Donnerstag, 19. Dezember 2024

Angst vor dem Test


Heute nachmittag kam die Info aus der Schule, dass Lola während der Schulzeit drei Stunden lang auf dem Gang gelegen hat. Sie habe sich verweigert, zum Test in Kunst zu gehen, obwohl der seit der letzten Woche angekündigt war. 
 
Lolas Schulhelfer hatte mir gestern schon von dem Test erzählt, zum Thema 'Stillleben', und ich hatte mich schon gefragt, wie Lola darauf reagieren würde. Und - wie mich nicht wunderte - mit 'Verweigerung'. 
 
Sprich, sie war so aufgeregt, dass sie es nicht geschafft hat, die Schwelle in den Klassenraum zu überwinden. Und leider auch kein Pädagoge dazu in der Lage war, ihr die Sorge vor dem Test zu nehmen. Und sie dazu zu animieren, einfach in den Raum zu gehen und zu malen, was sie sieht.

Es tat mir im Herzen weh zu wissen, dass sie wieder so viel Zeit in der Schule rumgelegen hat. Aufgeregt, nervös, in einer Art innerer Spannung und wenig zugänglich für Versuche der Lehrer, sie zum mitmachen zu animieren. Die roten Punkte bzw. die Aussicht, deswegen zu Hause keine Musik hören zu dürfen, halfen da wenig. 



Kaum war die Schule zuende, war sie jedoch wie ausgewechselt. Sie fuhr selbständig mit der Tram zur Physiotherapie und ging anschließend gemeinsam mit mir zum Geigen, wo es ein schönes Weihnachtskonzert ihrer Geigengruppe gab. Mehrstimmige Weihnachtslieder, und Lola fidelte begeistert mit. Von Aufregung, Verweigerung, Nervosität keine Spur. Weil sie die Stücke gut kennt und spielen kann. So kann ein Weihnachtskonzert also auch aussehen!
 

 
Auf dem Fußweg nach Hause ging sie spontan noch in den Konsum, um glutenfreies Brot für sich kaufen. "Du draussen warten, Mama. Ich kurz Brot kaufen geh." Und weg war sie.  
 
Vor einer Woche war sie zum ersten Mal überhaupt alleine einkaufen, und jetzt einfach so nochmal. Und sie brachte sich gleich noch eine Apfelschorle mit und für Pavel sein Lieblingsmüsli, das heute früh alle war! 

Und während ich am Abend zu Hause kochte, ging Lola in ihr Zimmer, breitete auf dem Boden ihre Malsachen aus - und begann zu malen.

"Mama, ich Test nachholen grade. Morgen Lina zeigen", erklärte sie mir, als ich ins Zimmer kam. 

Wie es sie doch innerlich zu quälen scheint, den Anforderungen in der Schule wieder nicht gerecht geworden zu sein. Schon beim Schulkonzert nicht, das vom Repertoire zu schwer für sie war, und nun auch nicht beim Test, wo sie es vor Aufregung nicht geschafft hat. 

Es ist wohl mal wieder Zeit für ein Gespräch mit den Pädagogen. Um gemeinsam einen Weg zu finden, wie sie auch in der Schule stärker teilhaben und ihre wachsende Selbständigkeit und Souveränität auch dort zeigen kann.

Montag, 16. Dezember 2024

Omen...

 

Heute früh hab ich mich auf den Weg gemacht zu einem Ort, von dem ich dachte, er könne vielleicht ein guter Lebensort für mich sein. Doch als ich aus der Haustüre ging, fiel dieses Bild herunter. Das Greta vor Jahren gemalt und mir zu Weihnachten geschenkt hat. Krach! In tausend Scherben. 

Ich habe es als schlechtes Omen gewertet. 

Ein bisschen Aberglaube muss sein. Sich lediglich an den harten Fakten zu orientieren, erscheint mir viel zu eindimensional. 

Das 'Bauchgefühl' hat sich später bestätigt. 

Freitag, 13. Dezember 2024

Weg mit dem alten Zeug

Die Vorweihnachtszeit ist bestimmt nicht die typische Jahreszeit für eine Ausmistaktion. Aber diese Woche hat es mich gepackt - und ich habe angefangen, einen Teil des ganzen Krempels auszumisten, der überall in der Wohnung rumlag. Auf Kisten, Truhen, jede waagrechte freie Fläche war besetzt. 

Angefangen habe ich mit dem Eingangsbereich des Flures, an der Garderobe. Ein Bereich, der einen Einfluss hat auf die Energie, mit der man nicht nur in die eigenen Wohnung hineinkommt, sondern auch durch's Leben geht. Zumindest nach 'Feng-Shui', so habe ich in einem Buch gelesen, das ich zufällig im Bücherregal fand. 

Und stapeln sich im Eingang viele Dinge und Krempel, dann kann es wohl auch zu Stagnationen im Leben kommen. Ja, lag es also vielleicht daran, dass ich seit einiger Zeit einfach nicht weiter komme?

Nichts leichter als das, dachte ich. Machte mir laute Musik an auf meinem neuen, ureigenen spotify-Account (Lola hat ja jetzt endlich einen eigenen), und begann zu räumen und zu sortieren: aufheben, wegwerfen oder abgeben. 

Und nach drei Stunden hatte ich aus einem Bereich von ca. zwei Quadratmetern (!) sieben Tüten extrahiert mit Dingen, die alle wegkonnten: entweder direkt auf den Müll oder zur Kleider - und Hausratspende. Zum Verkaufen über Kleinanzeigen fehlt mir die Muße.

Von Pavel: abzugeben in treue Hände (Gr. 140)
abzugeben in treue Hände (Gr. 140)
 

Löchrige (Lieblings-)schuhe (6 Paar), von Motten zerfressene Kuschel-Wollmützen, beim Flohmarktkauf übriggebliebene alte Kleider von Lola, ein kaputter Drucker, und und und... Ich erinner mich schon jetzt nicht mehr genau, was es alles war.

fast ungenutzte Regenjacke (Gr. 152)

Eben diese Dinge, die man lange schon nicht mehr braucht, aber an denen irgendwie doch noch das Herz hängt. Zumindest wenn man sie in die Hand nimmt, denkt man: 'ach weisst du noch, wie ich mit denen damals durch Barcelona gelaufen bin, so jung noch. Die kann ich nicht weggeben.' Und legt sie wieder in die überquellende Schuhkiste. 

Sind sie aber einmal weg, erinnert man sich gar nicht mehr daran.

Am Nachmittag war ich so euphorisiert vom Aufräumen und Loslassen, dass ich an den kommenden beiden Tagen noch weiter gemacht mit dem Flurschrank und einem Bücherregal. Und mich über jedes Stück bzw. Buch gefreut hab, das ich weggeben konnte.

Und bin tasächlich - befreit von all dem Krempel - ganz beschwingt durch die Tage geschwebt. Ein befreites Dauergrinsen auf dem Gesicht. 

Also, falls ihr auch an der Dunkelheit und dem trüben Wetter leiden solltet, und Euch nicht nach weihnachtlicher Dauergemütlichkeit ist, empfehle ich wärmstens eine kleine Ausmistaktion! 

Es macht Spass, löst Blockaden und Stagnationen, baut durch Plätzchen und Stollen zusätzlich angefutterte Kalorien ab und schafft Raum für Neues. Denn irgendwo muss der Weihnachtsmann ja hin mit seinen vielen Geschenken :-) 

Donnerstag, 12. Dezember 2024

Weihnachtskonzert ohne Lola



Gestern war Weihnachtskonzert in Lolas Schule. Mit dem Chor der 11. und 12. Klasse, dem sie angehört. Und dem Schulorchester. Herrlichster Gesang und Klang. Nur leider ohne Lola.

Sie hatte sich den gesamten Proben für das Konzert, die von Montag bis Mittwoch in der Schule stattfanden, konsequent verweigert. Sich zuerst noch nicht einmal in den Proberaum bewegt, und den späteren Proben in der Mehrzweckhalle zwar zugehört, aber keinen Fuß auf die Bühne gesetzt. Ihr Chorleiter und ihr Schulbegeleiter waren wieder mal verzweifelt. 

Da halfen auch alle roten Punkte nichts, die sie immer bekommt, wenn sie an einem Unterricht nicht teilnimmt. Sie wollte nicht singen!

Sie hat sich zwar jeden Tag unglaublich schick angezogen, ihre 'Auftrittskleidung', ein rotes Glitzerkleid und ihre hohen rosa Fellstiefel. Dazu ein elegantes schwarzues Jacket, wirklich stilvoll. Aber mitsingen: wollte sie partout nicht!

Wirklich gewundert hat es mich nicht. Denn die Klasse sang das 'Gloria' von Verdi, in Latein. Ein zutiefst berührendes Stück. Aber natürlich mehrstimmig und wirklich anspruchsvoll. Und auf meine etwas scherzhaft gemeinte Idee, sich einfach zur Klasse dazuzustellen, und den Mund an den passenden Stellen zu öffnen und zu schließen, wollte sie sich verständlicher nicht einlassen. 

Die Tage waren eine Qual für sie. Zwischen ihrem Wunsch, mit der Klasse mizusingen und ihrem schlechten Gewissen, es nicht fertig zu bringen, sich mit auf die Bühne zu stellen. Wahrscheinlich, weil sie sich doch ihrer beschränkten musikalischen Fähigekiten bewusst ist, bei solch einem Stück mizusingen. 

Und wieder tat es mir im Herzen weh zu erleben, wie sie hier in ihrer inklusiven Schule zwar dabei sein kann (könnte), aber aufgrund der hohen 'Leistungsanforderungen' am Ende doch in gewisser Weise ausgeschlossen ist.

Am Ende saß sie dann gestern Abend beim Konzert neben mir im Saal und lauschte andächtig und voller Freude dem Konzert und den Solisten auch aus ihrer Klasse, die wirklich ein  wunderschönes Konzert sangen. Und bei 'Drei Haselnüsse für Aschenbrödel' und "Es ist ein Ros entsprungen' sang sie dann - im Publikum sitzend - sehr lauthals und inbrünstig mit, in ihrem glockenhellen Sopran, sogar halbwegs 'gerade' :-) 

Beim nächsten Weihnachtskonzert hoffe ich, dass das Repertoire so angepasst wird, dass sie dann doch mitsingen kann - und hoffentlich auch will. Und vielleicht bzw. hoffentlich auch wieder in einem Extra-Ensemble mitwirken kann. Wie im letzten Jahr, wo sie zusammen mit sechs anderen Förderschülern ihrer Schule in einem 'inklusiven Klangensemble' einige extra-Stücke gespielt haben. Mit verschiedenen Klanginstrumenten, wo sie dann sogar ein Stück auf der Geige spielen konnte. Vor versammeltem, prall gefüllten Saal. Was wirklich großartig war: und sie zutiefst stolz. 

Ja, die Inklusion ist schon eine Herausforderung, immer wieder.


Montag, 9. Dezember 2024

Online-Vortrag "Wenig sprechende Kinder - Überraschungsdiagnose Dyspraxie?"

Morgen, am Dienstag 10. Dezember 2024, um 20 Uhr wird Denise Hönniger einen Online-Vortrag zum Thema 'Dyspraxie"  bzw. "Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED)" halten, organisiert über Down-Syndrom Berlin e.V.

 

Denise Hönniger ist eine der wenigen Expertinnen auf dem Gebiet 'Dyspraxie bei Kindern mit Down-Syndrom' und wird einen guten Einblick in diese Sprechstörung geben, von der doch viele Kinder mit Down-Syndrom betroffen sind. Sie wird u.a. Hinweise geben, wo man therapeutisch ansetzen kann, um auch wenig sprechende Kinder endlich zum Sprechen zu bringen.

 Lola hat selber vor Jahren eine Diagnose 'Sprechapraxie' bekommen, nachdem sie mit 6 Jahren immer noch kaum Worte sprechen konnte. Seitdem wir systematisch Silben und Worte mithilfe von Lautgebärden geübt haben, ist sie endlich ins Sprechen gekommen. Und kann heute - zwar immer noch dysgrammatisch - aber doch gut und souverän sprechen, mit einem riesigen Wortschatz. 

Falls also auch Euer Kind betroffen sein sollte, meldet Euch an. Es ist wirklich NIE zu spät!

Ich kann mich gar nicht an die Corona-Zeit erinnern...

Ein grauer Dezembertag heute. Nach langem Ausschlafen und gemütlichem Frühstück, ließen sich die Kinder erst am Nachmittag aus dem Haus bewegen. Zu einem kurzen Spaziergang zum Caracan im Auwald, zu einer Tasse Kakao. Doch schon nach einer Stunde wollten sie wieder zurück. Genug der 'Ausflüge'.

Als wir am Nachmittag in der Küche saßen, ein paar Plätzchen ausstachen und Pavel eigentlich Latein lernen sollte, begann er mir von der Pest zu erzählen, die im Mittelalter halb Europa dahingerafft hat. Alle einmal Infizierten starben, und die Pestdoktoren konnten ihre Leiden kaum lindern. 

"Wie konnten die sich überhaupt schützen?", fragte ich ihn.

"Durch schwarze Schutzanzüge und die typischen Schnabelmasken, in denen sich Heilkräuter befanden", erzählte Pavel. - Ja, woran man damals so glaubte.

 

"Weißt Du, Mama. Ich kann mich überhaupt nicht an die Corona - Zeit erinnern", fügte er hinzu. "Wann waren die Lockdowns überhaupt? Und was haben wir da die ganze Zeit gemacht?" 

Er war gerade in der zweiten Klasse, 7 Jahre alt, als es 'losging'. Am 13. März 2020. Und 9 Jahre alt, als die Maßnahmen wieder aufgehoben wurde. Immerhin über zwei Jahre lang, für einen Jungen seines Alters eine lange Zeit. 

Gemeinsam versuchten wir diese surreale Zeit zu erinnern, die wir in den letzten Jahren vollkommen verdrängt hatten.

Wir erinnerten uns an den Feuerwehrwagen, der im Tiefschnee vor unserer Haustüre stecken geblieben war, und erst nach zwei Stunden wieder freigeschaufelt war. 

 

Und wie die halbe Südvorstadt, entgegen der Anordnungen, auf dem Fockeberg rodeln ging. Ein Gewimmel an Schlitten und Skifahrern - und wir mitten drin.

Wir erinnerten uns an die vielen Workouts, die wir bei uns im Wohnzimmer gemacht haben. Selten, dass ich so viel Sport getrieben habe und körperlich so fit war :-)

Wir erinnerten uns an die Harry-Potter-Bände, die Pavel alle verschlungen hat. Weil die Bibliotheken geschlossen waren und Greta alle Bände im Regal stehen hatte. Obwohl er gerade erst lesen gelernt hatte, aber dringend neuen Lesestoff suchte. Und eben nahm, was es gab.

Und ich erinnerte mich an Pavel vor dem Rechner, singend mit dem Kinderchor, in der zoom-Session. Die Arme weit ausgebreitet für die anfänglichen Lockerungs- und Atemübungen. Ganz alleine am Tisch. 

Und er erinnerte sich an die Corona-Nasen-Tests, die sie in der Schule immer machen mussten vor dem Unterricht. Montag, Mittwoch und Freitag. 

An die Aufgaben, die er zu Hause machen musste, erinnerte er sich allerdings überhaupt nicht. Nur dunkel an den dicken Ordner, in dem wir sie alle abgeheftet haben. 

Was für eine verrückte Zeit damals, vor allem für einen kleinen, bewegungslustigen Jungen. Wenn er heute wie wild durch die Wohnung springt, mit seinem Basketball, und Lola mal wieder in ihrem Zimmer ohrenbetäubend laut singt, frage ich mich, wie wir das überhaupt alles geschafft haben. 

 

Und ich bin heute noch zutiefst dankbar, dass wir als Familie körperlich und seelisch gesund durch diese Jahre gekommen sind. Mit einer großen Demut und Freude an den kleinen Dingen und am täglichen Zusammensein. 

Manchmal, so seltsam das scheinen mag, sehne ich mich fast nach dieser überschaubaren Ereignislosigkeit der Tage. In denen der tägliche Spaziergang zum Fockeberg für uns das allergrößte Highlight war. Und mein Schreiben am Abend mir eine Reise in die Vergangenheit, ins Innere oder andere Welten ermöglichte, die sich nicht wie eine Flucht anfühlte, sondern wie ein Ankommen zu Hause.


Freitag, 6. Dezember 2024

Zeitverschiebung

 Heute morgen bin ich sogar eine Viertelstunde früher aufgestanden als sonst und fühlte mich dennoch erstaunlich ausgeschlafen. Obwohl ich weniger als die eigentlich nötigen sieben Stunden geschlafen hatte. Auch mal schön, dachte ich, und weckte Lola.

„Nikolaus da?“, fragte sie, noch vor dem Augenöffnen und stürmte zu ihren gestern säuberlich geputzten und mit einer halben Dose Impragnierspray eingedieselten Stiefeln, die immer noch leicht chemisch rochen.

„Eine Haarband“ jubelte sie über das türkise Band, das ihr ‚der Nikolaus gebracht hatte‘ und schleppte auch noch den Rest des Stiefelinhalts in die Küche.

Nach einem entspannten Frühstück animierte ich sie doch zur Eile, denn heute musste sie alleine mit der Tram in die Schule fahren, da das Auto in der Werkstatt war. Pünktlich um 8.27 verließen wir das Haus, um die Bahn um 8.33 zu kriegen, wie ich gerade noch auf der App nachgeschaut hatte. Draußen war es schon erstaunlich hell, anders als sonst am Morgen. ‚Auch mal schön!‘

Sogar fünf Minuten vor der Zeit waren wir an der Tramhaltestelle und warteten auf ihre Straßenbahn, in der sie gleich bestimmt viele Kinder aus ihrer Schule treffen würde. Doch als die Bahn einfuhr, war sie die einzige Schülerin. Die Tram war halbleer. ‚Auch mal schön‘, dachte ich und schlenderte gemütlich wieder nach Hause. Bestimmt würden die anderen Schüler später noch dazu steigen, und zur Not würde Lola den Weg in die Schule auch alleine schaffen.

Erst zu Hause bemerkte ich, dass ihre Lehrerin viermal bei mir angerufen hatte. Seltsam dachte ich und rief sofort zurück.  

„Wo ist Lola denn?“, fragte sie, mit leichter Ungeduld in ihrer sonst so freundlichen Stimme.

Ich schaute auf die Uhr. 8.45 Uhr. Noch eine Viertelstunde bis Schulbeginn. Wirklich kein Grund, so einen Stress zu machen.

„Die sitzt in der Tram“, erklärte ich. „Und sollte in 5 Minuten aussteigen und dann gleich da sein. Hoffe ich.“

„Mmmh“, hörte ich aus der Leitung. Und auf einmal fiel der Groschen.

8.45 Uhr!!!?

Die Schule beginnt um 8 Uhr!!!!

Wie konnte das sein? Wir hatten den ganzen Morgen um eine Stunde verschoben gelebt! Statt um 6.45 Uhr war ich um 7.45 Uhr aufgestanden. Was ich zwar durchaus wahrgenommen hatte, aber an keiner Stelle darüber gestolpert war.

„Ich glaube, ich hab mir den Wecker aus Versehen um eine Stunde später gestellt“, sagte ich entschuldigend. Und fragte mich, wieso mir das an keiner Stelle ins Bewusstsein gedrungen war. Trotz so vieler Hinweise, wie fehlender Müdigkeit, hellem Tageslicht, menschenleerer Bahn und der Uhrzeit natürlich. 

Ich war so der festen Überzeugung gewesen, ‚pünktlich‘ aufgestanden zu sein, dass mich keine der widersprechenden Fakten der Außenwelt daran zweifeln ließ, in der Zeit zu sein. Wie stark kann doch der Glaube sein, selbst im Widerspruch zu allen Tatsachen, und doch halten wir daran fest.

„Kann ja mal passieren“ sagte die Lehrerin etwas irritiert und legte auf.

Und ich schüttelte noch einmal ungläubig den Kopf und machte mich – gut ausgeschlafen - an die Arbeit.