Fatica_ilm1-2007000248

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Untersuchungen zur Berechnung der

Dauerfestigkeit von randschichtgehärteten


Dieseleinspritzdüsen

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines


DOKTORINGENIEURS
(Dr.-Ing.)

vorgelegt
der Fakultät für Maschinenbau
der Technischen Universität Ilmenau

von
Dipl.-Ing. Matthias Spickenreuther (FH)
geboren am 12.10.1976 in Weiden i. d. Opf.

Gutachter:
1. Herr Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. rer. nat. (TU Ilmenau)
Christian Knedlik
2. Herr Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Gerhard Linß (TU Ilmenau)
3. Herr. Prof. Dr.-Ing. Joachim W. Bergmann (Bauhaus Universität
Weimar)

Tag der Einreichung: 10.10.2006


Tag der Verteidigung: 22.10.2007

urn:nbn:de:gbv:ilm1-2007000248
Für meine Frau Alexandra
i

Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand neben meiner Tätigkeit in der Ent-
wicklung von Dieseleinspritzdüsen bei der Siemens AG im Bereich
Siemens VDO Automotive in Regensburg. Die wissenschaftliche und
administrative Betreuung erfolgte durch den Fachbereich Maschinen-
bau der Technischen Universität Ilmenau.
Meinem Doktorvater Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. rer. nat.
Christian Knedlik vom Lehrstuhl für Werkstoffe der Elektrotech-
nik der Technischen Universität Ilmenau danke ich herzlich für die
Betreuung und Unterstützung meiner Arbeit, sowie für die Über-
nahme des Hauptreferats. Ganz besonderem Dank gilt Herrn Prof.
Dr.-Ing. Joachim W. Bergmann vom Lehrstuhl der experimentellen
Konstruktions- und Materialanalyse der Bauhaus Universität Wei-
mar für die intensiven und richtungweisenden Gespräche als auch für
die Übernahme des Koreferats. Ebenso danke ich Univ.-Prof. Dr.-Ing.
Gerhard Linß vom Lehrstuhl für Qualitätssicherung der Technischen
Universität Ilmenau für die Übernahme des Koreferats.
Siemens VDO sei für die Finanzierung der Experimente gedankt,
Herrn Dr.-Ing. Maximilian Kronberger für die Genehmigung zur
Durchführung der Dissertation, sowie Frau Dr.-Ing. Grit Krüger für
die fachliche Betreuung von Seiten Siemens VDO und für die Be-
reitstellung der Ressourcen zur Durchführung der Experimente. An
dieser Stelle dürfen die Kolleginnen und Kollegen der Dieselentwick-
lung nicht unerwähnt bleiben. Hierbei seien besonders die Herren
Alwin Perras und Michael Schüller für die Durchführung von Struk-
turanalysen, Herr Daniel Paul für die Durchführung der Lebensdau-
erberechnung und Herrn Klaus Lichtinger für den Aufbau und die
Inbetriebnahme der Resonanzprüfmaschine genannt.
Von großer Hilfe waren auch die anregenden Diskussionen mit Herrn
Rayk Thumser und Herrn Andreas Diemar von der MFPA Wei-
mar, sowie deren stete Hilfsbereitschaft. Ohne die Strukturanalysen
und die Berechnung der Spannungsintegrale von Herrn Diemar hätte
ein großer Teil der Ergebnisse nicht vollständig ausgewertet werden
ii

können.
Meinen Eltern danke ich für die Unterstützung während meiner ge-
samten Ausbildung.
Von Herzen möchte ich meiner Frau Alexandra für die entgegenge-
brachte Geduld bedanken. Ihr unermüdlicher Rückhalt und selbst-
loser Verzicht während der Entstehung dieser Arbeit haben diese erst
möglich gemacht.
Regensburg, den 02.12.2007
iii

Kurzfassung
Vorhandene Methoden und Richtlinien zur Berechnung der Dauerfe-
stigkeit einsatzgehärteter Dieseleinspritzdüsen liefern für sich alleine
gesehen keine zufriedenstellenden Ergebnisse.
In verschiedenen Versuchsreihen wurden die für die hier vorliegenden
Lastfälle relevanten Übertragungsfaktoren quantitativ ermittelt und
den selektiv den veröffentlichten Methoden und Richtlinien entnom-
menen Berechnungsvorschlägen gegenübergestellt. Besonderes Au-
genmerk lag dabei auf der Oberflächenfeingestalt, der Mittelspan-
nungsempfindlichkeit, der lokalen Härte und der absoluten Kerb-
größe.
Basierend auf den Übertragungsfaktoren wurde nach dem örtlich-
elastischen Konzept eine Berechnungsmethode vorgestellt. Die Über-
prüfung ihrer Anwendbarkeit anhand 11 unabhängiger Versuchsrei-
hen lieferte befriedigende Resultate, die nur vom Versuchsumfang
begrenzt werden.
Potentiale zur Steigerung der zulässigen Maximalbelastung wurden
in der Oberflächenbeschaffenheit, dem Einbringen lastinduzierter
Druckspannungen und für nadelhubgesteuerte Einspritzsysteme in
der Berücksichtigung der tatsächlichen Betriebsbelastung gefunden.
iv

Abstract
Published methods and guidelines for calculating the fatigue resistan-
ce of case hardened Diesel injection nozzels considered individually
provide no sufficient results.
The values of the transfer parameters relevant for the loading cases
at hand were determined by several test runs and compared to pu-
blished propositions focusing especially on surface finish, mean stress
influence, local hardness and notch size.
With this transfer parameters a calculating method basing on local
elastic stress was created. Scrutineering the applicability with the
help of 11 independent test runs, this method delivers satisfactory
results only being limited by the testing effort.
Potentialities for increasing the maximal allowable loading supply the
surface finish, load induced compressive stress and in case of need-
le lift controlled injection systems the consideration of the actual
service loads.
INHALTSVERZEICHNIS v

Inhaltsverzeichnis
Formelzeichen xvii

1 Einleitung 1

2 Stand der Technik 4


2.1 Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe unter zy-
klischer Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.1.1 Analytische Beschreibung von Lastwechsel-
vorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.1.2 Die Wöhlerlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1.3 Versagenskriterien . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.2 Auslegungskriterien für Bauteile . . . . . . . . . . . . 13
2.3 Einflussparameter auf die Lebensdauer . . . . . . . . 14
2.3.1 Einflüsse aus der Belastung . . . . . . . . . . 16
2.3.2 Einflüsse aus der Belastbarkeit . . . . . . . . . 18
2.4 Berechnungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.4.1 Konzepte auf Grundlage von elastischen Ver-
formungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.4.2 Konzepte auf Grundlage von elastisch-
plastischen Verformungen . . . . . . . . . . . 24
2.4.3 Konzepte auf Grundlage von Rissen . . . . . . 24
2.5 Mehrachsigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.5.1 Normalspannungshypothese . . . . . . . . . . 26
2.5.2 Schubspannungshypothese . . . . . . . . . . . 27
2.5.3 Gestaltänderungsenergiehypothese . . . . . . . 27
2.5.4 Schubspannungsintensitätshypothese . . . . . 28
2.5.5 Methode der kritischen Ebene . . . . . . . . . 29
2.5.6 Dang Van Kriterium . . . . . . . . . . . . . . 30
2.6 Verfahren zur Bestimmung der Dauerfestigkeit . . . . 30
2.6.1 Treppenstufenverfahren . . . . . . . . . . . . . 32
2.6.2 Probitverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.6.3 Abgrenzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . 33
2.6.4 arcsin-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.6.5 Verfahren nach Locati . . . . . . . . . . . . . 34
vi INHALTSVERZEICHNIS

2.6.6 Verfahren nach Prot . . . . . . . . . . . . . . 35


2.7 Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.8 Richtlinien zur Bemessung von zyklisch belasteten
Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3 Zielsetzung 42

4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungs-


faktoren 46
4.1 Vorstellung des gegebenen Lastfalls . . . . . . . . . . 46
4.1.1 Geometrie einer Dieseleinspritzdüse . . . . . . 46
4.1.2 Probenfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.1.3 Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter . . . . 52
4.2.1 Lokale Dauerfestigkeit infolge der inhomoge-
nen Materialeigenschaften . . . . . . . . . . . 52
4.2.2 Mittelspannungseinfluss . . . . . . . . . . . . 56
4.2.3 Eigenspannungseinfluss . . . . . . . . . . . . . 59
4.2.4 Oberflächeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.2.5 Spannungsmechanische Stützwirkung . . . . . 64
4.2.6 Statistischer Größeneinfluss . . . . . . . . . . 70
4.2.7 Mehrachsigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.3 Auswahl der Ermittlungsmethode . . . . . . . . . . . 79
4.3.1 Versuchskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.3.2 Statistische Auswertung . . . . . . . . . . . . 80
4.3.3 Statistische Verteilung der Festigkeitswerte im
Dauerfestigkeitsgebiet . . . . . . . . . . . . . 81
4.4 Vorstellung der Berechnungsmethode . . . . . . . . . 87

5 Experimentelle Untersuchungen 91
5.1 Versuchsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
5.1.1 Bezugskerbgrundfestigkeit . . . . . . . . . . . 91
5.1.2 Mittelspannungseinfluss unter Innendruckbe-
lastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.1.3 Härteeinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.1.4 Oberflächeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . 94
INHALTSVERZEICHNIS vii

5.1.5 Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5.1.6 Mittelspannungsempfindlichkeit von Rundpro-
ben unter Biegebelastung . . . . . . . . . . . . 96
5.1.7 Versuchsprogramm im Überblick . . . . . . . 99
5.2 Prüfstandsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . 101
5.2.1 Hochdruckimpulsprüfstand . . . . . . . . . . . 101
5.2.2 Resonanzprüfmaschine . . . . . . . . . . . . . 103
5.3 Versuchsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
5.3.1 Dauerfestigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 107
5.3.2 Zeitfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
5.3.3 Lebensdauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung . . . 114
5.4.1 Lageparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
5.4.2 Streuparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
5.5 Einfluss der Streuung der Kerbgrundbeanspruchung
auf die Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
5.6 Spannungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
5.7 Fraktographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

6 Diskussion der Ergebnisse 138


6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse . . . . . . . . . . 138
6.1.1 Mittelspannungsempfindlichkeit bei niedrigen
Mittellasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
6.1.2 Kerbgrundwechselfestigkeit und Härteeinfluss 147
6.1.3 Oberflächeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . 151
6.1.4 Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
6.1.5 Mittelspannungsempfindlichkeit für hohe Mit-
tellasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
6.2 Auswertung der Berechnung . . . . . . . . . . . . . . 173
6.2.1 Übertragung auf andere Geometrien . . . . . 173
6.2.2 Einfluss der Kerbgrundfestigkeiten . . . . . . 183
6.2.3 Vergleich der Verteilungsfunktionen . . . . . . 187
6.2.4 Vergleich der Vergleichsspannungshypothesen 190
6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . 193
viii INHALTSVERZEICHNIS

6.3.1 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrschein-


lichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
6.3.2 Bewertung des Streuverhaltens . . . . . . . . 195
6.3.3 Auswahl eines geeigneten Verteilungsmodells . 199
6.4 Betriebsfeste Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . 203

7 Schlussfolgerung und Ausblick 207

Literaturverzeichnis 215

Anhang 234

A Anhang 234
A.1 Zeichnungen und FE-Netze . . . . . . . . . . . . . . . 234
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen . . . . . . . . . . . . 239
A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung . . . . . . . . 255
A.3.1 Druckgesteuerte Systeme . . . . . . . . . . . . 255
A.3.2 Nadelhubgesteuerte Systeme . . . . . . . . . . 257
A.3.3 Vergleich der Betriebslasten . . . . . . . . . . 259
A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur . . . . . . . 264
A.4.1 FVV Vorhaben Autofrettage III . . . . . . . . 264
A.4.2 FKM-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

B Thesen der Arbeit 275

C Erklärung 277
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ix

Abbildungsverzeichnis
1 Größen zur Beschreibung eines idealisierten Schwing-
spiels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2 Beanspruchungsbereiche im Haigh-Diagramm . . . . 6
3 Schematischer Aufbau einer Wöhlerlinie . . . . . . . 9
4 Stufenförmige Wöhlerlinie eines Einsatzstahls [NK99] 10
5 Stadien der Rissausbreitung . . . . . . . . . . . . . . 12
6 Schema einer Lebensdauerberechnung . . . . . . . . . 15
7 Schnitt durch eine P-Typ-Dieseleinspritzdüse . . . . . 48
8 Schnitt durch den Kuppenbereich einer P-Typ-
Dieseleinspritzdüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
9 Wärmebehandlungsprozess der Dieseleinspritzdüsen . 49
10 Nicht aufgekohlte Bereiche der Düse . . . . . . . . . . 50
11 Schematische Darstellung aller mechanischen, auf eine
Düse wirkenden Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
12 Verlauf der lokalen Wechselfestigkeit über die lokale
Härte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
13 Dauerfestigkeitslinie im Haigh-Diagramm nach den
Vorschlägen von Goodman, Gerber und Haibach un-
ter Annahme identischer Wechsel- und Schwingfestig-
keitswerte [HW94] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
14 Verlauf der Mittel- (M ∗ ) und Eigenspannungsemp-
findlichkeit (m) über die Zugfestigkeit [Woh88] . . . . 61
15 Vergleich des Oberflächeneinflusses in Abhängigkeit
von der Rauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
16 Definition des bezogenen Spannungsgefälles χ∗ am
Beispiel eines gekerbten Rundstabes . . . . . . . . . . 66
17 Vergleich der Berechnungsmethoden der spannungs-
mechanischen Stützziffer auf der Grundlage des bezo-
genen Spannungsgefälles . . . . . . . . . . . . . . . . 69
18 Schematischer Aufbau eines vielkristallinen Metall-
gefüges [KE82] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
19 Vergleich der Verteilungsfunktionen in Lastrichtung
bei linearer Achsenteilung . . . . . . . . . . . . . . . 86
x ABBILDUNGSVERZEICHNIS

20 Vergleich der Verteilungsfunktionen in Lastrichtung


bei logarithmischer Achsenteilung . . . . . . . . . . . 87
21 Last-Zeit-Verlauf der dynamischen Prüfungen . . . . 101
22 Schematischer Prüfstandsaufbau der Hochdruckim-
pulsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
23 Schematische Funktionsweise der 3-Punkt-Biegung . . 106
24 Schematischer Prüfstandsaufbau der Kuppenfestig-
keitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
25 Wöhlerlinie des Basisdüsendesigns . . . . . . . . . . . 110
26 Statistische Auswertung der Bruchlastspielzahlen aller
Versuchsreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
27 Ereigniswahrscheinlichkeit bei den Prüfungen mit
der Resonanzprüfmaschine mindestens k Prüflinge in
Abhängigkeit von ihrer Anzahl fälschlicherweise als
Durchläufer gewertet zu haben . . . . . . . . . . . . . 114
28 Grenzen des 95%-Vertrauensintervalls für einen Stich-
probenumfang von n = 10 . . . . . . . . . . . . . . . 119
29 Normierte Dauerfestigkeitsverteilung mit den Grenzen
des 95%-Vertrauensintervalls für einen Stichproben-
umfang von n = 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
30 Bestimmung der Ermittlungsgenauigkeit des Lagepa-
rameters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
31 Ermittlungsgenauigkeit des Lageparameters für die
Logitverteilung in Abhängigkeit von den Ausfallwahr-
scheinlichkeiten der Versuchsergebnisse . . . . . . . . 124
32 Bestimmung der Ermittlungsgenauigkeit des Streupa-
rameters am Beispiel der Logitverteilung . . . . . . . 125
33 Ermittlungsgenauigkeit des Lageparameters für die
Logitverteilung in Abhängigkeit von den Ausfallwahr-
scheinlichkeiten der Versuchsergebnisse . . . . . . . . 127
34 Einfluss der wichtigsten Toleranzparameter auf die
mittlere dauerfest ertragbare Druckschwingbreite . . 129
35 Ermittlung des bezogenen Spannungsgefälles am Spickel132
36 Ermittlung der linear-elastischen Formzahlen . . . . . 133
ABBILDUNGSVERZEICHNIS xi

37 Spannungsanalyse und Fraktographie im Spickelbe-


reich (Ebene der größten Hauptspannung) . . . . . . 136
38 Versuchsergebnisse zur Untersuchung des Mittelspan-
nungseinflusses dargestellt im Haigh-Diagramm . . . 139
39 Vergleich der Ansätze zur mathematischen Beschrei-
bung des Mittelspannungseinflusses dargestellt im
Haigh-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
40 Vergleich der experimentell ermittelten Abhängigkeit
der Festigkeit von der Härte zu Berechnungsvor-
schlägen aus der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . 148
41 Ertragbare Spannungsamplitude in Abhängigkeit von
der Kerbgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
42 Übereinstimmung der Versuchsergebnisse mit dem
statistischen Größeneinfluss in Abhängigkeit vom Wei-
bullexponenten und der Vergleichsspannungshypothese 163
43 Haigh-Diagramm der Werkstoffproben verglichen mit
den Bauteilproben, dargestellt für Kerbgrundspan-
nungen gebildet nach der NH . . . . . . . . . . . . . 172
44 Haigh-Diagramm der Werkstoffproben verglichen mit
den Bauteilproben, dargestellt für Kerbgrundspan-
nungen gebildet nach der GEH . . . . . . . . . . . . 172
45 Darstellung der Gütegrade der 11 Versuchsreihen im
Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz . . . . . . . . . . 176
46 Darstellung der Gütegrade der 11 Versuchsreihen im
Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz . . . . . . . . . . 178
47 Fraktile der F-Verteilung für jeweils 10 Freiheitsgrade
nach [Pok94] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
48 Sicherheitszahl j in Abhängigkeit von der zulässigen
Ausfallwahrscheinlichkeit PA,z bei Zugrundelegung ei-
ner Logitverteilung und einer Streuung in Lastrich-
tung von TL = 1,16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
49 (Mittlere) Lebensdauerlinie des Basisdesigns für die
Common-Rail-Standardlastfolge . . . . . . . . . . . . 205
xii ABBILDUNGSVERZEICHNIS

50 Maximal zulässiger Betriebsdruck (relativ) in


Abhängigkeit von der Ausfallwahrscheinlichkeit für
240.000 km, 480.000 km und unendliche Lebensdauer 206
51 Skizze des Basisprüflings . . . . . . . . . . . . . . . . 234
52 Zeichnung der Rohrprobe für den statistischen
Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
53 Zeichnung der Biegeprobe . . . . . . . . . . . . . . . 236
54 FE-Netz des Kerbgrundes am Spickel . . . . . . . . . 237
55 FE-Netz des Kerbgrundes an der Spritzlocheinlaufkante237
56 FE-Netz des Kerbgrundes der Rohrprobe . . . . . . . 238
57 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche zur
Mittelspannungsempfindlichkeit 1 . . . . . . . . . . . 240
58 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche zur
Mittelspannungsempfindlichkeit 2 . . . . . . . . . . . 241
59 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche zur
Mittelspannungsempfindlichkeit 3 . . . . . . . . . . . 242
60 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuchs zur
Mittelspannungsempfindlichkeit 4 . . . . . . . . . . . 243
61 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche zum
Oberflächeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
62 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche zum
Randhärteeinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
63 Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche der
Rohrprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
64 Wöhlerdiagramm der Kuppenfestigkeitsversuche an
der Spritzlocheinlaufkante . . . . . . . . . . . . . . . 247
65 Wöhlerdiagramm der Drei-Punkt-Biegeversuche der
Rundproben mit R = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
66 Wöhlerdiagramm der Drei-Punkt-Biegeversuche der
Rundproben mit R = 0,5 . . . . . . . . . . . . . . . . 249
67 Wöhlerdiagramm der Drei-Punkt-Biegeversuche der
Rundproben mit R = 0,7 . . . . . . . . . . . . . . . . 250
68 Statistische Auswertung der Bruchlastspielzahlen aller
Versuchsreihen unter Innendruck . . . . . . . . . . . 253
ABBILDUNGSVERZEICHNIS xiii

69 Statistische Auswertung der Bruchlastspielzahlen aller


Versuchsreihen geprüft auf der Resonanzprüfmaschine 253
70 Gemessener Verlauf der lokalen Härte senkrecht zur
Oberfläche ausgehend vom Kerbgrund für alle unter-
suchten Kerbgeometrien . . . . . . . . . . . . . . . . 254
71 Statistische Auswertung exemplarisch dargestellt an
der Versuchsreihe des Basisdüsendesigns. . . . . . . . 254
72 Schnitt durch einen Piezo-Common-Rail-Injektor . . 259
73 Schematischer Druck-Zeitverlauf verursacht von ei-
nem Einspritzereignis für beide Typen von Einspritz-
systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
74 Schematischer Aufbau eines Lastkollektives für nadel-
hubgesteuerte Systeme nach [BHS03] . . . . . . . . . 262
75 Vergleich der Fülligkeiten der Lastkollektive beider
Systeme (schematisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
76 Rainflow-Matrix der Standardlastfolge . . . . . . . . 263
xiv TABELLENVERZEICHNIS

Tabellenverzeichnis
1 Vorschläge für die Ecklastspielzahl ND . . . . . . . . 8
2 Zur Übertragung notwendige Parameter und ihre for-
melmäßige Erfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3 Richtlinien auf Basis von Nennspannungen . . . . . . 39
4 Stützziffern nst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
5 Ableitung des Weibullexponenten κ von der Festig-
keitsstreuung TL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
6 Versuchsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
7 Mittlere Kerbgrunddauerfestigkeit, montagebedingte
Unterspannung und Streuspanne der Versuchsreihen . 108
8 Ergebnis der Spannungsanalyse des Basisdüsendesigns 132
9 Oberflächenbezogene Spannungsintegrale IA des Spickels134
10 Ergebnis der Spannungsanalyse der Rohrprobe . . . . 134
11 Oberflächenbezogene Spannungsintegrale IA der
Rohrprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
12 Ergebnis der Spannungsanalyse der Spritzlochver-
schneidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
13 Oberflächenbezogene Spannungsintegrale IA der
Spritzlochverschneidung . . . . . . . . . . . . . . . . 135
14 Parameter der einzelnen Ansätze unter Zugrundele-
gung der NH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
15 Bestimmtheitskoeffizient für die Goodman-Gerade in
Abhängigkeit von der zugrundegelegten Mittelspan-
nungsempfindlichkeit M . . . . . . . . . . . . . . . . 144
16 Parameter der einzelnen Ansätze unter Zugrundele-
gung der GEH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
17 Vergleich der Wechselfestigkeit zwischen Rechnung
und Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
18 Vergleich der Wechselfestigkeit berechnet nach
Murakami mit den Versuchsergebnissen . . . . . . . 151
19 Messwerte des Kerbgrundes gemittelt aus jeweils fünf
Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
TABELLENVERZEICHNIS xv

20 Oberflächenfaktoren FO für den Spickelbereich berech-


net aus der Oberflächenrauigkeit . . . . . . . . . . . . 153
21 Lokale Dauerwechselfestigkeiten der drei Kerbgeome-
trien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
22 Bezüglich Härte und Oberflächenrauheit korrigierte,
lokale Dauerwechselfestigkeiten der drei Kerbgeometrien158
23 Wechselfestigkeiten und Bestimmtheitskoeffizienten
der einzelnen Ansätze zum spannungsmechanischen
Größeneinfluss mit der Kerbgrundfestigkeit des
Spickels als Bezugsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . 160
24 Wechselfestigkeiten und Bestimmtheitskoeffizienten
der einzelnen Ansätze zum spannungsmechanischen
Größeneinfluss mit optimierter Kerbgrundfestigkeit . 161
25 Vergleich zwischen den berechneten und experimen-
tell ermittelten Wechselfestigkeiten für die Ansätze
der SWL 1981 und Schütz . . . . . . . . . . . . . . . 162
26 Vergleich zwischen den berechneten und experimentell
ermittelten Wechselfestigkeiten für den statistischen
Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
27 Wechselfestigkeiten, Weibullexponenten und Be-
stimmtheitskoeffizienten der kombinierten Ansätze
mit der Kerbgrundfestigkeit des Spickels als Bezugsgröße166
28 Wechselfestigkeiten, Weibullexponenten und Be-
stimmtheitskoeffizienten der kombinierten Ansätze
mit optimierter Kerbgrundfestigkeit . . . . . . . . . . 167
29 Ergebnis der statistischen Auswertung der Trivialme-
thode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
30 Eingangsgrößen zur Berechnung der ertragbaren
Druckschwingbreite ∆p . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
31 Auswertung der Gütegrade unter Verwendung der ein-
heitlichen Kerbgrundspannung des Basisdesigns . . . 177
32 Auswertung der Gütegrade unter Verwendung der
Kerbgrundfestigkeit nach dem Ansatz von Murakami 184
33 Auswertung der Gütegrade unter Verwendung der ein-
heitlichen Kerbgrundfestigkeit aus Tabelle 14 bzw 16 185
xvi TABELLENVERZEICHNIS

34 Auswertung der Gütegrade η der 11 Versuchsreihen in


Abhängigkeit von der Vergleichsspannungshypothese
und der Verteilungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . 187
35 Quotienten der Varianzen der Gütegrade . . . . . . . 189
36 Streuspannen TL aller untersuchten Versuchsreihen . 196
37 Gegenüberstellung der Streuspannen TL ermittelt aus
Bauteilversuchen im Vergleich zu Literaturwerten . . 197
38 Auswertung der Gütegrade unter Verwendung einer
einheitlichen Streuspanne TL = 1,16 . . . . . . . . . . 199
39 Innendruckschwellversuche Basisdüsendesign . . . . . 239
40 Innendruckschwellversuche zur Mittelspannungsemp-
findlichkeit 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
41 Innendruckschwellversuche zur Mittelspannungsemp-
findlichkeit 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
42 Innendruckschwellversuche zur Mittelspannungsemp-
findlichkeit 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
43 Innendruckschwellversuch zur Mittelspannungsemp-
findlichkeit 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
44 Innendruckschwellversuche zum Oberflächeneinfluss . 244
45 Innendruckschwellversuche zum Randhärteeinfluss . . 245
46 Innendruckschwellversuche der Rohrprobe . . . . . . 246
47 Kuppenfestigkeitsversuche an der Spritzlocheinlaufkante247
48 Drei-Punkt-Biegeversuche der Rundproben mit R = 0 248
49 Drei-Punkt-Biegeversuche der Rundproben mit R = 0,5249
50 Drei-Punkt-Biegeversuche der Rundproben mit R = 0,7250
51 Einzelergebnis der Versuchsreihen zur Bestimmung
des Mittelspannungseinflusses . . . . . . . . . . . . . 251
52 Versuchs- und Berechnungsergebnisse der 11 un-
abhängigen Versuchsreihen ausgewertet nach der NH 251
53 Versuchs- und Berechnungsergebnisse der 11 un-
abhängigen Versuchsreihen ausgewertet nach der GEH 252
FORMELZEICHEN xvii

Formelzeichen

Lateinische Formelzeichen

a [HV mm2 /N ] Parameter zur Beschreibung der lokalen


Festigkeit nach Velten
a [mm] Hebelarm der Biegevorrichtung
a [−] Materialkennwert für Dang Van Kriterium
A [mm2 ] Fläche
aG [−] Konstante
aR,σ [−] Konstante
2
b [N/mm ] Parameter zur Beschreibung der lokalen
Festigkeit nach Velten
2
B [N/mm ] Materialkennwert für Dang Van Kriterium
bG [N/mm2] Konstante
d [mm] Pr

üfquerschnittsdurchmesser

c1 [−] 1 − α2 - Fraktil der Standardnormalver-
teilung
 
c2 [−] 1 − α2 - Fraktil der χ2 -Verteilung
α 2
c3 [−] 2 - Fraktil der χ -Verteilung
c3 [−] (1 − α) - Fraktil der F(nI - 1; nII - 1)-Ver-
teilung
D [−] Schadenssumme
2
E [N/mm ] Elastizitätsmodul
Fa [N ] Kraftamplitude
Fax [N ] Axialkraftbelastung
Fm [N ] Mittelkraft
FO [−] Oberflächenfaktor
f [1/s] Frequenz
fw,τ [−] Schubwechselfestigkeitsfaktor
g(x, y, z, ) [−] bezogene Spannungsfunktion
HV [HV ] Härte nach Vickers
2 3
I [mm /mm ] Spannungsintegral
xviii Formelzeichen

I0 [mm2 /mm3 ] Spannungsintegral der Bezugsprobe


j [−] Sicherheitsfaktor
k [−] Wöhlerlinienneigung
k [−] Anzahl der eingetretenen Ereignisse

K [N/mm2 m] Spannungsintensitätsfaktor
kb [−] Anpassungsfaktor
KG [µm] mittlerer Korndurchmesser
Kt [E I) ] Formzahl
Kt,p [N/mm2bar] Formzahl für Innendruckbelastung
Kt,ax [N/mm2N ] Formzahl für Axialbelastung
L [E II) ] Last (-horizont), Belastung
L [E II) ] mittlere (Last-) Dauerfestigkeit
La [E II) ] Lastamplitude
Lax [N ] Axialkraftbelastung
lc [mm] kritische Rißlänge
Lc [E II) ] Lageparameter der Festigkeitsverteilung
Lo [E II) ] Oberlast
Lp [bar] Innendruckbelastung
Lu [E II) ] Unterlast
M [−] Mittelspannungsempfindlichkeit
Mb [N m] Biegemoment
Mb,a [N m] Biegemomentamplitude
Mb,m [N m] Biegemittelmoment
Me [−] Eigenspannungsempfindlichkeit
Mm [−] Mittelspannungsempfindlichkeit
n [−] Anzahl der Prüflinge, Stichprobenumfang
N [−] Mächtigkeit der Grundgesamtheit
N [−] Lastspielzahl
N [−] mittlere Lebensdauer, mittlere Lastspielzahl
ND [−] Ecklastspielzahl
NG [−] Grenzlastspielzahl
nsm [−] spannungsmechanische Stützziffer
nst [−] statistische Stützziffer
FORMELZEICHEN xix

p [bar] Innendruck
po [bar] Maximaldruck eines Lastspiels
pu [bar] Minimaldruck eines Lastspiels
P [−] Wahrscheinlichkeit
PA [−] Ausfallwahrscheinlichkeit
PA,c [−] charakterisitische Ausfallwahrscheinlichkeit
PA,i,o [−] obere Vertrauensintervallgrenze
PA,i,u [−] untere Vertrauensintervallgrenze
PA,z [−] zulässige Ausfallwahrscheinlichkeit
pe [bar] Einspritzdruck
Pf [−] Fehlerwahrscheinlichkeit
PSW T [N/mm2] Schadensparameter
pt [bar] Transferdruck
PÜ [−] Überlebenswahrscheinlichkeit
q [−] Kerbempfindlichkeitszahl
r [−] Anzahl der gebrochenen Proben
r [mm] Kerbradius
R [−] Spannungsverhältnis
R2 [−] Bestimmtheitsmaß
RL [−] Lastverhältnis
Rm [N/mm2] Zugfestigkeit
Rm,N,min [N/mm2] minimale Zugfestigkeit
Rp0,2 [N/mm2] Streckgrenze
Rσ [−] Spannungsverhältnis
Rt [µm] Rauhtiefe
Rz [µm] gemittelte Rauhtiefe
s [−] Faktor
s [−] Standardabweichung
S [N/mm2] Hauptspannung
s∆p [bar] Streuung der Kerbgrundfestigkeit
s (γL) [−] Standardabweichung der Ermittlungsgenauigkeit
sg [mm] Gleitschichtbreite
sL [E II) ] Standardabweichung
xx Formelzeichen

sxi [E III) ] Streuung des Parameters i


slogL [E II)] logarithmische Standardabweichung,
Streuparameter der Festigkeitsverteilung
sη,log [−] Standardabweichung des Gütegrades
(logarithmisches Merkmal)
sη [−] Standardabweichung des Gütegrades
(lineares Merkmal)
sSE [−] Standardabweichung der Streueinflüsse
s (σi) [−] Standardabweichung der Kerbgrundspannung
t [s] Zeit
T [−] Streuspanne
TA [−] Streuspanne des Gütegrades
TL [−] Streuspanne in Lastrichtung
TN [−] Streuspanne in Lastspielzahlrichtung
u [−] standardisierte Merkmalsgröße
ui,o [−] standardisierte Merkmalsgröße der oberen
Vertrauensintervallgrenze
ui,u [−] standardisierte Merkmalsgröße der unteren
Vertrauensintervallgrenze
uz [−] standardisierte Merkmalsgröße der zulässigen
Ausfallwahrscheinlichkeit
V [mm3 ] Volumen
Vi [mm3 ] Volumenelement i
V0 [mm3 ] Bezugsvolumen
Wb [mm3 ] (Biege-) Widerstandsmoment
x [−] Anpassungsfaktor
X [−] Zufallsvariable
III)
Xi [E ] (Toleranz-) Parameter i
x, y, z [mm] Raumkoordinaten
z [−] Quantil der Normalverteilung

Griechische Formelzeichen

α [◦] Neigung der Goodmangerade


α [−] Vertrauensniveau
FORMELZEICHEN xxi

αk [−] Formzahl
βk [−] Kerbwirkungszahl
∆ (∆p) [bar] Änderung der ertragbaren Druckschwingbreite
∆L [E II) ] Lastschwingweite
∆L [E II) ] Streubereich des Mittelwertes der Dauerfestigkeit
∆p [bar] Druckschwingbreite
∆PA,i,o [−] obere Streubereichsgrenze der Ausfallwahr-
scheinlichkeit der Grundgesamtheit
∆PA,i,u [−] untere Streubereichsgrenze der Ausfallwahr-
scheinlichkeit der Grundgesamtheit
∆r [mm] Änderung des Verrundungsradiuses
∆sL [E II) ] Streubereich der Standardabweichung der
Dauerfestigkeit
∆σ [N/mm2] Spannungsschwingweite
∆ui,o [−] obere Streubereichsgrenze der standardisierten
Merkmalsgröße der Grundgesamtheit
∆ui,u [−] untere Streubereichsgrenze der standardisierten
Merkmalsgröße der Grundgesamtheit
η [−] Gütegrad
η [−] mittlerer Gütegrad
a [µm/m] absolute Dehnungsamplitude
γL [−] relative Ermittlungsgenauigkeit des Lageparameters
γs [−] relative Ermittlungsgenauigkeit des Streuparameters
κ [−] Weibullexponent
ρ [mm] Kerbradius
ρ∗ [mm] Ersatzstrukturlänge
ρF [mm] fiktiver Kerbradius
σ [N/mm2] Spannung
σ0 [N/mm2] Bezugspannung
σa [N/mm2] Spannungsamplitude, Spannungsausschlag
σa [N/mm2] mittlere, dauerfest ertragbare Spannungsamplitude
σa,i [N/mm2] mittlere, dauerfest ertragbare Spannungsamplitude
der Versuchsreihe i
xxii Formelzeichen

σ̂a,i [N/mm2] nach der zugrundegelegten Formel berechneter Wert


der Spannungsamplitude (σ̂a,i = f (σm,i ))
2
σ a,i [N/mm ] Mittelwert der mittleren, dauerfest ertragbaren
Spannungsamplitude der Versuchsreihe i
2
σB [N/mm ] Zugfestigkeit
σD [N/mm2] lokale Dauerwechselfestigkeit des Kerbgrundes
σE [N/mm2] Eigenspannung
σi [N/mm2] lokale Spannung im Element i
σm [N/mm2] Mittelspannung
σmax [N/mm2] Maximalspannung in einer Schnittebene
σo [N/mm2] Oberspannung
σS [N/mm2] Streckgrenze
σSi [N/mm2] Hauptnormalspannung
σu [N/mm2] Unterspannung
σv [N/mm2] Vergleichspannung
σw [N/mm2] lokale Wechselfestigkeit
σzdW [N/mm2] Zug-Druckwechselfestigkeit
τint [N/mm2] Effektivwert der Schubspannung
τokt [N/mm2] Oktaederschubspannung
ω [1/s] Kreisfrequenz
χ∗ [1/mm] bezogenes Spannungsgefälle
Variable Einheit E I) :
Die Last L ist eine Variable für jede beliebige Belastungsart wie z. B.
Druck, Kraft oder Spannung. Nach Gleichung 107 variiert die Ein-
heit der Formzahl je nach betrachteter Lastart L.
Variable Einheit E II) :
Die Last L ist eine Variable für jede beliebe Belastungsart wie z.
B. Druck, Kraft oder Spannung. Dementsprechend nimmt E II) die
Einheit der betrachteten Lastart L an.
Variable Einheit E III) :
Xi ist eine Variable für jeden Parameter der Einfluss auf die Streu-
ung der Kerbgrundspannung hat. E III) richtet sich daher nach der
Einheit des Parameters i (z. B. mm für Geometrieparameter; N für
die Montagekraft).
FORMELZEICHEN xxiii

Indizes
0 Bezug
1, 2, 3 Hauptspannungsrichtungen
A Oberfläche
ax axial
F Kraft
i Zähler
j Zähler
L Last
p Druck
σ Spannung
v Vergleich
V Volumen
Abkürzungen
BEM Boundary-Element-Method
DMS Dehnmessstreifen
DF L Druckfließläppen
DIN Deutsche Industrienorm
DoE Design of Experiments, statistische Versuchsplanung
ECM elektro-chemischer Materialabtrag
F EM Finite-Element-Method
F KM Forschungskuratorium Maschinenbau
FV V Forschungsvereinigung Verbrennungsmotoren
GEH Gestaltänderungsenergiehypothese
GG Grundgesamtheit
HCF High Cycle Fatigue
IIW International Institute of Welding
LCF Low Cycle Fatigue
NH Normalspannungshypothese
OSH Oktaederschubspannungshypothese
P KW Personenkraftwagen
ppm parts per million
REM Rasterelektronenmikroskop
xxiv Formelzeichen

SH Schubspannungshypothese
SIH Schubspannungsintensitätshypothese
SP Stichprobe
SW L Synthetische Wöhlerlinien
T GL Technische Güte und Lieferbedingungen
V DI Verein deutscher Ingenieure
VE Versuchsende
V HCF Very High Cycle Fatigue
VR Versuchsreihe
1

1 Einleitung

Seit seiner Erfindung durch Rudolf Diesel (1858 bis 1913) wurde der
Dieselmotor wegen seiner Sparsamkeit hauptsächlich im Nutzfahr-
zeugbereich eingesetzt. Im PKW-Sektor spielte er wegen der geringen
Leistungsausbeute, der hohen Geräuschentwicklung und der starken
Rußemissionen eher eine untergeordnete Rolle. Erst in den letzten
15 Jahren hat die Beliebtheit des Selbstzünders auch bei PKW stark
zugenommen. Lag der Anteil der Dieselfahrzeuge in Europa am Neu-
wagenmarkt Anfang der 90er noch bei 20 %, so ist im Jahr 2005
bereits jeder zweite Neuwagen mit einem Dieselmotor ausgerüstet
[Feh]. Diese Entwicklung ist hauptsächlich auf die Einführung aufge-
ladener, direkteinspritzender Dieselmotoren zurückzuführen.
Dieses Brennverfahren erzielt deutliche Verbesserungen im Kraft-
stoffverbrauch, der spezifischen Leistung und im Emissionsverhal-
ten, so dass der Dieselmotor seine bis dahin nicht von der Hand zu
weisenden Nachteile gegenüber dem Ottomotor wettmachen konn-
te. Mittlerweile haben Dieselmotoren sogar Einzug in die automobile
Oberklasse gehalten.
Maßgebend für diese Entwicklung war die Optimierung des Verbren-
nungsprozesses. Von Seiten des Einspritzsystems wird diese durch
eine effektivere Strahlaufbreitung erreicht. Dazu sind sehr kleine
Spritzlöcher mit einem Durchmesser von nur 0,1 mm bis 0,2 mm not-
wendig. Um die notwendige Kraftstoffmenge in der gegebenen Zeit
dem Brennraum zuführen zu können, liegt der Einspritzdruck im Ver-
gleich zu Ottomotoren oder Vorkammerdieselmotoren deutlich höher.
So sind heute bei nadelhubgesteuerten Systemen Einspritzdrücke bis
1800 bar und bei druckgesteuerten Systemen Einspritzdrücke von
2100 bar Stand der Technik1.
Um die vom Gesetzgeber weiter verschärften Emissionsgrenzwerte
einhalten zu können, sind weitreichende Verbesserungen am Ver-
brennungsprozess und speziell am Einspritzsystem notwendig. Ein
Ansatzpunkt ist eine optimierte Strahlaufbreitung durch die weitere

1
Eine genaue Beschreibung der Systeme findet sich im Anhang.
2 1 Einleitung

Anhebung des Einspritzdruckes.


Mit zunehmendem Einspritzdruck ergeben sich für die Komponenten
des Einspritzsystems erhöhte Anforderungen bezüglich Verschleiß-
und Dauerbruchfestigkeit. Inzwischen ist man bei Belastungen ange-
kommen, die höchste Anforderungen an das Material und auch die
Konstruktion der Bauteile stellen. Das Versagen einer Komponente
würde nicht nur zum Ausfall des Einspritzsystems und damit des
gesamten Motors führen, was ein Liegenbleiben zur Folge hätte, son-
dern durch den austretenden Kraftstoff kann auch eine Gefahr für
Leib und Leben aller Verkehrsteilnehmer entstehen.
Für die Auslegung der Einspritzkomponenten muss daher besondere
Sorgfalt aufgewendet werden, um die Funktionalität, aber auch die
Sicherheit und Zuverlässigkeit gewährleisten zu können.
Bei der Weiterentwicklung der Festigkeit ist allerdings zu beach-
ten, dass, entgegengesetzt zum allgemeinen Maschinenbau, bei innen-
hochdruckbelasteten Bauteilen eine Erhöhung der Wandstärke nicht
zwingend zu einer Steigerung der Festigkeit führt [BVDL04].
Moderne Einspritzsysteme bestehen aus vielen hochdruckführenden
Bauteilen. Eines davon, das in jedem Einspritzsystem verbaut ist, ist
die Einspritzdüse. Die Anforderungen an Material und Konstrukti-
on dieses Bauteils sind besonders hoch, da es neben mechanischen
Belastungen aus dem Innendruck und der Bewegung der Ventilnadel
auch durch hohe Temperaturen beansprucht wird. Durch die Verwen-
dung eines Einsatzstahls als Konstruktionswerkstoff kann der Spagat
zwischen aus verschleißtechnischen Gründen notwendiger Härte und
festigkeitsrelevanter Duktilität geschafft werden.
Durch die systemabhängig häufig sehr fülligen Lastkollektive und die
hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit, ist nur eine dauerfeste
Auslegung der Einspritzdüse zulässig. Zur Auslegung von zyklisch
belasteten Bauteilen findet sich eine große Anzahl an Berechnungs-
vorschlägen und Regelwerken, die aber alle in ihrer Anwendung selbst
für eine dauerfeste Auslegung unzureichend sind2 . Für die Auslegung
zukünftiger Düsenvarianten ist daher eine genaue Betrachtung des
Dauerfestigkeitsverhaltens des Konstruktionswerkstoffes und aktuel-
2
Siehe auch Kapitel 2.8.
3

ler Düsenkonstruktionen notwendig.


Die Analyse der zyklischen Festigkeit von Bauteilen erfolgt heute
mit verschiedenen Techniken. In der Automobilindustrie reichen die-
se vom Fahrversuch über prüfstandsgestützte Methoden bis hin zur
rechnerischen Lebensdauerabschätzung. Üblicherweise werden rech-
nerische und experimentelle Techniken zur Beurteilung des Festig-
keitsverhaltens parallel eingesetzt. Zwar ist die Genauigkeit von rech-
nerischen Lebensdauerberechnungen derzeit noch nicht ausreichend,
um versuchsbasierte Methoden beim Nachweis der Festigkeit, also der
Freigabe von Bauteilen, zu ersetzen, jedoch können sie erfolgreich
in Vorentwicklung und Konstruktion eingesetzt werden, um Ent-
wicklungsrichtungen und Optimierungspotentiale anzugeben. Eben-
so können die Erkenntnisse zur Reduktion und Zeitraffung von Versu-
chen verwendet werden. Ein optimales Ergebnis des Auslegungspro-
zesses erhält man durch eine, an die verschiedenen Entwicklungspha-
sen angepasste Auswahl unterschiedlicher Techniken und der Kom-
bination der Verfahren [DKBK94].
Mit den Untersuchungen dieser Arbeit zum Dauerfestigkeitsverhal-
ten aktueller Einspritzdüsen soll, abgesichert durch experimentelle
Ergebnisse, ein Beitrag zur Optimierung der rechnerischen, dauer-
festen Auslegung von einsatzgehärteten, innenhochdruckbelasteten
Bauteilen geleistet werden.
Das Ende der dreißiger Jahre von Gaßner [Gas39], für die Belan-
ge der Flugzeugindustrie entwickelte Gebiet der Betriebsfestigkeit,
hat inzwischen für viele weitere Technikbereiche große praktische
Bedeutung erlangt [See96]. So werden Komponenten auch im Au-
tomobilbau zunehmend betriebsfest ausgelegt. Die dadurch erziel-
bare Reduzierung von Wandstärken ermöglicht eine Einsparung an
Herstellungskosten und Gewicht, was zu besserer Ökonomie und bes-
seren Verkaufsargumenten führt. Auch wenn die Auslegung der Ein-
spritzdüse dauerfest erfolgt, so soll in dieser Arbeit dennoch das Po-
tential einer betriebsfesten Auslegung abgeschätzt werden, um das
Ergebnis für neue Konstruktionen und Anforderungen verwenden zu
können.
4 2 Stand der Technik

2 Stand der Technik

2.1 Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe


unter zyklischer Belastung

2.1.1 Analytische Beschreibung von Lastwechselvorgängen

Die Last-Zeit-Funktion eines Bauteils ist im allgemeinen Fall regellos.


Zur Beschreibung von realen Belastungsfunktionen wäre eine riesi-
ge Menge an Daten notwendig. Für viele Beanspruchungsfälle ist es
aber möglich, einen regelmäßig wiederkehrenden Teil der Belastung
anzugeben. Dieser wird meist durch zufällige, regellose Belastungen
überlagert. Um für wissenschaftliche Untersuchungen reproduzierba-
re und nachvollziehbare Belastungen zu erhalten, werden Last-Zeit-
Verläufe für Laborversuche idealisiert. Nach der DIN 50100 [DIN78]
lässt sich ein solcher Verlauf durch eine sinusförmige Schwingung be-
schreiben. Auch andere periodische, aber nicht sinusförmige Schwin-
gungen sind in äquivalenter Verwendung. Belastungen auf ein Bauteil
werden üblicherweise in Spannungen σ ausgedrückt. An deren Stelle
kann aber auch jede andere äußere Nennlast L treten.

σ = σa · sin (ωt) + σm (1)

mit:
σa = Spannungsausschlag, Spannungsamplitude
σm = Mittelspannung
Zur Beschreibung von Lastwechselvorgängen werden noch andere Pa-
rameter verwendet, die aus den bereits Genannten gebildet werden
können.
σo = Max [σ] = σm + σa = Oberspannung
σu = Min [σ] = σm – σa = Unterspannung
∆σ = σo - σu = Spannungsschwingweite
R = σu /σo = Spannungsverhältnis
2.1 Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe unter zyklischer Belastung 5

Spannung

sa

Ds
so
sa
sm

su
Zeit

Abbildung 1: Größen zur Beschreibung eines idealisierten Schwing-


spiels

In Abbildung 1 sind alle Parameter für ein idealisiertes Schwingspiel


eingetragen.
Die ertragbare Spannungsamplitude σa ist von der Mittelspannung
abhängig3. Durch das Spannungsverhältnis R lassen sich die Bela-
stungen je nach Größe der Mittelspannungen in Bereiche einteilen.
Diese Einteilung erleichtert die Beschreibung von Belastungen. Die
DIN 50100 unterscheidet hierzu drei Bereiche [DIN78]:

1. Zugschwellbereich, wenn σo und σu beide positiv sind,


2. Wechselbereich, wenn σo und σu entgegengesetzte Vorzeichen
haben,
3. Druckschwellbereich, wenn σo und σu beide negativ sind,

3
Siehe Kapitel 2.3.1 und 4.2.2.
6 2 Stand der Technik

mit den Sonderfällen:


R = 0 reine Zugschwellbelastung (σu = 0)
R = 1 statische Belastung (σa = 0)
R = -1 reine Wechselbelastung (σo = −σu) oder (σm = 0)
R = −∞ reine Druckschwellbelastung (σo = 0)
Die Graphen für konstante Spannungsverhältnisse bilden sich als Ge-
raden im Haigh-Diagramm ab.
sa R = -1

RE
R = -oo R=0

R=1
-RE RE sm

Abbildung 2: Beanspruchungsbereiche im Haigh-Diagramm

2.1.2 Die Wöhlerlinie

Zur Auswertung von Dauerschwingversuchen mit Einstufenkollek-


tiven wird das Versuchsergebnis jeder einzelnen Probe in ein Dia-
gramm eingetragen. Auf der Abszisse wird die bis zum Versagens-
kriterium erreichte Lastspielzahl, an der Ordinate die betrachtete
Nennlast (maximale Last Lo , Lastschwingbreite ∆L, Lastamplitude
La oder auch Oberspannung σo , Spannungsschwingweite ∆σ, Span-
nungsamplitude σa ) des Schwingspiels aufgetragen. Jede ausgefallene
Probe wird durch einen Punkt abgebildet. Prüflinge, die das Ende des
2.1 Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe unter zyklischer Belastung 7

Versuches schadenfrei überstanden haben, werden mit einem Pfeil ge-


kennzeichnet. Für eine hinreichend große Anzahl von Versuchen kann
das Festigkeitsverhalten der Probe durch einen Kurvenzug beschrie-
ben werden. Bei doppeltlogarithmischer Darstellung der Achsen kann
der Kurvenzug durch zwei Geraden angenähert werden [Wel76]. Die
dadurch entstandene Wöhlerlinie ist nur für konstante Spannungs-
verhältnisse gültig.
Abbildung 3 zeigt schematisch den Aufbau einer Wöhlerlinie. Sie
lässt sich in drei Teile unterteilen:

• Kurzzeitfestigkeit,
• Zeitfestigkeit,
• Dauerfestigkeit.

Die Kurzzeitfestigkeit schließt sich direkt an die statische Festigkeit


an und beschreibt das Festigkeitsverhalten für Lasten, die sich nur
selten oder sehr langsam ändern. Die ertragbare Spannungsamplitu-
de bleibt bei schwellender Belastung nahezu konstant auf der Höhe
der Zugfestigkeit [Wel76].
Das Zeitfestigkeitsgebiet zeichnet sich dadurch aus, dass sich ein ein-
facher mathematischer Zusammenhang zwischen Lebensdauer und
Lasthöhe angeben lässt. Der Logarithmus der Lebensdauer ändert
sich linear mit dem Logarithmus der Belastung. Graphisch äußert
sich das im Diagramm bei doppeltlogarithmischer Darstellung durch
eine Gerade, die sogenannte Wöhlerlinie oder auch Zeitfestigkeitsge-
rade.
Wöhler stellte bei seinen Untersuchungen fest, dass bei gegebener
Mittelspannung eine größte Spannungsamplitude existiert, die un-

endlich oft“ ertragen werden kann. Diese, technische Dauerfestigkeit
genannte Spannungsamplitude wird als ein wichtiger Festigkeitskenn-
wert neben den statischen Festigkeitskennwerten bei Konstruktions-
werkstoffen angegeben. Im Dauerfestigkeitsgebiet ist die Lebensdauer
von der Belastung unabhängig. Bei doppeltlogarithmischer Darstel-
lung wird dies durch eine horizontale Linie, die Dauerfestigkeitsge-
rade, ausgedrückt. Diese bildet sich nicht bei jedem Werkstoff aus.
8 2 Stand der Technik

Für Werkstoffe mit kubisch raumzentriertem Kristallgitter kann aber


davon ausgegangen werden, dass sich ab einer bestimmten Ecklast-
spielzahl ND eine Dauerfestigkeitsgrenze ausbildet [MH97]. Strittig
dabei ist der Wert für ND . In Tabelle 1 sind einige in der Literatur
vorgebrachte Vorschläge aufgeführt.
Der Schnittbereich zwischen Zeitfestigkeits- und Dauerfestigkeitsge-
raden wird als Übergangsgebiet bezeichnet.
Für sehr große Lastspielzahlen (> 107) reicht diese Modellvorstel-
lung nicht mehr aus, um das Verhalten randschichtverfestigter Stähle
zu beschreiben. Abbildung 4 zeigt die Festigkeitskurve eines ein-
satzgehärteten Stahls unter Umlaufbiegung. Es sind zwei Arten von
Ausfällen zu beobachten, die auch auf unterschiedliche Schadensme-
chanismen zurückzuführen sind. Versagen nach der ersten Art mit
einer Lebensdauer kleiner 106 Lastwechseln (HCF), tritt durch einen
Bruch iniziiert an der Bauteiloberfläche auf. Die Brüche, die sich erst
nach einer Lebensdauer größer 107 Lastwechsel (VHCF) ereignen,
entstehen an nichtmetallischen Einschlüssen unter der Oberfläche.
Wegen ihres typischen Aussehens trägt diese Art von Bruchfläche
den Namen Fischauge“ [NK99].

Diese Arbeit befasst sich aber ausschließlich mit den klassischen
Oberflächenausfällen im HCF-Bereich.
Anwendung ND Quelle
niedrig- bis mittelfeste Stähle 2 · 106 [Heu97]
vergütete Stähle 5 · 106 [Heu97]
ferritisch-perlitisch, ungekerbt 1 · 106 [Hah95]
nach TGL 19340 1 · 107 [HW86]
ungeschweißter Stahl 1 · 106 [HHS+ 02]
geschweißter Stahl 5 · 106 [HHS+ 02]
Stahl 2 · 106 [Bux92]

Tabelle 1: Vorschläge für die Ecklastspielzahl ND

Die Festigkeit ist ein statistischer Wert. Daher ist zur Quantifizierung
der Festigkeitswerte neben dem Mittelwert auch immer die Angabe
einer Streuung notwendig. Eine, für alle Verteilungen anwendbare
Beschreibung der Streuung, ist die in der Betriebsfestigkeitsberech-
2.1 Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe unter zyklischer Belastung 9

nung häufig verwendete Streuspanne T , deren Wert von der verwen-


deten Verteilungsfunktion abhängt. Diese lässt sich in Lastrichtung
TL und in Lastspielzahlrichtung TN angeben.

L (PA = 90%)
TL = (2)
L (PA = 10%)

N (PA = 90%)
TN = (3)
N (PA = 10%)

Zur eindeutigen Beschreibung einer Wöhlerlinie sind folgende Para-


meter notwendig:
σD /LD Dauerfestigkeit
ND Ecklastspielzahl
k Wöhlerlinienneigung
R Last- / Spannungsverhältnis
TN Streubreite in Lastspielzahlrichtung
TL Streubreite in Lastrichtung

log sA
k
Rm R = konst.

PÜ=10%
sD PÜ=50%
Kurz-
zeit- PÜ=90%
festig- Zeitfestigkeit Dauerfestigkeit
keit
3-4 6-7
ND log N

Abbildung 3: Schematischer Aufbau einer Wöhlerlinie


10 2 Stand der Technik

Abbildung 4: Stufenförmige Wöhlerlinie eines Einsatzstahls


[NK99]

2.1.3 Versagenskriterien

Die Widerstandsfähigkeit von Werkstoffen gegenüber häufig wieder-


holten Belastungen, ist meist erheblich niedriger als gegenüber ei-
ner einmaligen Belastung. Diese grundlegende mechanische Eigen-
schaft der Werkstoffe wird unter dem Oberbegriff Ermüdung zusam-
mengefasst4. Der Ablauf der Ermüdungsvorgänge kann qualitativ in
drei kontinuierlich ineinander übergehende Bereiche unterteilt wer-
den [VDE85].
Während der anrissfreien Phase zu Beginn der Schwingbeanspru-
chung laufen im gesamten Werkstoffvolumen strukturmechanische
Vorgänge ab, die die Werkstoffeigenschaften verändern.
Beim Übergang in die Rissbildungsphase, auch Stadium I der
Rissausbreitung genannt, verlagern sich die für den Ermüdungsvor-
gang notwendigen Prozesse in die oberflächennahen Werkstoffberei-
4
Die Kriechermüdung unter Zeitstandbeanspruchung fällt nicht unter diesen Begriff.
2.1 Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe unter zyklischer Belastung 11

che. Bei einer Beanspruchung mit kleinen Amplituden, z. B. im Be-


reich der Dauerfestigkeit, entwickeln sich in den Oberflächenkörnern
charakteristische Gleitbänder aus mikroskopisch kleinen Gleitlini-
en. Im Stadium I folgt der Riss bevorzugt diesen Gleitebenen, die
annähernd parallel zur größten wirkenden Schubspannung liegen
(Gleitbandriss).
Nachdem ein oder mehrere Körner auf diese Art durchquert wur-
den, tritt der Riss in Stadium II ein, indem er die kristallogra-
phisch definierten Ebenen verlässt und sich makroskopisch nur noch
senkrecht zur wirkenden größten Hauptspannung ausbreitet. Die-
ses Stadium wird als Rissfortschrittsphase bezeichnet. Beendet wird
es, wenn der tragende Restquerschnitt durch die Rissausbreitung so
weit geschwächt ist, dass der Gewaltbruch eintritt. Die Methoden
der Bruchmechanik5 können für das Stadium II angewendet werden
[VDE85, Bux92]. Abbildung 5 zeigt die Stadien des Rissfortschritts.
Die Trennung der einzelnen Bereiche gestaltet sich sehr schwie-
rig. So können vorgeschlagene, ingenieurmäßige Näherungslösungen
zur quantitativen Trennung nur als willkürlich angesehen werden
[Bux92].
Die Trennung zwischen Stadium I und Stadium II erfolgt durch den
sogenannten technischen Anriss. Dies ist ein Anriss in Größenord-
nungen, die messtechnisch hinreichend genau erfasst werden können.
Üblicherweise gilt ein Riss ab 1 mm Länge als technischer Anriss. Für
diese Arbeit müsste eine geringere Länge als technischer Anriss ange-
setzt werden, da der bruchgefährdete Querschnitt der untersuchten
Prüflinge nur ca. 2 mm beträgt.
Nach Kapitel 2.1.2 werden Prüflinge als Ausfall gewertet, wenn sie
das Ausfallkriterium erreicht haben. Nach den einzelnen Phasen der
Ermüdung lassen sich drei Versagenskriterien definieren:

• (technischer) Anriss,
• Anriss einer bestimmten Länge,
• Bruch.
5
Siehe Kapitel 2.4.3.
12 2 Stand der Technik

Abbildung 5: Stadien der Rissausbreitung

Für jedes Versagenskriterium lässt sich eine Wöhlerline bestimmen.


Von technischem Interesse sind in der Regel nur das erste und das
letzte Kriterium. Dementsprechend teilt sich auch die Gesamtlebens-
dauer eines Bauteils in zwei Bereiche, die Anriss- und die Rissfort-
schrittslebensdauer.
Der Anteil der einzelnen Phasen an der Gesamtlebensdauer kann sehr
unterschiedlich sein. Für große Lasten im Bereich der Zeitfestigkeit
ist die Bruchwöhlerline im Wesentlichen durch den Rissfortschritt,
für niedrigere Lasten im Übergangsbereich durch Anriss geprägt
[BH94]. Risse im Stadium II breiten sich sehr stabil aus. Die Streu-
ung der Rissfortschrittslebensdauer ist daher vergleichsweise klein
gegenüber der Streuung der Anrisslebensdauer.
Aufgrund der unterschiedlichen phänomenologischen Grundlagen
müssen sich beim Vergleich der Lebensdauer verschiedener Proben
diese auf das selbe Schadensereignis beziehen [KH89].
Das Ausfallkriterium Bruch ist versuchstechnisch eindeutig feststell-
bar. Die Festlegung von Anrissen ist dagegen mit experimentellen
Unsicherheiten behaftet [BKSZ94]. Daher wurden vorwiegend Bruch-
2.2 Auslegungskriterien für Bauteile 13

lebensdauern selbst von der Autoindustrie, die eigentlich rissfrei aus-


legt, betrachtet. Mit Ausnahme des örtlichen Konzeptes für Anriss
und des Rissfortschrittskonzepts, bezieht sich fast alles Wissen der
Betriebsfestigkeitsrechnung auf die Versagensart Bruch. Außer für
druckeigenspannungsbehaftete Bauteile ist die Dauerfestigkeit σD der
Anrisswöhlerlinie und der Bruchwöhlerlinie gleich [BH94].

2.2 Auslegungskriterien für Bauteile

Die Zweiteilung des dynamischen Festigkeitsverhaltens metallischer


Werkstoffe in ein Zeit- und ein Dauerfestigkeitsgebiet ermöglicht es,
Bauteile für eine begrenzte (betriebsfest) und eine theoretisch un-
begrenzte (dauerfest) Lebensdauer auszulegen. Maßgebend dabei ist
weniger die Lebensdauer an sich, die das Bauteil erwartungsgemäß
zu ertragen hat, als viel mehr die Zusammensetzung der Beriebsbe-
lastung.
Eine betriebsfeste Auslegung bietet sich an, wenn Lastwechsel mit
hohen Spannungsamplituden nur selten im Vergleich zu Lastspielen
mit geringen Amplituden auftreten. Das Grundprinzip dabei ist, dass
Lastwechsel geringerer Amplitude eine geringere Schädigung verur-
sachen und daher auch eine geringere Lebensdauerverkürzung pro
Schwingspiel bewirken. Dazu ist jedoch notwendig, dass von der Be-
triebsbelastung nicht nur ihr Maximalwert, sondern auch deren Zu-
sammensetzung im Detail (Amplituden hinsichtlich ihrer Höhe und
Häufigkeit) bekannt ist. Diese Auslegung findet Anwendung, wenn
sich das Lastkollektiv vom Einstufenkollektiv hinreichend unterschei-
det und eine dauerfeste Auslegung dadurch nicht nötig ist.
Treten schädigende Schwingspiele im Betrieb sehr häufig auf, ist ei-
ne betriebsfeste Auslegung nicht mehr möglich. Die Dimensionierung
des Bauteils kann dann nur noch anhand dessen Dauerfestigkeits-
grenze6 erfolgen und muss damit großzügiger erfolgen.
6
Von Fall zu Fall muss die Frage gestellt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine
Dauerfestigkeit im strengen Sinne überhaupt existiert [Bux92]. Maening und Taferner haben
diesbezüglich eine bewertende Schriftumsrecherche vorgelegt [MT82]. Daneben seien noch das
14 2 Stand der Technik

Eine dauerfeste Auslegung erspart eine Vielzahl Unsicherheiten und


damit Risiken, die bei betriebsfester Auslegung mit den Lastannah-
men verbunden sind [TBV04]. Jedoch steckt häufig viel Potential zur
angepassten Dimensionierung und damit zur Kostenersparnis in der
betriebsfesten Auslegung.

2.3 Einflussparameter auf die Lebensdauer

Die Berechnung der Lebensdauer eines Bauteils erfolgt allgemein


nach dem Schema des in Abbildung 6 dargestellten Flussdiagramms.
Man erhält die Lebensdauer durch Vergleich der von außen auf das
Bauteil wirkenden Belastungen mit der Belastbarkeit des Bauteils.
Die Belastung eines Bauteils kann sich aus mehreren Belastungsarten
zusammensetzen. Diese Belastungsarten können sowohl miteinander
verknüpft sein, als auch völlig unabhängig voneinander auftreten7.
Im Allgemeinen unterscheiden sich die Lastkollektive der einzelnen
Belastungsarten voneinander.
Die Belastungen verursachen im Kerbgrund meist einen mehrach-
sigen Spannungszustand. Über geeignete Vergleichsspannungshypo-
thesen muss dem Spannungstensor im Kerbgrund eine skalare Be-
zugsgröße zugeordnet werden. Dabei werden auch die einzelnen Be-
lastungsarten zusammengefasst.
Die Belastbarkeit eines Bauteils wird nicht nur vom verwendeten
Konstruktionswerkstoff bestimmt. Auch die geometrische Gestalt des
Bauteils sowie dessen Herstellung tragen in nicht unerheblichem Ma-
ße dazu bei. Alle drei Einflüsse zusammen bilden die Gestaltfestigkeit
des konkreten Bauteils.
Der Vergleich der Belastung und der Belastbarkeit wird unter dem
Begriff der Schadensakkumulation zusammengefasst, auch wenn da-
runter nicht unbedingt die lineare Schadensakkumulation nach Mi-
ner oder Abwandlungen davon verstanden werden muss. Als Ergeb-
nis des Vergleichs erhält man die Lebensdauer des Bauteils unter den
bereits beschriebene Phänomen im VHCF-Gebiet sowie korrosive Einflüsse genannt.
7
Eine detaillierte Zusammenfassung der Verknüpfungsmöglichkeiten findet sich z. B in [See96,
Zen95].
2.3 Einflussparameter auf die Lebensdauer 15

angesetzten Randbedingungen. Diese Lebensdauer kann für den Fall


einer dauerfesten Auslegung auch den Wert Unendlich annehmen.
Zudem erhält man unter Berücksichtigung des stochastischen Cha-
rakters von Belastung und Belastbarkeit die statistische Sicherheit,
mit der die errechnete Lebensdauer erreicht wird, oder auch die theo-
retische Anzahl von Bauteilen, mit deren Ausfällen im Serieneinsatz
gerechnet werden muss.
Die Lebensdauer eines Bauteils wird von all diesen Parametern be-
einflusst. Aber nicht alle sind bei der Auslegung einer Konstruktion
explizit zu berücksichtigen, da ihre Auswirkung auf die Festigkeit
als vernachlässigbar angesehen werden kann. Es empfiehlt sich, im
Vorfeld die lebensdauerbestimmenden Faktoren herauszufiltern, wo-
durch sich der Aufwand zur Berechnung der Lebensdauer verringert.

Last Bauteil

Belastung Belastbarkeit

Belastungsarten Geometrie Fertigung Werkstoff

Kollektiv I Kollektiv II Formzahl Urformen Werkstoff-


wöhlerlinie
Größen- Umformen
einfluß
Oberfläche

Vergleichsspannungs - Gestaltfestigkeit
hypothese

Schadensakkumulation

Lebensdauer

Abbildung 6: Schema einer Lebensdauerberechnung


16 2 Stand der Technik

2.3.1 Einflüsse aus der Belastung

Mittelspannungen
Im Vergleich zu mittelspannungsfreien Belastungen wird die Wöhler-
linie bei Versuchen mit Druckmittelspannungen zu höheren ertrag-
baren Spannungsamplituden, bei Versuchen mit Zugmittelspannun-
gen dagegen zu kleineren Spannungsampliuden hin verschoben. Die
Abhängigkeit der Spannungsamplitude σa von der Mittelspannung
σm ist dabei werkstoffspezifisch und wird als Mittelspannungseinfluss
bezeichnet [VDE85].
Prüffrequenz
Der Einfluss der Prüffrequenz auf die Schwingfestigkeit ist vielfach
untersucht worden [Hai71, SG75, SCH76b, Sch72, WSJS76]. Für
Werkstoffe aus Stahl kann der Einfluss im Bereich von 1 Hz ≤ f ≤
103 Hz vernachlässigt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass
das Versagen durch Ermüdung und nicht durch Korrosion verursacht
wurde [Sä89] und dass sich die Probe nicht aufgrund innerer Reibung
übermäßig erwärmt [Hai89, Sch97, Kol97, Wel76].
Medium
Versuche im Vakuum zeigen, dass die Rissausbreitungsgeschwindig-
keit stark vom Umgebungsdruck abhängig ist. Die meisten metal-
lischen Werkstoffe haben daher bei genügend hohem Vakuum eine
ungefähr um eine Zehnerpotenz höhere Lebensdauer als bei einem
vergleichbaren Versuch in normaler Atmosphäre [Bro85, Sch97].
Auch bestimmte Flüssigkeiten können die Lebensdauer herabsetzen.
So erreichen Stahlproben in destilliertem Wasser oder aktiviertem Öl
geringere Lebensdauern als in Luft. Ursache für die Festigkeitsminde-
rung ist die Erniedrigung der Oberflächenenergie der Metalle durch
grenzflächenaktive Stoffe [LRK64]. Beim Vorhandensein oberflächen-
aggressiver Medien wirken sich auch Belastungspausen und Lasthal-
tezeiten schädigend aus [Sch97]. Werden die Versuche in korrosiven
Medien durchgeführt, ändert sich das Schwingfestigkeitsverhalten des
2.3 Einflussparameter auf die Lebensdauer 17

Werkstoffes erheblich. So bildet sich z. B. keine Dauerfestigkeitsge-


rade mehr aus [Wel76, Kol97].
Zyklenform
Grundsätzlich ist die Auswirkung der Zyklenform hauptsächlich im
LCF bemerkbar [Kol97]. Koibuchi und Yamane [KY68] untersuch-
ten die Lebensdauern von Stahlproben, die mit unterschiedlichen Zy-
klenformen beaufschlagt wurden. Für ungekerbte Proben fanden sie
folgende Tendenz:
NDreieck > NSinus > NRechteck
Für gekerbte Proben zeigt sich hingegen kein Einfluss [Sch97].
Temperatur
Das Phänomen der Ermüdung von Metallen unter schwingender Be-
lastung tritt bei jeder Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes auf.
Die Temperatur bestimmt dabei maßgeblich die wirksamen Versa-
gensmechanismen, welche in Abhängigkeit des Temperaturniveaus
erheblich variieren können [Kol97].
Generell gilt, dass eine Temperaturerniedrigung eine Erhöhung der
Schwingfestigkeit mit sich bringt und umgekehrt [Sä89]. Oberhalb
der Raumtemperatur bleibt die Schwingfestigekit bis zu einer, für
den jeweiligen Werkstoff typischen Grenztemperatur konstant und
fällt erst nach Überschreiten dieser Grenztemperatur ab.
Nach der FKM Richtlinie liegt diese Grenztemperatur für Fein-
kornbaustähle bei 60◦ C und für andere Stähle bei 100◦ C [HHS+02].
Nach [Kol97] hängt der Temperatureinfluss auch noch von der
Kerbschärfe ab. Durch höhere Temperaturen werden Vorgänge wie
Kriechen, Änderung der Mikrostruktur oder Korrosion besonders
aktiviert. Oberhalb bestimmter werkstoffabhängiger Temperaturen
kann es vorkommen, dass sich keine Dauerfestigkeit mehr einstellt
oder die Bruchlastspielzahl auch von der Zeit abhängig ist [Sä89].
Mehrachsigkeit
In der Regel setzt sich die Belastung eines Bauteils aus mehrachsi-
18 2 Stand der Technik

gen Schwingbeanspruchungen mit überlagerten statischen Anteilen


zusammen. Diese Beanspruchungen sind im allgemeinen Fall noch
phasen- und frequenzfremd. Die Dimensionierung von Bauteilen er-
folgt anhand skalarer Festigkeitskennwerte.
Es muss daher für jeden Beanspruchungsfall aus den mehrachsigen
Beanspruchungen eine fiktive Vergleichsbeanspruchung mit äquiva-
lenter Schädigungsbewertung gebildet werden. Im statischen Fall
liefert die Anwendung von Festigkeitshypothesen hinreichend zu-
verlässige Ergebnisse. Bei allgemeinen Schwingbeanspruchungen ist
die Belastung hingegen komplexer aufgebaut.
Der Hauptunterschied zwischen der Bewertung von statischen und
dynamischen Belastungen ist die sich bei dynamischer Belastung ein-
stellende Mittelspannung, die bekanntlich einen nicht unerheblichen
Einfluss auf die dynamischen Festigkeitskennwerte hat. Für zusam-
mengesetzte, phasen- oder frequenzfremde Beanspruchungen hängt
der Verlauf der Spannungen im Bauteilquerschnitt zudem nicht nur
von der Zeit, sondern auch von der betrachteten Schnittebene ab
[EM74]. Des weiteren ändert sich während eines Schwingspiels die
Richtung der Schnittebene mit der größten Schädigung. Zur Schädi-
gungsbewertung eines Bauteils muss daher der Verlauf der Span-
nungen im Bauteilquerschnitt mit einbezogen werden. Nur wenn
die werkstoffphysikalischen Vorraussetzungen einer Vergleichsspan-
nungshypothese dem Belastungsverlauf entsprechen, kann diese zu-
friedenstellende Ergebnisse liefern.

2.3.2 Einflüsse aus der Belastbarkeit

Geometrie
Die Dauerfestigkeit eines Bauteils wird neben dem Werkstoff in erster
Linie durch die Geometrie bestimmt. Dieser Einfluss lässt sich in
folgende Größen unterteilen:

• Gestaltung der belasteten Bauteilquerschnitte, welche durch


Verformungen die von außen aufgebrachten Kräfte aufnehmen
2.3 Einflussparameter auf die Lebensdauer 19

und somit die Höhe der Spannungen bestimmen,

• Querschnittssprünge im Bauteil, durch die inhomogene Span-


nungsverteilungen auftreten, die lokale Spannungsüberhöhun-
gen verursachen können (Kerbwirkung),

• Absolute Größe des Bauteils. Erhöht man die Wandstärke eines


Bauteils, so wächst die dynamische Festigkeit des Bauteils nur
unterproportional mit der Größe.

Die Höhe der Spannungen, sowie deren lokalen Überhöhungen, lassen


sich durch die elementare Festigkeitslehre in Verbindung mit Tabel-
lenbüchern oder mit Hilfe numerischer Berechnungsverfahren (FEM,
BEM) hinreichend genau bestimmen.
Zur Erklärung des Absinkens der Festigkeitswerte des Werkstoffes
mit zunehmender Größe gibt es zwei Ansätze. Zum einen steigt mit
zunehmender Größe die Defektwahrscheinlichkeit. Aufgrund des die-
sem Ansatz zugrunde liegenden statistischer Zusammenhangs wird
dieser Einfluß auch statistischer Größeneinfluss genannt.
Zum anderen treten bei inhomogenen Spannungsverteilungen die
Spannungsspitzen lokal nur sehr begrenzt auf. Die darunterliegen-
den, weniger belasteten Bauteilquerschnitte können unterstützend
zum Abbau der Spannungsüberhöhungen herangezogen werden. Die-
ser Stützeffekt ist umso ausgeprägter, je kleiner der hochbelastete
Querschnitt bzw. je größer der Spannungsgradient ist. Da die festig-
keitssteigernde Wirkung durch die Spannung selbst hervorgerufen
wird, trägt er den Namen spannungsmechanische Stützwirkung.
Fertigung
Das Fertigungsverfahren bestimmt neben der Größe der Geome-
trietoleranzen besonders die Beschaffenheit der Oberflächen, die
sich ausbildende Eigenspannungen sowie durch Wärmebehandlun-
gen die Gefügezusammensetzung. Diese Einflüsse sind oft eng mit-
einander verbunden und stark voneinander abhängig. Die Isolierung
und Quantifizierung einzelner Größen erweist sich dann als schwierig
[See96].
20 2 Stand der Technik

An schwingend belasteten Bauteilen geht der Anriss fast immer von


der Bauteiloberfläche aus. Die Oberflächengüte nimmt deshalb we-
sentlichen Einfluss auf die Dauerfestigkeit. Die Rauigkeit der Ober-
fläche kann mit der Wirkung geometrischer Kerben verglichen wer-
den. Die Dauerfestigkeit eines Bauteils ist folglich umso höher je
glatter dessen Oberfläche ist. Die Auswirkungen der Oberflächengüte
sind dabei aber eng mit den Werkstoffeigenschaften verknüpft. So
sind diese umso höher, je größer die Zugfestigkeit des Werkstoffes ist
[Zam85].
Besonders durch gezielte Wärmebehandlungen kann die Dauerfestig-
keit des Bauteils enorm gesteigert werden. Hauptsächlich ist das auf
die dabei durch die Oberflächenverfestigung eingebrachten Druck-
eigenspannungen zurückzuführen. Die Belastungen aus Eigen- und
Lastspannungen überlagern sich im Betrieb, wodurch es zu einer Ver-
schiebung der Mittelspannungen kommt.
Durch die Wärmebehandlung können aber auch festigkeitsschädigen-
de Einflüsse erzeugt werden. Findet die Aufkohlung beispielsweise
nicht unter inerter Atmosphäre statt, bildet sich eine Randoxidati-
onsschicht, die wie geometrische Kerben die Dauerfestigkeit deutlich
herabsetzt. Weitere schädliche Auswirkungen haben Über- und Un-
terkohlung sowie Versprödung8.
Werkstoff
Die Eigenschaften eines Konstruktionswerkstoffes lassen sich durch
Gefügeänderungen in weiten Grenzen variieren. Festigkeitsbestim-
mend sind vor allem die Korngröße, die Reinheit und die beigemisch-
ten Legierungsbestandteile.
Als Hilfsgröße zur Beschreibung dieser Eigenschaften wird häufig die
leicht zu ermittelnde Zugfestigkeit verwendet. Wird sie durch me-
tallurgische oder wärmebehandlungstechnische Maßnahmen erhöht,
so führt dies in der Regel auch zu einer Erhöhung der dynamischen
Festigkeitswerte, wobei man nur eine unterproportionale Zunahme
gegenüber den statischen Werten beobachtet [VDE85].
Außer den reinen Festigkeitswerten werden aber auch noch andere
8
Eine genauere Beschreibung der Einflussgrößen findet sich in [Gro94].
2.4 Berechnungskonzepte 21

lebensdauerbestimmende Faktoren durch den Werkstoff beeinflusst.


Neben der Eigenspannungsempfindlichkeit ist auch die Mittelspan-
nungsempfindlichkeit eine werkstoffspezifische Eigenschaft. So sind
spröde Werkstoffe mittelspannungsempfindlicher als duktile [Zam85].
Schon durch das Herstellungsverfahren bedingt, sind die Werkstoffei-
genschaften oft nicht konstant über den Querschnitt verteilt. Im Fal-
le oberflächenbehandelter Bauteile ist diese inhomogene Festigkeits-
verteilung noch verstärkt ausgeprägt. Durch diesen Bearbeitungs-
schritt wird die oberflächennahe Randschicht verfestigt, wobei der
Bauteilkern seine ursprünglichen Eigenschaften weitestgehend bei-
behält. Durch den entstehenden Gradienten ist es messtechnisch
kaum möglich, jedem Volumenelement den entsprechenden Festig-
keitswert zuzuordnen. Es wird stattdessen versucht, einen Zusam-
menhang zwischen lokal messbaren Gefügegrößen wie Mikrohärte
oder Eigenspannungsfeld und der lokalen Festigkeit herzustellen.

2.4 Berechnungskonzepte

Für die Berechnung von Lebensdauern sind verschiedene Konzep-


te entwickelt worden. Seeger [See96] schlägt eine Einteilung nach
folgendem Schema vor:

• Nennspannungskonzept,
• Strukturspannungskonzept,
• Kerbgrundkonzept,
• Örtliches Konzept,
• Rißfortschrittskonzept.

Die Konzepte lassen sich auch nach den Verformungen einteilen, die
durch die äußeren Lasten im Kerbgrund verursacht werden:

• Elastische Verformungen,
22 2 Stand der Technik

• Plastische Verformungen,
• (Stabile) Risse.

Je nach Höhe des Belastungsniveaus dominiert eine der drei Verfor-


mungen. Diese phänomenologische Einteilung erleichtert die Auswahl
eines Konzeptes.

2.4.1 Konzepte auf Grundlage von elastischen Verformun-


gen

Nennspannungskonzept
Die kennzeichnenden Beanspruchungen sind Nennspannungen. Sie
sind in der Regel nach der elementaren Festigkeitslehre definiert. An
die Stelle von Nennspannungen können wegen der proportionalen
Verknüpfung auch Lastgrößen treten.
Ausgang für die Auslegung nach dem Nennspannungskonzept sind
in spannungskontrollierten Schwingfestigkeitsversuchen ermittelte
Wöhlerlinien. Diese werden entweder fallweise experimentell be-
stimmt oder anhand empirischer Daten abgeschätzt. Wichtig für die
Lebensdauerrechnung ist, dass die Bauteilwöhlerlinie auch analytisch
beschrieben wird. Bei der Abschätzung von Bauteilwöhlerlinien wer-
den bauteil- und belastungsbezogene Einflussgrößen durch geeigne-
te Übertragungsfaktoren berücksichtigt. Die betriebsfeste Auslegung
erfolgt über die lineare Schadensakkumulation nach Miner oder ei-
ne ihrer Varianten.
Das Nennspannungskonzept ist das heute am häufigsten verwendete
Verfahren der Betriebsfestigkeitsrechnung [See96]. Es kann auf eine
große Anzahl empirischer Datensätze zur Abschätzung von Eingangs-
und Übertragungsgrößen zurückgegriffen werden, welche jedoch an
bestimmte Geometrien und Belastungsarten gebunden sind.
Strukturspannungskonzept
Das Strukturspannungskonzept ist mit dem Nennspannungskonzept
eng verwandt. Es wurde für geschweißte Konstruktionen entwickelt,
2.4 Berechnungskonzepte 23

da bei komplex gestalteten Bauteilen Nennspannungen nicht mehr


ohne weiteres angegeben werden können.
Die Spannungsberechnung erfolgt am anzunehmenden Rissort. Die
berechneten Spannungen werden als Strukturspannungen bezeichnet.
Die Kerbwirkung der Schweißnaht wird nicht in den Strukturspan-
nungen, sondern auf der Widerstandsseite in den Strukturspan-
nungswöhlerlinien erfaßt, die wiederum experimentell zu ermitteln
oder empirisch abzuschätzen sind.
Die Lebensdauerrechnung erfolgt analog zum Nennspannungskon-
zept. Das Strukturspannungskonzept findet in einigen Richtlinien
[Hä94, Hob95, EUR92, STKE87, HHS+02] zur Berechnung von
Schweißverbindungen Verwendung [See96].
Kerbgrundspannungskonzept
Dieses, auch Konzept der örtlich elastischen Beanspruchungen ge-
nannte Verfahren, ist ebenfalls eng mit dem Nennspannungskonzept
verwandt. Grundlage sind hier nicht Nennspannungen, sondern örtli-
che Spannungen, die auf elastizitätstheoretischer Grundlage berech-
net wurden. Die Berechnung kann mit Hilfe der finiten Elemente
Methode (FEM), der Randelement-Methode (BEM) oder mit Form-
zahlen aus Handbüchern erfolgen. Die Berücksichtigung von Über-
tragungsfaktoren kann analog dem Nennspannungskonzept erfolgen.
Vorteil der Methode nach dem Kerbgrundspannungskonzept ist, dass
der Vergleich der örtlich errechneten Spannungen mit der Werkstoff-
dauerfestigkeit für jeden beliebigen Querschnitt möglich ist [Woh88].
Es findet auch Anwendung, wenn keine Nennspannungen angegeben
werden können.
Das Kerbgrundspannungskonzept ist in verschiedenen Richtlinien
[VDE85, Hä94, Hob95] zur Berechnung von Betriebsfestigkeitsbeur-
teilungen enthalten [See96].
24 2 Stand der Technik

2.4.2 Konzepte auf Grundlage von elastisch-plastischen


Verformungen

Örtliches Konzept
Das örtliche Konzept geht von Kennfunktionen und Kennwerten des
einachsigen zyklisch elastisch-plastisch beanspruchten Werkstoffes
aus. Für die Auslegung nach diesem Konzept werden in dehnungskon-
trollierten Schwingfestigkeitsversuchen ermittelte Dehnungswöhler-
linien sowie zyklisch stabilisierte Spannungs-Dehnungs-Kurven ver-
wendet. Auch diese Eingangsgrößen müssen für jeden Anwendungs-
fall experimentell ermittelt oder empirisch abgeschätzt werden. An-
schließend sind diese analytisch zu beschreiben. Somit werden die
Einflüsse des Werkstoffes, gegebenenfalls aber auch Fertigungs-,
Größen- oder Umgebungseinflüsse erfasst.
Beim örtlichen Konzept sind die kennzeichnenden Beanspruchungen
die örtlichen Spannungen und Dehnungen. Den Zusammenhang zwi-
schen äußeren Belastungen und örtlichen elastisch-plastischen Be-
anspruchungen stellen Last-Dehnungskurven her. Sie werden durch
numerische Verfahren berechnet oder durch Näherungsformeln, für
deren Anwendung ein elastischer Übertragungsfaktor bekannt sein
muss, abgeschätzt. Für vorgegebene Lastfolgen werden die örtli-
chen elastisch-plastischen Spannungs-Dehnungspfade berechnet. Die
dabei entstandenen geschlossenen Spannungs-Dehnungs-Hysteresen
werden hinsichtlich ihrer Schädigungswirkung bewertet. Als Ergeb-
nis erhält man Anrisslebensdauerlinien [See96].

2.4.3 Konzepte auf Grundlage von Rissen

Rissfortschrittskonzept
Für das Rissfortschrittskonzept sind experimentell zu ermittelnde
oder empirisch abzuschätzende Werkstoffkennwerte nötig, die das
Rissfortschrittsverhalten des Werkstoffes beschreiben. Die Kennwer-
te werden als Rissgeschwindigkeitsgesetze analytisch beschrieben. Sie
2.5 Mehrachsigkeit 25

erfassen somit die Einflüsse des Werkstoffes, aber auch der Umge-
bungsbedingungen.
Bei diesem Konzept sind die kennzeichnenden Beanspruchungs-
größen die aus der Bruchmechanik stammenden Spannungsinten-
sitätsfaktoren K. Sie hängen insbesondere von der Belastungshöhe
und der Risslänge ab. Für das zu untersuchende Bauteil müssen
die Anfangsrisslänge und der K-Faktor für die zu erwartende
Rissrichtung bekannt sein. Da die schädigende Wirkung der Risse
nur im geöffneten Zustand gegeben ist, werden Rissöffnungs- bzw.
Rissschließlasten bestimmt, mit denen dann effektive Spannungs-
intensitätsfaktoren berechnet werden. Vorgegebene Lastfolgen wer-
den - wie bei den übrigen Konzepten - über Zählverfahren in ein-
zelne Schwingspiele zerlegt und der Rissfortschritt schwingspielwei-
se von der Anfangs- bis zur kritischen Endrisslänge hin berechnet.
Als Ergebnis erhält man die Rissfortschrittslebensdauer des Bauteils
[See96].

2.5 Mehrachsigkeit

Nicht nur zusammengesetzte, sondern auch einzelne Belastungen


rufen im Kerbgrund mehrachsige Spannungszustände hervor. Nur
näherungsweise existieren ein- oder zweiachsige Spannungszustände.
Ebenso wie bei statischer, muss bei schwingender Beanspruchung
zum Vergleich von Festigkeitskennwerten aus dem Belastungstensor
eine geeignete skalare Vergleichsspannung σv gebildet werden. Die
Eignung einer Vergleichsspannungshypothese hängt vom Versagens-
mechanismus und damit von der Beanspruchung des Bauteils und
auch dem Festigkeitsverhalten des Werkstoffes ab [Wel76].
In der statischen Festigkeitslehre sind die gebräuchlichsten Hypothe-
sen

• die Normalspannungshypothese (NH),

• die Schubspannungshypothese (SH) und


26 2 Stand der Technik

• die Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH).

Für proportionale Lasten, die nicht ihre Richtung ändern, können


diese klassischen Festigkeitshypothesen für die Berechnung von Dau-
erfestigkeiten verwendet werden. Diese Theorien liefern ausreichende
Genauigkeit für technische Anwendungen.
Bei regellosen Lasten trifft dies nicht mehr zu. Die Hauptspannungen
ändern ihre Richtung während eines Lastzykluses [GD03]. Für der-
artige Fälle wurden für schwingende Belastungen eigene Hypothesen
entwickelt, wie etwa

• die Schubspannungsintensitätshypothese (SIH),

• die Methode der Kritischen Ebene und

• das Dang Van Kriterium.

Im Folgenden werden diese Vergleichsspannungshypothesen kurz vor-


gestellt.
Analog dem statischen Festigkeitsverhalten wird in der dynamischen
Festigkeitsrechnung davon ausgegangen, dass sich das Schwingfes-
tigkeitsverhalten duktiler und spröder Werkstoffe unterscheidet. Es
wird daher eine Unterscheidung bei der Berechnung vorgeschlagen
[Zam85, HHS+02]. Für die Bestimmungsgleichungen gilt:
σSi = Hauptnormalspannung i

2.5.1 Normalspannungshypothese

In der statischen Festigkeit geht man bei der Normalspannungshy-


pothese (NH) davon aus, dass ein Bruch senkrecht zur größten Nor-
malspannung ohne vorherige plastische Verformung erfolgt. Dies ist
der Fall, wenn der Werkstoff nicht verformungsfähig, also spröde ist,
oder die Verformungsmöglichkeiten des Werkstoffes durch den Span-
nungszustand eingeschränkt oder sogar aufgehoben sind.
2.5 Mehrachsigkeit 27

Versagen nach der NH tritt ein, wenn die größte Hauptnormalspan-


nung σS1 die Zugfestigkeit Rm des Werkstoffes erreicht hat. Die Be-
messungsgleichung nach der NH lautet für statische Beanspruchun-
gen:

σv = σS1 ≤ Rm (4)

Auch bei schwingenden Belastungen wird davon ausgegangen, dass


die NH das Festigkeitsverhalten von spröden Werkstoffen beschreibt
[Feh86, Wel76, GD03, Zen88, HHS+ 02, BVDL04]. Dabei tritt die
Schwingfestigkeit an Stelle der Zugfestigkeit.

2.5.2 Schubspannungshypothese

Nach der Schubspannungshypothese (SH), auch Tresca-Kriterium ge-


nannt, tritt für statische Beanspruchungen Werkstoffversagen ein,
wenn die Gleitfestigkeit durch die größte wirkende Schubspannung
überschritten wird. Man geht davon aus, dass plastische Formände-
rungen als Schiebungen erfolgen, die durch Schubspannungen aus-
gelöst werden. Daher findet die SH vor allem bei duktilen Werk-
stoffen, die durch Fließen versagen, Anwendung [Wel76]. Die Bemes-
sungsgleichung nach der SH lautet für statische Beanspruchungen:

σv = σS1 − σS3 ≤ Rm (5)

Für schwingende Belastungen spielt die SH eine untergeordnete Rol-


le.

2.5.3 Gestaltänderungsenergiehypothese

Wie die SH, beschreibt die Gestaltänderungsenergiehypothese


(GEH), auch von Mises-Kriterium genannt, den Widerstand eines
Werkstoffes gegen plastische Verformungen. Überschreitet bei sta-
tischer Beanspruchung die in einem Volumenelement gespeicherte
28 2 Stand der Technik

Gestaltänderungsenergie den Grenzwert des Werkstoffes, so versagt


dieser durch plastische Formänderung. Die GEH wird daher zur Be-
schreibung von duktilen Werkstoffen verwendet, die durch große pla-
stische Verformung versagen.
Zur Berechnung der Vergleichsspannung nach der GEH wird ange-
nommen, dass der hydrostatische Anteil des Spannungstensors keine
plastische Verformung verursachen kann. Maßgebend ist nur der de-
viatorische Anteil. So lautet die Bemessungsgleichung nach GEH für
statische Beanspruchungen:


1
σv = √ · (σS1 − σS2)2 + (σS2 − σS3)2 + (σS3 − σS1)2 ≤ Rm (6)
2

Auch bei schwingenden Belastungen herrscht die Meinung, dass die


GEH das Festigkeitsverhalten von duktilen Werkstoffen beschreibt
[Feh86, Wel76, GD03, BVDL04]. Dabei tritt die Schwingfestigkeit
an Stelle der Bruchfestigkeit.
Die GEH kann auch als Oktaederschubspannungshypothese (OSH)
angesehen werden. Es gilt [Lö99]:


2 GEH
OSH
τokt = · σv (7)
3

2.5.4 Schubspannungsintensitätshypothese

Bei veränderlichen Hauptspannungsrichtungen muss die zweite In-


varianzforderung für eine Vergleichsspannungshypothese, die Un-
abhängigkeit vom Hauptspannungskoordinatensystem, zusätzlich
erfüllt werden. Berücksichtigt man die Spannungen in allen Schnitt-
ebenen eines Volumenlements, ist diese Bedingung erfüllt. Eine
Möglichkeit alle Schnittebenen zu erfassen, stellt die Interpretation
des von Mises-Kriteriums als quadratischen Mittelwert der Schub-
spannungen sämtlicher Schnittebenen dar [Zen88]. Nach Novoshi-
2.5 Mehrachsigkeit 29

lov [Nov61] gilt:

⎛ ⎞1
π 2π 2
⎜ 1
τint =⎝ 2
τγϕ sinγ dγ dϕ⎟
⎠ (8)
4π γ=0 ϕ=0

mit: τint = Intensität der Schubspannung (Effektivwert)


Versagen tritt auf, wenn der werkstoffspezifische Wert für τint
überschritten wurde.
Die Anwendbarkeit der SIH wurde u. a. von
Simbürger [Sim75] nachgewiesen. Neben dem Begriff
Schubspannungsintensitätshypothese (aus [ZR77]) sind die Be-
zeichnungen Hypothese der effektiven Schubspannung [Sim73] und
Hypothese der integralen Anstrengung [Zen88, Zen95] für diese Hy-
pothese bekannt. Die OSH und die GEH können als Sonderfälle der
SIH angesehen werden. Es wird daher die Verwendung für duktile
Werkstoffe vorgeschlagen [Zen88].

2.5.5 Methode der kritischen Ebene

Nach der NH und der SH ist die Angabe der kritischen Schnittebene
wegen der konstanten Hauptspannungsrichtungen explizit möglich.
Bei veränderlichen Hauptspannungsrichtungen gilt dies nicht ohne
weiteres [Zen88]. Für jeden Normalenvektor einer Spannung n und
dem Normalenvektor einer Schnittebene d kann ein skalarer Span-
nungswert angegeben werden, auf den die lineare Schadensakkumu-
lation nach Miner angewendet wird. Für jede Kombination von n
und d kann somit eine Schädigung errechnet werden. Die Kombina-
tion für die die Schädigung den Maximalwert erreicht, wird als kri-
tische Ebene bezeichnet [GD03]. Maßgebend für die Dauerfestigkeit
ist die größte, in einer Schnittebene auftretende effektive Vergleichs-
spannungsamplitude [Sim73].
Es gibt in der Literatur mehrere Berechnungsvorschläge, die Metho-
de der kritischen Schnittebene anzuwenden [McD73, TEM77, Nok81].
30 2 Stand der Technik

Für spröde Werkstoffe werden gute Ergebnisse mit dieser Methode


erreicht. Jedoch fallen bei der Anwendung auf duktile Werkstoffe die
Ergebnisse schlechter aus [GD03].

2.5.6 Dang Van Kriterium

Auch für das auf der theoretischen Arbeit von Dang Van [Van73]
beruhende, gleichnamige Kriterium ist die Berechnung einer kriti-
schen Ebene notwendig. Es wurde zur dauerfesten Auslegung von
Bauteilen unter mehrachsiger, mittelspannungsbehafteter Belastung
entwickelt [BSM01, BVDP95]. Bei der Hypothese geht man davon
aus, dass ein Dauerbruch nur iniziiert wird, wenn sich lokal kein zy-
klisch stabilisierter Zustand einstellt. Daraus lässt sich das Kriterium
formelmässig angeben:

τa,max + a · pmax < B (9)

Hierin ist τa,max die in der kritischen Ebene maximal auftreten-


de Schubspannungsamplitude und pmax die maximale hydrostatische
Spannung. Die beiden Konstanten a und B sind Materialkennwerte,
die in zwei separaten, dynamischen Tests zuvor experimentell ermit-
telt werden müssen.
Für B = constant lässt sich folgende Vergleichspannungsamplitude
formulieren [BSM01, VGM89]:

τa,max + a · pmax
σa = 1 a (10)
2 + 3

2.6 Verfahren zur Bestimmung der Dauerfestig-


keit

Als Bemessungsgrundlage für die Düsenauslegung soll in dieser Ar-


beit die Dauerfestigkeit verwendet werden. Im Gegensatz zur Er-
2.6 Verfahren zur Bestimmung der Dauerfestigkeit 31

mittlung der Festigkeitswerte im Zeitfestigkeitsgebiet kann die Er-


mittlung der Dauerfestigkeit nicht einfach im Wöhlerdiagramm er-
folgen. Die Bestimmung der Dauerfestigkeit muss im Übergangsge-
biet erfolgen. Wie bereits erwähnt, ist dort neben Brüchen auch mit
Durchläufern zu rechnen.
Als Durchläufer wird eine Probe gewertet, wenn sich bis zum Errei-
chen einer bestimmten Grenzlastspielzahl NG das vorher definierte
Versagenskriterium nicht eingestellt hat. Wie alle Festigkeitskenn-
werte ist die Dauerfestigkeit ein statistischer Wert. Sie kann daher
nur durch die Angabe von mindestens zwei Parametern, dem Lage-
parameter und dem Streuparameter, korrekt erfolgen.
Die Theorie geht im Falle der Dauerfestigkeit davon aus, dass die Le-
bensdauer ab einem bestimmten Lastniveau nicht mehr begrenzt ist.
Eine Auswertung von Versuchen in Lastspielzahlrichtung ist dem-
nach nicht zielführend. Die Bestimmung der Dauerfestigkeit muss in
Lastrichtung erfolgen. Dies bedingt, dass mehr als ein Lasthorizont
zur Ermittlung der Dauerfestigkeit notwendig ist.
Es sind einige Verfahren zur Ermittlung von Mittelwert und Streu-
ung der Dauerfestigkeit entwickelt worden:

• Treppenstufenverfahren nach Dixon und Mood [DM48, BS57],


• Probitverfahren nach Finney [Fin47],
• Abgrenzungsverfahren nach Maenning [MS72, Mae77],
• arcsin-Verfahren nach Fisher [Fis22, Den75].

Sie unterscheiden sich im Versuchsaufwand, in der Aussagekraft und


der Zuverlässigkeit. Zur Verringerung des Versuchsaufwandes wurden
auch Verfahren für eine näherungsweise Ermittlung wenigstens des
Mittelwertes erdacht. Beide gehören aber nicht zu den statistisch
abgesicherten Verfahren [Rad95]:

• das Verfahren nach Locati [Loc55, Ree69] und


• das Verfahren nach Prot [Pro48, TCDD54].
32 2 Stand der Technik

2.6.1 Treppenstufenverfahren

Eine häufig um Zeit und Kosten zu sparen angewendete Metho-


de zur statistisch abgesicherten Ermittlung der Dauerfestigkeit, ist
das Treppenstufenverfahren [DM48, BS57, Hü83, EEM85]. Zu des-
sen Anwendung muss zunächst der Streubereich näherungsweise ab-
geschätzt werden. Als Anhaltspunkt kann dafür die Streuung im Zeit-
festigkeitsgebiet verwendet werden.
Der geschätzte Streubereich wird in mehrere Beanspruchungshori-
zonte äquidistant unterteilt. Der erste Versuch wird auf dem Ho-
rizont der geschätzten Dauerfestigkeit gestartet. Versagt die Probe
vor Erreichen der vorher festgelegten Grenzlastspielzahl NG , wird die
folgende Probe auf dem nächst niedrigeren Horizont angesetzt. Tritt
bis zum Erreichen von NG das Versagenskriterium nicht auf, wird der
folgende Versuch auf dem nächst höheren Horizont durchgeführt. Mit
den restlichen Versuchsproben wird nach dem selben Schema verfah-
ren.
Die Ergebnisse der Einzelversuche pendeln um den theoretischen
Mittelwert der Dauerfestigkeit. Nach der statistischen Auswertung
erhält man neben dem Mittelwert auch die Streuung [Rad95, Bux92].
Die ursprüngliche Auswertung des Verfahrens nach Dixon und
Mood [DM48] wurde von Hück [Hü83] verbessert. Danach sind
zu Ermittlung von Mittelwert und Streuung mindestens 17 Versuche
notwendig. Für die Schätzung des Mittelwertes wäre sogar ein Ver-
suchsumfang von 5 bis 9 Prüflingen ausreichend [See96].
Dieses Verfahren eignet sich für Prüfaufbauten, auf denen nur eine
Probe zur selben Zeit getestet werden kann.

2.6.2 Probitverfahren

Beim Probitverfahren ist ebenfalls der Mittelwert und die Streuung


im Vorfeld näherungsweise abzuschätzen. Auf nahe beieinander lie-
genden Horizonten werden jeweils eine Anzahl von Proben bis zur
Grenzlastspielzahl NG beansprucht. Für jeden Lasthorizont Li wird
2.6 Verfahren zur Bestimmung der Dauerfestigkeit 33

die Ausfallwahrscheinlichkeit PA,i aus der relativen Zahl der Brüche


ermittelt.
ri
PA,i = (11)
ni

mit:
ri = Anzahl der Brüche auf Laststufe i
ni = Anzahl der Prüflinge auf Laststufe i
Die so gewonnen Zahlenpaare (Li; PA,i ) werden in ein Wahrschein-
lichkeitsnetz aufgetragen. Mit einer Ausgleichsgeraden durch die Ver-
suchsergebnisse erhält man Mittelwert und Streuung der getesteten
Proben [Rad95, Bux92].
Dieses Verfahren eignet sich besonders für Prüfaufbauten, auf denen
mehrere Probe gleichzeitig getestet werden können.

2.6.3 Abgrenzungsverfahren

Das Versuchsprinzip des Abgrenzungsverfahrens ähnelt dem des


Probit-Verfahrens. Die Lage der Lasthorizonte muss im Abgren-
zungsverfahren nicht geschätzt werden, sondern wird durch Hilfsver-
suche ermittelt. Die Besonderheit besteht darin, dass die Versuche
nahe der Streubandgrenze zwischen wahrscheinlicher (PA = 10 %)
und unwahrscheinlicher (PA = 90 %) Dauerfestigkeit durchgeführt
werden. Der Prüfumfang besteht aus je zehn Proben, die auf Bean-
spruchungshorizonten nahe der oberen und unteren Streubandgren-
zen bis zur Grenzlastspielzahl NG betrieben werden. Zudem werden
weitere Proben zur Ermittlung des Ausgangshorizontes benötigt.
Ausgehend vom Versuchsergebnis des ersten Versuches gibt es zwei
Fälle, den oberen Lasthorizont festzulegen. Bricht die Probe, wird
die Last stufenweise so weit reduziert, bis zum ersten mal kein Bruch
auftritt. Der oberste Lasthorizont wird auf diesen Wert festgelegt.
Bricht die erste Probe nicht, wird die Last stufenweise gesteigert bis
der erste Bruch eintritt. Der untere Lasthorizont wird ausgehend vom
34 2 Stand der Technik

oberen aufgrund von Erfahrungswerten abgeschätzt.


Die Auswertung des Mittelwertes und der Streuung erfolgt in Ana-
logie zum Probitverfahren.

2.6.4 arcsin-Verfahren

Diese Verfahren unterscheidet sich vom Abgrenzungsverfahren nur


durch die Auswertung der Versuchsergebnisse. Die Ausfallwahrschei-
lichkeit für einen Lasthorizont berechnet sich analog dem Probitver-
fahren aus der relativen Zahl der Br√ üche.
Die Ergebnisse werden einer arcsin P -Transformation unterzogen,
bevor sie in ein Gauß-Wahrscheinlichkeitsnetz aufgetragen werden
[Rad95].

2.6.5 Verfahren nach Locati

Das Locati-Verfahren gestattet die näherungsweise Bestimmung der


Dauerfestigkeit mit nur einer Versuchsprobe [Rad95]. Dazu muss al-
lerdings der Verlauf der Zeitfestigkeitsgeraden, sowie deren Streuung
bekannt sein oder abgeschätzt werden. Die Probe wird ausgehend
von einem Lasthorizont L0, der sicher unterhalb der Dauerfestigkeit
liegen muss, eine konstante Anzahl von Lastwechseln N betrieben.
Nach Erreichen von N wird der Lasthorizont um einen festen Betrag
∆L gesteigert und die Probe wieder bis zum Erreichen von N betrie-
ben. Dies wird so lange fortgesetzt bis der Bruch der Probe eintritt.
Dabei sollte sich der Bruch erst nach Überschreiten der Zeitfestig-
keitsgeraden für PA = 90 % ereignen. Den Mittelwert der Dauerfe-
stigkeit erhält man näherungsweise unter Verwendung der linearen
Schadensakkumulation nach Miner elementar für eine Schädigungs-
summe von Eins. Die Streuung der Dauerfestigkeit kann mit diesem
Verfahren nicht ermittelt werden. Es eignet sich nur zur Abschätzung
des Mittelwertes [Bux92].
2.7 Übertragbarkeit 35

2.6.6 Verfahren nach Prot

Grundgedanke des Verfahrens nach Prot ist, die Dauerfestigkeit


durch Steigern der Beanspruchungsamplitude bis zum Bruch festzu-
stellen. Es sollen mindestens drei Proben mit jeweils unterschiedlicher
Beanspruchungsgeschwindigkeit getestet werden. Dabei ist unter Be-
anspruchungsgeschwindigkeit die Zunahme der Spannungsamplitude
je Lastspiel zu verstehen. Die bis zum Versagen erreichten Beanspru-
chungsamplituden werden über die Quadratwurzel der dazugehörigen
Beanspruchungsgeschwindigkeit in einem linear geteilten Netz auf-
getragen. Die Dauerfestigkeit erhält man durch Extrapolation der
Ausgleichsgeraden durch die Ergebnisse auf die Beanspruchungsge-
schwindigkeit Null [Rad95, Bux92].
Schon das Verfahren nach Locati liefert nur eine Abschätzung des
Mittelwertes, die Zuverlässigkeit des Verfahrens nach Prot ist noch
geringer. Eine Angabe über die Streuung ist ebenfalls nicht zu erhal-
ten.

2.7 Übertragbarkeit

Grundgedanke einer Bauteilauslegung ist es, zur Ermittlung der Bau-


teilbelastbarkeit bekannte Festigkeitswerte des Werkstoffes zu ver-
wenden und auf die Geometrie und die Belastung des auszulegenden
Bauteils anzuwenden. Die Übertragung der zyklischen Festigkeits-
werte auf die kritischen Bereiche des Bauteils ist dabei nicht ohne
weiteres möglich. Es müssen als wesentliche Voraussetzung für die
Aussagefähigkeit einer rechnerischen Lebensdauerabschätzung eini-
ge Randbedingungen mitberücksichtigt werden.
Nach Kapitel 2.3 wird die dynamische Festigkeit eines Bauteils von
vielen Einflussfaktoren bestimmt, die aber nicht alle für die Gültig-
keit einer Übertragung relevant sind. Die Problematik der Übertrag-
barkeit lässt sich nach [Heu97] in zwei Bereiche aufteilen:
36 2 Stand der Technik

1. die Übertragung der Werkstoffkennwerte auf andere Bauteile


oder andere Bauteilquerschnitte und

2. die Übertragung auf andere Belastungen.

Bei der Auswertung von Schwingfestigkeitsversuchen stellt man fest,


dass bei der Verwendung des selben Materials die Festigkeit eines
Bauteils unter anderem auch von dessen absoluter Größe abhängig
ist. Nach Kloos [Klo76] wird diese Abhängigkeit üblicherweise in
vier Grundmechanismen unterteilt, die als

• technologischer,

• oberflächentechnischer,

• spannungsmechanischer und

• statistischer

Größeneinfluss bezeichnet werden. In den Berechnungskonzepten


werden diese Einflüsse formelmäßig normalerweise separat berück-
sichtigt. Teilweise hängen sie aber voneinander ab und lassen sich
in Schwingfestigkeitsversuchen meist nicht völlig voneinander tren-
nen [VDE85]. Diese Einteilung der Größeneinflüsse hat sich in der
Festigkeitsberechnung weitestgehend durchgesetzt. Nach [KS94] ist
für die Zuverläsigkeit der Übertragung noch das Übereinstimmen
von Versagenskriterium und der örtlichen Vergleichsbeanspruchun-
gen Voraussetzung.
Die Übertragung auf andere Belastungen lässt sich wiederum in zwei
Teile untergliedern. Zum einen ist darunter die Beanspruchung des
Kerbgrundes durch andere Lastarten (z. B. Biegung an Stelle von
Torsion) zu verstehen, durch die sich andere Formzahlen und auch
andere Kerb- und Stützwirkungen ergeben können. Im Allgemeinen
wird ein Bauteil jedoch für eine Lastart, bzw. bei zusammengesetz-
ten Belastungen für eine bestimmte Kombination mit konstanter
Abhängigkeit voneinander, ausgelegt. Treten die Belastungen jedoch
2.7 Übertragbarkeit 37

unabhängig voneinander auf, kann die Erkenntnis über das unter-


schiedliche Schädigungsverhalten der Lasten notwendig sein.
Zum anderen ist mit Übertragung auch die Anwendung der gewon-
nenen Festigkeitswerte auf andere Belastungskollektive der selben
Lastart gemeint. Diese Problematik bezieht sich hauptsächlich auf
die Anwendung der Schadensakkumulation bei der betriebsfesten
Auslegung.
Die Genauigkeit einer rechnerischen Lebensdauerabschätzung hängt
von der Güte der Übertragbarkeit ab. Es gilt der Grundsatz, dass
eine Berechnung umso zuverlässiger ist, je weniger sich Bauteil, Be-
zugsprobe und deren Belastungen unterscheiden.
Mit der Auswahl der richtigen Übertragungsfaktoren und einem ge-
eigneten Berechnungskonzept ist es jedoch auch möglich, die Lebens-
dauer völlig unterschiedlicher Bauteile zu berechnen und damit zu
dimensionieren. Die notwendigen, übertragungsrelevanten Faktoren
müssen bei der Berechnung formelmäßig berücksichtigt werden.
In der Literatur ist für die meisten Faktoren eine Vielzahl von Vor-
schlägen angegeben. Für eine Auslegung eines Bauteils ist im Vorfeld
eine Abschätzung der Relevanz aller Einflussparameter hilfreich, da
somit die Anzahl der Eingangsgrößen und damit der Prüfumfang re-
duziert werden kann. Weiterhin stellt man dadurch sicher, dass jede
Randbedingung berücksichtigt wurde.
Übertragen auf den vorliegenden Fall können so einige Größen be-
reits unberücksichtigt bleiben. Manche Parameter liegen für alle Ver-
suche in einem Bereich, in dem sich die Festigkeitseigenschaften
nicht nennenswert ändern. Dazu zählen einerseits die Temperatur,
die zwischen Raumtemperatur und maximal 60◦ liegt, andererseits
die Prüffrequenz, die mit höchstens 250 Hz weit von der Einfluss-
grenze entfernt liegt. Eine übermäßige Erwärmung des Bauteils durch
innere Reibung kann ebenso ausgeschlossen werden wie der Einfluss
korrosiver Medien. Für alle Bauteilversuche wird das selbe Medium,
Hydrauliköl, verwendet, das für den Zeitraum der Versuche keine
nenneswerten korrosiven Eigenschaften entwickelt. Das kann auch
von der Raumluft behauptet werden, die den Prüfling bei den Bie-
38 2 Stand der Technik

geversuchen umgibt.
Andere Parameter sind für alle Versuche konstant, so dass ihr ein-
mal ermittelter Einfluss ohne weitere Berücksichtigung mitübertra-
gen werden kann. Dazu zählen Schwankungen des Werkstoffes sowie
dessen Zustände, wie Gefüge, Stoffreinheit, Legierungszusammenset-
zung und Wärmebehandlung. Diese sind in engen Grenzen vorge-
schrieben, wodurch es gerechtfertigt erscheint, von einem konstanten
Einfluss auszugehen. Die Einhaltung der Toleranzgrenzen wird bei
der Fertigung überprüft.
Dagegen kann der Einfluss der in Tabelle 2 aufgeführten Parameter
nicht vernachlässigt werden. Die zweite Spalte beinhaltet die for-
melmäßig Berücksichtigung der Parameter bei der Berechnung.

Einflussparameter Erfassung bei der Berechnung

Mittelspannungen Mittelspannungsempfindlichkeit

mehrachsiger Spannungszustand Vergleichsspannungshypothese

statistische und spannungsmechanische


absolute Größe
Stützziffer

indirekt über lokale Dauerfestigkeit und Ver-


Eigenspannungen
schiebung der Mittelspannung

Oberflächenzustand Oberflächenfaktor

inhomogene
lokale Dauerfestigkeit
Materialeigenschaften

Tabelle 2: Zur Übertragung notwendige Parameter und ihre for-


melmäßige Erfassung
2.8 Richtlinien zur Bemessung von zyklisch belasteten Bauteilen 39

2.8 Richtlinien zur Bemessung von zyklisch be-


lasteten Bauteilen

Auf Grundlage von Nennspannungen gibt es für verschiedene An-


wendungsgebiete bereits seit Jahrzehnten Richtlinien zur Berechnung
von Lebensdauern metallischer Bauteile. In Tabelle 3 sind einige der
wichtigsten Richtlinien sowie das Anwendungsgebiet, für das sie ent-
wickelt wurden, aufgeführt.
Richtlinie Bezeichnung Quelle

TGL-19340 Dauerfestigkeit der Maschinenbauteile [TGL83]

DIN 743 Tragfähigkeit von Achsen und Wellen [DIN00a]

Tragfähigkeitsberechnung von Stirn-


DIN 3990 [DIN87]
rädern

Stahlbauten, Bemessung und Kon-


DIN 18 800 [DIN90a]
struktion

IIW- Empfehlungen zur Schwingfestigkeit


Empfehlungen geschweißter Verbindungen und Bau- [Hob97]
teile

Bemessung und Konstruktion von


Eurocode 3 [EUR92]
Stahlbauten

VDI Richtlinie Empfehlung für die Festigkeitsberech-


[VDI65]
2226 nung von metallischen Bauteilen

Synthetische Wöhlerlinien für Eisen-


SWL 1999 [BT99]
werkstoffe

Rechnerischer Festigkeitsnachweis für


FKM Richtlinie [HHS+ 02]
Maschinenbauteile

Tabelle 3: Richtlinien auf Basis von Nennspannungen

Den Überschriften einiger Richtlinien ist bereits zu entnehmen, dass


40 2 Stand der Technik

sie nur für bestimmte Anwendungsbereiche konzipiert wurden. Eine


dauerfeste Auslegung von Einspritzdüsen ist mit der VDI Richtli-
nie 2226, dem TGL-Standard 19340, den SWL 1999 und der FKM
Richtlinie formal möglich. Es ist jedoch ausreichend, nur die FKM-
Richtlinie dazu heranzuziehen, da sie als Weiterentwicklung der VDI
Richtlinie und dem TGL-Standard angesehen werden kann, aus de-
nen sie entstanden ist. Außerdem enthält sie Regelungen der DIN
18 800, der IIW-Empfehlungen und des Eurocode 3 [HHS+02]. Die
Auslegung nach den SWL 1999 stützt sich formal auf die selben Zu-
sammenhänge wie die FKM-Richtlinie. Das Anwendungsgebiet der
SWL 1999 ist jedoch stärker eingeschränkt. So gilt die Richtlinie
nicht für austenitische Stähle, randschichtverfestigte Bauteile oder
Schweißverbindungen [BT99].
Die FKM-Richtlinie ermöglicht den rechnerischen Festigkeitsnach-
weis für beliebig gestaltete volumenförmige Bauteile unter Beachtung
der relevanten Einflüsse. Sie ist sowohl für statische, als auch dyna-
mische Lasten anwendbar und gilt für Stahl- und Eisengusswerkstoffe
für Temperaturen bis zu 500◦ C sowie für Aluminiumwerkstoffe bis
zu einer Temperatur von 200◦ C. Ebenso kann sie zur Berechnung
von randschichtgehärteten Bauteilen und Schweißverbindungen her-
angezogen werden.
Aufgrund der weitreichenden Einsatzmöglichkeit der FKM-Richtlinie
hat sie weite Verbreitung gefunden und ist als Stand der Technik
anerkannt. Für diesen vorliegenden Fall ist die Auslegung nach der
FKM-Richtlinie alleine jedoch nicht hinreichend. Zum einen ist die
Angabe der zu erwartenden Ausfallwahrscheinlichkeit für den tech-
nisch relevanten Bereich kleiner Ausfallwahrscheinlichkeiten im ppm-
Bereich unzureichend. Die Richtlinie gibt für eine korrekte Auslegung
eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 97,5 % an. Eine Umrechnung
auf andere Überlebenswahrscheinlichkeiten wird nicht benannt. Viel
schwerwiegender ist allerdings, dass die Auslegung nach der Richt-
linie nicht hinreichend mit den Versuchsergebnissen dieser Arbeit
übereinstimmt9.
Der darin angegebene formelmäßige Zusammenhang kann allerdings
9
Siehe Kapitel A.4.2 im Anhang.
2.8 Richtlinien zur Bemessung von zyklisch belasteten Bauteilen 41

als Grundlage für ein verbessertes Berechnungskonzept verwendet


werden.
Neben den Richtlinien finden sich in der Literatur noch andere Be-
rechnungsvorschläge, die noch nicht in ein Normenwerk Einzug ge-
halten haben. Speziell für randschichtverfestigte Bauteile unter In-
nendruck ist hier das FVV-Vorhaben Autofrettage III zu nennen,
welches eigentlich zur Berechnung der Dauerfestigkeit von autofret-
tierten Bauteilen entwickelt wurde [BVDL04]. Darin ist aber auch
ein Berechnungsvorschlag für einsatzgehärtete, nicht autofrettierte
Bauteile enthalten.
Obgleich für die Untersuchungen ein ähnlicher Konstruktionswerk-
stoff wie für diese Arbeit verwendet wurde, stimmen auch dort die
Berechnungsergebnisse nicht hinreichend mit den erzielten Versuchs-
ergebnissen überein10.
Die berechnete Dauerfestigkeit gilt ebenfalls für eine Überlebens-
wahrscheinlichkeit von 50 %. Jedoch bietet die Auslegung nach
diesem Vorhaben die Möglichkeit, diese mit Hilfe des statisti-
schen Größeneinflusses auf andere Überlebenswahrscheinlichkeiten
zu übertragen.

10
Siehe Kapitel A.4.1 im Anhang.
42 3 Zielsetzung

3 Zielsetzung

Die Übersicht über den heutigen Kenntnisstand zur Berechnung der


zyklischen Festigkeit metallischer Werkstoffe zeigt, dass bereits vieles
untersucht wurde. Eine allgemeingültige Berechnungsformel gibt es
aber bis dato ebensowenig wie eine hinreichend genaue Abschätzung
der notwendigen Eingangsparameter. Der Konstrukteur hat bei der
Dimensionierung eines Bauteils vielmehr die Auswahl aus einer Reihe
zum Teil sehr unterschiedlicher Berechnungsmethoden11. Diese wur-
den jeweils für bestimmte Stadien der Bauteilschädigung konzipiert.
Demnach gelten die in den Konzepten abgeleiteten Gesetzmäßig-
keiten lediglich für eine bestimmte Art von Verformungen, die im
Kerbgrund hervorgerufen werden. Es scheint daher nur logisch, dass
jenes Konzept, das auf die im Kerbgrund dominierenden Schädi-
gungsphänomenen und den damit verbundenen Verformungen be-
ruht, das dynamische Festigkeitsverhalten der Bauteile am besten
beschreibt.
Bei der dauerfesten Auslegung geht man davon aus, dass entweder
im Bauteil keine Risse vorhanden sind oder diese an der weiteren
Ausbreitung gehindert sind. Der Anteil von plastischen Verformun-
gen ist sehr gering, da im Dauerfestigkeitsgebiet für hochfeste Stähle
Plastifizierungen nur bei großer Kerbschärfe und dann auch nur sehr
begrenzt auftreten. Als Berechnungskonzept kann daher nur ein auf
elastischen Verformungen beruhendes zielführend sein.
Für die Vorhersage von ertragbaren Druckbelastungen wäre das
Nennspannungskonzept ausreichend. Das Berechnungsverfahren soll
später aber auch auf andere Kerbgeometrien und andere Belastun-
gen angewendet werden. Diese universelle Übertragbarkeit auf ande-
re Lasten oder Geometrien ist formelmäßig mit den Grundlagen des
Kerbgrundspannungskonzeptes möglich.
Zwar finden sich für das Kerbgrundspannungskonzept in der Litera-
tur Angaben für die zur Übertragung notwendigen Parameter und
deren formelmäßigen Umsetzung, die meist Nennspannungskonzep-

11
Diese wurden in Kapitel 2.4 diskutiert.
43

ten entnommen wurden (z. B. in [HHS+02, BVDL04], siehe Kapitel


2.8), dennoch ergeben sich für die dauerfeste Auslegung von ein-
satzgehärteten Bauteilen aus Stahl auf der Grundlage von örtlich-
elastischen Spannungen folgende offene Punkte:

• Die Ermittlung der notwendigen Parameter für Richtlinien nach


dem Nennspannungskonzept erfolgt im Allgemeinen an einfa-
chen Laborproben. Besonders in älteren Verfahren finden sich
nur einfache Geometrien wie Rundstab oder Flachprobe. Eine
Übertragung auf komplexe Geometrien ist häufig nicht möglich.
Zum einen sind Parameter und Modelvorstellungen an die Pro-
bengeometrie gebunden, zum anderen wird die bei gekerbten
Bauteilen sich einstellende Mehrachsigkeit im Kerbgrund nicht
hinreichend beschrieben. So sind die für das Nennspannungs-
konzept fundierten Schätzformeln für die Eingangsgrößen nicht
ohne weiteres auf das Kerbgrundspannungskonzept übertragbar.
• Die zur Berechnung notwendigen Eingangsgrößen müssen für je-
den Werkstoff und Werkstoffzustand erst ermittelt werden. Es
gibt auch hierfür eine Reihe von Vorschlägen, diese Eingangs-
größen aus statischen Festigkeitskenngrößen abzuleiten. Dabei
werden aber keine Angaben über die Güte der Schätzung ge-
macht, die zur Beurteilung der Berechnung hinsichtlich ihrer
Genauigkeit wichtig wäre. Zudem gehen diese Methoden von
unterschiedlichen Eingangsgrößen und formelmäßigen Beschrei-
bungen aus, so dass sie sehr häufig zu deutlich unterschiedlichen
Ergebnissen führen12.
• Die Festigkeit eines Werkstoffes, besonders auch die von Bau-
teilen, ist eine statistische Größe. In kaum einem Berechnungs-
verfahren wird auf die statistische Verteilung der Festigkeits-
werte eingegangen. Manchmal ist wenigstens die Ausfallwahr-
scheinlichkeit angegeben, mit der bei der Auslegung nach dieser
Methode gerechnet werden muss. Die Kenntnis über die Festig-
keitsverteilung ist aber für die Auslegung einer Konstruktion
12
Eine detailliertere Aufstellung dazu findet sich in Kapitel 4.
44 3 Zielsetzung

von entscheidender Bedeutung, da üblicherweise auf sehr gerin-


ge Ausfallwahrscheinlichkeiten extrapoliert werden muss.
• Durch die Innenhochdruckbelastung der Bauteile ergibt sich
selbst an der Oberfläche ein dreiachsiger Spannungszustand.
Zur Bildung einer Vergleichsspannung werden Hypothesen aus
der statischen Festigkeit vorgeschlagen, auch wenn die ihnen zu-
grunde liegenden theoretischen Zusammenhänge für den Schädi-
gungsmechanismus bei schwingender Beanspruchung nicht zu-
treffend sind. Bei den Schätzformeln für die Eingangsgrößen
wird nicht auf die Vergleichsspannungshyothese eingegangen, die
jedoch einen nicht unbedeutenden Einfluss auf das Berechnungs-
ergebnis hat.
• Berechnungen der ertragbaren Lasten nach den verfügbaren
Richtlinien und Methoden beschreiben das Festigkeitsverhalten
realer Bauteile nicht richtig. Dabei ist noch ungeklärt, ob es an
den Ansätzen der Berechnungsmethode selbst oder den dazu-
gehörigen Eingangsgrößen liegt.

Ziel der Arbeit ist es, herauszufinden, wie gut mit den in der Literatur
angegebenen Berechnungs- und Abschätzverfahren die Dauerfestig-
keit des komplexen Bauteils Einspritzdüse, dessen Geometrie und
Belastungsform mit den in den Methoden zugrundeliegenden Unter-
suchungen verwendeten Laborproben in keiner Weise übereinstimmt,
vorherbestimmt werden kann. Dazu soll aus der Vielzahl der Ein-
flussfaktoren auf die Dauerfestigkeit diejenigen, die zur Beschreibung
dieses Problems notwendig scheinen, herausgegriffen, deren Einfluss
quantitativ erfasst und anschließend mit den in der Literatur angege-
benen Werten und anderen Versuchsergebnissen verglichen werden.
Aus dem gegebenen Lastfall und den Besonderheiten des Bauteils
ergibt sich ein besonderer Focus auf folgende Einflussgrößen:

• Lokale Dauerfestigkeit und Härteeinfluss infolge der inhomoge-


nen Materialeigenschaften,
• Mittelspannungen,
45

• Oberflächenbeschaffenheit,
• Einfluss der absoluten Bauteilgröße,
• Mehrachsigkeit und
• Festigkeitsverteilung.

Unterschiedliche Werkstoffeigenschaften und Werkstoffzustände von


Bauteil zu Bauteil einer Serie sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.
Durch die hohe Reinheit und der strengen Kontrolle der Fertigung
scheint die Annahme gerechtfertigt, dass Schwankungen in den Werk-
stoffeigenschaften klein gegenüber der sowieso vorhandenen Streuung
der Festigkeitswerte sind.
Die Ergebnisse beziehen sich nur auf den untersuchten Konstrukti-
onswerkstoff 18CrNi8 im einsatzgehärteten Zustand13.
Im Anschluss sollen aus den gewonnenen Erkenntnissen Potentiale
zur Steigerung der ertragbaren Druckamplitude quantifiziert werden.
Dazu gehört auch eine unter Verwendung realistischer Lastannahmen
beruhende, betriebsfeste Auslegung der Einspritzdüse.

13
Die Beschreibung der Wärmebehandlung ist in Kapitel 4.1.2 zu finden.
46 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

4 Berechnungsansatz und dazugehörige


Übertragungsfaktoren

4.1 Vorstellung des gegebenen Lastfalls

Wissenschaftliche Untersuchungen werden üblicherweise an Labor-


proben mit idealisierten Geometrien durchgeführt. Vorteil dieses Vor-
gehens ist, dass sich dadurch konstante und damit beherrschbare
Ausgangsbedingungen erzielen lassen. Zielstellung dieser Arbeit ist es
aber, die Dauerfestigkeit eines komplexen Bauteils unter Verwendung
der in der Literatur vorgeschlagenen Berechnungsmethoden vorher-
zusagen. Die Ermittlung der Werkstoffdauerfestigkeit und der zur
Übertragbarkeit erforderlichen Parameter erfolgt daher an komplet-
ten Bauteilen, die der Serienfertigung entnommen wurden.
Bei den Prüflingen handelt es sich um Einspritzdüsen für direktein-
spritzende Dieselmotoren, die nach einer inoffiziellen Norm mit P-
Typ bezeichnet werden. Diese werden üblicherweise in Dieselein-
spritzsystemen für PKW-Anwendungen eingesetzt. Ein Vorteil der
Verwendung von Seriendüsen ist die gute Verfügbarkeit und die ge-
ringen Probenkosten. Der Nachteil der stärker streuenden Ausgangs-
bedingungen wird in einem gesonderten Kapitel untersucht14.

4.1.1 Geometrie einer Dieseleinspritzdüse

Abbildung 7 zeigt einen Schnitt durch eine P-Typ-


Dieseleinspritzdüse. Die dargestellte Ebene ist zugleich die Symme-
trieebene. Das weitgehend rotationssymmetrische Bauteil besteht
aus zwei Einzelteilen, dem Düsenkörper und der Düsennadel. Die
Düsennadel wird nicht kritisch hinsichtlich Festigkeit belastet und
ist daher nicht Gegenstand der Untersuchung. Der einsatzgehärtete
Düsenkörper besteht im Wesentlichen aus einer Zentralbohrung, der
Nadelführungsbohrung, die zur Aufnahme der Düsennadel dient,
14
Siehe Kapitel 5.5.
4.1 Vorstellung des gegebenen Lastfalls 47

und einer schrägen Bohrung, der Hochdruckbohrung, für die Kraft-


stoffzuführung. Beide Bohrungen sind durch einen elektro-chemisch
hergestellten Kessel miteinander verbunden. Die Verschneidung
beider Bohrungen wird als Spickel bezeichnet. Eine Skizze des
Düsenkörpers mit Angabe von Dimensionen kann Abbildung 51 im
Anhang entnommen werden.
Der gefährdete Querschnitt des Bauteils für die Belastung unter
Innendruck ist der Spickel. Bereits ein Riss von wenigen Millimetern
in diesem Bereich führt zum Ausfall des gesamten Bauteils. Zwi-
schen der Hochdruckbohrung und der Nadelführungsbohrung wird
eine Verbindung hergestellt, die eine um Größenordnungen höhere
Leckmenge über die Nadelführung zur Folge hat. Der Druckaufbau
im Düsenkörper wird dadurch auf ein unbrauchbares Maß begrenzt.
Auch im Kuppenbereich findet sich eine versagenskritische Stelle,
die in Abbildung 8 skizziert ist. So bilden die Einspritzlöcher mit
dem Sackloch der Düse eine Bohrungsverschneidung mit deutlicher
Kerbschärfe. Die Spritzlöcher werden in den bereits einsatzgehärte-
ten Düsenkörper mit leicht konischer Form erodiert. Zum Entgraten
und zum Einstellen des Durchflussbeiwertes erfolgt abschließend eine
Verrundung der Verschneidungskanten mit einem hydroerosivem
Medium in der später vorgesehenen Strömungsrichtung.
Diese Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Versagen im
Spickelbereich. Zur Ermittlung von Übertragungsfaktoren werden
daneben die Festigkeiten der gerade beschriebenen Spritzlochver-
schneidung sowie die von zwei reinen Probegeometrien untersucht.

4.1.2 Probenfertigung

Der Düsenkörper wird aus dem Einsatzstahl 18CrNi8 (1.5920) nach


DIN EN 10084 [DIN98a] hergestellt. Im weichen Zustand wird
die Außenkontur vorgedreht, sowie die beiden Innenbohrungen und
deren elektro-chemische Verschneidung in den Düsenkörper einge-
bracht. Nach der Wärmebehandlung erfolgt das auf Maß Schleifen
aller Außenflächen sowie der Funktionsflächen der Innenkontur. Zwar
48 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Dichtfläche
Hochdruckbohrung
Spickel
Kessel
Düsenschulter
Düsenkörper
Nadelführungsbohrung

Düsennadel

Kuppenbereich

Abbildung 7: Schnitt durch eine P-Typ-Dieseleinspritzdüse

Dichtsitz

Düsennadel
Düsenkörper
Spritzloch

Verschneidungskante Sackloch

Abbildung 8: Schnitt durch den Kuppenbereich einer P-Typ-


Dieseleinspritzdüse

beaufschlagt man diese Bauteilbereiche an der Oberfläche durch die


spanende Bearbeitung mit schädlichen Zugeigenspannungen, der ver-
sagenskritische Bereich am Spickel behält aber die von der Wärme-
4.1 Vorstellung des gegebenen Lastfalls 49

behandlung eingebrachten Druckeigenspannungen bei.


Die Wärmebehandlung der Düsen erfolgt durch Einfachhärten mit
einer angeschlossenen Tiefkühlphase zur Senkung des Restaustenit-
gehalts. Anschließend wird die Randhärte durch Anlassen auf Werte
zwischen 700 HV und 800 HV eingestellt. Abbildung 9 zeigt den
schematischen Verlauf der Wärmebehandlung.

I Aufkohlen
II Härten
Temperatur [ °C ]

III Tiefkühlen

I IV Anlassen
II

IV
III Zeit [ min ]

Abbildung 9: Wärmebehandlungsprozess der Dieseleinspritzdüsen

Die Einsatzhärtung erfolgt nicht an jeder Oberfläche des Bauteils,


um eine Durchhärtung zu vermeiden. Durch die weichen Querschnit-
te behält das Bauteil einen Teil seiner Duktilität. Zum Aufkohlen
werden große Teile der Außenflächen abgedeckt, so dass die in Ab-
bildung 10 gekennzeichneten Bereiche nicht aufgekohlt werden. Die
Einhärtetiefe soll zwischen 0,35 mm und 0,65 mm betragen.

4.1.3 Lasten

Die Aufgabe einer Einspritzdüse besteht darin, den Kraftstoff dosiert


in den Brennraum abzugeben. Um eine möglichst feine Zerstäubung
zu erreichen, geschieht dies unter hohem Druck. Dadurch wird die
Düse hauptsächlich durch den Innendruck Lp des Kraftstoffes bean-
sprucht. Je nach Einspritzsystem ergeben sich im Motorbetrieb für
einen Einspritzvorgang unterschiedliche Lastverhältnisse RL,p 15.
15
Eine genaue Beschreibung der einzelnen Systeme befindet sich in Kapitel A.3 im Anhang.
50 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

nicht aufgekohlte Oberflächen

Abbildung 10: Nicht aufgekohlte Bereiche der Düse

Für nadelhubgesteuerte Systeme: RL,p ≈ 0


Für druckgesteuerte Systeme: RL,p ≈ 0,8
Zu den aus Einspritzvorgängen resultierenden Lastwechseln kommen
noch weitere aus Änderungen des Systemdrucks. Diese Lastwechsel
sind zwar wesentlich langwelliger, haben aber meist eine größere Am-
plitude.
Die Verbindung der Düse mit dem restlichen Einspritzsystem er-
folgt über einen kraftschlüssigen Verbund mit einer Überwurfmut-
ter, die als Düsenspannmutter bezeichnet wird. Die Düsenspannmut-
ter stützt sich an der Düsenschulter ab und drückt die Düse mit
der Dichtfläche gegen die Düsenaufnahme. Durch das Anziehen der
Düsenspannmutter wird der Düsenkörper durch eine weitere Last,
die axiale Vorspannung Lax, belastet.
Diese Last wird bei der Montage aufgebracht und bleibt als statische
Vorspannung erhalten (RL,ax = 1). Die Belastung aus der Monta-
ge wird der Belastung aus dem Innendruck am Spickel überlagert.
Strenggenommen müssten wegen der Überlagerung der beiden La-
sten auch zwei Lastverhältnisse angegeben werden. Da sich das Last-
verhältnis der axialen Vorspannung aber nie ändert, wird im Folgen-
den nur ein Lastverhältnis RL ohne Index der Lastart angegeben,
welches dem Lastverhältnis der Innendruckbelastung RL,p entspricht.
Durch die axiale Vorspannung ergibt sich eine Veränderung der Un-
terspannung σu und damit der Mittelspannung σm im Kerbgrund.
4.1 Vorstellung des gegebenen Lastfalls 51

Zwar ist für pu = 0 bar das Lastverhältnis RL noch Null, aber das
Spannungsverhältnis Rσ von Null verschieden.
Der Kuppenbereich der Einspritzdüse (Abbildung 8) wird eben-
falls mit dem Innendruck beaufschlagt. Statische Montagekräfte
sind dort jedoch nicht anzutreffen. Aber auch hier kommt zur In-
nendruckbelastung eine zweite Lastart hinzu. Der Dichtsitz mit
meist 2 mm Durchmesser auf dem 60◦-Kegel im Kuppenbereich
bildet das Gegenlager der Düsennadel. Von der Nadel nicht nur
während des Schließens aufgebrachte Axialkräfte, werden dort flächig
in den Düsenkörper geleitet. Das sich dadurch ausbildende Span-
nungsfeld führt an den Spritzlocheinlaufkanten ebenfalls zu Span-
nungsüberhöhungen, so dass dieser Bereich sowohl hinsichtlich In-
nendrucks als auch hinsichtlich Nadelkräfte als Kerbe anzusehen ist.
Die Nadelkraft ist ebenfalls dynamisch, aber nicht proportional zum
Innendruck. Systembedingt können sich höchstens synchrone Lastan-
teile ergeben.
Abbildung 11 zeigt alle mechanischen, auf eine Einspritzdüse einwir-
kende Lastarten. Dazu kommen im Motorbetrieb noch thermische
Lasten, die nicht Gegenstand dieser Arbeit sind.

Lax
Lax

Lp Fax

Abbildung 11: Schematische Darstellung aller mechanischen, auf


eine Düse wirkenden Lasten
52 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Para-


meter

4.2.1 Lokale Dauerfestigkeit infolge der inhomogenen Ma-


terialeigenschaften

Aufgrund der begrenzten Diffusion von Kohlenstoffatomen beim Ein-


satzhärten zeichnen sich derart wärmebehandelte Bauteile durch ei-
ne inhomogene Verteilung der Materialeigenschaften aus. Durch die,
über den Querschnitt unterschiedliche Gefügezusammensetzung und
das damit einhergehende i.d.R. mehrachsige Eigenspannungsfeld ist
auch die Festigkeit inhomogen verteilt. Der lokale Widerstand des
einsatzgehärteten Werkstoffes gegen Ermüdung ist demnach orts-
abhängig. Zur Dauerfestigkeitsabschätzung ist daher die Verteilung
der Festigkeit von entscheidender Bedeutung.

σzdW = f (x, y, z) (12)

Nachdem die Wechselfestigkeit einzelner Querschnittsbereiche nicht


separat messtechnisch erfasst werden kann, muss zur Ermittlung der
Festigkeitsverteilung auf leicht messbare Größen zurückgegriffen wer-
den, die ebenfalls durch die Wärmebehandlung inhomogen verteilt
sind. Wenn beiden Größen der selbe Entstehungsmechanismus zu-
grunde liegt, besteht die Möglichkeit, einen hinreichenden Zusam-
menhang zu finden.
Eine Größe, die sich hier anbietet, ist die lokale Härte. Diese kann für
verhältnismäßig kleine Querschnittsbereiche, somit lokal, messtech-
nisch ermittelt werden. Für den Schluß von der lokalen Härte auf die
lokale Wechselfestigkeit muss der quantitative Zusammenhang be-
kannt sein. Nach [WT67] ergibt sich bei einsatzgehärteten Stählen im
Übergangsgebiet zwischen Randschicht und Kern ein nahezu linea-
rer Zusammenhang zwischen lokal ertragbarer Spannungsamplitude
und der lokalen Härte. Im Folgenden werden die Berechnungsansätze
nach Velten[Vel84], Murakami [Mur89, Mur93, Mur01] und Lang
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 53

[Lan79], die sich auf diesen linearen Zusammenhang stützen, vorge-


stellt.
Örtliche Wechselfestigkeit nach Velten
Die Abhängigkeit der lokalen Wechselfestigkeit eines einsatzgehärte-
ten Werkstoffes von der lokalen Härte unterteilt sich nach Velten
in zwei Bereiche. Bis zu einer Grenzhärte von 500 HV ergibt sich ein
linearer Zusammenhang zwischen lokaler Härte und örtlicher Wech-
selfestigkeit. Darüber hinaus wird keine weitere Steigerung der örtli-
chen Werkstoffdauerfestigkeit erzielt.
für HV ≤ 500

σzdW = a · HV + b (13)

für HV > 500

σzdW = a · HV + b = const. (14)

Die beiden Parameter a und b sind dem jeweiligen Werkstoff anzu-


passen. Für den Einsatzstahl 20MoCrS4 gibt Velten folgende Werte
an:
für HV ≤ 500

σzdW = 1, 27 · HV + 72 (15)

und für HV > 500

σzdW = 707 N/mm2 (16)

Für andere Stähle finden sich in der Literatur keine Angaben über
die Parameter a und b. Sie müssen für den verwendeten Werkstoff
erst ermittelt werden. Aber selbst bei identischem Werkstoff ist die
Übertragbarkeit wegen der unterschiedlichen Einflüsse aus dem tech-
nologischen Grösseneinfluss nur im Einzelfall gegeben [Hai89].
54 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Örtliche Wechselfestigkeit nach Murakami


Nach Murakami ist der Zusammenhang über den gesamten Bereich
der Härte linear. Er unterteilt jedoch die örtliche Wechselfestigkeit
in mögliche Versagensorte. Die Gleichung 17 gilt für Versagen an der
Oberfläche, Gleichung 18 für Versagen unter der Oberfläche.

(HV + 120)
σzdW, A = 1, 43 · √ 1 (17)
areaA 6

(HV + 120)
σzdW, V = 1, 56 · √ 1 (18)
areaV 6

Die höhere örtliche Wechselfestigkeit für Versagen unter der Ober-


fläche lässt sich mit den Ergebnissen von Schwingfestigkeitsversuchen
mit unterschiedlichen Umgebungsmedien [Bä91] erklären 16. Der Ein-
fluss des Werkstoffes, insbesondere dessen Gefüge und dadurch des-

sen Wärmebehandlung, wird durch den Parameter area erfasst.
Nach Winderlich et. al. [WSB96] kann dieser wie folgt abgelei-
tet werden:

√ π
areaA, V = · KG2A, V (19)
4

Hierin ist KGA, V der mittlere Korndurchmesser im betrachteten Be-


reich (Oberfläche A oder Volumen V ).
Örtliche Wechselfestigkeit nach Lang
Für Bauteile mit Eigenspannungen und Randschichtverfestigung
schlägt Lang zur Abschätzung der Dauerfestigkeit ebenfalls einen
linearen Zusammenhang vor:

σzdW = 0, 30 · HV + 300N/mm2 (20)

16
Siehe auch Kapitel 2.3.1.
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 55

1200
Velten
lokale Wechselfestigkeit szdW [N/mm²]

1000 Murakami

Lang

800

600

400

200
Randhärte
des 18CrNi8

0
200 300 400 500 600 700 800
lokale Härte [HV]

Abbildung 12: Verlauf der lokalen Wechselfestigkeit über die lokale


Härte

In Abbildung 12 ist eindeutig zu erkennen, dass sich, speziell


für Werkstoffe mit großer Härte, deutliche Unterschiede in der
Abschätzung der lokalen Dauerfestigkeit je nach verwendetem Ansatz
ergeben. Die Werte der einsatzgehärteten Randschicht des 18CrNi8
liegen im Bereich von 700 bis 800 HV . Die lokale Dauerfestigkeit
differiert hier fast um den Faktor 2.
Dem Graphen für die Berechnung nach Velten liegen für a und b
zur ersten Abschätzung die Werte des Einsatzstahls 20MoCrS4 zu-
grunde. Der für den Graphen zur Berechnung nach Murakami not-

wendige Parameter areaA ergibt sich aus einer mittleren Korngröße
an der Oberfläche von ca. 5 µm zu 4,5 µm.
Die Autoren der angegebenen Verfahren indizieren die lokale Dau-
erfestigkeit mit Zug–Druckwechselfestigkeit (zdW), da die Zusam-
menhänge meist an Laborproben unter Zug–Druckbelastung ermit-
telt wurden. In dieser Arbeit ist die lokale Dauerfestigkeit nicht auf
Zug–Druckbeanspruchungen begrenzt. Sie dient vielmehr als Grund-
56 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

lage für jede beliebige Beanspruchung. Ausgedrückt wird dies durch


eine geänderte Indizierung. Die physikalische Grundlage bleibt dabei
unangetastet.

σzdW = σa(R = −1) = σw (21)

Indirekte Abhängigkeit der mit Hilfe aus der in der Literatur ange-
gebenen Methoden berechnete Dauerfestigkeit ergeben sich über die
Abschätzung der Zugfestigkeit Rm der Randschicht aus der Härte.
Für die Berechnung einiger Übertragungsparameter17 ist die Kennt-
nis der lokalen Zugfestigkeit Rm notwendig.
In der FKM Richtlinie [HHS+02] wird folgender Zusammenhang vor-
geschlagen:

Rm = 3, 3 · HV (22)

Aus der linearen Regression zahlreicher Zugversuche an verschiede-


nen Stählen ermittelt Velten [Vel84] ebenfalls einen linearen Zu-
sammenhang. Dabei wird die Berechnung wieder in zwei Härteberei-
che unterteilt.
Für HV ≤ 445:

Rm = 3, 29 · HV − 47 (23)

Für HV > 445:

Rm = 4, 02 · HV − 347 (24)

4.2.2 Mittelspannungseinfluss

Da der Druck stets nur Werte größer oder gleich Null annehmen
kann, lassen sich durch Innendruckbelastungen nur Lastverhältnisse
17
Siehe Oberflächeneinfluss, spannungsmechanische Stützziffer und Mittelspannungsempfind-
lichkeit.
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 57

RL größer Null und damit keine wechselnde Belastungen erzeugen.


Für den Fall einer reinen Innendruckschwellbelastung (pu = 0) tritt
im Kerbgrund unter Annahme elastischen Werkstoffverhaltens eine
reine Zugschwellbelastung auf.

Lu pu
RL = = =0 (25)
Lo po

mit: Lu = 0

σu
Rσ = =0 (26)
σo

mit: σu = 0
Die sich dadurch ergebende Mittelspannung σm verringert die ertrag-
bare Amplitude σa im Vergleich zur wechselnden Belastung.

σa (R = 0) < σa (R = −1) (27)

Zur formalen Erfassung dieses Phänomens wurden in der Literatur


verschiedene Ansätze gemacht. Am häufigsten findet der lineare An-
satz nach Goodman (Goodman-Gerade) Verwendung [Hai89].

σm
σa (σm) = σa(σm = 0) · 1 − (28)
x · Rm

Seltener findet man auch den quadratischen Ansatz nach Gerber


(Gerber-Parabel) [Hai89].
⎡ 2 ⎤
σm
σa (σm) = σa(σm = 0) · ⎣1 − ⎦ (29)
x · Re

Der Faktor x dient zur Anpassung an vorliegende Versuchsergebnis-


se.
Neben diesen Ansätzen, die für Nennspannungskonzepte entwickelt
58 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

wurden, hat sich zur Beschreibung des Mittelspannungseinflusses


beim örtlichen Konzept der Schadensparameter PSW T nach Smith,
Watson, Topper [SWT70] durchgesetzt, der auch auf Nennspan-
nungen angewendet werden kann.
Häufig findet er in seiner ursprünglichen Form Verwendung. Für ma-
kroskopisch ideal-elastisches Werkstoffverhalten erhält man mit dem
PSW T -Parameter eine Mittelspannungsempfindlichkeit von M = 0,41
[HL75].

PSW T = (σa + σm ) · a · E (30)

Bergmann stellt eine Abwandlung des Parameters vor, der eine


Anpassung an die Versuchsergebnisse erlaubt [Ber83].

PSW T = (σa + kB · σm) · a · E (31)

Eine Zusammenfassung weiterer Berechnungsvorschläge findet man


z. B. in [Hai89].
In der Berechnung dynamischer Festigkeiten mit Nennspannungen
hat sich für die Berücksichtigung von Mittelspannungen der lineare
Ansatz durchgesetzt. Zur Erfassung des Einflusses der Mittelspan-
nungen wird die Mittelspannungsempfindlichkeit Mm nach Schütz
[Sch65] eingeführt.

σa(R = −1) − σa(R = 0)


Mm = (32)
σa (R = 0)

Diese bezeichnet im Haigh-Diagramm die Neigung α der Festigkeitsli-


nie für eine konstante Lebensdauer18 zwischen Wechsel- und Schwell-
festigkeit (siehe Abbildung 13).
Die Mittelspannungsempfindlichkeit Mm ist dabei ein werkstoffspe-
zifischer Wert, für dessen Abschätzung einige Vorschläge in der Lite-
ratur gemacht wurden. In dieser Arbeit werden die Vorschläge nach
18
Für Dauerfestigkeitsbetrachtungen ist die Lebensdauer unendlich.
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 59

der FKM-Richtlinie [HHS+02] und nach Murakami [Mur01] un-


tersucht.
FKM - Richtlinie:

Rm
Mm = 0, 35 · · 10−3 − 0, 10 (33)
N/mm2

Murakami

HV
Mm = exp(0, 0693 · + 0, 157) − 1 (34)
1000

Inwieweit die Extrapolation der Dauerfestigkeitslinie im Haigh-


Diagramm und damit der Mittelspannungseinfluss nach R < -1 und
R > 0 zulässig ist, ist soweit noch ungeklärt [Rad95]. Haibach
[Hai89, Hai92] schlägt vor, die Dauerfestigkeitslinie im Bereich R >
0 mit einer flacheren Neigung von tan α = Mm /3 fortzusetzen. Die-
ser Vorschlag hat sich in Richtlinien und Normen durchgesetzt, auch
wenn er nur als eine empirische Näherung ohne werkstoffmechanische
Begründung zu betrachten ist [Kol97, Hai89]. In Abbildung 13 sind
alle drei Vorschläge graphisch dargestellt.

4.2.3 Eigenspannungseinfluss

Eigenspannungen sind im Gegensatz zu Mittelspannungen inhomo-


gen über den Bauteilquerschnitt verteilt [HV89]. Analog zur Mittel-
spannungsempfindlichkeit Mm lässt sich eine Eigenspannungsemp-
findlichkeit Me definieren:

σa(σe = 0) − σa(σe = 0)
Me = (35)
σe

Nach Macherauch und Wohlfahrt [MW85] nehmen Mm und Me


mit der Werkstofffestigkeit zu. Abbildung 14 zeigt den Verlauf von
Mm und Me über die Zugfestigkeit. Demnach ist Me stets geringer
60 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Abbildung 13: Dauerfestigkeitslinie im Haigh-Diagramm nach den


Vorschlägen von Goodman, Gerber und Haibach
unter Annahme identischer Wechsel- und Schwing-
festigkeitswerte [HW94]

als Mm . Anfangs verlaufen beide Graphen parallel. Ab einer Zugfe-


stigkeit von ca. 1500 N/mm2 knickt der Graph von Me bei einem
Wert von 0,4 waagrecht ab.
Die Berechnung der dauerfest ertragbaren Ausschlagsspannung er-
folgt nach Macherauch und Wohlfahrt durch folgende Glei-
chung:

σa (σm = 0 = σe ) = σa(R = −1, σe = 0) − Mm · σm − Me · σe(36)

Nach [HV89] kann für höherfeste Werkstoffzustände die Eigenspan-


nungsempfindlichkeit Me nach der Goodman-Beziehung abgeschätzt
werden:
σw
Me = (37)
Rm

Kloos und Velten [Vel84] betrachten Eigenspannungen jedoch wie


statische, dreiachsige Mittelspannungen. Ihr Einfluss würde somit
bereits mit der Mittelspannungsempfindlichkeit berücksichtigt.
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 61

Abbildung 14: Verlauf der Mittel- (M ∗ ) und Eigenspannungsemp-


findlichkeit (m) über die Zugfestigkeit [Woh88]

4.2.4 Oberflächeneinfluss

In Kapitel 2.3.2 wurde bereits festgestellt, dass die Bauteiloberfläche


einen entscheidenden Einfluss auf die dynamische Festigkeit hat. Da-
bei sind die Einflussparameter des Oberflächenzustandes nicht nur
rein auf die Rauigkeit beschränkt. In dieser Arbeit soll, wie in [LZ93]
vorgeschlagen, mit dem Oberflächenfaktor FO nur der Einfluss der
Oberflächenfeingestalt in Form der Rauigkeit erfasst werden. Die
anderen Faktoren, die fertigungsbedingt an die Beschaffenheit der
Oberfläche gebunden sind, wie etwa Eigenspannungen oder Gefüge-
einflüsse, werden als näherungsweise konstant vorausgesetzt.
Ausgehend von der Schwingfestigkeit einer ideal glatten Probe, wird
der Einfluss der Oberflächenbeschaffenheit durch einen Abminde-
rungsfaktor FO berücksichtigt. Diese empirisch ermittelten Werte
berücksichtigen die Abnahme der Festigkeit mit zunehmender Ober-
flächenrauigkeit. Allen Berechnungsvorschlägen von FO ist dieser
62 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Zusammenhang gemein. Unterschiede ergeben sich durch den for-


melmäßigen Zusammenhang und der Methode zur Bestimmung der
Rauigkeit.

σw (rauh)
FO = (38)
σw (idealglatt)

In der DIN 3990 [DIN87] wird die Ermittlung aus der gemittelten
Rauhtiefe Rz (nach DIN 4768 [DIN90b]) vorgeschlagen.

FO = 1, 490 − 0, 471 · (RZ /µm + 1)0,1 (39)

Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass der Einfluss der Ober-


flächenbeschaffenheit mit der Festigkeit des Werkstoffes zunimmt
[Ber88a]. Dieser Zusammenhang wird in den Berechnungsvor-
schlägen von Gaier und Siebel, sowie der FKM-Richtlinie durch
die Einbeziehung der Zugfestigkeit Rm berücksichtigt.

Gaier und Siebel [SG65] schlagen vor, den Zusammenhang


zwischen Dauerfestigkeit und Oberflächenbeschaffenheit durch die
Rauhtiefe Rt (nach DIN EN ISO 4287 [DIN98b]) zu berücksichti-
gen. Dabei wird auf die mathematische Formulierung nach Hück
[HTS83] zurückgegriffen:

FO = 1 − 0, 22 · (log Rt )0,64 · log Rm + 0, 45 · (log Rt )0,53 (40)

In der FKM-Richtlinie [HHS+02] und den Synthetischen Wöhlerlini-


en [BT99] wird der Abminderungsfaktor aus der gemittelten Rauh-
tiefe Rz und der Zugfestigkeit Rm des Werkstoffes bestimmt:
Für polierte Bauteile:

FO = 1 (41)
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 63

Für Normalspannung:

 ⎛ ⎞
RZ 2 · Rm ⎠
FO = 1 − aR, σ · log · log ⎝ (42)
µm Rm, N, min

Für Schubspannung:

 ⎛ ⎞
RZ 2 · Rm ⎠
FO = 1 − fW, τ · aR, σ · log · log ⎝ (43)
µm Rm, N, min

Für Stahl gilt: aR, σ = 0, 22, Rm, N, min = 400 N/mm2 und fW, τ =
0, 577.
Die formelmäßigen Zusammenhänge des Oberflächenfaktors wurden
für Nennspannungskonzepte entwickelt, in denen von einer homoge-
nen Festigkeitsverteilung ausgegangen wird.
Für randschichtgehärtete Bauteile ist diese Randbedingung nicht ge-
geben. Es stellt sich daher die Frage, welches Rm zur Berechnung
herangezogen werden muss. Nach dem Kerbgrundspannungskonzept
müsste für Rm eine Abschätzung nach Gleichung 22 bis 24 erfol-
gen. Nach dem Nennspannungskonzept müsste der Wert für Rm des
blindgehärteten Werkstoffes aus Werkstoffdatenblättern entnommen
werden. Die Autoren von Gleichung 40 bis 43 machen hierzu keine
Angaben.
Durch eine grobe Umrechnung von Rz in Rt lassen sich die Kur-
ven von FO nach den unterschiedlichen Berechnungsvorschlägen in
einen Graphen eintragen. Abbildung 15 macht den Einfluss der Be-
rechnungsmethode auf den rechnerischen Abminderungsfaktor deut-
lich. Neben den Kurven, denen die Zugfestigkeit des blindgehärteten
Werkstoffes (im Mittel 1350 N/mm2 nach DIN 10084) zugrunde
liegt, sind auch die Kurven für ein Rm von 2475 N/mm2, das nach
dem Vorschlag der FKM-Richtlinie abgeschätzt wurde, eingetragen.
Auch für Oberflächenrauigkeiten kleiner 10 µm können sich die Ein-
flussfaktoren FO um bis zu 10 % unterscheiden.
64 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

1,2

1
Oberflächenfaktor FO

0,8

0,6
DIN 3990

FKM Richtlinie (Rm = 2375 N/mm²)


0,4
Siebel und Gaier (Rm = 2375 N/mm²)

0,2 FKM Richtlinie (Rm = 1350 N/mm²)

Siebel und Gaier (Rm = 1350 N/mm²)

0
1 10 100
Rauhtiefe Rz [µm]

Abbildung 15: Vergleich des Oberflächeneinflusses in Abhängigkeit


von der Rauigkeit

4.2.5 Spannungsmechanische Stützwirkung

Nach Kapitel 2.3.2 ist für eine spannungsmechanisch bedingte


Stützwirkung eine inhomogene Spannungsverteilung, wie sie z. B. an
Kerben oder unter Biege- und Torsionsbelastung ungekerbter Proben
auftritt, erforderlich. Die sich dadurch ergebende Spannungskonzen-
tration lässt sich nach der klassischen Festigkeitsrechnung durch die
Formzahl αK ausdrücken19 (siehe auch Abbildung 16).

σmax
αk = (44)
σnenn

Bei schwingender Beanspruchung stellt man fest, dass die maximal


ertragbare Kerbspannungsamplitude (σmax in Gleichung 44) größer
19
In dieser Arbeit wird für die Formzahl die angelsächsische Bezeichnung Kt verwendet. Zur
Berechnung von Kt wird die Kerbgrundspannung σmax nicht auf eine Nennspannung bezogen,
da sie nicht angegeben werden kann. An ihre Stelle tritt die Nennlast L. Zur Erklärung von
Gleichung 44 durch Abbildung 16 ist jedoch die Verwendung von klassischen Nennspannungen
notwendig. Zur Unterscheidung trägt die Formzahl in Gleichung 44 daher die Bezeichnung αK .
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 65

wird, je größer die Formzahl ist.


Man geht davon aus, dass unter der hochbelasteten Oberfläche liegen-
de, weniger belastete Schichten als Stützwirkung dienen. Die Span-
nungsspitzen im Randbereich werden durch plastische Verformungen
abgebaut. Dadurch steigt die Belastung in dem darunterliegenden
Material. Unterstützt wird die Theorie von der Tatsache, dass die-
se Stützwirkung bei Biegung und Torsion auftritt, nicht jedoch bei
Zug–Druckbelastungen [Wel76].
Bei der Berechnung wird diese Stützwirkung durch einen Faktor, der
spannungsmechanischen Stützziffer nsm , erfasst. Diese lässt sich nach
dem Nennspannungskonzept definieren [SS55]:

αk
nsm = (45)
βk

Die Kerbwirkungszahl βk berechnet sich aus der Dauerfestigkeit des


ungekerbten Bauteils geteilt durch die des gekerbten Bauteils:
σD
βk = (46)
σD,k

Beim örtlich elastischen Konzept kann wegen αk = 1 für den Kerb-


grund geschrieben werden:

σD,k
nsm = (47)
σD

Als Maß für die inhomogene Spannungsverteilung und damit auch


für die örtliche Spannungskonzentration dient das bezogene Span-
nungsgefälle χ∗ [BHS98]:

∂σ(x) 1
χ∗ = · (48)
∂x σmax

Dieser Ansatz berücksichtigt die Abnahme der lokalen Spannung zur


Bauteilmitte hin.
66 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

s
smax

snenn
s(x)

x
1/c*

Abbildung 16: Definition des bezogenen Spannungsgefälles χ∗ am


Beispiel eines gekerbten Rundstabes

Die meisten Verfahren zur numerischen Berücksichtigung der span-


nungsmechanischen Stützziffer beruhen auf dem bezogenen Span-
nungsgefälle.

nsm = f (χ∗) (49)

• Synthetische Wöhlerlinien 1999 [BT99] und FKM Richtlinie


[HHS+02]
für χ∗ < 0,1 mm−1
 
∗ − aG −0,5+ Rb m
nsm = 1 + χ · 10 G (50)
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 67

für 0,1 mm−1 ≤ χ∗ ≤ 1 mm−1


 
√ − aG + Rb m
nsm = 1 + χ∗ · 10 G (51)

für χ∗ > 1 mm−1


 
√ − aG + Rb m
nsm = 1 + 4
χ∗ · 10 G (52)

für anderen als nichtrostenden Stahl gilt:


aG = 0,5
bG = 2700
• Bruder / Schön [BS01]


 1600
 χ∗
nsm = 1 + · (53)
HV 2 mm−1

• Stützzifferdiagramm nach Siebel und Mitarbeiter [SS55]

• Petersen [Neu61] aus [Jae88]



nsm = 1 + sg · χ∗ (54)

mit sg = Gleitschichtbreite, entspricht dem halben Korndurch-


messer

• Heywood (verwendet in TGL 19340) [Hey47]


 
√ Rp0,2
− 0,33+ 712 N/mm
nsm = 1 + χ∗ · 10 2
(55)

• Synthetische Wöhlerlinien 1981 [Hue81]


0,3
nsm = 1 + 0, 45 · χ∗ (56)

• Schütz und Mitarbeiter [VDE80] für Stahl:


0,43
nsm = 1 + 0, 30 · χ∗ (57)
68 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

für Stahlguss:
0,65
nsm = 1 + 0, 33 · χ∗ (58)
für Grauguss:
0,68
nsm = 1 + 0, 30 · χ∗ (59)

Daneben gibt es noch eine kleine Anzahl von Berechnungsvor-


schlägen, die nicht auf dem bezogenen Spannungsgradienten beru-
hen:

• Lukas und Klesnil [LK78]




 lc
nsm = 1 + 84, 5 · (60)
ρ
mit:
lc = kritische Risslänge (bzgl. Rissausbreitung)
ρ = Kerbradius
• Mikrostützwirkung nach Neuber [Neu68]
ρF = ρ + s · ρ∗ (61)
mit:
ρF = fiktiver Kerbradius
s = Faktor = f(Beanspruchungsart, Festigkeitshypothese)
ρ∗ = Ersatzstrukturlänge
• Thum (verwendet in TGL 19340) [TB32]
βk = 1 + (αk − 1) · q (62)
1
q=  3 (63)
1+ 8mm
r · 1+ σs
σB

mit:
q = Kerbempfindlichkeitszahl
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 69

Bei den beiden letzen Möglichkeiten wird die festigkeitssteigernde


Wirkung nicht über die Angabe einer Stützziffer ermöglicht. Die
Stützwirkung wird indirekt durch die Veränderung der Eingangs-
größen der klassischen Festigkeitsberechnung berücksichtigt.
Abbildung 17 macht deutlich, wie stark sich die Werte der span-
nungsmechanischen Stützziffer, vor allem für große Gradienten, je
nach Methode unterscheiden. Für die zur Erstellung dieses Diagramss
notwendigen Werkstoffkennwerte wurden die der Einspritzdüse ver-
wendet.
Kennwert Betrag Referenz
Rm 2475 N/mm2 Kapitel A.4.2
HV 750 HV Kapitel A.4.2
sg 0,5 · 5 µm Kapitel 6.1.2
Rp0,2 2230 N/mm2 0,9 · Rm (Schätzwert)

3,5
spannungsmechanische Stützziffer nsm

FKM Richtlinie

3 Bruder / Schön

Petersen

2,5 Heywood

SWL 1981

2 Schütz

1,5

1
0,01 0,1 1 10 100
-1
bezogenes Spannungsgefälle c* [mm ]

Abbildung 17: Vergleich der Berechnungsmethoden der span-


nungsmechanischen Stützziffer auf der Grundlage
des bezogenen Spannungsgefälles
70 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

4.2.6 Statistischer Größeneinfluss

Der statistische Ansatz zur Erfassung des Größeneinflusses geht da-


von aus, dass ein technischer Anriss nur von dem Werkstoffelement
mit der geringsten Festigkeit bestimmt ist (Weakest-Link-Modell).
Nach der Modellvorstellung bilden Fehlstellen im Material dieses
schwächste Werkstoffelement. In Abbildung 18 sind mögliche Fehl-
stellen eines metallischen Werkstoffes dargestellt.

Abbildung 18: Schematischer Aufbau eines vielkristallinen Metall-


gefüges [KE82]

Diese - auch Fehlstellenmodell genannte - Vorstellung wurde


zunächst von Weibull [Wei39b, Wei39a] zum Beschreiben der streu-
enden Zugfestigkeit spröder Werkstoffe angewandt und später auf
weitere Anwendungsfälle erweitert [Wei51]. Gumbel [Gum56] und
Freudenthal [FG53] formulieren auf dieser werkstoffphysikali-
schen Basis eine mathematische Beschreibung der Anrisslebensdau-
er schwingend beanspruchter Bauteile. Heckel und Mitarbeiter ge-
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 71

lang der experimentelle Nachweis für die Gültigkeit des statistischen


Größeneinflusses [Kö75, HK75, Bö79, Krä88, KH89]. Unter der An-
nahme des Weakest-Link-Modells kann die Ausfallwahrscheinlichkeit
PA eines mit der Spannung σ schwingend beanspruchten Bauteils
durch die nach Weibull benannte zweiparametrige Verteilungsfunk-
tion beschrieben werden [Sch83].
 
σ κ
PA (σ) = 1 − exp − (64)
σ0

Dabei dient die Bezugsspannung σ0 als Lageparameter (dauerfest er-


tragbare Spannung für PA = 63,21 %) und der Weibullexponent κ
als Streuparameter.
Gleichung 64 ist nur auf die Dauerfestigkeitsverteilung von Bautei-
len gleicher Größe mit homogener Spannungsverteilung anwendbar.
Zur Berücksichtigung unterschiedlicher Größenverhältnisse bei ho-
mogener Spannungsverteilung ist Gleichung 64 um das Verhältnis
von Bauteilvolumen V und Bezugsbauteilvolumen V0 zu erweitern:

V  σ κ
PA, V (σ) = 1 − exp − (65)
V0 σ0

Im Fall einer inhomogenen Spannungsverteilung muss der Umstand


berücksichtigt werden, dass nicht jedes Volumenelement mit der sel-
ben Spannung beaufschlagt wird. Dazu wird das Bauteil in infinite-
simale Teilvolumina dVi mit konstanter Beanspruchung σi unterteilt.
Ein Teilvolumen dVi besitzt dabei die Ausfallwahrscheinlichkeit:

dVi  σi κ
PA, dVi (σi) = 1 − exp − (66)
V0 σ0

Die Überlebenswahrscheinlichkeit PÜ des Gesamtvolumens ergibt


sich aus der Multiplikation der Überlebenswahrscheinlichkeiten al-
ler Teilvolumina dVi :

q
 dVi  σi κ
PÜ , V (σ) = exp − (67)
i=1 V0 σ0
72 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Die Ausfallwahrscheinlichkeit PA ergibt sich aus der Überlebenswahr-


scheinlichkeit PÜ :

q
 dVi  σi κ
PA, V (σ) = 1 − PÜ , V (σ) = 1 − exp − (68)
i=1 V0 σ0

Die einzelnen Faktoren σi in Gleichung 68 sind von der absoluten


Belastung L abhängig. Bezieht man die im Volumenelement dVi auf-
tretende Spannung σi auf die im Kerbgrund vorliegende Maximal-
spannung σmax, so erhält man eine vom Absolutbetrag der äußeren
Last L unabhängige Größe:

σ(x, y, z)
g(x, y, z) = (69)
σ max

mit:

σ(x, y, z) = σi (70)

Durch die Größe g(x, y, z) werden alle Teilvolumina dVi gemäß


den auftretenden Spannung gewichtet. g(x, y, z) ist damit nur noch
von der Belastungsart und nicht mehr von deren absoluten Größe
abhängig.
Wird Gleichung 69 in Gleichung 68 eingesetzt, ergibt sich die Aus-
fallwahrscheinlichkeit des gekerbten Bauteils wie folgt:

q
 dVi  σmax · g (x, y, z) κ
PA, V (σ) = 1 − exp − (71)
i=1 V0 σ0

Die Multiplikation lässt sich nun durch Integration über das gesamte
Volumen lösen.

1  σmax κ 
PA, V (σmax) = 1 − exp − g (x, y, z)κ dV (72)
V0 σ0 V
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 73

Geht der Ermüdungsriss von der Bauteiloberfläche und nicht vom


Bauteilinneren aus, tritt in Gleichung 65 und 72 anstelle des Volu-
mens V die Bauteiloberfläche A.
Die Ausfallwahrscheinlichkeit für eine homogene Belastung bei
Bruchausgang an der Oberfläche berechnet sich nach:

A  σ κ
PA, A (σ) = 1 − exp − (73)
A0 σ 0

Bei einer inhomogenen Belastung und Bruchausgang an der Ober-


fläche ergibt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit zu:

1  σmax κ 
PA, A (σmax) = 1 − exp − g (x, y, z)κ dA (74)
A0 σ 0 A

Die Integration von g(x, y, z)κ im Exponenten von Gleichung 72 und


Gleichung 74 heißt Spannungsintegral. Je nach Integrationsbereich,
lässt sich ein Oberflächenintegral IA und ein Volumenintegral IV an-
geben:

IA = g (x, y, z)κ dA (75)
A


IV = g (x, y, z)κ dV (76)
V

Diente als Bezugsprobe nicht ein homogen, sondern ein inhomogen


belasteter Prüfling, so sind in Gleichung 72 und 74 die Bezugsober-
fläche A0 bzw. das Bezugsvolumen V0 durch die Spannungsintegrale
der Bezugsprobe IA, 0 bzw. IV, 0 zu ersetzen:

IV  σmax κ
PA, V (σmax) = 1 − exp − (77)
IV, 0 σ0

IA  σmax κ
PA, A (σmax ) = 1 − exp − (78)
IA, 0 σ0
74 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Unter Zugrundelegung einer einheitlichen Ausfallwahrscheinlichkeit


ist es möglich, einem dem Spannungsverhältnis σ/σ0 entsprechenden
statistischen Größeneinflussfaktor nst abzuleiten.
σ
nst = (79)
σ0

Dieser Faktor gilt nur unter der Vorraussetzung:

• gleiche Oberflächentopografie,
• homogene Festigkeitsverteilungen,
• einheitliches Spannungsverhältnis R = -1 und
• gleicher Versagensort (Oberfläche bzw. Volumen).

In Tabelle 4 sind die Größeneinflussfaktoren nst für verschiedene


Bauteil– und Versagensortkombinationen dargestellt [BVDL04].

σ
nst σ0 Beschreibung

 1
A2 κ S1
A1 S2 Beide Bauteile ungekerbt
⎛ κ ⎞ κ1
g (x, y, z ) dA
⎜A2 ⎟ σmax1 Beide Bauteile gekerbt,
⎝ κ ⎠
g (x, y, z ) dA σmax2
Bruchausgangsort ist Oberfläche A
A1

⎛ ⎞1
g(x, y, z)κ dA κ
⎜A2 ⎟ S1 Bauteil 1 ungekerbt, Bauteil 2 gekerbt,
⎝ A1 ⎠ σmax2
Bruchausgangsort ist Oberfläche A
⎛ ⎞1
g(x, y, z)κ dV κ
⎜V2 ⎟ σmax1 Beide Bauteile gekerbt,
⎝ g(x, y, z)κ dV ⎠ σmax2
V1
Bruchausgangsort ist Volumen V

Tabelle 4: Stützziffern nst

Für inhomogene Festigkeitsverteilungen, die sich z.B. durch Rand-


schichthärtung ergeben können, sind die Spannungsintegrale nach
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 75

den Gleichungen 75 und 76 um die lokale Festigkeit zu erweitern.


Das formale Vorgehen zur Berücksichtigung von Festigkeitsgradien-
ten ist in [BVDL04] beschrieben.
Unter den Voraussetzungen

• Bauteilversagen an der Oberfläche und


• näherungsweise homogene Festigkeits- und Eigenspannungsver-
teilung an der Oberfläche

kann dennoch ein Größeneinflussfaktor nst angegeben werden, auch


wenn die zuvor genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden
[BVDL04].
Mit σ0 als Dauerfestigkeitswert der Bezugsprobe gilt:

1
IA , 0 κ
nst = (80)
IA

Ableitung des Weibullexponenten κ


Zur Ermittlung des statistischen Größeneinflussfaktors nst ist neben
den Spannungsintegralen der Weibullexponent κ von entscheidender
Bedeutung. Dieser ist als werkstoff- und fertigungsbeeinflusste Größe
anzusehen. Er kann aus den Schwingfestigkeitsdaten der Bezugspro-
be entweder direkt durch Auftragen der Versuchspunkte (PA ; L) im
Weibull-Netz oder indirekt aus der verteilungsabhängigen Streuspan-
ne in Lastrichtung TL (Tabelle 5) bestimmt werden.
Ist für eine Wöhlerlinie lediglich die Streuspanne in Schwingspiel-
zahlrichtung TN bekannt, kann eine Umrechnung über die Neigung
k der Wöhlerlinie erfolgen [Hai89]:
1
TL = TNk (81)
76 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Verteilung Weibullexponent κ

1.34
Weibullverteilung κ= log(TL )

1.91
Logitverteilung κ= log(TL )

1.3151
Logarithmische Normalverteilung κ= log(TL )

Tabelle 5: Ableitung des Weibullexponenten κ von der Festigkeits-


streuung TL

Eine andere Möglichkeit, die Größe des belasteten Querschnitts bei


der Berechnung zu berücksichtigen, ist das Ähnlichkeitskriterium
nach Kogaev und Serensen [HW81]:

2
nst = L
−νσ (82)
χ∗
1+ 88,3mm2

mit:
νσ = 0,2 - 0,0001 · Rm /MPa
ντ = 1,5 · νσ
L = wirksame Länge, Strecke des Querschnitts mit größter Bela-
stung.

4.2.7 Mehrachsigkeit

In Kapitel 2.5 wurden verschiedene Hypothesen vorgestellt, dem


Spannungstensor im Kerbgrund eine skalare Größe zuzuweisen. Nach
Kapitel 5.6 herrscht an der Versagensstelle ein dreiachsiger Span-
nungszustand. Nicht einmal die Oberfläche ist wegen des Innendrucks
frei von Normalkräften. Glücklicherweise treten zwischen beiden La-
sten keine Phasenverschiebungen auf, so dass das Hauptachsensy-
4.2 Formelmäßige Berücksichtigung der Parameter 77

stem immer ortsfest bleibt. Dadurch vereinfacht sich die Angabe ei-
ner Vergleichsspannung σv erheblich, da auf Vergleichsspannungshy-
pothesen aus der statischen Festigkeitslehre zurückgegriffen werden
kann [Lö99].
Die Anwendung der Normalspannungshypothese, der Schubspan-
nungshypothese und der Gestaltänderungsenergiehypothese für die
Berechnung ist damit gerechtfertigt [GD03]. Berücksichtigt man noch
die Tatsache, dass Brüche nur senkrecht zu Hauptnormalspannungen
auftreten20, scheint die Schubspannungshypothese das Versagensver-
halten werkstoffphysikalisch nicht richtig beschreiben zu können.
Die Randschicht verliert durch das Einsatzhärten in großem Umfang
ihre plastischen Eigenschaften und verhält sich daher wie ein spröder
Werkstoff [Nak86]. Nach der vorherrschenden Meinung [Lö99, Feh86,
Wel76, GD03, Zen88, HHS+ 02] würde es damit genügen, eine Ver-
gleichsspannung nach der NH zu bilden. Um den Einfluss der beiden
anderen Hauptspannungen nicht zu vernachlässigen, wird zusätzlich
noch die Vergleichsspannung nach der GEH mit in die Untersuchung
eingebunden.
Die Vergleichsspannung nach der NH und der GEH wurden zunächst
nur für statische Belastungen entwickelt. Diese wurden später auch
auf schwingende Belastungen übertragen, um Versuchsergebnisse
miteinander vergleichen zu können. Dieses Vorgehen ist als rein
phänomenologisch zu werten, bei dem auf die Rissbildungsme-
chanismen nicht näher eingegangen wird [Zen88]. Nach [Lö99] ist
es möglich, für rein wechselnde, phasengleiche mehrachsige Bean-
spruchungen die Vergleichsspannung der statischen Festigkeit auf
die Schwingbeanspruchung zu übertragen. Da der Innendruck alle
Hauptnormalspannungen proportional beeinflusst, gilt diese Über-
tragung auch für mittelspannungsbehaftete Belastungen.
Allerdings muss auf einige Besonderheiten näher eingegangen wer-
den. Der Versagensort ist die durch den Innendruck am höchsten
belastete Stelle21. Die Vergleichsspannung wird daher immer für ex-
20
Näheres siehe Kapitel 5.7.
21
Siehe Kapitel 5.7.
78 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

akt diesen Ort, den Kerbgrund, angegeben, auch wenn es vorkommen


kann, dass die höchstbelastete Stelle für p = 0 bar an einem anderen
Ort liegt.
Wie in Kapitel 3 bereits erwähnt, sind während der Lastspiele pla-
stischen Verformungen im Kerbgrund nicht zu erwarten. Die Kerb-
grundspannung kann daher aus den beiden Lasten und den dazu-
gehörigen linear-elastischen Formzahlen ermittelt werden:

σv = Kt,p,v · Lp + Kt,ax,v · Lax (83)

Zur Beschreibung des Schwingfestigkeitsverhaltens der Ein-


spritzdüsen ist nur die dynamische Druckbelastung Lp sinnvoll.
Der Einfluss der statischen Axialkraft wird durch eine geänderte
Unterspannung σu im Kerbgrund und damit durch eine veränderte
Mittelspannung σm erfasst. Gleichung 83 lässt sich daher vereinfa-
chen:

σv = Kt,p,v · Lp + σu (84)

Für jede Belastung gibt es je nach Vergleichsspannungshypothese


zwei Formzahlen Kt . Zur Unterscheidung wird das Symbol der Form-
zahl im Exponenten mit der Abkürzung der Vergleichsspannungshy-
pothese versehen:
NH
Kt,i = Formzahl nach der NH
GEH
Kt,i = Formzahl nach der GEH
mit i = p, ax
Auch die Symbole der Spannungen erhalten zur Unterscheidung diese
Kennzeichnung:
σiN H = Vergleichsspannung nach der NH
σiGEH = Vergleichsspannung nach der GEH
mit i = a, m, o, u
4.3 Auswahl der Ermittlungsmethode 79

Die Berechnung der Vergleichsspannung nach der NH erfolgt nach:

σ N H = σ1 = Max [σi] (85)

mit i = 1, 2, 3
Die Berechnung der Vergleichsspannung nach der GEH erfolgt nach:

1
σ GEH
= √ · (σx − σy )2 + (σy − σz )2 + (σz − σx)2
2
+6 · (τxy
2 + τ2 + τ2 )
yz zx (86)

Für den Fall, dass die Spannungen im Hauptachsensystem ermittelt


wurden, reduziert sich Gleichung 86 auf:

1
σ GEH
= √ · (σ1 − σ2)2 + (σ2 − σ3 )2 + (σ3 − σ1)2 (87)
2

4.3 Auswahl der Ermittlungsmethode

4.3.1 Versuchskonzept

Der für die Innendruckschwellfestigkeitsversuche verwendete


Prüfstand ermöglicht einen Parallelbetrieb von bis zu zehn Pro-
ben gleichzeitig auf einem Lasthorizont22. Für die Ermittlung der
Dauerfestigkeit bietet sich dadurch das Probit-Verfahren an. Aus
Zeit und Kostengründen wurden, außer für die Untersuchungen
des Basisdüsendesigns, nur zwei Lasthorizonte pro Variante ange-
dacht. Um den Einfluss auf die Ermittlung der 50%-Dauerfestigkeit
möglichst gering zu halten, wird die erste Laststufe so gewählt, dass
mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 15% gerechnet werden kann.
Die zweite wurde auf eine erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit von
85% gelegt.
22
Eine genauere Beschreibung des Prüfstandes findet sich unter Kapitel 5.2.1.
80 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Die Grenzlastspielzahl wurde als Kompromiss zwischen Aussagekraft


und Kosten auf NG = 5 · 106 festgelegt. Diese Festlegung scheint ge-
rechtfertigt, da sich, wie sich herausstellen wird23, die meisten Proben
vor Erreichen von 1 · 106 Lastwechseln ausfallen.

4.3.2 Statistische Auswertung

Bei dem Probit-Verfahren werden die Schätzwerte für die Ausfall-


wahrscheinlichkeit PA,i über

ri
PA,i = (88)
ni

ermittelt [BVDL04], mit:


ri = Anzahl der auf dem Lasthorizont i gebrochenen Proben
ni = Anzahl der auf dem Lasthorizont i getesteten Proben
Falls auf einem Lasthorizont nur Brüche oder nur Durchläufer auf-
getreten sind, können ausschließlich Grenzwerte für die Ausfallwahr-
scheinlichkeit angegeben werden.
Nur Brüche:

PA,i ≥ 0, 51/ni (89)

Nur Durchläufer:

PA,i ≤ 1 − 0, 51/ni (90)

Die einzelnen Zahlenpaare aus Lasthorizont Li und Ausfallwahr-


scheinlichkeit PA,i werden in das Wahrscheinlichkeitsnetz der zugrun-
degelegten Verteilungsfunktion eingetragen. Zur Ermittlung von Mit-
telwert und Streuung wird eine Ausgleichsgerade durch die Punkte
gelegt.
23
Siehe Kapitel 5.3.3.
4.3 Auswahl der Ermittlungsmethode 81

4.3.3 Statistische Verteilung der Festigkeitswerte im Dau-


erfestigkeitsgebiet

Die formelmäßige Beschreibung des stochastischen Charakters der


Dauerfestigkeit erfolgt mit Hilfe von Verteilungsfunktionen, die die
Integration der Wahrscheinlichkeitsdichte darstellen. Einschlägige
Normen und Richtlinien [DIN78, HHS+ 02, BT99] machen zur Fe-
stigkeitsverteilung keine Angaben, da bis heute diese Funktion so-
wohl hinsichtlich der Parameter, als auch hinsichtlich der Form un-
bekannt und dementsprechend noch kein statistischer Lösungsansatz
gefunden ist [Den89, Den78, Zam81, AZ03].
Üblicherweise werden zweiparametrige Verteilungsfunktionen zur Be-
schreibung des Schwingfestigkeitsverhaltens von Proben oder Bautei-
len verwendet. Eine solche Verteilungsfunktion ist zum einen durch
den Lageparameter (meist der Mittelwert) und zum anderen durch
den Streuparameter (meist die Standardabweichung) eindeutig fest-
gelegt.
Unter der Annahme eines Verteilungsmodells kann die Lebensdau-
er oder die ertragbare Spannungsamplitude für beliebige Ausfall-
wahrscheinlichkeiten berechnet werden. Bildet man aus der Ausfall-
wahrscheinlichkeit PA die verteilungsmodellabhängige standardisier-
te Merkmalsvariable u, so kann diese, sonst meist hochgradig nicht-
lineare Berechnung in ein lineares und damit mathematisch leicht
handhabbares Gleichungssystem überführt werden.

u = f (PA ) (91)

L = L + u · sL (92)

mit:
L = ertragbare Last- bzw. Spannungsamplitude für die Aus-
fallwahrscheinlichkeit PA
L = ertragbare Last- bzw. Spannungsamplitude für PA = 50 %
u = standardisierte Merkmalsvariable (Quantil)
sL = Standardabweichung in Lastrichtung
82 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Bei der Berechnung von Betriebsfestigkeiten werden logarithmierte


Merkmale gegenüber linearen bevorzugt. Dadurch lassen sich unter
anderem rechnerisch negative Lebensdauern bzw. Festigkeitskenn-
werte vermeiden [HTVB05]. Gleichung 92 ändert sich dann wie folgt:

log L = log L + u · slog L (93)

mit:
log L = Logarithmus der ertragbaren Last- bzw. Spannungs-
amplitude für die Ausfallwahrscheinlichkeit PA
log L = Logarithmus der ertragbaren Last- bzw. Spannungs-
amplitude für die charakteristische Ausfallwahr-
scheinlichkeit PA,c (uc = 0)
slog L = Standardabweichung in Lastrichtung der logarithmi-
schen Merkmalsgröße
In der Literatur werden einige Vorschläge für das Verteilungsmodell
des Schwingfestigkeitsverhaltens gemacht [BVDL04, Bux92, Den78]:

• Logitverteilung,

• Zweiparametrige Weibullverteilung,

• Logarithmische Normalverteilung,

• arcsin P -Transformation.

Die Auswertung der später in Kapitel 5.3 vorgestellten Versuchser-


gebnisse erfolgt zunächst mit der Logitverteilung. Anschließend er-
folgt ein Vergleich der erzielbaren Vorhersagegenauigkeit der mittle-
ren Dauerfestigkeit in Abhängigkeit von der zugrundegelegten Ver-
teilungsfunktion. Damit soll gezeigt werden, ob ein Verteilungstyp
die Streuung der Festigkeitswerte besser beschreibt, oder ob für den
untersuchten Bereich der Ausfallwahrscheinlichkeiten kein dominan-
ter Einfluss erkennbar ist.
4.3 Auswahl der Ermittlungsmethode 83

Logitverteilung
Für eine vorgegebene Ausfallwahrscheinlichkeit PA berechnet sich die
standardisierte Merkmalsvariable u nach der Logitverteilung aus:

3 PA
u= · ln (94)
π 1 − PA

Umgekehrt erhält man die zu einer bestimmten Merkmalsvariablen


u gehörigen Ausfallwahrscheinlichkeit PA aus:

1
PA = π (95)
1 + e− 3 ·u

Die charakteristische Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt:

PA,c = 50 % (96)

Weibullverteilung
Die zu einer vorgegebenen Ausfallwahrscheinlichkeit PA gehörigen,
standardisierte Merkmalsvariable u nach der zweiparametrigen Wei-
bullverteilung erhält man aus:
⎛ ⎞
1
u = log ⎝ln ⎠ (97)
(1 − PA )

Die zu einem vorgegebenen u gehörige Ausfallwahrscheinlichkeit PA


entsprechend aus:

u
PA = 1 − e−10 (98)

Die charakteristische Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt:

PA,c = 63, 2% (99)


84 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Lognormalverteilung
Die zu einer Ausfallwahrscheinlichkeit PA gehörige, standardisierte
Merkmalsvariable einer Normalverteilung - die Log-Normalverteilung
ist nur eine Sonderform der Normalverteilung - lässt sich analytisch
nicht explizit in einer Formel angeben. Zwar besitzt die Normalvertei-
lung eine analytisch angebbare Dichtefunktion, jedoch keine analyti-
sche angebbare Verteilungsfunktion [BB01]. Die Verteilungsfunktion
ist nur für einen speziellen Fall von Mittelwert µ und Streuung σ,
nämlich der Standardnormalverteilung mit µ = 0 und σ = 1, und
auch nur für x > µ vertafelt (z. B. in [BB01]). Durch die Symmetrie
der Normalverteilung zum Mittelwert, können auch die fehlenden
Werte für x < µ ermittelt werden.
Für PA > 50 % können die Werte direkt aus der Tabelle entnommen
werden.
Für PA < 50 % gilt:
PA = 1 - PA, T abelle
u = - uT abelle
Entsprechend kann auch die zu einer bestimmten standardisierten
Merkmalsvariablen u gehörige Ausfallwahrscheinlichkeit PA aus die-
ser Tabelle ermittelt werden.
Die charakteristische Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt:

PA,c = 50 % (100)


Arcsin P − Transformation
Für eine vorgegebene Ausfallwahrscheinlichkeit PA lässt sich die stan-
dardisierte Merkmalsvariable u durch eine trigonometrische Trans-
formation angeben:


u = arcsin PA (101)
4.3 Auswahl der Ermittlungsmethode 85

Umgekehrt erhält man die zu einer bestimmten Merkmalsvariablen


u gehörige Ausfallwahrscheinlichkeit PA aus:

PA = sin2 u (102)

Dabei sind die Besonderheiten trigonometrischer Funktion hinsicht-


lich ihrer Periodizität zu beachten.
Die charakteristische Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt:

PA,c = 0 % (103)

Die Besonderheit der arcsin P -Transformation im Vergleich zu den
zuvor genannten Verteilungen liegt darin, dass es sich um ein beid-
seitig geschlossenes Verteilungsmodell handelt, d. h. zu den Aus-
fallwahrscheinlichkeiten PA = 0 % und PA = 100 % können finite
Grenzen der Last L angegeben werden. Bei Verwendung dieses Ver-
teilungsmodells existiert eine echte Dauerfestigkeitsgrenze, unter der
die Ausfallwahrscheinlichkeit tatsächlich Null ist. Ob diese Grenze
technisch tatsächlich vorhanden ist, muss jedoch in Frage gestellt
werden24.
Um die Unterschiede der einzelnen Verteilungsfunktionen zu veran-
schaulichen, werden exemplarisch Lage- und Streuparameter jeder
Funktion durch zwei Punkte P1 (p = 2300 bar, PA = 10 %) und P2
(p = 2700 bar, PA = 90 %) bestimmt und die so festgelegten Gra-
phen zusammen in ein Diagramm dargestellt.
Für den bereits mit einer geringen Anzahl an Prüflingen erfassba-
ren Bereich der Ausfallwahrscheinlichkeiten von 10 %≤ PA ≤ 90 %,
liegen √die symmetrischen25 Verteilungen Logit, Lognormal und die
arcsin P -Transformation dicht nebeneinander (Abbildung 19). Le-
diglich die unsymmetrische Weibullverteilung weicht um bis zu 45
bar oder 1,8 % in Richtung höherer Drücke von den drei anderen ab.
24
Siehe Kapitel 6.3.3.
25
Die Symmetrie gilt nur für das direkt zugrunde liegende Merkmal, dass hier logarithmisch
geteilt ist.
86 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

1,0

0,9
Weibull
0,8 Logit
Lognormal
Ausfallwahrscheinlichkeit [-]

0,7 arcsin P

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

0,0
2200 2300 2400 2500 2600 2700 2800
Prüfdruck [bar]

Abbildung 19: Vergleich der Verteilungsfunktionen in Lastrichtung


bei linearer Achsenteilung

Bei Extrapolation auf sehr geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten von


10−4 bis 10−7, die aus technischer Sicht besonders von Interesse sind,
fallen die Unterschiede jedoch gravierender aus (Abbildung 20). Je
nach Verteilungsmodell, das man den Versuchsergebnissen zugrun-
delegt, können sich die zulässigen Dauerfestigkeiten um den Faktor
2 unterscheiden.
4.4 Vorstellung der Berechnungsmethode 87

100

Weibull
10-1
Logit
Lognormal
Ausfallwahrscheinlichkeit [-]

10-2 arcsin P

10-3

10-4

10-5

10-6

10-7
1000 1500 2000 2500 3000
Prüfdruck [bar]

Abbildung 20: Vergleich der Verteilungsfunktionen in Lastrichtung


bei logarithmischer Achsenteilung

4.4 Vorstellung der Berechnungsmethode

Für alle Konzepte, die auf einer rissfreien Modellvorstellung beruhen,


ist der Dauerfestigkeitsnachweis erbracht, wenn die durch die äußeren
Lasten aufgebrachten Belastungen kleiner oder höchstens gleich der
Belastbarkeit des Bauteils sind. Bei den örtlichen Konzepten wird
dieser Vergleich nicht über das gesamte Bauteil durch Nennspannun-
gen, sondern lokal nur für den gefährdeten Bereich durchgeführt. Die
Angabe einer Spannung oder einer Formzahl ist damit nur für den
Ort (Kerbgrund) gültig, für den sie ermittelt wurden. Dieses gilt auch
für die anderen, zur Übertragung notwendigen Parameter.
88 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Der Dauerbruch des Bauteilquerschnitts tritt dann ein, wenn die Be-
lastung an dieser Stelle gleich der Belastbarkeit ist. Für eine reine
Wechselbelastung lässt sich diese Bedingung formulieren durch:

σa (Rσ = −1) = σD (104)

mit: σD = lokale Dauerwechselfestigkeit des Bauteils im Kerbgrund


Die Umrechnung der dauerfest ertragbaren Spannungsamplitude für
reine Schwellbelastung (RL = 0) erfolgt nach dem linearen Ansatz
von Goodman mit Hilfe der Mittelspannungsempfindlichkeit Mm
nach Hück (Gleichung 32)26.

σD − Mm · σu
σa (RL = 0) = (105)
1 + Mm

mit: σu = Kt, ax · Lax


Für ein anderes Lastverhältnisses RL als Null ergibt sich die dauerfest
ertragbare Spannungsamplitude zu:

σD − Mm · (Kt, ax · Lax + Kt, p · pu )


σa (RL = 0) = (106)
1 + Mm

Der Zusammenhang zwischen von außen aufgebrachter Nennlast L


und Kerbgrundspannung σ wird durch die linear-elastischen Form-
zahlen hergestellt. Die dauerfest ertragbare Druckschwingbreite ∆p
ergibt sich dann zu:

σD − Mm · (Kt, ax · Lax + Kt, p · pu ) 2


∆p = · (107)
1 + Mm Kt, p

Und der dazugehörige Maximaldruck zu:

σD − Mm · (Kt, ax · Lax + Kt, p · pu) 2


po = pu + · (108)
1 + Mm Kt, p
26
Legitimation erfolgt in Kapitel 6.1.1.
4.4 Vorstellung der Berechnungsmethode 89

Anstelle der Nennlast p kann auch jede andere Nennlast (Fax, Mb )


treten.
Die lokale Dauerwechselfestigkeit σD wird neben der lokalen Werk-
stoffwechselfestigkeit σw noch von weiteren, in erster Linie geometri-
schen Einflüssen bestimmt.

σD = σw · nsm · nst · F0 (109)

Die über den Querschnitt inhomogenen und damit lokalen dynami-


schen Festigkeitseigenschaften eines einsatzgehärteten Werkstoffes
lassen sich durch die ortsabhängige Wirkung der Wärmebehand-
lung erklären. Makroskopisch äußert sich dies durch ortsabhängige
Härtewerte bzw. ein ortsabhängiges Eigenspannungsfeld.
Nach Kapitel 4.2.3 kann die dauerfest ertragbare Spannungsam-
plitude von eigenspannungsbehafteten Bauteilen auf zwei Arten
berechnet werden, je nach dem, ob der Eigenspannungseinfluss nach
Macherauch und Wohlfahrt oder nach Kloos und Velten
bestimmt wird. Da die messtechnische Erfassung der Eigenspannun-
gen im Spickelbereich wegen der fehlenden Zugänglichkeit und der
geringen Ausdehnung des Querschnitts nicht sinnvoll möglich ist,
ist es auch nicht sinnvoll, den Einfluss der Eigenspannungen explizit
nach Gleichung 36 numerisch zu erfassen.
Da die festigkeitssteigernde Wirkung des Einsatzhärtens
hauptsächlich auf die durch die Wärmebehandlung eingebrach-
ten Druckeigenspannungen zurückzuführen ist, kann deren Einfluss
nicht vernachlässigt werden. Es ist davon auszugehen, dass sich
durch das Einsatzhärten in der oberflächennahen Randschicht nähe-
rungsweise gleiche Eigenspannungen ergeben werden [BVDL04].
Daher wird in diesem Berechnungskonzept der Einfluss von Eigen-
spannungen auf der Belastbarkeitsseite berücksichtigt.
Die Lokalität der gesteigerten dynamischen Festigkeit wird linear an
die lokale Härte gebunden.

σw ∼ HV (110)
90 4 Berechnungsansatz und dazugehörige Übertragungsfaktoren

Dieser Zusammenhang ist für eine Vergleichsspannungshypothese


gültig.
Eine Trennung von Mittel– und Eigenspannungseinfluss ist nun nicht
mehr notwendig, so dass die Mittelspannungsempfindlichkeit nun-
mehr ohne Index nur mehr mit M bezeichnet wird.
Dauerfestigkeitswerte sind statistisch verteilt. Deren Angabe muss
daher immer in Verbindung mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit PA
erfolgen. Soweit diese in der weiteren Arbeit nicht explizit mit ange-
geben ist, handelt es sich um die mittlere Dauerfestigkeit (PA = 50
%).
91

5 Experimentelle Untersuchungen

5.1 Versuchsprogramm

In Kapitel 4 wurde ein Überblick über die im Skriptum befindli-


chen Übertragungsparameter gegeben. Für eine Einflussgröße gibt
es meist mehrere Ansätze, die zum Teil zu unterschiedlichen Er-
gebnissen führen. Mit dem im Folgenden beschriebenen Versuchs-
programm sollen die Übertragungsfaktoren für die hier untersuchten
Einspritzdüsen aus einsatzgehärtetem 18CrNi8 experimentell ermit-
telt werden. Die Diskussion mit den Literaturwerten erfolgt in Kapi-
tel 6.

5.1.1 Bezugskerbgrundfestigkeit

Um die direkte Anwendbarkeit der zur Übertragung notwendigen


Faktoren auf Einspritzdüsen zu gewährleisten, erfolgt deren quanti-
tative Ableitung nicht anhand der Festigkeitswerte von Laborproben,
sondern auf Grundlage eines Einspritzdüsentyps als Bezugsbauteil.
Dazu dient das in Abbildung 51 im Anhang dargestellte Basisdüsen-
design, wie es schon seit Jahren im Automobilbau breite Anwendung
findet. Aus den von außen aufgebrachten Nennlasten werden unter
Zuhilfenahme der im vorausgegangenen Kapitel vorgestellten Glei-
chungen und den spannungsmechanischen Größen des Bezugbauteils
die dazugehörigen Kerbgrundspannungen abgeleitet.
Ausgehend von dieser Kerbgrunddauerfestigkeit erfolgt die Berech-
nung aller Übertragungsfaktoren dieser Arbeit. Zur besseren statisti-
schen Absicherung der Dauerfestigkeitsgrenze wurden drei Laststu-
fen im Übergangsgebiet anstelle der sonst üblichen zwei durchgeführt
und zusätzlich wurde die Anzahl der Prüflinge der zwei Laststufen
in der Nähe der mittleren Dauerfestigkeit von 10 auf 20 erhöht.
Zusätzlich zum Übergangsgebiet werden zwei Laststufen im Zeitfe-
stigkeitsgebiet geprüft. So kann die Bauteilwöhlerlinie für dieses De-
sign ermittelt werden. Dies ermöglicht zum Abschluss den Ausblick
92 5 Experimentelle Untersuchungen

auf das Drucksteigerungspotential einer betriebsfesten Auslegung.


Die fünf Lasthorizonte wurden so gewählt, dass sich ausgehend von
der prüfstandsbedingten oberen Lastgrenze und einer, auf Erfah-
rungswerten beruhenden unteren Laststufe, bei der mit den ersten
Ausfällen zu rechnen ist, eine in etwa logarithmisch-äquidistante Tei-
lung ergibt.

5.1.2 Mittelspannungseinfluss unter Innendruckbelastung

Zur Übertragung gewonnener Festigkeitskennwerte auf andere Be-


lastungen, ist die Kenntnis des Mittelspannungeinflusses auf die er-
tragbare Spannungsamplitude von entscheidender Bedeutung. In Ka-
pitel 4.2.2 wurden die fünf gängigsten Ansätze, diesen Einfluss for-
melmäßig zu erfassen, vorgestellt. Da bei innenhochdruckbelasteten
Bauteilen nur schwellende Lasten auftreten können (RL,p ≥ 0), ist
für eine dauerfeste Auslegung im Wesentlichen das Dauerfestigkeits-
verhalten um den reinen Schwellbereich herum (-0,5 ≤ Rσ ≤ 0,5) zur
Berechnung bedeutsam.
Verschiedene Spannungsverhältnisse Rσ lassen sich auf zwei Arten
erreichen. Durch Erhöhung der unteren Last Lu,p verschiebt sich der
Lastzustand zu höheren Mittellasten und damit größeren Spannungs-
verhältnissen hin. Da der Druck stets größer Null ist, können sich
für innendruckbelastete Bauteile nur Lastverhältnisse RL ≥ 0 und
damit Spannungsverhältnisse Rσ ≥ 0 ergeben. Durch die statische
Axialkraft lassen sich nach Gleichung 104 dennoch negative Unter-
spannungen σu und damit Spannungsverhältnisse Rσ < 0 erzeugen.
Untersuchungen im Bereich von Rσ < 0 sind nur mit Düsenkon-
struktionen durchführbar, deren Formzahl für die Axialkraft negativ
ist. Möglich ist dies durch eine geeignete Anlagegeometrie zwischen
Düsenspannmutter und Düse, die so gestaltet ist, dass durch das Auf-
bringen der Axialkraft Druckspannungen im Spickelbereich erzeugt
werden. Je nach Anzugsmoment, respektive Axialkraft, kann so die
Größe der Unterspannung σu und damit das Spannungsverhältnis Rσ
eingestellt werden.
5.1 Versuchsprogramm 93

Es wurde die Dauerfestigkeit für drei verschiedene Konstruktionen27


und damit Unterspannungen ermittelt:
1. σuN H = - 89 N/mm2 σuGEH = - 86 N/mm2
2. σuN H = -436 N/mm2 σuGEH = -416 N/mm2
3. σuN H = -216 N/mm2 σuGEH = -217 N/mm2
Zur Ermittlung eines Datenpunktes für Rσ 0 wurde eine vier-
te Versuchsreihe mit dem Basisdüsentyp bei der prüfstandstech-
nisch maximal möglichen Unterlast pu durchgeführt. Aus technischen
Gründen konnte nur eine Laststufe geprüft werden. Die Ermittlung
der mittleren Dauerfestigkeit erfolgte durch Extrapolation des Ver-
suchsergebnisses unter Verwendung der in den Versuchen zur Kerb-
grundspannung ermittelten Streuung.
Dazwischen, für Rσ ≈ 0, dient das Ergebnis der in Kapitel 5.1.1
vorgestellten Versuchsreihe als weiterer Datenpunkt.

5.1.3 Härteeinfluss

Wegen der mangelhaften messtechnischen Zugänglichkeit des Eigen-


spannungsfeldes im Kerbbereich wird nach Kapitel 4.4 die durch
die Einsatzhärtung verursachte inhomogene Festigkeitsverteilung bei
der Berechnung allein durch die Berücksichtigung der lokalen Härte
erfasst. Nach Abbildung 12 zeigt sich für den Bereich von lokalen
Härten zwischen 700 HV und 800 HV , wie sie die einsatzgehärte-
te Randschicht des 18CrNi8 aufweist, eine deutliche Diskrepanz der
zu erwartenden lokalen Festigkeit, abhängig vom Berechnungsvor-
schlag, den man zugrunde legt. Durch die Verwendung des örtlich
elastischen Konzeptes zur Berechnung entspricht die auf den Kerb-
grund umgerechnete, im Experiment ermittelte Bauteilfestigkeit der
lokalen Festigkeit des Kerbgrundes.
Zur Analyse, welche der drei in Kapitel 4.2.1 aufgeführten Ansätze
die Abhängigkeit der lokalen Festigkeit von der lokalen Härte be-
27
Diese unterscheiden sich natürlich vom Basisdüsendesign. Die Modifikationen sind aber so
gering, dass andere festigkeitsrelevante Parameter ausser den Formzahlen Kt,p und Kt,ax nicht
verändert werden.
94 5 Experimentelle Untersuchungen

schreibt, wurden Düsen des Basisdesigns mit geänderten Wärmebe-


handlungsparametern getestet.
Dazu wurde der Aufkohlungsprozess beibehalten, jedoch die im An-
schluss an die Tiefkühlphase durchgeführte Anlassbehandlung bei
einer deutlich höheren Temperatur durchgeführt, so dass sich eine
Randhärte von maximal 600 HV einstellte. Das Gefüge der Rand-
schicht hinsichtlich Randoxidation oder Karbidgehalt blieb nachweis-
lich durch die geänderte Wärmebehandlung unverändert.

5.1.4 Oberflächeneinfluss

Die Verbindung der Nadelführungsbohrung und der Hochdruckboh-


rung erfolgt durch einen elektro-chemischen Prozess. Die dadurch
hergestellte Bohrungsverschneidung wird verfahrensbedingt bereits
entgratet. Jedoch ist die herstellbare Oberfläche verhältnismäßig rau
und der entstandene Verrundungsradius klein.
Eine Verbesserung der Oberfläche mit zeitgleicher Vergrößerung des
Verrundungsradiusses von solchen schwer zugänglichen Verschnei-
dungskanten, bietet das Umspülen mit errosiven Medien, welches
auch in vielen Bereichen der Technik Anwendung findet.
Aufgrund des geringen Durchmessersprungs an der hier vorliegenden
Geometrie, kommt es beim Umspülen mit niedrigviskosen Medien
wie z. B. Ölen nur sehr lokal zu den für einen ausreichenden Abtrag
notwendigen Strömungsgeschwindigkeiten. Um einen gleichmäßigen
Abtrag und damit eine großflächig geglättete Oberfläche zu erhalten,
kann z.B. mit einem hochviskosen Medium wie einem pastenartigen,
viskoelastischem Polymer gearbeitet werden. Ein solches Verfahren
ist das sogenannten Druckfließläppen [Tre03], bei dem das mit errosi-
ven Partikeln versehene Polymer mit wechselnder Strömungsrichtung
durch die Bohrungsverschneidung geleitet wird. Durch diesen Pro-
zess wird die Oberflächenrauigkeit auf die eines polierten Zustand
reduziert. Dies ist auch optisch an der spiegelnden Oberfläche zu
erkennen. Zudem vergrößert sich der Radius an der Bohrungsver-
schneidung. Der große Nachteil dieses Verfahrens ist die aufwendige
5.1 Versuchsprogramm 95

Reinigung des Bauteils nach dem Bearbeitungsschritt.


In Kapitel 4.2.4 wurden einige Vorschläge aus der Literatur auf-
geführt, den Einfluss der Oberflächenrauigkeit auf die Dauerfestigkeit
quantitativ zu bestimmen. Mit der Untersuchung der Dauerfestigkeit
von nachträglich druckfließgeläppten Düsen mit Basisdesign soll der
rechnerische Oberflächenfaktor FO mit dem tatsächlich ermittelten
verglichen werden.
Leider bietet sich durch die sehr eingeschränkte Zugänglichkeit des
Kerbgrundes nicht die Möglichkeit, einen Versuch mit einer deut-
lich schlechteren Oberflächengüte herzustellen. Damit hätte der Ver-
lauf des Oberflächenfaktors zu beiden Seiten hin untersucht werden
können.

5.1.5 Größeneinfluss

Die in dieser Arbeit gewonnen Erkenntnisse bzgl. der Dauerfestig-


keit sollen vom Spickel auf andere Geometrien übertragen werden.
Neben dem Einfluss der Mittelspannungen spielt die absolute Größe
des Kerbgrundes eine entscheidende Rolle. Zur Berücksichtigung der
Kerbgröße gibt es sowohl empirirsche als auch werkstoffmechanisch
begründbare Ansätze, die sich jedoch von deren Ergebnissen erheb-
lich unterscheiden. Auf Erfahrungswerte beruht die in Kapitel 4.2.5
vorgestellte spannungsmechanische Stützwirkung. In Abbildung 17
sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Vorschlägen dieser Me-
thode graphisch dargestellt.
Daneben gibt es noch den in Kapitel 4.2.6 vorgestellten statistischen
Ansatz, der auf einem werkstoffmechanischen Modell basiert.
In der Literatur ist man sich bis jetzt uneinig darüber, ob der span-
nungsmechanische [HHS+02], der statistische [BVDL04] oder auch
beide Ansätze zusammen [LZ91, LZ95] zur Berücksichtigung des
Größeneinflusses benötigt werden.
Um dies zu untersuchen, werden neben der Dauerfestigkeit der
Spickelgeometrie noch die eines Bauteils mit deutlich kleinerem und
eines mit deutlich größerem Kerbgrund bestimmt.
96 5 Experimentelle Untersuchungen

Eine möglichst große, hochbelastete Oberfläche (bzw. Volumen) wei-


sen ungekerbte Proben auf. Für Innendruckuntersuchungen bietet
sich eine Rohrprobe an. Der Sollbruchbereich ist mit einer span-
nungsoptimierten Außenkontur versehen, um den Spannungszustand
möglichst homogen zu halten. Werkstoff und Wärmebehandlung sind
identisch mit den Düsen.
Einen weitaus kleineren Kerbgrund als der Spickel weist die zweite
Kerbstelle einer Einspritzdüse, die Verschneidung der Spritzlöcher
mit dem Sackloch, auf. Nach Kapitel 4.1.3 wird dieser Kerbgrund
durch zwei nicht proportionale zyklische Lastarten beansprucht. Zur
Ermittlung der Dauerfestigkeit wurde hier nur die Axialkraft der
Nadel ohne eine zusätzliche Innendruckbelastung herangezogen, da
die Prüfstandsleistungsfähigkeit nicht ausreichend ist, um Versagen
infolge Innendrucks an dieser Stelle zu verursachen.

5.1.6 Mittelspannungsempfindlichkeit von Rundproben


unter Biegebelastung

Da die Lastkollektive für druckgesteuerte Systeme ein konstantes


Lastverhältnis von RL,p ≈ 0 aufweisen, ist eine Auslegung von Ein-
spritzdüsen mit den Übertragungsfaktoren, die durch die in Kapi-
tel 5.1.2 beschriebenen Versuchsreihen ermittelt werden, hinreichend
möglich.
Die Kollektive nadelhubgesteuerter Systeme haben eine deutlich an-
dersartige Zusammensetzung28. Deren Grundprinzip liegt darin, den
Einspritzdruck im gesamten System auch während der Einspritzun-
gen konstant zu halten. Dadurch ergeben sich für die weitaus meisten
Schwingspiele Lastamplituden mit zum Teil sehr großen Mittellasten.
Für eine dauerfeste Auslegung ist dieser Umstand unerheblich. Nicht
jedoch, wenn die Auslegung betriebsfest erfolgen soll.
In Kapitel 6.4 wird als Ausblick das Potential einer betriebsfesten
gegenbüber einer dauerfesten Auslegung abgeschätzt. Dazu ist die
Kenntnis der Mittelspannungsempfindlichkeit im Bereich von 0 ≤ R
28
Nähere Informationen über die einzelnen Systeme und ihren daraus für die Düse resultierende
Belastungen finden sich im Kapitel A.3 im Anhang.
5.1 Versuchsprogramm 97

≤ 0,7 wichtig. Nach Abbildung 13 gehen die Meinungen, wie sich


sehr große Mittelspannungen auf die ertragbare Spannungsamplitu-
de auswirken, weit auseinander.
Mit dem für die Innendruckversuche zur Verfügung stehenden
Prüfstand können nur Lastverhältnisse bis maximal 0,5 realisiert
werden29. Um dennoch eine Aussage machen zu können, wird auf
die Dauerfestigkeitseigenschaften des Konstruktionswerkstoffes σw
zurückgegriffen. Nach Kapitel 4.2.1 ist σw eines Volumenelements
nur von seiner Härte abhängig. Alle untersuchten Proben wurden
der selben Wärmebehandlung unterzogen. Dadurch bilden sich an
der einsatzgehärteten Oberfläche, im Rahmen der prozessbedingten
Streuung, nahezu gleichwertige Härtewerte aus30. Die Werkstoffdau-
erfestigkeitseigenschaften an der einsatzgehärteten Oberfläche sind
demnach für alle Bauteile näherungsweise gleich, was die Übertrag-
barkeit der Dauerfestigkeitswerte zwischen den einzelnen Versuchs-
proben zulässig macht.
Üblicherweise werden dynamische Werkstoffkennwerte durch einach-
sige Zug-Druckbelastungen an Laborproben ermittelt. Durch deren
Gestalt bildet sich über den gesamten Querschnitt eine homogene
Spannungsverteilung aus. Dies würde jedoch für einsatzgehärtete
Proben, die durch die Wärmebehandlung eine über den Querschnitt
inhomogene Festigkeitsverteilung, die am Rand am Größten ist und
zur Bauteil Mitte hin abnimmt, bedeuten, dass der Rissstart aller
Proben im blindgehärteten Bauteilkern läge. Zur Ermittlung der dy-
namischen Festigkeit der einsatzgehärteten Randschicht muss die Be-
lastung derart verändert werden, dass sich ebenfalls ein inhomoge-
ner Spannungszustand ausbildet, der Versagen an der Oberfläche der
Probe zur Folge hat.
Dafür bietet sich eine Biegebelastung an, da sich ein solcher Span-
nungsverlauf mit Zugspannungen im Kerbgrund einstellt. Da nur
schwellende Belastungen geprüft werden sollen, kann eine 3-Punkt-
Biegung erfolgen, ohne dass sich durch die Krafteinleitung ein
undefinierter Spannungszustand im Kerbgrund einstellt. Für die

29
Siehe Kapitel 5.2.1.
30
Vergleiche Abbildung 70 im Anhang.
98 5 Experimentelle Untersuchungen

Durchführung der Versuche steht eine Resonanzprüfmaschine zur


Verfügung, weswegen für die Prüfung die 3-Punkt-Planbiegung nach
dem Vorschlag von DIN EN 60672-2 [DIN00b] angewendet wird.
Zur Untersuchung der dynamischen Festigkeiten im Bereich R > 0
wurden Versuche bei folgenden Lastverhältnissen durchgeführt:

1. RL = 0
2. RL = 0,5
3. RL = 0,7

Als Prüflinge dienten Rundproben nach DIN 50125 [DIN04]. Abbil-


dung 53 im Anhang zeigt deren geometrischen Maße.
5.1 Versuchsprogramm 99

5.1.7 Versuchsprogramm im Überblick

Zur
Anzahl Gesamtanzahl
Versuchsbezeichnung Berechnung
Laststufen Prüflinge von

1 Basisdüsendesign 5 70 σw

2 Mittelspannungseinfluss 1 2 17 M, σw

3 Mittelspannungseinfluss 2 2 17 M, σw

4 Mittelspannungseinfluss 3 2 20 M, σw

5 Mittelspannungseinfluss 4 1 10 M, σw

6 reduzierte Härte 2 20 σw (HV)

7 Oberflächeneinfluss 2 20 FO

8 Rohrprobe 2 15 nsm , nst

9 Spritzlochverschneidung 3 28 nsm , nst

10 Werkstofffestigkeit (R = 0) 2 18 M

11 Werkstofffestigkeit (R = 0,5) 2 14 M

12 Werkstofffestigkeit (R = 0,7) 2 13 M

Tabelle 6: Versuchsprogramm

Die Nummerierung der Versuchsreihen wird im Fortgang der Ar-


beit beibehalten. Weitere Versuchsreihen, die nicht speziell für diese
Untersuchungen, sondern für die Entwicklung von Serienprojekten
durchgeführt wurden, aber zur Überprüfung der Berechnungsgüte
100 5 Experimentelle Untersuchungen

herangezogen werden31, erhalten zur Unterscheidung eine Numme-


rierung mit römischen Ziffern von I bis VII32 .

31
Siehe Kapitel 6.2.1.
32
Siehe Tabelle 36, 52 und 53.
5.2 Prüfstandsbeschreibung 101

5.2 Prüfstandsbeschreibung

Allen dynamischen Prüfungen gemein ist, dass die Belastungen L


sinusförmig aufgebracht werden. Ober- und Unterwert lassen sich
durch den Prüfstand einstellen. Die Prüffrequenz ist vom Prüfstand
selbst, dessen Leistungsfähigkeit und dem Energieverbrauch des Auf-
baus abhängig.

Lo
Last L

Lu

0
Zeit

Abbildung 21: Last-Zeit-Verlauf der dynamischen Prüfungen

5.2.1 Hochdruckimpulsprüfstand

Zur Ermittlung der Innenhochdruckfestigkeit des Spickels und der


Rohrprobe wurden Hochdruckimpulsprüfstände der Firma Maxima-
tor verwendet. Mit Hilfe eines Druckübersetzers und Servoventi-
len können sinusförmige Druckschwingungen erzeugt werden (siehe
Abbildung 21; L = p). Zum gesicherten Nachfüllen des Drucker-
zeugers muss ein gewisser Minimaldruck33 im System gehalten. Je
nach Druckniveau, Leckagemenge und Anzahl der Prüflinge können
Schwingfrequenzen zwischen 8 Hz und 15 Hz realisiert werden. Als
33
Der Wert kann aus Datenschutzgründen nicht genannt werden. Er liegt in der Größenordnung
von 102 bar und führt zu einem Lastverhältnis von RL ≈ 0,1.
102 5 Experimentelle Untersuchungen

Prüfmedium findet Hydrauliköl HLP 46 nach DIN 51524 [DIN85]


Verwendung.
Die vom Prüfstand erzeugte Druckschwingung wird an eine Prüflei-
ste gegeben, an deren Umfang bis zu 10 Prüflinge über dazu pas-
sende Adapter montiert werden können (siehe Abbildung 22). In der
Prüfleiste ist zudem ein Sensor angebracht, mit dessen Hilfe die Spit-
zenwerte des Druckimpuls ständig geregelt werden. Zur Brucherken-
nung wird die Temperatur jedes Prüflings durch einen Sensor über-
wacht.
Der Ausfall eines Prüflings wird vom Prüfstand automatisch ermit-
telt. Die eingestellten Abschaltkriterien sind dabei erreicht, wenn

• die Temperatur des Prüflings 15 C über der Temperatur, die


sich nach 30 Min eingestellt hat, liegt,
• der Temperaturgradient dT/dt größer als 0, 3◦ C/ 5s ist oder
• der Nebelsensor im Prüfraum wegen einer deutlichen Leckage
anspricht.

Der Abbruch kann auch manuell bei Feststellung einer deutlich


erhöhten Leckage an den Leckageanschlüssen oder einer Beölung
an anderer Stelle des Prüflings erfolgen. Die bis zum Erreichen des
Versagenskriteriums ertragenen Lastspiele werden automatisch do-
kumentiert.
Der Bauteilquerschnitt ist bei Erreichen des Abschaltkriteriums be-
reits komplett durchgerissen. Ein Anriss kann mit diesem Prüfaufbau
nicht ermittelt werden. Bei den ermittelten Lebensdauern handelt es
sich daher um Bruchlebensdauern.
5.2 Prüfstandsbeschreibung 103

6 2 3 1 4
5 1. Prüfling
2. Adapter
3. Düsenspannmutter
4. Temperatursensor
5. Prüfleiste
6. Drucksensor
7. Anschlüsse für maximal
10 Prüflinge
8. Druckversorgung von
Prüfstand p(t)
7
8

Abbildung 22: Schematischer Prüfstandsaufbau der Hochdruckim-


pulsprüfung

5.2.2 Resonanzprüfmaschine

Die dynamische Festigkeit des Konstruktionswerkstoffes sowie die


Dauerfestigkeit des Kuppenbereichs wird nicht durch Innendruck-
schwellfestigkeitsversuche ermittelt. Die dafür notwendigen zykli-
schen Lasten in Form einer Axialkraft bzw. eines Biegemoments wur-
den mit Hilfe einer Resonanzprüfmaschine der Firma Russenberger
Prüfmaschinen AG aufgebracht.
Mit dem eingebauten Resonator, bestehend aus einem Feder-Masse-
System und einem Erregermagnet, können sinusförmige Kraft-
verläufe erzeugt werden (siehe Abbildung 21; L = F). Dabei wird
der Prüfaufbau in seiner Eigenfrequenz betrieben. Zusätzlich kann
über einen statischen Spindeltrieb das Mittellastniveau variiert wer-
den34 .
Im Vergleich zur Hochdruckimpulsprüfung können nicht mehrere
Prüflinge parallel getestet werden. Statt dessen erfolgt deren Prüfung
34
Eine genaue Beschreibung der Funktionsweise findet sich z. B. in [RUS, Blu94].
104 5 Experimentelle Untersuchungen

sequentiell. Vorteil einer Resonanzprüfmaschine sind die deutlich


höheren Prüffrequenzen von bis zu 180 Hz, abhängig von der Stei-
figkeit des Aufbaus und der Prüflinge.
Eine solche Prüfmaschine ist universell einsetzbar. Ihr Verwendungs-
zweck richtet sich nach dem Prüfaufbau, der benutzt werden soll.
Zur Erprobung des Konstruktionswerkstoffes wird ein Aufbau zur
3-Punkt-Biegung (Funktionsprinzip siehe Abbildung 23) verwendet.
Die Einleitung der Prüfkraft erfolgt mittig an der Oberseite des
Prüfquerschnitts, die Ausleitung über die beiden Spannstellen S, die
sich symmetrisch um die Krafteinleitung im Abstand a außerhalb des
Prüfquerschnittes befinden.
Auch wenn die Prüfung der Werkstoffproben nur mit schwellenden
Lasten erfolgen soll, muss, um einen stabilen Betrieb bei Resonanz
zu gewährleisten, die Einspannung an den Spannstellen sowohl für
Druck- als auch für Zugkräfte erfolgen.
Eine beidseitige Einspannung ist aus dem selben Grund auch für die
Krafteinleitung am Kerbgrund notwendig.
Der Prüfstand erzeugt eine sinusförmige Kraft.

F (t) = Fm + Fa · sin ωt (111)

Über den Hebelarm der Auflager wird die Kraft im zu prüfenden


Querschnitt in ein Biegemoment umgewandelt.

Mb (t) = Mb,m + Mb,a · sin ωt (112)

mit Mb = 1
4 ·F·a
Die Spannung im Kerbgrund lässt sich nach der klassischen Balken-
theorie aus dem, von der Form und dem Prüfquerschnittsdurchmes-
ser d der Probe abhängigen Widerstandsmoment Wb, dessen Wert
Tabellenbüchern wie [IRH97] entnommen werden kann, abschätzen.

Mb (t)
σ(t) = (113)
Wb
5.2 Prüfstandsbeschreibung 105

mit:
π
Wb = · d3 (114)
32

Nach der Balkentheorie ergibt sich unabhängig von der Vergleichs-


spannungshypothese mit den Randbedingungen d = 3,5 mm und a
= 33 mm folgender formelmäßiger Zusammenhang zwischen einge-
stellter Prüfkraft und Kerbgrundspannung:

σ = 1, 96 mm−2 · F (115)

Den genauen Zusammenhang erhält man aus der Strukturanalyse


mit Hilfe Finiter Elemente.

σ = 1, 85 mm−2 · F (116)

Auch wenn die Einspannung an den Spannstellen S so wenig bie-


gesteif wie möglich ausgeführt ist, wird dennoch nicht das gesam-
te Biegemoment über den Kerbgrund geleitet. Nach dem Ergeb-
nis einer statischen Kalibrierung des Prüfaufbaus mit einem DMS-
instrumentierten Prüfling muss Gleichung 116 wie folgt abgeändert
werden:

σ = 1, 74 mm−2 · F (117)

Die feste Einspannung an der Prüfkrafteinleitung E bewirkt je nach


Größe oder Vergleichsspannungshypothese eine statische Vorspan-
nung im Kerbgrund von etwa 5 % der mittleren Kerbgrunddauerfe-
stigkeit. Deren Einfluss kann vernachlässigt werden.
Zur Prüfung der Kuppenfestigkeit wird die Axialkraft der Prüfma-
schine direkt in das Bauteil eingeleitet (siehe Abbildung 24).
Über einen Stempel wird die Prüfkraft auf die Düsennadel übertra-
gen. Diese stützt sich am Dichtsitz gegen den Düsenkörper ab (sie-
he Abbildung 8). Durch diese Anordnung können nur Druckkräfte
106 5 Experimentelle Untersuchungen

a
F(t)
S S
E
Mb(t)
K
S S

E Prüfkrafteinleitung
F(t) S Spannstelle
K Kerbgrund

Abbildung 23: Schematische Funktionsweise der 3-Punkt-Biegung

übertragen werden. Um den Aufbau stabil in seiner Eigenfrequenz


belasten zu können, muss die Unterlast immer um einen bestimmten
Betrag größer als Null sein. Der, auch für die gemachten Untersu-
chungen verwendete Wert der Unterlast, für die der Kuppenfestig-
keitsaufbau stabil betrieben werden kann, ist Fu = 100 N .
Eine genaue Beschreibung des Funktionsprinzipes sowie des Prüfauf-
baus ist in [Lic05] nachzulesen.
Auch wenn mit den beiden hier verwendeten Prüfaufbauten auch
Anrisse detektiert werden könnten, wurden zugunsten einer stabilen
Versuchsablaufs trotzdem die Versuche bis zum Erreichen des Scha-
denskriteriums Bruch fortgeführt.
5.3 Versuchsergebnisse 107

Abbildung 24: Schematischer Prüfstandsaufbau der Kuppenfestig-


keitsprüfung

5.3 Versuchsergebnisse

5.3.1 Dauerfestigkeiten

In Tabelle 7 sind die nach der Logitverteilung ausgewerteten mitt-


leren Dauerfestigkeiten σ a und Streuwerte TL der in Kapitel 5.1
beschriebenen Versuche sowie die dazugehörigen montagebedingten
Unterspannungen σu (= Kt,ax · Lax) eingetragen. Die detaillierten
Ergebnisse der Versuchsreihen sind den Tabellen 39 bis 50 zu ent-
nehmen bzw. in den Abbildungen 58 bis 67 als Wöhlerdiagramm im
Anhang dargestellt.
Abbildung 71 zeigt beispielhaft die Ermittlung von Mittelwert und
Streuung der Dauerfestigkeit. Dieses spezielle Beispiel macht deut-
lich, welche Ereignisse sich bei Untersuchungen mit stark zufalls-
bedingten Größen ergeben können. Die Ausfallraten der einzelnen
Lasthorizonte nehmen zwar mit der Spannungsamplitude zu, aber
weder ist die Zunahme streng monoton, noch liegen die Datenpunk-
te befriedigend auf der Geraden, durch die versucht wird das Festig-
108 5 Experimentelle Untersuchungen

keitsverhalten quantitativ zu beschreiben.


Aus der bisherigen Erfahrung lässt sich vermuten, dass besonders für
die Ausfallraten der Lasthorizonte L1 und L3 jeweils entgegengesetz-
te Extremwerte ermittelt wurden, da die Festigkeitsgerade eigent-
lich oberhalb des Datenpunktes L4 verlaufen sollte. Dieses Ergebnis
nimmt auf die mittlere Dauerfestigkeit weniger Einfluss, wohl aber
auf den Streuwert, der dadurch sehr groß wird und mit TL = 1,30
(1,42 ignoriert man L4 bei der Auswertung) sicher nicht mehr als
repräsentativ angesehen werden kann.

Versuchsreihe σuN H σuGEH σN


a
H
σ GEH
a TL
1 Basisdüsendesign 242 240 600 730 1,30
2 Mittelspannungseinfluss 1 -89 - 86 746 865 ≤ 1,11
3 Mittelspannungseinfluss 2 -436 -416 836 978 ≤ 1,32
4 Mittelspannungseinfluss 3 -216 -217 689 844 ≤ 1,18
5 Mittelspannungseinfluss 4 242 240 457 556 -
6 Reduzierte Härte 242 240 554 674 ≤ 1,24
7 Oberflächeneinfluss 242 240 797 969 ≤ 1,17
8 Rohrprobe 0 0 377 408 1,24
9 Spritzlochverschneidung 0 0 969 936 1,20
10 3-Punkt-Biegeversuch (R = 0) ≈0 ≈0 510 510 2,39
11 3-Punkt-Biegeversuch (R = 0,5) ≈ 0 ≈0 507 507 2,05
12 3-Punkt-Biegeversuch (R = 0,7) ≈ 0 ≈0 484 484 -

Tabelle 7: Mittlere Kerbgrunddauerfestigkeit, montagebedingte


Unterspannung und Streuspanne der Versuchsreihen

5.3.2 Zeitfestigkeit

Zur Konstruktion einer Wöhlerlinie wurden zusätzlich weitere


Prüflinge des Basisdüsentyps auf zwei Laststufen im Zeitfestigkeits-
gebiet getestet, die nur zu Brüchen führten.
Die Lage der Zeitfestigkeitsgeraden sowie deren Neigung k ist durch
den logarithmischen Mittelwert der Lebensdauern beider Lasthori-
zonte 1 und 2 im Zeitfestigkeitsgebiet festgelegt.
5.3 Versuchsergebnisse 109

log(L1) − log(L2)
k= =6
log(N 2 ) − log(N 1)

mit:
1 
10
10 log (Nij )
j=1
N i = 10

und i = 1, 2
Die Streuung in Lastspielzahlrichtung TN erhält man aus der Stan-
dardabweichung der logarithmischen Lebensdauer.



 1 10  2

slog,i =  log(Nij ) − log(N i )
10 j=1

Die Standardabweichung ergab für beide Lasthorizonte einen nahezu


identischen Wert von slog = slog,1 = slog,2 = 0,13. Für die Logit-
Verteilung gilt:

TN = 102,42·slog = 2, 06

Die Streuung in Lastspielzahlrichtung TN ist kleiner als die Streuung


in Lastrichtung TL. Nach der Schätzformel 81 würde sich für die
Streuung in Lastspielzahlrichtung mit TN = 2,06 und κ = 6 ein Wert
von TL = 1,13 ergeben.
Zusammen mit den Ergebnissen aus dem Übergangsgebiet kann die
Lage der Wöhlerlinie für das Basisdüsendesign sowie deren Streu-
breite angegeben werden. In Abbildung 25 ist das Ergebnis graphisch
zusammengefasst.
110 5 Experimentelle Untersuchungen

1500
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

1000
950
900
850
800 11 PA=90 %
750
11 PA=50 %
700
650 9 PA=10 %
600
550
500
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 25: Wöhlerlinie des Basisdüsendesigns

5.3.3 Lebensdauern

Die Modellvorstellung bei Bauteilen unter Einstufenbelastung aus


Werkstoffen, die eine echte Dauerfestigkeitsgrenze aufweisen35, geht
davon aus, dass wenn bis zur einer bestimmten Ecklastspielzahl ND
das Versagenskriterium nicht eingetreten ist, es auch nicht mehr ein-
treten wird. Basierend auf Erfahrungswerten wurde für die unter-
suchten Proben und Bauteile angenommen:

ND < NG = 5 · 106 (118)

Mit den in Kapitel A.2 im einzelnen aufgeführten Lebensdauern der


Prüflinge kann dies überprüft werden. Dazu werden alle Bruchlast-
spielzahlen, die im Übergangsgebiet ermittelt wurden, herangezogen.
Zum Übergangsgebiet zählen dabei alle Versuche, außer denen des
Basisdüsendesigns mit den beiden höchsten Lasten, da diese speziell
im Zeitfestigkeitsgebiet plaziert wurden. Dadurch werden zwar auch
35
Effekte bei sehr hohen Lastspielzahlen (VHCF) seien hier außer acht gelassen.
5.3 Versuchsergebnisse 111

Lasthorizonte anderer Varianten berücksichtigt, die ausschließlich zu


Brüchen führten, aber aufgrund ihres geringen Abstandes von der
mittleren Dauerfestigkeit können sie trotzdem zum Übergangsgebiet
gezählt werden.
Da nicht über die Grenzlastspielzahl hinaus getestet wurde und da-
mit über das jenseitige Festigkeitsverhalten keine Werte vorliegen,
wird zur Beurteilung, ob der Wert von 5 · 106 ausreichend war, die
Verteilung der Lebensdauern extrapoliert.
Sortiert man die Lebensdauern Ni nach dem Ansatz von Rossow36
[Ros64], so lassen sie sich in einem Gauß’schen Wahrscheinlichkeits-
netz darstellen und auswerten.

99,9
99,5
99
r = 91
98
95
Wahrscheinlichkeit P [%]

90
80
70
60
50
40
30
20
10
5
2
1
0,5
0,1
104 105 106 NG 107
Lastspielzahl

Abbildung 26: Statistische Auswertung der Bruchlastspielzahlen


aller Versuchsreihen

Abbildung 26 zeigt die statistische Auswertung der Bruchlastspiel-


zahlen aller Versuchsreihen. Im Bereich von 105 bis 106 entspricht die
Verteilung der Lastspielzahlen sehr gut einer Lognormalen. Nur für
36
Analog Kapitel 6.2.1.
112 5 Experimentelle Untersuchungen

kleine wie auch große Extremwerte kommt es zu leichten Abweichun-


gen. Anhand der Lage der Datenpunkte und des Bestimmtheitsmaßes
von R2 = 0,98 muss davon ausgegangen werden, dass alle Bruchlast-
spielzahlen zu einer Grundgesamtheit gehören und damit die Brüche
auf einen Schadensmechanismus zurückzuführen sind.
Die Wahrscheinlichkeit, dass, wenn das Schadenskriterium eintritt,
dies bis zu einer Lastspielzahl von 5 Millionen geschieht, liegt - unter
der Voraussetzung, dass die Extrapolation zulässig ist - bei 98 %.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 2 % der Prüflinge, die bis 5
Millionen Lastwechsel nicht versagt haben, bei höheren Lastwechseln
trotzdem noch versagen werden. Da es bei einem solchen Ereignis zu
einer Fehleinschätzung der Dauerfestigkeit kommen würde, wird des-
sen Eintretenswahrscheinlichkeit im Weiteren als Fehlerwahrschein-
lichkeit Pf bezeichnet. Reflektiert man dies wieder zurück auf die
Experimente dieser Arbeit, so ergibt nach der Binomialverteilung ei-
ne Wahrscheinlichkeit des Fehlers 2. Art37 von 95,3 %, dass einer
oder mehrere der 151 Durchläufer dennoch ausgefallen wären.

P (X > 0) = 1 − P (X = 0) = 0, 953 (119)

mit:
X = B(n,p)-verteilte Zufallsvariable
n = 151 (Anzahl der Durchläufer)
p = 0,02 (Fehlerwahrscheinlichkeit Pf )
Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass aufgrund der festgelegten
Grenzlastspielzahl die Dauerfestigkeit der einen oder anderen Ver-
suchsreihe überschätzt wurde. Um die Auswirkungen auf die Aus-
sagen dieser Arbeit zu überprüfen, werden die Bruchlastspielzahlen
näher untersucht.
Trennt man diese nach Auftreten bei Innendruckversuchen und Auf-
treten bei Resonanzprüfungen, so zeigen sich deutliche Unterschiede
in den erzielten Lebensdauern. Die statistische Auswertung getrennt
37
Dazugehörige Nullhypothese: Ein bis 5 Millionen Lastwechsel nicht ausgefallener Prüfling

fällt nicht mehr aus und wird als Durchläufer gezählt.“
5.3 Versuchsergebnisse 113

nach Prüfständen (zu finden im Anhang) zeigt eine mittlere Lebens-


dauer von 1, 1 · 105 für die Innendruckversuche im Vergleich zu 8 · 105
für die Resonanzprüfungen. Nach den Erkenntnissen von Abbildung
26 ist aber immer noch davon auszugehen, dass die Ausfälle auf den
selben Schadensmechanismus zurückzuführen sind.
Für die Innendruckversuche liegt die Fehlerwahrscheinlichkeit Pf nur
mehr bei 0,4 % (Abbildung 68), die Wahrscheinlichkeit des Fehlers
2. Art für die 109 Durchläufer dementsprechend bei 35,4 %. Der
Fehler, die tatsächliche Dauerfestigkeit zu überschätzen, ist für die
innendruckbelasteten Bauteile klein und die festgelegte Grenzlast-
spielzahl für die zu machenden Aussagen ausreichend.
Anders sieht die Situation bei den auf der Resonanzprüfmaschi-
ne durchgeführten Versuchsreihen aus. Die Fehlerwahrscheinlichkeit
liegt dort bei 5 % (Abbildung 69) und die Wahrscheinlichkeit für den
Fehler 2. Art bei 88,4 %38. Die bereits festgestellte Überschätzung
der Dauerfestigkeiten ist bei den Versuchen dieses Typs zu suchen.
Zwischen den Untersuchungen zur Kuppenfestigkeit und der Werk-
stofffestigkeit ist kein Unterschied feststellbar.
Aber die Wahrscheinlichkeit, einen Prüfling fälschlich als Durchläufer
zu werten, nimmt sehr stark ab. Abbildung 27 ist zu entnehmen,
dass nur die Fehleinschätzung von 2 Prüflingen wahrscheinlich (P
> 50 %) ist. Dennoch wäre es für Versuche diesen Typs sinnvoller,
wenigstens bis zu einer Grenzlastspielzahl von 10 Millionen zu te-
sten, auch wenn gemäß Abbildung 69 die Fehlerwahrscheinlichkeit
trotzdem noch größer ist als bei den Innendruckversuchen, jedenfalls
sofern sich das jenseitige Festigkeitsverhalten nicht vom diesseitigen
unterscheidet.
Natürlich gelten die in dieser Arbeit gemachten Aussagen streng-
genommen nur bis 5 Millionen Lastwechsel, aber der Fehler diese
auch für unendliche Lebensdauern anzuwenden, ist angesichts zweier
wahrscheinlicher, auf 27 geprüfte Lasthorizonte zu verteilender Fehl-
einschätzungen doch vernachlässigbar klein.

38
n = 42
114 5 Experimentelle Untersuchungen

Über die Unterschiede in den Bruchlastspielzahlen zwischen den bei-


den Prüfverfahren kann nur spekuliert werden. Auf den Prüfstand
an sich kann die Erklärung sicherlich nicht zurückgeführt werden.
Wohl aber auf die unterschiedlichen Belastungsarten bzw. der Art
und Weise wie sie aufgebracht werden. Dieser Fragestellung sollte
mit weiterführenden wissenschaftlichen Untersuchungen nachgegan-
gen werden.

100

90 n = 42
80 Pf = 5 %
P(X>k) = 1- SP(X=k) [%]

70

60

50
0
k

40

30

20

10

0
0 1 2 3 4 5
Anzahl der fälschlicherweise als Durchläufer gewerteten Proben k (Ni > NG)

Abbildung 27: Ereigniswahrscheinlichkeit bei den Prüfungen mit


der Resonanzprüfmaschine mindestens k Prüflinge
in Abhängigkeit von ihrer Anzahl fälschlicherweise
als Durchläufer gewertet zu haben

5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsver-


teilung

Als Ergebnis einer Versuchsreihe erhält man den Lage- und den
Streuparameter der Dauerfestigkeitsverteilung der getesteten Pro-
ben. Eine Versuchsreihe kann im Sinne der Stochastik als Stichprobe
aus der Grundgesamtheit aller Bauteile angesehen werden. Zur Un-
terscheidung der Ergebnisparameter einer Versuchsreihe von denen
der Grundgesamtheit, werden sie im Exponenten mit SP (Stichpro-
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung 115

be) gekennzeichnet. Unabhängig von der zugrundegelegten Vertei-


lungsfunktion bieten sich folgende zwei Paramter39 zur Beschreibung
eines Versuchsergebnisses an:
SP
Lageparameter: L = mittlere Dauerfestigkeit (PA = 50 %)
Streuparameter: sSP
L = Standardabweichung (d. jew. Vertfkt.)
Die Parameter der Grundgesamtheit, gekennzeichnet durch GG
(Grundgesamtheit) im Exponenten, werden aus denen der Stichprobe
abgeschätzt:

L
GG ∼
=L
SP
(120)

sGG ∼ SP
L = sL (121)

Die Gleichheit beider Ausdrücke ist nur für den Fall gegeben, dass
der Stichprobenumfang n dem Umfang der Grundgesamtheit N ent-
spricht. Im allgemeinen gilt aber n N.
Für eine aussagekräftige Bewertung der Versuchsergebnisse ist die
Kenntnis der möglichen Abweichung der Grundgesamtheit von der
Stichprobe erforderlich.
Formelmäßig lässt sich dies durch folgende Gleichungen ausdrücken:

GG SP
L =L ± ∆L (122)

L = sL ± ∆sL
sGG SP
(123)

Die Ermittlung der Dauerfestigkeitsgrenze erfolgt im Übergangs-


gebiet der Wöhlerkurve. Dort ist, im Gegensatz zum Zeitfestig-
keitsgebiet, nicht mehr die Lebensdauer der Probe (kontinuierliches
Merkmal) an sich relevant, sondern nur noch, ob die Lebensdau-
er der Probe begrenzt oder unbegrenzt ist (diskretes Merkmal). Die
Durchführung eines Versuches auf einem Lasthorizont im Übergangs-
gebiet lässt sich durch das stochastische Modell des Ziehens einer
39
Diese Darstellung gilt unabhängig davon, ob das Lastmerkmal linear oder logarithmisch
geteilt ist.
116 5 Experimentelle Untersuchungen

Stichprobe aus einer dichotomen Urne abstrahieren.


Das stochastische Ereignis, das dabei von Interesse ist, lässt sich wie
folgt definieren:
Vor dem Erreichen der Grenzlastspielzahl tritt das Versagens−
kriterium ein (Bruch).
Dementsprechend lautet das Gegenereignis:
Vor dem Erreichen der Grenzlastspielzahl tritt das Versagens−
kriterium nicht ein (Durchläufer ).
Die mit Sicherheit gerechtfertigte Annahme, dass der Bruch einer
Probe unabhängig von der Anzahl der bereits gebrochenen Proben
ist, lässt die Vereinfachung des stochastischen Modells zum Ziehen
mit Zurücklegen zu.
Zur Beschreibung des Versuchsergebnisses im Übergangsgebiet kann
daher die Binomialverteilung herangezogen werden.
Allgemein gilt die Wahrscheinlichkeit bei n Ziehungen mit Zurückle-
gen aus einer Urne genau k Kugeln mit einem bestimmten Merkmal,
dessen Auftretenswahrscheinlichkeit P beträgt, herauszuziehen, be-
rechnet sich zu [Sac99, Eng87, DM87, Bar97]:
⎛ ⎞
n⎠ k
P (X = k) = ⎝ P (1 − P )n−k (124)
k

In Anwendung auf diesen Fall tritt mit dem oben definierten Ereig-
nis, das Eintreten des Merkmals Bruch, an die Stelle der Auftretens-
wahrscheinlichkeit P in Gleichung 124 die Ausfallwahrscheinlichkeit
PA nach Kapitel 4.3.1.
⎛ ⎞
n⎠ k
P (X = k) = ⎝ PA (1 − PA )n−k (125)
k

Nach Gleichung 88 wird die Ausfallwahrscheinlichkeit PA,i für einen


Lasthorizont aus dem Verhältnis der Brüche zum Stichprobenumfang
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung 117

ermittelt. Dieser Wert wird auch als Schätzwert für die Grundgesamt-
heit verwendet (Punktschätzung).
GG SP
PA,i = PA,i (126)
GG SP
Tatsächlich wird PA,i um einen bestimmten Betrag von PA,i ver-
schieden sein. Dieser Betrag lässt sich durch ein Vertrauensintervall
eingrenzen. Die Größe diese Vertrauensintervalls hängt wiederum von
GG
der Wahrscheinlichkeit ab, mit der PA,i in diesem Intervall liegen
soll. Üblicherweise wird dafür in der induktiven Statistik das 95%-
Vertrauensintervall in Anlehnung an das Signifikanzniveau bei Hy-
pothesentests verwendet [Eng87].

PA,i,u ≤ PA,i
GG
≤ PA,i,o (127)

mit:
PA,i,u = untere Intervallgrenze
PA,i,o = obere Intervallgrenze
Für große Stichprobenumfänge (n·PA ·(1−PA ) > 9) kann, ausgehend
SP
von der im Experiment ermittelten Ausfallwahrscheinlichkeit PA,i ,
das Vertrauensintervall näherungsweise durch die Ungleichung 128
angegeben werden [Eng87, DM87]:

SP
PA,i − ∆PA,i,u ≤ PA,i
GG
≤ PA,i
SP
+ ∆PA,i,o (128)

 
 SP  SP
P
 A,i (1 − SP )
PA,i P
 A,i (1 − PA,i
SP )
SP
PA,i −z ≤ GG
PA,i ≤ SP
PA,i +z
n n

mit:
GG
∆PA,i,u = unterer Streubereich von PA,i
GG
∆PA,i,o = oberer Streubereich von PA,i
n = Stichprobenumfang
z = 1,96 für 95%-Vertrauensintervall
118 5 Experimentelle Untersuchungen

Für einen Stichprobenumfang von nur 10 Proben wird die oben ge-
nannte Voraussetzung nicht erfüllt. Eine analytische Bestimmung der
Intervallgrenzen ist somit nicht möglich. Die numerische Ermittlung,
die für kleinere Stichprobenumfänge notwendig ist, liefert dafür die
exakten Grenzen des Intervalls. PA,i,u erhält man durch Iteration
von Gleichung 129 bzw. PA,i,o durch die Iteration von Gleichung 130
[Eng87].
Untere Intervallgrenze:

SP
n·PA,i

P (X ≤ n · SP
PA,i ) = b(PA,i,u, X) = 0, 025 (129)
X=0

Obere Intervallgrenze:

n

P (X ≥ n · SP
PA,i ) = b(PA,i,o , X) = 0, 025 (130)
SP
X=n·PA,i

In Abbildung 28 sind die Grenzen des 95%-Vertrauensintervalls für


einen Stichprobenumfang von n = 10 eingetragen. Man kann gut er-
SP
kennen, dass die Streubereiche ∆PA,i,u und ∆PA,i,o deutlich von PA,i
abhängig sind. Oberer und unterer Streubereich haben meist auch
unterschiedliche Werte. Besonders deutlich wird dies für extreme
Ausfallwahrscheinlichkeiten nahe 1 bzw. 0. Die Vertrauensgrenzen
GG
von PA,i müssen daher für jede ermittelte Ausfallwahrscheinlichkeit
berechnet werden.
Die aus der Statistik kommenden Unsicherheiten bei der Ermittlung
GG
von PA,i beeinflussen die Ermittlungsgenauigkeit von L und sL. Zur
Bewertung des Einflusses bieten sich folgende Parameter an:

Lmax − Lmin
γL = (131)
L

sL,max − sL,min
γs = (132)
sL
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung 119

Stichprobenumfang 10, Vertrauensniveau 95%

0,9

0,8
PA Grundgesamtheit

0,7

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
PA Stichprobe

Abbildung 28: Grenzen des 95%-Vertrauensintervalls für einen


Stichprobenumfang von n = 10

mit:
γL = relative Ermittlungsgenauigkeit des Lageparameters
γs = relative Ermittlungsgenauigkeit des Streuparameters
Lmax = obere Streugrenze des Lageparameters
Lmin = untere Streugrenze des Lageparameters
L = experimentell ermittelter Wert des Lageparameters
sL,max = obere Streugrenze des Streuparameters
sL,min = untere Streugrenze des Streuparameters
sL = experimentell ermittelter Wert des Streuparameters
Die Gleichungen 122 und 123 können dann folgendermaßen umge-
schrieben werden:

GG SP γL
L =L · 1± (133)
2

γs
sGG SP
L = sL · 1± (134)
2
120 5 Experimentelle Untersuchungen

Die Werte für γL und γs , die sich aus den Vertrauensintervallen der
einzelnen Lasthorizonte ergeben, hängen von der Verteilungsfunktion
ab, die man zugrundelegt. Nach Kapitel 4.3.3 ist im Bereich 10 % ≤
PA ≤ 90 % der Unterschied zwischen den vier untersuchten Vertei-
lungsfunktionen sehr gering. Daher wird an dieser Stelle die Ablei-
tung von γL und γs aus dem Streubereich der Ausfallwahrscheinlich-
keiten exemplarisch nur für die Logitverteilung durchgeführt. Diese
Verteilung bietet sich an, da diese symmetrisch zum Mittelwert ist
und die Überführung der Ausfallwahrscheinlichkeit PA in die stan-
dardisierte Merkmalsgröße u durch den genannten mathematischen
Zusammenhang rechnerunterstützt leicht möglich ist. Dies verein-
facht die analytische Berechnung von γL und γs .
Zur Veranschaulichung des Einflusses des Vertrauensbereiches auf die
Auswertung der Versuchsergebnisse, ist in Abbildung 29 die Festig-
keitsgerade mit der Streuung der Versuchsreihe mit dem Basisdüsen-
design, normiert auf die mittlere Dauerfestigkeit basierend auf der
Logitverteilung, sowie die Grenzen des 95%-Intervalls aus Abbildung
28 bei logarithmischer Merkmalsteilung graphisch dargestellt.
Die Ermittlung der Dauerfestigkeitsverteilung einer Versuchsreihe
in dieser Arbeit erfolgte überwiegend durch zwei Lasthorizonte re-
präsentiert durch die beiden Punkte P1 (L1;PA,1 ) und P2 (L2;PA,2 ).
Dementsprechend wird im Folgenden die Ermittlungsgenauigkeit
auch für Versuchsreihen mit zwei Lasthorizonten abgeleitet. Die Ver-
teilung der Dauerfestigkeit im Wahrscheinlichkeitsnetz der Logit-
verteilung bildet eine Gerade. Diese wird durch die beiden Punk-
te P1 (L1;u1) und P2 (L2;u2) bestimmt, wobei ui nach Gleichung 95
aus PA,i gebildet wurde. Auch die Extremwerte der standardisierten
Merkmalsgröße u lassen sich von dieser Gleichung ableiten.


3 PA,i,o
ui,o = · ln (135)
π 1 − PA,i,o


3 PA,i,u
ui,u = · ln (136)
π 1 − PA,i,u
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung 121

∆ui,o = ui,o − ui (137)

∆ui,u = ui − ui,u (138)

mit: i = 1, 2

1,010
auf Mittelwert bezogene Dauerfestigkeit

1,005
log(L)/log(L)

1,000

0,995

0,990
-2,5 -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
standardisierte Merkmalsgröße u

Abbildung 29: Normierte Dauerfestigkeitsverteilung mit den Gren-


zen des 95%-Vertrauensintervalls für einen Stich-
probenumfang von n = 10

5.4.1 Lageparameter

Den Wert der mittleren Dauerfestigkeit als Lageparameter der Ver-


teilung, erhält man an der Stelle der Dauerfestigkeitsgeraden für
den die standardisierte Merkmalsgröße u Null wird. Nach der Zwei-
Punkt-Formel der Geradengleichung [Bar97] erhält man den Lage-
parameter L aus den beiden Punkten durch:

L2 − L1
L = L1 − u1 · (139)
u2 − u1
122 5 Experimentelle Untersuchungen

Durch den statistisch bedingten Streubereich von u kann die Dauer-


festigkeitsgerade zwei Extrempositionen annehmen, die zu den Ex-
tremwerten von L führen. Je nach Lage der beiden Lasthorizonte
müssen zur Berechnung von γL vier Fälle unterschieden werden:

1. u1,o < 0 und u2,u > 0


2. 0 < u1,o < u2,u
3. u1,o < u2,u < 0
4. u1,o > u2,u

Last L

L2

Lmax
L
Du2,u Du2,o
Lmin

L1

Du1,u Du1,o

u1 0 u2
standardisierte Merkmalsgröße u

Abbildung 30: Bestimmung der Ermittlungsgenauigkeit des Lage-


parameters

In Abbildung 30 ist Fall 1 graphisch anschaulich gemacht. Es wird


deutlich, dass die Ermittlungsgenauigkeit γL von der Steigung der
Geraden, also von der Streuung sL abhängig ist. Einen dimensionslo-
sen Wert von γL bekommt man, wenn in die Berechnung das Verhält-
nis aus Streuung- und Lageparameter sL /L eingeht. Die Ermittlungs-
genauigkeit γL ergibt sich dann abhängig von den vier Fällen zu:
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung 123

Fall 1 (u1,o < 0 und u2,u > 0):

sL (u1 − ∆u1,u) · (u2 − u1)


γL = · (140)
L (u2 − ∆u2,u) − (u1 − ∆u1,u)
sL (u1 + ∆u1,o) · (u2 − u1)
− ·
L (u2 + ∆u2,o ) − (u1 + ∆u1,o)

Fall 2 (0 < u1,o < u2,u):

sL (u1 − ∆u1,u) · (u2 − u1)


γL = · (141)
L (u2 − ∆u2,u) − (u1 − ∆u1,u)
sL (u1 + ∆u1,o) · (u2 − u1)
− ·
L (u2 − ∆u2,u) − (u1 + ∆u1,o)

Fall 3 (u1,o < u2,u < 0):

sL (u1 + ∆u1,o) · (u2 − u1)


γL = · (142)
L (u2 − ∆u2,u) − (u1 + ∆u1,o)
sL (u1 + ∆u1,o) · (u2 − u1 )
− ·
L (u2 + ∆u2,o) − (u1 + ∆u1,o)

Fall 4 (u1,o > u2,u):

−∞ ≤ γL ≤ +∞ (143)

Fall 4 ist als Sonderfall anzusehen, der leider zugleich den größten
Teil an Kombinationen von PA,1 und PA,2 einnimmt. Bei einer der-
artigen Konstellation der sich ergebenden Ausfallwahrscheinlichkei-
ten kann die mittlere Dauerfestigkeit und damit γL innerhalb des
95%-Vertrauensintervalls aufgrund der Überlappung beider Vertrau-
ensbereiche theoretisch jeden beliebigen Wert annehmen. Für diesen
Bereich kann daher keine Ermittlungsgenauigkeit angegeben werden.
Gegen die Verwendung eines Versuchsergebnisses der Zusammenset-
zung von Fall 4 für eine Auswertung spricht grundsätzlich nichts. Zu
124 5 Experimentelle Untersuchungen

beachten ist dann, dass sich durch die statistische Streuung der Ver-
suchsergebnisse sogar eine Umkehr des Trends ergibt, der zu einer
negativen Steigung und damit das gesamte Modell der Festigkeits-
verteilung ad absurdum führt.
In Abbildung 31 ist γL für einen Stichprobenumfang von n = 10,
dem Verhältnis von sL /L = 0,11 (Ergebnis der Versuchsreihe des
Basisidüsendesigns bei linearer Merkmalsteilung; Kapitel 5.3) und
allen möglichen Kombinationen von PA,1 und PA,2 eingetragen. Nur
vier Kombinationen führen bei einem Stichprobenumfang von 10 und
einem Konfidenzniveau von 95 % immer zu einem sinnvollen Wert
der mittleren Dauerfestigkeit (Fälle 1 bis 3). Die Ermittlungsgenau-
igkeit liegt dann zwischen 19 % und 76 %. Erwartungsgemäß sinkt
γL je weiter die beiden Punkte P1 und P2 auseinander liegen. Für den
in den Versuchen angestrebten Bereich von 10 % ≤ PA,1 ≤ 20 % und
80 % ≤ PA,2 ≤ 90 % liegt der Wert von γL in der Größenordnung
von 20 %.

1
Genauigkeit gL des Lageparameters

0,9

0,8

0,7

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

0
90%
80%
10%

70%
20%
30%

60%
40%

50%
50%

40%
60%

30%
70%

20%
80%

90%
10%

PA der unteren Laststufe PA der oberen Laststufe

Abbildung 31: Ermittlungsgenauigkeit des Lageparameters für die


Logitverteilung in Abhängigkeit von den Ausfall-
wahrscheinlichkeiten der Versuchsergebnisse
5.4 Ermittlungsgenauigkeit der Festigkeitsverteilung 125

5.4.2 Streuparameter

Die Streuung lässt sich als die Steigung der Festigkeitsverteilung im


Wahrscheinlichkeitsnetz graphisch interpretieren. In der Darstellung
von Abbildung 32 ist die Streuung sL um so größer, je steiler die
Gerade ist. Die Extremwerte von sL erhält man durch jeweils gegen-
seitig verschobene Vertrauensintervalle40.

Last L smax
s
smin
L2

Du2,u Du2,o

L1

Du1,u Du1,o

u1 0 u2
standardisierte Merkmalsgröße u

Abbildung 32: Bestimmung der Ermittlungsgenauigkeit des Streu-


parameters am Beispiel der Logitverteilung

Nach der Bestimmungsgleichung für die Steigung einer Geraden


[Bar97] erhält man die Streuung sL aus:

L2 − L1
sL = (144)
u2 − u1

Nach Gleichung 132 und 144 erhält man die Ermittlungsgenauigkeit


der Streuung sL aus:
40
Eine Einteilung in unterschiedliche Kombinationsfälle von Versuchsergebnissen ist hier nicht
notwendig.
126 5 Experimentelle Untersuchungen

u2 − u1
γs = (145)
(u2 − ∆u2u) − (u1 + ∆u1o)
u2 − u1

(u2 + ∆u2o) − (u1 − ∆u1u)

In Abbildung 33 ist sL für einen Stichprobenumfang von n = 10


und allen möglichen Kombinationen von PA,1 und PA,2 eingetragen.
Erst für große Abstände beider Lasthorizonte (PA,2 - PA,1 ≈ 70 %)
ergeben sich positive Werte für sL . Die Kombinationen, für die sich
unrealistische, weil negative Steigungen ergeben, entsprechen erwar-
tungsgemäß dem Fall 4 von Kapitel 5.4.1.
Aber selbst in den Bereichen, in denen sich realistische, also positi-
ve Werte für sL ergeben, könnte die Streuung um mehrere Vielfache
falsch abgeschätzt werden. Besonders fällt der Extremwert bei PA,1
= 30 % und PA,2 = 90 % mit γs = 16,4 auf.
Es empfiehlt sich daher, den aus einer Versuchsreihe ermittelten
Streuwert nicht einzeln als absolut gültig zu betrachten, sondern viel-
mehr basierend auf Streuungen aller Versuchsreihen einen geeigneten
Wert von sL für alle Versuchsreihen festzulegen.
5.5 Einfluss der Streuung der Kerbgrundbeanspruchung auf die Dauerfestigkeit127

20

Genauigkeit gs des Streuparameters


15

10

-5

-10

90%
80%
70%
10%
20%

60%
30%

50%
40%

40%
50%

30%
60%

20%
70%

80%
PA der unteren Laststufe 10% PA der oberen Laststufe

Abbildung 33: Ermittlungsgenauigkeit des Lageparameters für die


Logitverteilung in Abhängigkeit von den Ausfall-
wahrscheinlichkeiten der Versuchsergebnisse

5.5 Einfluss der Streuung der Kerbgrundbean-


spruchung auf die Dauerfestigkeit

Die statistische Verteilung der Bauteilfestigkeit rührt nicht nur aus


der Streuung der Werkstofffestigkeit oder der der äußeren Belastun-
gen. Die Streuung der Kerbgrundbeanspruchung σa und σm kann
auch durch Geometrietoleranzen des Prüflings und des Prüfaufbaus
bedingt sein.
Der Einfluss der Geometrietoleranzen auf die Kerbgrundbeanspru-
chung lässt sich durch FEM-Untersuchungen ermitteln. Die Streuung
der Kerbgrundspannungen verursacht eine Streuung der dauerfest er-
tragbaren Druckschwingbreite ∆p. Als Maß zur Quantifizierung der
Festigkeitsstreuung bietet sich daher an, die Standardabweichung der
dauerfest ertragbaren Druckschwingbreite s∆p zu verwenden.
Durch geometrische Größen bedingte Parameter, die nach Gleichung
128 5 Experimentelle Untersuchungen

107 Einfluss auf die mittlere, dauerfest ertragbare Druckschwingbrei-


te ∆p haben, sind die Formzahl Kt,p und die Unterspannung σu .

2 · σa(σu)
∆p = (146)
Kt,p

Die Prüflingsgeometrie selbst wirkt sich auf die Formzahl Kt,p und
auch auf die Unterspannungen σu im Kerbgrund aus. Die zur Ver-
schraubung der Prüflinge notwendigen Bauteile wirken sich auf die
axiale Vorspannung Lax und damit ebenfalls auf die Unterspannungs-
pannung σu aus.
Die Streuung der Montagebedingungen wie Anzugsdrehmoment, Ge-
windereibung oder Spannmuttersteifigkeit, lassen sich zur Streuung
der Axialkraft zusammenfassen. Aus den die Geometrie des Spickels
bestimmenden Faktoren lassen sich mit Methoden der statistischen
Versuchsplanung (DoE) nur diejenigen herausfiltern, die signifikan-
ten Einfluss auf die ertragbaren Spannungen haben. Die quantita-
tive Ermittlung der Einflüsse der Kerbgrundbeanspruchung auf die
Druckschwingbreite reduziert sich dadurch auf sechs Parameter:

1. Axialkraft,
2. Kesselform,
3. Abstand Kerbgrund zur Einleitungsstelle von Lax,
4. Größe der Hochdruckbohrung,
5. Kesselgröße und
6. Verrundungsradius.

Die Gesamtstreuung der mittleren, dauerfest ertragbaren Druck-


schwingbreite s∆p erhält man aus dem totalen Differential von Glei-
chung 146.

 
 6 ∂∆p

s∆p =  · sXi (147)
i=1 ∂Xi
5.5 Einfluss der Streuung der Kerbgrundbeanspruchung auf die Dauerfestigkeit129

mit Xi = (Toleranz-) Parameter


Der Wert der partiellen Ableitung ∂∆p/∂Xi wurde für jeden Para-
meter durch eine FE-Analyse bestimmt. Die Werte für die Streu-
ung der einzelnen Geometriemaße sXi wurden der Qualitätskontrolle
der laufenden Serienproduktion entnommen und spiegeln dadurch
die tatsächlich zu erwartenden Streuungen wieder. Die Streuung der
Axialkraft wurde meßtechnisch ermittelt.
In Abbildung 34 sind die Anteile der einzelnen Parameter an der Ge-
samtstreuung bezogen auf die mittlere Dauerfestigkeit41 graphisch
dargestellt. Aufsummiert ergibt sich eine relative Streuung von
s∆p /∆p = 2 %. Da diese Streuung weit unter der Genauigkeit der
Ermittlungsmethode der Dauerfestigkeit liegt, kann davon ausgegan-
gen werden, dass die Toleranzeinflüsse der beteiligten Bauteile auf die
Dauerfestigkeit vernachlässigbar sind. Hierzu erfolgt in Kapitel 6.2.1
aber noch eine nähere Untersuchung.

2,5

Einzeleinflüsse
Standardabweichung sDp / Dp [%]

2
Akkumulation der
Einflüsse
1,5
zur Einleitungsstelle
Abstand Kerbgrund
Hochdruckbohrung
Verrundungsradius

1
Kesselgröße
Kesselform

Größe der
Axialkraft

0,5

Toleranzparameter

Abbildung 34: Einfluss der wichtigsten Toleranzparameter auf die


mittlere dauerfest ertragbare Druckschwingbreite

41
Basisdüsendesign nach Kapitel 5.3.
130 5 Experimentelle Untersuchungen

5.6 Spannungsanalyse

Zur Ermittlung der von den äußeren Lasten im Kerbgrund hervorge-


rufenen Spannungen, scheiden optische [BH93] und messtechnische
Verfahren [Hof87] aufgrund der Unzugänglichkeit des hochbelaste-
ten Querschnitts aus. Wegen der geringen Baugröße und der hohen
Innendruckbelastung kann auch nicht auf Dehnmessstreifen zurück-
gegriffen werden.
Zur Spannungsanalyse eignet sich hier nur die rechnergestützte Me-
thode der Finiten Elemente (FEM). Für diese Arbeit wurde das
Berechnungsprogramm ANSYS mit folgenden Eingangsgrößen und
Werkstoffkenndaten verwendet:

• linear-elastisches Werkstoffverhalten,
• Diskretisierungsmodell des Volumens: Solid92,
• Diskretisierungsmodell der Bauteilverbindungen: Conta174
und Targe170,
• Elastizitätsmodul E = 210.000 N/mm2 und
• Querkontraktionszahl ν = 0,3.

Die Aufbringung der Axialkraft Lax erfolgt als Flächenlast über die
Dichtfläche und die Auflagefläche der Düsenschulter (siehe Abbil-
dung 11). Die Innendruckbelastung Lp wird auf alle Innenflächen
ausgenommen der Nadelführung aufgeprägt. Zwischen Nadel und Na-
delführung bildet sich aufgrund des geringen Spaltmaßes von ca. 1
µm ein starkes Druckggefälle bis hinab zu wenigen bar aus. Dieser
Tatsache wurde mit einer Druckänderung nach einem Potenzgesetz
entlang der Nadelführung Rechnung getragen.
Die größten Spannungen aus der Druckbelastung treten an der Ver-
schneidung zwischen Hochdruckbohrung und Hochdruckkessel auf
(siehe Abbildung 37). Auch die Axialbelastung führt dort zu einer
lokalen Kerbstelle.
Selbst an der Oberfläche bildet sich aufgrund der senkrecht zu ihr
5.6 Spannungsanalyse 131

wirkenden Druckbelastung ein dreiachsiger Spannungszustand aus.


Legt man mit den Randbedingungen
Ursprung am höchsten belastete Stelle an der Oberfläche,
x-Achse senkrecht zur Oberfläche,
y-Achse senkrecht zur Symmetrieebene,
ein karthesisches Koordinatensystem fest, so stellt sich bei der FE-
Analyse heraus, dass mit diesem Koordinatensystem bereits das
Hauptachsensystem beschrieben wird.
Die FE-Analyse zeigt auch, dass die Lage des Hauptachsensystems
unabhängig von der Druckbelastung Lp ist. Es bleibt somit während
eines jeden Lastzykluses ortsfest. Dies erleichtert die Ermittlung einer
Vergleichsspannung erheblich42.
Die Lage der Hauptspannungen am Spickel ist damit festgelegt:
S1: senkrecht zur Symmetrieebene,
S2: senkrecht zur Oberfläche (Betrag entspr. p),
S3: senkrecht zu S1 und S2.
Betrachtet man den Spannungsverlauf ausgehend vom Kerbgrund
senkrecht in das Material hinein, so stellt man fest, dass die Span-
nungen an der Oberfläche am Größten sind und sich nach Innen hin
verringern. Abbildung 35 kann der Wert des bezogenen Spannungs-
gradienten χ∗ entnommen werden. Für beide Vergleichsspannungs-
hypothesen ergibt sich in etwa der selbe Wert von χ∗ = 2,4 mm−1 .
Die Berechnung der Kerbgrundspannung erfolgt nach Gleichung 83
aus den ideal-elastischen Formzahlen Kt,ax und Kt,p der beiden La-
sten. Diese Werte werden aus der linearen Regression von Spannungs-
berechnungen gewonnen. In Abbildung 36 ist die Ermittlung von Kt,p
und Kt,ax bzw. σu dargestellt. Für mehrere Beträge der Lasten wird
die Vergleichsspannung an der am höchsten belasteten Stelle berech-
net. Normalerweise genügt aufgrund des linearen Werkstoffverhal-
tens die Ermittlung von zwei Punkten. Weitere Punkte können aber
zur Überprüfung der Rechenergebnisse verwendet werden. Die Ab-
42
Siehe Kapitel 4.2.7.
132 5 Experimentelle Untersuchungen

NH

GEH
Spannung

Ds 1
c* = × = 2,4 mm -1
max{s } 0,41mm

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6


Pfadlänge [mm]

Abbildung 35: Ermittlung des bezogenen Spannungsgefälles am


Spickel

weichung der berechneten Werte von denen durch die Regressions-


rechnung ermittelten sind sehr klein und können auf Rundungsfehler
zurückgeführt werden.
Für das Basisdüsendesign ergaben sich folgende Werte43:

Vergleichsspannungshypothese Kt,p σu χ∗
NH 4 242 N/mm2 2,4 mm−1
GEH 5 240 N/mm2 2,4 mm−1

Tabelle 8: Ergebnis der Spannungsanalyse des Basisdüsendesigns

Strenggenommen ist diese Vorgehensweise nur für den uniaxialen


Fall, z. B. der ersten Hauptspannung, zulässig. Nach der elementaren
Festigkeitslehre müssten bei der Berechnung mit Vergleichsspannun-
gen Vergleichsmittel- und Vergleichsausschlagsspannungen getrennt
ermittelt werden. Aber aus den in Kapitel 4.2.7 genannten Gründen
43
Die Werte von Kt,p mussten aus Datenschutzgründen auf eine Stelle gerundet werden.
5.6 Spannungsanalyse 133

Druckbelastung

Axialkraftbelastung
s = Kt , p p + su
.
Vergleichspannung

s = Kt , ax Fax
.

su

Druck / Axialkraft

Abbildung 36: Ermittlung der linear-elastischen Formzahlen

ist das zuvor beschriebene Vorgehen in diesem Fall auch für die Ver-
gleichsspannung nach der GEH möglich, auch wenn es nicht dem
Sinn des von Mises Kriteriums entspricht.
Dabei muss allerdings auf eine Besonderheit der Vergleichsspan-
nungshypothese eingegangen werden. Per Definition lässt die GEH
nur positive Werte für die Vergleichsspannung zu. Für einige Düsen-
geometrien treten aber während eines Lastspiels sowohl Zug- als
auch Druckspannungen auf. Der Betrag einer Vergleichsspannung
erhält daher ein negatives Vorzeichen, sobald für den Lastfall in einer
Hauptspannungsrichtung Druckspannungen dominant sind.
Die Berechnung des Oberflächenspannungsintegrals IA wurde mit
dem FE-Programm ABAQUS durchgeführt, wobei auf die in
[DTB04] vorgeschlagene Methode zurückgegriffen wurde. Für die
Vernetzung des Spickels und der Spritzlochverschneidung kamen qua-
dratische Tetraederelemente C3D10M und für die Rohrprobe qua-
dratische axialsymmetrische Elemente CAX8 zum Einsatz. Die FE-
Netze sind in den Abbildungen 54 bis 56 im Anhang dargestellt.
134 5 Experimentelle Untersuchungen

Es ergaben sich abhängig vom Weibullexponenten κ folgende Werte:


Weibullexponent κ IAN H IAGEH
5 2,014 2,086
10 0,704 0,510
15 0,382 0,224
20 0,248 0,129
25 0,179 0,086
30 0,139 0,062
35 0,112 0,048
40 0,093 0,039
45 0,080 0,032
50 0,069 0,027

Tabelle 9: Oberflächenbezogene Spannungsintegrale IA des Spickels

Das Vorgehen bei der Ermittlung der Kerbgrundspannung bei allen


anderen untersuchten Geometrien war analog44, wenngleich die Be-
rechnung für die beiden Kerbfälle Spritzlocheinlaufkante und Rohr-
probe mit ABAQUS durgeführt wurde. Auch die Lage des Hauptach-
sensystems lässt sich durch die selben Randbedingungen bestimmen.
Vergleichsspannungshypothese Kt,p σu χ∗
NH 4 0 N/mm2 0,3 mm−1
GEH 4 0 N/mm2 0,4 mm−1

Tabelle 10: Ergebnis der Spannungsanalyse der Rohrprobe

44
Die Werte von Kt,p für die Rohrprobe mussten aus Datenschutzgründen auf eine Stelle
gerundet werden.
5.6 Spannungsanalyse 135

Weibullexponent κ IAN H IAGEH


5 1711 1874
10 1385 1474
15 1224 1301
20 1112 1185
25 1024 1095
30 952 1021
35 889 958
40 835 902
45 787 853
50 744 809

Tabelle 11: Oberflächenbezogene Spannungsintegrale IA der Rohr-


probe

Vergleichsspannungshypothese Kt,p σu χ∗
NH 0,63 MP a/N 0 N/mm2 0,3 mm−1
GEH 0,61 MP a/N 0 N/mm2 0,4 mm−1

Tabelle 12: Ergebnis der Spannungsanalyse der Spritzlochver-


schneidung

Weibullexponent κ IAN H IAGEH


5 0,03836 0,03436
10 0,00809 0,00544
15 0,00368 0,00207
20 0,00222 0,00112
25 0,00155 0,00074
30 0,00118 0,00054
35 0,00095 0,00043
40 0,00079 0,00035
45 0,00068 0,00029
50 0,00059 0,00025

Tabelle 13: Oberflächenbezogene Spannungsintegrale IA der Spritz-


lochverschneidung
136 5 Experimentelle Untersuchungen

5.7 Fraktographie

Aus der Vielzahl der während der Tests gebrochenen Proben wurden
immer wieder einige Exemplare entnommen und deren Bruchfläche
geöffnet. In der anschließenden licht- und rasterelektronenmikrosko-
pischen Analyse zeigte sich immer das selbe Bruchbild.
Der Riss startet an der Verschneidung der Hochdruckbohrung mit
dem Kessel an der Bauteiloberfläche. Nach der FE-Analse ist dort
auch der Bereich mit den höchsten Belastungen. Von dort setzt sich
der Riss als transkristalliner Schwingbruch entlang der Symmetrie-
ebene, in der auch die höchste Hauptnormalspannung herrscht, fort
(siehe Abbildung 37), erfasst den gesamten Spickelquerschnitt und
tritt an der Dichtfläche an die Oberfläche. Auf der gegenüberliegen-
den Seite der Hochdruckbohrung bildet sich meist nach dem Durch-
trennen des Spickelquerschnitts ein Sekundärriss, der sich ebenfalls
bis zur Oberfläche fortsetzt. Der Riss ist dann deutlich an der Man-
telfläche des Düsenbundes zu sehen.
Anhand der Schwingstreifen, die eine mittlere Breite von 2 µm auf-
weisen, und einer Querschnittslänge von ca. 20 mm, lässt sich der
Anteil der Rissfortschrittsphase am Versagen der Probe auf 104 Last-
wechsel schätzen.

REM-Aufnahme FEM-Analyse

Hochdruckbohrung Hochdruckbohrung
Nadelführung Nadelführung

Rißbegin
am höchsten
Hochdruckkessel
belastete Stelle
Hochdruckkessel

Abbildung 37: Spannungsanalyse und Fraktographie im Spickelbe-


reich (Ebene der größten Hauptspannung)
5.7 Fraktographie 137

Ohne bildliche Hinterlegung sei noch vermerkt, dass auch der


Bruchausgang aller anderen Kerbgeometrien an der rechnerisch am
höchsten belasteten Stelle zu finden ist und sich der Riss jeweils in
der Ebene der ersten Hauptspannung fortpflanzt.
138 6 Diskussion der Ergebnisse

6 Diskussion der Ergebnisse

6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse

6.1.1 Mittelspannungsempfindlichkeit bei niedrigen Mit-


tellasten

Zur Übertragung der Dauerfestigkeitskennwerte auf andere Last-


zustände muss die Abnahme der mittleren, dauerfest ertragbaren
Spannungsamplitude σa mit zunehmender Mittelspannung σm for-
melmäßig beschrieben werden:

σa = f (σm ) (148)

In Kapitel 4.2.2 wurden hierzu zwei lineare, zwei hyperbolische und


ein parabolischer Ansatz vorgestellt. Die Ergebnisse der fünf Ver-
suchsreihen, die zur Auswertung des Mittelspannungseinflusses zur
Verfügung stehen, sind in Abbildung 38 dargestellt. Die dazugehöri-
gen Einzelwerte sind Tabelle 51 im Anhang zu entnehmen.
Obwohl mit den Versuchen ein weites Feld an Mittelspannungen ab-
gedeckt wird, macht es die Streuung des Datenmaterials schwierig,
im Vorfeld anhand der Lage der Datenpunkte eine Aussage zu tref-
fen, welcher der fünf Ansätze den Verlauf der Versuchsergebnisse am
besten beschreibt. Dies ist nur durch eine mathematische Analyse
möglich.
Hingegen kann man entnehmen, dass der Charakter der Funktion
zur Beschreibung des Mittelspannungseinflusses unabhängig davon
ist, ob die Vergleichsspannung nach der NH oder der GEH gebildet
wird. Wenn nicht anders bezeichnet, beziehen sich daher alle Anga-
ben dieses Kapitels auf nach der NH gebildete Werte.
Mit Hilfe der Methode der kleinsten Fehlerquadrate lässt sich für
jeden Ansatz die optimale Regression bestimmen. Um die Güte der
einzelnen Ansätze beschreiben zu können, wurde auf den aus der
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 139

1400
Spannungsamplitude sa [N/mm²]

1200
NH

1000 GEH

R=0
800

600

400

200

0
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800
Mittelspannung sm [N/mm²]

Abbildung 38: Versuchsergebnisse zur Untersuchung des Mit-


telspannungseinflusses dargestellt im Haigh-
Diagramm

linearen Regressionsrechnung bekannte Bestimmtheitskoeffizient R2


zurückgegriffen [BB01].


8
(σa,i − σ̂a,i)2
R2 = 1 − i=1
(149)

8 2
(σa,i − σ a,i )
i=1

mit:
σa,i = mittlere, dauerfest ertragbare Spannungsamplitude der
Versuchsreihe i
σ̂a,i = nach der zugrundegelegten Formel berechneter Wert der
Spannungsamplitude (σ̂a,i = f (σm,i ))
σ a,i = Mittelwert der mittleren, dauerfest ertragbaren Span-
nungsamplitude der Versuchsreihe i
140 6 Diskussion der Ergebnisse

Tabelle 14 enthält die zur Beschreibung der Bestimmungsgleichung


der einzelnen Ansätze notwendigen Parameter, sowie den sich damit
ergebenden Bestimmtheitskoeffizienten R2 .

Ansatz nach Gleichung Parameter 1 Parameter 2 R2


σa (σm =0)
Goodman (28) x·Rm
= 0,40 σa (σm = 0) = 990 0,852
σa (σm =0)
Gerber (29) (x·Rm )2
= 2,3·10−4 σa (σm = 0) = 839 0,840

Haibach - M = 0,82 σa (σm = 0) = 670 0,791


Smith, Watson,
(30) PSW T = 985 - 0,786
Topper

Bergmann (31) PSW T = 1087 k = 1,42 0,829

Tabelle 14: Parameter der einzelnen Ansätze unter Zugrundelegung


der NH

In Abbildung 39 sind die Versuchsergebnisse sowie die Kurven-


verläufe der mathematischen Ansätze graphisch in einem Haigh-
Diagramm zusammengefasst.
Durch die große Streuung der Versuchsergebnisse ergibt sich für kei-
nen der untersuchten Ansätze ein zufriedenstellender Wert des Be-
stimmtheitskoeffizienten. Dies untermauert den optischen Eindruck
der Funktion zur Beschreibung der Mittelspannungsempfindlichkeit
keinen eindeutigen Charakter zuweisen zu können.
Im Bereich von Rσ = 0 sind die Unterschiede zwischen den einzelnen
Ansätzen so gering, dass sie in der Streuung der Versuchsergebnisse
untergehen. Für Spannungsverhältnisse die von Null differieren, wer-
den die Unterschiede etwas deutlicher.
An der oberen Grenze des untersuchten Mittelspannungsbereiches
bei R ≈ 0,5 treffen die Vorschläge von Goodman und Gerber di-
rekt auf das Versuchsergebnis. Die drei anderen Vorschläge liegen
jedoch auch nur maximal 15 % davon entfernt. Bei reiner Wechsel-
beanspruchung wären die Unterschiede (bis zu 50 %) zwischen den
Theorien eindeutig feststellbar, aber für nahezu mittelspannungsfreie
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 141

1400

R=0
1200
Spannungsamplitude sa [N/mm²]

1000

800

600
Goodman
400 Gerber
Haibach
R = 0,5
Smith, Watson, Topper
200
Bergmann
Versuchsergebnisse
0
0 200 400 600 800 1000 1200 1400
Mittelspannung sm [N/mm²]

Abbildung 39: Vergleich der Ansätze zur mathematischen Be-


schreibung des Mittelspannungseinflusses darge-
stellt im Haigh-Diagramm

Belastungen liegen keine Versuchsergebnisse vor. Diese Lastzustände


sind bei innendruckbeaufschlagten Bauteilen nicht zu erwarten, so
dass hier weiterführende Erkenntnisse bezüglich des Festigkeitsver-
haltens auch nicht unbedingt notwendig werden.
Zwischen den einzelnen Ansätzen lässt sich auf Grundlage des vor-
liegenden Datenmaterials schwer eine Unterscheidung treffen. Dafür
liegen die R2 -Werte zu dicht beieinander. Umgekehrt heißt das aber,
dass die Ansätze als gleichwertig anzusehen sind und daher auch al-
le zur Beschreibung der Mittelspannungsempfindlichkeit verwendet
werden können.
Am ehesten beschreibt auch für extreme Spannungsverhältnisse der
Ansatz von Goodman den Mittelspannungseinfluss der Bauteile.
Dies äußert sich auch durch den größten R2 -Wert. Da sich ein li-
nearer Zusammenhang mathematisch auch noch leichter handhaben
lässt, wird zur Übertragung von Schwingfestigkeitskennwerten die
Goodman-Gerade verwendet, wie es bei Nennspannungskonzepten
142 6 Diskussion der Ergebnisse

weit verbreitet ist.


Zur mathematischen Beschreibung kann für die Steigung der Geraden
die Mittelspannungsempfindlichkeit M nach Schütz (Gleichung 32)
verwendet werden. Durch die Gleichungen 33 und 34 wurden zwei
Methoden vorgeschlagen, den Wert von M anhand von Werkstoff-
kenngrößen abzuschätzen. Jedoch liegen die Werte von M, die sich
für die einsatzgehärtete Düse ergeben, je nach zugrundegelegtem An-
satz weit auseinander.
Murakami nach Gleichung 34:

750HV
M = exp(0, 0693 · + 0, 157) − 1 = 0, 232
1000

In die Berechnung nach der FKM-Richtlinie geht die Zugfestigkeit


Rm ein. Dem Anwender stellt sich jedoch die Frage, welcher Wert von
Rm einzusetzen ist. Die Zugfestigkeit des blindgehärteten Materials
oder die Abschätzung für die einsatzgehärtete Randschicht, wie sie z.
B. für die Berechnung des Oberflächeneinflusses vorgeschlagen wird.
Dies wird von den Autoren der Richtlinie nicht eindeutig beantwor-
tet.
FKM-Richtlinie nach Gleichung 33 mit der Zugfestigkeit des
blindgehärteten Zustandes:

M = 0, 35 · 1350 N/mm2 · 10−3 − 0, 10 = 0, 372

FKM-Richtlinie nach Gleichung 33 mit der Zugfestigkeit der ein-


satzgehärteten Randschicht:

M = 0, 35 · 3, 3 · 750HV · 10−3 − 0, 10 = 0, 766


6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 143

Nach der Bestimmungsgleichung der Goodman-Geraden ergibt sich


aus dem vorliegenden Datenmaterial eine Mittelspannungsempfind-
lichkeit von M = 0,40. Keiner der drei Ansätze liefert exakt diesen
Wert. Das vollständige Bild erhält man nur, wenn man die Extrem-
werte der Eingangsgrößen Härte (von 700 HV bis 800 HV ) und
Zugfestigkeit des blindgehärteten Zustandes (von 1230 N/mm2 bis
1470 N/mm2 ) der einzelenen Berechnungen mit in Betracht zieht.
Murakami:

800HV
Mmax = exp(0, 0693 · + 0, 157) − 1 = 0, 237
1000

700HV
Mmin = exp(0, 0693 · + 0, 157) − 1 = 0, 228
1000

FKM-Richtlinie mit Rm des blindgehärteten Zustandes:

Mmax = 0, 35 · 1470 N/mm2 · 10−3 − 0, 10 = 0, 414

Mmin = 0, 35 · 1230 N/mm2 · 10−3 − 0, 10 = 0, 330

FKM-Richtlinie mit Rm des randschichtgehärteten Zustandes:

Mmax = 0, 35 · 3, 3 · 800HV · 10−3 − 0, 10 = 0, 824

Mmin = 0, 35 · 3, 3 · 700HV · 10−3 − 0, 10 = 0, 708

Bestimmt man die Zugfestigkeit der Randschicht nicht nach der


FKM-Richtlinie (Gleichung 22), sondern nach Velten (Glei-
chung 24), so liegen die Schätzwerte für M noch weiter vom Ver-
suchsergebnis entfernt.
144 6 Diskussion der Ergebnisse

FKM-Richtlinie für Rm nach Velten:

Mnom = 0, 35 · (4, 02 · 750HV − 347) · 10−3 − 0, 10 = 0, 834

Mmax = 0, 35 · (4, 02 · 800HV − 347) · 10−3 − 0, 10 = 0, 904

Mmin = 0, 35 · (4, 02 · 700HV − 347) · 10−3 − 0, 10 = 0, 763

Legt man die berechnete Mittelspannungsempfindlichkeit M als Stei-


gung der Goodman-Geraden zugrunde, erhält man folgende Be-
stimmtheitskoeffizienten R2 für das vorliegende Datenmaterial.
Gleichung für M M Wert für Rm Härte [HV ] σaN H (σm = 0) R2
Versuch 0, 40 - - 990 0, 852
34 (Murakami) 0,23 - 750 855 0,704
34 (Murakami) 0,24 - 800 859 0,713
34 (Murakami) 0,23 - 700 852 0,697
33 (FKM) 0,37 1350 N/mm2 - 968 0,849
33 (FKM) 0,41 1470 N/mm2 - 1002 0,851
33 (FKM) 0,33 1230 N/mm2 - 934 0,827
33 (FKM) 0,77 Gl. 22 750 1290 0,125
33 (FKM) 0,82 Gl. 22 800 1335 -
33 (FKM) 0,71 Gl. 22 700 1242 0,336
33 (FKM) 0,83 Gl. 24 750 1337 -
33 (FKM) 0,90 Gl. 24 800 1402 -
33 (FKM) 0,76 Gl. 24 700 1285 0,137

Tabelle 15: Bestimmtheitskoeffizient für die Goodman-Gerade in


Abhängigkeit von der zugrundegelegten Mittelspan-
nungsempfindlichkeit M

Die Abschätzung der Mittelspannungsempfindlichkeit M nach


Murakami liefert einen viel zu flachen Verlauf der Goodman-
Geraden. Der Einfluss von Mittelspannungen würde nach diesem An-
satz für den vorliegenden Fall deutlich unterschätzt, was sich auch in
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 145

einem sehr geringen Bestimmtheitsmaß von 0,697 bis 0,713 äußert.


Nach der FKM-Richtlinie unter Einbeziehung der Zugfestigkeit
der einsatzgehärteten Randschicht, egal ob nach Gleichung 22 oder
24 berechnet, überschätzt man den Einfluss erheblich. Der Bestimmt-
heitskoeffizient sinkt dadurch auf sehr kleine, sogar negative Werte.
Würde man die von Haibach vorgeschlagene Drittelung der Mittel-
spannungsempfindlichkeit, anders als ursprünglich gedacht auf den
gesamten, untersuchten Bereich von -0,25 < Rσ < 0,5 anwenden,
schätzt man, ähnlich wie Murakami, die Auswirkungen von Mittel-
spannungen zu gering ein.
Legt man für Gleichung 33 die Zugfestigkeit des blindgehärteten
Werkstoffzustandes zugrunde, liegt die im Experiment bestimmte
Mittelspannungsempfindlichkeit innerhalb der Grenzen, die sich für
die Extremwerte der Eingangsgrößen ergeben können. Das Versuchs-
ergebnis liegt zwar am oberen Wertebereich, dennoch entspricht die-
se Erkenntnis nicht ganz der Aussage der FKM-Richtlinie, wo-
nach die Mittelspannungsempfindlichkeit randschichtgehärteter Bau-
teile wegen der größeren Zugfestigkeit im Randbereich größer ist als
für den blindgehärteten Zustand. Es werden jedoch, anders als beim
Oberflächeneinfluss oder der spannungsmechanischen Stützwirkung,
auch keine quantitativen Angaben über die Zunahme der Mittelspan-
nungsempfindlichkeit gemacht.
Die Versuchsergebnisse werden mit diesem Ansatz hinreichend genau
beschrieben. Diese gute Übereinstimmung ist angesichts der großen
Ergebnisstreuung auch für den unteren Extremwert der in der DIN
10084 für den 18CrNi8 genannten Zugfestigkeit von Rm = 1230
N/mm2 mit einem Bestimmtheitsmaß von 0,827 gegeben.
Als erste Abschätzung der Mittelspannungsempfindlichkeit im Vor-
feld einer konstruktiven Auslegung, scheint die Methode nach der
FKM-Richtlinie mit den Werten des blindgehärteten Zustandes
geeignet. Fraglich dabei ist allerdings, ob die Mittelspannungsemp-
findlichkeit der einsatzgehärteten Randschicht mit den Festigkeits-
werten des blindgehärteten Zustandes tatsächlich zusammenhängt
oder ob sich dies nur zufällig ergeben hat. Neben der Annahme, dass
das Einsatzhärten keinen Einfluss auf die Mittelspannungsempfind-
146 6 Diskussion der Ergebnisse

lichkeit hat, wäre auch noch die Möglichkeit denkbar, dass die Mittel-
spannungsempfindlichkeit für sehr große Zugfestigkeiten doch nicht
mehr weiter anwächst. In einem Entwicklungsprozess für Serien-
bauteile sollte daher der Mittelspannungseinfluss des Konstruktions-
werkstoffes dann experimentell nachgewiesen werden, um verlässliche
Aussagen treffen zu können.
Abschließend seien zum Vergleich noch die Werte der Mittelspan-
nungseinflussansätze genannt, die sich ergeben, wenn die Kerbgrund-
spannungen nach der GEH gebildet werden.

Ansatz nach Gleichung Parameter 1 Parameter 2 R2


σa (σm =0)
Goodman (28) x·Rm
= 0,40 σa (σm = 0) = 1198 0,911
σa (σm =0)
Gerber (29) (x·Rm )2
= 1,8·10−4 σa (σm = 0) = 992 0,881

Haibach - M = 0,93 σa (σm = 0) = 818 0,900


Smith, Watson,
(30) PSW T = 1186 - 0,839
Topper

Bergmann (31) PSW T = 1325 k = 1,47 0,901

Tabelle 16: Parameter der einzelnen Ansätze unter Zugrundelegung


der GEH

Wie bereits festgestellt, ändert sich an der Aussage zum Charakter


des Einflusses nichts. Die beiden Steigungen der Goodman-Geraden
unterscheiden sich um weniger als 2 %. Angesichts der großen Streu-
ung der einzelnen Datenpunkte kann ohne weitere Rechnungen be-
hauptet werden, dass die Mittelspannungsempfindlichkeit für beide
Vergleichsspannungshypothesen identisch ist. Zu bemerken bleibt bei
der Auswertung nach der GEH allerdings, dass die Versuchsergebnis-
se, egal nach welchem Ansatz, gemessen am Bestimmtheitskoeffizi-
enten R2 spürbar besser mit der Berechnung übereinstimmen.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 147

6.1.2 Kerbgrundwechselfestigkeit und Härteeinfluss

Die durch die geänderten Wärmebehandlungsparameter reduzierte


Härte bewirkt eine Verringerung der Dauerfestigkeit um 45 N/mm2
(NH) bzw. 56 N/mm2 (GEH) oder 8 % im Vergleich zu Düsen mit
Standardhärtewerten.

σN H
a (reduzierte Härte) 555 N/mm2
= = 0, 92 (150)
σN
a
H (Standardhärte) 600 N/mm2

σ GEH
a (reduzierte Härte) 674 N/mm2
= = 0, 92 (151)
σ GEH
a (Standardhärte) 730 N/mm2

Im Kerbbereich der Düsen wurden für beide Wärmebehandlungs-


zustände folgende Härtewerte gemessen:
Standardhärte 753
reduzierte Härte 589
Bestimmt man aus den Versuchsergebnissen unter Zuhilfenahme
der in Kapitel 6.1.1 ermittelten Mittelspannungsempfindlichkeit die
Wechselfestigkeiten beider Wärmebehandlungszustände, so lassen
sich diese in einem Diagramm zum Vergleich mit den Berechnungs-
vorschlägen aus der Literatur darstellen (Abbildung 40).
Durch die beiden Datenpunkte kann unter Annahme eines linearen
Zusammenhangs die Abhängigkeit der lokalen Dauerfestigkeit von
der lokalen Härte wie folgt angegeben werden:

NH
σD (HV ) = 0, 39 · HV + 675 (152)

GEH
σD (HV ) = 0, 48 · HV + 800 (153)

Das Verhältnis der Wechelfestigkeiten, abgeleitet aus den Versuch-


sergebnissen und berechnet nach den in Kapitel 4.2.1 vorgestellten
148 6 Diskussion der Ergebnisse

1400
lokale Wechselfestigkeit szdW [N/mm²]

1200

1000

800

600
Velten

400 Murakami

Lang
200 Versuchsdaten NH

Versuchsdaten GEH
0
500 550 600 650 700 750 800
lokale Härte [HV]

Abbildung 40: Vergleich der experimentell ermittelten Abhängig-


keit der Festigkeit von der Härte zu Berechnungs-
vorschlägen aus der Literatur

Ansätzen, ist in Tabelle 17 für beide Vergleichsspannungshypothesen


dargestellt45 .

NH NH
σD (Rechnung) / σzdW (Versuch) Velten Lang Murakami
Standardhärte 0,73 0,54 1,00
reduzierte Härte 0,78 0,53 0,87
GEH GEH
σD (Rechnung) / σzdW (Versuch) Velten Lang Murakami
Standardhärte 0,61 0,45 0,84
reduzierte Härte 0,65 0,44 0,73

Tabelle 17: Vergleich der Wechselfestigkeit zwischen Rechnung und


Experiment

45
Für den Ansatz nach Velten wurden die Werte für a und b des 20MoCrS4 aus [Vel84]
verwendet.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 149

Auch wenn aus den Versuchsergebnissen die beiden Parameter a und


b von Gleichung 13 und 14 bestimmt werden können, kann die Theo-
rie nach Velten, dass die Festigkeit bei Härten größer 500 HV keine
weitere Steigerung erfährt, bereits anhand der Kerbgrundfestigkeit
σ a verworfen werden. Im Gegensatz zu den Parametern a und b, ist
diese Grenze, ab der die Härte keinen Einfluss mehr hat, nach [Vel84]
keine werkstoffabhängige Größe. Außerhalb der Erfahrungswerte von
Velten könnte für den 18CrNi8 diese Härtegrenze bei Werten größer
600 HV liegen. Diese Aussage lässt sich aber aus dem vorliegenden
Datenmaterial nicht belegen.
Zwar spiegelt der Ansatz nach Lang die Zunahme der Festigkeit
mit der lokalen Härte wieder, jedoch weicht der Wert dieser rela-
tiven Zunahme mit 0,30 MP a/HV um 23 % bzw. 38 % von den
Versuchsergebnissen ab46. Absolut gesehen ist der Unterschied zwi-
schen Experiment und der Theorie von Lang weitaus größer. Die
Wechselfestigkeit würde bei Verwendung von Gleichung 20 um den
Faktor 2 unterschätzt und scheidet daher als akzeptabler Ansatz zur
Bestimmung der Wechselfestigkeit aus.
Wirft man einen Blick auf Abbildung 40, so erweckt die Lage der
Versuchsergebnisse den Eindruck, dass diese bei Verwendung der NH
verhältnismäßig gut durch den Ansatz von Murakami vorhergesagt
werden. Quantitativ liegt die maximale Abweichung der Berechnung
vom Versuchsergebnis schlechtestenfalls bei 13 % (siehe Tabelle 17).

Es liegt die Vermutung nahe, dass der Parameter area, der die Ei-
genschaften des Werkstoffgefüges berücksichtigt, in die Berechnung
der Härteeinflusses eine werkstoffmechanische Größe einbringt, die
einen weitaus breiteren Einsatzbereich der Formel ermöglicht als die
rein auf Empirik beruhenden Ansätze von Velten und Lang.
Definitionsbedingt unterscheiden sich die Kerbgrundspannungen je
nachdem, ob sie nach der GEH oder NH gebildet werden. Die gute
Übereinstimmung ist bei Verwendung der GEH daher nicht mehr ge-
geben.
Anhand der Gleichungen 152 und 153 ist ersichtlich, dass die Ver-
gleichsspannungshypothese sowohl auf die relative Änderung, wie
46
0,30 / 0,39 = 0,77; 0,30 / 0,48 = 0,62.
150 6 Diskussion der Ergebnisse

auch auf den absoluten Wert der Wechselfestigkeit Einfluss nimmt


(0,39 / 0,48 = 0,81; 675 / 800 = 0,84). Die Abweichung von den Ver-
suchsergebnissen liegt dann bei 16 % bzw. 27 %. Zur Abschätzung
der Dauerfestigkeit nach der GEH ist Gleichung 17 folglich ebenfalls
nicht geeignet.
Dieses Resultat ist darauf zurückzuführen, dass der zugrundeliegende
formelmäßige Zusammenhang im Laborversuch anhand einachsiger
Belastungen aufgestellt wurde und die darin enthaltenen Konstan-
ten nur für einachsig dominierte Vergleichsspannungen (S1 S2 , S3 )
gelten. Für Vergleichsspannungen, die von mehrachsigen Belastungen
(S1 ≈ S2 ≈ S3 ) dominiert werden, müssen andere Konstanten für die
Übertragung bestimmt werden. So ergibt sich in Anlehnung an Glei-
chung 17 für die Berechnung nach der GEH folgender Vorschlag:

(HV + 120)
σzdW, A = 1, 80 · √ 1 (154)
areaA 6

Für den in Abbildung 12 und 40 dargestellten Kurvenverlauf der Be-


rechnung nach Murakami liegt ein auf Messungen beruhenden mitt-
lerer Korndurchmesser an der Oberfläche im Kerbgrund von 5 µm
zugrunde. Die Bestimmung der Korngröße anhand von Schliffen lie-
fert nur einen ungefähren metrischen Wert, weswegen üblicherweise
Gefügerichtreihen zur Quantifizierung verwendet werden. Der Wert
der Wechselfestigkeit reagiert durch den formelmäßigen Zusammen-
hang von Gleichung 17 zudem sensibel auf den Wert der Korngröße
(∂σzdw / ∂KG = -32 MP a / µm). Für KG = 5 µm ergibt sich mit
dem vorliegenden Datenmaterial zwar bereits ein sehr guter Wert
des Bestimmtheitskoeffizienten von R2 = 0,989. Die Zugrundelegung
eines anderen mittleren Korndurchmessers könnte das Versuchser-
gebnis dennoch besser beschreiben.
Sucht man die Korngröße, für die R2 maximal wird, um das Daten-
material am besten formelmäßig beschreiben zu können, so ergibt
sich ein KG von 4,5 µm mit einem R2 von 0,990. Wie durch die
geringe Auswirkung auf den Bestimmtheitskoeffizienten bereits an-
gedeutet, wird dadurch jedoch die Übereinstimmung von Versuch
und Rechnung nur marginal verbessert.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 151

NH NH
σD (Rechnung) / σzdW (Versuch) KG 5 µm KG 4, 5 µm

Standardhärte 1,00 1,02


reduzierte Härte 0,87 0,89
GEH GEH
σD (Rechnung) / σzdW (Versuch) KG 5 µm KG 4, 5 µm

Standardhärte 1,06 1,05


reduzierte Härte 0,92 0,92

Tabelle 18: Vergleich der Wechselfestigkeit berechnet nach Mura-


kami mit den Versuchsergebnissen

Ob der Ansatz nach Murakami auch für andere Werkstoffe und


Lastfälle ebenfalls geeignet ist, kann hier nicht beantwortet werden.
Für das vorliegende Datenmaterial kann durch die Berücksichtigung
des Gefügeeinflusses bei der Berechnung der Härteeinflusses auf die
Wechselfestigkeit mit einer Genauigkeit von ca. 11 % berechnet wer-
den. Für eine rein rechnerische Auslegung ist diese Genauigkeit si-
cherlich nicht ausreichend, jedoch kann damit im Vorfeld eine gute
Abschätzung getroffen werden.

6.1.3 Oberflächeneinfluss

Im Vergleich zur rein durch elektro-chemischen-Materialabtrag


(ECM) hergestellten Bohrungsverschneidung, bringt das anschlie-
ßende Druckfließläppen (DFL) eine Steigerung der mittleren Dau-
erfestigkeit um 197 N/mm2 (NH) bzw. 239 N/mm2 (GEH) oder 33
% mit sich.

σN
a
H
(DF L) 797 N/mm2
= = 1, 33 (155)
σN
a
H (ECM) 600 N/mm2

σ GEH
a (DF L) 969 N/mm2
= = 1, 33 (156)
σ GEH
a (ECM) 730 N/mm2
152 6 Diskussion der Ergebnisse

Gemäß Gleichung 38 lässt sich ein für den vorliegenden Lastfall


gültigen Oberflächenfaktor FO als Verhältnis zwischen der mittle-
ren Wechselfestigkeit47 σD des unbehandelten Zustandes (ECM) im
Vergleich zum polierten, druckfließgeläppten Zustand (DFL) definie-
ren.

NH
σD (ECM) 951 N/mm2
FO = N H = = 0, 776 (157)
σD (DF L) 1226 N/mm2

Wie bereits erwähnt, bewirkt das Druckfließläppen eine Verbesserung


der Oberflächenbeschaffenheit im Kerbgrund, ausdrückbar durch die
Rauigkeit Rz bzw. Rt , sowie eine Vergrößerung des Radiuses r der
Bohrungsverschneidung. Beide Parameter wurden an jeweils fünf
Düsen mit dem Basisdüsendesign gemessen.

gemittelte Verrundungs-
Rauhtiefe Rt
Oberflächenprozess Rauhtiefe Rz radius [mm]
[µm]
[µm]

ECM 1,75 2,46 0,07


DFL 0,40 0,53 0,12

Tabelle 19: Messwerte des Kerbgrundes gemittelt aus jeweils fünf


Proben

Mit keinem der in Kapitel 4.2.4 vorgestellten Ansätze kann die Fes-
tigkeitssteigerung alleine durch einen Oberflächenfaktor FO nach den
Gleichungen 39 bis 43, der die maximal ertragbare Wechselspan-
nungsamplitude σD nach Gleichung 109 beeinflusst, erklärt werden.
Nach Tabelle 20 wäre maximal mit einer Drucksteigerung um den
Faktor 1,15 zu rechnen.
47
Die Ableitung der Wechselfestigkeiten σD erfolgte nach Gleichung 108 aus den Versuchser-
gebnissen nach der NH. Nach der GEH würde sich ein Oberflächenfaktor von FO = 0,773 ergeben.
Der Unterschied ist vernachlässigbar.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 153

FO (DF L)
Berechnung nach Gl. FO (ECM) FO (DFL) FO (ECM )
DIN 3990 39 0,969 1 1,03
FKM, Rm = 2475 N/mm2 42 0,942 1 1,06
FKM, Rm = 1350 N/mm2 42 0,956 1 1,05
Siebel und Gaier, Rm = 2475 N/mm2 40 0,864 1 1,15
Siebel und Gaier, Rm = 1350 N/mm2 40 0,896 1 1,12

Tabelle 20: Oberflächenfaktoren FO für den Spickelbereich berech-


net aus der Oberflächenrauigkeit

Die zweite vom Druckfließläppen beeinflusste, festigkeitsrelevante


Größe ist der Verrundungsradius der Bohrungsverschneidung. Aus
den Untersuchungen von Kapitel 5.5 ist der Einfluss des Verrun-
dungsradiuses auf die Spannungen im Kerbgrund bekannt. Die, durch
die Variation des Verrundungsradiuses bedingte Änderung der er-
tragbaren Druckschwingweite ∆(∆p) bezogen auf die experimentelle
mittlere Druckschwingbreite ∆p, ergibt sich mit einem Radiusunter-
schied von ∆r = 0,05 mm nach Tabelle 19 zu:

∂(∆p)
∆(∆p)
= ∂r · ∆r = 0, 081mm−1 · 0, 05mm = 4 · 10−3
∆p ∆p

Der Einfluss des Kerbradiuses ist viel zu gering um zu spürba-


ren Drucksteigerung zu führen. Der schwache Zusammmenhang zwi-
schen Verrundungsradius und Kerbgrundspannung ist darauf zurück-
zuführen, dass der Kerbgrund nicht direkt auf dem Verrundungsra-
dius, sondern an dessen Auslauf sitzt (vergleiche Abbildung 37).
Der Oberflächenfaktor der in Tabelle 20 aufgeführten Berechnungs-
methoden wurde ursprünglich für spanend bearbeitete Maschinenele-
mente mit meist deutlich größeren Abmessungen als die einer Düse
abgeleitet. Als Bezug dient der polierte Zustand mit einem Rz bzw.
Rt von 1 µm für den Ansatz nach Siebel und Gaier und der FKM-
Richtlinie, sowie 0,48 µm für den Ansatz nach der DIN 3990,
154 6 Diskussion der Ergebnisse

der üblicherweise aus Laborproben ermittelt wurde. Bereits das Ba-


sisdüsendesign liegt mit durchschnittlich 1,75 µm sehr nahe an die-
sem Bezug. Der druckfließgeläppte Zustand weist sogar eine deutlich
feinere Oberflächenstruktur auf.
Die Ansätze nach Siebel und Gaier und der FKM-Richtlinie
sind für Oberflächenrauigkeiten kleiner 1 µm nicht definiert. Es wird
davon ausgegangen, dass auch eine noch feinere Oberfläche zu keiner
weiteren Festigkeitssteigerung führt.
Ignoriert man für die Berechnung nach der FKM-Richtlinie Glei-
chung 41 und lässt auch Oberflächenrauigkeiten kleiner 1 µm zu, so
ergeben sich - abhängig von der zugrundegelegten Zugfestigkeit Rm -
zwar höhere Werte für die zu erwartende Drucksteigerung, die jedoch
noch nicht hoch genug sind, um die Drucksteigerung zu erklären.
Nach der FKM-Richtline gilt für Rm = 1350 N/mm2 :

FO (DF L) 1, 07
= = 1, 12
FO (ECM) 0, 96

für Rm = 2475 N/mm2:

FO (DF L) 1, 10
= = 1, 17
FO (ECM) 0, 94

Wegen der mathematischen Formulierung kann nach dem Ansatz von


Siebel und Gaier für eine Oberflächenrauigkeit kleiner 1 µm kein
Oberflächenfaktor berechnet werden. Nähert man die mathematisch
bedingte Definitionslücke durch lineare Extrapolation der, durch die
beiden Punkte für Rt = 2,46 µm und Rt = 1 µm gegebenen Funktion
an, so kann ein FO für Rt = 0,53 µm angegeben werden.
Nach Siebel und Gaier gilt für Rm = 1350 N/mm2:
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 155

FO (DF L) 1, 03
= = 1, 16
FO (ECM) 0, 89

für Rm = 2475 N/mm2:

FO (DF L) 1, 04
= = 1, 20 (158)
FO (ECM) 0, 87

Auch durch diese Methode lässt sich ein höherer, aber dennoch für
eine Erklärung der Festigkeitssteigerung nicht ausreichender Wert
eines Oberflächenfaktors angeben.
Neben der Rauigkeit können durch das Druckfließläppen auch ande-
re oberflächentechnische Parameter verändert werden. Schott stellt
in [Sch97] fest, dass sich durch hydroerrosives Schleifen eine weni-
ge hundertstel Millimeter dicke, verfestigte Randschicht ausbildet,
die eine Verbesserung des Dauerfestigkeitsverhaltens zur Folge ha-
ben soll. Notwendig für eine Verfestigung der Oberfläche wäre aber
ein auf die Oberfläche gerichteter Fluidstrom. Die Impulsänderung
der darin befindlichen Schleifpartikel könnte u. U. die erforderlichen
Druckspannungen einbringen. Bei der hier vorliegenden Geometrie
erfolgt jedoch die Zuströmung des Mediums tangential an den Kerb-
grund. Es ist daher nicht vorstellbar, dass durch das Verrunden eine
Verfestigung der Randschicht eintritt.
Auch wenn durch die spanende Bearbeitung des Druckfließläppens
in der oberflächennahen Randschicht eine Veränderung des Eigen-
spannungszustandes erfolgt, ist die Dicke dieser Randschicht durch
den geringen Materialabtrag derart gering, dass das gesamte Ei-
genspannungsfeld an der Kerbgeometrie dadurch nicht nennenswert
verändert wird.
Eine mögliche, durch den Aufkohlungsprozess eingebrachte Randoxi-
dation, die sich negativ auf das Schwingfestigkeitsverhalten auswirkt,
würde durch einen nachträglichen Schleifprozess entfernt werden.
Die Aufkohlung für die untersuchten Bauteile findet jedoch unter
156 6 Diskussion der Ergebnisse

inerter Atmosphäre statt, so dass sich nachweislich auch für nicht


nachträglich verrundete Düsen keine Randoxidationschicht im Kerb-
grund bildet.
Theoretisch könnte die für die Gleichungen notwendige Zugfestigkeit
Rm als zu gering angesetzt worden sein. Die Angabe eines Wertes
von Rm , für den die zu erwartende Druckfestigkeitssteigerung mit
der im Experiment beobachteten übereinstimmt, wäre jedoch völlig
willkürlich und mit den Versuchsdaten nicht belegbar.
Es ist dagegen viel wahrscheinlicher, dass die den Gleichungen 39
bis 43 zugrundeliegende Empirik nur für die dort verwendeten Bau-
teile und Lastfälle anwendbar ist, von denen sie abgeleitet wurden.
Für den vorliegenden Lastfall muss demnach eine neue Empirik be-
gründet werden, die einen Oberflächenfaktor FO von 0,776 für eine
Oberflächenrauigkeit von Rz = 1,75 µm bzw. Rt = 2,46 µm bezogen
auf den polierten Zustand ergibt. Diese Zusammenhänge gelten nur
innerhalb der Erfahrungswerte, von denen sie abgeleitet wurden. Ei-
ne Extrapolation auf Werte weit außerhalb wäre nicht begründet. Ob
zur Bewertung der Oberfläche die Rauhtiefe Rt oder deren gemittel-
ter Wert Ra herangezogen werden muss kann durch die vorliegenden
Ergebnisse nicht beurteilt werden.

FO (Rz ) = 0, 861 − 0, 349 · log Rz (159)

FO (Rt) = 0, 907 − 0, 336 · log Rt (160)

Der deutlich größere Einfluss der Oberflächenbeschaffenheit auf die


Dauerfestigkeit könnte in der hohen Kerbschärfe begründet sein.
Auch [HV89] stellt unter Bezugnahme auf [Sch76a] fest, dass die
Kerbempfindlichkeit einsatzgehärteter Proben bezüglich der Ober-
flächenbeschaffenheit sehr groß ist.

6.1.4 Größeneinfluss

Ein Indiz für den Einfluss der absoluten Kerbgröße auf die ertrag-
bare Last liefert schon die Tatsache, dass die Spritzlochverschnei-
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 157

dung, obwohl deren Formzahl für Innendruckbelastung ähnlich der


des Spickels ist, durch Innendruckbelastung nicht zu Bruch gebracht
werden kann. Es kommt zuvor immer zu einem Ausfall des Spickels,
der bei Bauteilversuchen unweigerlich mitgetestet werden muss.
Der quantitative Nachweis ist in Abbildung 41 zu sehen. Die dazu-
gehörigen Einzelwerte der ertragbaren Spannungsamplitude können
Tabelle 7 entnommen werden.

1200

Rohrprobe Spickel Spritzlocheinlaufkante


Spannungsamplitude sa [N/mm²]

1000

800

600

400

NH
200
GEH

0
0,1 1 10 100
bezogenes Spannungsgefälle c*

2 3 -2 -1 -4 -3
10 - 10 10 - 10 10 - 10
Oberflächenintegral IA

Abbildung 41: Ertragbare Spannungsamplitude in Abhängigkeit


von der Kerbgröße

Die Lage der Versuchsdaten bestätigt die Grundaussage aller


Ansätze, dass die ertragbare Spannungsamplitude σa mit zunehmen-
der Kerbgröße abnimmt. Als Mass für die Kerbgröße wird für den
spannungsmechanischen Ansatz das bezogene Spannungsgefälle χ∗
und für den statistischen Ansatz das Spannungsintegral48 IA verwen-
det.
48
Hier oberflächenbezogen, da nur Versagen an der Oberfläche auftrat.
158 6 Diskussion der Ergebnisse

Nach Gleichung 109 wirkt sich die Stützwirkung der Kerbgröße auf
die lokale Dauerwechselfestigkeit des Kerbgrundes σD aus. Diese er-
gibt sich für die drei Kerbfälle mit M = 0,4 nach Gleichung 108
zu:
NH GEH
Kerbfall σD σD
Spickel 970 1159
Spritzlochverschneidung 1381 1336
Rohrprobe 560 606

Tabelle 21: Lokale Dauerwechselfestigkeiten der drei Kerbgeometri-


en

Berücksichtigt man die leicht unterschiedliche Randhärte der Kerbge-


ometrien49 durch die ermittelte Härteempfindlichkeit nach Gleichung
152 bzw. 153, wobei der Spickel als Bezug dient, und die unterschied-
lichen Oberflächenbeschaffenheiten mit dem Oberflächenfaktor nach
Gleichung 15950, so ändern sich die Werte von Tabelle 21 wie folgt:
NH GEH
Kerbfall σD σD
Spickel 1250 1494
Spritzlochverschneidung 1714 1665
Rohrprobe 710 772

Tabelle 22: Bezüglich Härte und Oberflächenrauheit korrigierte, lo-


kale Dauerwechselfestigkeiten der drei Kerbgeometrien

SpannungsmechanischerAnsatz
Alle in Abbildung 17 dargestellten Ansätze, den Größeneinfluss span-
nungsmechanisch zu erfassen, basieren auf dem bezogenen Span-
nungsgefälle χ∗ , dessen Einfluss von den Autoren stark unterschied-
lich eingeschätzt wird.
Wird der Größeneinfluss nur durch die spannungsmechanische
Stützwirkung bestimmt, so stellt sich der Zusammenhang zwischen
49
Siehe Abbildung 70 im Anhang.
50
Die alternative Verwendung von Gleichung 160 würde nur marginale Veränderungen mit sich
bringen.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 159

bauteilabhängiger (lokaler) Kerbgrundwechselfestigkeit σD und der


Konstanten (lokale) Werkstoffwechselfestigkeit σw als Abwandlung
von Gleichung 109 durch

σD = σw · nsm (161)

her. Oder anders ausgedrückt:

σD
σw = = const. (162)
nsm

mit: nsm = f(χ∗ ) nach einer der Gleichungen 50 bis 57.


Da der Wert der spannungsmechanischen Stützziffer nsm als Funkti-
on des bezogenen Spannungsgefälles χ∗ vom mathematischen Ansatz
abhängt, gilt dies auch für die Wechselfestigkeit σw .
Das übliche Vorgehen, den Spickel als Bezug zu verwenden und die
beiden anderen Kerbfälle in Relation zu betrachten, ist hier nicht
zielführend, eine Entscheidung zwischen den Ansätzen zu treffen.
Setzt man

σD (Spickel)
σw = (163)
nsm (χ∗Spickel )

so lassen sich die Versuchsergebnisse kaum sinnvoll beschreiben51.


Zwar lässt die Auswertung nach der NH deutlich zwischen den einzel-
nen Ansätzen differenzieren, aber für die Auswertung nach der GEH
kann für keinen Ansatz ein vernünftiger Wert angegeben werden.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass alle mathematischen Formulie-
rungen einen konkaven Kurvenverlauf der Kerbgrundwechselfestig-
keit beschreiben, wohingegen die Versuchsergebnisse nach der GEH
einen konvexen indizieren. Diese Unterschied erklärt sich dadurch,
dass für den Kerbfall Spritzlochverschneidung im Gegensatz zu al-
len anderen Kerbfällen die Formzahl für die GEH kleiner ist als für
51
Siehe die in Tabelle 23 dargestellten Bestimmtheitskoeffizienten der Übereinstimmung zwi-
schen berechneter und experimentell ermittelter Kerbgrundwechselfestigkeit.
160 6 Diskussion der Ergebnisse

die NH. Dies hängt wiederum damit zusammen, dass die Nennlast
in diesem Fall nicht Innendruck ist. Der Spannungszustand an der
Kerbgrundoberfläche ist dadurch nur zweiachsig (σx = 0).

Vergleichsspannungs-
NH GEH
hypothese

Ansatz σw R2 σw R2
FKM-Richtlinie 1193 0,13 1426 -
Bruder / Schön 1154 0,43 1380 0,02
Petersen 1160 0,41 1386 0,01
Heywood 1248 0,00 1492 -
SWL 1981 788 0,81 942 0,00
Schütz 870 0,73 1039 -

Tabelle 23: Wechselfestigkeiten und Bestimmtheitskoeffizienten


der einzelnen Ansätze zum spannungsmechanischen
Größeneinfluss mit der Kerbgrundfestigkeit des Spickels
als Bezugsgröße

Aussagekräftiger ist es für jeden Ansatz die dazugehörige Wechselfe-


stigkeit zu ermitteln, für die sich die experimentellen Resultate am
besten annähern lassen52. Nach Tabelle 24 fällt die Übereinstimmung
zwischen Berechnung und Experiment nun deutlich besser aus. Um
einen Maßstab zur Beurteilung des Bestimmtheitskoeffizienten zu ha-
ben, ist dort zusätzlich dessen Wert eingetragen, der sich durch die
Nichtberücksichtigung der spannungsmechanische Stützwirkung bei
der Berechnung ergibt (nsm = 1 = f(χ∗)).
Abbildung 17 kann man bereits entnehmen, dass alle Ansätze, die
in irgendeiner Form Werkstoffeigenschaften - sei es die Zugfestigkeit
Rm (FKM-Richtlinie), die Streckgrenze Rp0,2 (Heywood), die lokale
Härte (Bruder / Schön) oder die Korngröße (Petersen) - als Berech-
nungsparameter beinhalten, eine sehr geringe spannungsmechanische
Stützwirkung voraussagen, deutlich weniger als nach Tabelle 22 not-
wendig wäre, um den Größeneinfluss auf die dynamische Festigkeit
52
Gesucht wird der Wert für σw für den R2 maximal wird.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 161

Vergleichsspannungs-
NH GEH
hypothese

Ansatz σw R2 σw R2
FKM-Richtlinie 1178 0,68 1250 0,67
Bruder / Schön 1109 0,82 1186 0,80
Petersen 1116 0,81 1176 0,80
Heywood 1223 0,67 1308 0,67
SWL 1981 739 0,95 763 0,89
Schütz 770 0,96 785 0,86
nsm = 1 1226 0,67 1290 0,67

Tabelle 24: Wechselfestigkeiten und Bestimmtheitskoeffizienten


der einzelnen Ansätze zum spannungsmechanischen
Größeneinfluss mit optimierter Kerbgrundfestigkeit

zu erklären.
So ist es nicht verwunderlich, dass die Übereinstimmung zwischen
Rechnung und Experiment nach der FKM-Richtlinie und Hey-
wood kaum besser ist, als wenn man die spannungsmechanische
Stützwirkung ganz vernachlässigt.
Obwohl die Stützwirkung nach Bruder/Schön und Petersen nur
geringfügig größer ausfällt, steigt der Bestimmtheitskoeffizient be-
reits über 0,8.
Eine akzeptable Übereinstimmung für die Auswertung nach der NH
ergibt sich erst nach den Synthetischen Wöhlerlinien von 1981 oder
Schütz, deren Formeln von keinen weiteren Übertragungsfaktoren
abhängen. Entsprechend der bereits gemachten Feststellung, dass die
Datenpunkte ausgewertet nach der GEH entgegen allen Ansätzen
konvex verlaufen, ist die erzielbare Übereinstimmung für die GEH
immer spürbar geringer als für die NH.
Obwohl sich herauskristallisiert, dass diese beiden Ansätze von allen
untersuchten eindeutig am besten geeignet sind, den Größeneinfluss
zu beschreiben, können sich Rechnung und Versuchsergebnis dennoch
um bis zu 35 % unterscheiden.
162 6 Diskussion der Ergebnisse

Spritzloch-
NH NH verschnei- Rohrprobe
σD (Rechnung) / σD (Versuch) Spickel
dung

SWL 1981 0,93 0,95 1,35


Schütz 0,89 0,99 1,26

Spritzloch-
GEH GEH verschnei- Rohrprobe
σD (Rechnung) / σD (Versuch) Spickel
dung

SWL 1981 0,81 1,03 1,33


Schütz 0,76 1,08 1,22

Tabelle 25: Vergleich zwischen den berechneten und experimen-


tell ermittelten Wechselfestigkeiten für die Ansätze der
SWL 1981 und Schütz

StatistischerAnsatz
Für die vorliegenden Lastfälle lässt sich der statistische Größenein-
fluss nach der Vorstellung des Fehlstellenmodells auf das Verhält-
nis des lastspezifischen Spannungsintegrals des betrachteten Bauteils
zum Spannungsintegral einer Bezugsprobe zurückführen. Die Werk-
stoffwechselfestigkeit σw kann dann - im Gegensatz zum spannungs-
mechanischen Ansatz - nicht absolut angegeben werden, sondern gilt
nur in Verbindung mit der Wechselfestigkeit der Bezugsprobe.
In der nachfolgenden Untersuchung soll der Kerbfall Spickel als Be-
zugsprobe dienen. Die Wechselfestigkeit σD der beiden anderen Kerb-
geometrien erhält man dann durch folgende Zusammenhänge:

⎛ ⎞1
IA (Spickel) ⎠ κ
σD (Spritzloch) = σD (Spickel) · ⎝ (164)
IA (Spritzloch)
⎛ ⎞1
IA (Spickel) ⎠ κ
σD (Rohrprobe) = σD (Spickel) · ⎝ (165)
IA (Rohrprobe)
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 163

Zwar gibt es beim statistischen Ansatz nicht mehrere mathematische


Formulierungen, um vom Verhältnis der Spannungsintegrale auf den
Größeneinfluss zu schließen, jedoch hängt die Berechnung nicht un-
erheblich vom Weibbullexponenten κ ab53. So ergibt sich für jedes κ
eine unterschiedlich gute Übereinstimmung zwischen Rechnung und
Versuch. In Abbildung 42 sind die Bestimmtheitskoeffizienten für
das vorliegende Datenmaterial in Abhängigkeit vom Weibullexpo-
nenten und der Vergleichsspannungshypothese, gestützt durch die
FEM-Daten aus den Tabellen 9, 11 und 13, dargestellt.

1
0,99

0,82
Bestimmtheitskoeffizient R²

0,8
0,78

0,6

0,4

NH
0,2
GEH

0
0 5 10 15 20 22 25 30 35 40 45 50
Weibullexponent k

Abbildung 42: Übereinstimmung der Versuchsergebnisse mit dem


statistischen Größeneinfluss in Abhängigkeit vom
Weibullexponenten und der Vergleichsspannungs-
hypothese

Wie schon beim statistischen Ansatz kann mit der NH - zumindest


für κ < 30 - eine bessere Übereinstimmung erhalten werden als mit
der GEH. Für beide Vergleichsspannungshypothesen lässt sich ein
Optimum des Weibullexponenten angeben, das aber nicht auf den
53
κ ist en Mass für die Festigkeitsstreuung. Je größer κ desto kleiner ist die Streuung.
164 6 Diskussion der Ergebnisse

selben Wert zusammenfällt.


Für die NH gilt:
κ(R2 = max.) = 15; R2 = 0,999
Für die GEH gilt:
κ(R2 = max.) = 22; R2 = 0,842
Die unterschiedlichen Weibullexponenten, die auch eine unterschied-
liches Streuverhalten indizieren, lassen sich durch den gleichen
Sachverhalt erklären, wie die schlechtere Übereinstimmung nach der
GEH.
Auch der statistische Ansatz postuliert einen konkaven Kurvenver-
lauf, der durch die nach der GEH gebildeten Versuchsergebnisse
nicht bestätigt wird. Die nur unterproportional anwachsende Wech-
selfestigkeit der Spritzlochverschneidung führt zu einem geringeren
Größeneinfluss, was nach dem Fehlstellenmodell auch eine geringere
Festigkeitsstreuung bedeutet.
Insgesamt ergeben die nach den in Tabelle 5 dargestellten Formeln
aus den Weibullexponenten abgeleiteten Streuspannen TL für beide
Vergleichsspannungshypothesen eine, für die im Experiment ge-
machte Beobachtung, zu große Streuung54.

Für die Logitverteilung gilt:

TLN H (κ = 15) = 1, 34 (166)

TLGEH (κ = 22) = 1, 22 (167)

Mit einem Bestimmtheitskoeffizienten von 0,999 ist die Übereinstim-


mung zwischen Rechnung und Versuch für die Auswertung nach der
NH mit dem dazugehörigen Weibullexponenten κ = 15 erwartungs-
gemäß sehr gut (maximale Abweichung 3 %). Angewendet auf die
54
Näheres siehe Kapitel 6.3.2.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 165

Wechselfestigkeiten, gebildet nach der GEH, liegt die Übereinstim-


mung für ein κ = 15 etwa auf dem Niveau das sich für den GEH-
optimalen Weibullexponenten κ = 22 für beide Vergleichsspannungs-
hypothesen ergibt. Mit κ = 22 lassen sich mit bis zu 27 % Abweichung
zwar bessere Ergebnisse erzielen als mit dem spannungsmechanischen
Ansatz, aber diese sind für eine rein rechnerische Auslegung dennoch
unbefriedigend.
Mit dem in Kapitel 6.3.2 aus [AZ03] abgeleiteten Weibullexponenten
von κ = 30 verschlechtert sich die Übereinstimmung nochmals auf
eine maximale Abweichung von 40 % von den Versuchsergebnissen.

Spritzloch-
NH NH
σD (Rechnung) / σD (Versuch) Rohrprobe verschneidung

κ = 15 1,03 0,99
κ = 22 1,20 0,90
κ = 30 1,31 0,85

Spritzloch-
GEH GEH
σD (Rechnung) / σD (Versuch) Rohrprobe verschneidung

κ = 15 1,09 1,23
κ = 22 1,27 1,11
κ = 30 1,40 1,05

Tabelle 26: Vergleich zwischen den berechneten und experimen-


tell ermittelten Wechselfestigkeiten für den statistischen
Größeneinfluss
166 6 Diskussion der Ergebnisse

Kombinierter Ansatz
Neben der Möglichkeit, die beiden Ansätze alternativ einzusetzen,
ist auch eine kombinierte Anwendung, wie von Liu und Zenner
[LZ91, LZ95] vorgeschlagen, denkbar. Die Berechnung der Kerb-
grundwechselfestigkeiten erfolgt dann nach:

σD = σw · nst · nsm (168)

Die mathematische Formulierung der Stützwirkung nsm (χ∗) bleibt


dabei Parameter für den spannungsmechanischen Teil, der Weibull-
exponent κ Parameter für den statistischen. Berechnet man dafür
die Werkstoffwechselfestigkeit σw wieder nach Gleichung 163, erge-
ben sich diesmal für die Auswertung nach der NH deutlich besse-
re Übereinstimmungen als im Vergleich zu Tabelle 23, aber für die
Auswertung nach der GEH gilt aus dem selben Grund wie zuvor
weiterhin eine unbefriedigende Übereinstimmung.

Vergleichsspannungs-
NH GEH
hypothese

Ansatz κ R2 κ R2
FKM-Richtlinie 15 0,994 25 0,748
Bruder / Schön 24 0,960 38 0,504
Petersen 23 0,962 37 0,520
Heywood 15 0,999 22 0,779
SWL 1981 > 50 - > 50 -
Schütz > 50 - > 50 -

Tabelle 27: Wechselfestigkeiten, Weibullexponenten und Bestimmt-


heitskoeffizienten der kombinierten Ansätze mit der
Kerbgrundfestigkeit des Spickels als Bezugsgröße

Allerdings kann für jeden Berechnungsansatz von nsm - gestützt auf


die Werte des Weibullexponenten der Tabellen 9, 11 und 13 - ein
Wert für σw angegeben werden, für den R2 maximal wird. Dadurch
lässt sich auch die Übereinstimmung für die GEH verbessern.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 167

Vergleichsspan-
nungshypothese NH GEH

Ansatz σw κ R2 σw κ R2
FKM-Richtlinie 1171 15 0,998 1271 20 0,910
Bruder / Schön 1088 20 0,986 1179 30 0,838
Petersen 1099 20 0,987 1189 30 0,842
Heywood 1247 15 0,999 1352 20 0,920
SWL 1981 - > 50 - - > 50 -
Schütz - > 50 - - > 50 -
nur stat. Ansatz 1250 15 0,999 1494 22 0,824

Tabelle 28: Wechselfestigkeiten, Weibullexponenten und Bestimmt-


heitskoeffizienten der kombinierten Ansätze mit opti-
mierter Kerbgrundfestigkeit

Für alle Ansätze von nsm , die nur von einer geringen spannungsme-
chanischen Stützwirkung für die Lastfälle ausgehen (FKM-Richtlinie,
Heywood), ändert sich das Ergebnis im Vergleich zum rein statisti-
schen Größeneinfluss erwartungsgemäß kaum. Lediglich das Resultat
für die GEH lässt sich dadurch von 0,842 auf 0,910 bzw. 0,920 ver-
bessern.
Für die beiden spannungsmechanischen Ansätze, die für sich schon
eine annehmbare Übereinstimmung erzielen (SWL 1981, Schütz),
bringt dieses Verfahren keine Verbesserung mit sich. Der Größenein-
fluss wird bereits hauptsächlich spannungsmechanisch erfasst. Der
kleine Rest an Stützwirkung, der für das Fehlstellenmodell übrig
bleibt, würde zu Weibullexponenten führen, die weit über 50 und
damit außerhalb sinnvoller Werte liegen würden.
Die Übereinstimmung für die Ansätze nach Bruder/Schön und
Petersen verbessert sich zwar im Vergleich zu Tabelle 24, bleibt
aber hinter dem Ergebnis des statistischen Ansatzes zurück.
Angesichts der erzielten Ergebnisse muss festgestellt werden, dass
die Auswahl eines Ansatzes aus den drei Vorgestellten, welcher den
168 6 Diskussion der Ergebnisse

Größeneinfluss am besten beschreibt, nicht eindeutig möglich ist.


Trotz einer völlig unterschiedlichen phänomenologischen Basis lassen
sich für jeden Ansatz Berechnungsparameter angeben, mit der sich
die Versuchsergebnisse beschreiben lassen. Es wäre sicherlich auch
voreilig zu behaupten, die Kerbgrundspannungen sind nach der NH
zu bilden und der Größeneinfluss nach dem Fehlstellenmodell zu be-
rechnen, nur weil hier für diese Kombination das mit Abstand beste
Ergebnis erzielt wurde.
Die Berechnungsgenauigkeit ist für keinen Ansatz groß genug, um
damit rein rechnerisch verlässliche Werte für eine konstruktive Aus-
legung zu erhalten. Jedoch liefern beide eine gute erste Abschätzung,
mit welcher Festigkeit zu rechnen ist, wenn Werte auf ganz andere
Kerbfälle übertragen werden sollen.
An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass sich das Auswertungser-
gebnis nicht ändern würde, wenn die Korrektur hinsichtlich Härte
und Oberflächenbeschaffenheit nicht durchgeführt worden wäre. Die
Relation der Wechselfestigkeiten der einzelnen Kerbfälle ändert sich
nur unmerklich.

6.1.5 Mittelspannungsempfindlichkeit für hohe Mittella-


sten

Schon Tabelle 7 macht deutlich, dass bei den Versuchen an den Werk-
stoffproben nahezu kein Einfluss von Mittelspannungen auf die er-
tragbaren Biegespannungsamplituden festgestellt werden konnte. Im
Bereich von 0 ≤ R ≤ 0,7 nimmt die mittlere Dauerfestigkeit nur um
5 % ab.
Die Absolutwerte dieser Versuchsreihen müssen jedoch kritisch be-
wertet werden. Trägt man die Ergebnisse zusammen mit denen der
Innendruckversuche in ein Haigh-Diagramm ein, so stellt man fest,
dass die Dauerfestigkeit der Biegeprüfung für R = 0 im Vergleich
zu den Dauerfestigkeiten der Impulsprüfung zu niedrig liegt. Dieses
unerwartete Ergebnis ist allem Anschein nach auf den Prüfaufbau
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 169

der 3-Punkt-Biegung zurückzuführen. Trotz der festen Einspannung


am Prüfquerschnitt scheint die an der Prüfmaschine eingestellte Last
nicht als alleinige Belastung in den Kerbgrund eingegangen zu sein.
Der untere Punkt eines Schwingspiels mit einer Belastung von Null
stellt einen undefinierten Lastzustand dar, an dem es zu Lastwechsel-
reaktionen zwischen Zug- und Druckbelastung kommen würde. Zur
Kompensation wurde die feste Einspannung an allen Spannstellen an-
gedacht, die offensichtlich nicht ausreichte. Durch Betrieb bei Reso-
nanz und nicht ausreichend steifer Verbindung kann es im Prüfquer-
schnitt zu hochdynamischen Lastüberhöhungen kommen, die von der
Kraftmessdose, die weit davon entfernt liegt, nicht erfasst werden.
Die Unbestimmtheit des Lastzustandes äußert sich in einer ständi-
gen Fluktuation der Resonanzfrequenz, was die Prüfung zum Teil
erschwerte. Diese Frequenzänderung kann nur auf Änderungen der
Steifigkeit und damit der Einspannbedingungen zurückgeführt wer-
den. Dies bedeutet, dass sich auch der Lastzustand und der Ort des
Kerbgrundes im Laufe der Prüfung verändert hat, was zusätzlich zu
einer Verfälschung der Versuchsergebnisse geführt hat.
Für eine Prüfung rein schwellender Belastung ist der verwendete
Prüfstand nicht geeignet. Bei schwellender Belastung mit höheren
Mittellasten ist dieses Phänomen nicht zu beobachten. Die Resultate
können daher als verwendbar angesehen werden, auch wenn es im
Fall der Biegeprüfung bei R = 0,7 zu erklärungsbedürftigen Ergeb-
nissen kam. Bei der niedrigeren der beiden Laststufen wurde eine
höhere Ausfallrate ermittelt als bei der höheren Laststufe.
Die Ursache hierfür lässt sich schwer angeben. Zum einen wäre es
nach Kapitel 5.4 möglich, dass der modellvorstellungswidersprechen-
de Versuchsausgang der Versuchsreihe rein zufällig bedingt ist. Für
einen Stichprobenumfang von n = 7 wäre das Vertrauensintervall von
Abbildung 29 noch etwas breiter und damit die Möglichkeit einer
Überlappung der Ausfallraten noch größer. Die Wahrscheinlichkeit
für ein derartiges Ereignis wäre dennoch gering.
Zum anderen liegen die Kerbspannungen bei so hohen Spannungs-
verhältnissen deutlich über der Streckgrenze. Durch die starken Pla-
stifizierungen liegt der tatsächliche Spannungszustand vom linear-
170 6 Diskussion der Ergebnisse

elastischen, der in die Berechnung der Kerbgrundspannnungen ein-


gegangen ist, weit entfernt. Dadurch könnten andere Einflussgrößen
auf den Versuchsausgang, wie z. B. die Streuung der dynamischen
Festigkeit und des plastischen Verhaltens, im Gegensatz zu Versu-
chen mit überwiegend elastischen Lastzuständen stärker ausgeprägt
sein.
Diese Erklärungsansätze sind jedoch nur spekulativ. Eine fundierte
Aussage kann nur durch weiterer Untersuchungen gegeben werden.
Die mittlere Dauerfestigkeit bei R = 0,7 kann folglich erst einmal
nicht als zuverlässiger Absolutwert55 angesehen werden. Wohl liefert
aber dieses Ergebnis den Hinweis, dass der Einfluss von Mittelspan-
nungen auf die ertragbaren Lastamplituden für Spannungsverhält-
nisse größer 0,5 – zumindest solange man nicht in die Nähe der sta-
tischen Festigkeit kommt – zu vernachlässigen ist. Treten in einem
Kollektiv nennenswert viele Lastspiele an dieser Grenze auf, sollte
die Aussage noch einmal besonders kritisch überdacht werden. Das
vorliegende Datenmaterial rechtfertigt hier keine Aussage.
Wegen der Unzuverlässigkeit der zwei Versuchsreihen ist die Auswer-
tung der Ergebnisse von Abbildung 43 analog zu Kapitel 6.1.1 nicht
zielführend. Da die Werte der dort ermittelten Mittelspannungsemp-
findlichkeiten für den Bereich -0,2 ≤ Rσ ≤ 0,5 zuverlässig, experi-
mentell untermauert sind, behalten sie für die dauerfeste Auslegung
ihre Gültigkeit.
Bei einer betriebsfesten Auslegung sollte man jedoch dieses Ergeb-
nis noch einmal überdenken, denn für große Spannungsverhältnisse
scheint die Extrapolation der Goodman-Geraden die dynamische Fe-
stigkeit des Werkstoffes zu unterschätzen.
Der Vorschlag für die Dauerfestigkeitslinie im Haigh-Diagramm von
Haibach beschreibt das Mittelspannungsverhalten qualitativ bes-
ser. Der Einfluss von Mittelspannungen nimmt mit deren wachsen-
dem Wert stetig ab, bis er sich ab R = 0,5 nicht mehr feststellen

55
Die mittlere Dauerfestigkeit der Versuchsreihe mit R = 0,7 wurde aus dem Ergebnis des Last-
niveaus mit Ausfällen und Durchläufern und der Streuung aus dem Versuch mit dem Basisdüsen-
design berechnet. Die höhere Laststufe mit der geringeren Ausfallrate blieb bei der Berechung
unberücksichtigt.
6.1 Auswertung der Versuchsergebnisse 171

lässt. In Abbildung 43 sieht man jedoch, dass die Festigkeit für R


> 0 nun deutlich überschätzt wird. Eine Auslegung auf Grundlage
dieser Theorie wäre damit unsicher.
Eine wesentlich bessere Übereinstimmung zwischen Experiment und
Theorie erhält man als Mittelweg zwischen den beiden bereits
genannten Ansäztzen, wenn man die Neigung M der Goodman-
Geraden über den Schnittpunkt mit R = 0 hinaus beibehält und
erst ab einem Spannungsverhältnis von R = 0,5 waagrecht abknickt.
Mit dieser Modifikation werden nicht nur die Versuchsergebnisse im
Bereich 0 ≤ R ≤ 0,5 besser beschrieben, sondern für R > 0 führt
sie auch zu einer konservativen und damit sicheren Einschätzung der
Werkstofffestigkeit. Führt man die Auswertung nach der GEH durch
(siehe Abbildung 44), so stimmt zwar die Modifikation von Hai-
bachs Vorschlag noch besser mit den Versuchsergebnissen überein,
jedoch ist die Auslegung dann nicht mehr konservativ.
Der Nachweis für die eine oder andere Theorie kann aber nur durch
Wiederholung der Werkstoffversuche mit geeignetem Versuchsauf-
bau erbracht werden. Dazu wären auch zusätzliche Versuchsreihen
mit Spannungsverhältnissen zwischen den drei bereits getesteten hilf-
reich. Für eine bessere Übertragbarkeit auf reale Bauteile sollte dann
aber auf gekerbte Probestäbe56 zurückgegriffen werden.
Bis dahin bleibt die Modifikation des Vorschlags von Haibach die
wahrscheinlichste der Annahmen den Mittelspannungseinfluss für
große Mittelspannungen quantitativ richtig zu erfassen.

56
Z. B. nach [UPF99].
172 6 Diskussion der Ergebnisse

1000
R=0
900
Spannungsamplitude saNH [N/mm²]

800
M = 0,40
700
M = 0,13 R = 0,7
600 M=0

500 ( ) M = 0,40 M=0


400 Werkstoffproben

300 Bauteilproben

200 Dauerfestigkeit nach


Haibach original
100 Dauerfestigkeit nach
Re Haibach modifiziert
0
0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500
Mittelspannung sm [N/mm²]

Abbildung 43: Haigh-Diagramm der Werkstoffproben verglichen


mit den Bauteilproben, dargestellt für Kerbgrund-
spannungen gebildet nach der NH

1000
R=0 R = 0,5
M = 0,40
900
[N/mm²]

800
M = 0,13
700
GEH

M = 0,40 M=0 R = 0,7


Spannungsamplitude sa

600

500 () M=0
400 Werkstoffproben

300 Bauteilproben

200 Dauerfestigkeit nach


Haibach original
100 Dauerfestigkeit nach
Re Haibach modifiziert
0
0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500
Mittelspannung sm [N/mm²]

Abbildung 44: Haigh-Diagramm der Werkstoffproben verglichen


mit den Bauteilproben, dargestellt für Kerbgrund-
spannungen gebildet nach der GEH
6.2 Auswertung der Berechnung 173

6.2 Auswertung der Berechnung

6.2.1 Übertragung auf andere Geometrien

Die im vorangegangenen Kapitel erörterten Versuche dienen dazu,


die für die Übertragbarkeit der Festigkeitswerte notwendigen Para-
meter quantitativ zu beschreiben. Im Folgenden soll überprüft wer-
den, mit welcher Zuverlässigkeit damit und der in Kapitel 4.4 vorge-
stellten Berechnungsmethode die experimentell ermittelten Dauerfe-
stigkeiten anderer Düsenvarianten berechnet werden kann.
Es stehen dazu die Datensätze von insgesamt 11 unabhängigen57 Ver-
suchsreihen zur Verfügung58. Dazu zählen neben den Versuchsreihen
2 bis 5 von Tabelle 7 (arabische Ziffern 2 bis 5) noch die Ergebnis-
se von sieben weiteren Konstruktionen, die für die Entwicklung von
Serienprojekten u. a. während der Entstehung dieser Arbeit getestet
wurden (römische Ziffern I bis VII).
Bei den Düsenvarianten handelt es sich um unterschiedliche Kon-
struktionen, die alle aufgrund einer Überbelastung, hervorgerufen
durch Innenhochdruck, nach dem in Kapitel 5.7 beschriebenen Scha-
densmechanismus versagten. Die Formzahlen Kt,p liegen in einem
Bereich von 4 bis 659, die Unterspannungen σu im Bereich von -
436 N/mm2 bis 242 N/mm2 . Es kann aufgrund der identischen Her-
stellungsverfahren und Wärmebehandlungen von einheitlichen Werk-
stoffeigenschaften ausgegangen werden. Jedoch stellten sich kon-
struktionsbedingt z. T. unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheiten
ein.
Als Basis für die Bewertung der vorgestellten Übertragungsfaktoren
soll die Vorhersagegenauigkeit der Dauerfestigkeit von Düsenvarian-
ten ohne Übertragung von fallspezifischen Kennwerten dienen. Die
trivialste Methode, eine Vorhersage über die Dauerfestigkeit anderer
Varianten zu machen, ist die Annahme:
57
Unabhängig bedeutet, dass der dazugehörige Gütegrad η (siehe nächste Seite) nicht durch
direkte Ableitung eines Übertragungsfaktors künstlich zu 1 gemacht wird.
58
Einzelergebnisse der Versuchsreihen siehe Tabelle 52 und 53 im Anhang.
59
Anmerkung siehe Fussnote 43.
174 6 Diskussion der Ergebnisse

Alle Düsenvarianten haben die selbe Dauerfestigkeit 60.


Zur Analyse der Genauigkeit dieser Trivialmethode wird der Güte-
grad η als Quotient aus den mittleren Dauerfestigkeiten der
unabhängigen Geometrievariante und dem Basisdüsendesign ein-
geführt:

σ a (V ariante i)
η= (169)
σa (Basisdesign)

mit i = 1, 2, ...11
Das Datenmaterial der 11 unabhängigen Versuchsreihen kann man
als Stichprobe aus der Grundgesamtheit aller innenhochdruckbela-
steten Bauteile aus einsatzgehärtetem 18CrNi8 ansehen. Zur Beur-
teilung der Methode können somit die statistischen Kennzahlen der
Gütegrade dieser Stichprobe herangezogen werden61.
Dazu werden die nach Gleichung 169 ermittelten Gütegrade η auf-
steigend geordnet und mit einer Ordnungszahl j versehen. Anschlie-
ßend wird nach dem Ansatz von Rossow [Ros64] jedem Wert eine
Wahrscheinlichkeit P zugeordnet.

3j − 1
P = (170)
3n + 1

mit: n = 11 = Anzahl der vorliegenden Versuche


So lassen sich die Gütegrade der 11 Versuchsreihen im Gauß’schen
Wahrscheinlichkeitsnetz darstellen. Aus der Lage der Ausgleichsge-
raden wird der Mittelwert η (P = 50 %) und die Streuspanne TA
ermittelt. Diese ist analog den Gleichungen 2 und 3 definiert:

η (P = 90%)
TA = (171)
η (P = 10%)
60
Nämlich die des Basisdüsendesigns.
61
Würden Vorhersage und Experiment exakt übereinstimmen, so würde sich für die statistische
Verteilung aller Gütegrade ein Erwartungswert von Eins und eine Standardabweichung von Null
ergeben. Abweichungen davon sind sowohl auf systematische wie auch zufällig bedingte Fehler
zurückzuführen.
6.2 Auswertung der Berechnung 175

Die Standardabweichung des logarithmischen Merkmals sη,log berech-


net sich aus der Streuspanne TA .

log TA
sη,log = (172)
2, 56

Als Äquivalent dazu erhält man den linearen Wert der Standardab-
weichung s bei logarithmischer Merkmalsteilung aus:

η(P = 90%) − η η(P = 10%) − η


sη = = (173)
1, 28 −1, 28

Für die in Abbildung 45 graphisch dargestellten Gütegrade der Tri-


vialmethode ergeben sich folgende Werte:
η 1,12
sη,log 0,060
sη 0,171
TA 1,43
R2 0,954

Tabelle 29: Ergebnis der statistischen Auswertung der Trivialme-


thode

Bereits wegen der großen Streubreite ist diese Methode für eine
brauchbare Bestimmung der Dauerfestigkeit ungenügend. Noch fa-
taler ist jedoch, dass die fehlende Erwartungstreue des Mittelwer-
tes jegliche zielgerichtete Vorhersage der mittleren Dauerfestigkeit
unmöglich macht. Tabelle 29 kann aber als Maßstab verwendet wer-
den um die Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit zu bewerten.
Eine weitaus bessere Übereinstimmung zwischen Rechnung und Ver-
such sollte sich ergeben, wenn in die Bestimmung der Dauerfestigkeit
alle übertragungsrelevanten Faktoren mit eingehen. Die Ableitung
der Dauerfestigkeitswerte erfolgt dann aus der Aussage
Alle Düsenvarianten haben die selbe Kerbgrundfestigkeit 62.
62
Nämlich die des Basisdesigns.
176 6 Diskussion der Ergebnisse

99
98
95
90
Wahrscheinlichkeit P

80
70
60
50
40
30
20

10
5
2
1
0,90
0,90,92 0,96
0,94
0,96 1
0,981 h 1,2 1,4 1,6
Gütegrad h

Abbildung 45: Darstellung der Gütegrade der 11 Versuchsreihen


im Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz

Die Übertragung dieses Wertes auf andere Lastfälle oder Geometrien


erfolgt durch die in Kapitel 6.1 erarbeiteten Faktoren.
Auch hier wird als Maß, wie gut die berechnete Dauerfestigkeit mit
der im Experiment ermittelten übereinstimmt, in Analogie zu Glei-
chung 169 ebenfalls ein Gütegrad η als Quotient beider Festigkeiten
definiert:
σa (Rechnung)
η= (174)
σ a (V ersuch)

Die rechnerische Spannungsamplitude σ a (Rechnung) erhält man aus


Gleichungen 107 in Verbindung mit 109. Die dafür notwendigen Ein-
gangsgrößen können Tabelle 30 entnommen werden.
6.2 Auswertung der Berechnung 177

Parameter Beschreibung Kapitel Wert

Kerbgrundfestigkeit; abhängig
σw von Verteilungsfunktion und 6.1.2 Gl. 152 bzw. Gl. 153
Vergleichsspannungshypothese

Stützziffer zur Berücksichtigung


nsm /nst 6.1.4 Gl. 80 mit κ = 22
der Kerbgrundgröße

FO Oberflächenfaktor 6.1.3 Gl. 159

M Mittelspannungsempfindlichkeit 6.1.1 Tab. 14 bzw. 16

Kt,p , σu Formzahl und Unterspannung 5.6 Aus FEM nach Abb. 36

Tabelle 30: Eingangsgrößen zur Berechnung der ertragbaren Druck-


schwingbreite ∆p

Die Auswertung der statistischen Größen der Gütegradverteilung er-


folgt mit der bereits beschriebenen Methode.

NH GEH
η 0,955 0,973
sη,log 0,0302 0,0288
sη 0,0696 0,0672
TA 1,20 1,18
R2 0,985 0,961

Tabelle 31: Auswertung der Gütegrade unter Verwendung der ein-


heitlichen Kerbgrundspannung des Basisdesigns

Durch die Einbeziehung der Übertragungsfaktoren in die Berech-


nung der Dauerfestigkeiten unabhängiger Geometrievarianten, hal-
biert sich nicht nur die Streuung und damit die Zuverlässigkeit, son-
dern der Mittelwert der Gütegrade nähert sich seinem Erwartungs-
wert von Eins.
In Abbildung 46 sind die Gütegrade unter Zugrundelegung einer Lo-
178 6 Diskussion der Ergebnisse

gitverteilung dargestellt63.

99
98
95
90
Wahrscheinlichkeit P [%]

80
70
60
50
40
30
20
Datenpunkte GEH
10 Datenpunkte NH
5 Ausgleichsgerade GEH
Ausgleichsgerade NH
2
1
0,90,920,94h h 1
NH GEH
0,8 0,820,840,860,880,9 0,960,98 1,2
Gütegrad h

Abbildung 46: Darstellung der Gütegrade der 11 Versuchsreihen


im Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz

Das Bestimmtheitsmaß R2 der linearen Regression im Wahrschein-


lichkeitsnetz hat für die Bewertung der Berechnungsgüte eigentlich
keine Aussagekraft. Lassen sich die Datenpunkte durch die Aus-
gleichsgerade sehr gut annähern (R2 ≈ 1), so kann daraus nur
geschlussfolgert werden, dass die Versuchsergebnisse zu einer log-
normalverteilten Grundgesamtheit gehören. Ist dieser Schluss hinrei-
chend belegbar, so erleichtert das die weitere Auswertung mit Inter-
vallschätzungen und Hypothesentests. Auch wenn sich die Bestimmt-
63
Quantitativ unterscheidet sich die Darstellung zwar je nach dem, welche Verteilungsfunktion
verwendet wird, die qualitative Aussage bleibt jedoch erhalten. Auf diesen Einfluss wird später
detailliert eingegangen.
6.2 Auswertung der Berechnung 179

heitsmaße von NH und GEH unterscheiden, kann mit Werten über


0,95 von einer Lognormalverteilung ausgegangen werden.
Ohne näher auf den stochastischen Charakter einzugehen erscheint
die Annahme gerechtfertigt, dass die Eingangsparameter zur Bildung
des Gütegrades und die Versuchsergebnisse in erster Näherung sym-
metrisch um ihren Mittelwert verteilt sind, was folglich auch für die
Gütegrade gelten müsste. Sind in die Berechnung des Gütegrades η
die tatsächlichen Mittelwerte der statistischen Größen eingegangen,
so wird für den Mittelwert von η nach der Definition von Gleichung
174 ein Wert von Eins erwartet. Unterscheidet sich dessen Lage je-
doch signifikant davon, so beinhaltet die Berechnung einen oder meh-
rere systematische Fehler.
Nach Tabelle 31 ergibt sich für den mittleren Gütegrad η mit 0,95
bzw. 0,97 nicht exakt ein Wert von Eins, was aufgrund der Vielzahl
von statistischen Einflüssen nicht verwunderlich ist. Die Frage die
sich dabei stellt, ist, ob der Unterschied signifikant oder nur zufällig
bedingt ist. Darauf kann eine Antwort gegeben werden, wenn man
sich den Wertebereich ansieht, den η, bedingt durch die sonst bereits
bekannten Streueinflüsse auf die Bestimmung des Gütegrades, ein-
nehmen kann.
Mathematisch lässt sich dieses Vorgehen durch einen Einstichproben-
Gaußtest realisieren. Die noch verbleibenden Streueinflüsse auf den
Wert von Gleichung 174 sind die Ermittlungsgenauigkeit der mittle-
ren Dauerfestigkeit γL , sowie die Streuung der Kerbgrundspannungen
σi 64 infolge Geometrietoleranzen. Die Streuung der Kerbgrundfestig-
keit wurde ja bereits durch die alleinige Betrachtung der Festigkeits-
mittelwerte eleminiert.
Das Vertrauensintervall für η ist neben der Stichprobenanzahl n von
der Standardabweichung sSE der Streueinflüsse abhängig. Diese wird
aus den Untersuchungen von Kapitel 5.4 und 5.5 als bekannt voraus-
gesetzt. Damit gilt [BB01]:

c1 · sSE c1 · sSE
1− √ ≤η ≤1+ √ (175)
n n
64
Mit i = a, m, o, u.
180 6 Diskussion der Ergebnisse

mit:
 
c1 = 1 − α2 - Fraktil der Standardnormalverteilung
sSE = Standardabweichung der Streueinflüsse
n = Stichprobenanzahl
α = Signifikanzniveau
Die Standardabweichung der beiden Streueinflüsse sSE erhält man
durch Addition der Varianzen beider Parameter. Diese Zusammen-
fassung ist nur möglich, wenn jeweils die relativen, auf den Mittelwert
bezogenen Merkmale verwendet werden.

s2SE = s2 (γL) + s2 (σi ) (176)

Die Standardabweichung der Kerbgrundspannung s (σi) ist direkt aus


Kapitel 5.5 zu entnehmen65, die der Ermittlungsgenauigkeit s (γL )
muss jedoch erst aus dem in Abbildung 31 dargestellten Untersu-
chungsergebnis abgeleitet werden.
Nach Gleichung 131 stellt γL das 95 % - Vertrauensintervall der mitt-
leren Dauerfestigkeit L dar. Bei einem als realistisch anzusehenden,
mittleren Wert für γL von 0,20 gilt mit 95 % Aussagesicherheit:

0, 9 ≤ L ≤ 1, 1 (177)

Aus der standardisierten Zufallsvariable u der Standardnormalver-


teilung:

x−x
u= (178)
s

erhält man durch Umstellen in Verbindung mit Gleichung 177 die


Standardabweichung s (γL ) aus:

0, 9 − 1 1, 1 − 1
s (γL) = = = 0, 051 (179)
u (P = 0, 025) u (P = 0, 975)
65
s (σi ) = s∆p
6.2 Auswertung der Berechnung 181

Die Standardabweichung beider Einflüsse SSE ergibt sich aus Glei-


chung 176 in Verbindung mit Gleichung 179 und Abbildung 34 zu:

sSE = 0, 0512 + 0, 022 = 0, 055 (180)

Zusammen mit Gleichung 182 ergeben sich daraus mit einem Stich-
probenumfang von n = 11 die Grenzen des 95 % - Vertrauensinter-
valls für den Mittelwert des Gütegrad η zu:

0, 968 ≤ η ≤ 1, 032 (181)

Nachdem der mittlere Gütegrad nach der NH nachweislich signifikant


von Eins verschieden ist und der mittlere Gütegrad nach der GEH
auch nur knapp innerhalb des Vertrauensintervalls zu finden ist, liegt
der Verdacht nahe, dass, sofern die Streuung der Gütegrade nicht
von noch einem weiteren Faktor bedingt wird, in die Berechnung der
mittleren Dauerfestigkeit ein systematischer Fehler eingeflossen ist.
Auf diesen Umstand wird in Kapitel 6.2.2 näher eingegangen.
Von größtem Interesse bei der Bewertung einer Berechnungsmethode
ist die Kenntnis, um wie viel sich Versuch und Rechnung im schlimm-
sten Fall unterscheiden können. Darüber liefern die Extremwerte der
Gütegrade eine Auskunft. Diese können wiederum aus der statisti-
schen Verteilung und speziell aus deren Streuung abgeleitet werden.
Als Kriterium, die Zuverlässigkeit der Berechnungsmethode zu be-
werten, eignet sich daher die Streuung der Gütegrade. Ein quanti-
tatives Maß für die Streuung ist die Standardabweichung slog der
Gütegrade. Je kleiner ihr Wert, desto größer ist die Zuverlässigkeit.
Sie beinhaltet aber auch Streueinflüsse, die nicht durch die Methode
bedingt sind. Hier wäre die Streuung der Eingangsgrößen, Chargen-
schwankungen und die Ermittlungsgenauigkeit der experimentellen
mittleren Dauerfestigkeit zu nennen.
Ob die Streuung der Gütegrade bereits durch die Streuung der ex-
perimentellen Dauerfestigkeit und der Kerbgrundspannungen gege-
ben ist, oder durch die Berechnung eine weitere Unsicherheit hinzu-
kommt, lässt sich auch durch eine Intervallschätzung beantworten.
182 6 Diskussion der Ergebnisse

Wäre sη maßgeblich bereits durch s (γL) und s (σi ) bestimmt, so


müsste der Wert der Standardabweichung der Gütegrade sη (lineare
Merkmalsteilung !) durch folgendes Intervall begrenzt sein [BB01]:

(n − 1) · s2SE (n − 1) · s2SE
≤ sη ≤
2
(182)
c2 c3

mit:
 
c2 = 1 − α2 - Fraktil der χ2 -Verteilung
α
c3 = 2
- Fraktil der χ2 -Verteilung
Daraus ergibt sich mit einem Stichprobenumfang von n = 11 die
Grenzen des 95 % - Vertrauensintervalls für die Standardabweichung
des Gütegrad sη zu:

1, 48 · 10−3 ≤ s2η ≤ 9, 31 · 10−3 (183)

Die Varianzen als Quadrate der Standardabweichungen sowohl nach


der NH als auch nach der GEH, liegen mit Werten von 4, 84 · 10−3
bzw. 4, 51 · 10−3 deutlich innerhalb dieser Grenzen.
Untersucht man beide Streuparameter getrennt voneinander, indem
man die Vertrauensintervalle für sη betrachtet, die sich durch die
Einzelstandardabweichungen ergeben, so zeigt sich, dass die Geo-
metrietoleranzen nicht ausreichend sind, um die Ungenauigkeit der
Berechnung zu erklären, denn die Varianz von η liegt deutlich außer-
halb des Vertrauensintervalls.
Anders sieht es hingegen mit dem Einfluss der Ermittlungsgenauig-
keit aus. Wie in Kapitel 5.5 vermutet, reicht die dadurch verursachte
Streuung allein aus, um den Wert der Streuung von η zu erklären. Die
Berechnungsgenauigkeit der mittleren Dauerfestigkeit wird demnach
bereits durch die Ermittlungsmethode der experimentellen Dauerfe-
stigkeit begrenzt.
Vertrauensintervall gebildet durch die Standardabweichung der
Kerbgrundspannungen s (σi):

0, 19 · 10−3 ≤ s2η ≤ 1, 23 · 10−3 (184)


6.2 Auswertung der Berechnung 183

Vertrauensintervall gebildet durch die Standardabweichung der Er-


mittlungsgenauigkeit der experimentellen Dauerfestigkeit s (γL ):

1, 27 · 10−3 ≤ s2η ≤ 8, 00 · 10−3 (185)

Berechnet man das Vertrauensintervall für η anstelle aus beiden Stan-


dardabweichungen nur aus der Dominaten, der der Ermittlungsge-
nauigkeit s (γL), sind die Änderungen nur marginal:

0, 970 ≤ η ≤ 1, 030 (186)

6.2.2 Einfluss der Kerbgrundfestigkeiten

Im vorangegangenen Kapitel konnte nachgewiesen werden, dass


durch die Implementierung der Übertragungsfaktoren die Streuung
der berechneten Dauerfestigkeit geringer ist als die experimentelle
Ermittelbarkeit. Jedoch stellte sich auch heraus, dass sich in der Be-
rechnung ein systematischer Fehler verborgen hält.
Die wahrscheinlichste Quelle hierfür ist der Wert der Kerbgrundfe-
stigkeit, die als Basis für jede weitere Übertragung dient.
Wegen eines mittleren Gütegrades kleiner Eins liegt die Vermu-
tung nahe, dass die tatsächliche Kerbgrundfestigkeit σw des einsatz-
gehärteten 18CrNi8 höher liegen muss, als bei der Versuchsreihe mit
dem Basisdüsendesign - auf dessen Kerbgrundfestigkeit die Berech-
nungen beruhen - experimentell ermittelt wurde.
Eine Möglichkeit durch Ändern des Kerbgrundfestigkeitswertes Er-
wartunsgtreue und Vorhersagegenauigkeit zu verbessern, ist als Ein-
gangsgröße den Ansatz der lokalen Dauerfestigkeit nach Murakami
zu benutzen. Die Ermittlung der Kerbgrundfestigkeit erfolgt dann -
abweichend von Tabelle 30 - anhand der Gleichungen 17 und 154 für
die optimierte Korngröße von KG = 4,5 µm.
Die statistische Auswertung der Gütegrade ist Tabelle 32 zu entneh-
men.
184 6 Diskussion der Ergebnisse

NH GEH
η 0,971 1,022
sη,log 0,0359 0,0249
sη 0,0847 0,0607
TA 1,24 1,16
R2 0,959 0,976

Tabelle 32: Auswertung der Gütegrade unter Verwendung der


Kerbgrundfestigkeit nach dem Ansatz von Murakami

Durch die geänderte Bestimmungsgleichung der Kerbgrundfestigkeit


verschieben sich die Mittelwerte der Gütegrade η tatsächlich in Rich-
tung Eins, so dass nun die Werte für beide Vergleichsspannungshy-
pothesen im Vertrauensintervall liegen. Hingegen verschlechtert sich
die Vorhersagegenauigkeit in Form der Gütegradstreuung bei der
Auswertung nach der NH. Die Zunahme der Streuung fällt aller-
dings nicht so groß aus, dass Ungleichung 185 seine Gültigkeit ver-
liert. Die Ermittlungsgenauigkeit der experimentellen Dauerfestigkeit
bleibt damit weiterhin limitierende Größe.
Bei der Auswertung nach der GEH wirkt sich die Änderung positiv
sowohl auf den Erwartungswert als auch auf die Streuung aus.
Ein weiterer Ansatz für die zu verwendende Kerbgrundfestigkeit ist,
anstelle der Festigkeitswerte der in Kapitel 5.1.1 beschriebenen Ver-
suchsreihe, die sich im Rahmen der Auswertung der Mittelspan-
nungsempfindlichkeit erhaltenen Festigkeitswerte zu verwenden. An-
ders als in Tabelle 30 dargestellt, erfolgt anstelle von Gleichung 152
bzw. 153 die Ermittlung der Kerbgrundfestigkeit dann nach den Ta-
bellen 14 und 16 für den Ansatz nach Gerber als Eingangsgröße für
Gleichung 106 und 109. Dadurch ändern sich die Werte in Tablle 31
wie folgt:
6.2 Auswertung der Berechnung 185

NH GEH
η 0,970 1,001
sη,log 0,0359 0,0246
sη 0,0846 0,0588
TA 1,24 1,16
R2 0,959 0,970

Tabelle 33: Auswertung der Gütegrade unter Verwendung der ein-


heitlichen Kerbgrundfestigkeit aus Tabelle 14 bzw 16

Diese Anpassung bringt im Vergleich zu Tabelle 32 nur eine klei-


ne Verbesserung mit sich. Lediglich der mittlere Gütegrad nach der
GEH η GEH verschiebt sich stärker in Richtung Erwartungswert Eins
und liegt nun bis auf ein Promill im Zentrum des Vertrauensinter-
valls.
Anschaulicher für die Bewertung der Genauigkeit der Berechnungs-
methode ist der Wertebereich in dem alle Gütegrade wahrscheinlich
liegen werden. Unter Vernachlässigung der logarithmischen Teilung
gilt in erster Näherung für eine Wahrscheinlichkeit von 1 - α für die
Normalverteilung:

η − sη · c1 ≤ η ≤ η + sη · c1 (187)

oder:

η = η ± ∆η (188)

mit:
∆η = sη · c1
Für Tabelle 33 ergibt sich damit der Wertebereich für die Gütegrade
um den Mittelwert ∆η und damit die Abweichung der rechnerischen
Dauerfestigkeit von der tatsächlichen mit einem Konfidenzniveau von
95 % wie folgt:

∆η N H = ±0, 0846 · 1, 645 = 0, 139 (189)


186 6 Diskussion der Ergebnisse

∆η GEH = ±0, 0588 · 1, 645 = 0, 097 (190)

Erstaunlich ist, dass Tabelle 33 im Vergleich zu Tabelle 32 fast das


selbe Bild zeigt. Mit den rein anhand zweier Gefügekennwerte, der
lokalen Härte und der mittleren Korngröße, abgeleiteten Ansatz von
Murakami lassen sich die selben positiven Ergebnisse erzielen, als
würde die Berechnung auf den Mittelwerten von fünf Versuchsergeb-
nissen beruhen. Fraglich dabei bleibt allerdings, ob dies tatsächlich
in der Gültigkeit des Ansatzes begründet ist oder sich nur zufällig
ergeben hat. Darüber kann mit dem vorliegenden Datenmaterial
keine Aussage getroffen werden.

Bisher wurde über die Wahl der zu verwendenden Verteilungs-


funktion oder Vergleichsspannungshypothese keine Entscheidung ge-
troffen. Der Wert der versuchstechnisch ermittelten Dauerfestig-
keit σa (V ersuch) und die Eingangsgrößen zur Bestimmung von
σ a (Rechnung) hängen von beiden Parametern ab und somit auch
der Gütegrad η.
Dies bietet die Möglichkeit die Gütegrade der 11 zuvor verwendeten
Datensätze auch zur Beurteilung der Vergleichsspannungshypothe-
se und der Verteilungsfunktion heranzuziehen. Geordnet nach den
beiden Einflüssen, sind in Tabelle 34 der Mittelwert und die Streu-
ung der sich nach den Eingangsgrößen für die Berechnung der Werk-
stoffwechselfestigkeit nach Tabelle 14 bzw. 16 für den Ansatz nach
Gerber ergebenden Gütegrade eingetragen.
6.2 Auswertung der Berechnung 187

Vergleichs-
Verteilungs- spannungs-
η sη,log TA R2
funktion hypothese

Logit GEH 1,001 0,0246 1,16 0,970


Weibull GEH 0,978 0,0301 1,19 0,964
Lognormal GEH 0,998 0,0248 1,16 0,970

arcsin p GEH 0,999 0,0254 1,16 0,968
Logit NH 0,970 0,0359 1,24 0,959
Weibull NH 0,963 0,0393 1,26 0,975
Lognormal NH 0,97 0,0362 1,24 0,966

arcsin p NH 0,976 0,0363 1,24 0,971

Tabelle 34: Auswertung der Gütegrade η der 11 Versuchsreihen


in Abhängigkeit von der Vergleichsspannungshypothese
und der Verteilungsfunktion

6.2.3 Vergleich der Verteilungsfunktionen

Aufgrund des statistischen Charakters der Dauerfestigkeit kann die


Angabe eines Wertes nur zusammen mit der dazugehörigen Ausfall-
wahrscheinlichkeit erfolgen.

σw = f (PA ) (191)

Die Ermittlung dieses funktionellen Zusammenhangs erfolgt punkt-


weise für einzelne Lasthorizonte nach den Gleichungen 88 bis 90. Aus
nachvollziehbaren Gründen kann dies nur für einige wenige Lastho-
rizonte erfolgen. Um aber dennoch Aussagen über dazwischen oder
sogar weit außerhalb des experimentellen Erfahrungsschatzes liegen-
de Laststufen machen zu können, muss über den Zusammenhang von
Gleichung 191 eine Annahme getroffen werden, um diesen mit ma-
thematischen Mitteln beschreiben zu können.
In Kapitel 4.3.3 wurden die vier in der Festigkeitsberechnung schwin-
gend belasteter Bauteile gängigsten Verteilungsfunktionen vorge-
stellt. Bei einem Vergleich der Funktionen wurde bereits deutlich,
188 6 Diskussion der Ergebnisse

dass die Wahl einer Funktion einen entscheidenden Einfluss auf die
Auslegung eines Bauteils hat, da man sich meist auf geringere Aus-
fallwahrscheinlichkeiten beziehen muss. Die Auswertung der Versuch-
sergebnisse erfolgte in dieser Arbeit für alle vier Verteilungsfunktio-
nen.
Um herauszufinden, ob eine Funktion das Dauerfestigkeitsverhalten
signifikant besser beschreibt als eine andere, würde man üblicherweise
die Versuchsergebnisse in die Wahrscheinlichkeitsnetze der einzelnen
Funktionen eintragen und eine Entscheidung zugunsten der Funktion
treffen, die die Versuchsergebnisse am besten beschreibt, wobei sich
als Kennzahl z. B. das Bestimmtheitsmaß R2 anbieten würde. Da
für die meisten Versuchsreihen nur zwei Ergebnisse66 zur Verfügung
stehen, kann aber dieses Vorgehen hier nicht zielführend sein. Die
beiden Parameter einer jeden Verteilungsfunktion werden durch nur
zwei Ergebnisse immer eindeutig beschrieben (R2 = 1).
Es bleibt hier nur die Möglichkeit eine Entscheidung mithilfe der
Vorhersagegenauigkeit in Form des Gütegrades η zu fällen. Führt ei-
ne Verteilungsfunktion zu deutlich niedrigeren Streuungen der Güte-
grade, so kann mit dieser Funktion ein höhere Vorhersagegenauigkeit
erzielt werden.
Anhand des Datenmaterials von Tabelle 34 sieht man auf den ersten
Blick, dass sich die Standardabweichungen sη,log speziell für die GEH
unterscheiden. Entscheidend ist wiederum, ob die Unterschiede signi-
fikant sind.
Diese Fragestellung lässt sich abermals mithilfe von Hypothesentests
beantworten. Dazu werden die Varianzen als Quadrate der logarith-
mischen Standardabweichungen slog verglichen.
Eine Verteilungsfunktion I hat eine größere Vorhersagegenauigkeit
als die Funktion II, wenn gilt:

s2I < s2II (192)

Diese Hypothese muss zugunsten der Gegenhypothese


66
Selbst bei der Versuchsreihe mit den meisten Lasthorizonten im Übergangsgebiet, der des
Basisdüsendesigns, liegen nur drei Ergebnisse vor.
6.2 Auswertung der Berechnung 189

beide Varianzen sind gleich


abgelehnt werden, wenn gilt [BB01]:

s2I
≤ c4 (193)
s2II

mit:
c4 = (1 − α) - Fraktil der F(nI - 1; nII - 1)-Verteilung
Die Quotienten der Varianzen können Tabelle 35 entnommen werden.

s2I Lognormal √
s2II
(NH) Logit (II) Weibull (II) arcsin p
(II)

Logit (I) 1 0,833 0,984 0,981


Weibull (I) 1,201 1 1,182 1,177
Lognormal (I) 1,016 0,846 1 0,996

arcsin p (I) 1,020 0,849 1,004 1

s2I Lognormal √
s2II
(GEH) Logit (II) Weibull (II) arcsin p
(II)

Logit (I) 1 0,665 0,981 0,940


Weibull (I) 1,503 1 1,475 1,412
Lognormal (I) 1,019 0,678 1 0,958

arcsin p (I) 1,064 0,708 1,044 1

Tabelle 35: Quotienten der Varianzen der Gütegrade

Die Fraktile der F-Verteilung sind in Abhängigkeit vom Signifikanz-


niveau α für 10 Zähler- und 10 Nennerfreiheitsgrade in Abbildung
47 graphisch dargestellt.
Vergleicht man Tabelle 35 und Abbildung 47, so sieht man, dass
sich nicht einmal bei einem Signifikanzniveau von nur 25 % ein Un-
terschied zwischen den Verteilungen nachweisen lässt. Somit konnte
nun der Eindruck von Abbildung 19 rechnerisch nachgewiesen wer-
den.
190 6 Diskussion der Ergebnisse

5
Fraktil der F-Verteilung x (1-a)

0
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25
Signifikanzniveau a

Abbildung 47: Fraktile der F-Verteilung für jeweils 10 Freiheitsgra-


de nach [Pok94]

Signifikante Unterschiede werden sich erst bei extremeren Ausfall-


wahrscheinlichkeiten (log(PA ) bzw. log(1 − PA ) ≤ −3) ergeben. Im
Bereich 10−2 < PA < 1 − 10−2 bleibt es dem Anwender frei über-
lassen, welches Verteilungsmodell er für seine Berechnungen wählt.
Die Auswirkungen auf das Ergebnis sind vernachlässigbar.

6.2.4 Vergleich der Vergleichsspannungshypothesen

Da das Hauptachsensystem aller, im Rahmen dieser Arbeit unter-


suchter Kerbfälle während eines Lastspiels immer ortsfest bleibt, re-
duziert sich hier die Mehrachsigkeitsproblematik darauf, ob die erste
Hauptspannung ausreicht, die Dauerfestigkeit spröder Randschichten
einsatzgehärteter Bauteile zu beschreiben, und die Kerbfälle dadurch
trotz ihrer Mehrachsigkeit als einachsiger Lastfall betrachtet werden
können, oder ob dazu die beiden anderen Hauptspannungen auch ins
Kalkül gezogen werden müssen.
6.2 Auswertung der Berechnung 191

Bei Kerbfällen mit mehrachsigem Spannungszustand ergeben sich


spürbare Unterschiede in den Kerbgrundspannungen, je nach dem,
ob sie nach der NH oder GEH gebildet werden. In Kapitel 6.1.2 wur-
de daher schon festgestellt, dass keine der Schätzformeln der lokalen
Dauerfestigkeit auf beide Hypothesen angewendet werden kann, da
sie nicht entsprechend differenzieren. Die anderen Eingangsparame-
ter stellen im Wesentlichen nur Abminderungsfaktoren ohne absolu-
ten Bezug dar, weswegen dies dort nicht zu beobachten ist. Bezüglich
der lokalen Festigkeit nach Murakami stimmen die Kerbspannun-
gen am besten mit der Theorie überein, wenn nur die erste Haupt-
spannung betrachtet wird. Dies ist jedoch bei weitem kein Argument,
der NH den Vorzug zu geben.
Die Auswahl der Vergleichsspannungshypothese, nach der die Be-
rechnung der Kerbspannungen bzw. der Bauteildauerfestigkeiten
durchgeführt werden soll, muss danach erfolgen, wie gut die damit
erfolgte Berechnung mit den Versuchsergebnissen für jeden Kerbfall
(egal ob ein- oder mehrachsiger Spannungszustand, oder ob Axial-
kraft, Biegung oder Innendruck vorherrschen) übereinstimmt. Dies
kann wiederum mit den statistischen Kenngrößen des Gütegrades η
erfolgen.
Nach Tabelle 34 liegt nicht nur der mittlere Gütegrad η der Auswer-
tung nach der GEH (η GEH = 1,001) im Vergleich zur Auswertung
nach der NH (ηN H = 0,970) näher am Erwartungswert Eins, son-
dern es ist auch dessen Streuung merklich kleiner (sGEH η,log = 0,0246
NH
im Vergleich zu sη,log = 0,0359) und damit die Vorhersagegenauigkeit
besser. Wie schon zuvor stellt sich die Frage, ob der Unterschied groß
genug ist um systematischer Natur zu sein und nicht auf Zufälligkei-
ten beruht. Dazu wird das zum vorangegangenen Kapitel analoge
Vorgehen gewählt.
Der Quotient der Quadrate beider logarithmischer Standardabwei-
chungen nach Tabelle 34 berechnet sich zu:

 2
sN H
η,log 0, 03592
 2 = = 2, 13 (194)
sGEH
η,log
0, 02462
192 6 Diskussion der Ergebnisse

und ist damit größer als das 85 %-Fraktil der F-Verteilung für jeweils
10 Freiheitsgrade [Pok94].

2, 13 > 2, 03 = c4 (α = 0, 15) (195)

Mit 85-prozentiger Sicherheit stimmen Experiment und Berechnung


der 11 vorliegenden Vergleichsversuche signifikant besser überein,
wenn die Kerbgrundspannungen nach der GEH gebildet werden.
Die tendenziell bessere Entsprechung ließ sich auch schon bei den
Untersuchungen zum Mittelspannungseinfluss feststellen. Egal nach
welchem der fünf ausgewerteten Ansätze, war die Übereinstimmung
gemessen am Bestimmtheitskoeffizient R2 , bei der GEH im größer
als bei dem selben Ansatz aber unter Verwendung der NH.
Betrachtet man die drei Kerbfälle, die zur Ermittlung des Größen-
einflusses untersucht wurden, so zeigen sich deutliche Unterschiede
in den Auswirkungen der Kerbgrundgröße auf die ertragbare Span-
nung je nach Vergleichsspannungshypothese (siehe Abbildung 41).
Leider lässt aber das Datenmaterial dort die Aussage nicht zu, ob
die Divergenz von der Vergleichsspannungshypothese oder doch vom
Größeneinfluss bestimmt werden. Ein logischer Schluss auf die rich-

tige“ Hypothese kann wegen der Kombination beider Einflüsse nicht
gezogen werden.
Dieser wäre jedoch basierend auf den Ergebnissen der Werkstoffpro-
ben theoretisch möglich. Für diesen Kerbfall unterscheiden sich die
Formzahlen nach der NH und der GEH wegen der weitestgehenden
Einachsigkeit nicht nennenswert. Dies ermöglicht es die Vergleichs-
spannungshypothese, die Allgemeingültigkeit unabhängig vom Kerb-
fall67 beanspruchen muss, an einem Extremfall zu testen. Auch dort
scheinen die für beide Vergleichsspannungshypothesen identischen
Kerbgrundspannungen der Biegeproben besser an die Versuchser-
gebnisse der Innendruckversuche, gebildet nach der GEH, Anschluss
zu finden. Es wurde aber auch festgestellt, dass die Absolutwerte
der Kerbspannungen der Werkstoffproben kritisch zu betrachten sind
67
Eine einachsige Vergleichsspannungshypothese muss auch für mehrachsige Spannungs-
zustände wie umgekehrt eine mehrachsige Vergleichsspannungshypothese für einachsige Span-
nungszustände gültig sein.
6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage 193

und die Aussage daher zu relativieren ist.


Letztlich können diese und die im Zusammenhang mit der Mittel-
spannungsempfindlichkeit gemachten Beobachtungen nur als Hinwei-
se gewertet werden. Ein echter Beweis, wenn auch nur mit einem
Signifikanzniveau von 85 %, hingegen ist, dass sich die Dauerfestig-
keiten, wenn sie nach der GEH berechnet werden, besser mit den
Versuchsergebnissen übereinstimmen, als wenn dazu die NH benutzt
wird.
Nimmt man diese Erkenntnisse zusammen, scheint die Aussage ent-
gegen der herrschenden Meinung gerechtfertigt, dass zur Berechnung
der dauerfest ertragbaren Spannungsamplituden auch für die zwei-
fellos spröde Randschicht einsatzgehärteter Bauteile alle drei Haupt-
spannungen berücksichtigt werden sollten.
Jedoch kann die Verwendung der NH für randschichtgehärtete Bau-
teile, wie sie etwa von der FKM-Richtlinie vorgeschlagen wird,
aber nicht prinzipiell abgelehnt werden.

6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage

6.3.1 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkei-


ten

Die bisherigen Untersuchungen dieser Arbeit beschäftigten sich nur


mit der mittleren Dauerfestigkeit. Dieser Wert allein ist aber für
die Auslegung von Serienbauteilen denkbar ungeeignet. Definitions-
gemäß wäre mit dem Ausfall der Hälfte aller im Einsatz befindli-
chen Bauteile zu rechnen. Dieser Umstand wäre technisch wie wirt-
schaftlich nicht vertretbar. Deswegen dienen in der Technik Dauer-
festigkeitswerte als Auslegungsgrundlage, die eine weitaus geringere
Ausfallwahrscheinlichkeit erwarten lassen. Üblicherweise liegen die
Werte der vertretbaren Ausfallwahrscheinlichkeiten zwischen 10−3
und 10−7, abhängig von der geplanten Gesamtstückzahl, der Fol-
gensschwere eines Bauteilversagens oder auch wirtschaftlichen Ge-
sichtspunkten. Dies hat zur Folge, dass zwischen der mittleren und
194 6 Diskussion der Ergebnisse

der ausnutzbaren Dauerfestigkeit ein beachtlicher Sicherheitsabstand


eingehalten werden muss [Hai89].
Als Maß für den Sicherheitsabstand wird die Sicherheitszahl j ver-
wendet, die sich durch das Verhältnis der mittleren Bauteildauerfe-
stigkeit zur zulässigen Bauteilbelastung definiert.

L
j= (196)
Lzulässig

In den Anfängen der Festigkeitsberechnung wurde die Sicherheitszahl


nur aufgrund von Erfahrungswerten ohne Bezug zu werkstoffmecha-
nischen Zusammenhängen festgelegt. Heute weit verbreitet ist jedoch
die Sicherheitszahl statistisch begründet anhand einer vertretbaren
Ausfallwahrscheinlichkeit PA,z abzuleiten. Sie ist definiert durch das
Verhältnis der Dauerfestigkeit für eine Ausfallwahrscheinlichkeit von
50 % zur Dauerfestigkeit für die vertretbare Ausfallwahrscheinlich-
keit PA,z .

L (PA = 50%) L
j= = (197)
L (PA = PA,z ) L (PA,z )

Das Dauerfestigkeitsniveau für die vertretbare Ausfallwahrscheinlich-


keit L(PA,z ) erhält man aus Gleichung 93. Da die Parameter dieser
Gleichung aus den Versuchsergebnissen, für die sich üblicherweise
eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 10−1 ergibt, abgeleitet werden,
entspricht dieses Vorgehen der Extrapolation auf geringe Ausfall-
wahrscheinlichkeiten. Um dadurch realitätsnahe Werte zu erhalten,
ist neben der Lage der mittleren Dauerfestigkeit auch die Kenntnis
der Streuung sowie des Verteilungsmodells von entscheidender Be-
deutung.
Weiterhin müssen bei der Extrapolation noch andere Faktoren
berücksichtigt werden, die zu einem Unterschätzen des Risikos von
Feldausfällen führen könnte. Dazu zählt die Problematik, die Festig-
keitsverteilung aller Bauteile (Grundgesamtheit) anhand einer klei-
nen Stichprobe abschätzen zu müssen, dem durch die Berücksichti-
gung eines Konfidenzniveaus Rechnung getragen werden kann, und
6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage 195

die Tatsache, dass sich die Grundgesamtheiten einzelner Bauteilchar-


gen hinsichtlich Mittelwert und Streuung unterscheiden können. Zu-
letzt genannter Einfluss kann nur durch wiederholte Durchführung
von Stichproben aus unterschiedlichen Fertigungslosen berücksich-
tigt werden.
Eine Sicherheitszahl bietet zudem die Möglichkeit, untergeordnete
Belastungen durch einen prozentualen Aufschlag zu berücksichti-
gen, obwohl diese bei der Berechnung der Kerbgrundspannung man-
gels Kenntnis des Schädigungseinflusses nicht explizit erfasst werden
können und aufgrund ihrer geringen Schädigungswirkung zwar nicht
selbst zum Bauteilversagen führen, aber ein schädigender Einfluss
auf die Ertragbarkeit der dominanten Lasten dennoch nicht ausge-
schlossen werden kann.

6.3.2 Bewertung des Streuverhaltens

Der wichtigste Parameter bei der Festlegung einer Sicherheitszahl


ist die Streuung der Festigkeitswerte. Tabelle 36 enthält die nach
Gleichung 2 gebildeten Streuspannen TL - abhängig von der zugrun-
degelegten Verteilungsfunktion - aller zur Auswertung dieser Arbeit
herangezogenen Versuchsreihen (vorgestellt in Tabelle 7 und Kapi-
tel 6.2.1), für die sich ein Wert für die Streuspanne ableiten lies. Die
Reihen 1 bis 7 und I bis V repräsentieren Bauteilinnendruckversuche.
Zum Vergleich sind die Streuspannen der Innendruckversuche an der
Rohrprobe (Reihe 8) und der Resonanzversuche an der Spritzloch-
verschneidung (Reihe 9) aufgeführt.
Unglücklicherweise wurde nur für 4 der 13 Versuchsreihen mehr als
ein Lasthorizont getroffen, der nicht ausschließlich zu Brüchen oder
Durchläufern führte. Betrachtet man nur den Kerbfall Düse unter In-
nendruck, der aufgrund der Anzahl der vorliegenden Versuche als am
besten statistische abgesichert angesehen werden kann, so reduziert
sich diese Anzahl sogar auf 2. Für den Wert der Streuspanne können
daher meist nur Maximalwerte angegeben werden, was es unmöglich
macht, damit sinnvoll auf die Festigkeiten bei niedrigen Ausfallwahr-
196 6 Diskussion der Ergebnisse

scheinlichkeiten zu schließen. Der fehlende gemischte Lasthorizont ist


sicherlich auch ein Grund dafür, dass sich die Streuspannen in einem
so weiten Bereich unterschieden.

Versuchsreihe Logit Weibull Lognormal arcsin p
1 1,30 1,32 1,31 1,32
2 ≤ 1,11 ≤ 1,09 ≤ 1,11 ≤ 1,12
3 ≤ 1,32 ≤ 1,24 ≤ 1,34 ≤ 1,36
4 ≤ 1,18 ≤ 1,14 ≤ 1,18 ≤ 1,18
6 ≤ 1,24 ≤ 1,30 ≤ 1,24 ≤ 1,24
7 ≤ 1,17 ≤ 1,13 ≤ 1,18 ≤ 1,19
8 1,24 1,2 1,23 1,22
9 1,20 1,20 1,20 1,20
I ≤ 1,43 ≤ 1,35 ≤ 1,43 ≤ 1,44
II 1,19 1,16 1,19 1,19
III ≤ 1,26 ≤ 1,27 ≤ 1,26 ≤ 1,27
IV ≤ 1,18 ≤ 1,18 ≤ 1,19 ≤ 1,19
V ≤ 1,16 ≤ 1,17 ≤ 1,17 ≤ 1,18

Tabelle 36: Streuspannen TL aller untersuchten Versuchsreihen

Dieses Ergebnis verwundert aber nicht sonderlich. In Kapitel 5.4 wur-


de schon der Hinweis gefunden, dass die Ermittlungsgenauigkeit der
Standardabweichung für das Probitverfahren viel zu ungenau ist, um
das Streuverhalten eines Bauteils zuverlässig zu beschreiben. Zu die-
ser Überzeugung kommt auch Adentstedt [Ade01], der allerdings
eine zuverlässige Bestimmung der Standardabweichung erst für Stich-
probenumfänge kleiner 15 für nicht möglich hält. Stattdessen wird
bei kleinen Stichprobenumfängen empfohlen, die in [Ade01] angege-
benen Richtwerte für Standardabweichungen zu verwenden und nicht
die für die Stichprobe ermittelte Standardabweichung.
Nach Haibach [Hai89] ist die Extrapolation auf geringe Ausfall-
wahrscheinlichkeiten nur erlaubt, wenn die wahre Standardabwei-
chung der Grundgesamtheit bekannt ist. Näherungsweise können an-
hand von Erfahrungswerten festgelegte oder mithilfe vereinfachter,
aber hinsichtlich Streuverhalten vergleichbarer Sonderversuche abge-
leitete Werte verwendet werden. Sollten diese Daten ebenfalls nicht
zur Verfügung stehen, werden auch in [Hai89] Erfahrungswerte für
6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage 197

Streuspannen genannt.
In Tabelle 37 sind die vorgeschlagenen Richtwerte zusammengefasst.

Quelle Werkstoff- oder Bauteilbezeichnung Streuspanne TL

Spanabhebend bearbeiteter Stahl, mit mäßiger bis


[Hai89] 1,26
mittlerer Kerbwirkung

Stahl geschmiedet, spanend bearbeitet, rand-


[Ade01] 1,16
schichtbehandelt

[Ade01] Zahnräder, randschichtbehandelt 1,15

Tabelle 37: Gegenüberstellung der Streuspannen TL ermittelt aus


Bauteilversuchen im Vergleich zu Literaturwerten

Die individuelle Verwendung, der für jede Versuchsreihe ermittel-


ten Streuspanne zur Extrapolation, spiegelt sicher auch in diesem
Fall das reale Streuverhalten nicht richtig wieder. Vielmehr ist anzu-
nehmen, dass, wie von Haibach bei der Festlegung seines Ermitt-
lungsvorschlags für die wahre Streuung der Grundgesamtheit vor-
ausgesetzt, sich die einzelnen Konstruktionen zwar in der Lage des
Mittelwertes, aber nicht im Wert der Streuung unterscheiden. Die
große Bandbreite der Streuspannen und vor allem die Tatsache, dass
meist nur Extremwerte dafür angegeben werden können, machen es
eigentlich unmöglich daraus sinnvoll einen allgemeingültigen Wert
abzuleiten.
Zwar wurden mit Versuchsreihe 1 und II zwei echte Werte ermittelt,
aber zum einen scheint das Ergebniss von Reihe 1 nicht als repräsen-
tativ angesehen werden zu dürfen68 und zum anderen deuten die
Reihen 2, 4, 7, IV und V darauf hin, dass die tatsächliche Streuung
noch unter dem echten Wert der Reihe II mit TL = 1,19 liegt.
Erfahrungswerte, speziell für die hier untersuchte Art von Bauteilen
und Belastungsart, finden sich in der Literatur nicht.
Der von Haibach vorgeschlagene Erfahrungswert von TL = 1,26 er-
68
Vgl. Bemerkung zum Versuchsergebnis des Basisdüsendesigns, Kapitel 5.3.1.
198 6 Diskussion der Ergebnisse

scheint angesichts der Vielzahl widersprechender Ungleichungen in


Tabelle 36 zu konservativ.
Hingegen erweckt der Richtwert von Adenstedt für randschichtbe-
handelten Stahl den Anschein, auch auf das Streuverhalten von ein-
satzgehärteten Dieseleinspritzdüsen hinreichend gut anwendbar zu
sein. Auch [BHS03] stützt sich bei der Abschätzung der Streuung
von Komponentenversuchen auf die Arbeit von Adenstedt. Für
die Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten wird da-
her eine einheitliche Streuspanne von TL = 1,16 vorgeschlagen.
Die Untersuchungen zum statistischen Größeneinfluss postulieren
höhere Streuspannen (siehe Gleichung 166 und 167). Ein Zusam-
menhang zwischen der Streuspanne der Versuchsergebnisse TL und
dem zur Beschreibung des statistischen Größeneinflusses notwendi-
gen Weibullexponenten κ kann hier nicht nachgewiesen werden. Nach
Tabelle 5 wäre unter Zugrundelegung einer Logitverteilung mit einer
Streuspanne von TL = 1,16 ein Weibullexponent von κ = 30 zu er-
warten. Nach Tabelle 26 ist die Übereinstimmung zwischen Rechnung
und Versuch dann nicht zufriedenstellend.
Zur Überprüfung, ob alle vorliegende Versuche einer mit TL =
1,16 verteilten Grundgesamtheit entstammen, kann das in Abbil-
dung 29 dargestellte normierte Vertrauensintervall verwendet wer-
den. Ein oder mehrere Versuchsergebnisse müssten durch die ein-
heitliche Streuung außerhalb des Intervalls zu liegen kommen, sollte
genannte Annahme nicht zutreffen. Dies gilt neben zwei Biegeversu-
chen jedoch nur für eine der 38 für diese Arbeit verwendeten Last-
horizonte, dessen Ausfallrate auch zuvor, mit der Streuspanne aus
dem Versuch selbst, innerhalb des Intervalls lag69. Die Ausfallrate des
Lasthorizontes L1 mit σaN H = 509 N/mm2 bzw. σaGEH = 619 N/mm2
des Basisdesigns kommt knapp außerhalb zu liegen. Dies ist aber auf
den in Kapitel 5.3.1 bereits beschriebenen Umstand zurückzuführen,
dass sich bei dieser Versuchsreihe unglückliche“ Ausfallraten erge-

ben haben.

69
Das Ergebnis vom Versuch mit σaN H = 636 N/mm2 bzw. σaGEH = 774 N/mm2 des Basis-
designs sowie der Werkstoffprobe mit R = 0,7 und σa = 487 N/mm2 lagen auch vorher schon
außerhalb.
6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage 199

Durch die geänderte, einheitliche Streuspanne ändern sich auch die


experimentellen Dauerfestigkeiten. Auf die statistische Auswertung
der Gütegrade η von Tabelle 33 hat dies nur geringe Auswirkungen.
Der mittlere Gütegrad η verschlechtert sich lediglich um 2 bzw. 5
Promilpunkte. Dafür verbessert sich die Vorhersagegenauigkeit, im
Falle der GEH sogar spürbar.
NH GEH
η 0,972 0,986
sη,log 0,0341 0,0204
sη 0,0803 0,0483
TA 1,22 1,13
R2 0,920 0,991

Tabelle 38: Auswertung der Gütegrade unter Verwendung einer ein-


heitlichen Streuspanne TL = 1,16

6.3.3 Auswahl eines geeigneten Verteilungsmodells

In der Wahl des zugrundezulegenden Verteilungsmodells zeigt sich


die nächste Schwierigkeit bei der Bestimmung der Festigkeitsgrenze
für eine zulässige Ausfallwahrscheinlichkeit. Im Bereich der mittleren
Dauerfestigkeit sind die vorgestellten Verteilungsfunktionen, die für
Dauerfestigkeitsberechnung verwendet werden, nicht unterscheidbar.
Bei der Extrapolation auf geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten unter-
scheiden sich die zulässigen Druckschwingbreiten hingegen erheblich
(siehe Abbildung 20).
Die Problematik bei der Wahl des Verteilungsmodells ist, dass das
eigentliche Interesse den unteren Extremwerten (PA ≈ 10−3 bis 10−7)
der Festigkeitsverteilung gilt, während nur der zentrale Teil (PA ≈
10−1, maximal 10−2) dieser Verteilung einer experimentellen Unter-
suchung zugänglich ist. Zur Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit
auf einem Lasthorizont ist wenigstens der Kehrwert dessen - eigent-
lich ein deutliches Vielfaches davon - an Prüflingen notwendig. Für
Untersuchungen im ppm-Bereich (parts per million), der in der Au-
tomobilbranche üblich ist, würde dies einen notwendigen Stichpro-
200 6 Diskussion der Ergebnisse

benumfang von mehreren Millionen bedeuten, was aus wirtschaftli-


cher Sicht untragbar ist. Es gibt auch kein Verfahren wissenschaft-
lich begründet aus dem Ergebnis deutlich kleinerer Stichproben auf
die Werte der Festigkeitsverteilung im Bereich ihrer Extremwerte zu
schließen [SEH84]. Letztlich muss also über den Charakter der Fe-
stigkeitsverteilung eine Annahme getroffen werden [Hai89].
Die Festigkeit eines Bauteils, und damit auch dessen Streuverhalten,
wird von einer Vielzahl von Faktoren70 beeinflusst, deren Werte für
sich gemäß einem bestimmten Modell statistisch verteilt sind. Die
Gesamtverteilung der Festigkeit eines Bauteils setzt sich demnach
aus sehr vielen einzelnen Verteilungen zusammen.
Nach dem zentralen Grenzwertsatz der Stochastik [BB01] müsste
demnach die Gesamtfestigkeit normalverteilt sein.
Konstruiert man hingegen das Festigkeitsverhalten eines Bauteils aus
dem Weakest-Link-Modell, so führt dies zu einer zweiparametrigen
Weibullverteilung [BSM01, BLM98], die auch vom VDA und der SAE
zur Anwendung empfohlen wird [HTVB05].
Keine der genannten Verteilungsmodelle bietet jedoch einen entschei-
denden Vorteil [Bux92], geschweige denn einen Nachweis für ihre
Gültigkeit.
Offen bleibt auch noch die Frage, ob die Ableitung einer Sicherheits-
zahl anhand der, im Bereich zugänglicher Ausfallwahrscheinlichkei-
ten ermittelter Streuung und damit die Extrapolation begründet ist.
Man kann nicht ausschließen, dass im Bereich mittlerer Ausfallwahr-
scheinlichkeiten (∼ 10−1) Schadensmechanismen dominant sind, die
bei extremen, niedrigen Ausfallwahrscheinlichkeiten nur eine unter-
geordnete Rolle spielen. Als denkbares Beispiel wären hier nichtme-
tallische Einschlüsse oder andere Verunreinigungen zu nennen. Sehr
große Einschlüsse, z. B. von der Größe des Kerbgrundes, können die
dynamische Festigkeit auf einen Bruchteil des mittleren Wertes re-
duzieren. Ihr Auftreten hat nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit,
kann aber nie ganz ausgeschlossen werden. Dieser festigkeitsmindern-
de Einfluss wäre im Bereich zugänglicher Ausfallwahrscheinlichkeiten

70
Siehe Abbildung 6.
6.3 Ableitung einer Bemessungsgrundlage 201

nicht zu erfassen.
Abhilfe bei der Fragestellung nach der richtigen Festigkeitsverteilung
können nur Untersuchungen im unteren Extrembereich der Ausfall-
wahrscheinlichkeit bringen. Diese werden aber wegen der genannten
schweren Zugänglichkeit bis auf unbestimmte Zeit ausbleiben.
Bis ein Nachweis oder wenigstens eine wissenschatfliche Begründung
für die Gültigkeit einer speziellen Funktion gegeben ist, bleibt dem
Konstrukteur bei der Auslegung von Bauteilen nur die Möglichkeit,
auf die wenigen veröffentlichten Erfahrungswerte zurückzugreifen. So
wird in [HTVB05] anhand von Feldausfällen zweier Bauteile die Er-
fahrung gemacht, dass die Logitverteilung zu einer im Sinne der
Konstruktionsvorgaben (zulässige Ausfallwahrscheinlichkeit) siche-
ren Auslegung führt, ohne dabei zu konservativ zu sein.
Die Auslegung nach der Weibullverteilung würde noch größere Si-
cherheitsreserven enthalten, die Lognormalverteilung hingegen ist als
unsicher anzusehen.

Die arcsin P -Transformation scheint nach den gemachten Erfah-
rungen für die Auslegung bei geringen zulässigen Ausfallwahrschein-
lichkeiten gänzlich ungeeignet zu sein. Eine Auslegung nach dieser
Funktion wäre um den Faktor 2 zu unsicher.
Mangels weiterführender Erfahrungswerte wird auch hier die Lo-
gitverteilung zur Beschreibung des Festigkeitsverhaltens hochdruck-
belasteter Dieseleinspritzdüsen vorgeschlagen, auch wenn es hierzu
abweichende Meinungen gibt. Da die, basierend auf der Annahme
einer Lognormalverteilung [BHS03] gemachten Felderfahrungen ei-
nes Einspritzanlagenherstellers der wissenschaftlichen Öffentlichkeit
nicht zugänglich sind, können daraus keine Erkenntnisse gewonnen
werden.
Die Sicherheitszahl j berechnet sich dann, bei Verwendung der Logit-
verteilung und einer Streuspanne von TL = 1,16 durch Einsetzen von
Gleichung 2 und 92 in Gleichung 197 abhängig von der Streuspanne
TL aus:

 
log(TL )
− 2,42 ·uz
j = 10 (198)
202 6 Diskussion der Ergebnisse

mit:
√ ⎛ ⎞
3 PA,z
uz = · ln ⎝ ⎠ (199)
π 1 − PA,z

Für die zuvor festgelegte, einheitliche Streuspanne von TL = 1,16


ergeben sich daraus die in Abbildung 48 graphisch dargestellten Si-
cherheitsfaktoren j.

1,8

1,6

1,4
Sicherheitszahl j

1,2

1,0

0,8

0,6
1,E-07 1,E-06 1,E-05 1,E-04 1,E-03 1,E-02 1,E-01 1,E+00
zulässige Ausfallwahrscheinlichkeit PA,z

Abbildung 48: Sicherheitszahl j in Abhängigkeit von der zulässi-


gen Ausfallwahrscheinlichkeit PA,z bei Zugrundele-
gung einer Logitverteilung und einer Streuung in
Lastrichtung von TL = 1,16
6.4 Betriebsfeste Auslegung 203

6.4 Betriebsfeste Auslegung

Mit den in den vorangegangenen Kapiteln ermittelten Übertragungs-


faktoren lässt sich ein Bauteil aus einsatzgehärtetem 18CrNi8 für eine
gegebene maximale Betriebslastamplitude dauerfest, d. h. für eine
theoretisch unendliche Lebensdauer, auslegen. Für druckgesteuerte
Einspritzsysteme ist dieser Weg wegen der Fülligkeit der Betriebs-
lastkollektive der einzig zielführende. Dies muss jedoch nicht für na-
delhubgesteuerte Common-Rail-Systeme gelten71.
Die einzelnen Einspritzvorgänge bewirken dort nur geringe Lastam-
plituden, wenn auch bei z. T. sehr hohen Mittellasten. Lastwechsel
im Bereich der Maximallast treten hingegen eher selten auf (≈ 104).
Die fehlende Schädigung dieser Schwingspiele mit geringer Ampli-
tude trotz häufigen Auftretens, eröffnet das Potential, bestehende
Konstruktionen, die dauerfest für einen bestimmten Betriebsdruck
ausgelegt wurden, auch für höhere Maximaldrücke zu verwenden,
wenn man die tatsächlichen Betriebslasten beachtet.
Um dabei aber auf zuverlässige Ergebnisse zu kommen, muss über
die Betriebsbelastung mehr bekannt sein als der reine Maximalwert.
Die normalerweise sehr komplexen Last-Zeit-Verläufe von Kompone-
ten lassen sich während Fahrversuchen messtechnisch ermitteln und
mit Hilfe von Zählverfahren als Lastkollektive in eine handhabbare
Form bringen.
Abhängig von vielen Faktoren, u. a. dem Fahrer selbst, der Fahr-
streckenzusammensetzung oder dem aktuellen Verkehrsaufkommen,
ergibt sich aber für jede Messfahrt ein individuelles Lastkollektiv.
Die Problematik, die hier auftritt, ist, aus den Messfahrten eine,
für die Fülle aller möglichen, einzelnen Betriebsbelastungen reali-
stische Lastannahme mit repräsentativer Schädigung zu generieren.
Nachvollziehbarerweise ergeben sich dann auch für jede Applikation
(Fahrzeughersteller, Fahrzeug, Motor etc.) unterschiedliche Betriebs-
belastungen. Dementsprechend ist für jede Anwendung ein Betriebs-
festigkeitsnachweis erneut durchzuführen.
71
Näheres zu den Unterschieden in den Belastungskollektiven beider Systeme siehe Kapitel
A.3.3 im Anhang.
204 6 Diskussion der Ergebnisse

Allen diesen Lastabläufen ist aber ein ähnliches Aussehen gemein, so


dass aus deren Vielzahl ein allgemein anwendbares, weil repräsen-
taives Standardlastkollektiv abgeleitet werden kann. Dieses sollte
so detailliert wie möglich sein, um die charakteristischen Merkma-
le (Gesamtzyklenzahl, Kollektivform oder typische Lastpunkte) der
Betriebsbelastung zu beinhalten, aber auch so allgemein wie nötig,
um für alle Applikation gültig zu sein. Durch die Verwendung eines
Standardlastkollektivs umgeht man auch den Umstand, dass Lastkol-
lektive üblicherweise Firmen-Know-How darstellen und somit nicht
zur Veröffentlichung bestimmt sind.
Anfänglich hauptsächlich für die Belange der Luftfahrtindustrie ent-
wickelt, gibt es mittlerweile für viele Lastfälle standardisierte Last-
kollektive72.
Im Rahmen der Weiterführung der Erkenntnisse von [BVDL04] für
betriebsfeste Auslegungen wurde in Zusammenarbeit mit führen-
den Einspritzanlagenherstellern eine standardisierte Lastfolge für
Common-Rail-Systeme erarbeitet. Obwohl rein synthetisch er-
stellt, kann diese hinsichtlich der charakteristischen Eckpunkte für
tatsächliche Anwendungen als hinreichend repräsentativ angesehen
werden.
Die Spannenpaardarstellung der Standardlastfolge ist in Abbildung
49 und die dazugehörige Rainflow-Matrix in Abbildung 76 im An-
hang abgedruckt. Die charakteristischen Merkmale der standardisier-
ten Lastfolge für Common-Rail-Systeme sind:

• 5%-Fahrer-Kollektiv für 240.000 km,

• 30.000 Start-Stopp Zyklen,

• Leerlaufdruck ist 14 % des Maximaldrucks,

• pro Start-Stopp Zyklus tritt durchschnittlich 4 mal Maximal-


druck auf,

• Gesamtzyklenzahl 3 · 106,
72
Eine Übersicht enthält z. B. [Ber88b].
6.4 Betriebsfeste Auslegung 205

• 2% Stufung der Sollwerte.

Nach dem Nennspannungskonzept lassen sich aus diesem Kollektiv


und der Wöhlerlinie des Basisdesigns (Abbildung 25; die Streuung
in Lastrichtung TL wurde Kapitel 6.3.2 angepasst) die Lebensdau-
erlinien für eine theoretische Schadenssumme von D = 1 berechnen.
Eine Lastschwingbreite von 100 % entspricht dabei einem typischen
Nennsystemdruck aktueller Common-Rail-Systeme. Für die Berech-
nung wurde die lineare Schadensakkumulationshypothese nach Mi-
ner in ihrer originalen Form verwendet. Zur näheren Beschreibung
der Berechnungsmethode sei auf die einschlägige Literatur verwiesen
(z. B. [Hai89, See96, CP92, Bux92]). Die Berücksichtigung von Mit-
telspannungen erfolgt nach dem Vorschlag von Haibach in der in
Kapitel 6.1.5 vorgestellten Modifikation.

1000

Lebensdauerlinie
Schwingbreite [%]

Wöhlerlinie
100

Standardlastfolge

10
1,E+03 1,E+04 1,E+05 1,E+06 1,E+07 1,E+08
Lastspielzahl

Abbildung 49: (Mittlere) Lebensdauerlinie des Basisdesigns für die


Common-Rail-Standardlastfolge

Aussagekräftiger für den Vergleich zwischen betriebs- und dauerfe-


ster Auslegung ist die Darstellung des maximal zulässigen Betriebs-
drucks in Abhängigkeit von der zulässigen Ausfallwahrscheinlichkeit
206 6 Diskussion der Ergebnisse

PA,z für eine endliche und unendliche Lebensdauer. In Abbildung 50


sind zu diesem Zweck neben der für PKW üblichen Lebensdauer von
240.000 km und der theoretisch unendlichen (dauerfesten) noch die
Kurve für eine Lebensdauer von 480.000 km, wie sie z. B. für leichte
Nutzfahrzeuge zu erwarten ist, eingetragen.

250

unendlich
225 240.000 km
480.000 km
Schwingbreite [%]

200

175

150

125

100
1,E-06 1,E-05 1,E-04 1,E-03 1,E-02 1,E-01 1,E+00
Ausfallwahrscheinlichkeit [-]

Abbildung 50: Maximal zulässiger Betriebsdruck (relativ) in


Abhängigkeit von der Ausfallwahrscheinlichkeit für
240.000 km, 480.000 km und unendliche Lebens-
dauer

Der durch die betriebsfeste Auslegung mögliche Anstieg des zulässi-


gen Betriebsdrucks ist deutlich ersichtlich. Eine höhere zu erwartende
Lebensdauer wirkt sich weitaus weniger aus.
Sicherheitsrelevante Bauteile, wozu hochdruckführende Komponen-
ten eines Einspritzsystems zählen, werden auf eine zulässige Ausfall-
wahrscheinlichkeit von 1·10−6 ausgelegt [BHS03]. Für diese Fehlerto-
leranz ergibt sich eine Erhöhung des zulässigen Betriebsdruckes um
46 %. Dieses rechnerische Potential muss aber erst noch in Betriebs-
lastennachfahrversuchen bestätigt werden.
207

7 Schlussfolgerung und Ausblick

Für die Auslegung von randschichtgehärteten Komponenten moder-


ner Einspritzsysteme gegen Dauerbruch sind die in der Literatur zu
findenden Berechnungsmethoden und Richtlinien (inklusive der be-
reits breite Akzeptanz findenden FKM-Richtlinie [HHS+02]) allei-
ne nicht ausreichend befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Dies liegt
in erster Linie an der unzureichenden Erfassung der Wechselfestig-
keit der einsatzgehärteten Randschicht hinsichtlich ihres Mittelwer-
tes, aber besonders auch hinsichtlich ihres statistischen Charakters.
Da die Belastungen für derartige Bauteile meist schwellender Natur
sind, spielt auch die Berücksichtigung des Mittelspannungsniveaus
dabei eine große Rolle, die in den einzelen Veröffentlichungen stark
unterschiedlich ausfällt. Wohl aber können in Veröffentlichungen ent-
haltene Berechnungsansätze für Übertragungsfaktoren selektiv her-
angezogen werden.
Allen Ansätzen, die inhomogene und damit lokale Festigkeitsvertei-
lung der einsatzgehärteten Randschicht quantitativ zu beschreiben,
ist gemein diese, wegen der fehlenden direkten Messbarkeit, an die
hinreichend messbare, lokale Härte zu koppeln. Eine hinreichend gu-
te Übereinstimmung - absolut gesehen - mit den Versuchsergebnis-
sen von schlechtestenfalls 13 % liefert der Vorschlag von Murakami
zumindest für die einachsige Betrachtung des Spannungszustandes
(NH). Der Unterschied zwischen Versuch und Rechnung wird etwas
größer, betrachtet man die relative Änderung der Festigkeit mit der
Härte, was aber auch in den Zufälligkeiten der Versuchsergebnisse
begründet sein kann. Wertet man die Ergebnisse unter Berücksichti-
gung der Mehrachsigkeit im Kerbgrund (GEH) aus, so ist die Über-
einstimmung zwischen Versuch und Rechnung mit bestenfalls 16 %
nicht mehr zufriedenstellend. Um dennoch im Sinne Murakamis
Ansatz Berechnungen für die GEH durchführen zu können, wurde
aus den Versuchsergebnissen eine hauptsächlich pragmatisch anzu-
sehende Formel abgeleitet. Dahinter ist keine werkstoffmechanische
oder sonst irgendeine modellvorstellungsbasierende Begründung zu
208 7 Schlussfolgerung und Ausblick

finden. Die Übereinstimmung liegt dann schlechtenstenfalls bei 8 %.


Die Erprobung von Bauteilen mit zusätzlich poliertem Kerbgrund
zeigte, dass die Oberflächenfeingestalt einen deutlich größeren Ein-
fluss auf die ertragbare Lastamplitude hat, als es nach den im Skrip-
tum befindlichen Ansätzen zu erwarten wäre. Dies ist darauf zurück-
zuführen, dass sich der hier vorliegende Lastfall weit außerhalb des
Erfahrungsschatzes befindet, auf den die untersuchten Ansätze be-
ruhen.
Zur Berücksichtigung der Oberflächengüte wurde daher aus den Ver-
suchsergebnissen ein neuer formelmäßiger Zusammenhang abgeleitet,
der aber, da sich nur Prüflinge mit einer feineren, aber keine mit einer
raueren Oberfläche herstellen ließen, nur ausgehend von Rz = 1,75
µm bzw. Rt = 2,46 µm hin zu glatteren Oberflächen experimentell
untermauert ist.
Durch die Untersuchung von drei, hinsichtlich ihrer Kerbschärfe stark
unterschiedlichen Proben konnte eine starke Abhängigkeit der Kerb-
grundwechselfestigkeit von der absoluten Kerbgröße festgestellt wer-
den. Diese Abhängigkeit korreliert qualitativ mit den Bemessungs-
größen der Kerbgröße, dem bezogenen Spannungsgefälle bzw. dem
Spannungsintegral.
Von der Vielzahl der spannungsmechanischen Ansätze gehen nur die
von einer zur Beschreibung des Größeneinflusses ausreichend großen
Stützwirkung aus, die zu deren Berechnung in irgendeiner Form nicht
noch zusätzlich auf Werkstoffkennwerte zurückgreifen. Dazu gehört
der Vorschlag aus den Synthetischen Wöhlerlinien von 1981 und der
von Schütz und Mitarbeiter, nach denen aber trotzdem eine maxi-
male Abweichung von 35 % des Berechnungsergebnisses vom Expe-
riment beobachtet wurde. Alle anderen Ansätze unterschätzen die
Stützwirkung zum Teil erheblich.
Eine bessere Übereinstimmnug zwischen Rechnung und Versuch
erhält man durch den statistischen Ansatz des Fehlstellenmodells.
Vor allem für die Auswertung nach der NH liegt die maximale Ab-
weichung bei nur 3 %. Die Abweichung für die Auswertung nach der
GEH liegt dann aber bereits wieder bei maximal 27 %. Die sich dar-
209

aus für beide Vergleichsspannungshypothesen ergebenden Weibullex-


ponenten postulieren jedoch eine größere Streuspanne als sie bei der
Auswertung der Versuchsergebnisse zu beobachten war.
Eine Kombination aus spannungsmechanischen und statistischen An-
satz verbessert zwar die Übereinstimmung im Bezug auf den rein
Spannungsmechanischen, bringt aber keine Verbesserung gegenüber
dem Statistischen.
Die Frage nach der Auswirkung des mehrachsigen Spannungszustan-
des im Kerbgrund reduziert sich bei den untersuchten Kerbfällen,
da nur eine einzige (dynamische) Nennspannung auftritt, die immer
einen Spannungszustand mit ortsfesten Hauptspannungsachsen her-
vorruft, darauf, ob die erste Hauptspannung, entlang deren Ebene
sich die Rissfront ausbreitet, ausreichend ist, das zyklische Festig-
keitsverhalten zu beschreiben (NH), oder ob auch die beiden anderen
Hauptspannungen dazu herangezogen werden müssen (GEH).
Diese Fragestellung konnte nicht eindeutig beantwortet werden. Da-
zu waren sich die Vielzahl der untersuchten Versuchsreihen (Spickel)
hinsichtlich Spannungszustand zu ähnlich bzw. die Anzahl verlässli-
cher Ergebnisse mit deutlich unterschiedlichen Spannungszuständen
(Rohrprobe, Spritzlocheinlaufkante) zu gering. Aufgrund der tenden-
ziell (nicht signifikant) besseren Übereinstimmung mit den Versuchs-
ergebnissen wurde entgegen der herrschenden Meinung entschieden,
bei der Berechnung der Kerbgrundspannung der spröden Rand-
schicht auf die GEH zurückzugreifen.
Zur Berücksichtigung von Mittelspannungen auf die ertragbare Span-
nungsamplitude wurde der lineare Ansatz von Goodman, Hai-
bachs Modifikation davon, der parabolische Ansatz von Gerber,
sowie die hyperbolischen Ansätze nach Smith, Watson und Top-
per und dessen Weiterentwicklung von Bergmann auf die Ergeb-
nisse von insgesamt 5 Versuchsreihen, die Spannungsverhältnisse Rσ
zwischen -0,25 und 0,5 abdecken, angewendet. Keiner der genannten
Ansätze konnte sich jedoch bei der Beschreibung der Resultate beson-
ders hervorheben. Wegen der doch deutlichen Streuung der Daten-
punkte ist die Unterscheidung der Ansätze im Bereich der untersuch-
210 7 Schlussfolgerung und Ausblick

ten Mittelspannungen schwierig. Erst bei extremen, aber zur Berech-


nung der vorliegenden Lastfälle unwichtigen Spannungsverhältnissen,
wie etwa bei reiner Wechselbelastung, würden die Unterschiede einen
eindeutigen Schluss zulassen. Die verwendete Vergleichsspannungs-
hypothese hat keine Auswirkung auf die Mittelspannungsempfind-
lichkeit. Wenn auch nicht deutlich, aber dennoch am besten, stimmt
der häufig verwendete Geradenansatz nach Goodman mit den Ver-
suchsergebnissen überein.
Die von Murakami und der FKM-Richtlinie veröffentlichten
Gleichungen, die Neigung der Goodman-Geraden aus statischen
Werkstoffkennwerten abzuleiten, liefert je nach Ansatz, aber auch
je nach Eingangsparameter, einen breiten Bereich mit Werten zwi-
schen M = 0,23 bis M = 0,90.
Die experimentell ermittelte Mittelspannungsempfindlichkeit von M
= 0,40 wird durch den Ansatz der FKM-Richtlinie mit den Kenn-
werten des blindgehärteten Werkstoffs beschrieben. Ob sich die Mit-
telspannungsempfindlichkeit der einsatzgehärteten Randschicht aus
den Eigenschaften des blindgehärteten Bauteilkerns tatsächlich ab-
leiten lässt, bleibt dabei jedoch fraglich. Fest steht auf jeden Fall,
dass Mittelspannungen auf die Festigkeitseigenschaften der hochfes-
ten Randschicht weitaus weniger Einfluss nehmen, als in Veröffentli-
chungen bisher angenommen.
Die an Rundproben durchgeführten Biegversuche zur Bestimmung
des Einflusses sehr großer Mittelspannungen (R > 0,5) ergaben leider
nicht die notwendige Zuverlässigkeit, um von einem Nachweis spre-
chen zu können. So konnte nur der Hinweis gefunden werden, dass
sich Mittelspannungen in diesem Bereich nicht mehr nennenswert auf
die Kerbgrundfestigkeit auswirken, was für eine spätere betriebsfeste
Auslegung wichtig ist.
Die Versuche im Übergangsgebiet wurden bis zu einer Grenzlastspiel-
zahl von 5 · 106 Lastwechseln unter der Annahme, dass ein Bruch bis
dahin eingetreten sein muss, durchgeführt. Mit Hilfe einer statisti-
schen Betrachtung konnte gezeigt werden, dass diese Grenzlastspiel-
zahl ausreichend war, um die erhaltenen Festigkeitswerte als Dauer-
festigkeitswerte zu bezeichnen. Auch wenn sich dabei herausstellte,
211

dass dadurch wahrscheinlich zwei Brüche unentdeckt blieben. Wegen


der Vielzahl an Prüflingen hat dieser Umstand aber keine nennens-
werten Auswirkungen auf das Endergebnis.
Auffällig war bei näherer Betrachtung, dass sich die Bruchlastspiel-
zahlen, je nach dem auf welchen der beiden Prüfstände sie ermittelt
wurden, unterscheiden. Während für den Hochdruckimpulsprüfstand
eine Grenzlastspielzahl von 5 · 106 als Dauerfestigkeitsgrenze an-
gesehen werden kann, ist für die Resonanzprüfmaschine selbst eine
Grenzlastspielzahl von 1 · 107 nicht ausreichend, diese Grenze zu be-
stimmen. Weiterführende wissenschaftliche Untersuchungen könnten
hier wichtige Erkenntnisse über den Schadensmechanismus bringen,
da die Lebensdauerunterschiede offensichtlich nicht werkstoff- son-
dern lastinduziert sind.
Die festgelegte Grenzlastspielzahl gilt natürlich nur für den einzi-
gen im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Schadensmechanismus
von oberflächeninduzierten Dauerbrüchen, nicht jedoch für unter der
Oberfläche startende Risse, die im VHCF-Gebiet auftreten können.
Diese waren nicht Gegenstand dieser Untersuchungen.
Durch die Verwendung von Serienbauteilen komplexer Gestalt als
Prüflinge hätten toleranzbedingte Abweichungen von der Nomi-
nalgeometrie zu einer Fehleinschätzung der Kerbgrundspannungen
führen können. Es konnte aber durch eine strukturmechanische Be-
trachtung nachgewiesen werden, dass die relevanten Geometriemaße
innerhalb ihrer überwachten Toleranzgrenzen einen zu vernachlässi-
genden Einfluss auf die ertragbare Lastamplitude haben.
Um die experimentellen Ergebnisse richtig einschätzen zu können, ist
es wichtig, die Ermittlungsgenauigkeit der Dauerfestigkeit zu kennen.
Für das verwendete Probitverfahren wurde für zwei Lasthorizonte
mit je 10 Prüflingen, was der Prüfumfang für die meisten Versuch-
reihen darstellt, mit Hilfe von Intervallschätzungen ein Streubereich
für den Mittelwert von ± 10 % abgeleitet, wenn sich die Ausfallraten
beider Lasthorizonte um wenigstens 70 % unterscheiden.
Dies ist alleine auf den statistischen Charakter der Festigkeitswerte
zurückzuführen, der im Falle von Untersuchungen im Übergangsge-
212 7 Schlussfolgerung und Ausblick

biet zudem nicht kontinuierlich, sondern dichotom diskret ist. Eine


Verbesserung der Ermittlungsgenauigkeit ließe sich nur durch eine
deutliche Erhöhung des Versuchsumfanges erreichen.
Eine wesentliche Voraussetzung, mit der Berechnungsmethode rea-
litätsnahe Ergebnisse erzielen zu können, ist die Übereinstimmung
des Bruchmechanismuses zwischen Modellvorstellung und Experi-
ment. Für die untersuchten Kerbfälle konnte durch rasterelektronen-
mikroskopische Untersuchungen nachgewiesen werden, dass sowohl
der Rissstart mit der nach der Strukturanalyse am höchsten bela-
steten Stelle als auch die Rissausbreitungsebene mit der Ebene der
ersten Hauptspannung übereinstimmt.
Aus den ermittelten Übertragungsfaktoren und Werkstoffkennwerten
wurde eine Berechnungsmethode vorgestellt, anhand örtlicher, elasti-
scher Spannungen die Dauerfestigkeit einsatzgehärteter Bauteile aus
18CrNi8 zu berechnen. Diese Methode wurde an 11 zur Verfügung
stehenden Datensätzen unabhängiger Versuchsreihen überprüft. Die
mittlere Dauerfestigkeit kann damit bei einem Konfidenzniveau von
95 % auf ± 9,7 % genau berechnet werden73.
Begrenzt wird die Genauigkeit der Berechnungsmethode nachweislich
nur durch die experimentelle Ermittlungsgenauigkeit der mittleren
Dauerfestigkeit, die wiederum nur vom Versuchsaufwand bestimmt
wird. Angesichts dessen ist die Berechnungsgüte der vorgestellten
Methode zufriedenstellend.
Neben dem bereits erwähnten Einfluss der Oberflächengestalt wur-
den im Rahmen dieser Arbeit weitere Potentiale gefunden, den
zulässigen Betriebsdruck für Einspritzkomponenten zu erhöhen.
Auch wenn durch die Wärmebehandlung bereits deutliche Druckei-
genspannungen in den Kerbgrund eingebracht werden, so wurde fest-
gestellt, dass eine weitere Erhöhung der Druckspannungen durch ein
lastinduziertes Spannungsfeld zu einer zusätzlichen Festigkeitssteige-
rung - direkt verbunden über die Mittelspannungsempfindlichkeit -
führt. Wegen der Innendruckbelastung, die nur positive Nennspan-
73
Basierend auf den Ergebnissen von Tabelle 33 für die Auswertung nach der GEH.
213

nungen ermöglicht, die auch ausschließlich Zugspannungen im Kerb-


grund verursachen, ist dies für die Düse als Komponente des Ein-
spritzsystems nur durch die statische Montagekraft möglich. Dazu
muss allerdings die Konstruktion so ausgeführt sein, dass die Mon-
tagekraft im Kerbgrund auch Druckspannungen erzeugt.
Für Komponenten nadelhubgesteuerter Einspritzsysteme ergibt sich
zudem eine Steigerung des zulässigen Nenndrucks, wenn anstelle des
Maximallastniveaus die tatsächlichen Betriebsbelastungen zur Di-
mensionierung herangezogen werden (betriebsfeste Auslegung). Für
die in dieser Arbeit durchgeführte Lebensdauerberechnung stand
zwar nur ein synthetisches Lastkollektiv zur Verfügung, aber des-
sen charakteristischen Merkmale sind durchaus mit denen eines
Common-Rail-Einspritzsystemen vergleichbar.
So erscheint die berechnete Steigerung der zulässigen Maximallast
bei Wechsel des Auslegekriteriums von dauer- auf betriebsfest von
46 % auch für reale Anwendungsfälle erreichbar. Allerdings ist dann
der Nachweis für jede Applikation aufs Neue zu führen.
Zur Umstellung des Auslegekriteriums ist das Wissen über das Fe-
stigkeitsverhalten bei großen Spannungsverhältnissen essentiell. Ei-
ne Wiederholung der Biegeversuche mit größerem Versuchsaufwand,
angepasstem Versuchsaufbau und vorzugsweise gekerbten Bauteilen
könnte die erforderlichen Kenntnisse liefern. Ebenso müsste expe-
rimentell überprüft werden, ob die zur Übertragung der im Über-
gangsgebiet ermittelten Parameter auch auf das Zeitfestigkeitsgebiet
angewendet werden können.
Für die Auslegung von Serienbauteilen wurde versucht, anhand der
Versuchsergebnisse eine geeignete Bemessungsgrundlage zur Bewer-
tung der erhaltenen Festigkeitsgrenzen in Form einer Sicherheitszahl
abzuleiten. Das Datenmaterial reicht jedoch nicht aus, belegbar und
wissenschaftlich begründet eine Schlussfolgerung zu ziehen.
Zum einen liegt dies an der experimentell unzureichenden Zugäng-
lichkeit der Streuung durch die im Vergleich zur Grundgesamtheit
kleinen Stichprobenumfang. In Verbindung mit der begrenzten An-
zahl von Versuchsreihen konvergierten die ermittelten Streuwerte
214 7 Schlussfolgerung und Ausblick

daher nicht gegen einen vertrauenswürdigen Wert, den man als


tatsächliche Streuung der Bauteilgrundgesamtheit bezeichnen könn-
te. Zur Erfassung des Streuverhaltens wurde wegen der offenbar
wahrscheinlichsten Übereinstimmung mit den Versuchsergebnissen
der von Adenstedt [Ade01] vorgeschlagene Richtwert für einsatz-
gehärtete, spanend bearbeitete Bauteile von TL = 1,16 angesetzt.
Zum anderen ist es auch auf dem Umstand zurückzuführen, dass in
der Festigkeitsauslegung schwingend beanspruchter Bauteile bis heu-
te keine allgemein gültige und anerkannte Methode existiert, wie Fe-
stigkeitswerte statistisch verteilt sind. Extrapolationen aus dem Ge-
biet experimentell zugänglicher Ausfallwahrscheinlichkeiten in solche
sehr kleiner, ist damit rein spekulativ und führt zudem zu zulässi-
gen Maximalbelastungen, die sich um den Faktor 2 unterscheiden
können. Durch die parallele Auswertung der Versuchsergebnissen
mit den vier gängigsten Verteilungsmodellen der √ Lognormal-, der
Weibull- und der Logitverteilung sowie der arcsin P -Transformation
sollte herausgefunden werden, ob ein Modell besser geeignet ist, die
Versuchsergebnisse zu beschreiben. Im Bereich zugänglicher Ausfall-
wahrscheinlichkeiten sind diese aber nicht zu unterscheiden. Aus-
sagen über das Verhalten bei extremen Ausfallwahrscheinlichkeiten
können wegen der fehlenden experimentellen Erfassbarkeit nur Feld-
erfahrungen liefern. Dazu finden sich aber nahezu keine Veröffent-
lichungen. Nur in [HTVB05] wurde anhand zweier näherungsweise
mit einem Einstufenkollektiv belasteter Bauteile festgestellt, dass die
Auslegung anhand der Logitverteilung im Sinne der zulässigen Aus-
fallwahrscheinlichkeit zu sicheren Ergebnissen führt, ohne zu konser-
vativ zu sein.
Die hinreichend genaue Kenntnis des richtigen Verteilungsmodells
eröffnet fallspezifisch auch die Möglichkeit, die zulässigen Betriebs-
drücke zu erhöhen, denn bisher muss der mangelnden Kenntnis der
Festigkeitsverteilung durch einen erhöhten Sicherheitsabstand Rech-
nung getragen werden, soll es nicht zu unerwünschten Feldausfällen
kommen.
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234 A Anhang

A Anhang

A.1 Zeichnungen und FE-Netze

0,9
2

7
Æ

14,3

7,1
4

Æ Æ Æ

10,9
15
43,3

Abbildung 51: Skizze des Basisprüflings

Spickel:
Gemessene Randhärte im Kerbgrund: 753 HV
Gemessene Oberflächenrauigkeit im Kerbgrund: Rz = 1,75 µm
Rt = 2,46 µm
Spritzlochverschneidung:
Gemessene Randhärte im Kerbgrund: 689 HV
Gemessene Oberflächenrauigkeit im Kerbgrund: Rz = 1,30 µm
A.1 Zeichnungen und FE-Netze 235

Abbildung 52: Zeichnung der Rohrprobe für den statistischen


Größeneinfluss
Gemessene Randhärte im Kerbgrund: 694 HV
Gemessene Oberflächenrauigkeit im Kerbgrund: Rz = 1,30 µm
Rt = 1,85 µm
236 A Anhang

Abbildung 53: Zeichnung der Biegeprobe

Gemessene Randhärte im Kerbgrund: 677 HV


Gemessene Oberflächenrauigkeit im Kerbgrund: Rz = 0,67 µm
Rt = 0,80 µm
A.1 Zeichnungen und FE-Netze 237

1
2

Abbildung 54: FE-Netz des Kerbgrundes am Spickel

1 3

Abbildung 55: FE-Netz des Kerbgrundes an der Spritzlocheinlauf-


kante
238 A Anhang

3 1

Abbildung 56: FE-Netz des Kerbgrundes der Rohrprobe


A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 239

A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen

In den Tabellen 39 bis 50 sind die erreichten Lebensdauern der einzel-


nen Proben eingetragen. Der Vermerk VE bedeutet, dass der Prüfling
das Versuchsende (VE) von 5 · 106 erreicht hat, ohne dass das Versa-
genskriterium erreicht wurde (Durchläufer). In den Abbildungen 58
bis 67 sind die Kerbgrundspannungswöhlerlinien der einzelnen Ver-
suchsreihen dargestellt.

Prüfling L1 L2 L3 L4 L5
σaN H = 509 σaN H = 572 σaN H = 636 σaN H = 700 σaN H = 806
σaGEH = 619 σaGEH = 697 σaGEH = 774 σaGEH = 851 σaGEH = 980
1 5,46E+5 5,20E+5 3,62E+4 1,60E+4 6,73E+3
2 VE VE VE 2,32E+4 9,99E+3
3 VE 2,19E+5 5,28E+4 1,73E+4 7,60E+3
4 VE VE 7,43E+5 1,28E+4 9,04E+3
5 VE 2,34E+5 VE 2,04E+4 4,33E+3
6 VE 4,00E+5 2,71E+6 2,92E+4 7,61E+3
7 VE VE VE 2,03E+4 1,24E+3
8 VE VE 5,71E+5 1,13E+4 1,08E+4
9 VE VE 9,87E+4 2,00E+4 1,08E+4
10 VE 1,80E+5 VE 2,68E+4 9,54E+3
11 - VE 2,66E+5 - -
12 - 1,66E+5 VE - -
13 - VE VE - -
14 - 2,94E+5 5,24E+4 - -
15 - VE VE - -
16 - VE 5,30E+4 - -
17 - VE VE - -
18 - 3,10E+5 VE - -
19 - 2,53E+5 VE - -
20 - VE VE - -

Tabelle 39: Innendruckschwellversuche Basisdüsendesign

Die Darstellung der Ergebnisse des Basisdüsendesigns in einem


Wöhlerdiagramm erfolgte bereits in Kapitel 5.3.2 (Abbildung 25).
240 A Anhang

Prüfling L1 L2
σaN H = 720 σaN H = 792
σaGEH = 840 σaGEH = 924
1 VE 1,54E+5
2 VE 9,44E+4
3 VE 9,38E+4
4 VE 2,87E+6
5 VE VE
6 VE 1,40E+5
7 VE VE
8 VE 1,90+5
9 - VE
10 - VE

Tabelle 40: Innendruckschwellversuche zur Mittelspannungsemp-


findlichkeit 1

1000
950 4
900
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800 8
750
700
650
600

550

500

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 57: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche


zur Mittelspannungsempfindlichkeit 1
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 241

Prüfling L1 L2
σaN H = 700 σaN H = 750
σaGEH = 812 σaGEH = 870
1 VE 2,84E+5
2 VE VE
3 VE VE
4 VE VE
5 VE VE
6 VE VE
7 VE VE
8 - 4,29E+6
9 - VE
10 - 2,37E+6

Tabelle 41: Innendruckschwellversuche zur Mittelspannungsemp-


findlichkeit 2

1000
950
900 7
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
7
750
700
650
600

550

500

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 58: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche


zur Mittelspannungsempfindlichkeit 2
242 A Anhang

Prüfling L1 L2
σaN H = 620 σaN H = 700
σaGEH = 760 σaGEH = 858
1 VE VE
2 VE 9,20E+4
3 VE 8,18E+4
4 VE 4,40E+4
5 VE 6,45E+4
6 VE 2,19E+5
7 VE VE
8 VE 1,15E+6
9 VE VE
10 VE VE

Tabelle 42: Innendruckschwellversuche zur Mittelspannungsemp-


findlichkeit 3

1000
950
900 4
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800 10
750
700
650
600

550

500

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 59: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche


zur Mittelspannungsempfindlichkeit 3
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 243

Prüfling L1
σaN H = 445
σaGEH = 542
1 1,58E+5
2 VE
3 VE
4 VE
5 VE
6 VE
7 5,10E+4
8 1,04E+5
9 5,00E+4
10 VE

Tabelle 43: Innendruckschwellversuch zur Mittelspannungsemp-


findlichkeit 4

1000
950
900
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
750
700
650
600

550 6

500

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 60: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuchs


zur Mittelspannungsempfindlichkeit 4
244 A Anhang

Prüfling L1 L2
σaN H = 721 σaN H = 784
σaGEH = 877 σaGEH = 955
1 VE 1,60E+5
2 VE VE
3 VE 1,60E+5
4 VE VE
5 VE VE
6 VE 6,90E+4
7 VE VE
8 VE VE
9 VE 2,85E+5
10 VE VE

Tabelle 44: Innendruckschwellversuche zum Oberflächeneinfluss

1000 6
950
900 10
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
750
700
650
600

550

500

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 61: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche


zum Oberflächeneinfluss
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 245

Prüfling L1 L2
σaN H = 530 σaN H = 636
σaGEH = 645 σaGEH = 774
1 VE 4,68E+4
2 1,16E+5 8,51E+4
3 VE 6,23E+4
4 VE 1,12E+5
5 VE 1,04E+5
6 VE 8,87E+4
7 1,29E+5 1,74E+5
8 VE 7,00E+4
9 VE 1,89E+5
10 1,27E+5 1,32E+5

Tabelle 45: Innendruckschwellversuche zum Randhärteeinfluss

1000
950
900
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
750
700
7
650
600

550

500

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 62: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche


zum Randhärteeinfluss
246 A Anhang

Prüfling L1 L2
σaN H = 343 σaN H = 371
σaGEH = 383 σaGEH = 414
1 3,33E+5 5,20E+4
2 VE 6,03E+4
3 VE 5,57E+5
4 VE 3,90E+6
5 VE VE
6 VE VE
7 VE VE
8 - -
9 - -
10 - -

Tabelle 46: Innendruckschwellversuche der Rohrprobe

1000
950
900
850
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

800
750
700
650
600
550
500
450
6
400
3
350

300
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 63: Wöhlerdiagramm der Innendruckschwellversuche


der Rohrprobe
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 247

Prüfling L1 L2 L3
σaN H = 894 σaN H = 983 σaN H = 1072
σaGEH = 864 σaGEH = 950 σaGEH = 1036
1 3,65E+6 2,32E+6 VE
2 VE 3,43E+5 1,90E+6
3 VE VE 1,74E6
4 VE 1,45E+6 2,81E+5
5 VE 1,74E+6 2,23E+5
6 VE 1,93E+5 3,84E+5
7 VE 1,85E+5 1,07E+6
8 VE VE 2,21E+6
9 VE - 4,73E+5
10 VE - 2,13E+6

Tabelle 47: Kuppenfestigkeitsversuche an der Spritzlocheinlaufkan-


te

1500
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

1000 2
950
9
900
850
800
750
700
650
600
550
500
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 64: Wöhlerdiagramm der Kuppenfestigkeitsversuche an


der Spritzlocheinlaufkante
248 A Anhang

Prüfling L1 L2
σaN H = 487 σaN H = 533
σaGEH = 487 σaGEH = 533
1 VE 4,00E+5
2 VE 6,75E+5
3 VE VE
4 4,90E+5 2,4E+6
5 VE VE
6 VE VE
7 1,79E+6 1,09E+6
8 1,84E+6 2,74E+6
9 7,25E+5 VE
10 - -

Tabelle 48: Drei-Punkt-Biegeversuche der Rundproben mit R = 0

1000
950
900
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
750
700
650
600

550 4

500 5

450

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 65: Wöhlerdiagramm der Drei-Punkt-Biegeversuche


der Rundproben mit R = 0
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 249

Prüfling L1 L2
σaN H = 435 σaN H = 487
σaGEH = 435 σaGEH = 487
1 2,06E+6 VE
2 VE VE
3 VE 8,56E+5
4 VE VE
5 1,35E+5 1,47E+6
6 VE VE
7 VE 2,38E+5
8 - -
9 - -
10 - -

Tabelle 49: Drei-Punkt-Biegeversuche der Rundproben mit R = 0,5

1000
950
900
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
750
700
650
600

550

500 4

450 5

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 66: Wöhlerdiagramm der Drei-Punkt-Biegeversuche


der Rundproben mit R = 0,5
250 A Anhang

Prüfling L1 L2
σaN H = 435 σaN H = 487
σaGEH = 435 σaGEH = 487
1 9,04E+4 VE
2 VE VE
3 VE VE
4 VE VE
5 VE VE
6 VE VE
7 VE -
8 - -
9 - -
10 - -

Tabelle 50: Drei-Punkt-Biegeversuche der Rundproben mit R = 0,7

1000
950
900
Spannungsamplitude saGEH [N/mm²]

850
800
750
700
650
600

550

500 6

450 6

400
103 104 105 106 107
Lastspielzahl

Abbildung 67: Wöhlerdiagramm der Drei-Punkt-Biegeversuche


der Rundproben mit R = 0,7
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 251

NH GEH
Versuchsreihe σm σm σN
a
H
σ GEH
a
1 Basisdüsendesign 925 1072 600 730
2 Mittelspannungseinfluss 1 757 865 746 865
3 Mittelspannungseinfluss 2 498 674 836 978
4 Mittelspannungseinfluss 3 553 725 689 844
5 Mittelspannungseinfluss 4 1334 1581 457 556

Tabelle 51: Einzelergebnis der Versuchsreihen zur Bestimmung des


Mittelspannungseinflusses

NH σN H
σN H
σN
a
H σ a
a a
σN
a
H

VR Kt σu FO Rechnung Rechnung
Experiment Experiment Rechnung
Basisdesign Murakami
TL = 1,16 Tabelle 14

Tab. 29 Tab. 38 Tab. 31 Tab. 32 Tab. 33


2 5 -89 0,78 746 744 690 705 704
3 5 -436 0,78 838 816 791 805 804
4 4 -216 0,78 685 686 733 747 746
5 4 242 0,78 467 456 443 457 457
I 4 -24 0,78 691 715 677 692 691
II 4 -50 0,59 616 612 515 500 500
III 5 95 0,78 676 648 640 654 654
IV 4 242 0,78 639 647 600 615 614
V 4 242 0,78 597 599 600 615 614
VI 5 -217 0,78 713 743 727 741 740
VII 5 -354 0,78 876 811 766 780 780

Tabelle 52: Versuchs- und Berechnungsergebnisse der 11 un-


abhängigen Versuchsreihen ausgewertet nach der NH
252 A Anhang

σ GEH σ GEH
σ GEH
a
σ GEH
a
a a
σ GEH
a
VR Kt σu FO Rechnung Rechnung
Experiment Experiment Rechnung
Basisdesign Murakami
TL = 1,16 Tabelle 16

Tab. 29 Tab. 38 Tab. 31 Tab. 32 Tab. 33


2 6 -86 0,78 865 863 819 864 847
3 6 -416 0,78 978 953 914 960 943
4 5 -217 0,78 846 847 861 907 890
5 5 240 0,78 568 555 538 584 567
I 5 -66 0,78 879 910 817 862 845
II 4 115 0,59 522 519 573 576 564
III 5 94 0,78 808 774 769 815 797
IV 5 240 0,78 777 787 730 775 758
V 5 240 0,78 725 729 730 775 758
VI 6 -210 0,78 821 855 854 900 883
VII 6 -343 0,78 1017 941 892 938 920

Tabelle 53: Versuchs- und Berechnungsergebnisse der 11 un-


abhängigen Versuchsreihen ausgewertet nach der GEH
A.2 Versuchsergebnisse im Einzelnen 253

99,9
99,5 r = 60
99
98
95

Wahrscheinlichkeit P [%]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
5
2
1
0,5
0,1
104 105 106 NG 107
Lastspielzahl

Abbildung 68: Statistische Auswertung der Bruchlastspielzahlen


aller Versuchsreihen unter Innendruck

99,9
99,5 r = 31
99
98
95
Wahrscheinlichkeit P [%]

90
80
70
60
50
40
30
20
10
5
2
1
0,5
0,1
104 105 106 NG 107
Lastspielzahl

Abbildung 69: Statistische Auswertung der Bruchlastspielzahlen


aller Versuchsreihen geprüft auf der Resonanz-
prüfmaschine
254 A Anhang

800

750

700

650
lokale Härte [HV]

600

550

500
Spickel
450 Spritzlochverschneidung
400 Rohrprobe
350 Biegeprobe

300
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8
Abstand vom Kerbgrund [mm]

Abbildung 70: Gemessener Verlauf der lokalen Härte senkrecht zur


Oberfläche ausgehend vom Kerbgrund für alle un-
tersuchten Kerbgeometrien

99
98
95
Ausfallwahrscheinlichkeit PA [%]

90

80 L4
70
60 L2
50
40
30 L3
20 L1
10
5
mittlere Dauerfestigkeit
2
1
600 L10% 650 700
L50% 750 800 850 L90% 900
Spannungsamplitude sa [N/mm²]
GEH

Abbildung 71: Statistische Auswertung exemplarisch dargestellt


an der Versuchsreihe des Basisdüsendesigns.
A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung 255

A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung

In diesem Kapitel wird ein kurzer Überblick über die Einspritzsy-


steme und ihre Belastungen gegeben, die heute üblicherweise in Die-
selmotoren eingesetzt werden. Die Kapitel A.3.1 und A.3.2 wurden
wörtlich aus [Kul03] übernommen.

A.3.1 Druckgesteuerte Systeme

Druckgesteuertes System heißt, dass von einer Pumpe ein Druck-


puls erzeugt wird, der den Zeitpunkt und die Menge der Einsprit-
zung bestimmt. Der Druckpuls von der Pumpe baut Druck in der
Einspritzdüse auf. Die Nadel der Einspritzdüse ist mit einer defi-
nierten Federkraft vorgespannt. Aus dieser Vorspannkraft und den
Flächenverhältnissen in der Düse ergibt sich der Nadelöffnungsdruck.
Überschreitet der von der Pumpe kommende Druckpuls den Öff-
nungsdruck der Düse, so beginnt die Einspritzung. Der Zeitpunkt
des Druckpulses bestimmt somit den Einspritzbeginn. Der Druck-
verlauf des Pulses bestimmt den Einspritzdruck und die Einspritz-
menge. Die gesamte Steuerung von Einspritzmenge und -zeitpunkt
erfolgt in der Pumpe. Die Höhe des Einspritzdrucks hängt von der
Pumpendrehzahl ab. Diese hängt wiederum von der Motordrehzahl
ab. Das Abstimmen der Leitungslängen auf die Laufzeiten der Druck-
pulse bewirkt, dass an der Düse ein höherer Einspritzdruck auftritt,
als die Pumpe erzeugt hat [Mel89].
Im Folgenden werden die wichtigsten Vertreter dieser Einspritzsyste-
me kurz beschrieben [Bau95].
Die Reiheneinspritzpumpe (RE) wird insbesondere für Nutzfahr-
zeuge eingesetzt. Hierbei wird für jeden Zylinder ein Pumpenelement
über eine Nockenwelle betätigt. Bei der Ausführung als Hubschieber-
Reiheneinspritzpumpe kann die Fördermenge und der Förderbeginn,
in begrenztem Bereich von der Drehzahl unabhängig, geregelt wer-
den. Es werden Drücke über 60 MPa an der Pumpe erreicht.
256 A Anhang

Die Verteilereinspritzpumpe (VE) wird häufig im PKW-Bereich


eingesetzt. Hierbei erzeugen ein axiallaufender Kolben oder mehre-
re radiallaufende Kolben den Druck. Fördermenge und Förderbe-
ginn werden über Hubschieber oder Magnetventile gesteuert. Bei
direkteinspritzenden PKW-Motoren kommen Zweifederdüsenhalter
zum Einsatz. Bei diesen ist die Düsennadel mit zwei Federn vorge-
spannt und hat damit ein zweistufiges Öffnungsverhalten. Erreicht
der Druckpuls von der Pumpe den ersten Düsenöffnungsdruck, wird
mit geringer Einspritzrate eine Voreinspritzmenge eingespritzt. Der
Federhalter ist konstruktiv so ausgeführt, dass der maximal mögli-
che Nadelhub der Einspritzdüse für die erste Stufe kleiner ist als
für die zweite Stufe. Erreicht der Druckpuls von der Pumpe den
zweiten, höheren Düsenöffnungsdruck, wird mit hoher Einspritzrate
die Haupteinspritzmenge eingespritzt. Hierbei ist die Voreinspritzung
direkt an die Haupteinspritzung angelagert. Der Vorteil einer Vor-
einspritzung liegt im langsameren Druckanstieg zu Beginn der Ver-
brennung im Motor. Dieser führt zu einem für das menschliche Ohr
angenehmeres, weil weicheres Verbrennungsgeräusch. Bei der Radi-
alkolbenausführung werden Drücke bis 100 MPa an der Pumpe und
damit Drücke bis 150 MPa an der Düse erreicht.
Die Pumpe − Düse − Einheit (PDE) wird sowohl im Nutzfahr-
zeugbereich als auch im PKW-Bereich (VW und Audi) eingesetzt.
Die Pumpe ist bei einem solchen System direkt auf den Düsenhalter,
also auf den Zylinder gebaut. Die Komponenten für jeden Zylinder
bilden eine Einheit. Die Pumpe wird direkt über einen Stößel oder
indirekt über einen Kipphebel von der Motornockenwelle angetrie-
ben. Über ein Magnetventil wird der Ablauf aus dem Pumpenraum
geschlossen. Dann baut der Pumpenkolben Druck auf. Durch dieses
Magnetventil wird der Einspritzbeginn gesteuert. Da für jede Pum-
pe ein einzelner Nocken vorhanden ist, können große Nockenwin-
kel eingesetzt werden. Dies ermöglicht durch ein zweimaliges Öffnen
des Magnetventils eine abgesetzte Voreinspritzung. Die Pumpe-Düse-
Einheit erreicht Einspritzdrücke bis 210 MPa.
Die Pumpe − Leitung − Düse (PLD) wird normalerweise im
A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung 257

Nutzfahrzeugbereich eingesetzt. Sie funktioniert wie die PDE, jedoch


ist zwischen Pumpe und Düsenhalter eine kurze Leitung. Dies schafft
zusätzlichen Freiraum bei der Positionierung der Einspritzelemente
im Motorraum. Das Pumpenelement wird meist in den Motorblock
integriert und von einem Nocken auf der Motornockenwelle direkt
angetrieben. Die Einspritzdrücke liegen wie bei der PDE bei bis zu
210 MPa.
Die hydraulische Pumpe − Düse wird ebenfalls hauptsächlich im
Nutzfahrzeugbereich eingesetzt. Hiervon gibt es mehrere Ausführun-
gen, z.B. das Amplified Common-Rail (ACR) System von Siemens
Diesel System Technologies (SDST), das Unit Injector System (UI)
von Caterpillar und das Unit Injector System von Delphi. Alle Syste-
me basieren auf dem gleichen Prinzip. Ein Motorölkreislauf mit bis
zu 30 MPa wird zum Zylinder geführt. Dort ist ein Düsenhalter mit
aufgesetztem hydraulischem Übersetzer montiert. Über ein schnell
schaltendes Magnetventil wird nun der Zufluss des Motoröls zum hy-
draulischen Übersetzer gesteuert. Der Übersetzer hat die Aufgabe
den Dieselkraftstoff unter Druck zu setzen. Damit entspricht er dem
Pumpenelement eines PDE Systems. Je nach Übersetzungsverhältnis
können Einspritzdrücke bis 210 MPa und mehr erreicht werden.

A.3.2 Nadelhubgesteuerte Systeme

Bei einem nadelhubgesteuerten System liegt der Einspritzdruck im-


mer in der Düse an und über die gesteuerte Bewegung der Düsenadel
wird der Zufluss zu den Einspritzlöchern freigegeben.
Ein typischer Vertreter dafür ist das Common-Rail-System mit hy-
draulischem Übersetzer. Im PKW-Bereich sind Systeme der Fa.
Bosch [HHMP97], der Fa. Siemens VDO Automotive AG (SV)
[Lin01], der Fa. Delphi (vormals Lucas) [RGG00] und der Fa. Nip-
pon Denso [DEN] im Serieneinsatz. Allen Systemen ist gemeinsam,
dass ein Hochdruckventil den Druck in einem hydraulischen Überset-
zer schaltet. Der Übersetzer wirkt direkt auf die Düsennadel, bzw.
258 A Anhang

im Falle des Delphi Systems ist die Düsennadel Teil des Übersetzers
[RGG00]. Wird der Druck aus dem Übersetzer genommen, öffnet
sich die Düsennadel, da der Kraftstoffdruck in der Düse eine öffnen-
de Kraft bewirkt. Wird wieder Druck auf den Übersetzer gegeben,
so wird die Düsennadel geschlossen.
Beispielhaft wird die Funktion eines Common-Rail-Systems mit hy-
draulischem Übersetzter am Piezo-Common-Rail-System (PCR) von
SV erklärt. Der Schnitt durch einen solchen Injektor ist in Abbildung
72 dargestellt. Am Hochdruckanschluss (1) liegt der Systemdruck an.
Über die Hochdruckbohrung breitet sich der Systemdruck bis in die
Hochdruckkammer der Einspritzdüse (10) aus. Über die Zulaufdros-
sel liegt der Druck ebenfalls im Steuerraum an. Damit wirkt er auf
den Steuerkolben (8). Wird Spannung an den Piezo-Aktor (4) ge-
legt, so längt sich dieser und über den als Wegübersetzer dienenden
Hebel (5) wird mit dem Ventilkolben (6) das Servoventil (7) aus
seinem Sitz gedrückt. Nun strömt der Kraftstoff aus dem Steuer-
raum durch die Ablaufdrossel ab. Der abströmende Kraftstoff tritt
aus dem Leckageanschluss (2) aus. Da die Ablaufdrossel größer ist
als die Zulaufdrossel, sinkt der Druck im Steuerraum. Die Kraft des
Steuerkolbens (8) auf die Düsennadel (9) sinkt. Der Systemdruck in
der Hochdruckkammer der Düse (10) bewirkt eine die Düsennadel
(9) öffnende Kraft. Die Nadel öffnet sich und die Einspritzung be-
ginnt. Zum Beenden der Einspritzung wird die Spannung vom Piezo-
Aktor (4) genommen. Der Piezo-Aktor geht auf seine Ausgangslänge
zurück. Das Servoventil (7) wird geschlossen. Über die Zulaufdros-
sel baut sich wieder Druck im Steuerraum auf. Da der Steuerkolben
(8) einen größeren Durchmesser als die Düsennadel (9) hat, ist die
Kraft des Steuerkolbens auf die Düsennadel größer als umgekehrt
und die Nadel wird geschlossen. Trifft die Nadel auf den Dichtsitz ist
die Einspritzung beendet.
A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung 259

1 Hochdruckanschluss
2 Leckageanschluss
3 Elektrische Ansteuerung
4 Piezo-Aktor
5 Hebel
6 Ventilkolben
7 Servoventil
8 Steuerkolben
9 Düsennadel
10 Hochdruckkammer, Düse
11 Spritzlöcher

Abbildung 72: Schnitt durch einen Piezo-Common-Rail-Injektor

A.3.3 Vergleich der Betriebslasten

Prinzipiell können die (Druck-) Lastwechsel, die in einem Einspritz-


system zu beobachten sind, im Wesentlichen in zwei Kategorien von
Verursachern eingeteilt werden:

1. Änderung des Motorbetriebspunktes und

2. Einspritzereignisse.

Die Betriebspunktänderungen des Motors, die von niederfrequenter


Natur sind, werden über das Gaspedal als Fahrerwunsch vorgegeben.
Dabei spielen für die Einspritzanlage als mechatronisches System ne-
ben dem individuellen Fahrstil, dem Fahrzeuggewicht und der Mo-
torleistung u. A. auch die Kalibration der Softwarekennfelder eine
Rolle.
Die Einspritzereignisse werden von der Motordrehzahl, der Anzahl
260 A Anhang

der Arbeitsspiele pro Umdrehung und der Einspritzstrategie (Anzahl


der Einspritzungen pro Arbeitsspiel) bestimmt und hängen damit nur
vom Brennverfahren ab.
In erster Näherung kann man davon ausgehen, dass eine Komponen-
te einer Einspritzanalge für PKW über dessen gesamte Lebenszeit
von durchschnittlich 250.000 km etwa 109 bis 1010 Lastwechsel - un-
abhängig vom System - ertragen muss.
So unterschiedlich die Funktionsweisen beider Systeme sind, so unter-
schiedlich sind auch deren Betriebslasten in ihrer Zusammensetzung
(Abbildung 75).
Die Betriebspunktänderungen sind von außen vorgegeben und wer-
den vom System nicht direkt74 beeinflusst. Die dadurch verursach-
ten Lastwechsel treten daher in jedem Lastkollektiv in vergleichbarer
Höhe und Anzahl auf. In einem Lebenszyklus ereignen sich Betriebs-
punktänderungsbedingte Lastwechsel in einer Größenordnung von
ca. 106.
Bei druckgesteuerten Systemen wird der gesamte zur Einspritzung
notwendige Kraftstoffdruck für jedes einzelne Einspritzereignis zu
Beginn von Transferdruck pt (≈ 100 bar) auf Einspritzdruck pe (≈ 103
bar) aufgebaut und zum Schluss wieder abgebaut75. Ein von einem
Lastspiel verursachtes Lastspiel hat somit den vollen Einspritzdruck
als Schwingweite bei einem Lastverhältnis von RL ≈ 0.
Dies sieht jedoch bei nadelhubgesteuerten Systemen ganz anders aus.
Dort wird versucht auch während einer Einspritzung den Druck im
gesamten System, wie auch der Düse, konstant zu halten. Aufgrund
der begrenzten Leistungsabgabe des Druckerzeugers verursacht der
Verlust der Einspritzmenge dennoch einen Druckabfall im System.
Für Common-Rail-Systeme liegt dieser Einbruch im Düsendruck ty-
pischerweise bei ca. 20 % des Einspritzdrucks. Die Lastamplitude ist
damit verhältnismäßig klein, dafür aber stark mittelspannungsbehaf-
tet (RL ≈ 0,8).

74
Nur indirekt über die Kalibration.
75
Bei manchen Konstruktionen kann der Druck zwischen den Einspritzereignissen eines Ar-
beitsspiels kurzzeitig gehalten werden und muss nicht vollständig abgebaut werden.
A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung 261

nadelhubgesteuerte Systeme
druckgesteuerte Systeme
pe
Druck

pt
Zeit

Abbildung 73: Schematischer Druck-Zeitverlauf verursacht von ei-


nem Einspritzereignis für beide Typen von Ein-
spritzsystemen

Einspritzereignisse machen den weitaus größten Teil am Lastkollek-


tiv aus (Abbildung 74). Deswegen unterscheiden sich die Kollektive
beider Systeme grundlegend in ihrer Fülligkeit. Der Kollektivumfang
(Anzahl der Lastwechsel) spielt dabei nur mehr eine untergeordnete
Rolle.
262 A Anhang

Abbildung 74: Schematischer Aufbau eines Lastkollektives für na-


delhubgesteuerte Systeme nach [BHS03]

druckgesteuerte Systeme
nadelhubgesteuerte Systeme

6 7 9 10
10 - 10 10 - 10

Abbildung 75: Vergleich der Fülligkeiten der Lastkollektive beider


Systeme (schematisch)
A.3 Funktionsprinzip der Dieseleinspritzung 263

Abbildung 76: Rainflow-Matrix der Standardlastfolge


264 A Anhang

A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur

A.4.1 FVV Vorhaben Autofrettage III

Im Rahmen des FVV Vorhaben Autofrettage III [BVDL04] wurde


unter anderem eine Methode entwickelt, die mittlere Dauerfestigkeit
von randschichtgehärteten Bauteilen unter Innendruck zu berechnen.
Die Berechnung erfolgt nach dem Kerbgrundspannungskonzept mit
den in Kapitel 4 bereits aufgeführten Formeln76.
Als Eingangsgrößen werden - bezogen auf den Kerbgrund des Spickels
- folgende Bauteilparameter verwendet:
Parameter Einheit Wert
Randhärte [HV] 750
Rauigkeit Rt [µm] 2,5
Eigenspannung σe [N/mm2 ] -250
Streuung TL - 1,16
Spannungsintegral IAN H [mm2 ] 0,139
Spannungsintegral IAGEH [mm2 ] 0,062

Die örtliche Zug-Druck-Wechselfestigkeit σzdW ist nach dem Vor-


schlag von Velten (Gleichung 16) für Werkstoffelemente mit einer
Härte von über 500 HV einheitlich 707 N/mm2 77 .
Die Berechnung der Zugfestigkeit Rm erfolgt ebenfalls nach einem
Vorschlag von Velten (Gleichung 24) für Werkstoffelemente mit
einer Härte über 445 HV .

Rm = 4, 02 · HV − 347
= 4, 02 · 750 − 347
76
Hier wird zur besseren Nachvollziehbarkeit die Parameterindizierung der Richtlinie verwen-
det, auch wenn in der restlichen Arbeit für den selben Parameter andere Indices Verwendung
finden können.
77
Dieser Wert wurde in [Vel84] tatsächlich nur für den Einsatzstahl 20MoCrS4 ermittelt. In
[HHS+ 02] werden die Materialkennwerte des 20MoCrS4 auf den verwendeten Einsatzstahl über-
tragen.
A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur 265

= 2668 N/mm2

Der Einfluss der Oberflächenbeschaffenheit wird nach dem Vorschlag


von Siebel und Geier, Gleichung 40 berücksichtigt.

FO = 1 − 0, 22 · (log Rt )0,64 · log Rm + 0, 45 · (log Rt )0,53


= 1 − 0, 22 · (log 2, 5)0,64 · log 2668 + 0, 45 · (log 2, 5)0,53
= 0, 98

Die Berücksichtigung von Mittelspannungen erfolgt durch die Mit-


telspannungsempfindlichkeit M nach Schütz. Die Berechnung von
M erfolgt gemäß der FKM-Richtlinie (Gleichung 33).

Rm
M = 0, 35 · · 10−3 − 0, 10
MP a
= 0, 35 · 2668 · 10−3 − 0, 10
= 0, 83

Die Randschichthärtung wirkt sich nicht nur auf die lokale Härte
aus, es entstehen auch Druckspannungen in der Randschicht. Diese
werden einheitlich mit einem Wert von σe = -250 N/mm2 festgelegt.
Der Inhomogenität des Spannungszustandes wird durch die statisti-
sche Stützziffer nach Kapitel 4.2.6 Rechnung getragen. Da im vorlie-
genden Lastfall die Voraussetzungen von Gleichung 80 gegeben sind,
kann ein Größeneinflussfaktor nst gebildet werden.

1
IA,0 κ
nst = (200)
IA
266 A Anhang

Der Wert des Weibullexponenten κ berechnet sich aus der Streuung


der Versuchsergebnisse in Lastrichtung TL .

1, 91
κ =
log (TL)
1, 91
=
log (1, 16)
= 30

Das Spannungsintegral IA,0 des Bezugbauteils der Arbeit von Vel-


ten [Vel84] ist in [BVDL04] abgedruckt.

 1
59, 9 30
nN
st
H
=
0, 139
= 1, 22

 1
58, 5 30
nGEH
st =
0, 062
= 1, 26

Die eigenspannungsfreie Kerbgrundwechselfestigkeit σwKerb berechnet


sich zu:

σwKerb (N H) = σzdW · FO · nst


= 707 N/mm2 · 0, 98 · 1, 22
= 845 N/mm2
A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur 267

σwKerb (GEH) = 707 N/mm2 · 0, 98 · 1, 26


= 873 N/mm2

Die von den lastinduzierten Mittelspannungen und den Druckeigen-


spannungen abhängige Kerbgrunddauerfestigkeit berechnet sich zu:

⎛ σe ⎞
1−M · Kerb
σw
σaKerb (RS = 0, σe, N H) = ⎝ ⎠ · σwKerb
1+M
2
1 − 0, 83 · −250N/mm
845N/mm2
= · 845N/mm2
1 + 0, 83
= 575 N/mm2

−250N/mm2
1 − 0, 83 · 873N/mm2
σaKerb (RS = 0, σe, GEH) = · 873N/mm2
1 + 0, 83
= 590 N/mm2

Um die Werte mit den Versuchsergebnissen vergleichen zu können,


muss das Resultat von Tabelle 7 auf ein Lastverhältnis von RL = 0
mit Hilfe der Mittelspannungsempfindlichkeit M nach Kapitel 6.1.1
umgerechnet werden.

σN H
a (RL = 0) = 730 N/mm
2

σ GEH
a (RL = 0) = 867 N/mm2
268 A Anhang

Die aus Versuchen ermittelte, mittlere Schwellfestigkeit wird sowohl


nach der NH als auch nach der GEH deutlich unterschätzt.

σa(Rechnung) σaKerb(N H) 575 N/mm2


= = = 0, 79
σa (V ersuch) σN a
H 730 N/mm2
σa (Rechnung) σaKerb(GEH) 590 N/mm2
= = = 0, 68
σa(V ersuch) σ GEH
a 867 N/mm2

Die Ursache dafür dürfte zum einen in der nicht hinreichend genau
erfassten Eingangsgröße für die dynamische Materialfestigkeit σzdW
nach Velten zu suchen sein. Es gibt keine Begründung dafür, dass
die Materialkennwerte a und b des 20MoCrS4 ohne Weiteres auf den
18CrNi8 übertragbar sind. Zum anderen trägt auch die unzureichen-
de Bestimmung der statischen Festigkeit Rm dazu bei, die zu einer
deutlichen Überschätzung des Mittelspannungseinflusses führt.

A.4.2 FKM-Richtlinie

Auch die Berechnungsmethode der FKM-Richtlinie [HHS+02] be-


ruht auf örtlich elastischen Spannungen. Die zur Berechnung her-
angezogenen Formeln sind ebenfalls zum Teil in Kapitel 4 bereits
erwähnt78.
Als Eingangsgrößen werden - bezogen auf den Kerbgrund des Spickels
- folgende Bauteilparameter verwendet:

78
Hier wird zur besseren Nachvollziehbarkeit die Parameterindizierung der Richtlinie verwen-
det, auch wenn in der restlichen Arbeit für den selben Parameter andere Indices Verwendung
finden können.
A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur 269

Parameter Einheit Wert


Zugfestigkeit Rm [N/mm2 ] 1350
Randhärte [HV] 750
Rauigkeit Rz [µm] 1,8
bezogenes Spannungsgefälle χ∗ 1/mm 2,4
Randschichtfaktor KV - 2,0
2
Minimalspannung σmin [N/mm ] 240

Die Berechnung wird für volumenförmige, nicht geschweißte Bauteile


aus einsatzgehärtetem Stahl durchgeführt. Da die Richtlinie für ein-
satzgehärtete Bauteile die Berechnung nach der NH vorschlägt, wird
sie an dieser Stelle auch nur für die Richtung der ersten Hauptspan-
nung (Index 1) durchgeführt.
Die werkstoffbezogene Dauerfestigkeit σw,zd wird aus der Zugfestig-
keit Rm 79 berechnet:

σw,zd = fw,σ · Rm
= 0, 40 · 1350 N/mm2
= 540 N/mm2

Da die Versuche bei Raumtemperatur ablaufen, bleibt der Einfluss


der Temperatur unberücksichtigt.
Die Berücksichtigung der Inhomogenität des Spannungszustandes er-
folgt durch die spannungsmechanische Stützziffer abgeleitet aus dem
bezogenen Spannungsgefälle (Gleichung 50). Zu deren Berechnung
schlägt die FKM-Richtlinie für randschichgehärtete Bauteile die
Verwendung eines anderen Wertes für Rm als den aus den Pro-
benstücknormwerten abgeleiteten vor:
79
Bei dem angegebenen Wert handelt es sich um den Probenstücknormwert des blindgehärteten
Zustandes. In DIN 10084 ist ein Wert von 1230 N/mm2 bis 1470 N/mm2 vorgeschrieben. Zur
Berechnung wird ein Wert von 1350 N/mm2 als Mittelwert verwendet.
270 A Anhang

Rm = 3, 3 · HV
= 3, 3 · 750HV
= 2475 N/mm2

Die spannungsmechanische Stützziffer nσ für einen Wertebereich des


bezogenen Spannungsgefälles Gσ > 1 mm−1 ergibt sich zu:

  
Rm
4 − 0,5+ 2700N/mm
nσ = 1 + Gσ · mm · 10 2
 
 2475N/mm2
− 0,5+ 2700N/mm
= 1 + 4 2, 4 · 10 2

= 1, 05

Auch zur Berechnung des Oberflächeneinflusses wird der Wert von


Rm für randschichgehärtete Bauteile verwendet.

 ⎛ ⎞
Rz 2 · Rm ⎠
KR,σ = 1 − aR,σ · log · log ⎝
µm Rm,N,min

2 · 2475
= 1 − 0, 22 · log(1, 8) · log
400
= 0, 94

Der Einfluss der Randschichthärtung wird durch den Randschicht-


faktor KV berücksichtigt. In der Richtlinie ist in einer Tabelle ein
möglicher Wertebereich von 1,50 bis 2,50 für gekerbte Proben von
8 mm bis 15 mm vorgegeben. Zur Berechnung wird der Mittelwert
herangezogen.

KV = 2, 0 (201)
A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur 271

Alle konstruktiv bedingten Einflussgrößen werden durch den Kon-


struktionsfaktor KW K,σ berücksichtigt.

⎛ ⎛ ⎞⎞
1 ⎝ 1 ⎝ 1 1
KW K,σ1 = · 1+ · − 1⎠⎠ ·
nσ,1 Kf KR,σ KV · KS · KN L,E

1 1 1 1
= · 1+ · −1 ·
1, 05 2 0, 94 2, 0 · 1 · 1
= 0, 49

Die örtlich ertragbare Wechselfestigkeit ergibt sich zu:

σW,zd
σW K,1 =
KW K,σ1
540 N/mm2
=
0, 49
= 1002 N/mm2

Die Berücksichtigung von Mittelspannungen erfolgt durch den Mit-


telspannungsfaktor KAK,σ . Zu dessen Berechnung wird die Mittel-
spannungsempfindlichkeit Mσ nach Schütz verwendet.

Rm
Mσ = aM · · 10−3 + bM
MP a
= 0, 35 · 2475 · 10−3 − 0, 10
= 0, 77

Bei den Versuchen am Impulsprüfstand ist die Unterlast Lu und da-


mit die Minimalspannung σmin konstant. Dadurch ergibt sich zur
272 A Anhang

Berechnung von KAK,σ der Überlastfall F 3. Da für Belastungen un-


ter Innendruck immer RS ≥ 0 und für das Basisdüsendesign σmin >
0 gilt, ergibt sich für die Berechnung der Mittelspannungsbereich III.

1+Mσ /3
1+Mσ − M3σ · σσWminK
KAK,σ1 =
1 + Mσ /3
1+0,77/3 240N/mm2
1+0,77 − 0,77
3 · 1102N/mm2
=
1 + 0, 77/3
= 0, 52

Die maximal im Kerbgrund ertragbare Schwellspannungsamplitude


berechnet sich zu:

σAK,1 = KAK,σ1 · KE,σ · σW K,1


= 0, 52 · 1 · 1102N/mm2
= 573N/mm2

Auch hier unterschätzt die Rechnung die experimentell ermittelte


Dauerfestigkeit für den Mittelwert der Eingangsgröße KV .

σa (Rechnung) σAK,1 573 N/mm2


= NH = = 0, 78
σa(V ersuch) σa 730 N/mm2

Die Autoren der Richtlinie definieren nicht eindeutig, welcher Wert


der Zugfestigkeit in die Formel zur Berechnung der Mittelspannungs-
empfindlichkeit Mσ einzusetzen ist. Neben dem Wert für die einsatz-
gehärtete Randschicht von Rm = 2475 N/mm2, der für die anderen
A.4 Berechnungsvorschläge aus der Literatur 273

Übertragungsparameter explizit vorgeschrieben ist, kann auch der


Normwert des blindgehärteten Zustands verwendet werden.
Dadurch ändert sich die Mittelspannungsempfindlichkeit in einem
nicht unerheblichen Maße:

Mσ = 0, 35 · 1350 · 10−3 − 0, 10
= 0, 37

Dementsprechend ändert sich auch der Wert für KAK,σ1

1+0,37/3 240N/mm2
1+0,37 − 0,37
3 · 1002N/mm2
KAK,σ1 =
1 + 0, 37/3
= 0, 71

und der maximal ertragbaren Schwellspannungsamplitude σAK,1:

σAK,1 = 0, 71 · 1 · 1102N/mm2
= 782N/mm2

Dadurch stimmen Rechnung und Versuch deutlich besser überein.

σa (Rechnung) 782 N/mm2


= 730 N/mm2 = 1, 07
σa (V ersuch)

Bezieht man jedoch die Extremwerte der Eingangsgrößen Rm und


KV in die Berechnung mit ein, kann die rechnerisch zulässige Span-
nungsamplitude stark unterschiedliche Werte annehmen.
274 A Anhang

min
σAK,1 (Rm = 1230 N/mm2; KV = 1, 5) = 539 N/mm2
max
σAK,1 (Rm = 1470 N/mm2; KV = 2, 5) = 1025 N/mm2

Die FKM-Richtlinie ist zwar universell gültig, aber für den konkre-
ten Fall (zumindest für randschichtverfestigte Bauteile) nicht einsetz-
bar. Nur wenn die Festigkeitskennwerte des verfestigten Werkstoffes
hinreichend bekannt sind, können damit sinnvolle Ergebnisse erzielt
werden. Die Abschätzung dieser Kennwerte aus dem blindgehärteten
Zustand ist mit zu großen Unsicherheiten behaftet und die aus dem
Einsatzgehärteten liefert kein zufriedenstellendes Ergebnis.
275

B Thesen der Arbeit

Bekannte Richtlinien und Methoden der dynamischen Festigkeits-


berechnung sind alleine nicht ausreichend Komponenten moderner
Dieseleinspritzsysteme auszulegen.
Die inhomogenen Festigkeitseigenschaften der einsatzgehärteten
Randschicht werden für, nach der Normalspannungshypothese gebil-
deten Kerbspannungen durch den, an die lokale Härte gebundenen
Ansatz von Muarakami, hinreichend beschrieben. Bei Anwendung
der Gestaltänderungsenergiehypothese ist dies nicht mehr zutreffend.
Die Oberflächenrauigkeit nimmt weitaus größeren Einfluss auf die
ertragbare Spannungsamplitude, als von den bisherigen Berechungs-
ansätzen angenommen.
Die Abhängigkeit der Dauerfestigkeit von der absoluten Kerbgröße
lässt sich sowohl spannungsmechanisch als auch statistisch erklären,
wobei mit letzterem Ansatz die besseren Ergebnisse erzielt werden.
Die Abweichung vom Experiment ist dann allerdings mit 35 % immer
noch unbefriedigend groß, so dass damit nur eine erste Abschätzung
getroffen werden kann.
Die Kerbgrundspannungen können sowohl nach der Normalspan-
nungshypothese als auch der Gestaltänderungsenergiehypothese ge-
bildet werden. Keine der beiden Vergleichsspannnungshypothesen
hat sich bei der Beschreibung der Versuchsergebnisse besonders her-
vorgehoben. Entgegen der herrschenden Meinung liefert die Ge-
staltänderungsenergiehypothese die tendenziell bessere Übereinstim-
mung mit dem Experiment.
Der Mittelspannungseinfluss im untersuchten Bereich von -0,25 ≤ Rσ
≤ 0,5 wird durch die Goodman-Gerade beschrieben. Die dazugehöri-
ge Mittelspannungsempfindlichkeit nach Schütz wird durch den An-
satz der FKM-Richtlinie für die Zugfestigkeit des blindgehärteten
Werkstoffzustandes hinreichend abgeschätzt.
Für die Innendruckversuche ist die festgelegte Grenzlastspielzahl von
276 B Thesen der Arbeit

5 · 106 ausreichend bemessen. Für Untersuchungen an der Resonanz-


prüfmaschine wäre eine Erhöhung auf 1 · 107 sinnvoller gewesen.
Trotz Verwendung eines Serienbauteils als Prüfling, ist die Festig-
keitsstreuung, bedingt durch Geometrietoleranzen, klein gegenüber
der Ermittlungsgenauigkeit der mittleren Festigkeit.
Für das verwendete Probitverfahren mit einem Prüfumfang von je
10 Teilen auf zwei unterschiedlichen Lasthorizonten, liegt die Ermitt-
lungsgenauigkeit der mittleren Festigkeit für ein Konfidenzniveau von
95 % bei durchschnittlich ± 10 %, wenn sich die Ausfallraten um we-
nigstens 70 % unterscheiden. Die Bestimmung der Festigkeitsstreu-
ung der Grundgesamtheit ist mit diesem Verfahren nicht hinreichend
möglich.
Das vorgestellte Berechnungskonzept, basierend auf örtlich-
elastischen Spannungen, ermöglicht die Berechnung der mittleren
Dauerfestigkeit auf ± 9,7 % genau bei einem Konfidenzniveau von 95
%. Begrenzt wird die Berechnungsgüte nur von der experimentellen
Ermittlungsgenauigkeit.
Die Einbringung von statischen, lastinduzierten Druckspannungen
erhöht die ertragbaren Spannungsamplituden gemäß der Mittelspan-
nungsempfindlichkeit.
Eine betriebsfeste anstelle einer dauerfesten Auslegung kann für
Komponenten von Common-Rail-Systemen bei Verwendung der
Standardlastfolge eine Steigerung des zulässigen Betriebsdrucks um
46 % bewirken.
Die, neben dem Verteilungsmodell zur Ableitung eines auf dem sta-
tistischen Charakter der Festigkeitseigenschaften basierenden Sicher-
heitsfaktor als Bemessungsgrundlage notwendige Festigkeitsstreu-
ung, ließ sich aus den Versuchsergebnissen nicht zuverlässig ableiten.
Der Richtwert von Adenstedt für randschichtverfestigte Bauteile
mit TL = 1,16 kann jedoch als realistischer Ersatzwert dafür angese-
hen werden.
277

C Erklärung

Ich versichere, dass die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe


Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmit-
tel angefertigt habe. Die aus anderen Quellen direkt oder indirekt
übernommenen Daten und Konzepte sind unter Angabe der Quelle
gekennzeichnet.
Bei der Auswahl und Auswertung folgenden Materials haben mir
die nachstehend aufgeführten Personen in der jeweils beschriebenen
Weise unentgeltlich geholfen:
1. Alwin Perras Strukturmech. Berechnungen der Formzahlen
und Spannungsgradienten aller Bauteile
2. Michael Schüller Strukturmech. Berechnungen der Formzahl
für die Rundprobe
3. Andreas Diemar Strukturmech. Berechnungen der Formzahl
und des Spannungsgradienten für die
Rohrprobe und die Spritzlochverschneidung
sowie der Spannungsintegrale aller Kerbfälle
4. Daniel Paul Durchführung der Lebensdauerberechnung
Weitere Personen waren an der inhaltlich-materiellen Erstellung der
vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich hierfür
nicht entgeltliche Hilfe von Vermittlungs- bzw. Beratungsdiensten
(Promotionsberater oder anderer Personen) in Anspruch genommen.
Niemand hat von mir unmittelbar oder mittelbar geldwerte Leistun-
gen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalte
der vorgelegten Dissertation stehen.
Die Arbeit wurde bisher weder im In- noch im Ausland in gleicher
oder ähnlicher Form einer Prüfungsbehörde vorgelegt.
Ich bin darauf hingewiesen worden, dass die Unrichtigkeit der vor-
stehenden Erklärung als Täuschungsversuch angesehen wird und den
erfolglosen Abbruch des Promotionsverfahrens zur Folge hat.
Obertraubling, den 28.08.2006

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