„Bali“-Debatte um die Letzte Generation: Rückflug wird „letzter des Lebens“
Zwei Klimaaktivist*innen sollen mit dem Flugzeug nach Bali gereist sein. Hier antworten die beiden auf die Kritik während ihrer Reise in Thailand.
Da in anderen Medien über unser „Schwänzen“ spekuliert wurde, wollen wir hier persönlich Stellung zu den Vorwürfen nehmen, wir seien nach Bali geflogen und hätten uns einem Gerichtstermin entzogen. Nun ist es aber so, dass wir momentan nicht auf Bali in der Sonne liegen und wir in unserem Leben dort auch noch nie waren.
Wir haben unseren Prozess als Zeugin und Angeklagter tatsächlich nicht wahrgenommen, allerdings in Austausch mit dem Gericht. Wir befinden uns seit ziemlich genau vier Monaten in Südostasien, gerade in Thailand. Stimmt, hierfür mussten wir auch ins Flugzeug steigen.
Bevor wir diese Reise, die ein langjähriger Traum von Luisa ist, angetreten haben, machten wir uns sehr viele Gedanken und redeten mit vielen Menschen und waren uns selbst nicht sicher, ob wir es mit unserem Gewissen vereinbaren können, in ein Flugzeug zu steigen. Wir haben uns aber, wie bekannt, dafür entschieden. Diese Entscheidung ist natürlich diskussionswürdig.
1,4 Tonnen C02-Äquivalent: So viel hat unser Flug pro Person von München nach Bangkok in etwa verursacht. Diesen Berg an Treibhausgasen wollten wir so gering wie möglich halten. Das Effektivste wäre natürlich gewesen, die Reise gar nicht erst anzutreten. Da wir uns aber dazu entschlossen haben, uns diesen Traum zu erfüllen, war der nächste Gedanke: Wie kommen wir ohne Flugzeug nach Südostasien? Über die Seidenstraße mit Zug und Bus!
Wir machen uns ständig Gedanken, wie es besser geht
Doch dafür herrschen gerade zu viele grausame Konflikte in dieser Welt: der russische Angriffskrieg, der syrische Bürgerkrieg, die türkischen Invasoren im Nordirak, die Machtergreifung der Taliban, die Spannungen in der Kaschmir-Region und der Militärputsch in Myanmar, um nur einige auf der Route nach Südostasien zu nennen.
Nach Luft- und Landweg blieb noch der Wasserweg, doch auch dieser führte nach langer Recherche in eine Sackgasse. Also doch per Flugzeug, am besten in der Economy-Class, was anderes lässt nicht nur das CO2-Konto nicht zu. Dann eine Fluggesellschaft mit möglichst kerosinsparenden Flugzeugen und nonstop, um energieintensive Starts zu vermeiden.
Nachdem uns dieser Flug noch immer beschäftigt und wir auch wieder zurück nach Deutschland kommen müssen, machen wir uns ständig Gedanken, wie es besser geht. Dabei ist uns ein eklatanter Fehler aufgefallen. Wir hätten verschiedene Möglichkeiten kombinieren müssen.
Mit Zug und Bus wäre nicht in München Schluss gewesen, wir hätten in den Iran gekonnt und erst dort in ein Flugzeug steigen können. Doch leider ist das durch die momentanen Proteste und deren brutale Niederschlagung und Unterdrückung für die Rückreise absolut nicht möglich. Aber es ist problemlos möglich, aus der Türkei ohne Flugzeug nach Deutschland zu kommen.
Reine Individualkritik hilft auch nicht weiter
Der Flug in die Türkei wird der letzte unseres Lebens. Doch spielt es eine Rolle, dass wir nicht nur für eine Woche mit dem Flugzeug verreist sind? Nein, die Emissionen sind die gleichen. Es macht auch keinen Unterschied, dass wir sonst versuchen, möglichst treibhausgasarm zu leben. Jedes Gramm CO2-Äquivalent ist eines zu viel und jede Tonne erst recht. Doch denken wir, dass nicht Klimaaktivist*innen in eine besondere Pflicht genommen werden müssen, sondern jede*r nach menschs Möglichkeiten.
Doch diese Möglichkeiten müssen in so rasanter Weise erweitert werden, dass sie nur durch die Politik beschlossen werden können. Es muss aber auch Aufgabe der Politik sein, für das Klima schlechte Entscheidungen, wie die unsere, zu verhindern und in gute zu lenken. Stattdessen werden Debatten über den priorisierten Ausbau von Autobahnen, Werbekampagnen für die Tierindustrie und vieler weiterer sogenannter Klimakiller geführt, ohne eine solche Welle der Empörung wie die gegen uns auszulösen, geschweige denn irgendeine.
Wir können die Diskussionen zum Thema nachvollziehen und freuen uns über eine sachliche und fundierte Debatte. Wir sind dennoch weiterhin der Überzeugung, dass reine Individualkritik nicht zu den großen Veränderungen beitragen wird, die wir so dringend benötigen.
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