Auswertung der Typen Zentraliran und das Urmiagebiet363 festzustellen. Erst später wird der Ansatzpunkt des Ausgusses weiter nach unten verlegt und der Ausguss doppelt gekrümmt. Eine vergleichbare Entwicklung lässt sich auch in Marlik beobachten. Zwar ist Typ I in Marlik nur mit einem Exemplar vertreten und taucht deshalb nicht in der Kombinationstabelle auf, doch sein Vorhandensein in Grab 12 und in den wohl zeitgleichen Gräbern A-V und E.6 in Ghalekuti sowie in einem Grab in Gohar Tepe zeigen deutlich, dass es sich hier um eine Form handelt, die ohne Zweifel früh einzuordnen ist. Dem würde auch der hoch angesetzte, nur leicht gekrümmte Ausguss entgegenkommen, der - wie oben ausgeführt - als Merkmal früher Schnabelkannen gelten kann. Ab Stufe IIa sind dann Schnabelkannen mit doppelt gebogenem Ausguss vorhanden. Die verschiedenen Varianten mit runden, länglichen oder hohen Gefäßkörpern verfügen meist über ähnliche Laufzeiten und sind in einigen Gräber miteinander vergesellschaftet. So enthielt Grab 36 Exemplare der Varianten A und C, Grab 27 Beispiele der Varianten B und C. Eine Kanne mit kurzem Ausguss aus Grab 2 zeigt, dass Schnabelkannen in der gesamten Laufzeit der Nekropole von Marlik vorhanden waren. Schnabelkannen des Typs II finden gute Vergleiche am Südrand des Elbursgebirges in mehreren Gräbern der Nekropole Gheytariyeh364. In Nord- und Zentraliran setzt sich die Produktion charakteristischer Schnabelkannen auch in das frühe 1. Jt. v.Chr. hinein fort365. Zeitstellung: Typ I: Marlik Stufe I Typ IIA: Marlik Stufe IIa Typ IIB: Marlik Stufe IIa-b. Typ IIC: Marlik Stufe IIa. Ausgussschalen Diese keramische Form verfügt über eine ausgesprochen lange Tradition. Im iranischen Hochland ist die einfache Variante A schon früh belegt, wie ein bemaltes Exemplar aus Tepe Zageh366 zeigt. Zahlreiche Funde aus Schah Tepe IIa legen nahe, dass Ausgussschalen auch 363 Muscarella 1974, 39-40, Fig. 3, 237 sowie Fig. 4. Grab ß2 in Test Trench VII laut Meinung des Ausgräbers aufgrund der ungewöhnlichen Formen von Schnabelkanne und Henkelbecher eines der ältesten eisenzeitlichen Gräber vor Ort. Die klassischen lokalen Formen beider Typen bilden sich offensichtlich erst später aus. 364 Kambakhsh Fard 1990, 56-57, 83-85; Kambakhsh Fard 2001, 6, 21, 50, 55 und 59. 365 In Nordiran gibt es eine Reihe von Schnabelkannen, die der keramischen Tradition der Eisenzeit II und III zuzurechnen sind. Hierzu einige Beispiele: Seipel 2000, 166, Kat.-Nr. 92 und Adachi 2006, Fig. 2,7 gehören der EZ II, Dyson 1979, Fig. 3,2 der typischen orange ware der EZ III an. Zu den bekanntesten Beispielen aus Zentraliran sind sicherlich die bemalten und unbemalten Exemplare aus der Nekropole B von Tepe Sialk zu rechnen. Vgl. Ghirshman 1939, Pl. IX-XII. 366 Seipel 2000, 85, Kat.-Nr. 5. Das Gefäß datiert laut Publikation in die zweite Hälfte des 5. Jt. v.Chr. 167 Auswertung der Typen zum Formenbestand der Eastern Grey Ware gehörten367. Von dort beeinflusst ist das keramische Material der Sumbar-Gräberfelder im benachbarten Südwesten Turkmenistans, wo Ausgussgefäße einen relativ großen Anteil an den Funden bilden368. Aus Qoli Darvish liegt ein bemaltes Exemplar mit flachem Standboden und Henkel vor. Es ist der SagzabadKeramik zuzurechnen und vermutlich in die erste Hälfte oder die Mitte des 2. Jt. v.Chr. zu datieren369. Am häufigsten ist die Form jedoch in Nordiran vertreten, wo neben Marlik auch in Ghalekuti, Lameh Zamin und Djamshidabad verschiedene Varianten von Ausgussschalen gefunden wurden. Auch in der nachfolgenden Eisenzeit II und III sind Ausgussschalen in Nordiran fast unverändert weiterhin belegt370. Ebenfalls in das frühe 1. Jt. v.Chr. sind Ausgussgefäße mit Rippenverzierung aus Tepe Sialk, Nekropole B und Gheytariyeh zu datieren371. Diese lange Laufzeit schlägt sich auch in der Auswertung der Kombinationstabelle nieder. Ein Exemplar mit schmalen Ausguss ist in Marlik bereits in Stufe I (Grab 15) vertreten. Zu dieser Zeitstufe gehört auch Grab A-V in Ghalekuti372. Aus den folgenden Stufen IIa (Gr. 24, 26, 47 und 52) und IIb (Gr. 13, 19, 29 und 44) liegen zahlreiche Exemplare der einfachen Variante A vor. Variante B mit Henkel und Standfüßen ist seltener und dürfte eine spätere Form des Typs darstellen, wie die Funde aus den Gräbern 13 und 29 (beide Stufe IIb) nahe legen. Aus Stufe III wurden keine Beispiele bekannt, was allerdings durchaus mit dem generellen Mangel an keramischen Funden aus den Gräbern dieser Zeitstufe zusammenhängen könnte. Das Weiterleben der Form bis in die Eisenzeit III wird durch mehrere Befunde aus Ghalekuti und Lameh Zamin anschaulich illustriert373. Ausgussschalen mit Henkel, aber ohne Standfuß sind in Ghalekuti in Befunden der EZ II und EZ III enthalten374. Die charakteristischer wirkenden Ausgussschalen des Typs II auf hohem Standring besitzen im Vergleich dazu eine sehr viel kürzere Laufzeit. Sie stammen aus dem Bereich der Stufe II. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufen I bis IIb, wohl ein Durchläufer. 367 Arne 1945, 203, Fig. 406. Chlopin 1986, 18-19. 369 Sarlak/Malekzadeh 2005, 66, Fig. 4. 370 Die zahlreichen Neufunde aus Tul-e Gilan bestätigen das bereits von Haerinck 1988, 72-73 festgestellte Bild. Vgl. Khalatbari 2004a, Fig. 29-33. 371 Ghirshman 1939, Pl. XVII, 1-3; Kambakhsh Fard 1990, 58, Abb. 105. 372 Egami 1965, Pl. LII, 18. 373 Aus der oberflächennahen Schicht in Grab A-V stammt ein Fragment einer Schale mit offenem Ausguss, dessen Unterseite in der typischen Art der EZ II/III-zeitlichen Orange Ware verziert ist. Vgl. Egami 1965, PL. LI, 6. Auch im Fundmaterial der Nachbestattungen aus Grab C-I sind einfache Ausgussschalen vorhanden. Vgl. Egami 1965, LXXIV, 17. 374 Fukai/Ikeda 1971, Pl. XLIV, 11-12. Eine Ansammlung von Metall- und Keramikfunden aus Ghalekuti Hügel II wurde von den Ausgräbern als Inventar eines Grabes (Tomb 4) eingestuft. Wie Haerinck 1988, 72-73, feststellte, handelt es sich um einen Befund der EZ II. Die Nachbestattungen in den oberen Schichten von Grab C-I auf Hügel I enthielten die gleichen Gefäßformen. Vgl. Egami 1965, Pl. LXXIV, 14-15. Sie sind in die EZ III einzuordnen. 368 168 Auswertung der Typen Variante B: Marlik Stufe IIb. Typ II: Marlik Stufe II. Becken Die Funde verteilen sich auf die Belegungsstufen I und II, wobei sich beide Varianten feinchronologisch aufgliedern lassen. Aus Stufe III liegen ebenso wie aus der nachfolgenden EZ II/III keine Beispiele mehr vor. Variante A ist in Marlik nur durch ein Exemplar aus Grab 12 vertreten. Die sich dadurch andeutende Zeitstellung im Rahmen der Belegungsstufe I wird durch eine ganze Reihe von Vergleichsstücken aus Ghalekuti bestätigt. Becken der Variante B sind in Marlik weitaus häufiger vorhanden. Alle Beispiele stammen aus Gräbern der Stufe II mit deutlicher Tendenz zum späteren Abschnitt und sind demnach jünger einzustufen als die erste Variante. Zur Verwendung dieser ungewöhnlichen Keramikform lassen sich keine Hinweise finden., zumal sie außerhalb des Elbursgebirges bisher nicht nachzuweisen ist. Als eventuelle Vorläufer lassen sich vielleicht die so genannten Fruchtständer aus dem Kulturbereich der Eastern Grey Ware in Nordostiran anführen, welche jedoch im Gegensatz zu den Becken auf einem hohen Standfuß sitzen375. Neben Marlik wurden Becken der ersten Varianten vor allem in Ghalekuti376 gefunden. Aus Djamshidabad liegen Beispiele beider Varianten vor377. Ein weiteres Exemplar ist aus Ghiasabad belegt, allerdings lässt sich hier die genaue Form nicht feststellen378. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe I. Variante B: Marlik Stufe IIb. 375 Arne 1945, 183, Fig. 346a, 347. Ein genetischer Zusammenhang zwischen den beiden Formen ist aber nicht nachzuweisen. 376 Funde stammen jeweils aus den Waffengräbern A-V, Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LII, 25; A-VII, Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXII, 19; Grab C-I, Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXXIX, 208; Grab C-II, Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXXXI, 19. Grab E.7 war zwar geplündert, dürfte aber ehemals auch reich ausgestattet gewesen sein. Von einem Becken der Variante A blieb lediglich ein Randfragment erhalten. Vgl. Fukai/Ikeda 1971, Pl. LIV, 1. 377 Fallahiyan 2004, 230, Abb. 12 für Variante A; Fallahiyan 2004, 236, Abb. 9 für Variante B. Der Großteil des Fundmaterials aus Djamshidabad macht einen relativ frühen Eindruck, der gut zu den Grabinventaren von Ghalekuti und Lameh Zamin passt. Zu einigen der möglichen Vergleiche siehe Fallahiyan 2004, 232-233. 378 Moghadam 1972, 134, Fig. 1. Obwohl diese Grabung nur sehr unzureichend publiziert ist, lassen sich aus den wenigen Abbildungen dennoch einige Hinweise für die Datierung dieses Grabes zusammentragen. Die rechteckige Form des Grabbaus und die offensichtlich gute Bauart der Wände weisen gute Vergleichsmöglichkeiten zu den Gräbern 12 und 15 in Marlik und E.6 sowie E.7 in Ghalekuti auf. Mit den Kriegergräbern aus Ghalekuti stimmt auch die Rückenlage des Toten überein. Der schräg über dem Hüftbereich liegende Griffzungendolch ist in den Gräbern A-V und E.6 in gleicher Weise deponiert worden, und auch die Lanzenspitze befindet dort, wo es für die Kriegergräber aus Ghalekuti typisch ist. Zuletzt ist noch eine Schnabelkanne mit hoch angesetztem, sehr langem Ausguss zu nennen, die man wohl als frühe Form ansprechen kann. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Grab aus Ghiasabad zeitgleich mit Marlik Stufe I und einer Reihe von Befunden aus Ghalekuti sein dürfte. Das Vorhandensein eines Keramikbeckens passt demnach gut ins Bild. 169 Auswertung der Typen Teller Diese eigentlich sehr einfache Form konzentriert sich in den späteren Abschnitten der Stufe II sowie in der nachfolgenden Stufe III. Es scheint sich innerhalb der Nekropole von Marlik damit um einen tendenziell jüngeren Typ zu handeln. Zeitstellung: Marlik Stufe II (insbesondere Stufe IIb) und III. 8.3.2. Unverzierte Metallgefäße Bronzekessel Die beiden oben definierten Varianten unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf die Befestigung der Henkel am Gefäßkörper. Beispiele der Variante A sind in Gräbern der Stufe IIa vorhanden, während Variante B bereits in Stufe IIa auftritt. Die Form dürfte allerdings noch in das frühe 1. Jt. v.Chr. hinein existieren, wie Beispiele aus der Nekropole B von Tepe Sialk zeigen. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIb. Variante B: Marlik Stufe IIa. Bronzetassen Die beiden Exemplare dieses Typs wurden in den Gräbern 25 und 27 gefunden, welche Stufe IIb bzw. dem Übergangsbereich zwischen Stufe IIa und IIb zuzuordnen sind. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa spät bis IIb. 8.3.3. Steingefäße Auch bei einfachen Formen wie den Steinmörsern ist mit Hilfe der Kombinationstabelle eine feinchronologische Gliederung möglich. Während Variante A sich ausschließlich in Gräbern der Stufe IIb findet, stammt Variante B geschlossen aus der folgenden Stufe III. Zeitstellung: Steinmörser Variante A: Marlik Stufe IIb. Steinmörser Variante B: Marlik Stufe III. 8.3.4. Zoomorphe Figurinen Beinahe alle hohl gearbeiteten Keramikfigurinen von Tieren wurden in Gräbern der Stufe II gefunden. Einzelstücke wie Leoparden, aber auch die Typen Maultier und Hirsch sind 170 Auswertung der Typen ausnahmslos in Stufe IIa vorhanden. Rinderfigurinen verteilen sich auf beide Phasen der Belegungsstufe II. Aus Stufe II stammt nur noch ein vereinzeltes Exemplar aus Grab 5, bei dem Negahban aber bereits gewisse Unterschiede zu den anderen Beispielen des Typs erkannte379. Hohle Tierfigurinen mit einer zu einem Ausguss umgearbeiteten Schnauze können damit weitgehend als Leitform der klassischen Marlik-Kultur der Stufe II angesprochen werden. Dass die Form an sich weitergeführt wurde, zeigen ähnliche Objekte aus späteren Fundzusammenhängen. Die meisten Figurinen des 1. Jt. weisen allerdings im Unterschied zu den Exemplaren der Eisenzeit I eine auf dem Rücken angebrachte Öffnung auf, die wohl zum Einfüllen einer Flüssigkeit gedacht war. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Auswertung der Bronzefigurinen. Auch hier stammen alle Typen aus Gräbern der Stufe II. Eine Hirschfigurine aus Grab A-V in Ghalekuti zeigt, dass diese Entwicklung wohl bereits in Stufe I ihren Anfang nahm380. Auch nach dem Ende der Nutzung des Marlik Tepe als Friedhof wurden in Nordiran bronzene Hirsch- und Rinderfigurinen hergestellt. Bereits Haerinck hatte darauf hingewiesen, dass spätere Funde der EZ II/III sich durch eine auf dem Rücken angebrachte Hängeöse und die meist etwas krudere Ausführung deutlich von den früheren Exemplaren aus Marlik unterscheiden lassen381. In leicht abgeänderter Form sind bronzene Hirschfiguren auch noch in parthischer Zeit vorhanden382. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-b, vereinzelt noch Stufe III. Felidenköpfe aus Goldblech Beispiele dieses Typs stammen aus zwei Gräbern der Stufe IIa. Sie können dem Marlik local style zugeordnet werden, dessen andere Beispiele ebenfalls in diesen Zeitabschnitt zu datieren ist. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. 8.3.5. Schmuck und Tracht Eine feinchronologische Bewertung vieler Schmuckformen gestaltet sich schwierig, da einige dieser Typen über ein großes Verbreitungsgebiet und eine ausgesprochen lange Laufzeit verfügen. Bei den in Nordiran entwickelten Schmuckformen bieten sich hingegen bessere Möglichkeiten zur Auswertung. 379 Negahban 1996, 119. Egami 1965, Pl. LVI, 63. 381 Haerinck 1988, 73. 382 Sono/Fukai 1968, Pl. LXIV, 26. Grab 4 in Hassani Mahale ist laut Hori 1981, 45-48 in die spätere Partherzeit zu datieren. 380 171 Auswertung der Typen Einige der verwendeten Materialien sind aus verschiedenen Gründen nur eingeschränkt für eine typologische Auswertung zu gebrauchen. Dies betrifft in erster Linie Perlen aus Muscheln, die keine typische Formgebung aufweisen. Fritte- und Glasperlen sind meist recht unscheinbar und einfach. In einigen Fällen handelt es sich auch um Nachahmungen wertvollerer Exemplare aus Gold383. Steinperlen bestehen in erster Linie aus Karneol bzw. Achat, dessen Lagerstätten im Elbursgebirge selbst vorhanden sind384. Andere Gesteinsarten sind anhand der Beschreibungen und Fotografien nicht zu identifizieren. Die Formen sind, wie bei Steinperlen durchaus zu erwarten, meist relativ einfach und weisen keine ausgesprochen charakteristischen Züge auf. Ähnliche oder sogar gleiche Perlen tauchen in zahlreichen Fundorten des Vorderen Orients in höchst unterschiedlichen Zeitstellungen auf. Konische Goldblechperlen Die Funde dieses sehr einfachen Typs beschränken sich auf Stufe IIa. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Olivenförmige Goldblechperlen Diese Perlen verfügen über eine sehr einfache Form. Es überrascht daher auch nicht, dass die Funde über einen vergleichsweise großen Bereich der Nekropole von Marlik streuen. Zeitstellung: Marlik Stufen IIa, IIb und III. Goldene Ringscheiben Ob es sich hierbei um Perlen handelt, ist nicht ganz klar. Die wenigen Vertreter dieses Typs tauchen in frühen Gräbern der Stufen I und IIa auf. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa. Goldene Scheibenperlen mit Durchschub Vergleichbare Funde aus Tepe Hissar385 und Troja386 zeigen, dass es sich um einen Typ handelt, der beinahe unverändert seit dem 3. Jt. v.Chr. existierte. Aus Grab 10 in Godin Tepe liegen zwei Perlen dieses Typs vor, die durch die beigegebene Keramik in die Eisenzeit I datiert werden können387. In Marlik verteilen sich die Funde auf die Stufen I und IIa, wobei Grab 47 im Verdacht steht, eines der früheren Gräber der Stufe IIa zu sein. Damit wird 383 Dies betrifft zum Beispiel die vierspiraligen Schieberperlen und die doppelkonischen Rippenperlen. Moorey 1994, 97. 385 Yule 1982, 21, Abb. 13. 386 Tolstikov/Trejster 1996, 80-93, Kat.-Nr. 78-100. 387 Young 1969, 96-97, Fig. 25, 4-5. 384 172 Auswertung der Typen deutlich, dass es sich tendenziell um einen älteren Perlentyp handelt, der aber bis ins Ende des 2. Jt. v.Chr. vorkommt. In späteren Fundzusammenhängen taucht er kaum mehr auf388. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa. Zahnradperlen aus Fritte Die wenigen Beispiele dieser einfachen, aber durchaus markanten Form stammen aus Gräbern der Stufe IIa. Beispiele aus anderen Fundorten liegen bisher nicht vor. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Kugelförmige Goldblechperlen Obwohl es sich hierbei um einen sehr einfachen Typ handelt, kommen beinahe alle Exemplare aus Stufe IIa. Stufe IIb ist lediglich durch Beispiele aus Grab 19 vertreten. Wie groß die Aussagekraft dieses Ergebnisses ist, lässt sich jedoch nicht feststellen. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa, vereinzelt Stufe IIb. Goldene Rippenperlen Diese Perlenform ist über einen langen Zeitraum und einen großen geographischen Raum belegt. Ihre Anfänge reichen bis in das 3. Jt. v.Chr. zurück389. Aus dem frühen 2. Jt. stammen mehrere Ketten mit goldenen Rippenperlen und vierspiraligen Schieberperlen, die in Assur Grab 20 gefunden wurden390. Auch in Palästina war dieser Typ verbreitet, wie zahlreiche Funde in Gräbern der ausgehenden mittleren und der späten Bronzezeit in Tell el-Ajjul zeigen391. Die chronologische und geographische Brücke ins Iranische Hochland bilden Funde aus dem Gräberfeld von Dinkha Tepe392. In Marlik wurden goldene Rippenperlen in den Gräbern 15, 47 und 50 gefunden. Diese Befunde dürften chronologisch nahe zusammen gehören und sind den Stufen I und IIa zuzuordnen. Im gleichen Zeitraum wurden auch die Gräber A-V und E.6 in Ghalekuti 388 Bei Nachgrabungen in der beraubten Nekropole von Dosaran wurde unter anderem auch eine Perle dieses Typs zutage gefördert. Das Grab wurde von den Ausgräbern in die Achämenidenzeit datiert. Vgl. Rahbar 1997, 22 und 119. 389 In Troja finden sich einfache Rippenperlen in Ketten mit Scheibenperlen. Tolstikov/Trejster 1996, 80-93, Kat.-Nr. 78-100. 390 Während Haller 1954, 10, Taf. 10, a, der Meinung ist, es handele sich um ein altassyrische Grab, tritt Maxwell-Hyslop 1971, 58, 70-71, für eine Datierung in die Ur III-Zeit ein. 391 Maxwell-Hyslop 1971, 116, Fig. 80 und 126, Pl. 93 sowie 94b. 392 Muscarella 1974, 40-41, 43, Fig. 6, publizierte Rippenperlen aus Bronze und Fritte aus Grab B9a, burial 24 in Dinkha Tepe. Es dürfte sich seiner Meinung nach um eines der älteren Gräber der Phase EZ I vor Ort handeln. 173 Auswertung der Typen angelegt, welche zum Teil beinahe identische Exemplare enthielten393. Im frühen 1. Jt. ist der Typ nicht mehr zu nachzuweisen. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa. Flache Rippenperlen Imitationen der qualitativ hochwertigeren Goldperlen aus Fritte oder Gips sind ebenfalls in Gräbern der Stufen I und IIa zu beobachten und dürften damit eine ähnliche Zeitstellung besitzen wie ihre Vorbilder. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa Granatapfelförmige Perlen Auch diese Form ist über einen längeren Zeitraum in wenig veränderter Ausführung belegt. In Marlik kommen Exemplare in den Stufen IIa, IIb und III vor. Die lange Laufzeit wird auch bei Funden aus mittel- und neuassyrischen Zusammenhängen deutlich394. Vergleichbare Perlen aus Fritte und Bronze wurden in den Gräbern 123 und 150 der Nekropole B von Tepe Sialk entdeckt395. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa, IIb und III. Schwarzweiß gebänderte Glasperlen Zu den charakteristischen, offenbar lokal produzierten Formen gehören schwarzweiß gebänderte Perlen aus glasartigem Material, die außerhalb des Elbursgebirges nicht vorkommen. In Marlik sind solche Perlen ausschließlich in reichen Gräbern der Stufe IIa gefunden worden. Die Exemplare aus Kaluraz lassen sich mangels ausreichender Publikation nicht sicher einordnen396. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Spiraldrahtperlen Aufgrund der einfachen Form ist dieser Typ feinchronologisch nur schwer zu bestimmen. Funde stammen aus mehreren Belegungsphasen der Nekropole von Marlik. 393 Egami 1965, Pl. LVII, 89-90; Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI, 1-2. Gut gearbeitete Exemplare waren beispielsweise in der berühmten Gruft 45 vorhanden, welche eine Nutzungsdauer im späteren 14. und 13. Jh. aufweist. Haller 1954, Taf. 34, l; für neuassyrische Beispiele vgl. Damerji 1998, 60, Abb. 9. 395 Ghirshman 1939, 246, Pl. LXXIX, S. 993b und 250, Pl. XCV, S. 1443b. Beide Gräber gehören nach Tourovetz 1989, 223, Anm. 23 zur ältesten Belegungsphase des Friedhofes und dürfte damit nur unwesentlich jünger sein als die Nekropole von Marlik. 396 Khalatbari 1997, 123, Abb. B. 394 174 Auswertung der Typen Zeitstellung: Marlik Stufen I, IIa und IIb. Röhrenperlen mit Gittermuster Zwei beinahe identische Exemplare wurden in den Gräbern 15 und 23 – beide Stufe I – entdeckt. Vergleichsfunde aus Tell el-Ajjul bestätigen diese frühe Zeitstellung und bekräftigen erneut die engen Verbindungen zu diesem Fundort397. In etwas abgewandelter Form ist der Typ aber auch noch in Stufe III vorhanden. Zeitstellung: Marlik Stufe I. Goldene Tierkopfperlen Tierkopfperlen aus Goldblech repräsentieren offenbar eine lokale Schmuckform. Sie stehen in engem Zusammenhang mit den ähnlich gearbeiteten Tierkopfnadeln und den Felidenköpfen aus Goldblech, welche ebenfalls mehrheitlich aus Befunden der Stufe IIa stammen. Diese Zeitstellung trifft auch auf viele andere getriebene Goldblecharbeiten aus Marlik zu. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa, vereinzelt noch IIb. Vierspiralige Schieberperlen Maxwell-Hyslop unterschied zwei Typen vierspiraliger Schieberperlen. Die in Marlik vorhandenen Funde gehören ihrem Typ 2 an, welcher eine erhebliche Laufzeit vom 3. bis in das 1. Jt. v.Chr und ein ausgesprochen „internationales“ Gepräge besitzt398. Damit dürfte diese Form für feinchronologische Auswertungen kaum zu gebrauchen sein, obwohl sie in Marlik auf Gräber der Stufe II beschränkt ist. Funde, welche um die Jahrhundertwende im Taleshgebiet gemacht wurden, zeigen, dass der Typ in Nordiran offenbar nicht unüblich war. Das Taleshgebiet bildet auch die Verbindung zum südlichen Kaukasus399, wo spätbronzezeitliche Spiralschieberperlen aus Lčašen die bereits mehrfach angedeuteten Bezüge zwischen beiden Regionen bestätigen400. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-b. 397 Maxwell-Hyslop 1971, 126, Pl. 94c. Maxwell-Hyslop 1971, 34-36. Funde sind über den gesamten Vorderen Orient verstreut. Zu nennen sind beispielsweise Troja, Mari, Tepe Hissar und Lothal. Zu den spätesten Beispielen gehören silberne Stücke aus einem Depotfund in Tepe Nush-i Jan, der allerdings auch ältere Objekte enthalten könnte. Vgl. Curtis 1984, 1-6; Roaf 1990, 183. 399 Bahşaliyev/Schachner 2001, 16-19, Abb. 5. 400 Culican 1964, 43. Diese lassen sich auch im technischen Bereich feststellen. Wie Schachner/Gasanova 2002, 236-238 herausfanden, unterscheidet sich die Metallurgie der Spätbronze- und Früheisenzeit im südlichen Kaukasus und in Nordiran deutlich von anderen Regionen wie beispielsweise Luristan bzw. Westiran. 398 175 Auswertung der Typen Birnenförmige Goldblechobjekte Die vorliegenden Beispiele aus den Gräbern 24 und 26 sind beinahe identisch und belegen erneut die guten Verbindungen zwischen diesen beiden Befunden. Wie bereits angemerkt, ist die Funktion dieser Objekte unklar. Sie kommen ausschließlich in Stufe IIa vor. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Offene Armreifen Diese einfache Form ist in zahlreichen Befunden vorhanden. Funde verteilen sich auf Gräber aller Belegungsstufen. Methodisch gesehen handelt es sich um einen Durchläufer, der keinerlei feinchronologische Relevanz besitzt. Zeitstellung: Marlik Stufen I, IIa-b und III. Durchläufer. Offene tordierte Armreifen Den beiden Funden aus der Nekropole kommt wohl keine sehr große Aussagekraft zu, zumal sie nicht völlig identisch sind. Es scheint sich um qualitätvollere Varianten der einfachen offenen Armreifen zu handeln. Funde stammen aus Gräbern der Stufe II. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-IIb. Geschlossene Bronzeringe Der Verwendungszweck dieser Objekte ist nicht ganz klar. Es wurden nur wenige Funde in Gräbern der Stufe II gemacht. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-IIb. Bronzebarren Der Verwendungszweck dieser Objekte ist nicht gesichert. Funde liegen aus Gräbern der Stufen IIa und IIb vor. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-IIb. Bootsförmige Ohrringe Ohrringe mit dieser Grundform sind über einen langen Zeitraum belegt. Die Laufzeit beginnt in der zweiten Hälfte des 2. Jt. v.Chr. und erstreckt sich bis weit in das 1. Jt. hinein401. 401 Der Typ ist in einfachen Varianten bereits im 3. Jt. v.Chr. belegt. Funde stammen unter anderem aus Ur und Kültepe Vgl. Maxwell-Hyslop 1971, 4-5, 47, 83, Pl. 4, 37a und 57a. Damerji 1998, Abb. 11, publizierte ähnliche Ohrringe, allerdings mit völlig anderen Anhängern, aus neuassyrischen Fundzusammenhängen. Die lange Laufzeit wird anschaulich durch urartäische Funde aus Karmir Blur illustriert. Vgl. Maxwell-Hyslop 1971, 203, Pl.158. 176 Auswertung der Typen Variante A verteilt sich auf Gräber der Stufen I und II und wird in Stufe II durch Variante B abgelöst. Letztere besitzt entfernte Vergleichsstücke im Inventar der Gruft 45 in Assur402. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufen I bis IIb. Variante B: Marlik Stufe III. Blechohrringe Diese meist recht einfache Form ist in Marlik bereits in frühen Gräbern der Stufe I vorhanden. Dazu passt auch ihr Vorhandensein in mehreren Befunden in Ghalekuti403. Die granulierten Blechohrringe aus Grab 10 weisen ebenfalls auf eine frühe Zeitstellung hin. Beispiele sind aber auch noch in Gräbern der Stufe II vorhanden. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa-b. Tordierte Drahtohrringe Einfache, in ich verdrehte Metalldrahtringe der Variante A kommen in zahlreichen vorgeschichtlichen Kulturgruppen vor und besitzen dementsprechend einen extrem geringen typologischen und chronologischen Aussagewert. In Marlik kommen die wenigen Funde aus Gräbern der Stufe II. Sehr viel charakteristischer wirken die Beispiele der zweiten Variante, die aber ebenfalls über einen großen geographischen Raum verteilt sind. In Marlik beschränken sich die Funde auf zwei Gräber der Stufe I, was zu den Vergleichsstücken aus Dinkha Tepe und der Levante passen könnte. Der nächst gelegene Befund ist Grab 1 in Tul-e Talesh, welches offenbar während des späten 2. und frühen 1. Jt. immer wieder für Nachbestattungen genutzt wurde404. Auch das Kammergrab B10a B27 aus Dinkha Tepe enthielt mehrere Nachbestattungen aus der Mitte des 2. Jt. v.Chr. An einem beiseite geräumten Skelett fanden sich zwei Ohrringe dieses Typs zusammen mit zwei Gewandnadeln und zwei Anhängern405. Die Beigabenkombination tordierter Ohrringe der Variante B mit Kegelkopfnadeln und Scheibenanhängern der Variante A ist in all diesen Befunden vorhanden. Es scheint sich um 402 Haller 1954, Taf. 33, a-b, hier allerdings mit eichelförmigen Ansätzen. Grab C-I bei Egami 1965, Pl. LXXIX, 198, als Anhänger bezeichnet; Grab E.6: Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI, 1617. 404 Vahdati 2007, 134-136, 128, Fig. 1,23. Das Grab enthielt unter anderem auch Kegelkopfnadeln und goldene Scheibenanhänger mit eingeritztem Sternenmuster. 405 Rubinson 1991, 385-386. Eine silberne Gewandnadel mit durchlochtem Schaft entspricht den goldenen Kegelkopfnadeln aus Marlik Gr. 10 und 50 sehr gut. Auch der Scheibenanhänger aus Goldblech mit eingeritztem Sternenmuster besitzt überzeugende Vergleiche in einigen Gräbern in Marlik. 403 177 Auswertung der Typen eine klassische Tracht- bzw. Schmuckausstattung im nördlichen und nordwestlichen Iran zu handeln, dessen Ursprünge offenbar in Mesopotamien und der Levante liegen406. Beinahe identische Ohrringe liegen auch aus Assur Grab 625 vor, wurden von den Bearbeitern aber deutlich jünger datiert. Eine exakte Analyse der Vergleichsfunde zeigt, dass auch hier eine Zeitstellung in der Mitte bzw. der zweiten Hälfte des 2. Jt. v.Chr. nicht auszuschließen ist407. Die bei weitem größte Zahl von Vergleichen liegt aus dem östlichen Mittelmeerraum vor. Neben Tell el-Ajjul408, Lachish und Ras-Shamra409 ist auch Enkomi auf Zypern zu nennen410. All diese Funde besitzen eine Zeitstellung innerhalb der ausgehenden Mittelbronzezeit und der Spätbronzezeit, wobei die jüngeren Exemplare sich zeitlich wohl mit den Beispielen aus Nordiran überschneiden dürften. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa-b. Variante B: Marlik Stufe I. Goldene Drahtohrringe Beispiele mit applizierten Kugeln kommen alle aus Gräbern der Stufe I. Entfernt ähnliche aus Stufe IIa. Drahtohrringe ohne Applikationen verteilen sich auf die Stufen I, IIa und IIb. Dazu passen Funde aus Grab C-II in Ghalekuti411. Außerhalb Nordirans ist der Typ bisher nicht belegt. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe I. Variante B: Marlik Stufen I und IIa-b. 406 Rubinson 1991, 388-390, betont den starken „internationalen“ Charakter vieler Funde aus Grab B10a B27. Dieses so genannte Kapselgrab wurde von Haller 1954, 49, aufgrund der verdickten Drahtohrringe mit „traubenförmigem Ansatz“ parthisch datiert, weil derartige Ohrringe auch in dem in die Partherzeit gehörenden Topfgrab 529 enthalten waren. Auch in Nordiran ist dieser Typ in dem parthischen Grab D-IV aus Noruzmahale belegt. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1966, Pl. XLIX, 30-31. Allerdings gibt es beinahe identische Exemplare in der Levante und auf Zypern bereits während der späten Bronzezeit. Vgl. Maxwell-Hyslop 1971, 115-116, Pl. 77 sowie 121-122, Fig. 85 für Tell el-Ajjul und Maxwell-Hyslop 1971, 130-131, Pl. 96 für Enkomi. Dies würde auch gut zu der in Assur Grab 625 vorliegenden Vergesellschaftung mit tordierten Drahtohrringen passen, die in späteren Zusammenhängen in der Regel nicht mehr auftauchen. Bei den Drahtohrringen mit traubenförmigem Ansatz zeigt sich deutlich, welche langen Laufzeiten und große Verbreitungsgebiete bestimmte Schmuckformen im Alten Orient aufweisen können. 408 Maxwell-Hyslop 1971, 114-115, Pl. 75. 409 Rubinson 1991, 384, Anm. 37 und 38. 410 Maxwell-Hyslop 1971, 130, Pl. 96-98, führt das Vorhandensein dieses Typs in Zypern auf palästinischen Einfluss zurück. 411 Egami 1965, Pl. LXXXI, 13-14. 407 178 Auswertung der Typen Lockenringe Spiralförmig zusammen gebogene Lockenringe sind feinchronologisch nicht näher einzugrenzen. Sie gehören zu den wenigen Fundgruppen, die in allen Belegungsstufen in Marlik vorhanden sind. Zeitstellung: Marlik Stufen I, IIa, IIb und III. Durchläufer. Goldblechblätter Funde kommen lediglich in zwei Gräbern der Stufe I und IIa vor. Wie die bereits von Negahban angeführten Vergleiche nahe legen, handelt es sich um eine ausgesprochen langlebige Form, die bereits im 3. Jt. v.Chr. vorhanden ist412. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa. Goldblechknöpfe Stufe I lieferte kaum entsprechendes Material. Ein Goldblechknopf aus Grab 10 zeigt deutlich das Vorbild der mit eingepunztem Astralmuster versehenen Scheibenanhänger der Variante A, welche auf Stufe I beschränkt sind413. Dazu passt gut, dass in den gleichzeitigen Gräbern von Ghalekuti keine Goldblechknöpfe dieser Art auftauchen. In Stufe IIa kommt es zur Herausbildung der mit zahlreichen Knöpfen besetzten Kriegertracht, die eindrucksvoll in den Befunden 47 und 52 festgestellt werden konnte. Im Oberkörperbereich fanden sich zahlreiche Knöpfe aus getriebenem Goldblech, die vermutlich auf der Kleidung der Bestatteten aufgenäht waren. Die vergleichsweise häufig abgebildeten Befunde aus den beiden oben genannten Gräbern führten leider zu der nicht selten geäußerten Ansicht, dass man eine Bestattung auf Steinbänken in einem mit Goldknöpfen reich besetzten Obergewand als geradezu typisch für die Verhältnisse in Marlik anzusehen hatte.414 In der Tat enthielten nur wenige Gräber entsprechend viele Exemplare dieser Goldblechknöpfe. Bestenfalls für Grab 26 könnte eine ähnliche Trachtausstattung angenommen werden. Die Gräber 26, 47 und 52 sind durch zahlreiche Typen fest miteinander verbunden und wurden wohl in relativ kurzem Abstand hintereinander angelegt. Gräber der Stufe IIb lieferten bereits bedeutend weniger Goldblechknöpfe, und Stufe III enthielt schließlich nur einen Goldblechknopf415. Damit wird deutlich, dass die Entwicklung dieser Tracht in den reichen 412 Negahban 1996, 183. Geographisch und chronologisch am nächsten dürften Beispiele aus Tepe Hissar III C sein. Vgl. Yule 1982, Abb. 15, 25-29. 413 Negahban 1996, Kat.-Nr. 415. 414 Löw 1998, 28. 415 Grabnummern und darin enthaltenen Goldblechknöpfe nach Negahban 1996: Gr. 1 (1), Gr. 10 (1), 24 (6), 26 (59), 27 (1), 32 (1), 33 (9), 42 (14), 45 (10), 47 (24), 50 (3), 52 (66). 179 Auswertung der Typen Waffengräbern der Stufe IIa ihren Höhepunkt besaß und danach schnell wieder abnahm. Es dürfte sich demnach wohl eher um eine kurzlebige Modeerscheinung gehandelt haben, die zudem auf wenige herausragende Waffengräber beschränkt war, als um eine allgemeine Trachtsitte von längerer Dauer. Auch die bildlichen Darstellungen auf Metallgefäßen zeigen keine entsprechenden Verzierungen der Kleidung. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Darstellungen von Menschen erst bei Metallgefäßen festzustellen sind, welche in Gräbern der Stufe IIb und III gefunden wurden. Zu dieser Zeit aber war die oben beschriebene Tracht bereits nicht mehr vorhanden. Ob es sich bei den kreisrunden Verzierungen auf den Gürteln und Dolchscheiden der anthropomorphen Keramikfiguren aus den Gräbern 36 und 52 um Darstellungen von auf Leder aufgenähten Blechknöpfen handelt, lässt sich nicht absichern. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa, vereinzelt auch in den Stufen I, IIb und III. Bronzeknöpfe Die nicht sehr auffälligen Bronzeknöpfe kommen in Gräbern der Stufen I und II vor. Die Form an sich ist auch noch in Fundzusammenhänger der EZ III belegt, besitzt dann jedoch eine andere Durchlochung416. Zeitstellung: Marlik Stufen I und II. Zimbeln Alle so genannten Zimbeln aus Marlik stammen aus Gräbern der Stufe II. Funde aus parthischen Gräbern zeigen jedoch, dass man mit einer erheblichen Laufzeit für diese Form zu rechnen hat417. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-IIb. Goldblechdiademe Das Tragen von Diademen ist auf bildlichen Darstellungen für die früheisenzeitlichen Kulturen in Nord- und Nordwestiran mehrfach nachgewiesen418. Auch auf einigen reliefierten 416 Die Löcher sitzen dann paarweise einander gegenüber auf dem Rand. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXXIV, 22 aus einer Nachbestattung in Ghalekuti Grab C-I sowie Samadi 1959, Fig. 30, m aus Grab 14 in Tomadjan. 417 Moorey 1971, 248. 418 Das bekannteste Beispiel hierfür bietet der Goldbecher von Hasanlu, auf dem die Mehrzahl der dargestellten Männer ein deutlich erkennbares Stirnband besitzt, während die Frauen zwar zum Teil ebenfalls Kopfbedeckungen, aber keine solchen Bänder oder Diademe tragen. Vgl. Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 708709 und Kargar 2005, 18-19. Nahe verwandt ist ein von Porada 1972, 164-169, Fig. 1-4 ausführlich besprochenes Blechfragment aus dem Kunsthandel, welches nach Löw 1998, 94-95, eindeutig Nordiran zugewiesen werden kann. Des Weiteren ist ein Metallgefäß aus dem Kunsthandel zu nennen, auf dem ein 180 Auswertung der Typen Metallgefäßfragmenten aus Marlik lassen sich entsprechende Objekte erkennen419. Diademe und Stirnbänder werden in allen bekannten Fällen von männlichen Personen getragen. Dazu passt, dass derartige Diademe mehrheitlich in Befunden aufgetaucht sind, die auch Waffen enthalten und die demnach als Bestattungen von Männern interpretiert wurden420. Man wird deshalb kaum in der Annahme fehlgehen, dass es sich bei solchen Stücken mehrheitlich um eine männerspezifische Beigabe handeln dürfte. Ähnliches ist auch für die gut vergleichbaren Diademe aus den Sumbar-Gräberfeldern festgestellt worden421. Die meisten dieser Objekte stammen aus Gräbern, die man in die erste Hälfte der Kombinationstabelle findet. Tendenziell lässt sich feststellen, dass verzierte Exemplare etwas älter sein könnten, was gut zu den Vergleichsstücken aus den Sumbar-Gräberfeldern passen würde422. Beide Varianten sind in Grab 50 miteinander vergesellschaftet, was auf eine gewisse zeitliche Überlappung hindeutet. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe I. Variante B: Marlik Stufe I und II. Gürtelbleche Darstellungen zeigen, dass breite Gürtel durchaus zur früheisenzeitlichen Tracht in Nordiran gehört haben. Eine der hohlen Keramikfigurinen aus Grab 36 besitzt neben dem Dolch auch eine breite, mit eingedrückten Kreisstempeln verzierte Zone im Hüftbereich, die wohl als Gürtel anzusprechen ist423. Ob es sich dabei um ein Gürtelblech oder einen Ledergürtel handelt, ist allerdings nicht festzustellen. Aus dem Bereich der Metallgefäße lassen sich mehrere Beispiele anführen. So trägt beispielsweise der Tierbezwinger auf dem Silberbecher aus Grab 45 einen breiten, aber unverzierten Gürtel um die schmalen Hüften424. Auf dem Hasanlu-Goldbecher wird der schreitende Bogenschütze mit einem breiten Gürtel gezeigt, welcher abgesehen von den schmalen Seitenstreifen ebenfalls unverziert ist425. Daneben trägt auch der vor dem Thron stehende Mann einen ähnlichen troddelbesetzten Rock mit einem Streitwagenlenker mit einem Schlangendiadem ähnlich dem des Bogenschützen auf dem Goldbecher von Hasanlu ausgestattet ist. Siehe Löw 1998, 359-361, Fig. 108 sowie 364-368. Schlangendiademe dieser Art wurden bisher allerdings bei keiner wissenschaftlichen Grabung entdeckt. Alle genannten Stücke stehen auch verschiedenen Bechern aus Marlik stilistisch nahe. 419 Dies betrifft vor allem die Fragmente eines Bronzegefäßes mit Jagddarstellung aus Grab 42. Vgl. Negahban 1983, 81-82, Abb. 56. 420 Die Ausnahmen bilden die Gräber 23 und 14. Wie oben ausgeführt, dürfte es sich aber bei letzterem mit großer Wahrscheinlichkeit um ein beraubtes Grab handeln, welches kein vollständiges Inventar mehr enthielt. 421 In der Nekropole Sumbar I stammten zwei von drei Funden aus Männergräbern. Chlopin 1986, 27. 422 Chlopin 1986, 71, Abb. 43,7; 85, Abb. 64,3; 95, Abb. 77,8. 423 Seipel 2000, 155, Kat.-Nr. 81. 424 Negahban 1983, 50, Abb. 19. 425 Porada 1962, 88, links oben. 181 Auswertung der Typen schmalen, vorne herabhängenden Band, bei dem es sich um das Ende eines Ledergürtels handeln könnte426. Aus dem Kunsthandel ist noch ein Goldbecher mit zweiregistriger Darstellung zu nennen, der unten Figuren im Knielauf zeigt427. Auffällig ist neben dem mit gepunkteten Kreisen versehenen Obergewand der breite Gürtel, der auf beiden Seiten halbkreisförmige Doppelrillen aufweist, was auf ein punz- oder reliefverziertes Gürtelblech schließen lässt. Das Stück, welches von Löw ihrer Stilgruppe 20 zugeordnet wurde, ist zweifelsohne echt und verfügt über sehr gute Vergleichsmöglichkeiten zum HasanluGoldbecher sowie zu einigen Gefäßen aus Marlik und dürfte damit auch ähnlich zu datieren sein428. Gürtel des Typs I weisen typologisch einen sehr geschlossenen Eindruck auf. Unter diesen Umständen verwundert es auch nicht, dass alle Beispiele aus Gräbern der Stufe IIa kommen. Typ II ist mit je einem Exemplar in Stufe IIa und IIb vertreten. Zeitstellung: Typ I: Marlik Stufe IIa. Typ II: Marlik Stufe IIa-IIb. Gewandnadeln Über die Trageweise der Gewandnadeln sind wir aufgrund fehlender Dokumentation in Marlik leider nicht unterrichtet. Auch andere Fundorte in Nordiran konnten hierzu bisher kaum Informationen liefern. Auffällig ist, dass einige der Nadeln paarweise in den Gräbern vorkommen. Des Weiteren sind Kombinationen zweier Typen in einfacher Ausfertigung in den gleichen Befunden festzustellen. Dies könnte auf eine Tracht mit im Regelfall zwei Nadeln hindeuten. Die einzige bildliche Darstellung, auf der wohl auch Gewandnadeln zu erkennen sind, ist der Goldbecher von Hasanlu429. Bei der einen Löwen leitenden Frau sind im Bereich des Schlüsselbeines vor den Schultern zwei nach außen ragende dünne Spitzen zu erkennen. Es dürfte sich wohl um Gewandnadeln handeln, die schräg von innen durch den Stoff des Gewandes geführt werden430. Die Köpfe der Nadeln sind auf dem Becher nicht zu erkennen, wobei aber die Darstellung wohl insgesamt zu klein wäre, um eventuelle Typen identifizieren zu können. Dennoch erfährt die oben geäußerte Vermutung einer Zweinadeltracht durch diese Abbildung eine zusätzliche Bestätigung. 426 Winter 1989, 96, Fig. 16. Negahban 1968, 68. 428 Löw 1998, 332-339 und 451. 429 Porada 1962, 86-87, Fig. 61-62. 430 Dies entspricht übrigens exakt der Fundlage zweier Löwenkopfnadeln in dem Frauengrab 123 der Nekropole B von Tepe Sialk. Vgl. Ghirshman 1939, Pl. LXXIX. 427 182 Auswertung der Typen Ungeklärt bleiben muss zunächst die Frage, ob es sich bei Gewandnadeln um eine geschlechtsspezifische Fundgruppe handelt. Die mit Nadeln ausgestatte Person auf dem Goldbecher von Hasanlu ist zwar eine Frau, doch andererseits enthielten abgesehen von Grab 10 alle oben aufgeführten Befunde neben Nadeln auch Waffen431. Typenbezeichnung Grabnummer Anzahl Vogelkopfnadeln 41 2 Felidenkopfnadeln 32 2 Nadeln mit Goldblechhülsen 36 2 Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf 36 2 19 2 50 2 36 2 52 4 Nadeln mit durchbrochenem Kopf 36 2 Goldene Kegelkopfnadeln 10 2 50 1 Große Vierkantnadeln 26 keine Angaben Blechnadeln 10 1 50 1 10 1 36 1 Glatte Nadeln mit kleinem Kopf Pilzkopfnadeln In den Waffengräbern der Stufe I sind keine Gewandnadeln gefunden worden. Gleiches gilt für die auch ansonsten gut vergleichbaren Befunde in Ghalekuti. Dass es aber auch in dieser frühen Stufe bereits vereinzelt Nadeln gab, deutet sich durch die Funde aus Djamshidabad und aus Grab 10 in Marlik selbst an432. Gewandnadeln treten dann relativ unvermittelt mit einer Vielzahl von Formen ab Stufe IIa auf. In Stufe IIb sind nur noch wenige Exemplare vorhanden, und aus der darauf folgenden Stufe III liegt kein Fund mehr vor. Die Ergebnisse der neueren iranischen Grabungen im Taleshgebiet lassen allerdings darauf schließen, dass ähnliche Nadeln vereinzelt auch noch bis weit in das 1. Jt. v.Chr. hinein vorhanden waren433. Einen essentiellen Bestandteil des Fundmaterials bilden Gewandnadeln in Nordiran allerdings zu keiner Zeit. 431 Dies ist auch in Grab 1 von Tul-e Gilan der Fall, wobei in diesem Fall, wie bereits oben erwähnt, mehrere Nachbestattungen vorliegen dürften. 432 Fallahiyan 2004, 231, Abb. 23 und 237, Abb. 17. 433 Tul-e Gilan: Khalatbari 2004a, 87, Abb. 65; Maryan: Khalatbari 2004c, 294, Abb. 95, 3-4 und 8-13. 183 Auswertung der Typen Tierkopfnadeln Diese auffälligen Nadeln kommen paarweise in den Gräbern 32 und 41, in einfacherer Form auch in Grab 36 vor. Es handelt sich jeweils um Befunde der Stufen IIa und IIb. Vergleichsstücke liegen aus der Nekropole B von Tepe Sialk vor, sind dort aber nicht so qualitätvoll gearbeitet wie in Marlik434. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa bis IIb. Goldene Kegelkopfnadeln Obwohl der Typ aus dem Kunsthandel in größerer Zahl vorliegt435, wurden in Marlik nur drei Exemplare aus den beiden Gräbern 10 und 50 geborgen. Dies würde einer Laufzeit von Stufe I bis Stufe IIb entsprechen. Dass Nadeln dieses Typs offenbar über einen längeren Zeitraum vorhanden sind, zeigen Vergleichsfunde aus mehreren mittelbronzezeitlichen Befunden in Nordwest- und Westiran436. Aus Nordiran selbst kommen bisher nur wenige Beispiele, die ebenfalls über einen größeren chronologischen Rahmen innerhalb der Frühen Eisenzeit streuen437. Zeitstellung: Marlik Stufe I bis Stufe IIb. Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf Aufgrund der bisher publizierten Abbildungen ist es kaum möglich, diesen Typ in mehrere, zweifelsohne vorhandene Varianten zu untergliedern. Die aufgeführten Funde gehören dem Bereich zwischen Stufe I, IIa und IIb an. Ähnliche Nadeln aus anderen Fundorten besitzen ebenfalls eine große chronologische Bandbreite438. Gut vergleichbare Funde wurden in einigen Gräbern in Gheytariyeh 434 Ghirshman 1939, Pl. LXXIX. In Grab 123 fanden sich zwei Löwenkopfnadeln, die im Bereich des Schlüsselbeins mit den Spitzen nach außen getragen wurden. Es handelt sich offenbar um das Grab einer weiblichen Person, welches nach Tourovetz 1989, 23, Anm. 23 zu den ältesten Grabanlagen vor Ort gehört. Zu weiteren Exemplaren des Typs siehe Ghirshman 1939, Pl. XXIX, 1. 435 Beispielsweise Moorey 1971, Pl. 43, 243-248. 436 Dinkha Tepe Grab B10a B27: Rubinson 1991, 385, Fig. 21, b, c, h und Fig. 22; Bad Hora Grab II: Contenau/Ghirshman 1935, Pl. 82. 437 Djamshidabad: Fallahiyan 2004, 221, Abb. 23,E und 237, Abb. 18. Der überwiegende Teil der Funde dürfte den Stufen I und IIa in Marlik entsprechen. Tul-e Gilan Grab 1: Vahdati 2007, 134, 128, Abb. 1,30-31. Die Funde aus diesem Grab stammen offensichtlich von mehreren Nachbestattungen, die im Laufe der Zeit in das Grab eingebracht wurden. 438 In die Mittelbronzezeit datieren die Funde aus Godin Tepe Tomb O, Burial B: Young 1969, 102-103, Fig. 30, 5-9 und Tepe Djamshidi Grab 16 und 17: Contenau/Ghirshman 1935, Pl. 80. Ein Vergleichsweise frühes Datum wurde von Kroll 1984, 127, auch für ein Nadelpaar aus Vadjalik im Taleshgebiet angenommen. Vgl. De Morgan 1905, 302, Fig. 569-570. Eine ähnliche Nadeln aus Dinkha Tepe gehört laut Muscarella 1974, 40, Fig. 3, zu Grab B9a, burial 25, welches eines der ältesten früheisenzeitlichen Gräber vor Ort darstellt. Etwas jünger, aber dennoch vergleichsweise früh zu datieren, ist auch Grab B9a, burial 24, welches ähnliche Nadeln enthielt. Vgl. Muscarella 1974, 43, Fig. 6. 184 Auswertung der Typen entdeckt439. Leider reichen die über diesen Fundort publizierten Informationen nicht aus, um eine feinchronologische Datierung innerhalb der Frühen Eisenzeit vornehmen zu können. Zeitstellung: Marlik Stufen I, IIa und IIb. Pilzkopfnadeln Diese Form ist als eher ungewöhnlich zu bezeichnen und taucht dementsprechend selten auf. Die in Frage kommenden Gräber sind in die Stufen I und IIa einzuordnen. Vergleichsfunde aus anderen Orten sind kaum vorhanden und können zur Datierungsfrage nichts beitragen440. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa. Ösenkopfnadeln Der Typ kommt in Marlik lediglich in drei Befunden vor. Es handelt sich jeweils um Gräber der Stufe IIa. Eine weitere Nadel des Typs wurde im früheisenzeitlichen Friedhof von Lameh Zamin gefunden441. Diese einfache Form dürfte eine lange Laufzeit besessen haben, wie ein Exemplar aus einem parthischen Grab in Noruzmahale nahe legt442. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Anhänger Granatapfelanhänger Alle aufgeführten Beispiele stammen aus Befunde der Stufe IIa. Dies entspricht in etwa der Zeitstellung granatapfelförmiger Perlen. Zwei beinahe identische Anhänger aus dem Gräberfeld von Gheytariyeh lassen sich innerhalb der Frühen Eisenzeit nicht näher einordnen443, während ein Exemplar aus Grab 155 der Nekropole B von Tepe Sialk vor Ort zu den frühesten Gräbern zu zählen ist444. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Doppelpyramidenanhänger Bei den Doppelpyramiden wurde die gleiche Technik verwendet wie bei den Trauben- und Granatapfelclustern. Die beiden Funde stammen aus Gräbern der Stufe IIa. Maxwell-Hyslop ordnete sie ihrer späteren Grabgruppe in Marlik zu, da diese Ohrringe mit Beispielen aus 439 Kambakhsh Fard 1990, 67, Abb. 117 und 104-105, Abb. 7-8; bessere Abbildungen bei Kambakhsh Fard 2001, 57. 440 In Frage käme vielleicht eine Nadel aus Veri im Taleshgebiet bei De Morgan 1896, 99, Fig. 100,20. 441 Fukai/Matsutani 1982, Pl. 25,3. 442 Egami/Fukai/Masuda 1966, Pl. XXXVIII,4. Grab B-IV. 443 Kambakhsh Fard 1990, 107, Abb. 22. 444 Ghirshman 1939; 250, Pl. XCV, S. 1456; Tourovetz 1989, 223, Anm. 23. 185 Auswertung der Typen Patnos verglich, die von ihr in das 9. Jh. datiert wurden445. Mittlerweile ist bekannt, dass dieser Fundortangabe wohl nicht zu vertrauen ist, da sie im Kunsthandel in der Vergangenheit immer wieder gerne als beliebter Herkunftsort genannt wurde. Ob die genannten Stücke tatsächlich aus Patnos stammen und in welchem Kontext sie gefunden wurden, ist bis heute nicht klar. Als sicher datierende Vergleiche fallen sie deshalb aus. Zeitstellung: Marlik IIa. Traubenförmige Perlen/Anhänger Sowohl das äußere Erscheinungsbild als auch die angewandte Technik verbinden diesen Typ mit den Granatapfelförmigen Perlenclustern. Dem entspricht auch die Zeitstellung in Gräbern der Stufe IIa. Die Technik, hohle Goldperlen zu „clustern“ zusammenzusetzen scheint demnach typisch für diese Phase zu sein. Damit ist aber keineswegs gesagt, dass diese Feststellung auch auf andere Fundorte übertragen werden kann. Ein vergleichbarer Anhänger wurde in Grab B9a, burial 26 von Dinkha Tepe gefunden, das nach nordwestiranischer Terminologie in die Eisenzeit I zu datieren ist446. Nekropole B von Tepe Sialk lieferte mehrere derartige Funde, welche dort der ältesten Zeitstufe angehören447. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Scheibenanhänger Die zahlreichen Vergleichsstücke aus der Levante verteilen sich auf die späte Mittelbronzezeit und die ersten beiden Jahrhunderte der Spätbronzezeit448. Absolut gesprochen währe dies in etwa der Zeitraum zwischen dem 16. und 14. Jahrhundert. In Marlik ist Variante A hauptsächlich Stufe I vorhanden und bildet damit die ältere Gruppe. Variante B scheint demgegenüber etwas jünger und ist hauptsächlich in Gräbern der Stufe IIa, selten noch in IIb zu finden. Die Einzelstücke aus den Gräbern 26 und 33 gehören ebenfalls fest zu Stufe IIa. Auffällig ist, dass sich die Funde solcher Anhänger auf die älteren Stufen in Marlik konzentrieren. Die späteren Befunde in Marlik enthalten kaum noch Scheibenanhänger. Abgesehen von Grab 50, das beide Varianten enthielt, ist Stufe IIb lediglich mit Grab 45 vertreten, Stufe III mit Grab 2. Damit deutet sich bereits an, dass es sich um eine Form handelt, die tendenziell früh einzustufen ist. In Befunden des 1. Jt. v.Chr. finden sich derartige Objekte jedenfalls kaum mehr. 445 Maxwell-Hyslop 1971, 195, 198. Muscarella 1974, Fig. 7 oben rechts. 447 Ghirshman 1939, 250-251, S. 1476b und S. 1755; Tourovetz 1989, 223, Anm. 23. 448 Maxwell-Hyslop 1971, 138-157, mit ausführlicher Diskussion zum Hintergrund des Sternenmotivs. 446 186 Auswertung der Typen Die engsten Bezüge zueinander weisen die Exemplare aus den Gräbern 12, 15 und 23 auf. Sie besitzen gute Vergleichsmöglichkeiten zu einem Anhänger aus einem bronzezeitlichen Grab in Dinkha Tepe449. Die Anhänger aus Grab 1 in Tul-e Talesh sind aufgrund der langen Nutzungsdauer dieses Grabes nur schwer zu datieren450. Ein weiterer Anhänger aus Marlik mit einem in den Mittelbuckel eingesetzten Lapislazuli besitzt ein etwas kleineres Gegenstück aus Ghalekuti Grab C-I, dort allerdings ohne die Steineinlage451. Ansonsten sind beide Anhänger geradezu identisch, was bei der großen Bandbreite an verschiedenen Stücken in der Tat höchst erstaunlich ist und wohl im Sinne einer gleichen Zeitstellung interpretiert werden kann. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe I. Variante B: Marlik Stufe I, IIa und IIb. 8.3.6. Waffen Dolche Dolche Typ I Die Varianten A, B, C und D sind in Marlik ausschließlich in den Gräbern 12 und 15 belegt. Diese beiden Waffengräber der Stufe I weisen zahlreiche Übereinstimmungen zu den Befunden A-V und E.6 in Ghalekuti auf, in denen diese vier Varianten jeweils miteinander vergesellschaftet sind452. An ihrer weitgehenden Gleichzeitigkeit dürfte demnach kaum zu zweifeln sein. Wie bereits im Kapitel „Vorstellung der Typen“ erwähnt, befand sich im Hüftbereich der beiden Bestattungen A-V u d E.6 in Ghalekuti jeweils ein mit Rippen verzierter Dolch der Variante D. Im Fall von Grab E.6 konnte in situ ein zugehöriger Knauf aus Gold festgestellt werden, der ursprünglich auf den Griff aufgesetzt war453. Ein Weiterleben dieser Tradition zeigt sich in frühen Gräbern der nachfolgenden Stufe IIa. Hier wurde in den Gräbern 47 und 52 jeweils im Hüftbereich eine Dolchklinge des Typs I E mit durchlochter Griffangel gefunden, welche an der Oberfläche parallel zur Mittelrippe 449 Rubinson 1991, 387, Fig. 24 c, 26. Das Grab ist nach Meinung der Ausgräber in den Zeitraum zwischen dem Verschwinden der Haburware und dem Auftauchen der bemalten Urmiaware zu setzen. Anhand von C-14-Daten gelangte man zu einem Zeitansatz in das 17. bis 16. Jh. 450 Vahdati 2007, 128, Fig. 1,28-29. 451 Egami 1965, Pl. LXXIX, 199; Pl. XXXII, 4. 452 Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LV, 41-46 sowie Fukai/Ikeda 1971, Pl. LII, 7-10, 12. 453 Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI, 22. Zur Fundlage siehe Fukai/Ikeda 1971, Pl. L. 187 Auswertung der Typen mehrere Rillen aufweist. Es dürfte sich um eine bereits abgeänderte Variante der gerippten Dolche aus Stufe I handeln454. Auch hier sind noch aufgesetzte Knäufe aus anderen Materialien belegt455. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe I. Variante B: Marlik Stufe I. Variante C: Marlik Stufe I. Variante D: Marlik Stufe I. Variante E: Marlik Stufe IIa. Dolche Typ II Die beiden Varianten dieses Typs unterscheiden sich lediglich in Bezug auf die Profilierung der Handhabe und sind in zwei Gräbern miteinander vergesellschaftet. Schwere Vollgriffdolche können demnach als typische Leitform der klassischen Marlik-Kultur der Stufe IIa betrachtet werden, wo sie ausschließlich in reichen Waffengräbern vorhanden sind456. Dies legt die Vermutung nahe, dass mit diesem Typ auch eine gewisse Prestigefunktion verbunden gewesen sein könnte. In den einfacher ausgestatteten Waffengräbern der Stufe IIa sowie im Übergangsbereich zu Stufe IIa tauchen schmälere Varianten von Vollgriffdolchen auf457. Daneben sind oft auch die Randleistendolche des Typs III A vorhanden, die bezüglich ihrer äußeren Form den Vollgriffdolchen des Typs II sehr nahe stehen. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa. Variante B: Marlik Stufe IIa. Dolche Typ III Randleistendolche des Typs III A sind hinsichtlich ihrer breiten, triangulär zulaufende Klinge, der schmalen, aber erhabenen Mittelrippe und dem breiten halbmondförmigen Knauf gut mit den Vollgriffdolchen des Typs II zu vergleichen. Typ III A verteilt sich gleichmäßig auf Gräber der Stufen IIa (Gr. 27, 33) und IIb (16, 29), während die Vertreter des Typs III B ausschließlich in Stufe IIb auftauchen und wohl als Weiterentwicklung der ersten Variante anzusprechen sind. 454 Negahban 1995, 59, Fig. 38 und Pl. IX,110. Negahban 1996, Pl. 123, Kat.-Nr. 782. 456 Weitere Funde stammen aus den nur wenige Kilometer entfernten Kaluraz. Vgl. Hakemi 1972, 6. 457 Dies betrifft Negahban 1996, Kat.-Nr. 692 aus Grab 33, Negahban 1996, Kat.-Nr. 693 aus Grab 29 und Negahban 1995, Pl. V,53 aus Grab 30. 455 188 Auswertung der Typen Wie eng die Verbindungen zwischen den verschiedenen Varianten sind, wird durch einige Exemplare aus dem Kunsthandel anschaulich illustriert. Dolche des Typs IV, Variante A sind unter anderem aus Kalar Dasht mit einer Griffkonstruktion belegt, die in Marlik bei den Vertretern des Typs III vorhanden ist458. Zu einem Dolch aus Grab 29 ist ebenfalls aus dem Kunsthandel ein guter Vergleich vorhanden, welcher bereits ein halbmondförmiges Heft besitzt459. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa-IIb. Variante B: Marlik Stufe IIb. Dolche Typ IV Dieser eher ungewöhnliche Typ liegt lediglich aus zwei Befunden vor. Die beiden Gräber 26 und 33 gehören sicher zu Stufe IIa. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Dolche Typ V Dolche mit halbmondförmigem Heft sind in mehreren Varianten über einen längeren Zeitraum und ein großes Verbreitungsgebiet belegt. Zu den ältesten bisher bekannt gewordenen Exemplaren gehört ein Kurzschwert aus Grab I von Tepe Bad Hora in Westiran, welches aufgrund der beigegebenen Keramik mit den Phasen Godin III:2 und Godin PostIII:2 gleichgesetzt werden kann, was in absoluten Daten in etwa dem 17. Jh. v.Chr. entsprechen dürfte460. Umfangreicher ist die Variante, bei der Knauf, Handhabe und Heft von einer durchgehenden Randleiste umgeben sind. Die Einlagen bestanden im Regelfall aus organischem Material haben sich meist nicht erhalten. Erwähnenswert ist ein Kurzschwert mit mosaikartigen Griffeinlagen aus Haft Tepe, welches der Hauptnutzungsphase dieses Ortes im 15. Jh. v.Chr. angehört461. Grab 8 in Godin Tepe enthielt ebenfalls einen Bronzedolch dieser Variante. Die Keramik entspricht der Early Western Grey Ware und ist dementsprechend in das 15.-13. Jh. v.Chr. einzuordnen462. Die gleiche Griffkonstruktion ist auch bei Dolchen aus Ghalekuti II, Grab 7, Agha Evlar im Taleshgebiet und Kedabeg Grab 23 in Aserbaidschan 458 Samadi 1959, Fig. 10 und 18. Aus dem Kunsthandel bei Mahboubian 1997, Kat.-Nr. 385a. Negahban 1995, Pl. IV, 42; Mahboubian 1997, 384b. 460 Contenau/Ghirshman 1935, Pl. 83,7, Pl. XXIV,2-3; Henrickson 1987, 63. Dieses Schwert gehört einer Gruppe von Vollgriffwaffen an, die hauptsächlich in West- und Südwestiran beheimatet sein dürften. Siehe Piller 1995, 31-34. Vergleichbare Funde sind sogar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Halbinsel Oman bekannt geworden, dort aber nur schwer zu datieren. 461 Negahban 1991, 47, Pl. 31. 462 Young 1969, Fig. 25,11. 459 189 Auswertung der Typen vorhanden463. Entfernte Vergleiche liegen sogar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten bzw. der Halbinsel Oman vor464. Der in Marlik vorhandene Typ V scheint im Gegensatz dazu auf Nordiran beschränkt zu sein. Außerhalb von Marlik liegen derartige Funde bisher aus Kaluraz, Kalar Dasht und dem Taleshgebiet vor465. Verwandte Exemplare wurden unlängst aus Gräbern in Sharhyeri bei Meshkinshahr geborgen466. Die Dolche mit halbmondförmigem Heft gehören alle in die späteren Belegungsstufen der Nekropole von Marlik. Variante A ist auf Gräber der Stufe IIb und III verteilt, während die Exemplare der Variante B nur in Stufe III vorhanden sind. Datierung: Variante A: Marlik Stufen IIb und III. Variante B: Marlik Stufe III. Lanzenspitzen Lanzenspitzen Typ I Die unterschiedlichen Varianten dieses Typs sind nahe miteinander verwandt und decken in etwa den gleichen Belegungszeitraum in Marlik ab467. Variante A, C, D und E sind auf Stufe IIa beschränkt, während Variante B sich mit seinen beiden Vertretern auf die Stufen direkt davor und danach verteilt. Grab 29 ist, wie oben ausgeführt, als Übergangsbefund zwischen den beiden Phasen der Stufe II zu werten. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa. Variante B: Marlik Stufe I und IIb. Variante C: Marlik Stufe IIa. Variante D: Marlik Stufe IIa. Variante E: Marlik Stufe IIa. 463 Fukai/Ikeda 1971, Pl. XLV,35; De Morgan 1905, Fig. 638; Medvedskaya 1982, Fig 11,6. Yule/Weisgerber 2001, 43, Pl. 2, 20-22 sowie 85, Pl. 52. In Marlik ist eine vergleichbare Art der Griffkonstruktion bei zwei ungewöhnlichen Waffen aus Grab 1 vorhanden. Die Gesamtproportionen und die Klingengestaltung unterscheiden sich jedoch eindeutig von den älteren Exemplaren. Zudem deutet das hufeisenförmige Heft auf eine spätere Zeitstellung hin. Negahban 1995, 38, Pl. III, 32-33. 465 Kalar Dasht : Samadi 1959, Fig. 10 und 18 ; Kaluraz : Hakemi 1972, 6; Taleshgebiet: Hassan Zamini: De Morgan 1905, Fig. 541; Tchila Khane: De Morgan 1905, Fig. 416-417; Djüodjik: De Morgan 1896, Fig. 62,2; Veri: De Morgan 1896, Fig. 63, 4-7. 466 Azarnoush/Helwing 2005, 218, Fig. 40 links. 467 Obwohl der Typ sehr einfach scheint, gibt es außerhalb Nordirans kaum identische Funde. Als Vorläufer können wohl Exemplare aus Nordostiran und dem nördlichen Zentraliran betrachtet werden. Vgl. Schmidt 1937, Pl. LI, H 3855; Wulsin 1932, Pl. XX; Tehrani Moghaddam 1997, 61 oben. 464 190 Auswertung der Typen Lanzenspitzen Typ II Lanzenspitzen der Variante A setzen vereinzelt im Übergangsbereich der Stufen IIa und IIb ein. Als Vorläufer kann ein Einzelstück aus Grab 24, einem der frühen Befunde von Stufe IIa, gewertet werden468. Die meisten Funde stammen allerdings aus Gräbern der Stufe IIb, unter anderem auch das eiserne Exemplar aus Grab 18. In Stufe III ist Variante A nur noch in Grab 5 vorhanden und dort bereits mit der jüngeren Variante B vergesellschaftet, die völlig auf den letzten Belegungsabschnitt in Marlik beschränkt ist. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIb, vereinzelt auch IIa und III. Variante B: Marlik Stufe III. Lanzenspitzen Typ III Variante A mit breiter Blattform ist nur in zwei Gräbern vorhanden. Grab 15 gehört Stufe I, Grab 18 Stufe IIb an. Die Andeutung einer relativ frühen Zeitstellung kann durch Vergleiche mit dem Gräberfeld von Ghalekuti bestätigt werden. Dort gehört Variante A zur Standardausstattung männlicher Bestattungen469. Eine Abwandlung dieser Form, die so genannten daggers with barbs scheinen in Ghalekuti sogar eine Funktion als wichtiges Statussymbol erfüllt zu haben470. Eine weitere Variante dieser Form fand sich unweit des Tepe Marlik in dem ebenfalls früh zu datierenden Grab von Ali Karam Bagh471. Das vergleichsweise späte Auftreten in Grab 18 kann wohl als Ausreißer gewertet werden, denn zu dieser Zeit hatte sich der Typ offensichtlich bereits weiter entwickelt: Variante B kommt in größerer Zahl in Gräbern der Stufen IIb und III vor und kann damit als jüngere Form dieses Typs gewertet werden. Anzuschließen sind die blattförmigen Lanzenspitzen aus Grab 44, die sich gut in den angesprochenen zeitlichen Rahmen einpassen lassen. 468 Negahban 1964, Fig. 44 und Negahban 1996, Color Plate XXXII, C, Kat.-Nr. 760. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LXIV,19; Pl. LXXIX,201; Pl. LXXXI,17 für die Gräber A-VIII, C-I und C-II. 470 Die Gräber A-V und E.6, welche die reichsten Befunde in Ghalekuti darstellen, enthielten jeweils mehrere dieser Waffen. In Grab A-V nimmt ein Exemplar den Platz ein, an dem in anderen Befunden vor Ort Lanzenspitzen des Typs III A liegen. Weitere vier Lanzenspitzen des Typs befanden sich nahe der südlichen Wand des Grabbaus. Vgl. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. L. In Grab E.6 wurde dem Toten ein zwar fragmentierter, aber mit dünnem Goldblech umwickelter dagger with barbs in die rechte Armbeuge gelegt. Zwei andere Exemplare wurden parallel zur Ausrichtung des Skeletts links vom Schädel aufgefunden. Vgl. Fukai/Ikeda 1971, Pl. L. Als einziger Befund vor Ort enthielt Grab A-VIII noch eine derartige Waffe, diesmal wiederum in der für Lanzenspitzen typischen Fundlage seitlich des Schulter- bzw. Kopfbereiches. Vgl. Egami 1965, Pl. LXI. Auffällig ist, dass sich auch dieses Grab in unmittelbarer Nähe zum Hauptgrab A-V nahe der Hügelkuppe befindet. Weiter vom Zentrum des Gräberfeldes entfernte Grabbauten besaßen meist Lanzenspitzen des Typs III A. Die von Samadi 1959, Fig. 32, 34, aus dem nahe gelegenen Tomadjan publizierten Waffen dieses Typs lassen sich mangels ausreichender Publikation nicht näher bewerten. 471 Negahban 1995, 58-59, Fig. 41. Diese Waffe unterscheidet sich durch die schlankere Form und das triangulär spitz zulaufende Blatt von den verwandten Exemplaren aus Ghalekuti und Tomadjan. Ein beinahe identisches Exemplar wurde bereits von De Morgan in Chir-Chir im Taleshgebiet ausgegraben. De Morgan 1905, Fig. 575. Das Grab in Ali Karam Bagh enthielt unter anderem eine Schnabelkanne mit hoch angesetztem Ausguss und einige gut bearbeitete Steinpfeilspitzen und ist damit vielleicht noch älter als Stufe I in Marlik einzuordnen. 469 191 Auswertung der Typen Zeitstellung: Variante A: Hauptsächlich Marlik Stufe I und gleichzeitige Befunde, vereinzelt Marlik Stufe IIb. Variante B: Marlik Stufe IIb bis III. Lanzenspitzen Typ IV Tüllenlanzen tauchen in Marlik erst relativ spät im Übergangsbereich zwischen den beiden Phasen der Stufe II mit Tendenz zu Stufe IIb auf. In diesen Zeitabschnitt sind die Exemplare des Typs IV A sowie ein Einzelstück aus Grab 29 zu datieren472. In Stufe IIb enthielt Grab 44 Exemplare verschiedener Tüllenlanzen473. Erst in Stufe III kommt es zur Ausprägung des Typs IV B, der in mehreren Befunden zusammen mit den von der triangulären Blattform her gut vergleichbaren Angellanzen mit Tüllenimitation des Typs IIB vorkommt474. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa (spät) bis IIb. Variante B: Marlik Stufe III. Pfeilspitzen Pfeilspitzen Typ I Die ungewöhnlichen Bronzeimitationen ganzer Pfeile sind bisher nur in Marlik gefunden worden. Es vermag kaum zu überraschen, dass die beiden Exemplare dieses Typs in Gräbern gefunden wurden, die auch in der Kombinationstabelle nahe beieinander liegen. Grab 15 gehört zu Stufe I, während Grab 24 eines der wohl älteren Gräber der folgenden Stufe IIa repräsentiert. Zeitstellung: Marlik Stufe I und IIa. Pfeilspitzen Typ II Breite Pfeilspitzen mit widerhakenartig ausgebildeten Flügeln wirken im Vergleich zu den meisten anderen in Marlik vorhandenen Typen ebenfalls sehr auffällig. Obwohl die Bandbreite innerhalb des Typs relativ groß ist, stammen alle Vertreter aus zeitlich nahe zusammen gehörenden Befunden der Stufen I und IIa. In zwei Fällen (Gr. 15 und 24) liegt eine Vergesellschaftung mit Pfeilspitzen des Typs I vor. Hierzu passt auch das Vorhandensein 472 Negahban 1995, 75, Fig. 48 sowie Pl. XI, 139. Negahban 1995, 75, Fig. 47 474 Die große Ähnlichkeit dieser Stücke veranlasste Negahban 1995, 71, zu der Vermutung, alle stammten aus ein und derselben Werkstatt und wurden vielleicht sogar von dem gleichen Handwerker hergestellt, was zwangsweise für einen nahen Bezug der genannten Gräber zueinander sprechen würde. 473 192 Auswertung der Typen eines Vertreters dieses Typs in Grab A-VI von Ghalekuti475. Die beiseite geräumten Beigaben der Erstbestattung gehören allesamt dem Fundmaterial der Stufe IIa von Marlik an. Ähnliche Funde sind über einen weiten geographischen Raum verstreut. Bereits 1964 publizierte Dyson eine Reihe von Waffen, welche angeblich aus dem kleinen Ort Bit Sorgh in der Nähe von Kermanschah in Westiran stammen sollten476. In Sialk konnte aus Grab III der Nekropole A ein zwar stark fragmentiertes, aber gut vergleichbares Exemplar des Typs geborgen werden477. Auch in der Zerstörungsschicht von Hasanlu IV B kommen Pfeilspitzen in ähnlicher Form vor478. Damit dürfte der Typ über eine Laufzeit von der Mitte des 2. Jt. bis in das 9. Jh. v.Chr. verfügen479. Vergleichbare Pfeilspitzen, allerdings mit meist sehr viel längerem Schaft, gelten im südlichen Kaukasus als Leitformen der früheisenzeitlichen HoçaliKedabeg-Kultur und können zwischen dem 11. und 9. Jh. datiert werden480. Gut vergleichbare Exemplare aus Namin bestätigen erneut, dass das Talešgebiet in dieser Zeit eine typologische Brücke zwischen Südkaukasus und Nordiran bildete481. Zeitstellung: Marlik Stufen I und IIa. Pfeilspitzen Typ III Die ältesten Exemplare sind die der Variante C, die geschlossen in meist reichen Waffengräbern der Stufe IIa enthalten sind. Eine doppelte Vergesellschaftung in den Gräbern 24 und 26 deutet an, dass Variante B bereits gleichzeitig beginnt, aber auch in Stufe IIb, vertreten durch den Fund aus Grab 50, noch vorhanden ist. Grab 50 bildet zudem den Übergang zu Variante A, die dann ausschließlich in Befunden der Stufe IIb auftaucht. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIb. Variante B: Marlik Stufen IIa und IIb. Variante C: Marlik Stufe IIa. 475 Egami 1965, Pl. LX, 23. Dyson 1964, Text-Fig. 1,6. Ob diese Herkunftsangabe stimmt, ist nicht zu klären, da die Funde aus dem Kunsthandel stammen. Die angeblich zusammen mit der Lanzenspitze aufgefundenen Dolche dürften jedenfalls eindeutig aus Westiran kommen. Ob dies auch für die Pfeilspitzen gilt, kann aufgrund ihrer wenig aussagekräftigen Form nicht gesagt werden. 477 Ghirshman 1939, Pl. V,2 und Pl. XXXIX, S. 453. 478 Muscarella 1989, 28, Fig. 7a. 479 Zur Datierung der Nekropole A von Tepe Sialk siehe Dittmann 1990, 134-135 sowie Piller 2004b, 170. 480 Schachner/Gasanova 2002, 231, Abb. 1, mit weiterführender Literatur. 481 De Morgan 1905, 266, Fig. 355. 476 193 Auswertung der Typen Pfeilspitzen Typ IV Alle Exemplare dieses Typs stammen aus Gräbern der Stufe II, mit deutlichem Übergewicht in deren erstem Abschnitt. Sie sind damit in etwa gleichzeitig mit den Pfeilspitzen des Typs V zu datieren. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa, vereinzelt noch Stufe IIb. Pfeilspitzen Typ V Diese einfach geformten Stücke kommen als Variante A in den beiden Waffengräbern der Stufe I vor. Die offenbar etwas jüngere Variante B schließt sich zeitlich direkt innerhalb der nachfolgenden Stufe IIa an. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe I. Variante B: Marlik Stufe IIa. Keulenköpfe Trotz der reichhaltigen Funde scheinen Keulen in Nordiran keine große Tradition zu besitzen. Gemessen an der großen Menge anderer Waffenfunde bleibt ihre Zahl relativ gering. Zudem ist nicht auszuschließen, dass einige der Exemplare aus Marlik als Importe zu anzusprechen sind482. Da es sich bei den meisten Keulenköpfen um Einzelstücke handelt, war eine typologische Auswertung kaum möglich. Dennoch soll im Folgenden untersucht werden, ob sich mit den Ergebnissen der Kombinationstabelle weitergehende Aussagen treffen lassen. In ihrem Aufbau lassen sich die Keulen aus Marlik in drei Grundformen einteilen. Die erste Gruppe verfügt über einen länglich röhrenförmigen Körper, der mit Einritzungen oder diversen Applikationen versehen sein kann. Bei der zweiten Gruppe gibt es einen kürzeren, aber ebenfalls röhrenförmigen Schaft und einen annähernd kugelförmigen Kopf. Auch hier können plastische oder eingeritzte Verzierungen auftreten. Zuletzt sind noch die birnenförmigen Keulenköpfe aus Metall oder Stein zu nennen, welche sich als einzige zu einem fest definierbaren Typ zusammenfassen ließen. In Gräbern der Stufe I gibt es - wie auch in Ghalekuti - keine Keulen. In Stufe III fehlen derartige Funde ebenfalls. Alle Keulen aus Marlik stammen aus Gräbern der Stufe II. Interessanterweise lassen sich beinahe sämtliche Keulen der ersten beiden Grundformen in die Stufe IIa einordnen. Die einzige Ausnahme bildet das Exemplar aus Grab 45, das bereits zu Stufe IIb gehört. Birnenförmige Keulenköpfe aus Metall oder Stein besitzen zwar allgemein eine sehr lange Laufzeit und ein großes Verbreitungsgebiet, jedoch konnte ihr Vorkommen in 482 Dies betrifft wohl am ehesten die Keulen Negahban 1996, Kat.-Nr. 638 und Kat.-Nr. 665. Zu den Vergleichen siehe Negahban 1995, 25-25 und 34. 194 Auswertung der Typen Marlik auf Stufe IIb eingeschränkt werden. In diese Phase gehören abgesehen von einer Ausnahme auch alle Keulenköpfe aus Stein. Zu der oben geäußerten Vermutung, die Keulenköpfe seien zum Teil importiert, passt auch, dass sie erst dann im Fundmaterial auftauchen, wenn sich zahlreiche andere äußere Einflüsse feststellen lassen. Es scheint hier ein ähnliches Phänomen vorzuliegen wie bei den figürlich verzierten Metallgefäßen, bei denen der Anstoß zur Entwicklung einer vielfältigen Eigenproduktion offenbar auch auf einen Impuls von außen zurückzuführen ist483. Der Keulenkopf aus Grab 27 ist in den Übergangsbereich zwischen Stufe IIa und IIb einzuordnen. Vergleiche mit den Sumbar-Gräberfeldern in Turkmenistan zeigen, dass der Typ beinahe identisch bereits um die Mitte des 2. Jt. vorhanden ist484. Entsprechende Funde aus Tschoga Zambil weisen in das 14.-12. Jh. v.Chr485. Ein ähnliches Datum kann wohl auch für die Keulenköpfe aus Marlik angenommen werden. Mit dem Ende der Stufe IIb verschwinden auch die Keulenköpfe aus dem Fundmaterial der Nekropole von Marlik, und auch während der folgenden EZ II und EZIII sind aus Gilan keine Keulenköpfe bekannt486. Inwiefern Keulenköpfen in der früheisenzeitlichen Gesellschaft Nordirans eine Rolle als Prestige- oder Statussymbol spielten, ist anhand der vorliegenden Befunde schwierig zu beurteilen. Fest steht jedenfalls, dass sie meist in überdurchschnittlich reich ausgestatteten Gräbern gefunden wurden (Gr. 26, 45, 24, 44, 47, 52, 50 aus Bronze; Gr. 26, 27, 44, 50, 16)487. Zeitstellung: Röhrenförmige Keulenköpfe: Marlik Stufe IIa, vereinzelt Stufe IIb. Kugelförmiger Kopf mit Röhrenschaft: Marlik Stufe IIa. Birnenförmige Keulenköpfe: Marlik Stufe IIb. 8.3.7. Geräte, Zubehör und Sonstiges Axthacken Querschneidige Axthacken gehören zu den wenigen Typen in Marlik, die in allen vier Belegungsstufen in beinahe identischer Form auftreten. Zu den ältesten Funden aus der Nekropole gehört das Stück aus Grab 15, welches Stufe I zuzuordnen ist. Auch die 483 Siehe unten im Kapitel „Auswertung weiterer Funde“. Chlopin 1986, 15, Abb. 5,C. 485 Ghirshman 1966, Pl. LXXXVIII, G.T.-Z.-65. 486 Dies steht im deutlichen Gegensatz zur gleichzeitigen Entwicklung in Nordwestiran und Luristan. Vgl. Muscarella 1989, 26, Fig. 4a-e sowie Overlaet 2005, 14-15, 32, Pl. 13, 11-13. 487 Bei Negahban 1996, 32, wird in der Inventarliste für Grab 19 ein steinerner Keulenkopf erwähnt, der allerdings sonst nirgends mehr auftaucht. 484 195 Auswertung der Typen gleichzeitigen reichen Waffengräber A-V und E.6 in Ghalekuti lieferten entsprechende Funde. Weitere Axthacken fanden sich in Gräbern der Stufen IIa, IIb und III. Es handelt sich demnach um einen Durchläufer, wie auch Vergleiche zu anderen Fundorten zeigen. Axthacken ähnlicher Form sind bereits in Tepe Hissar vorhanden und tauchen, allerdings als Miniaturausgraben, auch noch in Gräbern der Nekropole B von Tepe Sialk auf488. Die Laufzeit entspricht damit in etwa den einfachen Bronzeforken der Variante A. Für eine feinchronologische Bewertung sind derartige Axthacken nicht zu gebrauchen. Zeitstellung: Marlik Stufen I, IIa, IIb und III. Durchläufer. Fingernagelsäuberer Diese Objekte weisen gewisse Bezüge zu Nadeln mit durchbrochenem Kopf auf, mit denen sie auch in Grab 36 zusammen vorkommen. Die Funde stammen aus Gräbern der Stufe II, mit Schwerpunkt auf der ersten Phase. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa-b. Ohrensäuberer Trotz kleinerer Unterschiede in der Gestaltung lassen sich diese Funde gut zu einem Typ zusammenfassen. In Marlik sind sie in Gräbern der Stufen I und IIa vertreten. Ähnliche Objekte aus Ghalekuti bestätigen die Vermutung einer frühen Zeitstellung. Zeitstellung: Marlik Stufe I und IIa. Runde Bronzeschellen Durchbrochene Bronzeglöckchen mit rundem Klangkörper sind in Marlik in Gräbern der Stufe IIa-b vertreten. Auch hier ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Form handelt, die wohl in erster Linie durch den Verwendungszweck bedingt ist. Wozu genau diese Objekte benutzt wurden, ist nicht gesichert. Vielleicht bildeten sie einen Teil des Pferdegeschirrs. Funde aus dem Zerstörungshorizont von Hasanlu IVB zeigen, dass runde Glöckchen ähnlicher Form noch im späten 9. Jh. v.Chr. in Gebrauch waren. Die doppelkonischen Glöckchen könnten eine etwas jüngere Variante in Marlik darstellten. Sie sind locker mit Stufe III zu verbinden. Da aber zwischen den Funden aus den Gräbern 5 und 6 größere Unterschiede bestehen, wurden diese Stücke nicht als gemeinsamer Typ mit aufgeführt489. Zeitstellung: Marlik Stufen IIa und IIb. 488 489 Yule 1982, 24, Abb. 16,1-2; Ghirshman 1939, Pl. XXVII,4. Negahban 1996, Kat.-Nr. 951-957. 196 Auswertung der Typen Schöpfkellen Alle Beispiele dieses Typs stammen aus Gräbern der Stufe IIa. Beinahe identische Kellen sind auch in einigen Gräbern der Nekropole B von Tepe Sialk vorhanden. Sie wurden deshalb als Indiz einer möglichen Nachbestattung gewertet490. Wie oben ausgeführt, ist dies jedoch zurückzuweisen. Es handelt sich vielmehr um eine gebrauchsorientierte Form, die wohl über einen längeren Zeitraum hinweg ohne größere Veränderungen existierte. Zudem scheint Sialk B chronologisch von Marlik nicht so weit entfernt zu sein, wie in der deutschsprachigen Forschung bisher angenommen wurde. Zeitstellung: Marlik Stufe IIa. Bronzeforken Für diese Objekte wurde verschiedentlich eine Verwendung als (Jagd-)Waffe, Gerät oder Statussymbol vorgeschlagen, wovon ersteres wohl mit großer Wahrscheinlichkeit abzulehnen ist491. Ghirshman neigte zu der Ansicht, hierin eine Art Grillspieße zu sehen, mit denen Mahlzeiten aus Fleisch über offenem Feuer zubereitet wurden492. In der Tat werden ähnliche Objekte in Iran noch heute für exakt diesen Zweck benutzt493. Andere Bearbeiter nehmen an, es könnte sich um eine Art Statussymbol handeln494. In beiden Fällen ist aber festzustellen, dass diese Form über längere Zeit keine grundsätzliche Veränderung erfahren hat. Insbesondere die weiter oben zitierten Vergleichsfunde aus dem südlichen Kaukasusraum belegen, dass Bronzeforken mit Tüllenschäftung eine Laufzeit vom 14. bis in das 8. Jh. v.Chr. aufweisen können. Einfachere Vorläufer aus dem Bereich der Eastern Grey Ware sind zum Teil sogar in das ausgehende 3. Jt. v.Chr. zu datieren495. 490 Löw 1998, 56-57. Boehmer 1972, 141-142, ausgeführt an den dreizackigen Varianten, die vor allem im westlichen Teil Vorderasien überliefert sind. Ob die Form aber, wie Boehmer meint, aus dem Fischfang entlehnt ist und später auch eine kultische Funktion erfüllte, lässt sich ebenfalls nicht mit Sicherheit nachweisen. 492 Ghirshman 1939, 53, konnte feststellen, dass in einigen Fällen Reste von Vogelknochen am Metall fest korrodiert waren. 493 Vom Autor der vorliegenden Zeilen in eigener Person bei einem Picknick in Firuzabad von örtlichen Anwohnern geliehen. 494 Makkay 1983; Miron/Orthmann 1995, 322, merken an, dass man diese Forken nur in Gräbern der oberen Bevölkerungsschichten fand und gehend deshalb von einer Funktion als Würdezeichen aus. In deutlichem Gegensatz dazu steht die von Ghirshman 1939, 53 getroffene Feststellung, dass Tüllenforken in der Nekropole B von Tepe Sialk sowohl in ärmeren als auch in reicheren Gräbern vorhanden waren. Bei den bestatteten Individuen in den betreffenden Befunden handelte es sich um Männer und Frauen. Damit sind diese Objekte in Sialk offensichtlich weder an die soziale Stellung noch an das Geschlecht des Verstorbenen gebunden. Auch Moorey 1971, 97-98, ist der Meinung, es könne sich aus diesen Gründen wohl nicht um Statussymbole handeln. Schauensee 1988, 52, spricht sich hingegen bei den Siedlungsfunden aus Hasanlu IV B vor allem aufgrund der Größe und Schwere der Forken für eine Verwendung im zeremoniellen Bereich aus. In Marlik kommen Forken beider Varianten ausschließlich in gut ausgestatteten Waffengräbern vor. 495 Siehe oben im Kapitel: Mehrfach- und Nachbestattungen. 491 197 Auswertung der Typen Aufgrund der langen Laufzeit dieses Typs führten Funde ähnlicher Forken aus Tepe Sialk Nekropole B zu der Ansicht, es könne sich um einen späten Typ handeln496. In Marlik sind Funde der Variante A bereits in frühen Gräbern der Stufe IIa vorhanden, finden sich aber auch in Befunden der Stufen IIb und III. Damit ist diese Form weitgehend als Durchläufer zu werten, die keine große chronologische Aussagekraft besitzt. Variante B ist als dekorative Abwandlung der einfachen Forken zu betrachten. Sie findet sich lediglich in den beiden zu Stufe IIb gehörenden Waffengräbern 44 und 45, deren große zeitliche Nähe zueinander hiermit nochmals unterstrichen werden kann. Zeitstellung: Variante A: Marlik Stufe IIa, IIb und III. Variante B: Marlik Stufe IIb. 496 Löw 1998, 56-57. 198 Auswertung weiterer Funde 8.4. Auswertung weiterer Funde Eine ganze Reihe von Funden aus dem Gräberfeld von Marlik ließ sich nicht typisieren und konnte deshalb keinen Eingang in die Kombinationstabelle finden. Dennoch ist es für einige Fundgruppen möglich, auf Basis der oben vorgestellten Kombinationstabelle eine Auswertung vorzulegen. 8.4.1. Figürlich verzierte Metallgefäße Figürlich verzierte Metallgefäße aus Gold, Silber, Elektron oder Bronze gehören zu den bedeutendsten Funden der nordiranischen Eisenzeit497. Die zum Teil hervorragend ausgeführten künstlerischen Darstellungen, welche unübersehbare Einflüsse aus dem assyrischen, babylonischen und elamischen Kulturraum aufweisen können, haben das Interesse zahlreicher Bearbeiter geweckt, die sich mit der Archäologie eines vermeintlich derart abgelegenen Gebietes wie des Elbursgebirges ansonsten wohl kaum ernsthaft auseinander gesetzt hätten. Es verwundert daher auch nicht, dass man in den älteren Publikationen meist durchweg vermutete, dass die qualitätvolleren Metallgefäße als Arbeiten mesopotamischer oder elamischer Herkunft anzusprechen seien, während man den einheimischen Handwerkern lediglich die Herstellung der weniger gut ausgeführten Exemplare zutraute498. Erst im Laufe der Zeit setzte sich die Ansicht durch, dass alle Gefäße vor Ort in Nordiran produziert wurden. Seit der umfassenden Dissertation U. Löws zu diesem Thema dürften hieran kaum mehr zu zweifeln sein499. Die Nekropole auf dem Tepe Marlik ist bisher der mit Abstand wichtigste Fundort figürlich verzierter Metallgefäße und lieferte den überwiegenden Teil des derzeit bekannten Materials aus wissenschaftlichen Grabungen500. Löw teilte die Gefäße aus Marlik in zwölf verschiedene Stilgruppen ein, die bis auf wenige Ausnahmen eng miteinander verwandt sind501. Diese gut begründete Gliederung wird im Folgenden auch in dieser Arbeit übernommen. 497 Umfassend vorgestellt und bearbeitet durch Löw 1998. Als Paradebeispiel ist Calmeyer 1987, 342 zu nennen, welcher der silbernen Schnabelkanne mit goldenen Einlagen aus Grab 50 trotz der klassisch iranischen Form eine mittelassyrische Herkunft zuordnete. Diese Ansicht korrigierte er allerdings später. Vgl. Calmeyer 1990, 429. 499 Löw 1998, 241-267. 500 Die meisten Gefäße stammen aus Gräbern, die auch Waffen enthielten. Soweit feststellbar, waren sie dort unweit des Schädels oder des Oberkörpers des Bestatteten deponiert. Vgl. Negahban 1983, 33, Fig. 3 und Negahban 1996, Pl. 16, C für Marlik Grab 47 und 52 sowie Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. L und Fukai/Ikeda 1971, Pl. L für die Gräber A-V und E.6 in Ghalekuti. 501 Es handelt sich um die Stilgruppen 4 bis 15. Löw 1998, 478. Lediglich die Stilgruppen 13, 14 und 15 setzen sich deutlich von den anderen ab. 498 199 Auswertung weiterer Funde Löws Datierungsversuche beruhten in erster Linie auf kunstgeschichtlichen Vergleichen und einer Analyse ausgewählter Beifunde. Erst im folgenden Arbeitsschritt wurden auch Vergleiche der Stilgruppen untereinander untersucht und mögliche Bezüge zueinander aufgeführt502. Im Gegensatz dazu ist es nun durch eine Übertragung der Stilgruppen auf die Kombinationstabelle möglich, die relative Abfolge der verschiedenen Stile aus dem Fundmaterial der Nekropole von Marlik selbst zu erarbeiten. Dies führte zu Ergebnissen, die sich zum Teil von den chronologischen Einschätzungen Löws erheblich unterscheiden. 8.4.1.1. Stufe I Die Gräber der ersten Stufe enthalten keine verzierten Metallgefäße. Wie die Grabungen in Ghalekuti zeigten, können becherförmige Metallgefäße aus Bronze oder Silber schon in diesem Zeitabschnitt zu den Beigaben reicher Bestattungen gehören503. Bisher sind aber weder ornamentale noch figürliche Verzierungen nachzuweisen. 8.4.1.2. Stufe IIa In Stufe IIa, die generell durch einen imposanten Anstieg in Anzahl und Reichtum der Grabbeigaben charakterisiert wird, tauchen erstmals figürlich verzierte Metallgefäße im Fundmaterial auf. Stilgruppe 13 Gefäße dieser Gruppe stammen aus den Gräbern 26, 32 (zwei Exemplare), 36 (zwei Exemplare) und 52504. Alle genannten Befunde sind sicher Stufe IIa zuzuordnen und dürften in kurzem Abstand zueinander angelegt worden sein. Damit gewinnt die von Löw geäußerte Vermutung einer eng zusammen gehörigen Werkstatt für diese Gefäße eine weitere Bestätigung505. Stilgruppe 14 502 Löw 1998, 436-448. Zu der von Löw 1998, 596 publizierten Zeittabelle ist zu beachten, dass hier nicht der chronologische Ablauf und die zeitlichen Zusammenhänge zwischen den diversen Stilgruppen im Vordergrund stehen, sondern die Tabelle einfach die erarbeiteten Datierungen in der durchnummerierten Abfolge der Stilgruppen dargestellt sind. Um eine tatsächliche „Zeittabelle“ zu erhalten sollte man daher die Abfolge der Stilgruppen (y-Achse) mit der vorgegebenen Datierung (x-Achse) in Übereinstimmung bringen. Man erhält damit eine Tabelle, in der von links oben nach rechts unten ein chronologischer Ablauf ablesbar ist. 503 Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. L, Fukai/Ikeda 1971, Pl. LII. 504 Löw 1998, 169-187. Ein fragmentiertes Goldgefäß aus Grab 37 gehört aufgrund des Flechtbandes wohl ebenfalls dieser Gruppe an. 505 Löw 1998, 181-182. 200 Auswertung weiterer Funde Diese Stilgruppe besteht nur aus einem Gefäß, welches in Grab 32 gefunden wurde506. In dem gleichen Befund wurden unter anderem zwei Gefäße der oben erwähnten Stilgruppe 13 entdeckt, mit der Stilgruppe 14 auch stilistisch eng zu verbinden ist. Grab 32 lässt sich durch zahlreiche andere Funde fest in Stufe IIa einbinden und besitzt besonders enge Bezüge zu Grab 36, das ebenfalls zwei Gefäße der Stilgruppe 13 enthielt. Beide Stilgruppen dürften demnach gleichzeitig sein. Stilgruppe 15 Dieser Stilgruppe gehört lediglich ein einziges Exemplar an507. Es wurde in Grab 24 gefunden und unterscheidet sich hinsichtlich der Gefäßform, der angewandten Technik und des Stils erheblich von den meisten anderen verzierten Metallgefäßen in Marlik. Aus anderen Fundorten liegen keine vergleichbaren Funde vor; und auch der Kunsthandel hat nichts Entsprechendes zu bieten. Dieser Stil wurde von Löw deshalb, in Anlehnung an den so genannten Hasanlu local style als Marlik local style bezeichnet. Er ist in Marlik noch auf einigen anderen Gegenständen aus Goldblech zu beobachten, welche allesamt eindeutig Stufe IIa zuzuordnen sind. Dabei handelt es sich um einen Wetzsteingriff und einen Goldblechknopf aus Grab 26 sowie die berühmte anthropomorphe Büste aus Grab 36508. In diesen beiden Befunden sind Beispiele des Marlik local styles mit Gefäßen der Stilgruppe 13 vergesellschaftet, was für eine annähernde Gleichzeitigkeit beider Stilgruppen sprechen würde. Goldgefäß aus Grab 47 Ebenfalls in einem Befund der Stufe IIa wurde ein weiteres verziertes Gefäß gefunden, das obwohl mit figürlichen Darstellungen versehen - von Löw nicht in ihre Arbeit aufgenommen wurde. Es stammt aus Grab 47 und wurde von Negahban aufgrund der eingepunzten Verzierung zusammen mit dem oben genannten Goldgefäß der Stilgruppe 15 aus Grab 24 behandelt509. Beide Befunde gehören sicher zu Stufe IIa und könnten sogar, wie weiter unten noch auszuführen sein wird, die ältesten Gräber dieses Zeitabschnittes darstellen. Stilistisch und technisch unterscheiden sich die zwei Gefäße allerdings deutlich voneinander, und auch die Gefäßform ist eine andere. 506 Löw 1998, 188-191, 446. Löw 1998, 192-195. 508 Löw 1998, 194, 446-448. 509 Negahban 1996, 55, Kat.-Nr. 3. 507 201 Auswertung weiterer Funde Stilgruppe 8 Die Nekropole von Marlik enthielt zwei Gefäße dieser Gruppe510. Ein Exemplar stammt aus Grab 36 und ist damit sicher mit Stufe IIa verbunden, das zweite kommt aus Grab 39, welches als einzige weitere Funde figürlich verzierte Metallgefäße der Stilgruppen 9 und 10 enthielt. Die Stilgruppen 8, 9 und 10 sind in mehrerer Hinsicht eng miteinander verwandt511. Stilgruppe 9 ist auf zwei Gefäße in Grab 39 beschränkt, während Stilgruppe 10 ein weiteres Exemplar in dem späten Grab 5 besitzt. Die erwähnten Gruppen gleichen sich in den einfachen Kompositionen und bieten eher ein allgemeines Bild. Ungewöhnliche Darstellungen oder auffallende Stilelemente sind nicht vorhanden. Aus diesem Grund ist es auch nicht erstaunlich, dass diese drei Stilgruppen über die Belegungsstufen IIa, IIb und III verteilt sind. Eine derart lange Laufzeit vermag keine andere Gruppe von Metallgefäßen aufzuweisen. In typologischem Sinne wäre diese Gruppe als Durchläufer anzusprechen. 8.4.1.3. Stufe IIb Stufe IIb, ansonsten durch zahlreiche Fundgruppen eng an die vorhergehende Stufe IIa gebunden, setzt sich im Bereich der figürlich verzierten Metallgefäße deutlich ab. Die oberste Ausstattungskategorie der Stufe IIb wird durch die Gräber 44, 45, 50 und 42 repräsentiert. Diese Gräber enthalten qualitätvolle, untereinander eng verwandte Metallgefäße verschiedener Stilgruppen. Stilgruppe 4 Nur ein Vertreter dieser Gruppe wurde in einer wissenschaftlichen Grabung gefunden512. Es handelt sich um einen Wulstbodenbecher mit schreitenden Stieren, der sicherlich zu den bekanntesten Funden der Nekropole von Marlik zu zählen ist. Das Stück passt sich gut in das Gesamtbild von Grab 45 ein, welches durch den ausgesprochenen Reichtum der darin aufgefundenen Beigaben auffällt. Die oft zitierten Vergleiche zur mittelassyrischen Glyptik des 14. bis 12. Jh. decken nur eine Facette dieses sehr qualitätvollen Stückes ab. Über weitere Exemplare aus dem Kunsthandel wurde eine Datierung das 13.-12. Jh. vermutet513. Innerhalb der Nekropole von Marlik fallen die guten Vergleichsmöglichkeiten zu Stilgruppe 5 auf, deren Vertreter ebenfalls aus Gräbern der Stufe IIb stammen. 510 Löw 1998, 144-149. Löw 1998, 441-443. 512 Löw 1998, 115-121. 513 Hier ist vor allem Stilgruppe 24 gemeint. Vgl. Löw 1998, 453-454. 511 202 Auswertung weiterer Funde Stilgruppe 5 Zu Stilgruppe 5 gehören zwei Bronzegefäße aus den Gräbern 42 und 44514. Bei beiden Befunden handelt es sich um Gräber der Stufe IIb. Die engen Bezüge zu Stilgruppe 4, welche aus der gleichen Belegungsstufe vorliegt, lassen auf eine weitgehend übereinstimmende Zeitstellung der beiden Stilgruppen schließen. Stilgruppe 7 Ein fragmentiertes Bronzegefäß dieser Gruppe wurde zusammen mit einen Exemplar der Stilgruppe 5 in Grab 42 gefunden. Stilistisch ist eine enge Bindung an diese Gruppe festzustellen515, und auch zu der ebenfalls in Stufe IIb vorhandenen Stilgruppe 4 bestehen gute Vergleichsmöglichkeiten. Stilgruppe 11 Ein im Vergleich eher ungewöhnliches Gefäß aus Grab 45 bestätigt die Ausnahmestellung dieses Befundes. Vergleiche lassen sich zu einigen Stilgruppen wie auch zur mittelassyrischen Glyptik ziehen516. Vor allem aber aufgrund großer stilistischer Ähnlichkeiten mit dem Hasanlu-Goldbecher entscheidet sich Löw für eine Datierung ins 12. Jh. Stilgruppe 12 Auch hier ist nur ein Gefäß aus Grab 50 vorhanden. Die von Löw als Vergleiche zitierten Stilgruppen 1 und 16, also die Goldgefäße aus Hasanlu und Kalar Dasht, sind eng mit dem späteren Belegungsabschnitt in Marlik verbunden517. Überdies ist die exakt gleiche Gefäßform bei einer silbernen Schnabelkanne aus Grab 45, also ebenfalls in Stufe IIb, belegt518. Die Waffenfunde aus Grab 50 lassen sich auch in diesen Zeitabschnitt einordnen. 8.4.1.4. Stufe III In dieser Stufe enthielten drei von vier Waffengräbern figürlich verzierte Metallgefäße. Diese bestanden meist aus Bronze und haben sich nur in Fragmenten erhalten. Stilgruppe 6 514 Löw 1998, 122-129. Löw 1998, 142. 516 Löw 1998, 160-164. 517 Löw 1998, 431-432. Der Hasanlu-Becher lässt sich eng an Stilgruppe 6.a. und Stilgruppe 24.a. anhängen. Während erstere aus Marlik Stufe III stammt, kommt letztere aus dem Kunsthandel, kann aber über die Stilgruppen 4 und 5 gleichzeitig zu den Stufen IIb und III datiert werden. 518 Negahban 1983, 49, Pl. 16 sowie53, Abb. 16. 515 203 Auswertung weiterer Funde Grab 2 lieferte das einzige Goldgefäß dieser Stufe. Es handelt sich um die bekannte Darstellung aus dem „Leben einer Ziege“519. In dem gleichen Befund fanden sich auch Fragmente eines Bronzebechers. Beide Gefäße wurde von Löw zu Stufe 6 zusammengefasst, wobei sie insbesondere den Goldbecher für etwas jünger hielt als die übrigen figürlich verzierten Gefäße aus Marlik520. Dies passt gut zu der hier vorgeschlagenen Zugehörigkeit zur spätesten Belegungsstufe vor Ort. Die zahlreichen Vergleichsmöglichkeiten zu Gefäßen der unmittelbar vorangehenden Stufe IIb zeigen deutlich, dass diese Stilgruppe in den jüngeren Abschnitt der Nekropole einzuordnen sein dürfte. Aufgrund der Darstellung des Sakralbaumes wird ein ansonsten nicht bestimmbares Gefäßfragment „ungefähr zeitgleich mit dem Becher 6.a.“ datiert521. Das Fragment stammt aus Grab 1 und gehört damit wie Stilgruppe 6 in Stufe III. Die Vermutung Löws kann also auch hier durch die Ergebnisse der Kombinationstabelle bestätigt werden. Stilgruppe 9 Die Gefäße dieser Gruppe sind von vergleichsweise geringer Qualität. Es verwundert daher auch nicht, dass sie und die damit verwandten Gruppen 8 und 10 über einen Großteil der Nekropole streuen (siehe oben). 8.4.1.5. Zusammenfassung Am Ende ihrer ausführlichen Studie kam Löw zu der Ansicht, die figürlich verzierten Metallgefäße aus Nordiran seien „gleichsam ‚aus dem Nichts’ heraus entstanden“522. Durch die Übertragung der Stilgruppen auf die Kombinationstabelle konnte nachgewiesen werden, dass dem nicht so ist. Es lassen sich vielmehr gut nachvollziehbare Abläufe hinsichtlich der Entstehung und der stilistischen sowie technischen Entwicklung der nordiranischen Metallgefäße feststellen. Von erheblicher Bedeutung für eine feinchronologische Analyse ist der Nachweis einer zeitnahen Produktion der Metallgefäße, wie sie auch von Löw vorgeschlagen wurde523. Damit verfügen die Metallgefäße im Vergleich zu den Rollsiegeln über den Vorteil, fundortnah und wohl auch relativ zeitnah angefertigt worden zu sein. In der Tat gibt es kaum Fälle, in denen 519 Löw 1998, 165-168. Zu einer anderen Interpretation des dargestellten Motivs vgl. Vahdati 2005a. Persönliche Mitteilung im November 1998. 521 Löw 1998, 459. 522 Löw 1998, 522. 523 In einigen Fällen konnte festgestellt werden, dass bestimmte Objekte jeweils für den Inhaber eines Grabes hergestellt worden waren. Löw 1998, 481-485, geht zwar nicht davon aus, dass die Gefäße speziell für die Bestattung angefertigt wurden, zweifelt aber nicht daran, dass es sich um den persönlichen Besitz des Bestatteten handelte, den dieser im Laufe seines Lebens auf unterschiedlichem Weg erworben hatte. 520 204 Auswertung weiterer Funde Stilgruppen stufenübergreifend belegt sind524. Dies bestätigt die Dynamik der nordiranischen Metallindustrie während der Eisenzeit noch besser als die lebhafte und abwechslungsreiche Waffenproduktion, die eine ähnlich rasante Entwicklung durchläuft. Am Anfang stehen unverzierte becherartige Formen, die sich durchaus an ältere Funde aus Nordostiran anschließen lassen525. Mit dem Beginn der klassischen Marlik-Kultur kommt es in Stufe IIa zu einem außergewöhnlichen Entwicklungsschub, der sich unter anderem in einer deutlichen Steigerung der Beigabenausstattung reicher Gräber äußert. Im Bereich der Metallgefäße lassen sich zwei unterschiedliche Verzierungsarten feststellen. Während in einigen Gräbern ritz- und punzverzierte Gefäße mit vergleichsweise einfachen Darstellungen auftauchen, gibt es in anderen Befunden der gleichen Stufe bereits reliefverzierte, zum Teil mit plastischen Aufsätzen versehene Gefäße von ausgesprochen hoher Qualität. Eine Gemeinsamkeit beider Gruppen ist die bauchige, topfartige Form einiger Gefäße, die später nicht mehr nachzuweisen ist526. Zur ersten Gruppe, die aufgrund des einfachen Stils und einiger anderer Gründe etwas älter sein könnte527, gehört auch der markante, aber recht kurzlebige Marlik local style, der noch keinerlei Einflüsse aus dem mesopotamischen oder elamischen Kulturbereich erkennen lässt. Diese lassen sich erstmals in Marlik bei der von Calmeyer so genannten Babylonischen Gruppe (Stilgruppe 13) feststellen. Ob diese Entwicklung aber tatsächlich auf fremde Handwerker zurückzuführen ist, wie verschiedentlich angenommen wurde528, lässt sich aufgrund des vorliegenden Materials nicht nachweisen. In Stufe IIb ist diese Aufteilung in zwei deutlich trennbare Stilrichtungen einer Vielfalt von eng miteinander verbundenen Gefäßstilen gewichen, die kaum mehr Bezüge zu den früheren Gefäßen der Stilgruppen 13, 14 und 15 aufweisen. Dieses eng verflochtene System 524 Eine Ausnahme bilden Gefäße der eng miteinander verwandten Stilgruppen 8, 9 und 10, die in Gräbern der Stufen IIa, IIb und III vorhanden sind. Wie bereits oben ausgeführt, vermag dies bei dem unauffälligen Stil und den einfachen Darstellungen durchaus nicht zu überraschen. 525 Bezüge der älteren Belegungsstufen von Marlik zum Kulturraum der Eastern Grey Ware ließen sich bereits des Öfteren feststellen. Schmidt 1937, 212, Fig. 123, bildet einen goldenen Becher ab, der auf dem Fußboden des Burned Buildings von Hissar III B gefunden wurde und der bezüglich seiner Form dem Becher aus Ghalekuti Grab E.6 gut entspricht. Vgl. Fukai/Ikeda 1971, Pl. LII,13. Auch Löw 1998, 514-516, stellte gewisse Übereinstimmungen zwischen beiden Regionen fest, nahm aber korrekterweise von einer ethnolinguistischen Bewertung dieses Umstandes Abstand. 526 Löw 1998, 597, Abb. 10. Hierzu gehören zwei Gefäße der Stilgruppe 13 (13.c. und 13.d) aus den Gräbern 32 und 36, das Exemplar des Marlik local style aus Grab 24 (15.a.) und ein mit groben Punzschlägen versehener Silbertopf aus dem gleichen Grab. Die von Negahban 1983, 54, ausdrücklich erwähnte Dicke des Bleches, welche die der meisten anderen Gefäße deutlich übertrifft, sowie die einfache, fast grob wirkende Verzierung mit einfachen Punzschlägen und Zickzackmuster könnten ebenfalls dahingehend zu interpretieren sein, dass man in der Herstellung verzierter Metallgefäße noch über keine große Erfahrung verfügte. 527 Grab 24 lässt sich in mancher Hinsicht eng an die Waffengräber der Stufe I anschließen. Dies betrifft beispielsweise die markanten Pfeilspitzen des Typs I und einen singulären Griffangeldolch, der sowohl Bezüge den Griffzungenwaffen der Stufe I als auch zu den schweren Vollgriffdolchen der Stufe IIa aufweist. 528 Löw 1998, 276-277. 205 Auswertung weiterer Funde verwandter Stile setzt sich auch in die folgende Stufe III hinein fort. Nun treten verstärkt Elemente auf, die vor allem aus dem mittelassyrischen Bereich bekannt sind. Neu sind auch narrative Darstellungen wie beispielsweise Jagdszenen. In diesen Zeithorizont gehören die Stilgruppen 4, 5, 6, 7, 11 und 12 aus Marlik selbst, außerdem die berühmten Goldbecher aus Hasanlu (Stilgruppe 1) und Kalar Dasht (Stilgruppe 16) sowie eine ganze Reihe von Funden aus dem Kunsthandel529. Ähnlich wie bei den Waffen kann man also auch im Bereich der figürlich verzierten Metallgefäße grob zwischen älteren (Stufe IIa) und jüngeren Typen bzw. Gefäßstilen (Stufen IIb und III) unterscheiden. Dass die Entwicklung auch über das Ende der Belegungszeit der Nekropole von Marlik hinaus führt, zeigen die guten Bezüge der jüngsten Funde aus Marlik (Stilgruppe 6 aus Stufe III) mit den EZ II-zeitlichen Gefäßen aus Kaluraz (Stilgruppe 17)530. 8.4.2. Anthropomorphe Figurinen Menschengestaltige Figurinen wurden lediglich aus fünf Gräbern in Marlik geborgen, wobei die überwiegende Mehrzahl der Funde aus Grab 36 stammt531. Hier sind zunächst die Keramikfigurinen von jeweils drei nackten Männern und Frauen zu nennen532. Warenart und Oberflächenbehandlung entsprechen der in Marlik vorhandenen Grabkeramik. Einige der Figuren sind an verschiedenen Körperpartien mit eingestochenen Reihen verziert. Auch diese Technik begegnet uns bei einigen Keramikgefäßen. Der „klagende“ Gesichtausdruck, die wie zum Schrei geöffneten Münder und die Haltung der Arme, mit den Händen an den Wangen oder im Bereich der Brust, haben zu der Vermutung geführt, es handele sich um Nachbildungen von trauernden Personen, die stellvertretend für die Menschen mit ins Grab gegeben wurden533. Bei zwei Beispielen ist direkt auf der Brust ein Miniaturgefäß mit Ausguss angesetzt, eine dritte männliche Figur hält ein derartiges Gefäß in den Händen. Zwei der männlichen Figuren sind mit einem aus Ton gefertigten, aufgesetzten Dolch ausgestattet, eine davon trägt zusätzlich einen breiten Gürtel um die Hüften. Gürtel und Dolchblatt sind mit in Reihen angeordneten kleinen Kreisen verziert, die mit einer Art Stempel in den noch weichen Ton eingedrückt worden waren. Dies spricht dafür, dass der Dolch in einer Scheide getragen wurde. Mit Buckeln verzierte Dolchscheiden und Gürtel aus 529 Hier sind vor allem die zahlreichen, von Löw 1998, 90-94, 197-199 herausgearbeiteten Vergleichsmöglichkeiten beider Gefäße zueinander sowie zu den Stilgruppen 4, 5 und 12 aus Marlik. 530 Die bei Löw 1998, 204 sowie 450, zitierten Vergleiche für Stilgruppe 17 aus Kaluraz stammen jeweils aus den späteren Abschnitten der Belegungsabfolge in Marlik. 531 Negahban 1996, 109-114, Kat.-Nr. 70-82. 532 Negahban 1996, Kat.-Nr. 70-75. 533 Vgl. Calmeyer 1987, 346, Anm. 26. Überflüssig zu erwähnen, dass sich solche Spekulationen natürlich nicht beweisen lassen. 206 Auswertung weiterer Funde Bronzeblech wurden in der Tat in einigen Gräbern in Marlik entdeckt. Der breite, halbmondförmige Knauf besitzt auf seinem Rücken zwei tiefe Rillen. Diese Art der Knaufgestaltung ist typisch für Dolche des Typs II, dem auch Griff und Klingenform insgesamt gut entsprechen. Beide Varianten des Typs II sind fest an Stufe IIa gebunden. Zwei sitzende Figuren aus Grab 24, die von Negahban als Bärendarstellungen angesprochen wurden534, gehören ebenfalls zu dieser Gruppe. Hierfür sprechen die deutlich erkennbaren primären und sekundären menschlichen Geschlechtsorgane sowie die Tatsache, dass auf der Brust der männlichen Figur ein oben offener Ausguss aus Ton angesetzt wurde, der als vereinfachte Version der oben beschriebene Tüllengefäße zu verstehen ist. Etwas einfacher gearbeitet ist eine weitere männliche Figur aus Grab 52535. Es handelt sich hier jedoch im Unterschied zu den bisher beschriebenen Stücken um eine massive Tonstatuette. Der angesetzte Dolch entspricht mit der Kreisverzierung auf der Scheide und den beiden tiefen Rillen auf dem großen Knauf dem zuvor erwähnten Exemplar. In diesem Fall sind auch die drei Rippen auf dem Knauf mit eingedrückten Kreisreihen versehen. Der Figurine wurde vom Ausgräber ein Miniaturbogen zwischen die ausgestreckten Arme gegeben, der sich unweit davon fand536. Gut vergleichbar ist eine hinsichtlich Machart, Armhaltung und Dolchdarstellung sehr ähnliche Figurine aus Grab 36, die zusammen mit zwei auf Rädern montierten Equidenfiguren zu einem stark stilisierten Wagenmodell kombiniert worden war537. Ebenfalls in Grab 36 wurden zwei beinahe identische Bronzefigurinen gefunden538. Es handelt sich um Darstellungen nackter Frauen mit ausladenden Hüften, deutlich erkennbaren Geschlechtsmerkmalen und einem konisch überlängtem Kopf, der vielleicht als Darstellung einer Kopfbedeckung oder Hochsteckfrisur zu interpretieren ist. Die Ohren sind mehrfach durchlocht und waren zur Aufnahme kleiner Bronzeringe bestimmt, von denen noch Teile in situ geborgen werden konnten. Auf der Suche nach Vorläufern zu diesen Figurinen gelangt man zunächst nach Nordwestiran. Dort wurden in Schicht IIIC von Tepe Hissar einige kleine Bronzeplastiken gefunden, die in Armhaltung und Kopfbedeckung entfernt vergleichbar sind539, und auch drei Keramikfigurinen aus Tureng Tepe bieten trotz des unterschiedlichen 534 Negahban 1996, Kat.-Nr. 111-112. Negahban 1996, Kat.-Nr. 76. 536 Negahban 1996, 111. Die tönerne Pfeilspitze befand sich in einer Entfernung von etwa 60 cm von der Figurine entfernt. Pfeilschaft und Bogen stellen moderne Ergänzungen durch den Ausgräber dar. 537 Negahban 1996, Kat.-Nr. 77. 538 Negahban 1996, Kat.-Nr. 78-79. Gute Abbildung bei Seipel 2000, 153, Kat.-Nr.79. 539 Schmidt 1937, Pl. XLVII; Yule 1982, Abb. 15. Größe, Gestaltung und zum Teil auch das Geschlecht der Figurinen unterscheidet sich jedoch von den besser gestalteten Exemplaren aus Marlik. 535 207 Auswertung weiterer Funde Werkstoffes insgesamt gute Vergleichsmöglichkeiten540. Aus Nordiran wurden unlängst zwei Keramikfigurinen mit ähnlichen Körperformen aus Djamshidabad bekannt, die eine ähnliche Zeitstellung besitzen dürften wie die frühen Abschnitte der Nekropole von Marlik541. In der Eisenzeit II/III setzen dann die charakteristischen Tonfigurinen der „Orange Ware“ diese Tradition auch in das frühe 1. Jt. v.Chr. hinein fort542. Zuletzt sind noch zwei kleine, nur fragmentarisch erhaltene Bronzefiguren von Männern in sitzender Haltung aus Grab 13 zu nennen543. Hierbei handelt es sich offenbar um Darstellungen von Reitern, wie die zusammen mit einem Stück gefundene Equidenfigur aus Bronze nahe legt544. Ein in vielerlei Hinsicht einzigartiges Artefakt bildet die reich verzierte goldene Büste aus Grab 36545. Der Verwendungszweck dieses hohlen, unten offenen Stückes ist nicht klar. Dargestellt ist eine bartlose menschliche Gestalt mit breiten Schultern und über der Brust gekreuzten Armen. Der Rumpf ist mit eingepunzten Stichreichen und halbmondförmigen Eindrücken verziert. In den Ohren befinden sich Löcher, die auf einer Seite noch einen Ohrring aus dünnem Golddraht enthalten. Am unteren Ende und auf dem Kopf sitzen jeweils Ringe aus kunstvoll verflochtenem Golddraht546. Löw konnte die Büste aufgrund der erwähnten halbmondförmigen Verzierung dem von ihre definierten Marlik local style zurechnen547. Weitere Beispiele dieses Stils sind in den Gräbern 24 und 26 enthalten, die wie Grab 36 zu Stufe IIa gehören. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Figurinen aus den Gräbern 24, 36 und 52 allesamt zu Stufe IIa gehören. Inwieweit dieser Befund als repräsentativ zu betrachten ist, lässt sich aufgrund des derzeitigen Forschungsstandes nur eingeschränkt sagen. 540 Wulsin 1932, 10, Pl. XV, Fig. 1-3; Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 609, Kat.-Nr. 111. Diese betreffen das allgemeine Erscheinungsbild, die Armhaltung, den neutralen Gesichtsausdruck und die mehrfache Durchlochung der Ohren. Eine der Figurinen aus Tureng Tepe besitzt sogar eine ähnliche Kopfbedeckung wie die bronzenen Beispiele aus Marlik. 541 Fallahiyan 2004, 230, Abb. 17, 237, Abb. 12-13; Fallahiyan/Ohtsu/Adachi 2006, 150-151, Fig. 201. Das Fundmaterial dieses Ortes kann mit den Stufen I und IIa in Marlik parallelisiert werden. 542 Hakemi 1968, 80, Fig. 104-105 aus Kaluraz. Von diesem Typ liegen zahlreiche Beispiele aus dem Kunsthandel vor. 543 Negahban 1996, 80-81. 544 Die Rippen auf dem Rücken des Equiden wurden von Negahban 1996, 113, als Satteldarstellungen angesprochen. Ähnliche Funde wurden kurz darauf in Kaluraz gemacht. Vgl. Hakemi 1973, 5 oben. 545 Negahban 1996, Kat.-Nr. 82. Gute Abbildungen bei Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 754-755, Kat.-Nr. 439. 546 Eine ähnliche Technik ist bei einem mittelelamischen Fingerring aus Susa zu beobachten, der des Öfteren als Vergleich herangezogen wird. Stöllner/Slotta/Vatandoust 2004, 750-751, Kat.-Nr. 435b. Negahban 1996, 114, vergleicht hingegen Flechtbänder auf verschiedenen Rollsiegeln. Da das Ornament des Flechtbandes aber recht allgemeiner Natur und insbesondere im Bereich der Glyptik häufig zu finden ist, dürfte diesem Argument eher eine geringe Aussagekraft zukommen. 547 Löw 1998, 194. 208 Auswertung weiterer Funde 8.4.3. Siegel 8.4.3.1. Stempelsiegel Aus Bronze gegossene Stempelsiegel liegen in großer Zahl aus dem Kunsthandel vor548. In wissenschaftlichen Grabungen konnten bisher aber nur wenige Exemplare geborgen werden549. Die Nekropole von Marlik lieferte insgesamt fünf Stempelsiegel, alleine drei davon aus Grab 36 und jeweils eines aus den Gräbern 23 und 27550. Die Stempelfläche kann unterschiedlich geformt sein und verfügt jeweils über geometrische Muster aus tiefen Rillen. Aus Marlik liegen Beispiele in runder, kreuzförmiger und drei- bis vierblättriger Form vor. Der Griff ist auf der Rückseite der Stempelplatte angelötet und kann entweder gerade abschließen oder einen Aufsatz in Form eines Tieres, meist eines Vogels oder eines Buckelrindes aufweisen. Am Griff oder dem aufgesetzten Tier befindet sich eine Durchlochung, seltener eine Öse, an der die Siegel mittels einer Schnur getragen werden konnten. Soweit feststellbar, sind derartige Stempelsiegel genuin nordiranisch. Ob sie in Zusammenhang mit den bronzezeitlichen Stempelsiegeln aus Nordostiran stehen551, kann zurzeit nicht sicher gesagt werden. Ebenso unklar ist auch, was man mit diesen Objekten gestempelt hat. In den bisher aufgedeckten Grabbefunden in Nordiran ließen sich jedenfalls keine Hinweise auf die Verwendung der Stempelsiegel finden552. Vielleicht können zukünftige Siedlungsgrabungen in der Region Aufschlüsse zu dieser Frage liefern. 8.4.3.2. Rollsiegel Die Rollsiegelfunde aus Marlik lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Neben einigen wenigen Beispielen aus Metall, die wie die oben beschriebenen Stempelsiegel offenbar lokale Produkte darstellen, besteht die bei weitem größere Gruppe aus importierten Stücken. 548 Erlenmeyer/Erlenmeyer 1965; Moorey 1974, 177-179; Orthmann 1982, 16-17; Hopp/Schaaf/Völcker-Jansen 1992, 36. 549 Neben Marlik ist bisher nur Kaluraz zu nennen. Vgl. Khalatbari 1997, 122,h. 550 Negahban 1996, Kat.-Nr. 486-490. 551 Moorey 1974, 179, stellt einen lockeren Bezug zu Metallstempelsiegeln mit Griff aus Tepe Hissar her, den er aber nicht weiter kommentiert. Vgl. Schmidt 1937, 199-200, Fig. 118, H 3515 und H 4886. Die beiden Exemplare stammen aus Gräbern der spätesten bronzezeitlichen Schicht Hissar IIIC, ersteres ist ein Männergrab. Die Stempelsiegel aus Tepe Hissar zeigen aber im Unterschied zu den nordiranischen Stücken stark stilisierte figürliche Darstellungen. Die Durchlochung am Griff spricht für eine gleichartige Trageweise. 552 An Vorschlägen, beispielsweise als Körperstempel für Mensch und Tier bzw. Brot- oder Farbstempel fehlt es jedenfalls bisher nicht. Beweisen lässt sich allerdings keine dieser Thesen. Calmeyer 1987, 347, Anm. 27, äußerte die Vermutung, es könnte sich um „Brandstempel für Vieh“ handeln. Mit dem Terminus Vieh sind vermutlich Rinder, vielleicht auch Pferde gemeint, da eine derartige Kennzeichnung für Tiere mit längerem Fell wie Schafe oder Ziegen wenig sinnvoll ist. Das Vorhandensein von Schweinen lässt sich bisher nicht nachweisen. Fraglich ist aber bei dieser Interpretation, warum man die entsprechenden Muster bei den zahlreichen Rinderfigurinen aus der Nekropole von Marlik nicht findet. 209 Auswertung weiterer Funde Einheimische Rollsiegel Ein ausgesprochen kleines (0,7 mal 1,1 cm), aus Gold gefertigtes Rollsiegel aus Grab 36 zeigt grob eingetiefte Darstellungen eines nach links schreitenden Vogels und eines Feliden unter einer Schlange mit dreieckigem Kopf553. Das Stück weist bezüglich Größe, Material und Stil keine Bezüge zu den anderen Rollsiegelfunden aus Marlik auf, was Negahban dazu veranlasste, von einer lokalen Fertigung auszugehen554. Diese Vermutung wurde von anderen Autoren später weitgehend übernommen555. Bei dem zweiten Objekt handelt es sich um eine mit bitumenartigem Material gefüllte Goldblechhülse aus Grab 5, die nahe den Enden mit je einer tiefen Rille versehen ist556. Sonstige Verzierungen oder Darstellungen auf der Hülse lassen sich bestenfalls ansatzweise erkennen. Material und Machart sind für ein Rollsiegel eher ungewöhnlich, entsprechen dafür aber bitumengefüllten Röhrenperlen aus Goldblech, wie sie in diversen Befunden in Marlik vorhanden sind557. Es könnte sich also durchaus auch um eine Perle handeln. Gleiches gilt für eine Gruppe von zylindrischen Fritte- und Gipsobjekten mit der Längsachse folgender Durchlochung, die mehrfach in Grab 32 gefunden wurden. Trotz gewisser Ähnlichkeiten zu geometrisch verzierten Mitanni-Siegeln558 legt der Befund nahe, dass diese Exemplare wohl eher als Perlen verwendet worden sein dürften559. Importierte Rollsiegel Die größte Gruppe unter den importierten Siegeln stellen mehrere Mitanni-Siegel des so genannten common style dar. Funde stammen aus den Gräbern 1, 2, 4 sowie 10 und streuen damit über einen großen Teil der Belegungszeit der Nekropole von Marlik. Drei dieser Siegel560 sind von B. Salje ihrer Stilgruppe <S/P 3> zugeordnet worden, die in Syrien in das 553 Negahban 1996, Kat.-Nr. 479. Negahban 1979, 124. 555 Calmeyer 1987, 347 Anm. 27, meint, das Siegel sei „gewiss iranischer Lokalstil, aber nicht unbedingt aus Marlik“. Wo das Stück sonst hergestellt worden sein könnte, wird aber nicht gesagt. 556 Negahban 1996, Kat.-Nr. 480. 557 Verschiedene Beispiel finden sich bei Negahban 1996, 162-163, Pl. 76-77. 558 Salje 1990, 72-75, betrachtet die Funde aus Marlik eindeutig als Mittani-Siegel. Diese einfachen Formen müssen aber nicht immer Rollsiegel sein. So sind bei Salje auch ähnliche Stücke aus den Sumbar-Gräberfeldern aufgeführt, die offenbar als Griffe für kleine gekrümmte Bronzemesser verwendet wurden. Vgl. Chlopin 1986, 25-27, Abb. 10,6. Ob es sich hierbei, wie Chlopin meint, tatsächlich um Teppichmesser handelt, ist jedoch nicht zu klären. 559 Negahban 1979, 124—126, meint, dass es sich bei den Exemplaren aus Gips um Siegel, bei denen aus Fritte aber um Perlen handeln könnte. Dafür spräche auch die von ihm erwähnte Fundlage zusammen mit anderen Fritteperlen, die zu einer Halskette kombiniert werden konnten. Vgl. Negahban 1996, 160, 213 sowie Pl. 71, 288. 560 Negahban 1996, Kat.-Nr. 470, 471 und 473. 554 210 Auswertung weiterer Funde 16./15. Jh. datiert wird, in Palästina aber erst vom 14. bis zum 11. Jh. belegt werden kann561. Für gewöhnlich wird für Siegel dieser Art eine Datierung in das 14. Jh. vorgeschlagen. Aus Tell Zubeidi im Hamrin-Gebiet sind allerdings Mitanni-Siegel bekannt geworden, die noch in das 13. und 12. Jh. v.Chr. zu datieren sind562. Aus Test Trench II im Bereich des Grabes 42 kommen zwei weitere Siegel, von denen eines als elamische Arbeit angesprochen wurde563. Matthews ordnet dieses Stück hingegen dem Pseudokassitischen Stil zu, den er nicht vor 1250 v.Chr. ansetzen möchte564. M. Marcus zieht als Vergleich ein Rollsiegel aus einer Bestattung aus Hasanlu V (demnach wohl vor 1250 v.Chr.) heran565. Das zweite Siegel aus Grab 42 wird von Matthews in die Zeit Salmanassars I., also in das frühe 13. Jh. gesetzt566. Ein weiteres Rollsiegel aus Grab 3 besitzt Parallelen im kassitischen und mittelassyrischen Bereich und dürfte ebenfalls wohl etwa im 13. Jh. hergestellt worden sein567. Grab 8 enthielt die einzigen beschrifteten Objekte der Nekropole von Marlik. Es handelt sich um zwei mit assyrischer Keilschrift versehene Siegel, deren Inschrift nicht später als Adadnirari (1307-1275) oder Tiglatpilesar I. (1117-1077) entstanden sein dürfte568. Auch hier müsste demnach der Zeitpunkt der Herstellung wohl zwischen dem beginnenden 13. und dem frühen 12. Jh. zu suchen sein. 8.4.3.3. Zusammenfassung Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Zahl der Siegelfunde in der Nekropole von Marlik im Vergleich zu anderen Fundgattungen als gering zu bezeichnen ist. Es scheint, als habe die Produktion von Siegeln in Nordiran keine große Tradition; zumindest sind sie als Beigaben in den bisher bekannten Grabfunden der Region nur selten aufgetaucht. Vor Ort in Nordiran hergestellte Siegel sind in nur drei Befunden vorhanden. Die größere Gruppe bilden importierte Rollsiegel, die auch in stark beschädigtem oder abgegriffenem Zustand eine 561 Salje 1990, 91. Boehmer/Dämmer 1985, 69, 79, Kat.-Nr. 695. 563 Negahban 1996, Kat.-Nr. 474; zur Bewertung vgl. Amiet 1989, 314. So auch Calmeyer 1987, 347, Anm. 27. 564 Matthews 1990, 66-70, ist der Ansicht, dass dieses Stück der Übergangsphase vom ersten Kassitischen Stil zum Pseudokassititschen am Anfang des 13. Jh. nicht angehört. Zum dritten Kassitischen Stil des 12./11. Jh. sieht er ebenfalls keinerlei Verbindungen. 565 Marcus 1996, 143-145. 566 Negahban 1996, Kat.-Nr. 475. Matthews 1990, 98-101, Kat.-Nr. 350. Auch Calmeyer 1987, 347, Anm. 27 betont die mittelassyrischen Vergleichsstücke dieses Rollsiegels. 567 Negahban 1996, 210-211, Kat.-Nr. 476; Calmeyer 1987, 347, Anm. 27. 568 Negahban 1996, 211-212, Kat.-Nr. 477-478. Da beide Siegel aus demselben Grab stammen und zugleich die einzigen beschrifteten Beispiele aus Marlik repräsentieren, liegt die Vermutung nahe, dass sie wohl auch gemeinsam nach Marlik gekommen sein mögen. 562 211 Auswertung weiterer Funde gewisse Bedeutung als Grabbeigabe besaßen569. Man könnte sich vorstellen, dass diese Objekte in erster Linie aufgrund ihrer vor Ort ungewöhnlichen Darstellungen getragen und einem Verstorbenen mit ins Grab gegeben wurden. Für ihren ursprünglichen Zweck wurden sie wohl nicht mehr benutzt, denn „in Marlik selbst gab es offenbar nichts zu siegeln“570. Eine endgültige Klärung dieser Fragestellung ist ohne ergänzende Grabungen in der zugehörigen Siedlung aber kaum möglich571. Für die Rekonstruktion der Beziehungen zwischen der früheisenzeitlichen Kultur Nordirans zu Regionen außerhalb des Elbursgebirges sind die Rollsiegel ebenfalls von großer Bedeutung. Sie stellen, abgesehen vielleicht von einigen Glasmosaikgefäßen, die einzig sicher nicht im nordiranischen Bereich gefertigte Fundgruppe dar und belegen überdies, dass gewisse Beziehungen zwischen dem vergleichsweise abgelegenen Gebirgsregionen und den Hochkulturen des mesopotamischen und südwestiranischen Tieflandes existiert haben. Um direkte Kontakte dürfte es sich hierbei wohl nicht gehandelt haben, denn sonst sollte man deutlich mehr Importstücke oder beeinflusste Funde erwarten. Für Datierungsfragen sind die Rollsiegel indes weniger geeignet als einige Bearbeiter annehmen, da sich die oben genannten Daten jeweils nur auf den mutmaßlichen Zeitpunkt ihrer Herstellung beziehen. Damit ist aber noch nichts über den Zeitpunkt ausgesagt, zu dem diese Siegel zusammen mit den anderen Beigaben in Marlik in die Erde gekommen sind. Zwischen diesen beiden Ereignissen befindet sich ein unbekannter Zeitraum, während dessen die Siegel zunächst benutzt, dann verhandelt und schließlich an ihrem Zielort noch eine unbekannte Zeit lang wohl in amulettartiger Funktion getragen wurden572. So lässt sich also lediglich ein terminus post quem erarbeiten, der für die bestimmbaren Siegel zwischen dem 14. und dem 12. Jh. v.Chr. liegt. Spätere Herstellungsdaten können in allen Fällen ausgeschlossen werden. Die große Geschlossenheit der aus unterschiedlichen Quellen stammenden Importsiegel legt die Vermutung nahe, dass sie im Zuge der gleichen Entwicklung nach Nordiran gelangten und damit kein allzu langer Zeitraum zwischen Herstellung und Verwendung als Grabbeigabe liegen dürfte. 569 Damit unterscheidet sich die Nekropole von Marlik deutlich von anderen eisenzeitlichen Friedhöfen wie Hasanlu oder Tepe Sialk Nekropole B, in denen eine größere Zahl lokaler Rollsiegel entdeckt werden konnte. Im Fall von Hasanlu ist zudem durch die Grabung in der Siedlung selbst nachgewiesen, dass diese Siegel vor Ort auch als solche benutzt wurden. Marcus 1996, 25, weist darauf hin, dass solche Siegel gerne als Erbstücke aufbewahrt werden. 570 Calmeyer 1987, 347 Anm.27. 571 Bei Negahbans Grabungen auf dem Pileh Qaleh wurden offenbar außer zerscherbter Keramik kaum Funde gemacht. Wären dort Siegel oder gar Abrollungen gefunden worden, dann hätte man diese sicherlich publiziert. 572 Unterstellt wird hier, dass es sich nicht von vorneherein um rein für den Export hergestellte Stücke handelt, sondern dass man vielmehr abgenutzte, beschädigte oder außer Mode gekommene Siegel in den Handel einfließen ließ. 212 Auswertung der Gräber 8.5. Auswertung der Gräber Das eingangs formulierte Hauptziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, für die Gräber von Marlik ein relativchronologisches System zu erarbeiten. Dies konnte mit der Erstellung der Kombinationstabelle weitgehend erreicht werden. Im Folgenden soll nun für jedes Grab ein Datierungsvorschlag vorgelegt werden. Im Anschluss daran werden Gräber aufgeführt, die nicht in der Tabelle enthalten sind, da sie nicht über die erforderliche Anzahl auswertbarer Typen verfügen. Dennoch lassen sich zum Teil Bezüge zu bestimmten Stufen herausarbeiten. Diese Zuordnung basiert meist auf einzelnen Vergleich und ist oft nicht ausreichend abzusichern, womit die Gräber meist nur vage einer bestimmten Stufe zuzuordnen sind. 8.5.1. Stufe I Grab 12 Dieses Grab ist mit vier Typen in der Kombinationstabelle vertreten. In drei Fällen besteht eine Vergesellschaftung mit dem benachbarten Grab 15, das auch hinsichtlich der Form und der Ausrichtung des Grabbaus gut vergleichbar ist. Griffzungendolche der Varianten A bis D und Pfeilspitzen des Typs V A sind vor Ort nur in diesen beiden Befunden vorhanden, während Scheibenanhänger der Variante A außerdem aus den Gräbern 25 und 50 vorliegen. Des Weiteren sind so genannte „Ohrensäuberer“ zu nennen, welche in den Gräbern 12, 26, 36 und 47 sowie in einigen Gräber in Ghalekuti vertreten sind. In etwa gleichzeitig dürften die meisten Befunde aus Ghalekuti sein, welche ebenfalls Keramikbecken der Variante A, Schnabelkannen des Typs I und Griffzungendolche enthielten. Besonders gut sind die Vergleichsmöglichkeiten zu den reichen Gräbern A-V und E.6. Anklänge bestehen aber auch zu einigen frühen Gräbern der Stufe II in Marlik selbst. Datierung: Marlik Stufe I. Grab 15 Goldene Scheibenanhänger der Variante A kommen in Marlik auch in den Gräbern 12, 25 und 50 vor. Ungewöhnlich ist, dass ein Exemplar aus diesem Grab statt des getriebenen Blechbuckels eine Lapislazulieinlage besitzt. Die Randverzierung dieses Stückes taucht beinahe identisch bei einem Scheibenanhänger aus Ghalekuti Grab C-I auf, was in Anbetracht der erheblichen Variantenbreite innerhalb des Typs durchaus bemerkenswert ist. Die 213 Auswertung der Gräber hierdurch angedeutete frühe Zeitstellung lässt sich durch die Waffenfunde, insbesondere Dolche des Typs I und Pfeilspitzen des Typs V A, bestätigen. Beides ist auch in Grab 12 vorhanden. Pfeilspitzen des Typs I und II verbinden das Grab zudem mit Befunden der Stufe IIa, vor allem mit Grab 24, das als eines der frühesten Gräber dieser Stufe betrachtet werden kann. Lanzenspitzen des Typs III A finden sich in zahlreichen Gräbern in Ghalekuti. Ein Exemplar ist in Marlik auch noch in Grab 18, einem vergleichsweise späten Befund der Stufe IIb vertreten, was auf eine längere Laufzeit des Typs hindeutet. Goldblechdiademe und Drahtohrringe sind feinchronologisch kaum einzugrenzen, während Rippenperlen und Röhrenperlen mit eingeritztem Gittermuster wohl als frühe Typen eingestuft werden können. Datierung: Marlik Stufe I. Grab 23 Röhrenperlen mit eingeritztem Muster, Scheibenanhänger der Variante A, Scheibenperlen mit Durchschub und goldene Drahtohrringe können als frühe Typen angesprochen werden. Gerade im Schmuck- und Trachtbereich tauchen immer wieder Bezüge zu Grab 15 und den Bestattungen A-V und E.6 in Ghalekuti auf. Erwähnenswert sind auch die engen Parallelen zu den Gräbern 10 und 50 in Marlik selbst. Die bronzenen Stempelsiegel dürften ebenfalls eher in einen frühen Bereich der Nekropole von Marlik gehören, denn sie sind noch in zwei Gräbern der Stufe IIa vorhanden. Für Grab 23 ergäbe sich demnach eine Einordnung in den Bereich der Stufe I mit gewissen Tendenzen zur folgenden Stufe II. Datierung: Marlik Stufe I (spät). Grab 14 Wie bereits weiter oben ausgeführt, dürfte dieser Befund vor der Ausgrabung beraubt worden sein. Ein Großteil des verbliebenen Inventars besteht aus kleinteiligem, wenig charakteristischem Schmuck, weshalb dieses Grab in der Kombinationstabelle lediglich mit zwei Typen vertreten ist. Funde wie goldene Diademe oder Drahtohrringe stellen keine sicher datierbaren Typen dar. Aufgrund der guten Übereinstimmungen zu den Gräbern 15 und 23 kann das Grab aber wohl Stufe I zugeordnet werden. Datierung: Marlik Stufe I. Grab 10 Ausgesprochen gute Verbindungen bestehen mit drei bzw. vier gemeinsamen Fundtypen zu den Gräbern 23 und 50. Diese Vergleiche kommen allesamt aus dem Schmuck- und 214 Auswertung der Gräber Trachtbereich. Im Einzelnen handelt es sich um Draht- und Blechohrringe, Scheibenperlen mit Durchschub und Spiraldrahtperlen. Zur Tracht gehören die qualitätvollen gerillten Kegelkopfnadeln und die nicht in der Kombinationstabelle enthaltenen Blechnadeln. Beides kommt auch in Grab 50 vor. Goldenen Ringscheiben und Pilzkopfnadeln weisen auf Verbindungen zu Gräbern der Stufe IIa hin. Das Rollsiegel und die wenigen Bronzefunde sind für eine typologische Auswertung hingegen nicht brauchbar. Die auffälligen Bezüge zu den Gräbern 14, 15, 23 und den Schmuckfunden aus Grab 50 lassen für diesen Befund eine Zeitstellung im Bereich der Stufe I mit gewissen Anbindungen an Stufe II vermuten. Datierung: Marlik Stufe I (spät). Grab 11 Der einzige Fund aus diesem Grab besteht in einer Ausgusstülle aus Keramik. Gute Vergleichsmöglichkeiten hierzu finden sich in den Gräbern 17 und 36. Der eingezogene, mit zwei Rillen versehene Rand ist auch bei der Schnabelkanne aus Grab 12 vorhanden. Hinsichtlich der langen, nur leicht gebogenen Ausgüsse sind auch Schnabelkannen aus Ghalekuti, Djamshidabad und Ali Karam Bagh nahe stehend und weisen auf eine frühe Zeitstellung dieses Grabes hin. Deshalb wird hier eine Einordnung in Stufe I vorgeschlagen. Datierung: Marlik Stufe I (unsicher). Grab 17 Von den fünf in diesem Grab enthaltenen Keramikgefäßen kann zur chronologischen Einordnung lediglich eine Schnabelkanne mit hoch angesetztem, nur wenig gebogenen Ausguss herangezogen werden. Diese Form ist als tendenziell früh zu bewerten. Ein ähnlicher Verdacht besteht auch bei einigen anderen Gefäßen aus diesem Grab. Eine Datierung in den Bereich der Stufe I wäre möglich. Datierung: Marlik Stufe I (unsicher). 8.5.2. Stufe IIa Grab 24 Einer der wichtigsten Funde aus diesem Grab ist ein Goldgefäß mit Darstellungen von geflügelten Capriden und Bäumen, welches Stilgruppe 15 nach Löw angehört573. Die 573 Negahban 1996, Kat-.Nr. 4; Löw 1998, 192-195. 215 Auswertung der Gräber gegenständig angeordneten Reihen halbmondförmiger Eindrücke sind als typisches Merkmal des Marlik local style anzusprechen. Im Gegensatz dazu findet ein topfartiges Gefäß aus relativ dickem Silberblech hinsichtlich seiner einfachen Punktverzierung vor Ort keine Parallelen; die Gefäßform kann aber mit Vertretern der Stilgruppe 13 aus den Gräbern 32 und 36 und dem oben genannten Goldgefäß der Stilgruppe 15 verglichen werden574. Zu den seltenen, aber prägnanten Funden in Marlik sind hohl gearbeitete Felidenköpfe zu zählen, die ähnlich auch aus Grab 26 geborgen werden konnten. Alle bisher genannten Objekte stammen aus Gräbern der Stufe IIa. Die Schmuckfunde sind ebenfalls von hoher Qualität und finden gute Vergleiche in verschiedenen Gräbern der Stufe IIa. Dem mit Bitumen gefüllten Goldblecharmreifen kommt ein Exemplar mit Felidenkopfenden aus Grab 36 am nächsten575, während ein Anhänger in Form einer Doppelpyramide ein identisches Gegenstück in Grab 27 besitzt. Goldene Tierkopfperlen waren neben Grab 24 auch in den Gräbern 27, 32, 36 und 41 vorhanden; birnenförmige Objekte aus Goldblech kommen in der gesamten Nekropole hingegen nur noch in Grab 26 vor. Verzierte Goldblechknöpfe sind zwar in einer Reihe von Gräbern vorhanden, jedoch besitzen einige der Exemplare aus Grab 24 erneut die besten Vergleichsstücke in Grab 26, wodurch die engen Verbindungen zu diesem großen Kriegergrab erneut bestätigt werden. Die Keramik ist nicht vollständig beschrieben. Kannen des Typs IB waren auch in den Gräbern 27, 33 und als Doppelgefäß in Grab 36 vorhanden. Bei den Waffen bieten Keulenköpfe und Dolchklingen keine guten Vergleichsmöglichkeiten; wohingegen Lanzenspitzen des Typs I A in den Gräbern 26 und 33, des Typs I C in den Gräbern 26 und 32 und des Typs I E in den Gräbern 47 und 52 gefunden wurden. Erneut stammen alle Vergleiche aus Befunden der Stufe IIa. Daneben wurden auch zahlreiche Pfeilspitzen unterschiedlicher Typen entdeckt. Die ausgesprochen markanten Pfeilspitzen des Typs I sind nur in den Gräbern 15 und 24 vorhanden. Ebenfalls in Grab 15, aber auch in Grab 26 wurden Pfeilspitzen des Typs II geborgen. Pfeilspitzen des Typs III, Variante B und C treten mehrheitlich in Gräbern der Stufe IIa auf. Zuletzt sind noch Exemplare des Typs V B zu erwähnen, die erneut in den bereits mehrfach genannten Vergleichsbefunden 26 und 36 enthalten sind. Andere Fundgruppen wie beispielsweise zoomorphe Keramikfiguren gehören dem allgemeinen Fundgut der Stufe II an. Metallgefäße, markante Schmuckobjekte und nicht zuletzt auch die Waffenfunde verbinden Grab 24 fest mit Stufe IIa. Aufgrund der Vergleiche mit Grab 15 (Stufe I) könnte eine frühe 574 575 Negahban 1996, Kat.-Nr. 18. Vgl. Hierzu die Aufstellung der Gefäßformen bei Löw 1998, 597 Vgl. Negahban 1996, Kat.-Nr. 354 aus Grab 24 mit Kat.-Nr. 344 aus Grab 36. 216 Auswertung der Gräber Zeitstellung des Befundes innerhalb von Stufe IIa angenommen werden. Dieser Eindruck konnte auch durch eine Analyse der Metallgefäße bestätigt werden576. Datierung: Marlik Stufe IIa (früh). Grab 26 Einen ersten Hinweis zu Einordnung des Grabes liefert ein Goldbecher der Stilgruppe 13577. Die anderen Beispiele dieser Gruppe stammen ausschließlich aus Gräbern der Stufe IIa (Gr. 32, 36 und 52). Aus Goldblech getriebene Felidenköpfe gehören zum bereits besprochenen Marlik local style, der auch in den Befunden 24 und 36 festgestellt werden konnte. Beide Gräber gehören der Stufe IIa an. Zu den Einzelstücken in Marlik gehört eine schlanke Bronzekanne, die aber hinsichtlich ihrer Form exakt keramischen Exemplaren des Kannentyps IA entspricht. Funde kommen aus verschiedenen Gräbern der Stufen IIa und IIb, unter anderem auch aus Grab 26 selbst. Schnabelkannen des Typs IIC, Perlencluster in Traubenform und schwarzweiß gebänderte Glasperlen sind ausschließlich in Gräbern der Stufe IIa vorhanden. Bei birnenförmigen Objekten aus Goldblech ist die Funktion unbekannt. Die einzigen Funde in Marlik kommen aus den Gräbern 24 und 26. Grab 26 gehört zu den am intensivsten mit Waffen ausgestatteten Befunden in Marlik. Länglich-röhrenförmige Keulenköpfe lassen sich mit ähnlichen Exemplaren aus den Gräbern 47 und 52 vergleichen. Beide Befunde gehören Stufe IIa an. In dieser Stufe fanden sich auch zahlreiche Vertreter der Dolchtypen II A (Gr. 33, 47 und 52), II B (Gr. 33 und 47)und IV (Gr. 33). Die Lanzenspitzen vom Typ I, Variante A (Gr. 24 und 33), C (Gr. 24 und 32) und D (Gr. 33) stammen ebenfalls alle aus dieser Belegungsstufe. Bei den Pfeilspitzen ergibt sich ein ähnliches Bild. Typ II ist in Stufe I und IIa vorhanden, Typ III B in Stufe IIa-b und die Typen III C und V B ausschließlich in Stufe IIa. Zu den weiteren Fundgruppen der Stufe IIa gehören Gürtelbleche des Typs I sowie Ösenkopfnadeln. Ohrensäuberer tauchen in den Stufen I und IIa, Fingernagelsäuberer in den Stufen IIa und IIb auf. Damit lässt sich Grab 26 eindeutig mit den großen Kriegergräbern der Stufe IIa, vertreten durch die Befunde 47 und 52, einordnen und besitzt überdies auffällige Parallelen zu den Gräbern 33 und 36. An einer Zuordnung zu Stufe IIa kann kein Zweifel bestehen. Datierung: Marlik Stufe IIa. 576 577 Siehe oben im Kapitel „Auswertung weiterer Funde“. Negahban 1996, Kat.-Nr. 8. 217 Auswertung der Gräber Grab 32 Grab 32 enthielt zwei verzierte Metallgefäße der Stilgruppe 13, deren weitere Vertreter allesamt aus Befunden der Stufe IIa kommen578. Goldblechdiademe und Goldblechknöpfe sind in verschiedenen Abschnitten vorhanden, besonders häufig aber in Stufe II. Gleiches gilt für Buckelrindfigurinen aus Keramik. Die meisten Vergleichsstücke zum Schmuck besitzen ein deutliches Übergewicht in Stufe IIa. Hier sind vor allem granatapfelförmige Perlen, Spiralschieberperlen, konische Blechperlen, Blechringe, Tierkopfperlen und Tierkopfnadeln zu nennen. Zahnradperlen und Ösenkopfnadeln kommen sogar ausschließlich aus Stufe IIa. Gleiches gilt für die Gürtelbleche des Typs I. Die keramischen Funde bestehen aus Kannen der Typen IA, IC und III. Damit bestätigt sich das oben gewonnene Bild einer generellen Einordnung in Stufe II mit erkennbarem Schwerpunkt in Stufe IIa. Dies wird durch den einzigen Waffenfund, eine Lanzenspitze des Typs I C, die nur in Gräbern der Stufe IIa enthalten ist, noch weiter abgesichert. Datierung: Marlik Stufe IIa Grab 33 Eine Einordnung dieses Grabes ist in erster Linie durch die Funde aus dem Bereich der Keramik und der Waffen möglich. Kannen des Typs I kommen in den Varianten B und C fast ausschließlich in Befunden der Stufe IIa vor, während Kannen des Typs II auf beide Phasen der Stufe II verteilt sind. Auf Stufe IIa beschränkt sind Dolche der Typen II A, II B und IV, während die Vertreter des Typs III A auch noch in Stufe IIb auftauchen. Die Lanzenspitzen der Typen I A und I D sind ebenfalls nur in Stufe IIa belegt. Generell zu Stufe II gehören Pfeilspitzen des Typs IV. Aufgrund der zahlreichen Vergleichsmöglichkeiten ist Grab 32 aber eindeutig Stufe IIa zuzurechnen. Datierung: Marlik Stufe IIa Grab 36 Dieses vergleichsweise kleine Grab zählt zu den mit Abstand reichsten Befunden in Marlik. Von den vier Goldgefäßen gehören zwei Stilgruppe 13 an579, die auch in den Gräbern 26, 32 und 52 belegt ist. All diese Befunde sind gesicherte Gräber der Stufe IIa. Die goldene Büste ist im Marlik local style gearbeitet, dessen anderen Vertreter in den Gräbern 24 und 26 gefunden wurden. Auch hier ist eine eindeutige Stellung in Stufe IIa zu verzeichnen. Gleiches 578 579 Siehe oben für Grab 26; des Weiteren Negahban 1996, Kat.-Nr. 5 und 13. Negahban 1996, Kat.-Nr. 11-12. 218 Auswertung der Gräber gilt für die anthropomorphen Keramikfiguren, die entfernte Vergleichsstücke in den Gräbern 24 und 52 besitzen. Von den zahlreichen Schmuck- und Trachtobjekten lassen sich nur wenige Typen auswerten. Schwarzweiß gebänderte Glasperlen kommen in den Gräber 26 und 47 vor, Tierkopfperlen 24, 27, 32 und 41. Abgesehen von Grab 41, das stark zu Stufe IIb tendiert, handelt es sich sämtlich um Befunde der Stufe IIa. Bronzene Stempelsiegel stammen aus Grab 27 (Stufe IIa) und Grab 23 (Stufe I). Ein Doppelgefäß aus Keramik kann den Kannen des Typs IB angeschlossen werden. Funde kommen aus den Gräbern 24, 27 und 33. Auch Schüsseln mit kreuzschraffierter Ritzverzierung sind nur in Stufe IIa (Gr. 36, 47 und 52) belegt. Eine fragmentierte Schnabelkanne mit hohem, kaum gebogenem Ausguss kann tendenziell früh datiert werden, während Ausgussschalen des Typs II ansonsten nur noch in Grab 30 auftauchen, welches wohl Stufe IIb zuzurechnen ist. Eine Tasse mit übergroßem Henkel besitzt leider nur ein einziges Vergleichsstück in dem nicht bestimmbaren Grab 4. Funde aus Ghalekuti, Sialk und anderen Orten deuten jedoch darauf hin, dass es sich hierbei um einen Typ mit geringer feinchronologischer Aussagekraft handeln dürfte580. Die Pfeilspitzen aus Grab 36 gehören Typ V B an, der geschlossen in Befunden der Stufe IIa auftritt. Gleiches gilt für bronzene Schöpfkellen mit tordiertem Griff. Ohrensäuberer sind in den Gräbern 12 (Stufe I), 26 und 47 (beide Stufe IIa), Fingernagelsäuberer in den Gräbern 26, 27 (beide Stufe IIa) und 44 (Stufe IIb) entdeckt worden. Zusammenfassend lässt sich ein deutliches Übergewicht der Vergleichsfunde in Stufe IIa feststellen. Datierung: Marlik Stufe IIa. Grab 47 Das Goldgefäß aus Grab 47 entzieht sich aufgrund der einfachen Darstellungen einer exakteren Bewertung. Im Bezug auf die angewandte Technik kann bestenfalls das Goldgefäß aus Grab 24 angeführt werden, doch gehört dieses einem anderen Stil an581. Ein Bronzekessel des Typs B ist auch in Grab 52 vorhanden, in dem auch in auffallend ähnlicher Grabritus nachgewiesen werden konnte. Hirschfiguren aus Keramik waren in Marlik nur in den Gräbern 36, 47 und 52 (jeweils Stufe II) gefunden worden, während bronzene Hirsch- und Rinderfiguren in zahlreichen Gräbern, hauptsächlich der Stufe II auftauchen. Gleiches trifft auch für Scheibenanhänger der Variante 580 Siehe oben im Kapitel „Vorstellung der Typen“. Vgl. Negahban 1996, Kat.-Nr. 3 aus Grab 47 und Kat.-Nr. 5 aus Grab 4. Beide Gefäße gleichen sich zwar hinsichtlich der angewandten Technik, sind aber in Bezug auf den Stil deutlich zu unterscheiden. 581 219 Auswertung der Gräber B zu. Schwarzweiß gebänderte Glasperlen und capridenförmige Fritteperlen kommen nur in wenigen Befunden der Stufe IIa vor. Scheibenperlen mit Durchschub, Rippenperlen und goldene Ringscheiben können als tendenziell frühe Formen angesprochen werden, da sie hauptsächlich in Gräbern der Stufen I und IIa vertreten sind. Zu den auswertbaren keramischen Funden gehören Kannen des Typs IC, die aus den Gräbern 26, 32, 33, 50 und 52 stammen. Eine Schnabelkanne mit rundem Gefäßkörper besitzt ein vergleichbares Gegenstück in Grab 52, während ein hoher Topf in Marlik zwar ein Einzelstück darstellt, jedoch über ähnliche Funde aus Ghalekuti und Lameh Zamin ebenfalls früh datiert werden kann582. Ritzverzierte Schüsseln sind auf Befunde der Stufe IIa beschränkt. Bei den Waffen ergeben sich erneut gute Parallelen zu den bereits mehrfach angeführten Befunden. So können röhrenförmige Keulenköpfe entfernt mit Exemplaren aus Grab 26 und verglichen werden. Griffzungendolche des Typs I E kommen ansonsten nur noch in Grab 52 vor. Vollgriffdolche der Typen II A und II B sind auch in den Gräbern 26 und 33 vorhanden, Variante B zusätzlich noch in den Gräbern 52 und 29, in letzterem aber bereits in leicht abgewandelter Form. Die Lanzenspitzen des Typs I E (Gr. 24 und 52) und den Pfeilspitzen Typ III (Gr. 24, 26 und 52) kommen aus reichen Waffengräbern der Stufe IIa, während Pfeilspitzen des Typs IV auch noch in Stufe IIb vertreten sind. Zuletzt sind noch die so genannten „Ohrensäuberer“ zu nennen, die ebenfalls in frühen Gräbern der Stufen I (Gr. 12) und IIa (Gr. 26 und 36) sowie in einigen Befunden in Ghalekuti gefunden wurden. Wie sich zeigt, ist Grab 47 fest mit dem benachbarten Grab 52 verbunden. Des Weiteren bestehen enge Bezüge zu den Gräbern 26 und 36, in gewissem Maß auch zu den Gräbern 24 und 33. Damit gehört der Befund sicher in Stufe IIa. Einige Verbindungen bestehen auch noch zu den älteren Gräbern der Stufe I und den zeitgleichen Waffengräbern in Ghalekuti. Vielleicht ist der Befund deswegen innerhalb von Stufe IIa vergleichsweise früh einzuordnen. Datierung: Marlik Stufe IIa (früh). Grab 52 Ein figürlich verzierter Goldbecher ist Stilgruppe 13 nach Löw zuzuordnen583. Weitere Beispiele stammen aus den Gräbern 26, 32 und 36, die sicher Stufe IIa angehören. Die unverzierten Metallschnabelkannen zeigen ähnliche Gefäßformen wie Funde aus Grab 27, welches ebenfalls diesem Belegungsabschnitt angehört. 582 Ghalekuti Grab A-V bei Egami 1965, Pl. LIII, 34 sowie Lameh Zamin Grab LZ-102, LZ-104 und LZ-108 bei Fukai/Matsutani 1982, Pl. 57,4, 59,3 sowie Pl. 62,2. 583 Negahban 1996, Kat.-Nr. 15. 220 Auswertung der Gräber Relativ selten in Marlik sind anthropomorphe Keramikfiguren. Vergleichbare Exemplare tauchen lediglich in Grab 36 auf. Keramik- und Bronzefigurinen sind ebenso wie Goldblechknöpfe und Diademe in Gräbern der Stufen IIa und IIb zahlreich vorhanden, dagegen fanden sich Hirschfiguren aus Bronze mehrheitlich in Gräbern der Stufe IIa. Die Trachtausstattung mit einer Vielzahl von Goldblechknöpfen verbindet allerdings Grab 52 und 47 eng miteinander. Hirschfiguren aus Keramik sind ebenso wie ritzverzierte Schüsseln und Bronzekessel des Typs B alleine auf diese Phase beschränkt. Zu den wenig auswertbaren Keramikfunden gehören Kannen des Typs IC, welche sich fast ausschließlich in reichen Gräbern der Stufe IIa fanden. Die länglich-röhrenförmigen Keulenköpfe kommen in abgewandelter Form auch in Grab 26 vor. Dolche der Typen I E, II A und Lanzenspitzen des Typs I E sind lediglich in Befunden der Stufe IIa vorhanden. Gleiches gilt für Pfeilspitzen der Typen III C und V B. Eine bronzene Spatula bildet zwar in Marlik ein Einzelstück, taucht aber in den Gräbern A-V und E.6 in Ghalekuti als Beigabe reicher Waffenbestattungen auf584. Ein weiteres Exemplar wurde aus Grab IV der Nekropole A in Tepe Sialk geborgen585, woraus sich ebenfalls eine vergleichsweise frühe Zeitstellung ableiten lässt. Datierung: Marlik Stufe IIa. Grab 27 Die unverzierten Metallgefäße eignen sich kaum zur näheren Einordnung dieses Befundes. Hohe Schnabelkannen aus Metall, Scheibenanhänger der Variante B und Keramikkannen des Typs IA und B weisen nur ganz allgemein in den Bereich von Stufe II. Doppelpyramidenanhänger gibt es ansonsten nur in Grab 24, Tierkopfperlen in den Gräbern 24, 32, 36 und 41. Bis auf den zuletzt genannten Befund können diese alle in Stufe IIa eingeordnet werden. Ein einhenkeliger Krug besitzt ein beinahe identisches Gegenstück in Grab 33 (Stufe IIa). Erneute Bezüge zu den Gräbern 26, 36 und 41 ergeben sich über die Schnabelkannen Typ II, Varianten B und C. Zu den Waffen gehören drei Exemplare des Dolchtyps III A und mehrere Pfeilspitzen des Typs IV. Beide Formen sind annähernd gleichmäßig auf die zwei Phasen der Stufe II verteilt. Lanzenspitzen des Typs II A und IV A weisen hingegen bereits eine deutliche Tendenz in den 584 Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LV,49; Fukai/Ikeda 1971, LII,4. Ähnliche Objekte aus Gheytariyeh lassen sich generell der Frühen Eisenzeit zuordnen. Vgl. Kambakhsh Fard 1990, 104, Abb. rechts unten. 585 Ghirshman 1939, Pl. V, 1 Mitte sowie Pl. XXXIX, S. 465. Auch hier handelt es sich um ein Waffengrab mit mehreren Pfeilspitzen und zwei geschmiedeten Bronzetüllen unbekannter Funktion. Im Hüftbereich befanden sich ähnlich wie bei einigen Befunden aus Ghalekuti ein Griffangeldolch und ein Pfriem, der vermutlich als Teil des Toilettbestecks anzusprechen ist. Beide Gegenstände bestehen aus Eisen, was die Bedeutung des Grabes innerhalb des Gräberfeldes deutlich macht. 221 Auswertung der Gräber zweiten Abschnitt dieser Stufe auf. Aus Knochen gefertigte Pfeilspitzen finden sich beinahe identisch in Ghalekuti Grab A-VI, das eine beiseite geräumte Erstbestattung mit Beigaben der Stufe Marlik IIa enthielt586. Steinmörser des Typs A und so genannte „Fingernagelsäuberer“ sind als Fundgut der Stufe II anzusprechen. Grab 27 gehört sicher zu Stufe II, wobei sich deutliche Tendenzen zu Phase IIa, aber auch gewisse Bezüge zu Phase IIb zeigen. Dies entspricht auch der Stellung des Befundes in der Kombinationstabelle. Das Grab kann wohl ähnlich wie Befund 29 an den Übergang zwischen beiden Phasen datiert werden, ist aber noch fest in Stufe IIa verankert. Datierung: Marlik Stufe IIa (spät). Grab 37 Die stilistische Einordnung des Metallgefäßes587 deutet eine Zugehörigkeit zu Stufe IIa an, in der sämtliche andere Vertreter der Gruppe gefunden wurden. Da weitere Funde nicht vorhanden sind, ist eine mehrfache Verknüpfung nicht möglich. Die Lage im Gräberfeld würde jedenfalls zu der oben getroffenen Einschätzung passen. Datierung: Marlik Stufe IIa (unsicher). 8.5.3. Stufe IIb Grab 13 Dieses Grab taucht in der Kombinationstabelle sehr weit rechts im Übergangsbereich der Stufen IIb und III auf. Dieser erste Eindruck kann durch die Auswertung des Fundmaterials bestätigt werden. Zunächst sind einige Typen zu erwähnen, die in den allgemeinen Bereich der Stufe II weisen. Hierzu gehören „Zimbeln“, Rinderfiguren aus Keramik und Bronze sowie Kannen des Typs IA bzw. III. Eine Reihe von Objekten wie Ausgussschalen Typ IA, Schnabelkannen mit rundem Gefäßkörper und durchbrochene runde Glöckchen lassen sich feinchronologisch nicht verwerten, da sie offensichtlich eine lange Laufzeit aufweisen. Ausschlaggebend für die Einordnung in Stufe IIb waren Keramikformen wie Ausgussschalen des Typs IB, einfache flache Teller und Becken der Variante B sowie Waffenfunde wie Dolche des Typs III B und Lanzenspitzen des Typs II A. Lanzenspitzen des Typs III A und Dolche des Typs V A sind 586 Egami 1965, Pl. LX, 14-19. Negahban 1996, Kat.-Nr. 7, ist nach Löw 1998, 185, mit großer Wahrscheinlichkeit an Stilgruppe 13 anzuschließen. 587 222 Auswertung der Gräber mehrheitlich bereits in Stufe III vertreten. Wie eingangs bereits angedeutet ist Grab 13 ist damit sicher Stufe IIb, mit deutlichen Tendenzen zum nachfolgenden Belegungsabschnitt zuzuordnen. Datierung: Marlik Stufe IIb spät. Grab 16 Die Zusammensetzung des Grabinventars ist für die Verhältnisse in Marlik als eher ungewöhnlich zu bezeichnen. Keramik und Trachtausstattung werden nirgends erwähnt. Dafür enthielt der Befund relativ viel Schmuck und auch einige Waffen. Die Schmuckfunde bieten mit einfachen Drahtohrringen, granatapfelförmigen Perlen oder Spiralschieberperlen ein recht allgemeines Bild, das kaum weitergehende Rückschlüsse zulässt. Im Gegensatz dazu ermöglichen die Waffen, darunter birnenförmige Keulenköpfe, Dolche des Typs III A und Lanzenspitzen des Typs II A eine Einordnung in Stufe IIb. Das Vorhandensein eines eisernen Dolches588 spricht ebenfalls für eine vergleichsweise späte Zeitstellung innerhalb der Nekropole von Marlik. Datierung: Marlik Stufe IIb. Grab 18 Dieses vergleichsweise kleine Grab befindet sich mitten im dicht belegten Zentralbereich der Nekropole. Das Fundmaterial besteht aus einigen allgemeinen Typen der klassischen MarlikKultur der Stufe II. Bemerkenswert sind die Übereinstimmungen mit Grab 25 und insbesondere Grab 13, die über vier bzw. sieben gemeinsame Typen verfügen. Im keramischen Bereich sind einfache Teller und Becken der Variante B, bei den Waffenfunden Lanzenspitzen II A und Dolche des Typs III B zu nennen. Auffällig ist das Vorhandensein einer Lanzenspitze des Typs III A, die ansonsten nur in früheren Fundzusammenhängen589 auftaucht, während in den gleichzeitigen Befunden der Stufe IIb ansonsten bereits die jüngere Variante III B üblich zu sein scheint. Es dürfte sich demnach um einen späteren „Ausreißer“ handeln, der aus nicht bekannten Gründen erst relativ spät in den Boden gelangte. Da diese Variante aber offenbar über einen längeren Zeitraum belegt ist, könnte sie auch in Stufe IIb noch existiert haben. 588 Negahban 1996, Kat.-Nr. 819. Negahban 1996, Kat.-Nr. 749 und 751 aus Grab 15; Egami 1965, Pl. LXIV, 19 aus Grab A-VIII, Pl. LXXIX, 201 aus Grab C-I und Pl. LXXXI, 17 aus Grab C-II; Moghadam 1972, 136, Fig. 3. aus Ghiasabad. 589 223 Auswertung der Gräber Auch hinsichtlich der Ausstattung mit viel Keramik und Waffen aber wenig Schmuck bzw. Trachtbestandteilen bestehen gute Vergleichsmöglichkeiten zu Grab 13 bestehen. Grab 18 kann als eines der kleineren Waffengräber der Stufe IIb angesprochen werden. Datierung: Marlik Stufe IIb. Grab 25 Bemerkenswert ist neben der schlechten Bauweise das auffallende Missverhältnis zwischen der Größe des Grabbaus und der im Vergleich dazu geringen Qualität und Quantität der Funde590. Gemeinsamkeiten zu Gräbern der Stufe I bestehen, abgesehen von den einfachen Pfeilspitzen des Typs III A nicht, dafür lassen sich zahlreiche Bronzefunde der klassischen Marlik-Kultur der Stufe II feststellen. Zu nennen sind Stierfiguren, Pfeilspitzen des Typs IV, Barren in Ringform und Tassen mit vertikalem Henkel. Die Keramik lässt sich über Schüsseln mit niedrigem Henkel und Becken der Variante B fest mit Stufe IIb verbinden. Gleiches gilt für die Waffenfunde, die aus Dolchen des Typs III A und Lanzenspitzen des Typ II A bestehen. Zu erwähnen ist noch ein singulärer Dolch mit Bronzegriff und Eisenklinge, der ebenfalls auf eine späte Zeitstellung schließen lässt591. Datierung: Marlik Stufe IIb. Grab 29 Die Keramik- und Waffenfunde aus diesem Grab bieten eine interessante Mischung aus einfachen und außergewöhnlichen Formen. Ausgussschalen des Typs IA sind als äußerst langlebig zu bezeichnen, während Typ IB nur in Gräbern der Stufe IIb vorhanden ist. Dolche des Typs III A verteilen sich gleichmäßig auf beide Phasen der Stufe II. Ein Dolch des Typs II B unterscheidet sich deutlich von den anderen Exemplaren des Typs und wirkt in seinem Erscheinungsbild bereits entwickelter. Vermutlich kann Grab 29 an den Übergang zwischen den Stufen IIa und IIb gesetzt werden. Aufgrund der oben angeführten Argumente ist eine deutliche Tendenz zu Stufe IIb auszumachen. Datierung: Marlik Stufe IIb (früh). Grab 44 Figürlich verzierte Gefäße aus Bronze konnten in Marlik meist nur fragmentiert geborgen werden. Grab 44 enthielt eine ganze Reihe von Bruchstücken, die von mehreren Gefäßen 590 591 So auch Negahban 1996, 19. Negahban 1996, Kat.-Nr. 672. 224 Auswertung der Gräber stammen592. Einige dieser Stücke wurde von Löw unter Vorbehalt Stilgruppe 5 zugewiesen593. Des Weiteren haben sich Fragmente von mindestens zwei weiteren verzierten Gefäßen, eines davon mit vertikalem Henkel, erhalten. Welchem dieser Exemplare ein Bodenfragment mit Stechzirkelmotiv zuzuordnen ist, konnte nicht geklärt werden. Über verschiedene Stilgruppen, die leider ausschließlich aus dem Kunsthandel vorliegen, konnte Löw enge Verbindungen zu Stilgruppe 4 aus Grab 45 herausarbeiten594. Damit ist bereits ein Hinweis auf Stufe IIb gegeben, der durch das Vorhandensein von Bronzekesseln der Variante A bestätigt werden kann. Einige Funde wie beispielsweise bootsförmige Ohrringe der Variante A, Keramikkannen des Typs III und Ausgussschalen des Typs IA weisen eine lange Laufzeit auf. Andere Typen gehören dem allgemeinen Fundgut der Stufe II an. Hierzu gehören birnenförmige Keulenköpfe, „Fingernagelsäuberer“ und Pfeilspitzen des Typs III A. Hingegen können Bronzeforken und Becken der Variante B ebenso wie Dolche Typ III B als typisch für Stufe IIb gelten. Lanzenspitzen des Typs IV A tauchen bereits im Übergangsbereich zwischen den Stufen IIa und IIb auf, während Typ III B auch noch in Stufe III vorkommt. Vor allem aufgrund der figürlich verzierten Metallgefäße, der Waffen und einiger Keramikund Geräteformen kann die zeitliche Stellung von Grab 44 innerhalb Stufe IIb als gesichert gelten. Besonders zu betonen sind die engen Bezüge zu Grab 45. Datierung: Marlik Stufe IIb. Grab 45 Zum Inventar des Grabes zählt eine Reihe hoch qualitativer Einzelstücke, die jedoch zur chronologischen Auswertung nur wenig beizutragen vermögen. Als Beispiel wäre ein Dolch mit gold- und lapislazuliverziertem Marmorgriff zu nennen595. Der exzellent gearbeitete Goldbecher mit schreitenden Stieren stellt den einzigen Vertreter der Stilgruppe 4 nach Löw dar, der in einer wissenschaftlichen Grabung gefunden wurde, doch kann dieser über Funde aus dem Kunsthandel eng an Stilgruppe 5 gekoppelt werden596. Gefäße der Stilgruppe 5 waren in Marlik in den Gräbern 42 und 44 vorhanden und sind damit sicher Stufe IIb zuzuordnen. Das verzierte Silbergefäß mit Darstellung eines Tierbezwingers gehört zu 592 Negahban 1996, Kat.-Nr. 59 und 61. Löw 1998, 128. 594 Löw, 1998, 454, spricht von einer „engen stilistischen Verwandtschaft“ zwischen der bisher lediglich aus dem Kunsthandel belegten Stilgruppe 24 und den beiden Stilgruppen 4 (Grab 45) und 5 (Grab 44) in Marlik. 595 Negahban 1996, Kat.-Nr. 667. 596 Negahban 1996, Kat.-Nr. 9. 593 225 Auswertung der Gräber Stilgruppe 11, die ebenfalls gut mit Stilgruppe 5 zu verbinden ist597. Eine der beiden silbernen Schnabelkannen entspricht hinsichtlich der stark profilierten Gefäßform mit dem abgesetzten Wulstboden der Silberkanne mit Goldeinlagen aus Grab 50 (Stilgruppe 12 nach Löw)598. Waffen und Metallgefäße dieses Befundes sind ebenfalls in Stufe IIb einzuordnen. Die bronzene Schnabelkanne wirkt wie eine einfache Ausführung der Schnabelkropfkanne aus Grab 52, die in Stufe IIa gehört. Der Großteil der Schmuckfunde lässt sich nicht präzise einem einzelnen Belegungsabschnitt zuweisen. Scheibenanhänger der Variante B sind generell in Gräber der Stufe II vertreten, ebenso Goldblechknöpfe und offene Goldarmreifen. Fest mit Stufe IIb verbunden sind hingegen Becken der Variante B und Dolche des Typs IID. Die dekorativen Bronzeforken der Variante B kommen außer in Grab 45 nur noch in Grab 44 vor, womit die durch den Vergleich der Stilgruppen gewonnenen engen Bezüge zwischen diesen beiden Befunden anschaulich bestätigt werden. Damit kann Grab 45 als eines der reicheren Gräber der Stufe IIb gelten. Datierung: Marlik Stufe IIb. Grab 50 Bei der Beschreibung dieses Grabes wurde vom Ausgräber ausdrücklich betont, dass die Funde ohne erkennbare Anordnung im Grab lagen. Zu erwähnen ist auch, dass die Steinplattform, die in anderen Gräbern zur Aufnahme des Leichnams bestimmt war, völlig fundleer vorgefunden wurde. Zudem handelt es sich hierbei um den einzigen Grabbau, der eindeutig von einem anderen gestört wird: das kleine Pferdegrab 49 greift klar erkennbar in die Grabwände von Grab 50 ein und ist ohne Zweifel später errichtet worden. Eine herdartige Konstruktion nahe der westlichen Grabwand bildet einen weiteren späten Eingriff in das Grab. Diese vor Ort ungewöhnlichen Faktoren schlagen sich auch in der typologischen Auswertung der Funde nieder. Bei der Anfertigung der Waffentabelle schien Grab 50 ein eindeutiger Befund der Stufe IIb zu sein. Auch die Auswertung der figürlich verzierten Metallgefäße und die Lage im Gräberfeld deuteten auf eine derartige Zeitstellung hin. Mit der Veröffentlichung des Endberichtes wurden aber zahlreiche Fundstücke aus Grab 50 bekannt, die auffallend enge Bezüge zu den Befunden der Stufe I, insbesondere den Gräber 10 und 23 aufwiesen. Bei den betreffenden Funden handelt es sich fast ausschließlich um Objekte aus dem Schmuck- und Trachtbereich wie goldene Kegelkopfnadeln, verzierte und unverzierte Goldblechdiademe, goldene 597 598 Negahban 1996, Kat.-Nr. 19; Löw 1998, 444. Vgl. Negahban 1996, Kat.-Nr. 44 mit Kargar 2004 226 Auswertung der Gräber Scheibenanhänger beider Varianten sowie verschiedene Ohrring- und Perlentypen. Zu dieser Zeitstufe würden auch die annähernd rechteckige Grundform, die nordost-südwestliche Ausrichtung des Grabbaus und die sorgfältige Bauweise der Grabwände passen. Es stellt sich nun die Frage, ob alle Funde gemeinsam in das Grab gelangten oder ob sich hier Objekte verschiedener Belegungsstufen vermischen. Im ersten Fall sollten die jüngsten Funde den gesamten Befund datieren. Dies würde für eine Zeitstellung innerhalb der Belegungsstufe IIb sprechen. Die Schmuck- und Trachtfunde hätten dann eine längere Laufzeit als zuvor anzunehmen war. Erweist sich die zweite Annahme als korrekt, müsste man eine spätere Nachbestattung postulieren. Eine ähnliche Mischung älterer und jüngerer Funde bietet auch das erst unlängst bekannt gewordene Dolmengrab 1 von Tul-e Gilan599. Durch eine ausführliche Neubewertung des dortigen Befundes konnte nachgewiesen werden, dass neben einer ursprünglichen, mit Schmuck und Tracht ausgestatteten Kammer mehrmals Waffenbestattungen in den Dolmen eingebracht worden waren, die eindeutig aus späteren Abschnitten der Eisenzeit datieren600. Obwohl sich die Grabarchitektur im südlichen Teil der Provinz Gilan gut von den Dolmengräbern des Taleshgebietes unterscheiden lässt und die Dolmengräber wohl von vorneherein zur Aufnahme von Nachbestattungen vorgesehen waren, ist ein solcher Fall doch auch in Marlik nicht völlig auszuschließen. Der ungewöhnliche Befund, welcher sich deutlich von den anderen Inventaren vor Ort abhebt, könnte in der Tat das Resultat einer während der Grabung nicht erkannten Nachbestattung darstellen601. In diesem Fall könnte der Grabbau tatsächlich während Stufe I errichtet und mit einer Schmuckbestattung belegt worden sein. Vielleicht wurde während Stufe IIb nochmals eine Waffenbestattung in das Grab eingebracht. Diese könnte in Zusammenhang mit der Anlegung des Pferdegrabes 49 stehen (siehe weiter unten). Daneben wäre auch die Doppelbestattung einer mit älterem Schmuck ausgestatteten Frau und eines mit später zu datierenden Waffen 599 Khalatbari 2004a, 35-38. Während der Ausgräber dazu neigte, alle Funde in den gleichen chronologischen und kulturgeschichtlichen Kontext zu stellte, konnte Vahdati 2007, 125-137, belegen, dass dies aufgrund des Grabungsbefundes und der typologischen Auswertung nicht richtig sein kann. Die ältesten Funde sind die erwähnten Schmuck- und Trachtelemente aus der Hauptbestattung, die kaum später als im späten 2. Jt. v.Chr. hergestellt worden sein dürften. Im Gegensatz dazu gehört die Masse der Funde der materiellen Kultur der Eisenzeit II an. Das jüngste Objekt stellt ein mit urartäischer Inschrift versehener Armreif dar, der wohl erst sehr viel später in das Grab gelangte. 601 Sicherlich hat die Tatsache, dass man exakt im Bereich von Grab 50 den zweiten Suchschnitt auf dem Hügel anlegte und die Ausgräber zunächst annahmen, sie befänden sich in einem Gebäude, bevor erkannt wurde, dass es sich um einen größeren Grabbau handelte, nicht gerade zur Vereinfachung der Lage beigetragen. Es steht zu vermuten, dass bei diesen Aktivitäten bereits wichtige Informationen für die Auswertung des Befundes verloren gingen. 600 227 Auswertung der Gräber versehenen Mannes anzunehmen. Für die Datierung bieten sich also folgende Möglichkeiten an: Datierung: 1. Erstbestattung in Stufe I, Nachbestattung in Stufe IIb. 2. Geschlossenes Inventar aus Stufe IIb. Grab 39 Die vier figürlich verzierten Metallgefäße aus diesem Grab sind alle eng miteinander verwandt. Ein Bronzebecher der Stilgruppe 8602 besitzt ein stilistisches Vergleichsstück in Grab 36, welches sicher zu Stufe IIa gehört. Daran anschließen lässt sich Stilgruppe 9, welche außer den beiden Gefäßen aus Grab 39 noch einen Vertreter in Grab 5 (Stufe III) aufzuweisen hat. Überdies bestehen gute Bezüge zur Darstellungsweise der Capriden auf dem Silberbecher der Stilgruppe 11, der in Grab 45 gefunden wurde und damit fest in Stufe IIb zu datieren ist.603 Stilgruppe 10 besteht lediglich aus einem Bronzebecher, der eng an die beiden vorher genannten Stilgruppen aus Grab 39 anzuschließen ist. Die Vergleiche streuen also über die Stufen IIa, IIb und III. Diese vergleichsweise große Bandbreite ist durch die relativ einfachen Kompositionen und die nicht sehr ausgeprägten stilistischen Merkmale gut erklärbar. Aufgrund der Tatsache, dass gute Bezüge von zwei Gefäßen zu Stufe IIb vorhanden sind, wird Grab 39 unter Vorbehalt in diesen Belegungsabschnitt eingeordnet. Datierung: Marlik Stufe IIb (unsicher). Grab 19 Die Schmuckfunde aus diesem Grab sind wenig aussagekräftig. Vor allem die Perlenketten aus unterschiedlichem Material lassen sich kaum auswerten. Draht- und Blechohrringe, Spiraldrahtperlen und granatapfelförmige Perlen sind in einer Vielzahl von Befunden in Marlik vorhanden. Einige Fundgruppen wie bronzene Rinderfiguren, Kannen des Typs IA, Gewandnadeln mit gerilltem Schaft und Steinmörser der Variante A gehören zum Fundgut der Stufen IIa und IIb. Dies zeigt sich auch daran, dass die Funde aus Grab 19 in der Kombinationstabelle über den gesamten Bereich dieser beiden Belegungsphasen streuen. Hierbei ist ein gewisser Schwerpunkt auf der zweiten Phase festzustellen. Ausschlaggebend für die Einordnung in Stufe IIb war auch der Fund eines Beckens der Variante B. Datierung: Marlik Stufe IIb (unsicher). Grab 30 602 603 Negahban 1996, Kat.-Nr. 50. Bessere Abbildung bei Negahban 1983, 79, Abb. 52. Löw 1998, 443. 228 Auswertung der Gräber Das relativ große Grab enthielt nur wenige Funde und liegt zudem in einem Bereich des Gräberfeldes, der wohl bereits antik intensiv geplündert worden war. Wie oben ausgeführt, wird auch für diesen Befund ein Beraubungsversuch vermutet. Die verbleibenden Funde sind meist wenig charakteristisch und deuten eine generelle Zeitstellung in Stufe II an. Auffällig sind mehrere Vergleichsmöglichkeiten zu Grab 36, die jedoch meist Typen von wenig prägnanter Form betreffen. Hierzu gehören geschlossene Bronzeringe, Ausgussschalen auf hohem Standring und runde durchbrochene Glöckchen. Letztere sind auch in einigen Befunden der Stufe IIb vorhanden. Dolche des Typs III B kommen ausschließlich in dieser Stufe vor. Ingesamt lässt sich feststellen, dass es sich um ein Grab der Stufe II handelt, welches vermutlich deren zweiten Abschnitt Stufe IIb angehört. Datierung: Marlik Stufe IIb (unsicher). Grab 40 Dieser Befund lieferte kaum Objekte, die eine eindeutige Einordnung in das erarbeitete Stufensystem ermöglichen. Viele Funde, insbesondere die Ohrringe und Halsketten, sind von ausgesprochen allgemeiner Natur und besitzen nur eine geringe feinchronologische Aussagekraft. Einige Objekte lassen sich dem allgemeinen Erscheinungsbild von Stufe II zuordnen. Hierzu gehören bronzene Stierfiguren und Bronzebarren in Ringform. Aufgrund einiger Keramikformen wie einfachen flachen Tellern und Schüsseln mit vertikalem Henkel könnte es sich um ein Grab der Stufe IIb handeln. Datierung: Marlik Stufe IIb (unsicher). Grab 41 Die wertvollen Tierkopfperlen und -nadeln aus Gold kommen nur in wenigen Gräbern in Marlik vor. Vergleichsstücke stammen wie bei den keramischen Funden allesamt aus dem Bereich der Stufe II. Es gibt kaum Verbindungen zu Gräbern der Stufe I und auch keine zu denen der Stufe III. Damit ist kaum daran zu zweifeln, dass es sich um ein Grab der Stufe II handelt. Welcher der beiden Phasen es zuzurechnen ist, ist unsicher, doch befindet sich das Grab in einem Bereich, der eindeutig zu Stufe IIb tendiert. Vielleicht handelt es sich wie im Falle der Gräber 27 und 29 um einen Übergangsbefund zwischen den beiden Phasen. Datierung: Marlik Stufe IIa oder IIb (unsicher). Grab 42 229 Auswertung der Gräber Im ersten Suchschnitt, der im Bereich dieses Befundes lag, wurden mehrere Goldknöpfe, Bronzefigurinen und zwei Rollsiegel gefunden604. Ob diese zur Ausstattung des Grabes gehörten ist nicht sicher, aber wohl als wahrscheinlich zu betrachten, da ansonsten keine Gräber in der Nähe liegen. Die vergleichsweise Große Zahl von Goldblechknöpfen weist auf die Trachtausstattung reicher Kriegergräber der Stufe II hin. Fragmente eines großen Bronzebechers mit Jagddarstellungen gehören zu Stilgruppe 5 nach Löw, die auch in Grab 44 vertreten ist. Nahe stehend ist ein ebenfalls unvollständiges Gefäß der Stilgruppe 7, welches im unteren Register eine Darstellung hintereinander schreitender, bepackter Equiden erkennen lässt. Über diese Stilgruppen sind gute Vergleiche zu den Gräbern 44 und 45 möglich, die beide sicher zu Stufe IIb gehören. Ob der Wetzstein aus grauem, gut poliertem Stein als Datierungskriterium herangezogen werden kann, ist nicht nachzuprüfen. Ähnliche Funde wurden jedenfalls in den Gräbern 13 und 18 (Stufe IIb) sowie 3 und 5 (Stufe III) gemacht. Die stilistischen Vergleiche der Metallgefäße weisen deutlich in Stufe IIb. Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass Grab 42 ursprünglich ähnlich gut ausgestattet war wie die vergleichbaren Befunde 44 und 45, dann aber wohl bereits antik beraubt wurde. Einige Hinweise deuten auf eine zeitliche Nähe zur nachfolgenden Stufe III hin. Datierung: Marlik Stufe IIb (spät). 8.5.4. Stufe III Grab 1 Von einem figürlich verzierten Bronzegefäß haben sich lediglich einige Fragmente erhalten, die eine die eine Zuordnung zu einer der Stilgruppen nach Löw nicht gestatten. Dennoch lässt sich die Darstellung der vegetabilen Elemente in Bezug zu Stilgruppe 6 setzen605. Diese ist mit zwei Exemplaren in Grab 2 vertreten, welches Stufe III angehört. Steinmörser der Variante B kommen ausschließlich in Gräbern der Stufe III vor. Dolche des Typs V A und Lanzenspitzen des Typs III B sind in den Stufen IIb und III vertreten, besitzen jedoch ein deutliches Übergewicht in Stufe III. Demgegenüber sind Dolche des Typs V B sowie Lanzenspitzen der Typen II B und IV B völlig auf Stufe III beschränkt. Grab 1 kann damit sicher in Stufe III eingeordnet werden. Datierung: Marlik Stufe III. 604 605 Negahban 1996, 6. Löw 1998, 213, 459. 230 Auswertung der Gräber Grab 2 Dieses Grab enthielt den berühmten Becher mit den Darstellungen „aus dem Leben einer Ziege606“, das einzige figürlich verzierte Goldgefäß der Stufe III. Es wurde von Löw zusammen mit einem ebenfalls aus diesem Befund geborgenen Bronzegefäß zu Stilgruppe 6 zusammengefasst. Diese Gruppe ist zwar in keinem anderen Befund der Nekropole vertreten, lässt sich jedoch bezüglich einiger Punkte mit den verzierten Bruchstücken eines Metallgefäßes aus Grab 1 vergleichen, welches sicher in Stufe III eingeordnet werden kann. Stilistisch nahe stehend sind außerdem die Metallgefäße der Stilgruppe 5, die in zwei Befunden der Stufe IIb vorhanden sind und damit zeitlich nicht weit Stilgruppe 6 anzusetzen sein dürften607. Zwei Scheibenanhänger mit eingepunzter Verzierung sind entfernt mit früheren Beispielen der Stufen I und II in Bezug zu setzen, können aber als eigenständige Variante angesprochen werden, die in Marlik ansonsten nicht vertreten ist. Dafür besteht eine vierfache Vergesellschaftung mit Grab 1. Dies betrifft Dolche der Typen V A und V B, Lanzenspitzen des Typs III B und Steinmörser der Variante B. Bootsförmige Ohrringe der Variante B sind nur in Gräbern der Stufe III vorhanden. An einer Zuordnung zu dieser Belegungsstufe ist demnach kaum zu zweifeln. Datierung: Marlik Stufe III. Grab 3 Dieses Grab enthielt nur eine eingeschränkte Zahl verwertbarer Funde, die zumeist aus dem Waffenbereich stammen. Dolche des Typs V A und Lanzenspitzen des Typs III B sind auf die Stufen IIb und III verteilt. Gleiches gilt für einfache Keramikteller. Dolche des Typs V B, Lanzenspitzen des Typs IV B und Steinmörser des Typs B kommen hingegen ausschließlich Stufe III vor. Dies und die mehrfachen Vergesellschaftungen mit den Gräbern 1, 2 und 5 legen nahe, dass auch Grab 3 fest in Stufe III einzuordnen ist. Datierung: Marlik Stufe III. Grab 5 Wie bei einigen anderen Befunden der späteren Belegungsphasen in Marlik fanden sich auch in Grab 5 Bruchstücke figürlich verzierter Bronzegefäße. Die meisten Fragmente waren allerdings in einem Zustand, der es kaum erlaubte, die Darstellungen zu rekonstruieren oder auszuwerten. Am besten hat sich ein Exemplar mit einer nur noch zum Teil erkennbaren 606 607 Zu einer anderen Interpretation siehe Vahdati 2005a. Löw 1998, 439-440. 231 Auswertung der Gräber Jagddarstellung erhalten, welches von Löw Stilgruppe 9 zugeordnet wurde. Ein Exemplar dieser Stilgruppe wurde in Grab 39 gefunden, das vermutlich in Stufe IIb zu datieren ist. Fragmente eines weiteren figürlich verzierten Gefäßes und zwei isolierte Böden von Bronzebechern lieferten kaum Anhaltspunkte zu weiteren Auswertung. Die Rosette auf einem der Böden ist mit einem Becher aus dem Kunsthandel vergleichbar, der wiederum eng an Vertreter Stilgruppen 4 (Grab 45) und 5 (Grab 42) angeschlossen werden kann608. Dies deutet auf eine gewisse zeitliche Nähe zu den Befunden der Marlik Stufe IIb hin. Nur floral verziert ist ein Kelch oder Fruchtständer aus Bronze, den Löw locker an Stilgruppe 13 anschloss609. Die allgemeinen Übereinstimmungen mit den viel komplizierter ausgeführten Bodenverzierungen einiger Vertreter der Stilgruppe 13 können aber nicht als Beleg einer großen zeitlichen Nähe gewertet werden. Das Grab ist durch einige einfache Objekte wie oliven- und granatapfelförmige Perlen sowie eine Stierfigurine aus Keramik mit dem allgemeinen Fundgut der Stufe II verbunden. Allerdings unterscheidet sich die Stierfigur bereits von den anderen Stücken vor Ort. Hierzu passt auch, dass Lanzenspitzen des Typs II A die vor allem in Stufe IIb auftreten, in Grab 5 bereits in abgewandelter Form vorhanden sind. Würfelförmige Keramikgefäße und Lanzenspitzen des Typs III B kommen noch in Stufe IIb, aber auch schon in Stufe III vor. Dolche des Typs V B sowie Lanzenspitzen der Typen II B und IV B sind völlig auf Stufe III beschränkt, ebenso wie Bootsförmige Ohrringe der Variante B. Insgesamt bestehen vier Vergesellschaftungen mit Grab 1, drei mit Grab 2 und zwei mit Grab 3. Zusammen mit diesen drei Befunden kann Grab 5 sicher in Stufe III zusammengefasst werden. Datierung: Marlik Stufe III. Grab 6 Die chronologische Einordnung dieses Befundes erweist sich als schwierig. Pfeilspitzen des Typs VB kommen in mehreren Gräbern der Stufe II vor. Doppelkonische Glöckchen weisen auf eine Verbindung mit Grab 5 und damit Stufe III hin. Vergleiche zu anderen Stufen fehlen weitgehend. Datierung: Marlik Stufe III (unsicher). Grab 7 608 Löw 1998, 216, 454. Löw 1998, 186. Als Gründe werden die Ähnlichkeit mit Bodenverzierungen einiger Gefäße der Stilgruppe 13 und der verstärkte Rand genannt, der „eventuell die Nachahmung einer Börtelung mit Metalldraht“ darstellen könnte. Sollte dies der Fall sein, dann handelt es sich um ein typologisches Rudiment, was die spätere Datierung des Kelches im Vergleich zu den Gefäßen der Stilgruppe 13 unterstützen könnte. 609 232 Auswertung der Gräber Das Grab enthielt lediglich drei dreiflügelige Schaftpfeilspitzen und einen bronzenen Dolchgriff mit verlorener, wohl eiserner Klinge. Bei beiden Funden handelt es sich in Marlik um absolute Einzelstücke. Trotz seiner außergewöhnlichen Form kann der bimetallische Dolch locker mit Typ V B verbunden werden, der ausschließlich in Stufe III auftaucht. Die späte Stellung des Grabes wird durch die Tendenz hin zu den bimetallischen Schwertern der EZ II und dem Beginn der Entwicklung dreiflügeliger Pfeilspitzen deutlich. Alle Funde aus Grab 7 können typlogisch gesehen innerhalb des Gräberfeldes von Marlik als spät eingeordnet werden. Datierung: Marlik Stufe III (unsicher). 8.5.5. Pferdegräber Bei dem bereits im ersten Vorbericht von Negahban definierten Grabtyp 4 handelt es sich um vor Ort vergleichsweise kleine Gräber, die meist als Pferdebestattungen angesprochen werden610. Auffällig ist die Häufung der drei in Frage kommenden Befunde Gr. 49, 51 und 53 im östlichen Bereich des Hügels von Marlik. Alle drei Gräber lehnen sich direkt an benachbarte große Grabbauten an, die als reich ausgestattete Kriegergräber zu charakterisieren sind. Pferdebestattungen sind in Nordiran nicht unüblich, wie beispielsweise die Grabungen im nahe gelegenen Fundort Kaluraz zeigen611. Häufig ist hierbei zu beobachten, dass die Pferde nicht mit in das eigentliche Grab gegeben wurden, sondern direkt im Anschluss eine eigene Grabgrube und im Falle von Marlik einen eigenen Grabbau aus Stein erhielten. Sollten diese Pferdebestattungen tatsächlich in Zusammenhang mit dem Grabritus der Kriegergräber stehen, dann müsste man die kleinen und großen Gräber als weitgehend gleichzeitig betrachten. Dagegen spricht allerdings der oben beschriebene Befund, nach dem das kleine Grab 49 offensichtlich in den großen Grabbau 50 eingreift und eindeutig später errichtet wurde. Wie oben bereits ausgeführt, vermischen sich in Grab 50 frühe und spätere Funde. Es wurde deshalb vorgeschlagen, hier zwei Bestattungen anzunehmen. Die ursprüngliche Grablege erfolgte demnach in Zusammenhang mit der Errichtung des rechteckigen Grabbaus etwa in Stufe I. Im Laufe der Stufe IIb wurde der östliche bzw. südöstliche Bereich des Hügels mit zahlreichen Gräbern belegt. Im Verlauf dieser Stufe scheint auch eine weitere Bestattung, diesmal wohl ein mit Waffen und Metallgefäßen versehener Mann, in den bereits vorhandenen Grabbau 50 eingebracht worden zu sein. Die Anlage des kleinen Pferdegrabes 610 611 Negahban 1964, 16; Löw 1998, 30-31. Hakemi 1968, 65; Khalatbari 1997, 113. 233 Auswertung der Gräber 49, welches leicht in die nördliche Ecke von Grab 50 eingreift, könnte im Laufe dieser Wiederbelegung erfolgt sein. Dies würde für Grab 53 analog zu Grab 52 eine Datierung in die Stufe IIa, für Grab 51 eine Zeitstellung wie Grab 44 in Stufe IIb bedeuten. Grab 49 dürfte mit der Zweitbelegung von Grab 50 ebenfalls in Stufe IIb errichtet worden sein. 8.5.6. Nicht zuweisbare Gräber Eine Reihe von Grabbauten lässt sich nicht in das Chronologiesystem der Nekropole von Marlik einarbeiten. Hierbei handelt es sich um Gräber, die gar keine oder zumindest nicht genügend aussagekräftige Funde enthielten, um sicher mit anderen Befunden verknüpft werden zu können. Damit entfällt neben der vertikalen Stratigraphie, die durch die fehlenden Überschneidungen der Grabbefunde vor Ort keine Erkenntnisse erbringen kann, auch die Möglichkeit zur Erstellung einer horizontalen Stratigraphie. Die von Negahban definierten Grabtypen helfen ebenfalls nicht weiter, da sie – wie oben bereits ausgeführt – nur ansatzweise definiert sind. Fundleere Gräber Eine Reihe von Grabbauten enthielt zum Zeitpunkt der Ausgrabungen keine Funde. Sie dürften bereits zuvor beraubt worden sein. Es handelt sich um die Gräber 9, 22, 28, 31, 34, 35, 38, 43, 46, 48 und 51. Aufgrund der mangelhaften Informationen zur Bautechnik der Gräber ist auch auf diesem Wege keine Zuordnung zu einer Belegungsstufe möglich. Grab 4 Waffen sind nicht enthalten; die Bronzegefäße, der Haken und der Fritteknauf sind Einzelstücke, während die Keramik aus langlebigen Formen wie Tassen mit großem Henkel besteht. Somit verbleibt an datierenden Funden lediglich das Rollsiegel, welches Funden aus Stufe III nahe steht. Da die entsprechenden Rollsiegel jedoch dem common style der MitanniGlyptik angehören, der über eine längere Laufzeit belegt ist und überdies allesamt in Nordiran Importe darstellen, ist ihr chronologischer Aussagwert ebenfalls als eingeschränkt zu betrachten. Grab 8 Mit den vorliegenden Funden und Befundbeschreibungen ist es nicht möglich, dieses Grab in das Stufensystem von Marlik einzureihen. Die Rollsiegel mit assyrischer Inschrift sind 234 Auswertung der Gräber importiert und können bestenfalls einen terminus post quem für den Zeitpunkt ihrer Herstellung bieten, aber nichts zur relativen Zeitstellung des Befundes innerhalb der Nekropole von Marlik beitragen. Grab 20 Die offenen Bronzearmreifen gehören einem einfachen und lange belegten Typ an, während die Keramik hauptsächlich aus Einzelstücken besteht bzw. gar nicht erst abgebildet wird. Eine genauere Datierung des Grabes ist nicht möglich. Grab 21 Die Funde bestehen lediglich aus einer einfachen Schüssel und einem singulären rippenverzierten Teller. Trotz der vor Ort seltenen Skelettfunde lässt sich dieses Grab nicht in das Stufensystem einordnen. 235 Absolute Chronologie 9. Absolute Datierung – Die Nekropole von Marlik in ihrem chronologischen Umfeld Der Versuch, absolute Daten für die oben erarbeiteten Belegungsstufen zu gewinnen, gestaltet sich aus verschiedenen Gründen schwierig. Naturwissenschaftliche Methoden und Untersuchungen wurden bei den Grabungen in Marlik kaum angewandt. Damit entfällt eine der wichtigen Möglichkeiten, das Fundmaterial aus sich selbst heraus chronologisch einzuordnen612. Viele umfangreiche Fundgattungen wie Keramik, Figurinen, Trachtbestandteile und Waffen sind stark lokal geprägt und lassen sich nur vage mit anderen Kulturgruppen des iranischen Hochlandes verbinden. Ein Großteil des Schmuckes verfügt hingegen über eine zu große Verbreitung und eine zu lange Laufzeit, um ihn als feinchronologischen Indikator nutzen zu können. Damit verbleibt letztendlich nur die Möglichkeit, über Vergleiche mit datierbaren Funden aus anderen Regionen zu absoluten Daten zu gelangen613. Hierbei kommt trotz aller damit verbundenen Unwägbarkeiten vor allem denjenigen Funden eine besondere Bedeutung zu, die importiert oder zumindest erkennbar von äußeren Einflüssen geprägt wurden. Die einzigen Funde aus Marlik, die sicher als Importe anzusprechen sind, sind die oben vorgestellten Rollsiegel. Wie bereits ausgeführt, besitzen diese vermeintlich gut datierbaren Objekte jedoch nur einen eingeschränkten feinchronologischen Aussagewert. Aus anderen Regionen Irans liegen gute Beispiele vor, dass „Altmaterial“ aus den Kulturen des Tieflandes für die Bewohner des Hochlandes offensichtlich einen erheblichen Wert darstellen konnte. Daher treten solche Funde manchmal in Zusammenhängen auf, die weitaus später datieren als ihre Herstellung614. Trotz dieser einschränkenden Faktoren bieten die Rollsiegelfunde aus Marlik ein relativ geschlossenes Bild: alle datierbaren Importsiegel sind zwischen dem mittleren 14. und dem frühen 12. Jh. v.Chr. hergestellt worden. Aus dem gleichen Zeitraum stammen auch die mittelassyrischen Vergleiche zu den Mosaikglasgefäßen aus Grab 45615. Ob es sich bei diesen Objekten aber tatsächlich um assyrische Produkte handelt, ist aufgrund des 612 Das unter anderem bei Negahban 1983, 95 und Anm. 9, vorgelegte, einzelne 14-C-Datum aus Grab 24 mit 1457 +/- 55 Jahren v.Chr. kann in dieser Hinsicht vernachlässigt werden, da wir keine Möglichkeit zur Überprüfung der Ergebnisse haben. 613 Wie bereits eingangs erwähnt, haben bereits zahlreiche Bearbeiter versucht, auf diesem Wege einen zeitlichen Ansatz für verschiedene Gräber vorzulegen und kamen dabei je nach den herangezogenen Vergleichen zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Eine erneute Auflistung der bisherigen Datierungsversuche ist nicht im Sinne der vorliegenden Arbeit, da dies erst unlängst durch Löw 1998, 33-39, vorgenommen wurde. Seither sind kaum neue Erkenntnisse hinzugekommen. Erwähnenswert ist der von Khalatbari 2004a, 67, vorgelegte Versuch, Marlik mit der urartäischen Zeit zu parallelisieren. Dies wurde jedoch durch Vahdati 2007, 136, als unhaltbar zurückgewiesen wurde. 614 Dies wird auch an einigen Funden aus Hasanlu deutlich. Als Beispiele lassen sich eine kassitische Glas- und eine elamische Steinschale aus dem späten 3. Jt. v.Chr. nennen Vgl. Pigott 1989, 77, Abb. 16; Dyson 1989, 123, Abb. 21. 615 Negahban 1996, 103-104. 236 Absolute Chronologie beschränkten Forschungsstandes und fehlender naturwissenschaftlicher Untersuchungen nicht sicher zu sagen. Gleiches gilt auch für den goldenen Siegelring mit zweiregistriger Darstellung von Vögeln, Feliden und anderen Tieren aus Grab 36. Dieses Stück weist enge Parallelen zu Siegelringen auf, für die man gewöhnlich eine Herkunft aus Luristan und eine Datierung in das 13. bis 12. Jh. v.Chr. annimmt616. Mehrere dieser hauptsächlich aus dem Kunsthandel bekannt gewordenen Ringe zeigen Darstellungen, die sich eindeutig an die Isin II-Glyptik anlehnen. Dies würde auch gut zu dem in dem gleichen Befund vorhandenen Metallgefäß der Babylonischen Gruppe (Stilgruppe 13) passen, welches ebenfalls eng mit diesen Rollsiegeln zu verbinden ist617. Die figürlich verzierten Metallgefäße sind im Gegensatz zu der früher geäußerten Meinung, es handele sich um Produkte aus Mesopotamien oder Elam, mit großer Sicherheit allesamt in Nordiran hergestellt worden. Wie bereits weiter oben ausgeführt, lassen sich aber zum Teil deutliche Einflüsse aus diesen Regionen konstatieren. Noch reichen unsere Kenntnisse über Art und Weise des Kontaktes und Austausches zwischen den Bewohnern des Elbursgebirges und dem Raum der vorderasiatischen Hochkulturen nicht aus, um derartige Funde sicher bewerten zu können. Bei einigen Beispielen sind die mesopotamischen Vorbilder zum Teil um Jahrhunderte älter als das anzunehmende Herstellungsdatum der Gefäße618. Dennoch lässt sich feststellen, dass auch hier die überwältigende Menge an datierbaren Referenzfunden aus dem 14. bis 12./11. Jh. v.Chr. stammt, während spätere Bezüge nicht mehr auszumachen sind619. 9.1. Stufe I: die Ghalekuti-Stufe Nach der oben erarbeiteten Abfolge müsste Stufe I älter sein als Stufe IIa und sich für eine gewisse Zeitspanne mit dieser überlappen. Als Hauptfundort dieser Zeitstufe ist das Gräberfeld von Ghalekuti I zu nennen, das im Wesentlichen mit Marlik Stufe I gleichzeitig sein dürfte. Es bietet sich daher an, diese Phase als Ghalekuti-Stufe zu bezeichnen. Dort und in den beiden Waffengräbern 12 und 15 in Marlik wird für uns erstmals die Sitte fassbar, die herausragenden Mitglieder der damaligen Gesellschaft in großen Grabbauten mit übermäßiger 616 Porada 1964, 16-20, Pl. I, 2-4. Vergleichbare Funde sind unter anderem in kassitischen Fundzusammenhängen im Hamrin-Gebiet und im Bereich des mittleren Euphrat vorhanden. Vgl. Boehmer 1982; Beyer 1982. 617 Negahban 1996, Kat.-Nr. 8. 618 Dies betrifft Stilgruppe 23.a. mit akkadzeitlichen Merkmalen und Stilgruppe 25.a. mit deutlich altbabylonischen Bezügen. Die stilistischen Vergleiche zeigten allerdings, dass diese Gefäße ebenso wie die anderen Stilgruppen aus Nordiran in das späte 2. Jt. v.Chr. zu datieren sind. Löw 1998, 355-358, 370-375, 452455. 619 Löw 1998, 423-427, 436-448 sowie 596. Datierungsversuche vor der Mitte des 2. Jt. bzw. nach dem 9. Jh. v.Chr. werden dort als nicht haltbar zurückgewiesen. 237 Absolute Chronologie Waffenausstattung, Schmuck und Metallgefäßen zu bestatten. In diesem ersten Abschnitt fehlen Eisenfunde bisher völlig, und auch Importe oder Einflüsse aus Mesopotamien und Elam sind hier (noch) nicht festzustellen. Dafür bietet das Fundmaterial dieser Stufe immer wieder gute Bezüge zu mittel- bis spätbronzezeitlichen Fundorten in Nordost- und Nordwestiran620. Vergleichbare Objekte aus dem Schmuck- und Trachtbereich sind bis in die Levante hinein vorhanden, was bereits in dieser Zeit auf einen gewissen Austausch mit Regionen außerhalb des Elbursgebirges hindeuten könnte. Legt man die unten vorgeschlagene Datierung der reichen Waffengräber aus Stufe IIa zugrunde, dann dürften wir für Stufe I wohl mit absoluten Daten zwischen dem 15. und dem 13. Jh. rechnen. Damit wäre dieser Zeitabschnitt innerhalb weiter Teile Vorderasiens und der angrenzenden Regionen mit der Spätbronzezeit zu parallelisieren621. 9.2. Stufe II: Die klassische Marlik-Kultur Von zentraler Bedeutung für die absolute Chronologie der gesamten Nekropole ist das Vorhandensein der Stilgruppe 13 in mehreren reichen Befunden von Stufe IIa. Die zeitliche Nähe dieser Gefäße zueinander, vielleicht aufgrund eines Werkstattzusammenhanges, wie er von Löw vermutet wurde622, konnte durch die Ergebnisse der Kombinationstabelle bestätigt werden. Aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen mit der gut datierbaren Isin II-Glyptik könnte man mit der gebotenen Vorsicht eine ungefähre Gleichzeitigkeit dieser Stilgruppe mit den Siegeln zu postulieren. Dies würde bedeuten, dass wir Belegungsstufe IIa in Marlik in etwa in das späte 13. und das 12. Jh. v.Chr. setzen könnten. Hierzu würde auch der bereits erwähnte Siegelring aus Grab 36 passen. Die klassische Marlik-Kultur bildet die Hauptphase der Eisenzeit I im Süden der Provinz Gilan. Ihre beiden Abschnitte (Stufe IIa und IIb) sind vor allem im Bereich der Keramik, der Tierfigurinen und anderer Fundgattungen eng miteinander verbunden, während bei den Waffen und den figürlich verzierten Metallgefäßen deutliche Unterschiede auszumachen sind. Die Grabnummern 19, 27 und 29 sind als Übergangsbefunde zwischen Stufe IIa und IIb zu 620 Die besten Vergleichsmöglichkeiten in Nordwestiran bietet das bronzezeitliche Dinkha IV, in eingeschränktem Maße auch einige Funde aus frühen Gräbern der nachfolgenden Schicht Dinkha III. Ansonsten bestehen zur Western Grey Ware nur wenige Verbindungen. Keramik und Waffenfunde der Ghalekuti-Stufe lässt sich vielmehr eindeutig auf Einflüsse aus dem Nordosten zurückführen. Dies zeigen die oben zitierten Bezüge zu Tepe Hissar, Turang Tepe, den Sumbar-Gräberfeldern und neuerdings auch Gohar Tepe in Mazanderan. 621 Lediglich im Kulturbereich der Early Western Grey Ware spricht man bereits von Eisenzeit (Iron I), doch hat dies in erster Linie forschungsgeschichtliche Gründe. Kroll 1984, 15-16, wies als einer der ersten darauf hin, dass diese Bezeichnung eigentlich „widersinnig“ ist; dieser Meinung schlossen sich später auch Piller 2004a, 313-316 sowie Muscarella 2006, 73-75, an. Zusammenfassend zur Diskussion siehe Azarnoush/Helwing 2005, 231-234. 622 Löw 1998, 181. 238 Absolute Chronologie werten. Ansonsten ist Stufe IIb laut Kombinationstabelle eindeutig jünger einzustufen als Stufe IIa. Die vergleichsweise große Anzahl der Befunde legt nahe, dass es sich um eine Phase mit gewisser Zeitdauer handelt. Für Stufe IIb verbliebe also nach den oben vorgestellten Ergebnissen eine absolute Datierung im späten 12. und 11. Jh. v.Chr. 9.3. Stufe III Die letzte Belegungsstufe vor Ort setzt sich im Fundmaterial etwas stärker ab. Dennoch ist der Übergang als fließend zu bezeichnen. Ein Bruch in der Kulturentwicklung ist nicht zu erkennen. Einige späte Gräber der vorhergehenden Stufe IIb (z.B. Grab 13 oder Grab 42) tendieren deutlich Richtung Stufe III. Aus den Gräbern der letzten beiden Stufen kommen die meisten importierten Rollsiegel, von denen keines jünger als das 12. oder bestenfalls das frühe 11. Jh. v.Chr. ist. Wie bereits erwähnt, ist uns der Zeitraum zwischen der Herstellung der Siegel und ihrer Verwendung als Grabbeigabe nicht bekannt, doch spricht das erstaunlich geschlossene Erscheinungsbild dafür, dass diese Objekte in einem überschaubaren Zeitrahmen in Marlik in die Gräber kamen. Eine allzu lange Entfernung zwischen Herstellung und Grablege dürfte demnach wohl nicht anzunehmen sein. Typisches Fundmaterial der EZ II ist in Marlik nicht vorhanden. Diese Phase beginnt nach allgemein gültiger Ansicht in Nordiran etwa um 1000 v.Chr. und deckt ungefähr das 10. und 9. Jh. ab623. Es lassen sich einige Hinweise dafür zusammen tragen, dass die spätesten Befunde vor Ort in nicht allzu großer zeitlicher Entfernung davon angelegt worden sein dürften624. Damit könnte man Stufe III in das ausgehende 11. Jh. bis um 1000 v.Chr. einordnen. Es versteht sich von selbst, dass diese Daten aufgrund der eingangs erwähnten Faktoren nur allgemeinen Charakter haben können. 9.4. Ausblick: die Eisenzeit II-IV Die Entwicklung von Keramik und Waffen wird offenbar bruchlos von der Eisenzeit I in die Eisenzeit II weitergeführt. Die in Marlik feststellbaren Einflüsse aus dem assyrischen, babylonischen oder elamischen Kulturbereich verschwinden jedoch zu Beginn des 1. Jt. v.Chr. völlig und weichen einem aus dem Kaukasusbereich kommenden Einfluss, der sich 623 Haerinck 1988, 72-73. Einige Dolche und Lanzenspitzen aus Stufe III sind eindeutig als typologische Vorläufer EZ II-zeitlicher Funde anzusprechen. Dies betrifft insbesondere die bereits erwähnten bimetallischen Dolche aus den Stufen IIb und III, Dolche des Typs VB und die Lanzenspitzen des Typs IV. Siehe hierzu ausführlicher weiter oben in Kapitel „Chronologische Interpretation“. Auch auf die engen Bezüge der späten Stilgruppe 6 zu den nachfolgenden Metallgefäßen aus Kaluraz wurde bereits hingewiesen. 624 239 Absolute Chronologie insbesondere im Bereich der figürlich verzierten Metallgefäße feststellen lässt625. Das Fehlen dieses kaukasischen Einflusses in Marlik kann als weiterer Hinweis dafür gewertet werden, dass die Aufgabe des Ortes als Bestattungsplatz vor Beginn der Eisenzeit II erfolgte. Wie Haerinck bereits Ende der 80er Jahre feststellte, ist diese Phase in Nordiran nur sehr unzureichend belegt626. Daran hat sich bisher wenig geändert, auch wenn durch die neuen iranischen Grabungen im Taleshgebiet627 und die Publikation zahlreicher Altfunde aus Kaluraz628 zusätzliches Material bekannt wurde. Die von einer japanisch-iranischen Expedition begonnenen, derzeit von den Iranern fortgeführten Grabungen in Tepe Jalaliye/Kaluraz Tepe629 stellen die erste Siedlungsgrabung der Eisenzeit II in Nordiran dar und lassen hoffen, dass sich unser Kenntnisstand über diese lange unterschätzte Phase in Zukunft erheblich verbessern wird. Im günstigen Falle lassen sich hieraus auch Rückschlüsse für die Spätphase der Eisenzeit I und damit für die letzte Belegungsstufe in Marlik gewinnen. Die materielle Kultur der nachfolgenden Eisenzeit III präsentiert sich als weitgehend eigenständiger Komplex, der kaum Bezüge zu Regionen außerhalb des Elbursgebirges erkennen lässt. Neben der nach wie vor vorhandenen grauschwarzen Ware entsteht die ausgesprochen charakteristische und feine orange ware630. Lediglich einige Metallfunde deuten auf Kontakte zum benachbarten nördlichen Zentraliran und dem dortigen Hauptfundort Tepe Sialk hin631. In der Eisenzeit IV zeigen sich in Nordiran erstmals seit dem Ende der klassischen MarlikKultur wieder deutliche Einflüsse aus dem Bereich der Hochkulturen des Alten Vorderasien. Diesmal ist es das altpersische Reich der Achämeniden, welches die Entwicklung der lokalen Kultur stark beeinflusst. Aus diesem Grunde wird die Eisenzeit IV auch als Achämenidenzeit bezeichnet, obgleich keineswegs klar ist, inwieweit die Perserkönige das Gebiet am 625 Löw 1998, 202-205. Haerinck 1988, 72-73, ging deshalb von einer relativ kurzen Dauer dieser Phase aus. 627 Hier ist vor allem das unberaubte Dolmengrab 1 aus Tul-e Gilan zu nennen. Vgl. Khalatbari 2004a, 35-38. Wie von Vahdati 2007, 126-127, jedoch richtig bemerkt, ist es aufgrund der vorliegenden Publikation nicht möglich, die zahlreichen Funde den jeweiligen Gräbern sicher zuzuordnen. 628 Ohtsu/Adachi 2006, 9-29. Es handelt sich offensichtlich um die Beigaben aus den von Hakemi aufgedeckten Gräbern im Umfeld von Kaluraz. Leider wird bei dieser umfassenden Materialvorlage der Keramik und einiger anderer Objekte von den Autoren völlig darauf verzichtet, auf die Fundzusammenhänge einzugehen, was für eine Zusammenstellung der Grabinventare ausgesprochen wünschenswert gewesen wäre. Eine Neupublikation der bereits von Hakemi 1972, 3-15, vorgestellten Waffen- und Schmuckfunde erfolgte bedauernswerter Weise nicht. 629 Bei beiden Namen handelt es sich um den gleichen Fundort. Zum letzten Stand der japanisch-iranischen Grabungen vgl. Ohtsu/Nokandeh/Yamauchi 2005, 61-95; zu den iranischen Grabungen Khalatbari 2007. 630 Dyson 1979, 10-15. Die Neuerungen der Eisenzeit III sind aber keinesfalls so extrem, wie Haerinck 1988, 73, annahm. Bei genauerer Betrachtung der betreffenden Befunde lässt sich vielmehr eine kontinuierliche Entwicklung feststellen. 631 Dies ist vor allem im Fundmaterial der Nachbestattungen der Gräber A-V, B-III und C-I in Ghalekuti zu beobachten. Die dort vorhandenen Eisenschwerter, banjoförmigen Bronzeanhänger und andere Funde kommen beinahe identisch auch in einigen Gräbern der Nekropole B von Tepe Sialk vor. Vgl. Egami/Fukai/Matsuda 1965, Pl. LI, LXVII und LXXVI mit Ghirshman 1939, LVI-LVII. 626 240 Absolute Chronologie Kaspischen Meer tatsächlich beherrscht haben632. Nachdem diese Phase lange im Schatten der beeindruckenden Hinterlassenschaften der Frühen Eisenzeit stand633, konnten auch hier durch neue Grabungsergebnisse aus dem Taleshgebiet zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden. Eine Reihe von Gräbern aus dem Taleshgebiet lassen einen deutlichen Übergangshorizont zwischen der Eisenzeit III und IV erkennen und belegen damit die ungebrochene kulturelle Entwicklung Nordirans von der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends bis in die Achämenidenzeit634. Belegungsstufen in Marlik Stufenbezeichnung Archäologische Phase Absolute Daten v.Chr. Stufe I Ghalekuti-Stufe Spätbronzezeit 15.-13. Jh. Stufe IIa Stufe IIb Stufe III Klassische Marlik-Kultur früh Klassische Marlik-Kultur spät Zwischenstufe zur EZ II Eisenzeit I spätes 13.-12. Jh. spätes 12.-11. Jh. spätes 11. Jh. bis um 1000 Kaluraz-Stufe Orange Ware-Stufe Achämenidenzeit Eisenzeit II Eisenzeit III Eisenzeit IV 10.-9. Jh. 8.-7. Jh. 6.-4. Jh. Abb. 33: Chronologietabelle zur Eisenzeit in Nordiran. 632 Schmitt 1990, 612. Bezeichnenderweise wurden bisher mit Hori 1981 und Haerinck 1989 lediglich zwei kürzere Artikel veröffentlicht, die noch dazu bezüglich der Einordnung achämenidenzeitlichen Fundmaterials zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. 634 Dies betrifft unter anderem Grab 3 in Vaske, Grab 2 in Mianrud sowie die Gräber 12 und 20 in Maryan. Vgl. Khalatbari 2004b, 174-189, 210-221, Abb. 5-10 und Abb. 18-23; Khalatbari 2004 c, 225-235, Abb. 10-14. 633 241 Zusammenfassung der Ergebnisse 10. Zusammenfassung der Ergebnisse Als eines der wichtigen Ergebnis der vorliegenden Arbeit lässt sich festhalten, dass die Nekropole von Marlik nicht ohne Plan angelegt wurde. Durch die Anwendung von Methoden, welche bisher hauptsächlich in der Vor- und Frühgeschichte zum Einsatz kamen, gelang es, das Fundmaterial umfassend zu analysieren. Die erstellte Kombinationstabelle zeigt eine durchgehende Entwicklung der materiellen Kultur, welche durch mehrere Abstufungen gegliedert ist. Im Rahmen einer ausführlichen Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass diese Tabelle chronologisch zu interpretieren ist. Insgesamt wurden vier Hauptbelegungsphasen (Stufe I, Stufe IIa, Stufe IIb und Stufe III) definiert. Bei einzelnen Gräbern war es sogar möglich, die zeitliche Stellung innerhalb der jeweiligen Stufe näher zu bestimmen. Diese Stufen zeichnen sich im Gräberfeld als deutliche Belegungsareale ab, die den chronologischen Entwicklungsstufen der Nekropole entsprechen. Die Nutzung des Tepe Marlik als Bestattungsareal beginnt mit Stufe I, welche die Waffengräber 12 und 15 und die hauptsächlich über ihre Beigaben aus dem Schmuck- und Trachtbereich definierten Gräbern 10, 14 und 23 umfasst. Diese Grabgruppe kann als Vorstufe zur klassischen Marlik-Kultur betrachtet werden, wie sie uns in der nachfolgenden Stufe II entgegentritt. Ergänzt werden die Gräber der Stufe I durch die weitgehend zeitgleichen Bestattungen aus dem Fundort Ghalekuti I, die vor allem aufgrund der besseren Dokumentation von großer Bedeutung für die Auswertung dieser Frühphase innerhalb der Nekropole von Marlik sind. Deshalb wurde diese Phase nach dem wichtigsten Fundort auch als Ghalekuti-Stufe oder Spätbronzezeit bezeichnet. Es zeigt sich, dass bereits hier viele der später auftretenden Entwicklungen zumindest ansatzweise vorhanden sind. So zeichnet sich Stufe I durch eine soziale Stratifizierung der früheisenzeitlichen Gesellschaft Nordirans aus, in der sich die Oberschicht bereits durch ausgesprochen große Grabbauten und eine überschwängliche Beigabenausstattung von der Masse der übrigen Bestattungen abzusetzen sucht. Während in Ghalekuti diese verschiedenen Ausstattungskategorien noch innerhalb eines Gräberfeldes vermischt sind, kommt es in Tepe Marlik zur Anlage eines reinen Separatfriedhofes für die örtliche Oberschicht. Die restliche Bevölkerung bestattete ihre Toten offenbar in den niedriger gelegenen Tälern rund um den Hügel. Das Fundmaterial der ältesten Stufe zeigt gewisse Anklänge an mittel- und spätbronzezeitliche Fundorte in Nordwest- und vor allem in Nordostiran, insbesondere zu den neu aufgedeckten Bestattungen von Gohar Tepe in Mazanderan, die zusammen mit den 242 Zusammenfassung der Ergebnisse Sumbar-Gräberfeldern im Südwesten Turkmenistans als unmittelbare Vorläufer der eisenzeitlichen Kultur Nordirans zu betrachten sind. Als keramische Leitformen können vor allem Schnabelkannen des Typs I sowie Becken der Variante A genannt werden. Hinzu kommen verschiedene Varianten von Töpfen, Schüsseln und Schalen, die aber auch später noch vorhanden sind. Metallgefäße sind selten, tönerne Figurinen – mit Ausnahme der nicht sicher datierbaren Exemplare aus Djamshidabad - bisher nicht bekannt. Tierfigurinen aus Bronze sind hingegen schon nachzuweisen, wie der Befund in Grab A-V in Ghalekuti zeigt. Im Tracht- und Schmuckbereich finden sich zahlreiche Perlenformen, die zum Teil seit Jahrhunderten in Gebrauch sind. Bei den Ohrringen konnten bisher nur einfachen Formen wie Draht- oder Blechohrringe nachgewiesen werden. Bronzediademe und Scheibenanhänger aus Goldblech gehören noch zur Trachtausstattung der bronzezeitlichen Kulturgruppen im südwestlichen Kaspigebiet, während Gürtelbleche und Gewandbesätze in Form zahlreicher Goldblechknöpfe, wie sie in Stufe IIa auftauchen, noch nicht nachzuweisen sind. Das Fehlen von Gewandnadeln könnte auf den derzeit noch nicht sehr weitreichenden Forschungsstand zurückzuführen sein. Im Waffenbereich sind vor allem die verschiedenen Varianten von Griffzungendolchen zu nennen, die in den Gräbern mit Angellanzen und Lanzenspitzen des Typs III A kombiniert werden. Als Datierung bietet sich der Zeitraum zwischen dem 15. und 13. Jh. v.Chr. an. Stufe IIa markiert den Start der klassischen Marlik-Kultur. In dieser Phase beginnt die Produktion zahlreicher Objekte, die als typisch für die materielle Kultur der Frühen Eisenzeit in Nordiran gelten. Zur gleichen Zeit lassen sich diverse äußere Einflüsse auf die Region konstatieren. Das Elbursgebirge, welches während Stufe I noch einen nach außen hin weitgehend abgeschlossenen Kulturraum darstellte, steht nun mit einem mal unter einem deutlich erkennbaren Einfluss der Hochkulturen des mesopotamischen und südwestiranischen Tieflandes. Dies äußert sich besonders eindrücklich in den figürlich verzierten Metallgefäßen der so genannten Babylonischen Gruppe (Stilgruppe 13). Dennoch bewahrt sich Nordiran auch während dieser Phase weitgehend seine kulturelle Eigenständigkeit. Der schon zuvor zu beobachtende Trend, die männlichen Mitglieder der lokalen Oberschicht in übergroßen Steingräbern mit zahlreichen Keramikgefäßen, Waffen sowie Schmuck- und Trachtobjekten zu bestatten, erlebt nun einen erheblichen Schub. Am deutlichsten zeigt sich dies in den reichen Kriegergräbern 24, 26, 47 und 52. Im Gegensatz dazu enthielt Grab 36, das reichste Grab der gesamten Nekropole, außer einigen Pfeilspitzen keine Waffen, dafür aber eine ganze Reihe ungewöhnlicher Fundgattungen wie z.B. anthropomorphe Figurinen 243 Zusammenfassung der Ergebnisse oder bronzene Stempelsiegel. Die Keramik ist im Großen und Ganzen als Weiterentwicklung der vorhergehenden Stufe zu erkennen, wenngleich nun aber auch zahlreiche neue Gefäße in den Formenbestand integriert werden. Die häufigsten keramischen Formen sind verschiedene Kannen der Typen I und III, die in charakteristischer Weise mit Stichverzierung und Rippen versehen sein können. Erst in dieser Phase bildet sich der klassisch nordiranische Typ der Schnabelkanne mit doppelt gebogenem Ausguss heraus, der mit einem runden, halbhohen oder hohen Gefäßkörper verbunden wird. Seltener tauchen Schüsseln mit kreuzschraffierter Ritzverzierung auf, die bislang ausschließlich in Gräbern der Stufe IIa belegt sind. Auch die Produktion von Waffen nimmt einen erheblichen Aufschwung. Griffzungendolche sind kaum mehr vorhanden; stattdessen werden ab Stufe IIa technisch sehr viel anspruchvollere Vollgriff- und Randleistendolche hergestellt, die außerhalb des Elbursgebirges keine Parallelen besitzen und offenbar eine eigenständige Entwicklung vor Ort darstellen. Auch die extensive Ausführung der Waffenbeigabe erfährt in dieser Stufe nochmals eine Steigerung. In besonders reich ausgestatteten Waffengräbern werden die Toten geradezu auf eine Unterlage aus Dolchen gebettet. Metallgefäße, in der vorhergehenden Stufe bereits als Kennzeichen wichtiger Bestattungen vorhanden, werden nun in außergewöhnlicher Weise durch eingeritzte und reliefierte Darstellungen versehen. Damit gliedert sich die Region des Elbursgebirges bezüglich ihrer Bildersprache in die spätbronzezeitliche Koiné der vorderasiatischen Großreiche ein, wie sie unlängst von Feldmann definiert wurde635. Ob solch ein Anspruch für die abgelegene Gegend angemessen war, ist wohl eher zu bezweifeln; in ihrem Selbstverständnis scheinen die Einwohner Nordirans aber kaum daran gezweifelt zu haben. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie der unvermutet auftretende Entwicklungsschub und die sprunghafte Vermehrung äußerer Kontakte zu erklären sind. Dass mesopotamische Händler in eigener Person den Handelsweg vom iranischen Hochland zum Kaspischen Meer beschritten und dabei reiche Abgaben an die ansässigen Stammeshäuptlinge abzuführen hatte, wie Calmeyer noch in den 80er Jahren vorschlug636, steht mittlerweile nicht mehr zur Diskussion. Dennoch ist die noch immer wahrscheinlichste Erklärung für diese schnelle Entwicklung wohl doch im Bereich des Handels zu suchen. In diesem Fall sollten die Einwohner des Elbursgebirges über Güter verfügt haben, welche in anderen Regionen dringend benötigt wurden. Im Elbursgebirge selbst existieren größere Vorkommen an Metallerzen, insbesondere Kupfer und Eisen, aber auch Gold. Des Weiteren könnten verschiedene Halbedelsteine, vor allem Karneol als Handelsgut gedient haben. Eventuell aus 635 636 Feldman 2006. Calmeyer 1987, 341. 244 Zusammenfassung der Ergebnisse organischem Material bestehende Handelsgüter haben sich nicht erhalten. Da Siedlungsgrabungen oder entsprechende Schriftdokumente nicht vorhanden sind, besitzen wir leider keine weiterführenden Informationen über diesen Themenbereich. Stufe IIb repräsentiert eine bereits leicht abgewandelte Form der klassischen Marlik-Kultur. Die Keramik entspricht weitgehend noch der vorherigen Phase; als keramische Leitform können Becken der Variante B gelten. Auch Tierfigurinen aus Keramik und Bronze werden weiterhin unverändert produziert. Nicht mehr vorhanden sind hingegen die in Stufe IIa gut definierbaren Stilgruppen (Stilgruppe 13, 14 und 15) der figürlich verzierten Metallgefäße. Sie machen einer größeren Menge von eng miteinander verwandten Stilen (Stilgruppen 4, 5, 12 und andere) Platz, die sich auch in die folgende Stufe III hinein fortsetzen. Szenische Motive sind erst ab dieser Entwicklungsstufe vorhanden. Als bekanntestes Beispiel dieser Zeitstufe ist der in Hasanlu gefundenen Goldbecher zu sehen, welcher ursprünglich wohl aus Nordiran stammte. Die Waffen entwickeln sich ausgesprochen schnell und bilden zahlreiche neue Typen und Varianten heraus. Aus diesem Grund zählt die Nekropole von Marlik zu den wenigen Fundorten in Vorderasien, in der sich feinchronologische Entwicklungen besser im Bereich der Waffenfunde als bei der Keramik fassen lassen. Ab dieser Phase tauchen auch vermehrt Eisenfunde auf. Die Tracht mit zahlreichen aufgesetzten Goldblechknöpfen kommt hier offenbar bereits allmählich außer Mode. Nach wie vor werden aber zum Teil extrem große Grabbauten angelegt (Gr. 25, 44, 45), wenngleich die anfänglich zu beobachtenden Versuche, diese rechteckig und einigermaßen sorgfältig zu errichten, mehr und mehr in den Hintergrund treten und einer ausgesprochen ungenauen Bauweise Platz machen. Stufe III stellt die letzte Belegungsphase der Nekropole von Marlik dar. Die nördliche und östliche Flanke des Hügels ist zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend mit Gräbern belegt, so dass die Befunde dieser Stufe (Gr. 1, 2, 3 und 5, vielleicht auch Gr. 6 und 7) alle im Nordwesten des Hügels aufzufinden sind. In Bezug auf die Waffen und die figürlich verzierten Metallgefäße steht Stufe III noch in deutlicher Tradition der vorhergehenden Phase. Eine ganze Reihe von Objekten, die als typisch für die klassische Marlik-Kultur der Stufe II galten, sind nun aber nicht mehr oder nur noch selten vorhanden. Hierzu zählen anthropomorphe und zoomorphe Figurinen aus Metall oder Ton, des Weiteren die typischen Keramikkannen sowie eine große Anzahl von Fundobjekten aus dem Schmuck- und Trachtbereich. Es scheint, als habe auch der Reichtum im Vergleich zu den Stufen IIa und IIb 245 Zusammenfassung der Ergebnisse etwas abgenommen: aus Stufe III liegt nur noch ein goldener Becher vor; die überwiegende Mehrzahl der figürlich verzierten Metallgefäße wird nun aus Bronze hergestellt. Keulenköpfe und Gewandnadeln verschwinden ebenfalls aus dem Fundmaterial. Die Waffen und die Keramik lassen ansatzweise bereits die Entwicklung der nachfolgenden Eisenzeit II/III erkennen. Noch vor Beginn der Eisenzeit II, also vermutlich etwa gegen 1000 v.Chr., wurde der Ort als Bestattungsplatz aufgegeben. Damit endet die Geschichte des Tepe Marlik als Nekropole. Eine spätere Nutzung ist nur anhand einiger weniger Einzelfunde belegbar. 246 Literaturverzeichnis 11. Literaturverzeichnis Adachi 2006 T. 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Abb. 9: Moghadam 1972, 134, Fig. 1. Abb. 10: Eigene Aufnahme des Verfassers im April 2004. Abb. 11: Eigene Aufnahme des Verfassers im April 2004. Abb. 12: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 13: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 14: Eigene Aufnahme des Verfassers im April 2004. Abb. 15: Eigene Anfertigung des Verfassers. Abb. 16: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 17: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 18: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 19: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 20: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 21: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 22: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 23: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 24: Eigene Anfertigung des Verfassers nach verschiedenen Vorlagen. Abb. 25: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 26: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 27: Plangrundlage wie oben zitiert. 271 Abbildungsnachweise Abb. 28: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 29: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 30: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 31: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 32: Plangrundlage wie oben zitiert. Abb. 33: Eigene Anfertigung des Verfassers. Abbildungsnachweise für die Karte Die Grundlage bildete die Karte Naher Osten, Iran, 1:2 Mio., RV Verlag Stuttgart 1991. Umzeichnung durch C. Wolff, Ergänzungen durch den Verfasser. Abbildungsnachweise für die Typentafeln Tafel I 1. Negahban 1996, Fig. 17, 505. 2. Negahban 1996, Fig. 18, 510. 3. Negahban 1996, Fig. 18, 515. 4. Negahban 1996, Fig. 20, 528. 5. Negahban 1996, Fig. 21, 530. 6. Negahban 1996, Pl. 105, 536. 7. Negahban 1996, Fig. 23, 556. 8. Negahban 1996, Fig. 23, 562. 9. Negahban 1996, Fig. 24, 571. 10. Negahban 1996, Fig. 26, 586. 11. Negahban 1996, Fig. 27, 601. 12. Negahban 1996, Fig. 23, 555. Tafel II 1. Negahban 1996, Fig. 30, 632. 2. Negahban 1996, Fig. 25, 577. 3. Negahban 1996, Fig. 25, 572. 4. Negahban 1996, Fig. 30, 633. 5. Negahban 1996, Fig. 28, 607. 272 Abbildungsnachweise 6. Negahban 1996, Fig. 28, 614. 7. Negahban 1996, Pl. 113, 609. Tafel III 1. Negahban 1996, Fig. 29, 618. 2. Negahban 1996, Fig. 29, 620. 3. Negahban 1996, Fig. 29, 629. Tafel IV 1. Negahban 1983, 64, 22. 2. Negahban 1996, Pl. 24, 25. 3. Negahban 1996, Pl. 26, 34. 4. Negahban 1996, Fig. 131, 900. 5. Negahban 1996, Fig. 131, 901. Tafel V 1. Negahban 1996, Pl. 36, 85. 2. Negahban 1996, Pl. 39, 100. 3. Negahban 1996, Pl. 39, 104. 4. Negahban 1996, Pl. 44, 130. 5. Negahban 1996, Pl. 45, 138. 6. Negahban 1996, Pl. 48, 153. Tafel VI 1. Negahban 1996, Pl. 79, 336. 2. Negahban 1996, Pl. 79, 335. 3. Negahban 1996, Pl, 78, 334. 4. Negahban 1996, Pl. 71, 289. 5. Negahban 1996, Pl. 78, 333. 6. Fukai/Ikeda 1971, Pl. LI,2. 7. Negahban 1996, Pl. 72, 293. 8. Negahban 1996, Pl. 78, 327. 9. Negahban 1996, Pl. 70, 284. 10. Negahban 1996, Pl. 78, 332. 273 Abbildungsnachweise 11. Negahban 1996, Pl. 76, 317. 12. Negahban 1996, Pl. 77, 322. 13. Negahban 1996, Pl. 78, 328. 14. Negahban 1996, Pl. 56, 200. Tafel VII 1. Negahban 1996, Pl. 83, 356. 2. Negahban 1996, Pl. 82, 351. 3. Negahban 1996, Pl. 83, 357. 4. Negahban 1996, Pl. 139, 976. Tafel VIII 1. Negahban 1996, Pl. 84, 368. 2. Negahban 1996, Pl. 85, 371. 3. Negahban 1996, Pl. 85, 374. 4. Negahban 1996, Pl. 86, 386. 5. Negahban 1996, Pl. 85, 376. 6. Negahban 1996, Pl. 86, 384. 7. Negahban 1996, Pl. 86, 379. Tafel IX 1. Negahban 1996, Pl. 88, 399. 2. Negahban 1996, Pl. 88, 404. 3. Negahban 1996, Pl. 93, 445. 4. Negahban 1996, Pl. 91, 427. 5. Negahban 1996, Pl. 92, 436. 6. Negahban 1996, Pl. 140, 983. 7. Negahban 1995, 99, Fig. 89. 8. Negahban 1995, 101, Fig. 92. Tafel X 1. Negahban 1996, Color Plate XXIX, C. 2. Negahban 1996, Pl. 94, 457. 3. Negahban 1996, Pl. 94, 463. 274 Abbildungsnachweise 4. Negahban 1996, Pl. 94, 464. 5. Negahban 1996, Pl. 138, 968. Tafel XI 1. Negahban 1996, Pl. 84, 361. 2. Negahban 1996, Pl. 84, 363. 3. Negahban 1996, Pl. 53, 180. 4. Negahban 1996, Pl. 54, 189. 5. Negahban 1996, Pl. 55, 191. Tafel XII 1. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LV, 46. 2. Negahban 1995, Pl. IX, 116. 3. Negahban 1995, Pl. IX, 117. 4. Egami/Fukai/Masuda 1965, Pl. LV, 46. 5. Negahban 1995, Pl. IX, 110. Tafel XIII 1. Negahban 1995, 47, Fig. 27. 2. Negahban 1995, Pl. IV, 40. 3. Negahban 1995, Pl. V, 55. 4. Negahban 1995, Pl. IV, 46. 5. Negahban 1995, Pl. IV, 47. 6. Negahban 1995, Pl. V, 56. 7. Negahban 1995, 47, Fig. 33. Tafel XIV 1. Negahban 1995, Pl. VII, 92. 2. Negahban 1995, Pl. VIII, 97. 3. Negahban 1995, Pl. VIII, 99. 4. Negahban 1995, Pl. XI, 140 5. Negahban 1995, Pl. IX, 109. 6. Negahban 1996, Color Plate XXXII, C links. 7. Negahban 1995, Pl. VII, 84. 275 Abbildungsnachweise 8. Negahban 1995, Pl. VII, 89. Tafel XV 1. Negahban 1995, Pl. VI, 78. 2. Negahban 1995, Pl. VI, 70. 3. Negahban 1995, Pl. VI, 67. 4. Negahban 1995, 75, Fig. 47. 5. Negahban 1995, Pl. XI, 135. 6. Negahban 1995, Pl. X, 130. Tafel XVI 1. Negahban 1995, 75, Fig. 52. 2. Negahban 1995, 75, Fig. 54. 3. Negahban 1995, 75, Fig. 56. 4. Negahban 1995, 75, Fig. 62. 5. Negahban 1995, Pl. XII, 153. 6. Negahban 1995, 85, Fig. 69. 7. Negahban 1995, 85, Fig. 74. 8. Negahban 1995, 85, Fig. 75. Tafel XVII 1. Negahban 1995, Pl. II, 26. 2. Negahban 1996, Pl. 134, 939. 3. Negahban 1996, Pl. 137, 961. 4. Negahban 1996, Pl. 137, 963. 5. Negahban 1996, Pl. 136, 943. Tafel XVIII 1. Negahban 1996, Pl. 133, 926. 2. Negahban 1996, Pl. 133, 928. 3. Negahban 1996, Pl. 133, 929. 276 Karte 13._Karte Karte I: Im Text erwähnte Fundorte. 277 Typentafeln 14. Typentafeln Tafel I: Keramik 1. Kannen Typ I A 2. Kannen Typ I B 3.Kannen Typ I C 4. Kannen Typ II 5. Kannen Typ III 6. Würfelförmige Gefäße 7. Töpfe 8. Topfartige Gefäße mit einem Henkel 9. Töpfe mit zwei Henkeln 10. Schüsseln mit Ritzverzierung 11. Schüsseln mit niedrigem Henkel 12. Tassen mit übergroßem Henkel 278 Typentafeln Tafel II: Keramik 1. Schnabelkannen Typ I 2. Schnabelkannen Typ II A 3. Schnabelkannen Typ II B 4. Schnabelkannen Typ II C 5. Ausgusschalen Typ I A 6. Ausgusschalen Typ I B 7. Ausgusschalen Typ II 279 Typentafeln Tafel III: Keramik 1. Becken Variante A 2. Becken Variante B 3. Teller 280 Typentafeln Tafel IV: Metall- und Steingefäße 1. Bronzekessel Variante A 2. Bronzekessel Variante B 3. Bronzetassen 4. Steinmörser Variante A 5. Steinmörser Variante B 281 Typentafeln Tafel V: Zoomorphe Figurinen 1. Buckelrinderfigurinen aus Keramik 2. Hirschfigurinen aus Keramik 3. Maultierfigurinen aus Keramik 4. Buckelrinderfigurinen aus Bronze 5. Hirschfigurinen aus Bronze 6. Felidenköpfe aus Goldblech 282 Typentafeln Tafel VI: Perlen 1. Konische Goldblechperlen 2. Olivenförmige Goldblechperlen 3. Goldene Ringscheiben 4. Goldene Scheibenperlen 5. Zahnradperlen aus Fritte 6. Kugelförmige Goldblechperlen 7. Goldene Rippenperlen 8. Flache Rippenperlen 9. Granatapfelförmige Perlen 10. Schwarzweiß gebänderte Glasperlen 11. Spiraldrahtperlen 14. Vierspiralige Schieberperlen 15. Birnenförmige Goldblechobjekte 13. Goldene Tierkopfperlen 12. Röhrenperlen 283 Typentafeln Tafel VII: Armreifen, Barren und Ringe 1. Offene Armreifen 2. Offene tordierte Armreifen 3. Bronzebarren 4. Geschlossene Bronzeringe 284 Typentafeln Tafel VIII: Ohrringe 1. Bootsförmige Ohrringe Variante A 2. Bootsförmige Ohhringe Variante B 3. Blechohrringe 4. Tordierte Drahtohrringe Variante A 5. Tordierte Drahtohrringe Variante B 6. Drahtohrringe Variante A 7. Drahtohrringe Variante B 285 Typentafeln Tafel IX: Trachtbestandteile 1. Lockenringe 2. Goldblechblätter 3. Goldblechknöpfe 4. Bronzeknöpfe 5. Zimbeln 6. Goldblechdiademe 7. Gürtel Typ I 8. Gürtel Typ II 286 Typentafeln Tafel X: Nadeln 1. Tierkopfnadeln 2. Goldene Kegelkopfnadeln 3. Pilzkopfnadeln 4. Gerillte Nadeln mit kleinem Kopf 5. Ösenkopfnadeln 287 Typentafeln Tafel XI: Anhänger 1. Granatanhänger 2. Doppelpyramidenanhänger 4. Scheibenanhänger Variante A 3. Traubenanhänger 5. Scheibenanhänger Variante B 288 Typentafeln Tafel XII: Griffzungendolche 1. Typ I A 2. Typ I B 3. Typ I C 4. Typ I D 5. Typ I E 289 Typentafeln Tafel XIII: Vollgriff- und Randleistendolche 1. Typ II A 2. Typ II B 3. Typ III A 5. Typ IV 6. Typ V A 7. Typ V B 4. Typ III B 290 Typentafeln Tafel XIV: Lanzenspitzen mit Angeln 1. Typ I A 2. Typ I B 3. Typ I C 4. Typ I D 5. Typ I E 6. Typ II A Sonderform aus Grab 24 7. Typ II A 8. Typ II B 291 Typentafeln Tafel XV: Lanzenspitzen mit Tüllen und Tüllenimitationen 1. Typ III A 2. Typ III B 3. Typ III B Sonderform aus Grab 44 4. Typ IV A 5. Typ IV B 6. Typ IV B Sonderform aus Grab 44 292 Typentafeln Tafel XVI: Pfeilspitzen 1. Pfeilspitzen Typ I 2. Pfeilspitzen Typ II 3. Pfeilspitzen Typ III A 4. Pfeilspitzen Typ III B 5. Pfeilspitzen Typ III C 6. Pfeilspitzen Typ IV 7. Pfeilspitzen Typ V A 8. Pfeilspitzen Typ V B 293 Typentafeln Tafel XVII: Waffen, Geräte und Sonstiges 1. Birnenförmige Keulenköpfe 3. Fingernagelsäuberer 2. Axthacken 4. Ohrensäuberer 5. Bronzeschellen 294 Typentafeln Tafel XVIII: Geräte 1. Schöpfkellen 2. Bronzeforken Variante A 3. Bronzeforken Variante B 295 Typentafeln Lebenslauf für Christian Piller 14. Mai 1969: geboren in Straubing als erster Sohn von Konrad und Hannelore Piller. 1975-1979: Besuch der Grundschule in Oberpöring und Wallersdorf. 1979-1988: Besuch des Gymnasiums Landau an der Isar, Abschluss Abitur (Gesamtnote 2,3). Juli 1988-November 1989: Ableistung des Grundwehrdienstes in Bogen an der Donau. 1989-1995: Magisterstudiengang Hauptfach an der Vorderasiatische Kunstgeschichte und Ludwig-Maximilians-Universität Archäologie, Frühchristliche Nebenfächer Archäologie sowie München. Byzantinische Völkerkunde. Daneben Besuch von Lehrveranstaltungen in Klassischer Archäologie, Ägyptologie, Vor- und Frühgeschichte und Erwerb der Scheine Akkadisch I und II im Fach Assyriologie. 1995: Abschluss Magister Artium in den oben genannten Haupt- und Nebenfächern (Gesamtnote 1,66). seit 1996: Promotion im Hauptfach Vorderasiatische Archäologie an der LudwigMaximilians-Universität München. April 2007 Abgabe der Doktorarbeit mit dem Titel: „Untersuchungen zur relativen Chronologie der Nekropole von Marlik. 3. Juli 2007 Mündliche Prüfung (Disputatio) 296 Typentafeln Erklärung Hiermit erkläre ich, Christian Konrad Piller, dass ich diese Arbeit selbständig und nur unter Verwendung der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. München, Juli 2008 Christian Piller 297