2005 Book SchweißtechnischeFertigungsver

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Ulrich Dilthey

Schweißtechnische Fertigungsverfahren 2
Ulrich Dilthey

Schweißtechnische
Fertigungsverfahren 2
Verhalten der Werkstoffe beim Schweißen

3., bearbeitete Auflage

Mit 220 Abbildungen

^ Springer
Professor Dr.-Ing. Ulrich Dilthey
RWTH Aachen
FB 4
Institut Schweißtechnik und Fügetechnik
Pontstraße 49
52062 Aachen
[email protected]

Band 3: ISBN 3-540-62661-1


Band 1: ISBN 3-540-21673-1 geplant für 2005

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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 3-540-21674-X Springer Berlin Heidelberg New York


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Umschlaggestaltung: medionet AG, Berlin


Satz: Digitale Druckvorlage des Autors
Herstellung: medionet AG, Berlin

Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3020 5 4 3 2 1 0


Vorwort zum Band 2

Verhalten der Werkstoffe beim Schweißen

Der zweite Band der Reihe „Schweißtechnische Fertigungsverfahren“ be-


fasst sich mit dem Verhalten der Werkstoffe beim Schweißen. Neben der
Wahl des geeigneten Schweißverfahrens (Schweißtechnische Fertigungs-
verfahren, Band 1) und der beanspruchungsgerechten Gestaltung des Bau-
teils (Schweißtechnische Fertigungsverfahren, Band 3) ist die Wahl des
richtigen Werkstoffs von ausschlaggebender Bedeutung für das Betriebs-
verhalten des Bauteils.
Metallische Werkstoffe werden in großer Breite für technische
Anwendungen eingesetzt. Die Hersteller metallischer Werkstoffe bieten
eine breite Palette unterschiedlichster Werkstoffe mit spezifischen
Gebrauchseigenschaften.
Durch die Wärmeeinbringung und das Aufschmelzen der Werkstoffe
zum Zweck des Fügens werden die Gebrauchseigenschaften in der
Schweißnaht und der nahtnahen wärmebeeinflussten Zone beeinflusst.
Deshalb ist die Kenntnis des Verhaltens der Werkstoffe beim Schweißen
in Abhängigkeit von der Wärmeeinbringung für die Abschätzung des Be-
triebsverhaltens der Bauteile von großer Bedeutung.
Der vorliegende Band will sowohl dem Studierenden der Fertigungs-,
Werkstoff- und Konstruktionstechnik als auch dem Ingenieur in der Praxis
einen Überblick über das Verhalten metallischer Werkstoffe beim Schwei-
ßen geben. Im Mittelpunkt stehen dabei die unlegierten und die niedrigle-
gierten Stähle, aber auch die hochlegierten Stähle mit ihrer Korrosions-
problematik sowie das Schweißen von Gusswerkstoffen und Alu-
miniumwerkstoffen werden behandelt. Den Abschluss bilden Fehler an
Schweißverbindungen und ihre Vermeidung sowie die Techniken der Prü-
fung von Schweißverbindungen.
Wegen des begrenzten Umfanges kann der vorliegende Band nur einen
Überblick geben, für die detaillierte Beschäftigung mit der Problemstel-
lung wird auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen, die zu den jeweili-
gen Abschnitten angegeben ist.
Die Neuauflage bietet neben einigen inhaltlichen Erweiterungen insbe-
sondere eine Anpassung an den aktuellen Stand der nationalen, europäi-
schen und internationalen Normung.
VI Vorwort

Mein besonderer Dank gilt Herrn Dipl.-Ing. Klaus Woeste für die tat-
kräftige Unterstützung bei der Überarbeitung dieses Bandes, aber auch den
Institutsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die bei der Abfassung des Ma-
nuskriptes und der Erstellung der Bilder, Skizzen und Diagramme beteiligt
waren.

Aachen, im August 2004 Ulrich Dilthey


Inhalt

1 Schweißbarkeit von metallischen Werkstoffen............................. 1


1.1 Definition der Schweißbarkeit von Bauteilen............................ 1
1.2 Schweißeignung ............................................................ 2
1.3 Schweißsicherheit .......................................................... 5
1.4 Schweißmöglichkeit........................................................ 6
1.5 Abschließende Betrachtung ............................................... 6

2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle .................... 9


2.1 Einleitung ................................................................... 9
2.2 Erstarrung und Umwandlungen von Metallen im Gleichgewicht ...... 9
2.2.1 Zustandsschaubilder ............................................... 9
2.2.2 Eutektische Umwandlung ......................................... 12
2.2.3 Peritektische Umwandlung ........................................ 14
2.2.4 Intermediäre Phasen................................................ 15
2.2.5 Umwandlungen im festen Zustand ............................... 16
2.3 Eisen-Kohlenstoff-Zustandsschaubild .................................... 17
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge der unlegierten und
niedriglegierten Stähle ..................................................... 23
2.4.1 Vorgang des Austenitisierens ..................................... 23
2.4.1.1 Isothermische Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-
schaubilder ........................................................ 23
2.4.1.2 Kontinuierliche Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-
schaubilder ........................................................ 25
2.4.2 Gefüge von Stählen ................................................ 27
2.4.2.1 Ferrit ............................................................... 27
2.4.2.2 Perlit ............................................................... 28
2.4.2.3 Bainit .............................................................. 29
2.4.2.4 Martensit .......................................................... 30
2.4.3 Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubilder ..................... 33
2.4.3.1 Isothermische ZTU-Schaubilder ................................ 33
2.4.3.2 Kontinuierliche ZTU-Schaubilder .............................. 36
2.4.3.3 Schweiß-ZTU-Schaubilder ...................................... 41

3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten ...... 43


3.1 Auswirkungen des Schweißens auf den Werkstoff...................... 43
3.2 Temperatureinleitung und -verteilung in der Schweißnaht ............. 43
3.3 Erstarrung des Schweißgutes .............................................. 47
3.4 Gefügezonen im wärmebeeinflussten Grundwerkstoff ................. 53
VIII Inhalt

4 Schweißeigenspannungen..................................................... 59
4.1 Definition von Eigenspannungen ........................................ 59
4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen .............................. 62
4.3 Auswirkungen von Schweißeigenspannungen .......................... 72
4.4 Maßnahmen zur Verringerung von Eigenspannungen in
Schweißnähten ............................................................. 75
4.4.1 Minimierung von Schweißeigenspannungen.................... 75
4.4.2 Abbau vorhandener Schweißeigenspannungen ................. 76
4.5 Methoden zur Messung von Eigenspannungen ......................... 78

5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen................ 83


5.1 Einteilung der Stähle ...................................................... 83
5.2 Bezeichnung der Stähle ................................................... 85
5.2.1 Bezeichnung der un- und niedriglegierten Stähle............... 85
5.2.2 Bezeichnung der Stähle gemäß DIN EN 10027 ................ 86
5.2.2.1 Kennzeichnung nach Kurznamen gemäß DIN EN 10027
Teil 1 .............................................................. 86
5.2.2.2 Kennzeichnung durch Werkstoffnummern nach DIN EN
10027 Teil 2 ...................................................... 90
5.3 Einfluss der Legierungs- und Begleitelemente auf die Eigenschaften
von Stählen ................................................................. 90
5.4 Schweißbare Feinkornstähle .............................................. 96
5.4.1 Auswirkung der Kornfeinung auf die Eigenschaften der
Feinkornstähle ..................................................... 97
5.4.2 Einteilung von Feinkornstählen .................................. 101
5.4.3 Einsatzgebiet für Feinkornstähle ................................. 104
5.4.4 Auswirkung des Schweißprozesses auf das Gefüge und die
mechanischen Eigenschaften von Feinkornstählen............. 105
5.4.5 Schweißen von Feinkornstählen ................................. 108
5.4.5.1 Rechnerische Ermittlung der Abkühlzeiten ................... 109
5.4.5.2 Graphische Ermittlung der Abkühlzeiten ...................... 113
5.4.5.3 Anwendung des STAZ-Schaubildes ........................... 117
5.4.6 Schweißfehler an Feinkornstählen ............................... 121
5.4.6.1 Heißrisse .......................................................... 121
5.4.6.2 Kaltrisse .......................................................... 121
5.4.6.3 Terrassenbrüche.................................................. 123
5.4.6.4 Erweichung der WEZ ........................................... 124
5.5 Allgemeine Baustähle ..................................................... 124
5.5.1 Schweißeignung ................................................... 126
5.5.2 Änderung des Gefüges und der Eigenschaften.................. 128
5.5.3 Verarbeitung und Einsatzgebiete................................. 129
5.6 Einsatz- und Vergütungsstähle ........................................... 129
5.6.1 Schweißeignung ................................................... 129
5.6.2 Änderung des Gefüges und der Eigenschaften durch den
Schweißprozess.................................................... 131
5.6.2.1 Einsatzstähle...................................................... 131
5.6.2.2 Vergütungsstähle................................................. 131
Inhalt IX

5.6.3 Verarbeitung und Einsatzgebiete ................................. 132


5.7 Niedriglegierte kaltzähe Nickelstähle .................................... 132
5.7.1 Einsatzgebiete ...................................................... 132
5.7.2 Schweißeignung .................................................... 133
5.8 Kesselbleche und warmfeste Baustähle .................................. 134
5.8.1 Schweißeignung .................................................... 134
5.8.2 Änderung des Gefüges und der Eigenschaften .................. 135
5.8.3 Schweißtechnische Verarbeitung und Einsatzgebiet ............ 135

6 Hochlegierte Stähle ............................................................. 137


6.1 Einteilung ................................................................... 137
6.2 Grundwerkstoffe............................................................ 137
6.2.1 Nomenklatur der hochlegierten Stähle ........................... 137
6.2.2 Einfluss der Legierungselemente auf das Mikrogefüge der
Stähle ................................................................ 138
6.2.3 Einteilung und Eigenschaften der korrosionsbeständigen
Stähle ................................................................ 141
6.2.3.1 Ferritische Chromstähle.......................................... 142
6.2.3.2 Ferritisch-martensitische Chromstähle.......................... 143
6.2.3.3 Martensitische Chromstähle ..................................... 143
6.2.3.4 Ferritisch-austenitische Chrom-Nickel-(Duplex-)Stähle ...... 144
6.2.3.5 Stabile und metastabile austenitische Chrom-Nickel-Stähle.. 146
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen ..................................... 147
6.3.1 Grundlagen der Korrosion ......................................... 147
6.3.2 Gründe für die Korrosionsbeständigkeit der hochlegierten
Chrom- und Chrom-Nickel-Stähle................................ 154
6.3.3 Korrosionsarten bei hochlegierten Stählen....................... 154
6.3.3.1 Interkristalline Korrosion ........................................ 155
6.3.3.2 Spalt- und Lochkorrosion ........................................ 161
6.3.3.3 Transkristalline Spannungsrisskorrosion ....................... 164
6.3.3.4 Kontaktkorrosion ................................................. 166
6.4 Ausscheidungen und versprödende Phasen in korrosionsbeständigen
Stählen....................................................................... 166
6.4.1 Ferritische, ferritisch-martensitische und martensitische
Chromstähle ........................................................ 166
6.4.1.1 Karbidausscheidung .............................................. 166
6.4.1.2 Grobkornbildung.................................................. 168
6.4.1.3 475°-Versprödung ................................................ 168
6.4.1.4 σ-Phase ............................................................ 169
6.4.2 Austenitische und ferritisch-austenitische Chrom-Nickel-
Stähle ................................................................ 170
6.4.2.1 Karbidausscheidung .............................................. 170
6.4.2.2 σ-Phase ............................................................ 170
6.4.2.3 Chi-Phase und Laves-Phase ..................................... 172
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen .................................... 172
6.5.1 Schaeffler-Diagramm .............................................. 172
6.5.2 De-Long-Diagramm ............................................... 175
X Inhalt

6.5.3 Schweißeignung und schweißtechnische Verarbeitung der


korrosionsbeständigen Stähle..................................... 177
6.5.3.1 Ferritische Chromstähle ......................................... 177
6.5.3.2 Ferritisch-martensitische Chromstähle......................... 179
6.5.3.3 Martensitische Chromstähle .................................... 180
6.5.3.4 Ferritisch-austenitische Stähle (Duplex-Stähle)............... 181
6.5.3.5 Stabile und metastabile austenitische Chrom-Nickel-Stähle . 182
6.5.3.6 Austenit-Ferrit-Verbindungen (Schwarz-Weiß-
Verbindungen) ................................................... 185

7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis .......................... 197


7.1 Bedeutung des Schweißens für die Bearbeitung von Gusswerk-
stoffen....................................................................... 197
7.2 Bezeichnungen der wichtigsten Gusswerkstoffe........................ 200
7.2.1 Bezeichnung von Gusseisenwerkstoffen durch Werkstoff-
kurzzeichen ........................................................ 200
7.2.2 Bezeichnung von Gusseisenwerkstoffen durch Nummern..... 201
7.3 Die wichtigsten Legierungselemente in Eisengusswerkstoffen ....... 204
7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der
Gusswerkstoffe ............................................................ 205
7.4.1 Stahlguss ........................................................... 205
7.4.1.1 Eigenschaften und Einsatzgebiete .............................. 205
7.4.1.2 Schweißeignung und schweißtechnische Verarbeitung ...... 206
7.4.2 Temperguss ........................................................ 207
7.4.2.1 Gefüge, Eigenschaften und Einsatzgebiete .................... 207
7.4.2.2 Schweißeignung und schweißtechnische Verarbeitung ...... 210
7.4.2.3 Schweißverfahren für Temperguss ............................. 211
7.4.3 Gusseisen mit Kugel- oder Lamellengraphit .................... 212
7.4.3.1 Schweißtechnische Verarbeitung............................... 213
7.4.4 Austenitisches Gusseisen mit Kugel- oder Lamellengraphit .. 215
7.4.4.1 Einsatzgebiete und Schweißeignung ........................... 215

8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen..................................... 217


8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium .......................... 217
8.1.1 Einleitung .......................................................... 217
8.1.2 Aufbau und Eigenschaften von Aluminium..................... 217
8.1.3 Metallkundliche Mechanismen bei der thermischen und
mechanischen Behandlung von Aluminium .................... 221
8.1.3.1 Erholung und Rekristallisation ................................. 221
8.1.3.2 Aushärtung ....................................................... 221
8.1.3.3 Kaltverfestigung ................................................. 228
8.2 Schweißen von Aluminium ............................................... 229
8.2.1 Einleitung .......................................................... 229
8.2.2 Auswirkungen der Wärmeausdehnung und -ableitung auf
das Schweißergebnis .............................................. 229
8.2.3 Schweißen von ausgehärteten und kaltverfestigten Alu-
miniumlegierungen................................................ 230
Inhalt XI

8.2.4 Beeinflussung des Schweißergebnisses durch die


AI-Oxidschicht ..................................................... 232
8.2.5 Heißrisse in Aluminiumlegierungen.............................. 233
8.2.6 Porenbildung beim Schweißen von Aluminium ................. 235

9 Wärmebehandlung der Stähle vor dem Schweißen, während des


Schweißens und nach dem Schweißen ....................................... 239
9.1 Technische Wärmebehandlung und ihre Ziele........................... 239
9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem Schweißen .......... 241
9.2.1 Grobkornglühen .................................................... 241
9.2.2 Normalglühen....................................................... 243
9.2.3 Härten ............................................................... 244
9.2.4 Vergüten ............................................................ 245
9.2.5 Spannungsarmglühen .............................................. 247
9.2.6 Wasserstoffarmglühen (soaking).................................. 248
9.2.7 Gusseisenwarmschweißen......................................... 249
9.3 Wärmebehandlungen in Verbindung mit dem Schweißen.............. 251
9.3.1 Wärmebehandlung des Werkstoffes durch das Schweißen ..... 251
9.3.2 Schweißen mit Vorwärmung ...................................... 253
9.3.3 Isothermes Schweißen ............................................. 256
9.3.4 Stufenhärtungsschweißen.......................................... 256

10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen............................. 259


10.1 Einleitung ................................................................... 259
10.2 Fehler durch unsachgemäße Fertigung ................................... 259
10.2.1 Äußere Nahtfehler.................................................. 259
10.2.1.1 Schweißspritzer und Zündstellen ............................... 259
10.2.1.2 Einbrand- und Randkerben ...................................... 260
10.2.1.3 Andere Nahtformfehler .......................................... 261
10.2.2 Innere Nahtfehler................................................... 262
10.2.2.1 Bindefehler und unverschweißte Stellen ....................... 262
10.2.2.2 Schlacken- und andere Feststoffeinschlüsse ................... 263
10.2.2.3 Mechanische Porenbildung ...................................... 264
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler ..................................... 266
10.3.1 Heißrisse ............................................................ 267
10.3.1.1 Erstarrungsrisse................................................... 268
10.3.1.2 Aufschmelzungsrisse............................................. 272
10.3.2 Kaltrisse ............................................................. 274
10.3.2.1 Aufhärtungsrisse.................................................. 274
10.3.2.2 Wasserstoffbeeinflusste Kaltrisse ............................... 275
10.3.2.3 Terrassenbrüche .................................................. 282
10.3.2.4 Ausscheidungsrisse............................................... 284
10.3.3 Hohlräume im Schweißgut ........................................ 287
10.3.3.1 Metallurgische Porenbildung.................................... 287
10.3.3.2 Lunkerbildung .................................................... 289
10.4 Korrosion.................................................................... 291
10.4.1 Korrosion durch Schweißfertigungsfehler ....................... 291
XII Inhalt

10.4.1.1 Kontaktkorrosion ............................................... 291


10.4.1.2 Spaltkorrosion.................................................... 292
10.4.2 Selektive Korrosion an Schweißnähten.......................... 292
10.4.2.1 Interkristalline Korrosion (IK) ................................. 292
10.4.2.2 Spannungsinduzierte Risskorrosion (SpRK) .................. 293

11 Prüfung von Schweißverbindungen......................................... 295


11.1 Einleitung................................................................... 295
11.2 Zugversuch ................................................................. 295
11.3 Dauerschwingversuch ..................................................... 300
11.4 Ermittlung der Zähigkeit .................................................. 302
11.4.1 Technologischer Biegeversuch................................... 302
11.4.2 Kerbschlagbiegeversuch .......................................... 304
11.5 Härteprüfung ............................................................... 308
11.5.1 Härteprüfung nach Brinell ........................................ 309
11.5.2 Härteprüfung nach Vickers ....................................... 309
11.5.3 Härteprüfung nach Rockwell ..................................... 311
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen...................................... 312
11.6.1 Prüfung der Schweißeignung..................................... 312
11.6.1.1 Kaltrissprüfverfahren............................................ 313
11.6.1.2 Heißrissprüfverfahren ........................................... 317
11.6.2 Ermittlung äußerer Fehler ........................................ 320
11.6.2.1 Sichtprüfung ..................................................... 320
11.6.2.2 Farbeindringverfahren........................................... 320
11.6.3 Ermittlung oberflächennaher Fehler ............................. 321
11.6.3.1 Wirbelstromverfahren ........................................... 321
11.6.3.2 Magnetinduktives Verfahren ................................... 322
11.6.3.3 Magnetpulverprüfung ........................................... 322
11.6.4 Ermittlung innerer Fehler ......................................... 323
11.6.4.1 Durchstrahlungsverfahren mit Röntgen- und Gamma-
strahlung .......................................................... 323
11.6.4.2 Ultraschallverfahren............................................. 327
11.6.4.3 Schallemissionsverfahren ....................................... 330
11.6.5 Prüfung der Gefügeausbildung und Ermittlung von Schweiß-
fehlerursachen ..................................................... 331
11.6.5.1 Metallographische Verfahren................................... 331
11.6.5.2 Makroskopische Untersuchungsverfahren .................... 331
11.6.5.3 Mikroskopische Untersuchungsverfahren ..................... 333

Literatur............................................................................. 341

Sachverzeichnis..................................................................... 359
1 Schweißbarkeit von metallischen Werkstoffen

1.1 Definition der Schweißbarkeit von Bauteilen

Die Einordnung des Schweißens in die Fertigungstechnik erfolgt nach DIN


8580 und DIN 8593 in die Hauptgruppe 4 „Fügen“, Gruppe 4.6 „Fügen
durch Schweißen“. Nach Werkstoffart wird gemäß DIN ISO 857-1 zwi-
schen dem „Metallschweißen“ und dem „Kunststoffschweißen“ unter-
schieden. Das in diesem Buch behandelte Metallschweißen grenzt sich
durch spezifische Merkmale vom Kunststoffschweißen ab. Beim Metall-
schweißen geschieht das Herstellen einer Verbindung durch teilweises
Aufschmelzen des Grundwerkstoffes, wobei nach Bedarf zusätzlich ein
artähnlicher Zusatzwerkstoff in den Verbindungsbereich gegeben wird. Im
Bereich der Verbindung erfolgt im Allgemeinen eine vollständige Vermi-
schung des aufgeschmolzenen Grundwerkstoffes mit dem Zusatzwerkstoff.
Die Schweißbarkeit eines Bauteiles, und damit die Möglichkeit ein ge-
gebenes Fügeproblem mit Hilfe der Schweißtechnik zu lösen, wird nach
DIN 8528 Teil 1, durch drei äußere Faktoren bestimmt (Bild 1-1).

Bild 1-1. Definition der Schweißbarkeit durch die äußeren Faktoren Schweißeig-
nung, Schweißsicherheit und Schweißmöglichkeit [1-1].
2 1 Schweißbarkeit von metallischen Werkstoffen

Häufig wird fälschlicherweise unter den Begriff der Schweißbarkeit le-


diglich die Schweißeignung des Grundwerkstoffes verstanden. Der Begriff
Schweißbarkeit umfasst aber darüber hinaus auch noch die konstruktiven
und fertigungsbezogenen Aspekte eines Bauteiles. Nach DIN 8528 Teil 1,
ist die Schweißeignung überwiegend eine Werkstoffeigenschaft; die
Schweißmöglichkeit ist im Wesentlichen von der Fertigung, und die
Schweißsicherheit ist von der Konstruktion des Bauteils abhängig. Diese
drei Einflussgrößen stehen miteinander in Wechselwirkung; z. B. hat die
Auswahl eines Werkstoffes auch einen direkten Einfluss auf die Schweiß-
möglichkeit (Auswahl eines für den Werkstoff geeigneten Schweißverfah-
rens) und die Schweißsicherheit (Auslegung der Bauteildimensionen auf
die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffes). Nach DIN 8528 Teil 1
ist die Schweißeignung eines Werkstoffes jedoch überwiegend von der
Fertigung und in geringerem Maße von der Konstruktion abhängig.

1.2 Schweißeignung

Unter dem Begriff Schweißeignung werden im Wesentlichen die Reaktio-


nen des Grundwerkstoffes auf den Schweißprozess zusammengefasst. Da
während eines Schweißprozesses der Werkstoff eine unerwünschte Wär-
mebehandlung erfährt, sind Änderungen der mechanisch-technologischen
Eigenschaften des Grundwerkstoffes nicht zu vermeiden. Die Änderungen
der Werkstoffeigenschaften werden vorwiegend durch Gefügeumwand-
lungen verursacht, die eine Versprödung, verminderte Korrosionsbestän-
digkeit oder erhöhte Spannung im Bauteil zur Folge haben können. Ist ein
Werkstoff zum Schweißen geeignet, so bedeutet dies, dass durch den
Schweißprozess die mechanisch-technologischen Werkstoffkennwerte nur
geringfügig und in tolerierbarem Maße beeinträchtigt werden. Die
Schweißeignung des Grundwerkstoffes kann zur differenzierteren Betrach-
tung in drei Unterbegriffe unterteilt werden (Bild 1-2).
Die chemische Zusammensetzung des Werkstoffes und auch seine
metallurgischen Eigenschaften werden entscheidend von seiner Her-
stellung beeinflusst und wirken sich in hohem Maße auf die physikalischen
Eigenschaften des Werkstoffes aus. Die im Bild 1-3 dargestellten
Prozessstufen der Stahlherstellung sind die wesentlichen Schritte auf dem
Weg zu einem verarbeitungsfähigen und für das Schweißen einsetzbaren
Werkstoff. Im Verlauf der Herstellung stellen sich die gewünschte
chemische Zusammensetzung (z. B. durch Legieren) und die metal-
lurgischen Eigenschaften (z. B. während des Vergießens) des Stahles ein.
1.2 Schweißeignung 3

Bild 1-2. Chemische Zusammensetzung, metallurgische und physikalische Eigen-


schaften sind entscheidend für die Schweißeignung eines Werkstoffes.

Bild 1-3. Wichtige Prozessstufen der Stahlherstellung und produktionstechnische


Schritte zur Einstellung der chemischen Zusammensetzung und Festlegung der
metallurgischen und physikalischen Eigenschaften von Stählen.

Die chemische Zusammensetzung eines Werkstoffes entscheidet über


dessen Rissneigung, Alterungsneigung und das Verhalten des Schmelzba-
des. So erhöhen steigende Kohlenstoffgehalte die Kaltrissneigung von
4 1 Schweißbarkeit von metallischen Werkstoffen

unlegierten und niedriglegierten Stählen bei gleichzeitiger Verringerung


der Kerbschlagzähigkeit. Die Kerbschlagzähigkeit kann wiederum durch
Zulegieren von Nickel oder Mangan erhöht werden. Durch die Zugabe von
Mangan kann Schwefel gebunden und somit die Heißrissneigung einiger
Stähle gesenkt werden. Zusätzlich entstehen durch die Bindung des
Schwefels an Mangan Mangansulfid-Einschlüsse, die eine Anisotropie der
mechanischen Kennwerte zur Folge haben können. Auf die doch recht
komplexe Wechselwirkung der Legierungselemente soll an dieser Stelle
nicht weiter drucksvoller Weise den Einfluss verschiedener Legierungs-
elemente auf die Schweißeignung und die daraus resultierenden Schweiß-
nahtfehler. Tabelle1-1 gibt einen qualitativen Überblick über den Einfluss
der wichtigsten Legierungselemente auf einige mechanische und metallur-
gische Eigenschaften von Stählen.
Die metallurgischen Eigenschaften eines Werkstoffes werden vorwie-
gend durch Erschmelzungs- und Desoxidationsverfahren, Vergießungsart
(Strangguss oder Blockguss) und von der abschließenden Umformung
(Walzen mit oder ohne Wärmebehandlung) bestimmt. Aus den oben Be-
nannten Produktionsschritten resultieren die in Tabelle 1-1 aufgeführten
metallurgischen Eigenschaften.

Tabelle 1-1. Einfluss einiger Legierungselemente auf die Eigenschaft von Stählen.
C Si Mn P S O Cr Ni Al

Zugfestigkeit + + + + (-) + + + +
Härte + + + + + + +
Kerbschlagzähigkeit - - + - - - (-) ++
Heißbrüchigkeit -- ++
Warmfestigkeit + (+) (+) (-) + +
-400°C

kritische Abkühlge-
- - - - -
schwindigkeit

Bildung von Seigerun-


+ ++ ++ +
gen

Eildung von Ein- + + +


+ +
schlüssen mit Mn mit S mit Al

Erklärungen: + Steigerung der Eigenschaft; ++ starke Steigerung der Eigenschaft;


- Senkung der Eigenschaft; -- starke Senkung der Eigenschaft.
1.3 Schweißsicherheit 5

Unter den physikalischen Eigenschaften werden physikalische Kenn-


werte, wie Ausdehnung, Wärmeleitfähigkeit, Schmelzpunkt und mechani-
sche Kennwerte des Werkstoffes verstanden. Zu berücksichtigen sind die
unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten beim Verschweißen
verschiedener Werkstoffe oder Volumensprünge bei Phasenumwandlun-
gen. Häufig bereitet auch die hohe Wärmeleitfähigkeit, z. B. beim Schwei-
ßen von Aluminiumwerkstoffen, Probleme und muss bei der Auswahl des
Schweißverfahrens werden.

1.3 Schweißsicherheit

Neben dem Werkstoffverhalten wird die Schweißbarkeit auch durch die


konstruktive Gestaltung des Bauteiles wesentlich mitbestimmt. Diesen
Einfluss der Konstruktion wird als Schweißsicherheit (konstruktionsbe-
dingte Schweißsicherheit) bezeichnet. Die Schweißsicherheit einer Kon-
struktion ist gegeben, wenn die konstruktive Gestaltung der Schweißver-
bindungen unter den vorhandenen Betriebsbedingungen ein sicheres Be-
triebsverhalten der Konstruktion gewährleistet. Die wesentlichsten Ein-
flussgrößen auf die konstruktive Gestaltung und den Beanspruchungszu-
stand sind im Bild 1-4 aufgeführt. Die konstruktionsbedingte Schweißsi-
cherheit wird nur in geringem Maße von der Schweißeignung des Werk-
stoffes beeinflusst und soll in diesem Buch nicht näher behandelt werden.

Bild 1-4. Einflussgrößen der konstruktiven Gestaltung und der Beanspruchungs-


zustände auf die Schweißsicherheit.
6 1 Schweißbarkeit von metallischen Werkstoffen

1.4 Schweißmöglichkeit

Als Schweißmöglichkeit (fertigungsbedingte Schweißmöglichkeit) wird der


Einfluss der Fertigung auf die Schweißbarkeit bezeichnet. Um die
Schweißmöglichkeit zu gewährleisten, sind eine korrekte Vorbereitung der
Schweißnaht, eine fachmännische Ausführung der Schweißarbeiten und
unter Umständen eine Nachbehandlung der Schweißnaht erforderlich (Bild
1-5). Zu den Vorbereitungen des Schweißens gehört neben der Verfah-
rensauswahl auch die Überprüfung, ob eine Schweißnaht für den Schwei-
ßer zur Bearbeitung überhaupt zugänglich ist. Beispielsweise ist ein Aus-
schleifen der Naht vor dem Schweißen der nächsten Lage bei Einsatz eines
Engspaltverfahrens unmöglich. Größere Probleme treten in der Praxis auf,
wenn geschweißte Bauteile zwingend eine Wärmenachbehandlung erfor-
dern, das fertiggestellte Bauteil aber für den Ofen zu groß ist.

Bild 1-5. Detaillierte Darstellung der Einflussmöglichkeiten auf die fertigungsbe-


dingte Schweißmöglichkeit.

1.5 Abschließende Betrachtung

Aus den Ausführungen zum Begriff der Schweißbarkeit eines Bauteiles


geht klar hervor, dass es falsch ist, diese Eigenschaft allein auf die
Schweißeignung des verwendeten Werkstoffes zu beschränken. Ferner ist
es bei der Definition des Begriffes falsch, von der Schweißbarkeit eines
Werkstoffes zu sprechen, da jeder Werkstoff im Prinzip schweißbar ist; es
müssen nur die richtigen metallurgischen Randbedingungen erfüllt wer-
den. Die Erfüllung der metallurgischen Randbedingungen kann jedoch in
der Praxis so kompliziert und aufwendig sein, dass sie im Betrieb praktisch
nicht durchführbar ist und eine fehlerfreie Schweißung unmöglich wird.
1.5 Abschließende Betrachtung 7

Die Schweißeignung vieler Werkstoffe kann durch metallurgische Maß-


nahmen sichergestellt werden, wobei der richtigen Auswahl eines geeigne-
ten Schweißverfahrens große Bedeutung zukommt. Die Reaktionen des
Werkstoffes auf die „Wärmebehandlung“ durch den Schweißprozess sind
jedoch sehr komplex. Dieses Buch soll einen Überblick über das Verhalten
der Werkstoffe beim Schweißen geben.
2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter
Stähle

2.1 Einleitung

In der industriellen Anwendung ist Stahl einer der am häufigsten einge-


setzten metallischen Werkstoffe zur Konstruktion von Gebäuden, Maschi-
nen und Werkzeugen aller Art. Stahl ist einer der vielseitigsten Werkstoffe
und verdankt dies vorwiegend seiner Umwandlungsfähigkeit. So können
durch gezielte Wärmebehandlungen spezielle Anforderungen an den
Einsatzzweck erfüllt werden, ohne die chemische Zusammensetzung des
Stahles zu verändern. Des weiteren kann durch eine gezielte Zugabe von
Legierungselementen eine Eigenschaft des Stahles hervorgehoben oder
unterdrückt werden.
Dem Legierungselement Kohlenstoff kommt für Eisen die größte Be-
deutung zu, da über dessen Gehalt die wichtigsten Eigenschaften von Stahl
gesteuert werden können. Welche Auswirkungen eine Zugabe von Koh-
lenstoff auf die Erstarrung und Umwandlung von Eisen hat, soll in den
folgenden Abschnitten erläutert werden. Zum besseren Verständnis von
Umwandlungs- und Erstarrungsvorgängen werden die wichtigsten Grund-
lagen kurz erörtert.

2.2 Erstarrung und Umwandlungen von Metallen


im Gleichgewicht

2.2.1 Zustandsschaubilder

In der Technik werden Metalle eingesetzt, die aus einer Komponente (rei-
ne Metalle) oder aus zwei und mehr Komponenten (Legierungen) beste-
hen.
Der Zustand eines reinen Metalls kann durch die Zustandsgrößen Tem-
peratur T, Druck p und Konzentration c beschrieben werden, wobei T und
p als unabhängige Variablen vorgegeben sind. In einem Zustandsschaubild
lassen sich dann die auftretenden Phasen (fest, flüssig, dampfförmig) in
Abhängigkeit von Druck und Temperatur darstellen (Bild 2-1). Gebiete in
10 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Bild 2-1. p-T-Zustandsdiagramm eines Einstoffsystems mit den drei existierenden


Phasen fest, flüssig, dampfförmig und mit den Begrenzungslinien der Phasenräu-
me [2-1].

denen nur eine Phase im Gleichgewicht vorliegt, erscheinen flächenhaft


zwischen zwei Linien (Kristall, Schmelze oder Dampf). Entlang der Linien
stehen zwei Phasen (z. B. fest-flüssig), im Tripelpunkt drei Phasen im
Gleichgewicht.
In der Praxis sind solche Einstoffsysteme jedoch von geringerer Bedeu-
tung. Vielmehr sind dort Zweistoff- und Dreistoffsysteme von größerem
Interesse.
Zweistoffsysteme werden auch als binäre Systeme und entsprechend
Dreistoffsysteme als ternäre Systeme bezeichnet. Im Gegensatz zum ein-
komponentigen System, in dem die Konzentration immer konstant ist (c =
1), sind in einem binären System die auftretenden Phasen in Abhängigkeit
von den Mischungsverhältnissen von Komponente A zu Komponente B als
Funktion der Temperatur aufgetragen. In solchen Systemen steht der Beg-
riff Phase nicht nur für einen Aggregatzustand (fest, flüssig, dampfförmig),
sondern auch für identische physikalische Eigenschaften und chemische
Zusammensetzungen von Gefügebestandteilen (z. B. a-Phase (Ferrit) im
Fe-C-Diagramm). Tritt in einer Legierung nur eine Phase (Gefüge) auf, so
wird dieses System als homogen bezeichnet, bei mehreren nebeneinander
vorliegenden Phasen als heterogen. Im Unterschied zu Einstoffsystemen
wird bei Zustandsschaubildern mit zwei oder mehr Komponenten der
Druck nicht berücksichtigt, da er bei technischen Vorgängen fast immer
konstant ist (p § 1 bar) und auf die Umwandlungen in der festen und flüs-
sigen Phase nur sehr geringen Einfluss hat.
Im Bild 2-2 ist die Abkühlung einer Legierung aus den Komponenten A
und B dargestellt. Wird die Schmelze der Legierung L1 abgekühlt, bilden
sich bei Erreichen der Temperatur T1 die ersten Kristalle der Zusammen-
setzung c1. Diese Kristalle werden als Mischkristalle Į bezeichnet, da sie
aus einer Mischung der Komponenten A (80 %) und B (20 %) bestehen.
Weiterhin liegt bei der Temperatur T1 eine Schmelze mit der Zusammen-
2.2 Erstarrung und Umwandlungen von Metallen im Gleichgewicht 11

setzung c0 vor. Bei sinkenden Temperaturen reichert sich die Restschmelze


entsprechend dem Verlauf von Linie Li (Liquiduslinie, bis Punkt 4) weiter
mit der Komponente B an. Parallel hierzu bilden sich immer neue, B-
reichere Į-Mischkristalle längs der Verbindungslinie So (Soliduslinie,
Punkte 1, 2, 5). Zusätzlich kann an einer waagerechten Verbindungslinie
zwischen zwei Zustandspunkten (z. B. Punkt 2 und 3) die Menge an vor-
handener Schmelze und die Menge an Į-Mischkristall entsprechend dem
Hebelgesetz abgelesen werden (Bild 2-3). Diese Linie wird auch als Ko-
node (T = konst.) bezeichnet.
Entsprechend der geschilderten Erstarrungsvorgänge liegt die Annahme
nahe, dass im erstarren Gefüge keine homogene Verteilung der Kompo-
nenten A und B vorliegen kann, da zu Beginn der Erstarrung ein Misch-
kristall der Zusammensetzung c1 erstarrt und zum Schluss eine Rest-
schmelze mit einer Zusammensetzung c4 (Punkt 4, Bild 2-2). Diese Ver-
mutung ist für ein solches Diagramm nicht richtig, da Zustandsdiagramme
eine unendlich langsame Abkühlung aufgenommen werden. Aufgrund der
extrem langsamen Abkühlzeiten besteht nun für die ausgeschiedenen
Mischkristalle die Möglichkeit, ihre Konzentrationsunterschiede über Dif-
fusionsvorgänge auszugleichen, so dass am Ende der Erstarrung ein ho-
mogener Mischkristall der Zusammensetzung co vorliegt (Bild 2-2). Bei
einer beschleunigten Abkühlung (technische Abkühlung) werden Diffusi-
onsvorgänge sehr stark behindert, so dass Konzentrationsverschiebungen
im Kristall vorkommen können (Kristallseigerungen).

Bild 2-2. Binäres System mit vollständiger Löslichkeit im flüssigen und im festen
Zustand und Temperaturverlauf während der Abkühlung [2-2].

Das im Bild 2-2 abgebildete binäre System besteht aus zwei Komponen-
ten A und B, die sich sowohl in der flüssigen als auch in der festen Phase
in jeder beliebigen Konzentration mischen lassen. Des weiteren ist nur eine
12 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Hebelgesetz:

mK · a = m S · b

mit

mK + mS = mges = 100%

und

a = C 0 – C2

b = C 3 – C0

Bild 2-3. Schematische Darstellung des Hebelgesetzes zur Ermittlung der Anteile
von Schmelze ms, und α-Mischkristall mk [2-2].

Phasenumwandlung zu beobachten, nämlich die Erstarrung der Schmelze


in einen Į-Mischkristall (S ĺ Į). Durch die Phasenumwandlung S ĺ Į
wird Kristallisationswärme frei, die sich durch einen Knickpunkt (verzö-
gerte Abkühlung) in der Abkühlkurve nachweisen lässt.
Darüber hinaus existiert noch eine Vielzahl von binären Systemen, in
denen wesentlich komplexere Umwandlungen von Phasen ablaufen und
deren Mischbarken von Komponenten nicht in allen Fällen gegeben ist. An
einfachen Beispielen sollen die wichtigsten Umwandlungen und Misch-
barkeiten in binären Systemen erklärt werden.

2.2.2 Eutektische Umwandlung

Im Bild 2-4 ist ein Zustandsschaubild mit vollständiger Löslichkeit der


Komponenten A und B in der flüssigen und einer vollständigen Unlöslich-
keit in der festen Phase abgebildet. Sind zwei Komponenten im festen Zu-
stand vollständig unlöslich, so kann sich auch kein Mischkristall aus A und
B bilden. Die beiden Liquiduslinien Li schneiden sich im Punkt e, der auch
als eutektischer Punkt bezeichnet wird. Die Isotherme T e ist die Eutektika-
le.
Erstarrt eine Legierung beliebiger Zusammensetzung gemäß Bild 2-4,
so muss die Eutektikale geschnitten werden. Bei dieser Temperatur (Te)
erfolgt die eutektische Umwandlung:

S ĺ A + B (T = Te = konst.).
2.2 Erstarrung und Umwandlungen von Metallen im Gleichgewicht 13

Dies bedeutet, dass die Schmelze bei einer konstanten Temperatur Te in


A und B zerfällt. Erstarrt eine Legierung der Zusammensetzung L2, so ent-
steht ein rein eutektisches Gefüge. Aufgrund der eutektischen Reaktion
bleibt die Temperatur der Legierung bis zur vollständigen Umwandlung
konstant (Haltepunkt) (Bild 2-4). Eutektische Gefüge sind in der Regel
feinkörnig und weisen eine charakteristische Orientierung zwischen den
Bestandteilen auf [2-3]. Die Legierung L1 wird im festen Zustand aus einer
Mischung von Gefüge A und eutektischem Gefüge E bestehen (Bild 2-4).
In einem System mit vollständiger Löslichkeit im flüssigen und einge-
schränkter Löslichkeit im festen Zustand lautet die eutektische Reaktion
(Bild 2-5):

Se ĺ Į + ȕ (T = Te = konst.).

In diesem Beispiel kann Komponente A maximal 3 % B und Kompo-


nente B maximal 20 % A bei Raumtemperatur (RT) lösen. Zwischen die-
sen Konzentrationen entsteht ein Raum mit verschiedenen mehrphasigen
Gefügen, der als Mischungslücke bezeichnet wird. Die für die einzelnen
Legierungen zu erwartenden Gefüge sind zusätzlich schematisch abgebil-
det. Die eutektische Gefügeausbildung E der Legierung L2 ist hier von
besonderem Interesse, da die zeilenförmige Anordnung in Form des Perlits
wiederzufinden ist, s. hierzu auch Abschn. 2.4.2.2 und Bild 2-19.

Bild 2-4. Zustandsschaubild mit vollständiger Löslichkeit in der flüssigen und


vollständiger Unlöslichkeit in der festen Phase, eutektisches System [2-2].
14 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Bild 2-5. Eutektisches System mit vollständiger Löslichkeit im flüssigen sowie


eingeschränkter Löslichkeit im festen Zustand und schematische Darstellung der
wichtigsten Gefügebestandteile für bestimmte Legierungstypen [2-2].

2.2.3 Peritektische Umwandlung


Bei einer peritektischen Reaktion entsteht aus zwei Phasen eine Dritte. Das
im Bild 2-6 abgebildete Zustandsschaubild zeigt ein System mit vollstän-
diger Löslichkeit im flüssigen und eingeschränkter Löslichkeit im festen
Zustand. Die entsprechende peritektische Reaktion lautet hier:

S + Į ĺ ȕ (T = Tp = konst.).

Bild 2-6. Vollständige Löslichkeit im flüssigen und eingeschränkte Löslichkeit im


festen Zustand, peritektisches System [2-2].
2.2 Erstarrung und Umwandlungen von Metallen im Gleichgewicht 15

Analog zum eutektischen System entspricht die peritektische Tempera-


tur Tp der Peritektikalen und der Punkt p dem peritektischen Punkt.

2.2.4 Intermediäre Phasen

intermediäre Phasen sind Verbindungen des Typs AmBn oder Gitterstruktu-


ren, die bestimmte Mengen der Komponenten A oder B lösen können
(Bild 2-7). Wenn beide Komponenten Metalle sind, werden diese Bin-
dungstypen häufig auch als intermetallische Phasen bezeichnet.
Intermediäre Phasen des Typs A mBn besitzen eine strenge Stöchiometrie
und sind aufgrund ihrer genauen Mischungsverhältnisse von A : B in ei-
nem binären System oft durch einen senkrechten Strich dargestellt (Bild
2-7a). Können von der intermediären Phase größere Mengen der beiden
Komponenten gelöst werden, so bilden sie wiederum Mischkristalle (Ȗ)
(Bild 2-7b). Aufgrund des recht komplexen Aufbaues der intermediären
Kristalle sind diese sehr hart und spröde.
Entsprechend ihres Erstarrungs- und Umwandlungsverhaltens erfolgt
eine Unterteilung der intermediären Phasen in die kongruent und die in-
kongruent schmelzenden intermediären Verbindungen (Bilder 2-7 und
2-8). Kongruent schmelzende Verbindungen entstehen direkt aus einer
Umwandlung der Schmelze (S ĺ V bzw. Ȗ, im Bild 2-7), wohingegen
inkongruent schmelzende Phasen nach einer peritektischen Reaktion (S +
B ĺ V bzw. S + ȕ ĺ Ȗ, im Bild 2-8) gebildet werden. Kongruent schmel-
zende Phasen können den Schmelzpunkt ihrer Einzelkomponenten A und
B deutlich überschreiten (Bild 2-7a). In diesem Zusammenhang sei beson-

Bild 2-7. Binäre Systeme mit kongruent schmelzenden intermediären Phasen (V)
[2-2].
a) schmaler Existenzbereich der intermediären Verbindung (V=AmBn);
b) intermediäre Phase γ mit großem Existenzbereich.
16 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Bild 2-8. Zustandsschaubild mit inkongruent schmelzender Phase [2-2],


a) mit vollkommener Unlöslichkeit im festen Zustand (V=AmBn);
b) mit begrenzter Löslichkeit im festen Zustand (V = γ = Mischkristall).

ders auf Karbide des Typs MC (M = Metall, C = Kohlenstoff) verwiesen,


die extreme Härten und hohe Schmelztemperaturen besitzen und in hitze-
beständigen Stählen und Werkzeugstählen Verwendung finden. In der
Schweißtechnik ist die Bildung von intermediären Phasen in der Regel
unerwünscht, da sie zu einer Versprödung der Schweißnaht führen und die
Rissgefahr im Bauteil drastisch erhöhen.

2.2.5 Umwandlungen im festen Zustand

Die drei wesentlichen Umwandlungstypen für den festen Zustand sind im


Bild 2-9 abgebildet. Hierzu gehören:
2.3 Eisen-Kohlenstoff-Zustandsschaubild 17

Bild 2-9. Zustandsschaubild mit Umwandlung im festen Zustand [2-2].


a) Entstehung einer Überstruktur α´;
b) Entstehung einer intermediären Phase σ;
c) Entmischung in zwei Phasen αA und αB.

− Bildung einer Überstruktur entsprechend der ReaktionĮĺĮ´. In einem


Substitutionsmischkristall erfolgt der Übergang von einer statistischen
Verteilung der Atome zu einem geordneten Substitutionsmischkristall
(Bild 2-9a). Für eine Überstrukturbildung müssen die Bindungskräfte
zwischen den Atomen A - B größer sein als zwischen den Bindungen A
- A bzw. B - B. Überstrukturbildungen sind nur bei tiefen Temperaturen
stabil.
− Bildung einer intermediären Phase ı nach der Reaktion Į ĺ ı (Bild
2-9 b).
− Entmischung eines Mischkristalls in zwei Phasen: Į ĺ ĮA  ĮB (Bild
2-9c). Beide entstehende Phasen werden hier mit Į bezeichnet, da beide
Mischkristalle die gleiche Gitterstruktur besitzen. Die Indizes sollen
verdeutlichen, dass es sich trotzdem um zwei verschiedene Phasen han-
delt, weil die Komponentengehalte von A und B in beiden Phasen ver-
schieden sind.

Der Zerfall des Į-Mischkristalls in die zwei Phasen ĮA und ĮB entspricht


einer eutektischen Umwandlung. Da in diesem Fall aber nicht die Schmel-
ze an der Umwandlung beteiligt ist, wird diese Reaktion zur besseren Dif-
ferenzierung auch als eutektoide Umwandlung bezeichnet.

2.3 Eisen-Kohlenstoff-Zustandsschaubild
Das Umwandlungsverhalten kohlenstoffhaltigen Eisens im Gleichge-
wichtszustand wird durch das stabile Zustandsschaubild Eisen - Graphit
(Fe-C) beschrieben. Neben dem stabilen System Fe-C, das für eine gleich-
18 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

gewichtsnahe Abkühlung bestimmt wurde, existiert ein metastabiles Zu-


standsschaubild Eisen - Eisenkarbid (Fe-Fe3C). Bei langsamer Abkühlung
scheidet sich der Kohlenstoff als Graphit nach dem stabilen System Fe-C,
bei beschleunigter Abkühlung, was den technischen Bedingungen ent-
spricht, als Zementit nach dem metastabilen System (Fe-Fe3C) aus. Defini-
tionsgemäß wird das Eisenkarbid als Gefügebestandteil mit Zementit be-
zeichnet, obwohl die stöchiometrische Zusammensetzung identisch ist
(Fe3C). Darüber hinaus können Zementit und Graphit nebeneinander im
Stahl vorliegen, oder der Zementit kann durch eine Wärmebehandlung
kohlenstoffreicher Legierungen zu Eisen und Graphit zerfallen. Grundsätz-
lich gilt aber, dass mit zunehmender Abkühlgeschwindigkeit und abnehen-
dem Kohlenstoffgehalt die Bildung von Zementit begünstigt wird. In ei-
nem Doppelschaubild ist das stabile System durch eine gestrichelte, das
metastabile durch eine ausgezogenen Linie gekennzeichnet (Bild 2-10).

Bild 2-10. Doppelschaubild Eisen-Kohlenstoff [2-3].


Das metastabile System ist durch eine gestrichelte Linie, das stabile System durch
eine ausgezogene Linie gekennzeichnet.
2.3 Eisen-Kohlenstoff-Zustandsschaubild 19

Das metastabile Zustandsschaubild ist durch die Bildung von Eisenkar-


bid mit einem Kohlenstoffgehalt von 6,67 Masse-% begrenzt. Die strenge
Stöchiometrie der gebildeten Karbidphase lässt sich auch an der oberen
Abszisse für die Stoffmengengehalte an Kohlenstoff ablesen. Entspre-
chend dem Kohlenstoffgehalt im Fe3C bildet sich das Zementit bei Stoff-
mengengehalten von 25 %.
Die Mischkristalle in den Zustandsfeldern werden mit griechischen
Buchstaben benannt. Nach Konvention werden die Umwandlungspunkte
des reinen Eisens mit dem Buchstaben A = arrêt (Haltepunkt) bezeichnet
und durch tiefgestellte Indizes unterschieden. Werden die Umwandlungs-
punkte aus Abkühlkurven ermittelt, wird zusätzlich der Buchstabe r =
refroidissement verwendet und für Aufheizkurven der Zusatz c = chauffa-
ge. Für das technisch bedeutsamere metastabile Zustandsdiagramm sind
die folgenden Umwandlungspunkte festzuhalten:
− - 1536°C: Erstarrungstemperatur (Schmelzpunkt) į-Eisen,
− - 1392°C: A4-Punkt Ȗ-Eisen,
− - 911°C: A3-Punkt unmagnetisches α-Eisen
− - 769°C: A2-Punkt ferromagnetisches α-Eisen
bei kohlenstoffhaltigem Eisen:
− - 723°C: A1-Punkt (Perlitpunkt).

Die Eckpunkte der Zustandsfelder sind mit fortlaufenden römischen


Großbuchstaben bezeichnet. Die zugehörigen Temperaturen und Konzent-
rationen gehen aus Tabelle 2-1 hervor.
Wie bereits erwähnt, ist das System Eisen-Eisenkarbid das für die tech-
nische Anwendung und auch für die Schweißtechnik bedeutsamere Zu-
standsdiagramm. Das binäre System Eisen-Graphit kann durch eine Zuga-
be von Silicium stabilisiert werden, so dass eine Ausscheidung von Gra-
phit auch bei erhöhter Erstarrungsgeschwindigkeit erfolgt. Besonders Ei-
sengusswerkstoffe erstarren aufgrund ihrer erhöhten Siliciumgehalte nach
dem stabilen System. Im Folgenden sollen die wichtigsten Begriffe und
Umwandlungen anhand des metastabilen Systems näher erläutert werden
(Bild 2-11).
Die in den vorherigen Abschnitten dargestellten Umwandlungsmecha-
nismen sind im Zweistoffsystem Eisen-Eisenkarbid fast ausnahmslos wie-
derzufinden. So findet eine eutektische Umwandlung im Punkt C, eine
peritektische im Punkt I und eine eutektoide Umwandlung im Punkt S
statt. Bei einer Temperatur von 1147 °C und einer Kohlenstoffkonzentrati-
on von 4,3 Massen-% scheidet sich die als Ledeburit bezeichnete eutekti-
sche Phase aus Zementit mit 6,67 % C und gesättigten Ȗ-Mischkristallen
mit 2,06 % C aus. Legierungen mit weniger als 4,3 Massen-% Kohlenstoff
20 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Tabelle 2-1. Eckpunkte der Zustandsfelder mit den zugehörigen Temperaturen und
Kohlenstoffgehalten für das metastabile System [2-3], [2-4], vgl. hierzu Bild 2-10.

Punkt Massegehalt an Kohlenstoff in % Temperatur in °C


nach [2-3] nach [2-4] nach [2-3] nach [2-4]

A 0 0 1536 1536
B 0,51 0,53 1493 1493
C 4,3 4,3 1147 1147
D 6,69 6,69 §1330 1252
E 2,06 2,14 1147 1147
F 6,69 6,69 1147 1147
G 0 0 911 911
H 0,1 0,09 1493 1493
I 0,16 0,16 1493 1493
K 6,69 6,69 723 727
M §0 768
N 0 0 1392 1392
O 0,47 768
P 0,02 0,034 723 727
S 0,8 0,76 723 727

Bild 2-11. Das metastabile Eisen-Eisenkarbid mit Bezeichnungen der einzelnen


Phasengebiete.
2.3 Eisen-Kohlenstoff-Zustandsschaubild 21

aus Primäraustenit und Ledeburit werden als untereutektisch, die mit mehr
als 4,3 Massen-% aus Primärzementit und Ledeburit als übereutektisch
bezeichnet.
Erstarrt eine Legierung mit weniger als 0,51 Massen-% Kohlenstoff, so
bildet sich unterhalb der Soliduslinie A-B ein į-Mischkristall (į-Ferrit).
Entsprechend der peritektischen Umwandlung bei 1493°C zerfallen
Schmelze (0,51 % C) und į-Ferrit (0,10 % C) zu einem Ȗ-Mischkristall
(Austenit).
Die Umwandlung des Ȗ-Mischkristalls vollzieht sich bei tieferen Tem-
peraturen. Aus dem Ȗ-Eisen mit C-Gehalten unter 0,8 % (untereutektoide
Legierungen) scheidet sich mit sinkender Temperatur ein kohlenstoffarmes
Į-Eisen (voreutektoider Ferrit) und feinlamellares Eutektoid (Perlit), be-
stehend aus Į-Mischkristallen und Zementit, aus. Bei Kohlenstoffgehalten
über 0,8 % (übereutektoide Legierungen) bilden sich aus dem Austenit
Sekundärzementit und Perlit. Unterhalb von 723°C erfolgt wegen sinken-
der Kohlenstofflöslichkeit die Ausscheidung von Tertiärzementit aus dem
Į-Eisen.
Wichtigster Unterschied der drei genannten Phasen ist ihre Gitterstruk-
tur (Bild 2-12). Während die Į- und į-Phase ein kubisch-raum-zentriertes
(krz) Gitter aufweisen, liegt die Ȗ-Phase als kubisch-flächenzentriertes
(kfz) Gitter vor.
Aus den Gitterstrukturen resultieren auch die unterschiedlichen Löslich-
keiten der Mischkristalle für Kohlenstoff. Kohlenstoff wird bei den drei
oben genannten Phasen interstitiell gelöst, d. h. Kohlenstoff findet zwi-
schen den Eisenatomen Platz. Diese Art von Mischkristallen wird daher
auch Einlagerungsmischkristall genannt.

Bild 2-12. Gitterstrukturen der auftretenden Phasen im Eisen-Kohlenstoff-


Diagramm.
22 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Obwohl das kubisch-flächenzentrierte Gitter des Austenits eine höhere


Packungsdichte als das kubisch-raumzentrierte Gitter besitzt, ist die Gitter-
lücke zur Einlagerung des Kohlenstoffatoms größer. Hieraus resultiert eine
etwa 100-fach größere Löslichkeit des Austenits (max. 2,06 % C) für Koh-
lenstoff gegenüber der Ferrit-Phase (max. 0,02 % C für Į-Eisen). Dagegen
sind Diffusionsvorgänge im Ȗ-Eisen aufgrund der dichten Packung des
Gitters immer mindestens um den Faktor 100 kleiner als im weniger dicht
gepackten Į-Eisen.
Obwohl Į- und į-Eisen die gleiche Gitterstruktur und die gleichen Ei-
genschaften aufweisen, besteht auch zwischen diesen Phasen ein Unter-
schied. Während das į-Eisen aus dem direkten Zerfall der Schmelze ent-
steht (S ĺ į), wird das Į-Eisen in der festen Phase durch eine eutektoide
Umwandlung von Austenit gebildet (Ȗ ĺ Į + Fe3C). Für die Umwandlung
von unlegierten und niedriglegierten Stählen ist die Bildung von į-Ferrit
von untergeordneter Bedeutung, jedoch kommt der į-Phase bei der
Schweißeignung von hochlegierten Stählen eine besondere Bedeutung zu.
Bei den in der Praxis verwendeten unlegierten Stählen handelt es sich
um Mehrstoffsysteme aus Eisen und Kohlenstoff mit Legierungselementen
wie Mangan, Chrom, Nickel und Silicium. Prinzipiell besitzt das Gleich-
gewichtsschaubild Fe-C auch bei derartigen Mehrstoffsystemen Gültigkeit.
Bild 2-13 zeigt einen schematischen Schnitt durch das Dreistoffsystem
Fe-M-C.

Bild 2-13. Aufspaltung der eutektoiden Linie zu einem dreiphasigen Gebiet durch
Zugabe eines weiteren Legierungselementes.
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 23

Bei der Ausscheidung bilden sich Mischkarbide der allgemeinen Zu-


sammensetzung M3C. Im Gegensatz zum Zweistoffsystem Fe-C ist das
Dreistoffsystem Fe-M-C durch ein Temperaturintervall im Dreiphasenfeld
Į + Ȗ + M3C charakterisiert. Der Beginn der Umwandlung von Į + M3C in
Ȗ ist durch Ac1b, das Ende durch Ac1e gekennzeichnet.
Die beschriebenen Gleichgewichtsschaubilder besitzen nur für geringe
Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten Gültigkeit. Beim Schweißen lie-
gen jedoch höhere Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten vor, so dass
sich in der Wärmeeinflusszone (WEZ) und im Schweißgut andere Gefüge-
typen ausbilden. Die beim Aufheizen und Abkühlen ablaufenden Gefüge-
umwandlungen in Legierungen werden durch Umwandlungsschaubilder
beschrieben, bei denen eine Temperaturänderung nicht gleichgewichtsnah,
sondern mit verschiedenen Aufheiz- bzw. Abkühlgeschwindigkeiten er-
folgt.

2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge der


unlegierten und niedriglegierten Stähle

2.4.1 Vorgang des Austenitisierens

Unter Austenitisieren eines unlegierten oder niedriglegierten Stahles wird


die Erwärmung eines Ausgangsgefüges (meist aus Ferrit und Perlit) auf
eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur (Ac3) verstan-
den, so dass ein austenitischer Mischkristall entsteht. Das Existenzgebiet
eines Ȗ-Mischkristalls kann anhand eines Eisen-Kohlenstoff-Diagramms
für die jeweilige Kohlenstoffkonzentration des Ausgangsmaterials be-
stimmt werden, vgl. Bild 2-10. Liegt nach der Erwärmung ein austeniti-
scher Mischkristall vor, so ist es anschließend möglich, durch eine gezielte
Abkühlung des Stahles ein erwünschtes Gefüge mit den geforderten me-
chanischen Eigenschaften zu erzielen. Das aufgrund der Wärmebehand-
lung entstehende Gefüge ist aber in starkem Maße von der Aufheizge-
schwindigkeit, der Haltedauer oberhalb Ac3, der Abkühlgeschwindigkeit
und der Zusammensetzung des Stahles abhängig.

2.4.1.1 Isothermische Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-


schaubilder
Für die isothermische Austenitbildung ist eine sehr schnelle Erwärmung
des Stahles auf die gewünschte Austenitisierungstemperatur und das an-
schließende Halten dieser Temperatur (isothermisch) erforderlich. Das
entstehende isothermische Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-(ZTA-)
Schaubild ist im Bild 2-14 dargestellt.
24 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Im isothermischen ZTA-Schaubild sind die Zustandsfelder der Gefüge-


bestandteile in Abhängigkeit von der Glühtemperatur und -zeit dargestellt.
Jedes isothermische ZTA-Schaubild gilt jedoch nur für die Erwärmungs-
bedingungen, unter denen es aufgestellt worden ist, denn während der Er-
wärmung auf Haltetemperatur laufen bereits Austenitisierungsvorgänge ab.
Für das im Bild 2-14 abgebildete ZTA-Schaubild wurde ein untereutektoi-
der Stahl C45 nach DIN EN 10083 (0,45 % Kohlenstoff) und eine Auf-
heizgeschwindigkeit von 130 K/s gewählt.
Wegen der logarithmischen Teilung der Zeitachse lässt sich eine Halte-
zeit von 0 s nicht darstellen. Statt dessen wird die Haltezeit 0,01 s oder
0,1 s gewählt. Der entstandene Fehler ist vernachlässigbar klein. Die loga-
rithmische Aufteilung der Zeitachse ist allen Austenitisierungs- und Um-
wandlungsschaubildern gemein.
Isothermische ZTA-Schaubilder sind nur parallel zur Zeitachse, also bei
konstanter Temperatur, zu lesen. Im ZTA-Schaubild sind der Beginn (Ac1,
bzw. Ac1b) und das Ende (Ac3, bzw. Ac1e) der Į-Ȗ-Umwandlung eingetra-
gen.
Im Temperaturintervall zwischen Ac1b und Ac1e löst sich das Karbid auf
und ein Teil des Ferrits wandelt sich in Austenit um. Bis zum Erreichen
von Ac3 wandelt sich der restliche Ferrit in Austenit um. In vielen techni-
schen Stählen ist die Karbidauflösung erst mit der vollständigen Umwand-
lung des Ferrits in Austenit (A c3) abgeschlossen, so dass das Ende der Kar-
bidumwandlung (Ac1e) im isothermischen ZTA-Schaubild bei diesen Stäh-
len nicht dargestellt werden kann. In diesen Fällen ist der Karbidzerfall
erst bei Überschreiten der Ac3-Linie beendet.

Bild 2-14. Zeit-Temperatur-Austenitisierungsschaubild für die isothermische


Austenitisierung des Stahles C45 [2-5].
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 25

Die im Bild 2-14 gestrichelt eingetragene Linie trennt das Gebiet des
homogenen von dem des inhomogenen Austenits. Ein inhomogener
Austenit ist ein austenitischer Mischkristall, der sich direkt nach der voll-
ständigen Umwandlung aus Ferrit und Zementit gebildet hat. Ferrit (Į-
Eisen) kann nur sehr geringe Kohlenstoffanteile lösen (max. 0,02 %), Ze-
mentit dagegen 6,67 % Kohlenstoff. Beide Phasen zerfallen jedoch zu
Austenit, so dass aus der ferritischen Phase ein kohlenstoffarmer und aus
der Zementitphase ein kohlenstoffreicher austenitischer Mischkristall ent-
steht. Dieser Mischkristall wird folglich als inhomogener Austenit be-
zeichnet. Bei hinreichend langen Glühzeiten, bzw. bei genügend hohen
Temperaturen, werden durch Diffusion die Konzentrationsunterschiede des
C-Gehaltes ausgeglichen, es entsteht der homogene Austenit.
Im Gebiet des homogenen Austenits sind Linien gleicher Korngröße
eingezeichnet (nach ASTM, bzw. L in ȝm). Durch erhöhte Austenitisie-
rungstemperaturen und verlängerte Haltezeiten entstehen grundsätzlich
gröbere Austenitkörner als bei niedrigeren Temperaturen (Bild 2-14).

2.4.1.2 Kontinuierliche Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-


schaubilder
Im kontinuierlichen ZTA-Schaubild sind im Gegensatz zum isothermi-
schen ZTA-Schaubild zusätzlich Aufheizkurven eingetragen. Das Dia-
gramm darf nur entlang der Aufheizkurven gelesen werden. Durch den
Schnitt der Aufheizkurve mit den Linien der Zustandsfelder können an den
Umwandlungspunkten (Ac1b, Ac1e und Ac3) die zugehörigen Glühzeiten und
-temperaturen ermittelt werden. Wie beim isothermischen ZTA-Schaubild
ist die Temperatur über einem logarithmischen Zeitmaßstab aufgetragen.
Im Bild 2-15 ist das kontinuierliche ZTA-Schaubild des Stahles C45 ab-
gebildet. Wie im Bild 2-14 sind die Bereiche des homogenen Austenits
von denen des inhomogenen Austenits durch eine gestrichelte Linie ge-
trennt. Des weiteren sind die Linien gleicher Austenitkorngröße nach
ASTM eingetragen. Aus Gründen der besseren Übersicht sind nur die
Aufheizgeschwindigkeiten von 0,05 K/s bis 2400 K/s eingezeichnet.
Der Zusammenhang zwischen Bild 2-13 (Dreistoffsystem Fe-M-C) und
Bild 2-15 (kontinuierliches ZTA-Schaubild) ist im Bild 2-16 dargestellt.
Für unendlich lange Aufheizgeschwindigkeiten nähern sich die Phasen-
umwandlungspunkte denen des Gleichgewichtszustandes an. Das Gleich-
gewichtsschaubild ist also der Grenzfall des ZTA-Schaubilds. Das ZTA-
Schaubild besitzt jedoch nur Gültigkeit für eine Legierungszusammenset-
zung. In der Praxis werden kontinuierliche ZTA-Schaubilder vorzugsweise
für Verfahren mit schneller Aufheizung und unmittelbar anschließender
Abkühlung eingesetzt, z. B. beim Flamm- und Induktionshärten.
26 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Bild 2-15. Kontinuierliches ZTA-Schaubild des Stahles C45 [2-5].

Bild 2-16. Zusammenhang zwischen dem ZTA-Schaubild (kontinuierlich) und


dem System Fe-M-C für eine unendlich langsame Aufheizgeschwindigkeit. Der
Berührpunkt mit dem Fe-M-C-Diagramm liegt für das ZTA-Schaubild bei t ĺ ∞
[2-5].
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 27

2.4.2 Gefüge von Stählen

Die im Abschnitt 2.3 erklärten Umwandlungsvorgänge finden bei sehr


langsamen bzw. gleichgewichtsnahen Abkühlgeschwindigkeiten statt und
sind nicht vergleichbar mit beschleunigten Abkühlgeschwindigkeiten bei
technischen Prozessen. Bei höheren Abkühlgeschwindigkeiten bilden sich
metastabile Phasen, die nur bei niedrigen Temperaturen beständig sind. Sie
entstehen, weil die zur Einstellung des Gleichgewichtes erforderlichen
Diffusionsvorgänge entweder teilweise oder vollständig unterdrückt wer-
den. Es wird zwischen gleichgewichtsnahen Umwandlungen in der Per-
litstufe und gleichgewichtsfernen Umwandlungen in der Bainit- und in der
Martensitstufe unterschieden.

2.4.2.1 Ferrit
Der Gefügebestandteil Ferrit (Į-Eisen) entsteht durch eine diffusionskon-
trollierte Umwandlung des Austenits. Ferrit tritt sehr häufig in Kombinati-
on mit dem Gefügebestandteil Perlit auf und wird auch wegen der diffusi-
onsgesteuerten Umwandlung beider Gefüge der Perlitstufe zugerechnet.
Im Bild 2-17 ist das rein ferritische Gefüge einer kohlenstoffarmen Legie-
rung abgebildet.
Aufgrund der sehr geringen Kohlenstofflöslichkeit ist das ferritische Gefü-
ge sehr weich, zeichnet sich aber gleichzeitig durch seine hohe Zähigkeit
(Duktilität) aus. Neben dem im Bild 2-17 aufgeführten ferritischen Gefüge
erfolgt eine weitere metallographische Unterscheidung des Ferrits in den
massiven Ferrit, Umklapp-Ferrit und den Widmannstättenschen Ferrit.
Widmannstättenscher Ferrit entsteht sehr häufig entlang der Schmelzlinie

Bild 2-17. Lichtmikroskopische Aufnahme eines rein ferritischen Gefüges.


28 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Grundwerkstoff-Schweißgut einer Schweißnaht oder direkt im Schweiß-


gut. Oftmals wird dieses Gefüge in Stählen mit Kohlenstoffgehalten zwi-
schen 0,2 % und 0,4 % und beschleunigter Abkühlung von hohen Austeni-
tisierungstemperaturen gebildet. Kennzeichen des Widmannstättenschen
Ferrits sind Ferritnadeln, die von ehemaligen Austenitkorngrenzen in das
Korn hineinwachsen (Bild 2-18). Die Zähigkeitswerte eines solchen Gefü-
ges liegen deutlich unter denen eines normalen ferritischen Gefüges nach
Bild 2-17.

Bild 2-18. Widmannstättenscher Ferrit [-6] und Darstellung der Bildung aus ei-
nem Austenitkorn [2-7].

2.4.2.2 Perlit
Das eutektoide Gefüge Perlit ist eine feinstreifig lamellare Anordnung von
Ferrit und Zementit (Bild 2-19).
Die Perlitgefüge werden nach ihrem Lamellenabstand in die Perlitarten
− groblamellarer Perlit,
− feinlamellarer Perlit,
− feinstlamellarer Perlit (Sorbit) und
− rosettenförmiger Perlit (Troostit)
unterteilt.

Des weiteren existieren Sonderformen von entartetem und nichtlamella-


rem Perlit.
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 29

Bild 2-19. Anordnung des lamellaren Perlit aus Ferrit- (hell) und Zementitzeilen
(dunkel).

Bei der Perlitumwandlung bildet sich zuerst ein Keim im austenitischen


Gefüge, der anschließend durch Diffusionsvorgänge wächst (Keimwachs-
tum). Der Lamellenabstand des Perlits ist von der Anzahl der gebildeten
Keime und deren anschließender Wachstumsgeschwindigkeit abhängig.
Der Lamellenabstand wiederum bestimmt sehr stark die mechanischen
Eigenschaften des Perlits. Mit sinkendem Lamellenabstand erhöht sich die
Streckgrenze des perlitischen Stahles, bei gleichzeitiger Verbesserung sei-
ner Zähigkeitseigenschaften.

2.4.2.3 Bainit
Im Gegensatz zu den diffusionsgesteuerten Prozessen der Ferrit- und Per-
litbildung entsteht das bainitische Gefüge aus einer massiven Umwand-
lung. Bedingt durch eine erhöhte Abkühlgeschwindigkeit ist die Diffusion
von Eisen und anderen Legierungselementen unterbunden, lediglich Koh-
lenstoffatome können in eingeschränktem Maße noch Platzwechselvor-
gänge durchführen.
Bainit wird häufig auch als Zwischenstufengefüge bezeichnet, was je-
doch eine vereinfachende Bezeichnung für dieses Gefüge ist, da Bainit
nach dem Entstehungsmechanismus in die drei Arten oberer Bainit, unterer
Bainit und kohlenstoffarmer Bainit unterteilt wird.
Durch diffusionsloses Umklappen von Austenit in ein verzerrtes Ferrit-
gitter und anschließendes Ausscheiden von Kohlenstoff als Zementit zwi-
schen (oberer Bainit) oder in den Ferritlanzetten (unterer Bainit) entstehen
die beiden wichtigsten Bainitarten. Direkt nach dem Umklappen der Fer-
ritplatten besitzen diese eine hohe Kohlenstoffkonzentration, die wesent-
lich oberhalb der Löslichkeit des Ferritgitters liegt. Aus dem oberen Bainit
30 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

kann bei noch ausreichend hoher Temperatur der Kohlenstoff als Zementit
durch Diffusion aus der Ferritnadel ausgeschieden werden (Bild 2-20a).
Für den unteren Bainit ist aufgrund niedrigerer Umwandlungstemperaturen
die Kohlenstoffdiffusion so stark eingeschränkt, dass die Karbide inner-
halb der Ferritnadel ausgeschieden werden müssen (Bild 2-20b).

Bild 2-20. Entstehungsmechanismus von oberem (a) und unterem (b) Bainit
(schematisch).

Oberer und unterer Bainit sind mit dem Lichtmikroskop nicht zu unter-
scheiden und liegen meist nebeneinander im Gefüge vor. Aus diesem
Grund schlägt Kawalla in [2-6] eine Einteilung in feinnadeligen, grobnade-
ligen und körnigen Bainit vor (Bild 2-21). Bainitisches Gefüge besitzt
zwar höhere Festigkeiten als ein ferritisch-perlitisches Gefüge, jedoch geht
dies zu Lasten der Zähigkeit. Ähnlich dem Perlit gilt auch für das bainiti-
sche Gefüge, dass ein feinnadeliges Gefüge bessere mechanische Eigen-
schaften aufweist als ein grobnadeliges oder grobkörniges Gefüge.

2.4.2.4 Martensit
Bei sehr schneller Abkühlung auf niedrige Temperaturen bildet sich Mar-
tensit. Dieses Gefüge entsteht durch diffusionsloses Umklappen des
Austenits. Der gesamte Kohlenstoff bleibt dabei zwangsgelöst. Charakte-
ristisch für das Härtungsgefüge Martensit ist seine Nadelstruktur (Bild
2-22).
Die beiden bedeutendsten Martensitarten sind der Lanzett- und der Plat-
tenmartensit. Die Entstehung ist im Wesentlichen vom Kohlenstoffgehalt
des Stahles abhängig (Bild 2-23). Da in der Schweißtechnik vorwiegend
untereutektoide Stähle verarbeitet werden, ist die Bildung von Lanzettmar-
tensit für die Schweißtechnik von primärer Bedeutung. Wie jedoch Bild
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 31

Bild 2-21. Bainitisches Gefüge [2-8]


a) feinnadelig;
b) grobnadelig;
c) körnig.
32 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Bild 2-22. Martensitisches Gefüge (Lanzettmartensit).


Aus: Habruka, L., u. J. L. de Brouwer: De Ferri metallographia I. Bruxelles:
Presses Academique Européennes 1966.

Bild 2-23. Bildung von Lenzettmartensit (LM) und Plattenmartensit (PM) in Ab-
hängigkeit vom Kohlenstoffgehalt (RA = Restaustenit) [2-9].

2-23 zu entnehmen ist, können beide Martensitarten nebeneinander vorlie-


gen. Da mit steigendem Kohlenstoffgehalt des Austenits die Bildung von
Martensit erschwert wird, bilden sich häufig ab C-Gehalten über 0,8 %
steigende Anteile an Restaustenit im Gefüge. Dies ist auf sinkende M S und
Mf-Temperaturen (s = start, f = finish) bei steigendem Kohlenstoffgehalt
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 33

des Austenits zurückzuführen. Das Ende einer Martensitumwandlung (Mf)


für einen Stahl mit 0,7 % Kohlenstoff liegt unter 0°C, für einen Kohlen-
stoffgehalt von 0,9 % aber schon bei -100°C. Dies bedeutet, dass die Mar-
tensitumwandlung bei hohen Kohlenstoffgehalten nicht vollständig abge-
schlossen werden kann, da solch schnelle Abkühlungen von Austenitisie-
rungstemperaturen auf die Mf-Temperaturen technisch häufig nicht
realisierbar sind.
Martensitisches Gefüge zeichnet sich durch eine hohe Festigkeit und
Härte aus, wobei die Härte mit steigendem Kohlenstoffgehalt und hinrei-
chend schneller Abkühlung des Stahles zunimmt. Martensitisches Gefüge
ist jedoch sehr spröde und führt bei Schweißverbindungen wegen der ge-
ringen Zähigkeit häufig zu Rissen.

2.4.3 Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubilder
Wie bereits aus den vorherigen Ausführungen hervorgeht, ist die Um-
wandlung von Austenit in Ferrit, Perlit, Bainit oder Martensit abhängig
von der Abkühlgeschwindigkeit. Die Beschreibung der Phasenänderungen
ist bei beschleunigter Abkühlung mit Hilfe des metastabilen Systems Ei-
sen-Eisenkarbid nicht mehr möglich.
Dies führte zu der Entwicklung von Umwandlungsschaubildern, in de-
nen die Kinetik der Umwandlung und Auflösung der Austenitphase be-
rücksichtigt wird. Diese Schaubilder sind unter dem Begriff der Zeit-
Temperatur-Umwandlungs- (ZTU-) Schaubilder bekannt. Analog zu den
Austenitisierungsschaubildern erfolgt eine Einteilung in isothermische und
kontinuierliche ZTU-Schaubilder.

2.4.3.1 Isothermische ZTU-Schaubilder


Bei isothermischer Umwandlung wird nach dem Austenitisieren möglichst
schnell auf die entsprechende Umwandlungstemperatur abgekühlt und
anschließend eine vorgegebene Zeit gehalten. Danach wird der Stahl abge-
schreckt, um den erhaltenen Gefügezustand einzufrieren. Bild 2-24 zeigt
schematisch die Temperaturverläufe von isothermischer Austenitisierung
und anschließender Umwandlung.
Siehe hierzu Abschn. 2.4.3.2
Im isothermischen ZTU-Schaubild sind die Zeitpunkte für den Um-
wandlungsbeginn und das Ende der Umwandlung von Austenit bei ver-
schiedenen Umwandlungstemperaturen eingetragen und durch einen Kur-
venzug miteinander verbunden. Zusätzlich sind zwischen diesen Kurven
Linien mit z. B. 25, 50 und 75 % Gefügeumwandlung eingezeichnet. Die
Felder der Ferrit-, Karbid-, Perlit-, Bainit- und Martensitumwandlung wer-
den mit F, K, P, B und M bezeichnet. Häufig ist die Umwandlungsstufe
34 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

a) b)

Bild 2-24. Temperatur-Zeit-Verläufe für die Austenitisierung (a), isothermische


und kontinuierliche Umwandlung (b) [2-5].

des Bainits auch mit Zwischenstufengefüge (Zw) gekennzeichnet. Der


Beginn der Martensitumwandlung wird durch die Martensitstarttemperatur
MS (s = Start) gekennzeichnet. Ebenfalls sind Linien mit 25, 50, 75 und
99 % Martensitbildung eingezeichnet. Die gebildete Martensitmenge ist
praktisch unabhängig von der Haltedauer. Die Lage der Umwandlungsli-
nien für den Beginn der Ferrit- und Martensitbildung ist sehr stark vom
Legierungsgehalt der Stähle abhängig.

Bild 2-25. Isothermische Umwandlung des Stahles C45 [2-5].


2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 35

Bild 2-25 zeigt das isothermische ZTU-Schaubild des Stahles C45. Die
„nasenförmige“ Ausbildung der Umwandlungsgebiete des Ferrits, Perlits
und Bainits resultiert aus zwei gegenläufigen Effekten bei der Gefügeum-
wandlung, nämlich der Keimbildung und dem Keimwachstum. Der prinzi-
pielle Vorgang der diffusionsgesteuerten Umwandlung wird im Folgenden
schematisch anhand einer Umwandlung von Austenit zu Ferrit erklärt und
dargestellt (Bild 2-26).
Die geschwindigkeitsbestimmenden Schritte der diffusionsgesteuerten
Umwandlung sind erstens die Keimbildung und zweitens das Keimwachs-
tum durch Diffusionsvorgänge. Der erste grundlegende Schritt einer Gefü-
geumwandlung besteht in der Bildung neuer Keime. Die Bildung der Fer-
ritkeime wird bei niedrigen Temperaturen begünstigt (Bild 2-26, unteres
Teilbild), dagegen entstehen bei hohen Umwandlungstemperaturen erst
nach längeren Haltezeiten wenige neue Ferritkeime in einem Austenitkorn
(Bild 2-26, oben). Obwohl der Ferritkeim bei hohen Temperaturen (= hohe
Diffusionsgeschwindkeit) sehr schnell wachsen kann, müssen die wenigen
Ferritkeime relativ große Wege zurücklegen, bis das Austenitkorn voll-
ständig aufgezehrt ist, was entsprechend lange Zeiten erfordert.

Bild 2-26. Einfluss der Temperatur auf Keimbildung, Keimwachstum und Korn-
größe am Beispiel der Umwandlung von Austenit in Ferrit (schematisch).

Findet die Umwandlung bei niedrigen Temperaturen statt, bilden sich


zwar sehr viele Keime, jedoch laufen bei geringen Temperaturen die Dif-
fusionsvorgänge erheblich langsamer ab, so dass auch das Keimwachstum
36 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

stark eingeschränkt ist. Trotz der kleineren Diffusionswege wird aufgrund


des verlangsamten Keimwachstums eine längere Zeitspanne benötigt, bis
die Umwandlung vollständig abgeschlossen ist (Bild 2-26, unteres rechtes
Teilbild).
Sowohl bei sehr hohen, als auch bei sehr niedrigen Umwandlungstem-
peraturen werden also entsprechend lange Zeiten bis zur vollständigen
Gefügeneubildung benötigt. Für eine bestimmte Umwandlungstemperatur,
bei der günstige Bedingungen für Keimbildung und Keimwachstum
gleichzeitig vorliegen, wird folglich auch eine minimale Zeit für die Bil-
dung eines neuen Gefüges benötigt. Erkennbar ist dies an der „nasenför-
migen“ Ausbildung der Umwandlungsbereiche für Ferrit, Perlit und Bainit
(Bild 2-25).
Aufgrund der Vorgänge von Keimbildung und Keimwachstum ist auch
zu erklären, warum ein feinkörniges (feinlamellares) Gefüge bei niedrigen
Temperaturen und ein grobkörniges Gefüge bei erhöhten Temperaturen
entsteht. Aus den Keimen zu Beginn der Umwandlung bilden sich durch
Diffusion Körner mit ihren Korngrenzen aus. Stoßen die Korngrenzen an-
einander, ist kein umwandlungsfähiges Gefüge mehr vorhanden und die
Umwandlung ist beendet. Folglich entstehen aus vielen Keimen bei niedri-
gen Temperaturen feinkörnige und aus wenigen Keimen bei hohen Tempe-
raturen grobkörnige Gefüge.

2.4.3.2 Kontinuierliche ZTU-Schaubilder


Ähnlich den im kontinuierlichen ZTA-Schaubild eingetragenen Aufheiz-
kurven sind im kontinuierlichen ZTU-Schaubild Abkühlkurven mit in der
Regel exponentiellem Verlauf eingetragen. Im Allgemeinen sind für die
Aufstellung eines vollständigen Schaubildes 10 bis 12 Abkühlkurven er-
forderlich. Das Diagramm darf nur entlang der Abkühlbahnen gelesen
werden. Die Abkühlbahnen sind als Parameter in die Schaubilder eingetra-
gen (Bild 2-27).
Die Zeitrechnung beginnt für alle Abkühlgeschwindigkeiten mit Unter-
schreiten der Ac3-Temperatur. Grundsätzlich werden bei allen ZTU-
Schaubildern die Austenitisierungstemperatur, die Haltezeit und die Auf-
heizgeschwindigkeit angegeben. Das ZTU-Schaubild besitzt nur Gültigkeit
für die jeweiligen Austenitisierungsbedingungen und die entsprechende
chemische Zusammensetzung des Stahles. Am Ende der Abkühlkurven
sind im Allgemeinen die Härtegrade der entstandenen Gefüge nach Rock-
welt (2 stellig, Abkürzung HRC) oder Vickers (3 stellig, Abkürzung HV)
angegeben. An den Schnittpunkten der Abkühlbahnen mit den Begren-
zungslinien der Existenzfelder werden die prozentualen Gefügeanteile
angegeben.
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 37

Bild 2-27. Kontinuierliches ZTU-Schaubild des Stahles 19 Mn 5 [2-10]. Gefüge-


bezeichnungen: F Ferrit, P Perlit, ZW Zwischenstufengefüge (Bainit), M Marten-
sit, A Austenit.

Die ZTU-Schaubilder für kontinuierliche Abkühlung entstehen durch


Verbinden der Punkte gleichen Umwandlungszustandes auf den Abkühl-
kurven. Wie auch bei den isothermischen ZTU-Schaubildern wird der
Umwandlungsbeginn mit 1 % umgewandeltem Austenit, bzw. das Ende
mit 99 % umgewandeltem Austenit festgelegt. Falls sich die Umwandlung
zu niedrigeren Temperaturen durch Existenzgebiete anderer Gefügetypen
fortsetzt, wird das Umwandlungsende nicht eingezeichnet. Aus messtech-
nischen Gründen kann das Ende der Martensitbildung häufig nicht ermit-
telt und somit nicht eingetragen werden.
Aus Bild 2-27 ist ersichtlich, dass mit steigenden Abkühlgeschwindig-
keiten das entstehende Gefüge härter wird. Die Gefüge können entweder
nur aus einem Bestandteil (z. B. Martensit) oder aus Gemischen von Ferrit,
38 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Perlit, Bainit und Martensit bestehen. Beispielsweise besteht das Gefüge


des Stahles 19 Mn 5 bei einer Abkühlgeschwindigkeit von t8/5 § 18 s aus
50 % Ferrit, 5 % Perlit, 27 % Bainit sowie 17 % Martensit und hat eine
Härte von HV 230. Im Bild 2-28 sind schematisch die unterschiedlichen
Formen der ZTU-Schaubilder für einen untereutektoiden, eutektoiden und
übereutektoiden Stahl wiedergegeben.
Die Martensitstarttemperatur ist im Wesentlichen abhängig vom Koh-
lenstoffgehalt des Austenits, siehe auch Bild 2-23. So wird bei hohen Koh-
lenstoffgehalten des Austenits die Martensitbildung zu niedrigeren Tempe-
raturen verschoben. Durch die Ausscheidung kohlenstoffarmen Ferrits (F)
reichert sich der Austenit (A) mit Kohlenstoff an, die MS-Temperatur sinkt
(Bild 2-28 a). Übereutektoide Stähle können sowohl im Zweiphasengebiet
Austenit und Zementit (A [+K]) als auch im Einphasengebiet des Austenits
(A) geglüht werden. Aus diesem Grund ist im Bild 2-28 c das Karbid in
eckigen Klammern vermerkt. Wird im Einphasengebiet austenitisiert,
steigt bei übereutektoiden Stählen die MS-Temperatur, denn durch die
Ausscheidung von kohlenstoffreichem Zementit (gestrichelte Linie, Fe3C)
verarmt der Austenit an Kohlenstoff, die MS-Temperatur steigt (Bild
2-28 c). Lediglich im eutektoiden Stahl erfolgt keine Konzentrationsände-
rung des Kohlenstoffes im Austenit, da kein Ferrit gebildet wird, die MS-
Temperatur bleibt konstant (Bild 2-28 b).

Bild 2-28. ZTU-Schaubilder (schematisch) von a) untereutektoiden, b) eutektoi-


den und c) übereutektoiden Stählen.
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 39

Neben Kohlenstoff üben aber auch andere Legierungselemente einen


Einfluss auf das Umwandlungsverhalten von Stählen aus. Die Verschie-
bungen der Perlit-, Bainit- und Martensitstufe durch zusätzliche Legie-
rungselemente sind aus Bild 2-29 ersichtlich. Grundsätzlich wird durch die
Zugabe von Legierungselementen die Diffusion behindert, so dass die dif-
fusionskontrollierten Umwandlungen zu längeren Zeiten verschoben wer-
den und die Martensitbildung erst bei tieferen Temperaturen einsetzt.

Bild 2-29. Einfluss der Legierungselemente auf das Umwandlungsverhalten der


Stähle.
40 2 Umwandlung unlegierter und niedriglegierter Stähle

Bild 2-30. Verzögerte Umwandlung in der Perlit- und Bainitstufe aufgrund einer
erhöhten Austenitisierungstemperatur.

Bild 2-30 zeigt den Einfluss unterschiedlicher Austenitisierungstempe-


raturen auf das Umwandlungsverhalten. Infolge einer höheren Glühtempe-
ratur liegt im Austenit ein vergröbertes Austenitkorn vor. Hierdurch wer-
den die Diffusionswege verlängert, die während der Umwandlung zurück-
gelegt werden müssen. Infolgedessen verschiebt sich die Phasenumwand-
lung des Austenits zu Ferrit, Perlit oder Bainit zu längeren Zeiten. Die
Verschiebung der Umwandlungspunkte ist jedoch beim Ferrit und Perlit
wesentlich stärker ausgeprägt als beim Bainit. Dies ist darauf zurückzufüh-
ren, dass die Ferrit- und die Perlitbildung im Gegensatz zur Bainitbildung
vollständig diffusionsgesteuerte Prozesse sind.
2.4 Umwandlungsschaubilder und Gefüge 41

Im unteren Teilbild ist der Anteil an gebildetem Martensit (M) und Bai-
nit (Zw) in Abhängigkeit von der Abkühlzeit aufgetragen. Bei höherer
Austenitisierungstemperatur ist der Beginn der Bainitbildung und damit
ein Abfall des Martensitanteiles zu deutlich längeren Zeiten verschoben.
Der maximal gebildete Bainitanteil erhöht sich von etwa 45 % auf 75 %.
Hieraus lässt sich die Problematik der Übertragbarkeit von ZTU-
Schaubildern auf die Ausbildung eines Gefüges in der Schweißnaht ablei-
ten. Da beim Schweißprozess eine sehr schnelle Austenitisierung bei Tem-
peraturen oberhalb 1000°C erfolgt, sind ZTU-Schaubilder mit Austeniti-
sierungstemperaturen wesentlich unter 1000°C und Haltezeiten von mehre-
ren Minuten für die Voraussage der entstehenden Gefüge unbrauchbar.
Dies führte zu der Entwicklung der sogenannten Schweiß-ZTU-
Schaubilder.

2.4.3.3 Schweiß-ZTU-Schaubilder
Schweiß-ZTU-Schaubilder ermöglichen Aussagen über das Umwand-
lungsverhalten und die Gefügeveränderungen von Stählen in der Wärme-
einflusszone beim Schneiden und Schweißen. Dabei gelten die Schaubilder
nur für die entsprechenden Austenitisierungsbedingungen mit hohen Spit-
zentemperaturen und kurzen Haltezeiten. Unter dem Einfluss der hohen
Spitzentemperaturen tritt eine Vergröberung der Austenitkörner auf. Auf-
grund der hohen Temperaturen wird die Anzahl der Keime für die Ȗ/Į-
Umwandlung gesenkt, und es kommt zu einer Umwandlungsverzögerung.
Im ZTU-Schaubild sind daher die Umwandlungsgebiete zu längeren Ab-
kühlzeiten und tieferen Temperaturen verschoben. Dies führt bei Anwen-
dung konventioneller ZTU-Schaubilder in der Schweißtechnik zu gravie-
renden Fehlern.
Schweiß-ZTU-Schaubilder werden genauso wie konventionelle, für die
Wärmebehandlung von Stählen bestimmte ZTU-Schaubilder gelesen. Bild
2-31 zeigt das Schweiß-ZTU-Schaubild des Stahls S 355 J2G3. Als Auste-
nitisierungstemperatur ist die Spitzentemperatur angegeben, die bei
SchweißZTU-Schaubildern oft zwischen 950°C und 1350°C liegt.
Im Bild 2-32 ist der Zusammenhang zwischen einem kontinuierlichen
ZTU-Schaubild und dem Eisen-Kohlenstoff-Gleichgewichtsschaubild dar-
gestellt. Für unendlich lange Abkühlzeiten gehen die Begrenzungslinien
der Zustandsfelder im ZTU-Schaubild in die Gleichgewichtslinien des
Eisen-Kohlenstoffdiagramms über. Auch aus dieser Darstellung wird deut-
lich, dass das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für eine unendlich langsame
Abkühlung ermittelt wurde.
3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung
in Schweißnähten

3.1 Auswirkungen des Schweißens auf den Werkstoff

Bei fast allen Schweißverfahren wird in die zu verbindenden Werkstoffe


Wärme eingebracht. Dies kann einerseits durch eine Wärmequelle in Form
einer Flamme, eines Lichtbogens, eines energiereichen Strahles oder ande-
rerseits durch physikalische Vorgänge, wie Widerstandserwärmung oder
Reibwärme, geschehen. Infolge der Wärmeeinwirkung ist der Werkstoff je
nach eingesetztem Schweißverfahren bestimmten Erwärmungs- und Ab-
kühlungszyklen unterworfen. Hieraus resultieren Eigenschaftsänderungen,
die besonders den Werkstoff Stahl betreffen, da unlegierte und niedrigle-
gierte Stähle aufgrund ihrer Umwandlungsfähigkeit gegenüber einer Wär-
mebeeinflussung besonders empfindlich sind. Aus diesem Grund wird in
diesem Abschnitt ein besonderes Augenmerk auf das Werkstoffverhalten
von Stählen gelegt.
Oft wird der Schweißprozess mit dem Erschmelzen eines Metalls im
Lichtbogenofen verglichen, mit der Randbedingung, dass beim Schweißen
alle Vorgänge aus metallurgischer und thermischer Sicht auf wesentlich
kleinerem Raum und wesentlich schneller ablaufen und hierdurch erheb-
lich schwieriger zu erfassen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass häufig
die verwendeten Schweißzusatz- und Grundwerkstoffe nicht identisch sind
und sich in der flüssigen Phase vermischen.
Aus der kurzen Schilderung der Vorgänge ist ersichtlich, dass die Wär-
mequelle und der Temperaturzyklus im Bauteil einen wesentlichen Ein-
fluss auf die Eigenschaften der Schweißverbindung haben.

3.2 Temperatureinleitung und -verteilung


in der Schweißnaht

Durch den Schweißprozess baut sich um die Schweißstelle ein Tempera-


turfeld auf. Die sich ergebenden Temperaturfelder für eine Gas- und eine
Lichtbogenhandschweißung sind im Bild 3-1 dargestellt. Die flächenmäßi-
ge Ausbreitung der eingezeichneten Isothermen ist beim Gasschweißen
44 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

Bild 3-1. Vergleich der Temperaturverläufe und Ausbildung der Wärmeeinfluss-


zone a) für das Gasschweißen und b) für das Lichtbogenschweißen [3-1].

wesentlich größer als beim Lichtbogenhandschweißen. Zum Erschmelzen


des Grundwerkstoffes muss also beim Gasschweißen eine größere Wär-
memenge in das Werkstück eingebracht werden als beim Lichtbogenhand-
schweißen. Dies ist auf die höhere Energiedichte des Lichtbogens zurück-
zuführen. Die Isothermen sind aufgrund der Bewegung der Wärmequelle
elliptisch ausgebildet. In Schweißrichtung liegen sie dichter zusammen als
gegen die Schweißrichtung.
Im unteren Teilbild ist die Gaußsche Temperaturverteilung quer zur
Schweißnaht für beide Schweißverfahren abgebildet. Die wesentlich grö-
ßere Wärmeeinbringung beim autogenen Schweißen bewirkt eine langsa-
mere Abkühlung der Schweißnaht. Zusätzlich erfassen alle Isothermen bei
diesem Schweißverfahren einen größeren Bereich des Grundwerkstoffes.
Als Folge hiervon bildet sich im Bereich der mit Hilfe des autogenen
Schweißens erstellten Schweißnaht eine große Wärmeeinflusszone (WEZ)
aus. Mit dem Begriff der Wärmeeinflusszone wird der Gefügebereich des
Grundwerkstoffes bezeichnet, der eine Erwärmung zwischen Schmelztem-
peratur und Umwandlungspunkt A1 erfahren hat. Entsprechend dem Wär-
meverlauf des unteren Teilbildes kühlt sich die Naht, geschweißt mit dem
Lichtbogenhandverfahren, wesentlich schneller ab, und die Wärmeein-
3.2 Temperatureinleitung und -verteilung in der Schweißnaht 45

flusszone fällt kleiner aus. Dies ist noch extremer bei den energiereichen
Strahlschweißverfahren. Die Größe der Wärmeeinflusszone ist also bei
Schweißverfahren sehr stark von der Energiedichte der Wärmequelle und
der Ankopplung an das Werkstück abhängig.
Maßgeblich wird das Temperaturfeld durch Schweißparameter, Form
der Schweißnaht und Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes beeinflusst. Die
Wärmeausbreitung lässt sich für unlegierte und niedriglegierte Stähle mit
einem vereinfachten mathematischen Modell beschreiben, bei dem von
einer punktförmigen Wärmequelle ausgegangen wird, die sich mit
konstanter Geschwindigkeit auf der Oberfläche eines Mediums homogener
Eigenschaften bewegt.
Es werden die beiden vereinfachten Fälle der dreidimensionalen Wär-
meableitung bei sehr dicken Blechen und der zweidimensionalen Wärme-
ableitung bei dünnen bis mitteldicken Blechen unterschieden. Im Fall dün-
ner Bleche, die beim Schweißen im gesamten Querschnitt erwärmt
werden, erfolgt die Wärmeableitung nur parallel zur Blechoberfläche. Bei
dickeren Blechen kann die Wärmeableitung auch in Blechdickenrichtung
erfolgen.
Im Bild 3-2 ist die Ausbildung der Temperaturfelder für die zweidimen-
sionale Wärmeableitung bei unterschiedlichen Schweißparametern darge-
stellt [3-2]. Daraus geht hervor, dass mit zunehmender Schweißgeschwin-
digkeit und konstanter Leistung das Temperaturfeld schmaler wird, mit
höherer Leistung, aber konstanter Schweißgeschwindigkeit das Tempera-
turfeld breiter und länger wird und bei konstanter Streckenenergie, aber
proportional steigender Schweißgeschwindigkeit und Leistung, die Tempe-
raturfelder größer werden. Dabei bleibt allerdings festzuhalten, dass bei
konstanter Streckenenergie die Größe der durch die Isothermen einge-
schlossenen Felder etwa proportional zur Leistung oder Schweißge-
schwindigkeit steigt [3-3].
Aus der Größe der Isothermenfelder ist ersichtlich, dass eine unter Um-
ständen unerwünscht große Wärmeeinflusszone beim Schweißen mit ho-
hen Streckenenergien entstehen kann. Darüber hinaus beeinflussen die
Schweißparameter nicht nur die Größe der WEZ und des Isothermenfel-
des, sondern auch die Schweißnahtgeometrie und das Erstarrungsverhalten
des Schweißgutes.
46 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

Bild 3-2. Änderungen des Isothermenfeldes in einer 1 cm dicken Stahlplatte durch


Variation der Schweißparameter [3-2].
a) Änderung der Schweißgeschwindigkeit v, Leistung P konstant;
b) Änderung der Leistung P, Schweißgeschwindigkeit v konstant;
c) Streckenenergie E = P/v konstant, bei proportionaler Erhöhung des Quotienten
P/v.
3.3 Erstarrung des Schweißgutes 47

3.3 Erstarrung des Schweißgutes

Für die Erstarrung des Schmelzbades gelten beim Schweißen besondere


Randbedingungen, die einen Vergleich mit anderen Erstarrungsvorgängen
fast unmöglich machen. Hierzu gehören:
− sehr hohe Temperaturgradienten,
− Überhitzung des Schmelzbades durch die Wärmequelle,
− kleines Schmelzbad,
− hohe Erstarrungsgeschwindigkeit und
− eine ungleichmäßige Verteilung von Legierungselementen.

Das entstehende Erstarrungsgefüge in der Schweißnaht kann von seiner


Struktur her am besten mit einem Gussgefüge verglichen werden.
Die Erstarrung des Schmelzbades ist vergleichbar mit den schon be-
schriebenen Vorgängen bei der Bildung von ferritischem oder perlitischem
Gefüge in Stählen. Auch bei der Erstarrung sind die wesentlichen Vorgän-
ge zur Entstehung der festen Phase die Keimbildung und das Keimwachs-
tum.
Die Keimbildung wird wiederum in die homogene und die heterogene
Keimbildung unterteilt. Unter der homogenen Keimbildung wird die Bil-
dung von wachstumsfähigen Keimen in einer unterkühlten Schmelze ver-
standen, wobei diese Art der Keimbildung nur in reinen Metallen zu beo-
bachten ist. Im Schmelzbad sind arteigene Keime entlang der Schmelzlinie
in Form von angeschmolzenen Körnern des Grundwerkstoffes und Kristal-
lite des schon erstarrten Schweißgutes zu finden. Liegen in einer Schmelze
noch andere wachstumsfähige Keime in Form von Verunreinigungen, Ein-
schlüssen u. ä. vor, so fällt dies unter den Begriff der heterogenen Keim-
bildung. Im flüssigen Schweißgut ist aus diesem Grund nur die heterogene
Keimbildung zu beobachten, da artgleiche und artfremde Keime nebenein-
ander vorliegen. Eine Voraussetzung für heterogene Keimbildung ist je-
doch eine hinreichend große konstitutionelle Unterkühlung der Schmelze.
Da für die im Folgenden näher beschriebenen Erstarrungsvorgänge des
Schweißgutes die konstitutionelle Unterkühlung eine entscheidende Rolle
spielt, soll der Vorgang der Unterkühlung einer Schmelze an dieser Stelle
eingehender erläutert werden.
Grundsätzlich ist zwischen der thermischen und der konstitutionellen
Unterkühlung einer Schmelze zu unterscheiden. Die thermische Unterküh-
lung ist allein auf eine Wärmeableitung an der Grenzfläche fest-flüssig
zurückzuführen, hingegen resultiert die konstitutionelle Unterkühlung ei-
ner Schmelze aus einer Konzentrationsverschiebung von Legierungsele-
menten.
48 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

Bild 3-3. Prinzip der konstitutionellen Unterkühlung einer Schmelze.

Erstarrt eine Schmelze der Konzentration c0, so scheidet sich zuerst ein
Kristall mit der Konzentration c1 aus (Bild 3-3 a). Der erstarrte Kristall
scheidet also das Legierungselement B aus, das von der Schmelze aufge-
nommen werden muss. Da sich das Element B nicht sofort vollständig in
der Schmelze verteilen kann, ergibt sich folglich eine Konzentrationsüber-
höhung von B an der Phasengrenze fest- flüssig, wie sie im Bild 3-3 b dar-
gestellt ist. Die Ausscheidung von B direkt vor der Erstarrungsfront führt
aber zu einer Abnahme der Erstarrungstemperatur TLiqu der Schmelze. Der
reale Temperaturverlauf Treal in der Schmelze ist im Bild 3-3 c abgebildet.
Die Steigung von Treal entspricht dem Temperaturgradienten zwischen dem
festen und flüssigen Werkstoff. Bei einem flachen Verlauf des Tempera-
turgradienten liegt also in dem schraffierten Bereich vor der Erstarrungs-
front eine unterkühlte Schmelze vor. Diese Erscheinung wird als konstitu-
tionelle Unterkühlung bezeichnet (Bild 3-3 c). Da die Erstarrungs-
temperatur TLiqu der Schmelze in diesem Bereich unterschritten ist, kann
aufgrund der Unterkühlung in diesem Bereich eine spontane Keimbildung
einsetzen.
3.3 Erstarrung des Schweißgutes 49

Die konstitutionelle Unterkühlung ist in hohem Maße von der Kristalli-


sationsgeschwindigkeit abhängig. Wächst die Kristallfront sehr langsam in
die Schmelze, so kann an der Grenzfläche fest-flüssig je Zeiteinheit eine
größere Menge von Verunreinigungen und Legierungselementen in die
Schmelze abgeführt werden. Die Konzentrationsspitze vor der Erstarrungs-
front verläuft flacher, jedoch wird die Ausgangskonzentration TL(c0) erst in
einem größeren Abstand vor der Erstarrungsfront erreicht. Für einen kon-
stanten Temperaturgradienten bedeutet dies, dass die konstitutionelle Un-
terkühlung bei geringen Kristallisationsgeschwindigkeiten minimal, bei
hohen Kristallisationsgeschwindigkeiten dagegen maximal ist [3-4].
Weiterhin wird der Bereich der Unterkühlung mit flacherem Tempera-
turgradienten größer. Zu Beginn der Erstarrung ist der Temperaturgradient
an der Phasengrenze fest-flüssig maximal (kalter Grundwerkstoff, warme
Schmelze), d. h., hier liegt eine geringe konstitutionelle Unterkühlung der
Schmelze vor. Mit fortlaufender Erstarrung sinkt der Temperaturunter-
schied zwischen der festen und flüssigen Phase, so dass der Temperatur-
gradient zur Schweißbadmitte immer flacher verläuft und die konstitutio-
nelle Unterkühlung hier am größten ist.
Die Erstarrung des Schweißbades ist aufgrund der konstitutionellen Un-
terkühlung in zwei Schritte einzuteilen. Die erste Erstarrungsfront wächst
von angeschmolzenen Körnern des Grundwerkstoffes in das Schmelzbad,
und eine zweite Erstarrungsfront wird gebildet, wenn durch zunehmende
konstitutionelle Unterkühlung der Schmelze die heterogene Keimbildung
in Schweißnahtmitte einsetzt. Das Wachsen der ersten Erstarrungsfront
wird auch als epitaxiales Wachstum bezeichnet, da in diesem Bereich ein
streng orientiertes Aufeinanderwachsen der Kristalle zu beobachten ist. Da
sich die Keime für die zweite Erstarrungsfront aufgrund der erhöhten kon-
stitutionellen Unterkühlung der Schmelze selbständig bilden, wird dieser
Vorgang als autonomes Wachstum bezeichnet. Bei den Lichtbogen-
schweißverfahren erfolgt die Erstarrung überwiegend nach dem epitaxialen
Wachstum. Im Gegensatz hierzu ist das autonome Wachstum der zweiten
Erstarrungsfront beim Elektroschlackeschweißen verstärkt zu beobachten.
Das vollständig erstarrte Gefüge in der Schweißnaht wird auch Primärge-
füge genannt.
Während der Erstarrung bilden sich Kristallne aus, die nach ihrer Form
als
− Globularkristallite (drei Wachstumsrichtungen),
− Plattenkristallite (zwei Wachstumsrichtungen) und
− Stengelkristallite (eine Wachstumsrichtung)
bezeichnet werden [3-5, 3-6]. Beim Schmelzschweißen bilden sich auf-
grund der gerichteten Erstarrung des Schmelzbades bevorzugt Sten-
gelkristallite aus.
50 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

Hinsichtlich der Wachstumsart der Kristallite wird zwischen eben, zel-


lular und dendritisch (von griech. dendros = Baum) wachsenden Kris-
talliten unterschieden. Für die Wachstumsart ist wiederum das Ausmaß der
konstitutionellen Unterkühlung der Schmelze von entscheidender Bedeu-
tung. Das ebene Wachstum der Kristallite ist nur bei sehr reinen Metallen
zu beobachten und für die Schweißtechnik von untergeordneter Bedeutung
(Bild 3-4 a). Beim Schweißen hingegen kann aufgrund der beschleunigten
Abkühlung ein zellulares Wachstum der Kristallite beobachtet werden
(Bild 3-4 b). Mit zunehmender Erstarrungsgeschwindigkeit, Konzentration
seigernder Legierungselemente und kleinerem Temperaturgradient in der
Schmelze, d. h. mit zunehmender konstitutioneller Unterkühlung, wird die
dendritische Erstarrung begünstigt (Bild 3-4 c). Bei der dendritischen Er-
starrung wachsen länglich ausgeformte Kristallite in die unterkühlte
Schmelze. Anschließend bilden sich zwischen den Kristalliten seitliche
Äste, die die Restschmelze zwischen den Ästen einschließen können. Auf-
grund der Konzentrationsverschiebungen während des Erstarrungsvorgan-
ges weist das dendritische Gefüge starke Mikroseigerungen auf, was zu
einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften führt. Oftmals

Bild 3-4. Wachstumsart der Erstattungsfront in Abhängigkeit von der konstitutio-


nellen Unterkühlung [3-7].
3.3 Erstarrung des Schweißgutes 51

kann beim Schweißen von relativ reinen Metallen der Übergang von zellu-
lärem zu dendritischem Wachstum der Kristallite in der Schweißnahtmitte
beobachtet werden.
Die Wachstumsrichtung der Kristallite wird von der Bewegung der
Wärmequelle bestimmt. Bei geringen Schweißgeschwindigkeiten bildet
sich ein ovales Schmelzbad aus, dessen Erstarrungsfront sich in Schweiß-
richtung fortbewegt (Bild 3-5 oben). Die Kristallite wachsen jedoch entge-
gengesetzt der maximalen Wärmeableitung, d. h. senkrecht zur Erstar-
rungsfront, so dass sich mit der Bewegung der Erstarrungsfront
gekrümmte Kristallite ausbilden müssen. Bei geringen Schweißgeschwin-
digkeiten wird aber nicht nur ein einzelnes Korn gebildet, das sich von der
Übergangszone bis zum Zentrum der Schweißnaht krümmt, sondern meh-
rere dentritische Körner, deren Achsen eine gebrochene Linie bilden und
deren Mantel senkrecht zum Isothermennetz liegt [3-8]. Dies wird damit
begründet, dass die strenge Ausrichtung des dendritischen Wachstums eine
Krümmung des Kornes nicht zulässt, um sich senkrecht zur Isothermen
auszurichten. Aus diesem Grund werden bei zu großen Abweichungen
zwischen Wachstumsrichtung des Kornes und der Senkrechten der Iso-
thermen andere, günstiger ausgerichtete Keime oder auch Nachbarkristalle
weiterwachsen. Mit steigender Schweißgeschwindigkeit wird das
Schweißbad in die Länge gezogen (Bild 3-5 unten). Es ist ein geradliniges
Wachstum der Kristallite zu beobachten.

Bild 3-5. Erstarrungsrichtung der Kristallite in Abhängigkeit von der Schweißge-


schwindigkeit [3-8].

Da die Erstarrung an den festen Kristallen des Grundwerkstoffes ein-


setzt, ist auch dessen Korngröße beim Schweißen zu berücksichtigen. Bild
3-6 zeigt die Abmessungen der Kristallite in der Schmelzzone bei zwei
Grundwerkstoffen unterschiedlicher Korngröße. Aufgrund des grobkörni-
52 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

geren Grundwerkstoffes (linke Seite) wird auch die Ausbildung des Pri-
märgefüges grobkörniger ausfallen, da die Erstarrung an den ungeschmol-
zenen Körnern des Grundwerkstoffes einsetzt und deren Grenzen auf die
Struktur des Primärgefüges übertragen werden. Dieses Erscheinungsbild
ist besonders gut bei umwandlungsfreien Werkstoffen zu beobachten.

Bild 3-6. Einfluss der Korngröße von Grundwerkstoff und Übergangszone auf das
Primärgefüge [3-8].

Bild 3-7. Seigerungen in Schweißnähten.


a) schmale und tiefe Naht, Ansammlung der Verunreinigungen in Nahtmitte
(Heißrissgefahr); b) breite und flache Naht, Ansammlung der Verunreinigungen
an der Nahtoberseite.

Da das Schweißgut eine gerichtete Erstarrung aufweist, ist auf eine


günstige Nahtgeometrie zu achten. So können durch Seigerungen vor der
Erstarrungsfront niedrigschmelzende Phasen ausgeschieden werden, die
sich je nach Nahtgeometrie in der Nahtmitte (Bild 3-7 a) oder auf der
Nahtoberseite ablagern (Bild 3-7 b). Die Anreicherung von Verunreini-
gungen in Nahtmitte führt häufig zu Heißrissen, deren Ursachen eingehen-
der im Abschnitt 10 erläutert werden.
Neben der einlagig ausgeführten Schweißnaht sind in der schweißtech-
nischen Praxis wesentlich häufiger die mehrlagig geschweißten Nähte zu
finden. Die im Schweißgut entstandene Primärstruktur wird beim Mehrla-
genschweißen erneut erwärmt und teilweise aufgeschmolzen, so dass un-
günstige Gefügestrukturen von Seigerungen und dendritischen Gefügen
beseitigt werden können.
3.4 Gefügezonen im wärmebeeinflussten Grundwerkstoff 53

Da die Erstarrungsvorgänge doch sehr komplex sind, sollen am Ende


dieses Abschnittes die wesentlichen Vorgänge noch einmal kurz zusam-
mengefasst werden:
− Die Erstarrung des Schweißgutes ist im Wesentlichen von der konstitu-
tionellen Unterkühlung abhängig.
− Die konstitutionelle Unterkühlung der Schmelze ist an der Grenzfläche
Grundwerkstoff-Schweißgut gering und hat ihr Maximum in der
Schweißnahtmitte.
− Die erste Erstarrungsfront wächst epitaxial, mit zunehmender Unterküh-
lung der Schmelze bildet sich eine zweite Erstattungsfront aus, deren
Wachstum autonom verläuft.
− Das Schweißbad von Legierungen erstarrt nie eben, sondern nur zellu-
lar, häufiger dendritisch.
− Zellulare Erstarrung wird bei epitaxialem und autonomen Wachstum in
Bereichen geringster konstitutioneller Unterkühlung erfolgen, dendriti-
sche Erstarrung hingegen in Bereichen größter konstitutioneller Unter-
kühlung.
− Das erstarrte Primärgefüge kann je nach Schmelzbadgröße in Form von
Globular-, Platten- und Stengelkristalliten vorliegen.

3.4 Gefügezonen im wärmebeeinflussten Grundwerkstoff

Die im Abschnitt 3.2 beschriebene Temperaturverteilung in der Schweiß-


naht und um die Schweißnaht herum bestimmt maßgeblich die Gefügeaus-
bildung im wärmebeeinflussten Grundwerkstoff. Nachdem im vorherigen
Abschnitt der Erstarrungsvorgang in der Schweißnaht beschrieben wurde,
sollen nun die Einflüsse der Schweißwärme auf den Grundwerkstoff erläu-
tert werden.
Bild 3-8 zeigt anhand des Eisen-Kohlenstoff-Gleichgewichtsschaubildes
den Zusammenhang zwischen Temperaturverteilung und Gefügezonen für
unlegierte und niedriglegierte Stähle in der Schweißnaht und in der Wär-
meeinflusszone (WEZ). Gemäß dem Gleichgewichtsschaubild können
folgende Temperaturbereiche unterschieden werden:

− Temperaturen über der Liquiduslinie, siehe Abschnitt 3.3,


− Temperaturen über der Soliduslinie,
− Temperaturen über Ac3,
− Temperaturen zwischen Ac3 und Ac1 und
− Temperaturen unter Ac1.
54 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

Bild 3-8. Gefügezonen in der WEZ von unlegierten und von niedriglegierten Stäh-
len und Zuordnung der einzelnen Bereiche zum metastabilen Eisen-Kohlen-
stoff-Diagramm am Beispiel eines unlegierten Stahles mit etwa 0,2 % Kohlen-
stoffgehalt [3-1].

Temperaturen über der Soliduslinie

Der Grundwerkstoff beginnt bei diesen Temperaturen entsprechend dem


Erstarrungsintervall teilweise aufzuschmelzen. Mit Legierungselementen,
Verunreinigungen und Gasen angereicherte Zonen schmelzen bereits bei
niedrigeren Temperaturen auf. Da die Diffusion aufgrund kurzer Ausheiz-
und Abkühlzeiten stark eingeschränkt ist, treten submikroskopische Seige-
rungen auf, die nach der Erstarrung erhalten bleiben. Aufgeschmolzene
nichtmetallische Einschlüsse verursachen die Bildung von Heißrissen und
Wiederaufschmelzungsrissen, näheres hierzu in Abschnitt 10.

Temperaturen über Ac3

Bei Temperaturen deutlich oberhalb Ac3 bildet sich aufgrund der hohen
Spitzentemperaturen ein sehr grobkörniges Gefüge. Dieser Bereich einer
WEZ wird in der einschlägigen Fachliteratur auch als Überhitzungs- oder
Grobkornzone bezeichnet. Häufig ist in diesem Bereich bei Stählen mit
geringen Kohlenstoffgehalten die Ausbildung eines Widmannstättschen
Gefüges zu beobachten.
3.4 Gefügezonen im wärmebeeinflussten Grundwerkstoff 55

Höhere Keimbildungswahrscheinlichkeit und bessere Bedingungen für


das Keimwachstum führen dazu, dass Phasenumwandlungen im festen
Zustand im Allgemeinen an der Austenitkorngrenze beginnen. Da aber mit
zunehmender Korngröße die volumenbezogene Korngrenzenfläche ab-
nimmt, ist die Inkubationszeit zur Ferritbildung zu längeren Zeiten ver-
schoben, und die Bildung von Zwischenstufe und Martensit in der Grob-
kornzone wird begünstigt. Die Bildung von Martensit und Zwi-
schenstufengefüge ist von der Abkühlgeschwindigkeit und vom
Kohlenstoffgehalt des Stahles abhängig und in jedem Fall mit einer Härte-
steigerung des Gefüges verbunden. Bei unlegierten Stählen mit niedrigen
Kohlenstoffgehalten ergibt sich trotz der hohen Abkühlgeschwindigkeiten
in der Grobkornzone nur eine unkritische Härtesteigerung. Mit zunehmen-
dem Kohlenstoffgehalt des Stahles steigt jedoch die Gefahr der Aufhärtung
in der Grobkornzone, so dass die Wahrscheinlichkeit der Kaltrissbildung
zunimmt, siehe hierzu Abschnitt 10.
Bei Temperaturen geringfügig über Ac3 werden die Bedingungen einer
Normalisierungsglühung erfüllt. Die unvollständig aufgelösten Ausschei-
dungen unterbinden das Austenitkornwachstum, das Austenitkorn bleibt
feinkörnig. Bei der Rückumwandlung sind im Allgemeinen die Keimbil-
dungsmöglichkeiten so gut, dass sich ein feinkörniges, zähes Gefüge bil-
den kann. Dieser Gefügebereich der WEZ wird aus diesem Grund auch als
Feinkorn- bzw. als Normalisierungszone bezeichnet. Die mechanischen
Eigenschaften der Feinkornzone sind wegen der Feinkörnigkeit des Gefü-
ges häufig günstiger als die des Grundwerkstoffes.

Temperaturen zwischen Ac3 und Ac1

Nach dem metastabilen Eisen-Kohlenstoff-Diagramm liegen im Tempera-


turbereich zwischen Ac3 und Ac1 bei untereutektoiden Stählen die Austenit-
und Ferritphasen als stabile Gefügebestandteile vor. Die meisten unlegier-
ten und niedriglegierten Baustähle bestehen bei Raumtemperatur jedoch
aus einem ferritisch-perlitischen Gefüge, so dass bei einer Erwärmung auf
Temperaturen zwischen Ac3 und Ac1 der Gefügebestandteil Perlit zu
Austenit umwandelt. Da der Ferrit bei diesen Temperaturen weitestgehend
stabil ist, wird dieser Bereich der WEZ als Zone unvollständiger Umwand-
lung oder treffender als Perlitzerfallszone bezeichnet.
Aufgrund der hohen Kohlenstoffgehalte des Perlits bildet sich bei des-
sen Umwandlung ein Austenit mit einer Kohlenstoffkonzentration von
etwa 0,8 %. Während der Rückumwandlung kann dann bei Überschreiten
der kritischen Abkühlgeschwindigkeit hochkohlenstoffhaltiger Korngren-
zenmartensit entstehen. Dann tritt eine Versprödung auch unlegierter
Grundwerkstoffe auf. Bei niedrigen Abkühlgeschwindigkeiten bildet sich
hingegen retransformierter Perlit.
56 3 Temperaturverteilung und Gefügeausbildung in Schweißnähten

Temperaturen unter Ac1

Dieser Gefügebereich ist der von der Schweißnaht am weitesten entfernte


Bereich der WEZ. Es findet keine Austenitisierung des Gefüges mehr statt,
lediglich chemische und physikalische Homogenisierungsvorgänge laufen
im Gefüge ab.
Abhängig von der verarbeiteten Stahlsorte können aber hier Anlass- und
Rekristallisationsvorgänge ablaufen, die zu der Bezeichnung Anlass- oder
Rekristallisationszone führten.
Die Anlasswirkung führt beim Schweißen von Vergütungsstählen zu ei-
nem Festigkeitsabfall gegenüber dem Grundwerkstoff. Sie sollte beim
Schweißen solcher Stähle möglichst klein ausfallen, da mit zunehmender
Ausbreitung dieser Zone eine Stützwirkung des festeren unbeeinflussten
Grundwerkstoffes nicht mehr gegeben ist. Die Stützwirkung des Grund-
werkstoffes verhindert bei geringer räumlicher Ausbreitung der Anlasszo-
ne eine Einschnürung in diesem Bereich der WEZ.
Eine Rekristallisationszone bildet sich nur bei kaltverformten Werkstof-
fen aus. Wird ein Metall in kaltem Zustand über ein kritisches Maß hinaus
verformt, so kommt es beim anschließenden Glühen zu Kornneubildungen
(Rekristallisation). Wird ein kritischer Verformungsgrad nicht erreicht, so
kann auch keine Rekristallisation stattfinden. Unter gleichen Glühbedin-
gungen entstehen bei hohen Umformgraden feinkörnige, bei geringen Um-
formgraden grobkörnige Gefüge. Werden kaltverformte Bleche oder Halb-
zeuge geschweißt, kann es bei hinreichender Wärmezufuhr durch den
Schweißprozess zu einer unerwünschten Kornvergröberung in der Rekris-
tallisationszone kommen. Die Grobkornbildung führt zu einer verminder-
ten Kerbschlagzähigkeit.
Im Temperaturbereich zwischen 200°C und 300°C treten bei vorver-
formten Stählen, in denen C und N ungebunden vorliegen, thermisch akti-
viert Reck- oder Verformungsalterung auf. Diese Zone ist die sogenannte
Alterungszone. C- und N-Atome diffundieren in die verzerrten (dilatierten)
Bereiche der Umgebung von Versetzungen. Durch diesen Anlagerungs-
vorgang sind die Versetzungen in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt,
was letztendlich zu einer Versprödung des Werkstoffes führt. Härte und
Festigkeit des Stahles nehmen jedoch zu.
Im Bild 3-9 ist vergleichend ein Querschnitt einer Einlagen- dem einer
Mehrlagenschweißung gegenübergestellt. Das bei der Einlagenschweißung
entstehende Gefüge weist aufgrund seiner Grobkörnigkeit ungünstige Zä-
higkeitseigenschaften auf. Dies trifft sowohl auf das Primärgefüge als auch
auf die Grobkornzone der WEZ zu. Im Vergleich dazu wird beim Schwei-
ßen nach der Mehrlagentechnik eine Umkristallisation der unteren Lagen
erzielt. Das feinkörnige Gefüge besitzt verbesserte Zähigkeitswerte. Vor-
aussetzung für die Umkristallisation und die Bildung eines feinkörnigen
3.4 Gefügezonen im wärmebeeinflussten Grundwerkstoff 57

Gefüges ist, wie oben beschrieben, das geringfügige Überschreiten der


Ac3-Temperatur mit kurzer Verweildauer. Um Grobkornbildung bei der
Mehrlagenschweißung zu vermeiden, sollten deshalb die unteren Lagen
vor dem folgenden Überschweißen abkühlen. Die Erwärmung der Naht
durch die nächste Lage muss aber so bemessen sein, dass eine Umkörnung
der unteren Lagen noch erfolgt. Zu hohe Zwischenlagentemperaturen ha-
ben eine Kornvergröberung zur Folge, bei zu niedrigen Zwischenlagen-
temperaturen findet keine ausreichende Kornfeinung des Gefüges statt.

Bild 3-9. Schematische Darstellung der Gefügeausbildung einer Einlagenschwei-


ßung und einer Mehrlagenschweißung für einen ferritisch-perlitischen Stahl [3-1].
4 Schweißeigenspannungen

4.1 Definition von Eigenspannungen

Wirken äußere Spannungen auf ein Bauteil ein, so werden in diesem in


Abhängigkeit von der Höhe der Spannungen elastische und/oder plastische
Deformationen ablaufen. Solche von außen angelegte Spannungen werden
als Lastspannungen bezeichnet. Ohne Einwirkung äußerer Kräfte und nur
infolge eines Herstellungs- oder Bearbeitungsprozesses entstandene Span-
nungen werden als Eigenspannungen bezeichnet. Nach ihrem technologi-
schen Ursprung werden die Eigenspannungen in Umform-, Bearbeitungs-,
Wärmebehandlungs-, Füge-, Deckschicht- und Gusseigenspannungen ein-
geteilt. Im speziellen Fall der Schweißtechnik wird auch von Schweißei-
genspannungen gesprochen.
Die Auswirkungen von Eigenspannungen sind sehr unterschiedlich.
Häufig wird das Vorhandensein eines Eigenspannungszustandes überhaupt
nicht bemerkt und in den meisten Fällen können vorliegende Eigenspan-
nungszustände auch vernachlässigt werden. Jedoch gibt es eine Reihe
technischer Anwendungen, bei denen sich extrem hohe Eigenspannungs-
zustände einstellen, die von Verzug über Rissbildung bis zur vollständigen
Zerstörung des Werkstückes alle denkbaren Konsequenzen haben.
Durch eine Wärmeeinwirkung, die nicht das gesamte Bauteil erfasst,
sondern nur einen Teil, baut sich als Folge der unterschiedlichen Dehnun-
gen ein Eigenspannungszustand im Bauteil auf. Zusätzlich wird der Werk-
stoff teilweise in die flüssige Phase überführt, was nach dem Erstarren zu
einem Volumendefizit in der Schweißnaht und somit zu Spannungen führt.
Beim Abkühlen auf Raumtemperatur stellen sich dann in und neben der
Schweißnaht alle Kombinationen aus Eigenspannungen durch Wärmeein-
wirkung, Umwandlung von Gefügebestandteilen und plastisch-elastischer
Dehnung ein.
Im Bild 4-1 sind die Entstehungsursachen der Eigenspannungen genauer
aufgeschlüsselt. Hier wird nach werkstoff-, fertigungs- und beanspru-
chungsbedingten Eigenspannungen unterschieden.
Grundsätzlich handelt es sich bei Eigenspannungen um Gitterstörungen,
die zu einer Verspannung des Kristalls führen. Ursachen dieser Verspan-
nungen sind zumeist durch Verformungen eingebrachte Versetzungen oder
durch Umwandlungen hervorgerufenen Volumensprünge.
60 4 Schweißeigenspannungen

Bild 4-1. Ursachen für die Entstehung von Eigenspannungen in einem Bauteil.

So handelt es sich bei den „werkstoffbedingten Eigenspannungen“ um


Spannungen, die als Folge von Ausscheidungsvorgängen oder ähnlichen
Gefügemechanismen zu einer Gitterverspannung führen.
„Fertigungsbedingte Eigenspannungen“ sind Eigenspannungszustände,
die als Folge der Herstellung eines Werkstückes durch typische Wärme-
zyklen oder Umformungen in das Werkstück eingebracht werden.
„Beanspruchungsbedingte Eigenspannungen“ treten immer dann auf,
wenn im Einsatz das Werkstück in Teilbereichen eine plastische Deforma-
tion erfährt, beziehungsweise durch ungleichmäßige Wärmeeinbringung
nur teilwiese gedehnt wird.
Im Schrifttum werden die Eigenspannungen wie folgt definiert (Bild
4-2):
Eigenspannungen 1. Art sind über größere Werkstoffbereiche (mehrere
Körner) nahezu homogen. Die mit Eigenspannungen 1. Art verbundenen
inneren Kräfte sind bezüglich jeder Schnittfläche durch den ganzen Körper
im Gleichgewicht. Ebenso verschwinden die mit ihnen verbundenen Mo-
mente bezüglich jeder Achse. Bei Eingriffen in das Kräfte- und Momen-
tengleichgewicht von Körpern, in denen Eigenspannungen 1. Art vorlie-
gen, treten immer makroskopische Maßänderungen auf.
Eigenspannungen 2. Art sind über kleinere Werkstoffbereiche (ein Korn
oder Kornbereiche) nahezu homogen. Die mit Eigenspannungen 2. Art
verbundenen inneren Kräfte sind über hinreichend viele Körner im Gleich-
gewicht. Bei Eingriffen in dieses Gleichgewicht können makroskopische
Maßänderungen auftreten.
4.1 Definition von Eigenspannungen 61

Bild 4-2. Definition von Eigenspannungen 1., 2. und 3. Art.

Eigenspannungen 3. Art sind über kleinste Werkstoffbereiche (mehrere


Atomabstände) inhomogen. Die mit Eigenspannungen 3. Art verbundenen
inneren Kräfte und Momente sind in kleinen Bereichen (hinreichend gro-
ßen Teilen eines Korns) im Gleichgewicht. Bei Eingriffen in dieses
Gleichgewicht treten keine makroskopischen Maßänderungen auf.
Im Bild 4-2 sind die Verteilungen von Eigenspannungen 1., 2. und 3.
Art noch einmal graphisch dargestellt.
Eigenspannungen, die sich z. B. als Spannungsfeld um Versetzungen
und andere Gitterstörstellen herum aufbauen (ıIII) überlagern sich inner-
halb eines Kornes zu Spannungen 2. Art und diese wiederum über mehrere
Körner hinweg zu Eigenspannungen 1. Art.
Für den technischen Anwendungsfall ist ein Werkstoff als spannungsfrei
anzusehen, wenn sich keine Eigenspannungen 1. Art mehr nachweisen
lassen. Dieser Zustand ist z. B. durch eine Rekristallisationsglühung zu
erzielen.
62 4 Schweißeigenspannungen

Aber auch nach dieser Behandlung wird der Werkstoff Eigenspannun-


gen 2. und 3. Art aufweisen. Es konnte nachgewiesen werden, dass selbst
in einem ausgeglühten und langsam abgekühlten Einkristall noch eine Ver-
setzungsdichte von rund 108 Versetzungen je cm2 vorliegt. Ein Werkstoff
ist also niemals frei von mikroskopischen Eigenspannungen.

4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen

Die Entstehung von Eigenspannungen in einem Stahlzylinder wird zu-


nächst anhand der Bilder 4-3 und 4-4 erläutert. Zum besseren Verständnis
des Vorganges soll der Zylinder aus einem umwandlungsfreien Werkstoff
gefertigt sein.
Bei einer Wasserabschreckung des gleichmäßig durchgewärmten Zylin-
ders wird der Rand des Zylinders schneller abgekühlt als der Kern. Erst
nach 100 s ist die Temperatur über dem Zylinderquerschnitt wieder homo-
gen (Bild 4-3, linkes Teilbild). Der hier dargestellte Temperatur-Zeit-Ver-
lauf gilt nur für drei verschiedene Messstellen im Zylinder, im rechten
Teilbild ist dagegen der Temperaturverlauf für verschiedene Zeiten über
dem Querschnitt aufgetragen.
Bild 4-4 zeigt die Auswirkungen einer derartigen Abschreckung auf den
Spannungszustand im Zylinder. Zu Beginn der Abkühlung beginnt der
Zylinderrand stärker zu schrumpfen als der Kern (Bild 4-4, oben). Durch
die gegenseitige Stützwirkung geraten die Randbereiche des Zylinders
unter Zugspannungen und der Kern unter Druckspannungen.

Bild 4-3. Temperaturfeld in einem Zylinder bei Wasserabschreckung


4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen 63

Die Streckgrenze von metallischen Werkstoffen ist temperaturabhängig.


Mit zunehmender Temperatur sinkt die Streckgrenze, d. h. die Bereitschaft
des Werkstoffes zum Fließen nimmt zu. Hingegen kann mit fallenden
Temperaturen ein Ansteigen der Streckgrenze beobachtet werden. Da der
Rand des Zylinders zu diesem Zeitpunkt erheblich kälter ist als der Kern,
ist die Streckgrenze in diesem Bereich gegenüber dem Kern deutlich er-
höht (Bild 4-4, Mitte).
Als Folge des sich einstellenden Spannungszustandes wird im Kern des
Zylinders die Warmstreckgrenze überschritten, der Zylinderkern wird ge-
staucht. Am Ende der Abkühlung weisen der Rand und der Kern die glei-
che Temperatur auf. Der während der Abkühlung gestauchte Kern ist jetzt
gegenüber dem Mantel verkürzt. Als Folge der gegenseitigen Stützwirkung
von Kern und Mantel gerät der Zylinderkern unter Zugeigenspannungen
und der Mantel unter Druckeigenspannungen (Bild 4-4, unten).

Bild 4-4. Volumenänderung eines Zylinders bei Abkühlung der Außenflächen und
der daraus resultierenden Eigenspannungsverteilungen.
64 4 Schweißeigenspannungen

Die gleichen Vorgänge werden im Bild 4-5 nochmals übersichtlich am


3-Stäbe-Modell verdeutlicht. Bei diesem Modell werden die beiden Quer-
häupter als starr angenommen und lediglich die Verformungen der mit den
Querhäuptern starr verbundenen Stäbe während des Wärmezyklus betrach-
tet.
Eine Erwärmung des mittleren Stabes führt zunächst zu einer elasti-
schen Dehnung der Außenstäbe, der innere Stab gerät unter Druckspan-
nungen (Strecke A-B). Am Punkt B wird die Warmstreckgrenze des mitt-
leren Stabes überschritten, so dass entlang der Linie B-C eine plastische
Verformung des mittleren Stabes erfolgt. Am Punkt C ist die Maximal-
temperatur erreicht, und die Abkühlung des Stabes beginnt. Infolge der
Schrumpfung gerät er unter Zugspannungen. Am Punkt D ist die elastische
Schrumpfung beendet, die Warmstreckgrenze wird wieder überschritten,
und entlang der Strecke D-E erfolgt eine plastische Dehnung des mittleren
Stabes infolge der Stützwirkung der äußeren Stäbe. Am Punkt E ist das
System auf seine Ausgangstemperatur abgekühlt. Dieser Punkt stellt den
verbleibenden Eigenspannungszustand der Konstruktion dar. Wird die
Erwärmung vor Erreichen des Punktes C abgebrochen und auf Ausgangs-
temperatur abgekühlt, so erfolgt der Spannungsaufbau im mittleren Stab
entlang einer Parallelen zu den elastischen Bereichen. Ab dem Punkt B'
stellt sich der gleiche Eigenspannungszustand ein wie nach einer Erwär-
mung auf die Spitzentemperatur.

Bild 4-5. Entstehung von Eigenspannungen durch Erwärmung des mittleren Sta-
bes (Dreistabmodell).
4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen 65

In der Schweißtechnik werden Eigenspannungen in Längs- und Quer-


spannungen unterteilt. Längsspannungen wirken in Richtung der Schweiß-
naht, Querspannungen senkrecht dazu. Die Verteilung von Längs- und
Querspannungen sind schematisch im Bild 4-6 abgebildet. Für die Vertei-
lung der auftretenden Kräfte und Momente in einem Bauteil gilt, dass die
Summe aller inneren Kräfte und Momente Null ist (™F = 0; ™M = 0).
Im Schweißgut sind aufgrund der Schrumpfung des Werkstoffes hohe
Zugspannungen in Längsrichtung vorhanden. Durch die Stützwirkung be-
nachbarter kälterer Grundwerkstoffbereiche wird die Längsschrumpfung
behindert. Resultierend aus den Zugspannungen in der Schweißnaht müs-
sen Druckspannungen im Grundwerkstoff entstehen (Bild 4-6 a). Auch aus
dem Verlauf der Längsspannungen ist ersichtlich, dass die Summe der
inneren Kräfte Null ergeben muss.

Bild 4-6. Längsspannungen (a) und Querspannungen (b) in einem stumpfge-


schweißten Blech (schematisch) [4-2].
66 4 Schweißeigenspannungen

Aus den Längsspannungen entstehen die Querspannungen in einer


Schweißnaht (Bilder 4-6 b und 4-7). In einer Modellvorstellung würde sich
ein Blech aufgrund einer Zugspannung in Längsrichtung, wie im Bild
4-7 b dargestellt, verformen. Durch das Volumendefizit in der Schweiß-
nahtmitte werden sich dort Zugspannungen und an den Nahtenden Druck-
spannungen quer zur Schweißnaht aufbauen (Bild 4-6 b).

Bild 4-7. Längsspannungen in einer stumpfgeschweißten Verbindung (a) und


hieraus entstehende Verformung der Bleche (b). Die zur Aufhebung der verform-
ten Bleche notwendigen Kräfte sind in das Teilbild b) eingetragen

Bild 4-8 zeigt die Entstehung von Längsspannungen quer zur Schweiß-
naht in Analogie zum 3-Stäbe-Modell aus Bild 4-5. In diesem Bild werden
nur die Schrumpfspannungen berücksichtigt, d. h., es wird wieder von
umwandlungsfreien Werkstoffen ausgegangen.
Vor Beginn der Wärmeeinbringung durch den Schweißprozess ist die
Schweißfuge spannungsfrei (Schnitt A-A). An der Schweißstelle selbst
herrschen die höchsten Temperaturen im Schmelzbad (Schnitt B-B), das
Metall ist flüssig. Unmittelbar an dieser Stelle treten keine Spannungen
auf, da das geschmolzene Metall an der Schweißstelle keine Kräfte über-
tragen kann. Die nahtnahen Bereiche dehnen sich durch die Schweißwär-
me, werden aber von nahtferneren Bereichen gestützt. Die nahtnahen Be-
reiche geraten also unter Druck-, die nahtferneren Bereiche unter
Zugspannungen.
Im Schnitt C-C beginnt das bereits erstarrte Schweißgut zu schrumpfen,
wird aber nun von den nahtnahen Bereichen abgestützt, das Schweißgut
kommt unter Zug- die Nebennahtbereiche unter Druckspannungen. Im
Schnitt D-D ist die Temperatur wieder völlig ausgeglichen, es stellt sich
ein Eigenspannungszustand gemäß dem rechten unteren Teilbild ein.
4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen 67

Bild 4-8. Entstehung von Eigenspannungen durch das Erstarren einer Schweiß-
naht.

Die bis jetzt erläuterten Mechanismen zur Entstehung von Eigenspan-


nungen sind prinzipiell auch auf Spannungen in Schweißverbindungen zu
übertragen. Jedoch sind beim Schweißen weitere Einflussfaktoren zu be-
rücksichtigen. Aus diesem Grund soll der Vorgang des Schweißens noch
einmal schrittweise durchlaufen werden und die Auswirkungen auf die
entstehenden Eigenspannungen sollen kurz festgehalten werden:
− Während des Schweißprozesses erfolgt eine Erwärmung des Grund-
werkstoffes bis zur Schmelztemperatur und anschließend eine Abküh-
lung, die in ihrer Geschwindigkeit verfahrensabhängig ist und durch
Vor- bzw. Nachwärmen stark beeinflusst werden kann.
− Weiterhin erfolgt bei den meisten Schweißverfahren die Zugabe von
schmelzflüssigem Zusatzwerkstoff, dessen Volumen von der Fugenvor-
bereitung und dem Schweißverfahren abhängt.
− Der Zusatzwerkstoff durchläuft beim Abkühlen alle Umwandlungs-
punkte, die für den Werkstoff typisch sind und unterliegt darüber hinaus
einer starken thermischen Kontraktion.
− Die Nebennahtbereiche erfahren als Folge der Erwärmung zunächst eine
starke thermische Dehnung, der sich nach Überschreiten der Spitzen-
temperatur die thermische Kontraktion anschließt. Außerdem erfolgt in
68 4 Schweißeigenspannungen

der WEZ noch eine Austenitisierung, so dass auch hier bei der Abküh-
lung ein umwandlungsfähiges Gefüge vorliegt. Die thermischen Deh-
nungen werden also bei Abkühlung der Schweißnaht (abhängig vom
Werkstoff) noch durch Dehnungen als Folge von Umwandlungen über-
lagert.

Bild 4-9. Änderungen des Quereigenspannungsverlaufes durch die Überlagerung


von Schmelz-, Abschreck- und Umwandlungsanteilen

Zur einfacheren Beschreibung der in der Schweißnaht zum Aufbau von


Eigenspannungen beitragenden Mechanismen werden im Bild 4-9 die Ei-
genspannungen nach folgenden Entstehungsarten eingeteilt:
− Schrumpfspannungen. Hierbei handelt es sich um Spannungen die durch
gleichmäßige Abkühlung der Naht entstehen. Durch Dehnungsbehinde-
rung der kälteren Bereiche am Rand der Schweißnaht und des Grund-
werkstoffes bauen sich längs und quer zur Naht (bei dickeren Blechen
auch in Dickenrichtung) Zugspannungen auf, wie bereits oben beschrie-
ben.
− Abschreckspannungen. Im Fall ungleichmäßiger Abkühlung erkaltet die
Nahtoberfläche schneller als die Kernzone der Naht. Wird infolge der
sich aufbauenden Spannungsunterschiede die Warmstreckgrenze des
Kernes überschritten, so liegen nach der Abkühlung an der Nahtoberflä-
4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen 69

che Druckspannungen vor. Der Kern dagegen steht im erkalteten Zu-


stand unter Zugspannungen. Diese Verhältnisse entsprechen denen, wie
sie am Beispiel der Abkühlung des umwandlungsfreien Zylinders be-
schrieben wurden.
− Umwandlungsspannungen. Umwandlungen in der Ferrit- und Perlitstufe
erzeugen im Normalfall nur geringe Eigenspannungen, da im Tempera-
turbereich der Perlitstufe die Streckgrenze des Stahles noch so gering
ist, dass die entstehenden Spannungen durch plastische Verformungen
abgebaut werden. Bei Umwandlungen in der Bainit- und Martensitstufe
ist dies nicht mehr der Fall. Eine solche Umwandlung des Austenits
führt zu einer Volumenvergrößerung (Umwandlung kfz in krz, das kfz-
Gitter hat die größte Dichte, außerdem erfolgt eine Volumenvergröße-
rung durch Gitterverspannung). Im Fall einer homogenen Umwandlung
wird die Naht also unter Druckeigenspannungen geraten. Erfolgt die
Umwandlung der Randschichten vor der des langsamer abkühlenden
Kerns, so kann es ähnlich wie bei der Abschreckung zu plastischen Ver-
formungen der Kernzone kommen. In diesem Fall werden nach der Ab-
kühlung Zugspannungen an der Nahtoberfläche vorliegen.

Diese Vorgänge laufen parallel ab und lassen sich im Allgemeinen nicht


exakt voneinander abgrenzen; daher wird der Eigenspannungszustand ei-
ner Schweißnaht eine Überlagerung aller Fälle darstellen, wie im Bild 4-9
angedeutet. Diese Überlagerung der verschiedenen Mechanismen er-
schwert auch die Voraussage des entstehenden Eigenspannungszustandes.
Die Auswirkung einer Gefügeumwandlung auf die Abkühlung kann aus
Bild 4-10 abgeschätzt werden. Hier sind Dilatationskurven von umwand-

Bild 4-10. Längenänderungen von umwandlungsfreien ferritischen und austeniti-


schen Stählen und eines umwandlungsfähigen Baustahles (Dilatationskurven).
70 4 Schweißeigenspannungen

lungsfreien ferritischen und austenitischen Stählen aufgetragen. Es ist er-


kennbar, dass das Ferritgitter bei gleicher Temperatur ein größeres Volu-
men als das Austenitgitter aufweist. Diese Volumendifferenz ist um so
größer, je tiefer die Temperatur ist. Zusätzlich ist die Längenänderung ei-
nes unlegierten und eines niedriglegierten Stahles (hier Baustahl) eingetra-
gen, der eine Umwandlung vom Austenit in eine der Modifikationen des
Ferrits durchläuft. Im Umwandlungspunkt ändert sich die Gitterstruktur
und somit auch die Gitterkonstante, so dass sich eine Volumenvergröße-
rung des Stahles ergibt. Der Volumensprung kann im Fall der Martensit-
bildung bis zu 3 % betragen.
Zur Erfassung der Auswirkungen, die dieses Verhalten auf den Span-
nungszustand der Schweißnaht hat, werden Probeschweißungen in der im
Bild 4-11 skizzierten Versuchseinrichtung durchgeführt. Thermoelemente

Bild 4-11. Messung der Eigenspannung infolge Schrumpfung und Umwandlung in


der Schweißnaht.
4.2 Entstehung von Schweißeigenspannungen 71

messen den Temperatur-Zeit-Verlauf an der Schweißnaht, und ein Kraft-


aufnehmer registriert die Kraft, mit der die Probe als Folge der Schrump-
fung der Naht sich aufzubiegen versucht.
Im unteren Teilbild sind die Ergebnisse eines solchen Versuches darge-
stellt. Hier sind sowohl der Temperaturverlauf an der Schmelzlinie als
auch die Kraft über der Zeit aufgetragen.
Im Temperaturbereich über 600°C registriert der Kraftaufnehmer eine
Zugkraft, die durch Schrumpfung des Austenits hervorgerufen wird. Zwi-
schen 600°C und 400°C erfolgt ein deutlicher Kraftabfall, der auf die
Umwandlung des Austenits und die damit verbundene Volumenvergröße-
rung zurückzuführen ist. Der Wiederanstieg der Kraft erfolgt durch weitere
Schrumpfung des ferritischen Gefüges.
Wird bei einer Schweißung mit einem nicht exakt gleichen Zusatzwerk-
stoff gearbeitet (im realen Anwendungsfall wird die Zusammensetzung des
Schweißzusatzes immer von der des Grundwerkstoffes abweichen), so
erfolgt die Umwandlung in der WEZ zu einem anderen Zeitpunkt im T-t-
Verlauf als die Umwandlung des Zusatzwerkstoffes.
Wird der gemessene Temperatur-Zeit-Verlauf in ZTU-Schaubilder für
den Grund- und den Zusatzwerkstoff übertragen, so lassen sich Umwand-
lungstemperaturen bzw. -temperaturbereiche für die einzelnen Zonen der
Naht bestimmen. Auf diese Weise kann dem Kraftverlauf eindeutig zuge-
ordnet werden, wann ein Abknicken auf Gefügeumwandlungen zurückzu-
führen ist. So ist eine Unterscheidung möglich, ob der Kraftabfall auf eine
Umwandlung des Zusatzwerkstoffes zurückzuführen ist und in welchem
Teil er durch Umwandlung in der WEZ hervorgerufen wird. Bild 4-12
zeigt, wie groß die Unterschiede von Spannungsverläufen bei unterschied-
lichen Werkstoffkombinationen werden können.
Beim Verschweißen umwandlungsfreier austenitischer Werkstoffe ent-
stehen im Schweißnahtbereich nur Zugeigenspannungen, da in diesem Fall
keine Umwandlungen in der WEZ und im Schweißgut erfolgen, die den
Spannungsverlauf beeinflussen.
Wird ein hochfester Feinkornbaustahl des Types S 690 mit einer auste-
nitischen Elektrode verschweißt, so entstehen im Bereich der WEZ Um-
wandlungen, die zu Verringerungen der Zugspannungen führen. In diesen
Bereichen der WEZ erfolgt bei der Abkühlung eine (zumindest teilweise)
Umwandlung zu Martensit. Durch die damit verbundene Volumenvergrö-
ßerung ergeben sich Druckspannungsanteile in der WEZ, so dass die Zug-
spannungen in diesem Bereich teilweise abgebaut werden.
Wird. mit einer hochfesten Elektrode geschweißt, die rein martensitisch
umwandelt, so stellen sich im Schweißgut Druckeigenspannungen und in
der WEZ Zugspannungen ein (vgl. Bild 4-9).
72 4 Schweißeigenspannungen

Bild 4-12. Einfluss der Werkstoffkombination auf den Verlauf der Eigenspannung
in einer Schweißnaht.

4.3 Auswirkungen von Schweißeigenspannungen

Wie bereits oben beschrieben werden beim Schweißen z. T. erhebliche


Spannungen in die Konstruktion eingebracht. Nicht selten überschreiten
diese Eigenspannungen die Streckgrenze oder sogar die Zugfestigkeit des
Werkstoffes. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Höhe der im
Bauteil vorhandenen Eigenspannungen die Streckgrenze des Werkstoffes
nicht überschreiten kann. Sind die Eigenspannungen im Bauteil so hoch,
dass die Streckgrenze des Werkstoffes überschritten wird, so setzt eine
plastische Deformation ein, und die Spannungen sinken wieder auf das
Niveau der Streckgrenze.
Beim Überschreitungen der Streckgrenze reagiert der Werkstoff mit ei-
ner plastischen Verformung der Schweißnaht bzw. der WEZ, und es
kommt zu einem Verzug des geschweißten Bauteiles. Überschreiten dabei
die Schweißeigenspannungen die Zugfestigkeit des Werkstoffes auch nur
in sehr kleinen Bereichen, so ist eine Rissbildung die Folge.
Im Normalfall ist beim Schweißen immer mit einem gewissen Verzug
zu rechnen, der um so größer wird, je geringer die Schrumpfungsbehinde-
rung der zu fügenden Teile ist.
Das Auftreten von Rissen dagegen ist zumeist die Folge einer extremen
Schrumpfbehinderung und geschieht häufig erst dann, wenn sich im Ein-
satz Last- und Eigenspannungen überlagern.
4.3 Auswirkungen von Schweißeigenspannungen 73

Im Verlauf des Schweißwärmezyklus erfolgt in Teilbereichen der


Schweißnaht immer eine Schrumpfung und parallel dazu eine teilweise
Plastifizierung. Durch das Schrumpfen der Naht kommt es zum Aufbau
von Eigenspannungen, die durch Plastifizieren teilweise wieder abgebaut
werden.
Wird an Konstruktionen geschweißt, in denen die zu fügenden Teile frei
schrumpfen können, so bleiben die auftretenden Schweißeigenspannungen
auf relativ niedrigem Niveau. Der Einfluss der Schrumpfungsbehinderung
geht aus Bild 4-13 hervor. Es zeigt die Verbindung zweier gleich dicker
Bleche, die im I-Stoß geschweißt wurden. Beide Bleche sind in einer äuße-
ren Konstruktion fest eingespannt. Unter Beibehaltung der Nahtgeometrie
(Nahtbreite und -länge) wird die Einspannlänge a der beiden Bleche vari-
iert und es werden an der äußeren Konstruktion die als Folge der Schrump-
fung auftretenden Spannungen gemessen.

Bild 4-13. Schrumpfspannungen in einem fest eingespannten Blech bei verschie-


denen freien Einspannlängen a.

Das Ergebnis zeigt, dass mit steigender freier Einspannlänge a der bei-
den Bleche die auftretenden Eigenspannungen sinken. Die Ursachen hier-
für liegen darin begründet, dass bei wachsendem a eine größere elastische
Dehnung der beiden Bleche möglich ist. Die resultierende Spannung im
dargestellten Fall berechnet sich nach Hooke:
σ = E·ε
74 4 Schweißeigenspannungen

mit σ = Spannung im Bauteil, E = E-Modul des Werkstoffes, ε = Dehnung.


Die Dehnung ε berechnet sich als ǻl/a, dabei ist ǻl die Längenänderung
durch Schrumpfung. Bei gleichbleibendem Nahtvolumen wird die
Schrumpfung und somit ǻl immer gleich groß sein. Die Dehnung ε hängt
also nur von der freien Einspannlänge a ab. Je kleiner a gewählt wird,
desto größer fallen folglich die resultierenden Spannungen im Bauteil aus.
Demzufolge verhalten sich Eigenspannungen und Verzug umgekehrt
proportional zueinander. Je größer der Verzug in der geschweißten Kon-
struktion wird, desto geringer sind die verbleibenden Eigenspannungen.
Diese Erkenntnis führt zu einer Reihe von Schlussfolgerungen, die für
den Verzug einer Schweißkonstruktion von Bedeutung sind. So muss be-
reits vor dem Schweißen feststehen, ob das Hauptaugenmerk auf einer
eigenspannungsarmen oder einer verzugsfreien Konstruktion liegen soll.
Für beide Varianten muss nämlich beim Schweißen unterschiedlich vorge-
gangen werden.
Beim Schweißen von dünnen Blechen (z. B. Karosserieblech) tritt durch
die auftretenden Schrumpfspannungen oft eine plastische Verformung der
Bleche auf, da bei den geringen Blechdicken auch nur sehr geringe Kräfte
zur Verformung benötigt werden. Die verschweißten Bleche beulen aus
und erfordern nachträglich große Richtarbeit. Eine solche Schweißnaht ist
aber nahezu eigenspannungsfrei.
Mit wachsender Blechdicke wird der Verzug der Fügeteile immer ge-
ringer, da bei größeren Blechdicken die Kräfte für die Verformung stark
ansteigen. Bei Schweißungen an größeren Blechdicken tritt also ein erheb-
lich geringerer Verzug auf, die Folge sind aber erhöhte Eigenspannungen.
Neben dem Verzug fasste [4-1] noch weitere gravierende Nebenwirkun-
gen der Eigenspannungen auf die Bauteileigenschaften wie folgt zusam-
men:
− Verringerung oder Erhöhung der Streckgrenze je nach Veränderung der
Mehrachsigkeit des Spannungszustandes;
− örtliche Veränderung von Härtewerten (in hochfesten Werkstoffzustän-
den);
− Kaltrissbildung ohne äußere Belastung;
− Erhöhung der Sprödbruchgefahr durch:
• Erhöhung der Gesamtspannung infolge Addition zu Lastspannungen in
Werkstoffzuständen mit Re = Rm,
• Erhöhung der Mehrachsigkeit des Gesamtspannungszustandes,
• Ermöglichen der spontanen Ausbreitung kleiner Risse, z. B. bei Ver-
sprödung durch Alterung oder tiefe Temperaturen;
− Verringerung oder Erhöhung der Dauerschwingfestigkeit durch Zug-
oder Druckeigenspannungen an schwingbruchkritischen Stellen;
4.4 Maßnahmen zur Verringerung von Eigenspannungen in Schweißnähten 75

− Verringerung oder Erhöhung der Knick- oder Beulgefahr durch Zug-


oder Druckeigenspannungen an kritischen Stellen;
− Begünstigung von Spannungsrisskorrosion durch Oberflächen-
zugeigenspannungen;
− Verzug beim Abarbeiten eigenspannungsbehafteter Schichten.

4.4 Maßnahmen zur Verringerung von Eigenspannungen


in Schweißnähten

4.4.1 Minimierung von Schweißeigenspannungen

Das Entstehen von Eigenspannungen ist in der Schweißtechnik aus den


o.g. Gründen unvermeidbar, so dass es in der Praxis darauf ankommt, die
unvermeidbaren Eigenspannungen durch geeignete Maßnahmen zu mini-
mieren. Grundsätzlich sind solche Maßnahmen schon bei der Konstruktion
zu berücksichtigen. Zum Beispiel führen Nahtanhäufungen in Schweiß-
konstruktionen zu erhöhten Eigenspannungen und sind bei der konstrukti-
ven Gestaltung zu vermeiden. In [4-3] wird festgestellt, dass die resultie-
renden Eigenspannungen in einer Schweißkonstruktion durch den Einsatz
von Überlappstößen sehr klein gehalten werden können, da diese Stoßart
geringere Querschrumpfungen aufweist als Stumpfstöße. Kann auf einen
Stumpfstoß nicht verzichtet werden, sollte eine möglichst lange freie Ein-
spannlänge zur Aufnahme der Querschrumpfungen vorhanden sein.
Zu Minimierung von Längsschrumpfungen sollte eine Schweißung in
der Mehrlagentechnik ausgeführt werden. Bei gleichem Nahtvolumen sind
die resultierenden Längsspannungen in der mehrlagig geschweißten Naht
geringer als in der einlagig geschweißten Naht. Jedoch sollte bei der Mehr-
lagenschweißung nicht vergessen werden, dass die Quer- und die Winkel-
schrumpfung mit der Anzahl der einzelnen Lagen zunehmen.
Abhängig vom eingesetzten Schweißverfahren und dessen Energiedich-
te können Eigenspannungen in unterschiedlichem Ausmaß entstehen. Im
Allgemeinen gilt, dass mit steigender Energiedichte des Schweißverfah-
rens die Eigenspannungen zunehmen. So können beim Lichtbogenschwei-
ßen wesentlich höhere Spannungsspitzen in der Naht auftreten als bei einer
Gasschweißung (Bild 4-14). Da beim Gasschweißen die Energiedichte
geringer ist als beim Lichtbogenschweißen, wird das Blech während des
Schweißprozesses stärker erwärmt, d. h., der Temperaturgradient im Blech
ist wesentlich geringer als beim Lichtbogenschweißen.
76 4 Schweißeigenspannungen

Bild 4-14. Vergleich der in einem Flachstahl nach einer Gasschweißung und einer
Lichtbogenschweißung entstandenen Eigenspannungen auf der Blechkante [4-3].

4.4.2 Abbau vorhandener Schweißeigenspannungen

Neben der konstruktiven Reduzierung von Schweißeigenspannungen be-


steht auch die Möglichkeit, die durch den Schweißprozess entstandenen
Eigenspannungen wieder zu reduzieren. Alle im Folgenden beschriebenen
Verfahren zur Verringerung der Schweißeigenspannungen beruhen auf
dem Prinzip der plastischen Verformung. Dies bedeutet, dass in dem Bau-
teil nach einer entsprechenden Behandlung zur Minimierung der Eigen-
spannungen bleibende Verformungen zurückbleiben.
In [4-4] werden zwei unterschiedliche Methoden zur Erzeugung der
plastischen Deformation unterschieden. Zum einen kann durch eine Über-
lagerung von äußeren Spannungen und Eigenspannungen der Werkstoff
plastifiziert werden, oder aber der Formänderungswiderstand (im Allge-
meinen die Streckgrenze) wird durch eine thermische Aktivierung gesenkt.
Im letzteren Fall bewirken lediglich die schon im Bauteil vorhandenen
Eigenspannungen ein Fließen des Werkstoffes. Aus diesem Grund erfolgt
auch eine Einteilung der Verfahren in das mechanische und das thermische
Entspannen.
Zu den mechanischen Verfahren sind das Hämmern, das „autogene Ent-
spannen“ und das „Overstressing“ zu zählen. Durch das Hämmern der
Schweißnaht werden Druckspannungen in die Bauteiloberfläche einge-
bracht, so dass die plastische Deformation des Schweißgutes zu einer Re-
duzierung der Spannungen in Längs- und Querrichtung führt. In [4-5] und
[4-6] wird zusätzlich zwischen dem Warm- und dem Kalthämmern einer
Schweißnaht unterschieden. Das Warmhämmern erfolgt oberhalb der Re-
kristallisationstemperatur des Werkstoffes, das Kalthämmern unterhalb
4.4 Maßnahmen zur Verringerung von Eigenspannungen in Schweißnähten 77

dieser Temperaturschwelle. Der Vorteil beim Warmhämmern einer


Schweißnaht besteht in der besseren Verformbarkeit des Schweißgutes. In
[4-5] wird aber auf die zunehmende Gefahr der Blaubrüchigkeit beim
Warmhämmern hingewiesen, was zu einer Verringerung der Gütewerte
des Schweißgutes führt. Das Kalthämmern des Schweißgutes hat eine Er-
höhung der Versetzungsdichte zur Folge, so dass hierbei mit einer Verfes-
tigung des Schweißgutes gerechnet werden muss.
Das Kalthämmern wird häufig beim Kaltschweißen von Gusswerkstof-
fen eingesetzt. Um eine übermäßige Erwärmung des Gussstückes zu ver-
meiden, werden nur kurze Abschnitte der Naht geschweißt und anschlie-
ßend gehämmert. Als Schweißzusatzwerkstoffe werden meist gut ver-
formbare Nickelbasislegierungen eingesetzt, die durch das Hämmern
zusätzlich verfestigt werden. Bei Mehrlagenschweißungen wird jedoch die
Verfestigung der Schweißnaht durch das mehrmalige Überschweißen der
unteren Lagen wieder aufgehoben.
Beim „autogenen Entspannen“, oftmals auch als Niedertemperaturent-
spannen bezeichnet, werden auf beiden Seiten der Schweißnaht Brenner
entlanggeführt, die den Grundwerkstoff auf einer bestimmten Länge er-
wärmen. Den Brennern wird eine Wasserdusche nachgeführt, die den
Werkstoff schnell wieder abkühlt (Bild 4-15). Das Blech wird bei diesem
Vorgang auf etwa 200°C erwärmt, wobei die Temperatur der Schweißnaht
nur etwa 100°C beträgt. Hieraus resultieren Druckspannungen im Grund-
werkstoff und Zugspannungen in der Schweißnaht. Infolge der Überlage-
rung von Zugspannungen und Eigenspannungen in der Schweißnaht
kommt es zu einer plastischen Deformation der Schweißnaht in Längen-
richtung.

Bild 4-15. Anordnung und Bewegungsrichtung von Brenner und Wasserdusche


beim autogenen Entspannen.
78 4 Schweißeigenspannungen

Ähnlich dem „autogenen Entspannen“ wird beim „Overstressing“ durch


eine zusätzliche Beanspruchung die Fließgrenze des Werkstoffes über-
schritten und hierdurch eine plastische Deformation bewirkt. Jedoch er-
folgt beim „Overstressing“ die Verformung durch das Anlegen äußerer
Lasten. In [4-7] wird von einem erfolgreichen Einsatz dieses Verfahrens
im Bereich des Brücken-, Rohr- und Behälterbaues berichtet.
Das wohl wichtigste Verfahren zur Reduzierung von Eigenspannungen
in geschweißten Bauteilen ist das thermische Entspannen, auch unter dem
Begriff Spannungsarmglühen bekannt. Da die Streckgrenze mit steigender
Temperatur abnimmt, kann bei erhöhten Temperaturen der Werkstoff im
Bereich hoher Eigenspannungen in der Schweißnaht plastifizieren. Durch
die Erwärmung des Werkstoffs können nicht nur Zug- sondern auch
Druckeigenspannungen abgebaut werden, da sowohl die Streckgrenze als
auch die Quetschgrenze des Werkstoffes herabgesetzt werden. Auch mit
diesem Verfahren können die Eigenspannungen im Bauteil nicht vollstän-
dig beseitigt werden, da der Werkstoff immer noch eine der Glühtempera-
tur entsprechenden Warmstreckgrenze aufweist.
Neben der Höhe der Glühtemperatur sind auch die Aufheizgeschwin-
digkeit und die Glühzeit für den Spannungsabbau von Bedeutung. Bau-
stähle werden im Allgemeinen bei Temperaturen zwischen 600°C und
650°C geglüht. Die Haltedauer sollte etwa 2 min je Millimeter Blechdicke
betragen, aber nicht kürzer als 30 min sein. Die Aufheizgeschwindigkeiten
müssen mit zunehmender Blechdicke abnehmen, um innere thermische
Spannungen gering zu halten und hieraus resultierende Risse zu vermei-
den. Nach [4-8] ist eine Aufheizgeschwindigkeit bei dickwandigen Ble-
chen von 2,5 K/min nicht zu überschreiten. In [4-3] werden für Wanddi-
cken von 10 mm bis 50 mm Aufheizgeschwindigkeiten von 5 K/min bis
1 K/min angegeben. Um bei der Abkühlung nicht wieder neue Spannungen
aufzubauen, sollte die Abkühldauer mindestens das Doppelte der Zeit
betragen, die für die Aufheizung notwendig war.
Bei vanadinlegierten Stählen muss der Ausscheidung von Vanadinkar-
biden besondere Beachtung geschenkt werden. Diese verringern die Ver-
formungsfähigkeit und führen zu Mikrorissen während des Spannungs-
armglühens. Die hieraus resultierenden Schäden wurden als reheat
cracking oder stress-relief cracking bekannt.

4.5 Methoden zur Messung von Eigenspannungen

Die Verfahren zur Ermittlung von Eigenspannungen lassen sich in zerstö-


rende, zerstörungsfreie und bedingt zerstörungsfreie Verfahren einteilen.
Die vollständige Zerlegung des Bauteiles und die während der Bearbei-
tung auftretenden Rückfederungen des Werkstoffes werden mechanisch
4.5 Methoden zur Messung von Eigenspannungen 79

oder mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen (DMS) gemessen. Als Zerlege-


verfahren werden das schichtweise Zerspanen, Einschneiden, Aufschlitzen
und Ausbohren eingesetzt, bis das Bauteil vollständig zerstört ist (Tabelle
4-1).
Als bedingt zerstörungsfrei lassen sich das Bohrloch- und das Ring-
kernverfahren ansehen (Bilder 4-16 und 4-17). In beiden Fällen werden
Verformungen aufgrund von vorliegenden Eigenspannungen durch teil-
weisen Materialabtrag ausgelöst und die daraus resultierenden Dehnungen
mit Dehnmessstreifen gemessen. Wesentlicher Vorteil des Bohrlochver-
fahrens ist der nur sehr geringe Materialabtrag, der Bohrlochdurchmesser
beträgt nur 1 mm bis 5 mm, die Bohrungstiefe das ein- bis zweifache des

Tabelle 4-1. Zerlegeverfahren für die zerstörende Messung der Eigenspannungen


nach [4-91].

Annahme der Span-


Verfahren Messgrößen Eigenspannungen
nungsverteilung

schichtweises zweiachsig Biegepfeile f ıy


Zerspanen Krümmungen ız
beliebig reduzierte Krümmungen IJzy

Einschneiden einachsig Aufklaffung f teilweiser Span-


örtlich verschieden nungsabbau

linear um ǻ ız
oben Zug- unten Druck-
eigenspannungen

Ausbohren dreiachsig LängenänderungİL ıL


unabhängig von der Umfangsänderung İT ıT
Probenlänge ıR
ıL, ıT, ıR

Aufschlitzen einachsig linear Aufklaffung f teilweiser Span-


nungsabbau
symmentrisch in
Bezug auf die Stabachse um ǻ ız
80 4 Schweißeigenspannungen

Bild 4-16. Prinzipielle Versuchsanordnung zur Bestimmung von Eigenspannun-


gen nach dem Bohrlochverfahren

Bild 4-17. Prinzipielle Versuchsanordnung zur Bestimmung von Eigenspannun-


gen nach dem Ringkernverfahren.

Bohrlochdurchmessers. Der Nachteil des Verfahrens liegt darin, dass nur


oberflächennahe Dehnungen gemessen werden können, die Aussage also
auf die Eigenspannungen nahe der Werkstückoberfläche beschränkt ist.
Beim Ringkernverfahren wird mit einem Kronenfräser eine Ringnut um
einen dreiachsigen DMS gefräst. Der Kern wird dadurch weitgehend aus
dem Kräfteverbund gelöst und entspannt. Da hier auch die Rückfederung
des Kernes gemessen wird, ist die Ermittlung der Eigenspannungsvertei-
lung über die Tiefe möglich.
Beide Verfahren sind zur Messung von Schweißeigenspannungen nur
bedingt geeignet, da steile Spannungsgradienten in der WEZ von
Schweißverbindungen nur bedingt erfassbar sind.
Zu den zerstörungsfreien Messverfahren sind Röntgen-, Ultraschall- und
magnetische Verfahren zu rechnen. Das Röntgenverfahren eignet sich auf-
4.5 Methoden zur Messung von Eigenspannungen 81

grund seiner begrenzten Eindringtiefe nur zur Messung zweiachsiger ober-


flächenparalleler Eigenspannungen, besondere Randbedingungen wie Tex-
turen und Grobkörnigkeiten der Gefüge können zu Messschwierigkeiten
führen.
Tabelle 4-2 zeigt eine Übersicht der Verfahren zur Eigenspannungser-
mittlung und welche Ursachen von Eigenspannungen mit dem jeweiligen
Verfahren messtechnisch erfassbar sind [4-9].

Tabelle 4-2. Übersicht der z. Zt. existierenden Verfahren zum Messen von Eigen-
spannungen nach [4-9].

Ursachen Messverfahren
zerstörend zerstörungsfrei

vollständig teilweise
optische Verfahren
mechanisch-elektrisch sonstige
Ringnut Ring-
Zerlegen Bie-

optische Ver-
Nockensteg

magnetisch
Ausbohren

Ultraschall
Ring-Kern
Abdrehen

Bohrloch

Röntgen
gepfeil

fahren
fuge

thermische A A A A A A A A A
Vorgänge E E E E E E E E
mechanische A A A A A A
Vorgänge E E E E E E E
Oberflächen- A
bearbeitung E E E
A allgemeine Anwendung;
E Weiterentwicklung wünschenswert.
5 Schweißen von unlegierten und
niedrig-legierten Stählen

5.1 Einteilung der Stähle

Stähle sind warmverformbare Eisenlegierungen mit einem Kohlenstoffge-


halt bis 2,0 %. Obwohl einige Chromstähle Kohlenstoffgehalte über 2 %
aufweisen, gilt diese Konzentration als ein Grenzwert für die Trennung
zwischen Stählen und Gusseisen. Nach DIN EN 10020 (EN = Europäische
Norm mit dem Status einer DIN-Norm) werden Stähle nach ihrer chemi-
schen Zusammensetzung in unlegierte und legierte Stähle unterteilt [5-1].
Die Grenzwerte der einzelnen Legierungselemente zur Einteilung der
Stähle sind in Tabelle 5-1 wiedergegeben. Ein Stahl gilt als unlegiert,
wenn die angegebenen Grenzwerte aller Legierungselemente von nur ei-
nem Legierungselement erreicht oder unterschritten werden. Werden die
aufgeführten Konzentrationen überschritten, so wird von einem legierten
Stahl gesprochen. Zusätzlich werden die unlegierten und legierten Stähle
in Hauptgüteklassen unterteilt (Tabelle 5-2). Die legierten Stähle sind im
Gegensatz zu den unlegierten Stählen nicht in der Hauptgüteklasse
„Grundstähle“ vertreten.
Folgende Anforderungen werden an die drei Hauptgüteklassen gestellt:
unlegierte Stähle
− Grundstähle. Diese Stähle sind nicht für eine Wärmebehandlung vorge-
sehen, wobei das Spannungsarm-, Weich- und Normalglühen nicht als
Wärmebehandlung betrachtet wird. Des weiteren sind keine besonderen
Gütemerkmale wie Tiefziehen oder Kaltprofilieren vorgeschrieben. Bis
auf den Silicium- und Mangangehalt sind keine weiteren Beschränkun-
gen für die weiteren Gehalte an Legierungselementen vorgesehen.
− Qualitätsstähle. Für diese Hauptklasse sind keine Anforderungen an den
Reinheitsgrad bezüglich nichtmetallischer Einflüsse zu stellen. Im All-
gemeinen sprechen diese Stähle nicht gleichmäßig auf eine Wärmebe-
handlung an, jedoch sind wegen der höheren Beanspruchung dieser
Werkstoffe besondere Anforderungen hinsichtlich der Sprödbruchemp-
findlichkeit, Korngröße, Verformbarkeit usw. zu stellen.
84 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

− Edelstähle. Edelstähle besitzen einen hinsichtlich nichtmetallischer Ein-


schlüsse höheren Reinheitsgrad gegenüber Qualitätsstählen. Zusätzlich
sind S- und P-Gehalte sowie die Konzentration an Spurenelementen
(z. B. Cu, Co, V für Reaktorbaustähle) stark herabgesetzt oder streng
begrenzt. Sie sprechen auf eine Wärmebehandlung (vorwiegend Vergü-
tung oder Oberflächenhärtung) gleichmäßig an und erfüllen besonders

Tabelle 5-1. Grenzgehalte für unterschiedliche Elemente zur Einteilung in legierte


und unlegierte Stähle nach [5-1].
Vorgeschriebene Elemente Grenzgehalt
Massengehalt in %

Al Aluminium 0,1
B Bor 0,0008
Bi Bismuth 0,1
Co Kobalt 0,1
Cr Chrom 0,3
Cu Kupfer 0,4
La Lanthanide (einzeln gewertet) 0,05
Mn Mangan 1,65
Mo Molybdän 0,08
Nb Niob 0,06
Ni Nickel 0,3
Pb Blei 0,4
Se Selen 0,1
Si Silicium 0,5
Te Tellur 0,1
Ti Titan 0,05
V Vanadium 0,1
W Wolfram 0,1
Zr Zirkon 0,05
Sonstige (mit Ausnahme von Kohlenstoff,
Phosphor, Schwefel, Stickstoff) jeweils 0,05

Tabelle 5-2. Einteilung der unlegierten und legierten Stähle in Hauptgüteklassen


nach DIN EN 10020 [5-1].
Hauptklassen Merkmale
unlegierte Stähle legierte Stähle Analyse
Grundstähle Eigenschaften
Qualitätsstähle Qualitätsstähle und
Edelstähle Edelstähle Anwendung
5.2 Bezeichnung der Stähle 85

hohe Anforderungen an ihre unterschiedlichen Verarbeitungs- oder


Gebrauchseigenschaften wie Schweißeignung, Festigkeit, Verformbarkeit
und Zähigkeit. Weiterhin sind Stähle mit einer Kerbschlagarbeit von über
27 J bei -50°C, aushärtbare ferritisch-perlitische Stähle mit definierten
Kohlenstoffgehalten und Spannbetonstähle zu den Edelstählen zu zählen.

legierte Stähle
− Qualitätsstähle. Sie unterscheiden sich von den unlegierten Qualitäts-
stählen im Wesentlichen durch ihre höheren Gehalte an Legierungsele-
menten (Tabelle 5-1). Jedoch fallen in diese Gruppe zusätzlich die
schweißgeeigneten Feinkornbaustähle, Schienenstähle, Stähle für
Warm- oder kaltgewalzte Flacherzeugnisse und Dualphasenstähle (Ge-
füge aus Ferrit und 10 bis 35 % inselförmig eingelagertem Martensit).
− Edelstähle. Diese Stähle entsprechen in ihren Verarbeitungs- und
Gebrauchseigenschaften weitestgehend den unlegierten Edelstählen.
Wegen der erhöhten Gehalte an Legierungselementen sind die nichtros-
tenden, hitzebeständigen- und warmfesten Stähle, Wälzlagerstähle,
Werkzeugstähle und Stähle mit besonderen magnetischen Eigenschaften
zu dieser Gruppe zu zählen.

5.2 Bezeichnung der Stähle

Die Bezeichnung der Stähle kann auf vielfältige Art und Weise erfolgen.
Im Folgenden sollen kurz die wichtigsten und einige neuere Kennzeich-
nungsarten erläutert werden.

5.2.1 Bezeichnung der un- und niedriglegierten Stähle

Unlegierte Stähle können nach ihrem Kohlenstoffgehalt benannt werden,


wobei ein C als Symbol für Kohlenstoff vorangestellt und der Kohlen-
stoffgehalt mit Faktor 100 nachgestellt wird. Demnach ist ein C 45 ein
unlegierter Qualitätsstahl mit 0,45 % Kohlenstoffgehalt.
Niedriglegierte Stähle enthalten im Allgemeinen nicht mehr als 5 % an
Legierungsbestandteilen Sie werden nach ihren charakteristischen Elemen-
ten bezeichnet. Damit in der Benennung nur ganze Zahlen auftreten, wer-
den anstelle der Gehalte Legierungskennzahlen angegeben. Diese Legie-
rungskennzahlen ergeben sich aus der Multiplikation des jeweiligen Legie-
rungsgehaltes mit einem entsprechenden Faktor. Dabei erhalten die in ge-
ringen Konzentrationen vorkommenden Elemente (P, S, N, C) den Faktor
100, die häufig legierten Elemente (Cr, Co, Mn, Ni, Si, W) den Faktor 4
und die übrigen Elemente (Al, Pb, B, Be, Cu, Mo, Nb, Ta, Ti, V, Zr) den
86 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Faktor 10. Die Kennzahl des Kohlenstoffes als wichtigstes Legierungsele-


ment wird der Stahlkurzbezeichnung vorangestellt, dann folgt die Nennung
der charakteristischen Elemente und schließlich die jeweiligen Legie-
rungskennzahlen in der entsprechenden Reihenfolge. So handelt es sich
z. B. bei einem

13 CrMo 4-4

um einen Stahl mit einem mittleren Gehalt von 0,13 % Kohlenstoff, 1 %


Chrom und 0,4 % Molybdän gemäß DIN EN 10028 Teil 2.

5.2.2 Bezeichnung der Stähle gemäß DIN EN 10027

Zur Identifikation von Stählen erschien im September 1992 die DIN EN


10027 Teil 1 und Teil 2. Diese Norm legt die Regeln für die Bezeichnung
der Stähle durch Kennbuchstaben (Teil 1) und durch Werkstoffnummer
(Teil 2) fest [5-9]. In Verbindung mit dem CEN-Bericht CR 10260:1998,
in dem Zusatzsymbole aufgeführt sind, die in Deutschland in DIN V
17006 Teil 100 veröffentlicht sind, wird so eine vollständige Bezeichnung
der Stähle möglich [5-10].

5.2.2.1 Kennzeichnung nach Kurznamen gemäß DIN EN 10027


Teil 1
Demnach wird beispielsweise der gemäß der alten Norm DIN 17100 als
St52-3 bekannte Stahl, als

S 355 J2G3 C

bezeichnet. Der Buchstabe (S) gibt einen Hinweis auf die Verwendung des
Stahles. Dabei wird im Wesentlichen zwischen den folgenden Stählen un-
terschieden:
S = Stähle für den allgemeinen Stahlbau
P = Stähle für den Druckbehälterbau
L = Stähle für den Rohrleitungsbau
E = Maschinenbaustähle
B = Betonstähle
Die erste Zahl (355) benennt die Mindeststreckgrenze ReH des Stahles in
N/mm2. Darüber hinaus besteht die Bezeichnung des Stahles noch aus Zu-
satzsymbolen, die beispielsweise Auskunft über die Gütegruppen geben,
Tabelle 5-3.
5.2 Bezeichnung der Stähle 87

Tabelle 5-3. Gütegruppen nach DIN EN 10025 [5-39].

Gütegruppe JR J0 J2G3 J2G4 K2G3 K2G4

Wärmebehandlung frei frei N frei N frei


Temperatur +20°C 0°C -20°C -20°C -20°C -20°C
Kerbschlagarbeit 27J 27J 27J 27J 40J 40J
N = normalgeglüht oder normalisierend gewalzt

In Tabelle 5-4 ist die Bezeichnung nach Kurznamen auszugsweise zu-


sammenfassend dargestellt [5-9].

(G)X NNN AA

z. B. S 690 QL1
S 460 NH
P 460 NH

Tabelle 5-4. Bezeichnungsschema nach mechanischen und physikalischen Eigen-


schaften für Stähle nach DIN EN 10027 (Kurzübersicht) [5-4].

Eigenschaft
Hauptsymbole (G)X Anhang (AA) z. B. Zusatzsymbole z.B.
(NNN)
C: Besonders +H Besondere
B: Betonstähle ReH
kaltumformbar Härtbarkeit
E: Maschinenbaustähle ReH F: Schmiedegeeignet +Z15 Z-Güte >15%
+AR Aluminium-
G: Stahlguss (Option) G: Andere Güten (Option)
walzplattiert
L: Stähle für Rohr-
ReH H: Hohlprofile +Z Feuerverzinkt
leitungsbau
P: Stähle für Druck- +ZE Elektrolytisch
ReH J: KV = 27 J
behälter verzinkt
S: Stähle für den Stahl-
ReH K: KV = 40 J +TA Weichgeglüht
bau
L: Kaltzäh
(Feinkornstähle) +C Kaltverfestigt
KV = 60 J (Baustähle)
+Q Abgeschreckt
bzw. gehärtet
88 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen
5.2 Bezeichnung der Stähle 89
90 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

5.2.2.2 Kennzeichnung durch Werkstoffnummern nach DIN EN


10027 Teil 2
Gemäß DIN EN 10027 Teil 2 ist der Aufbau der Werkstoffnummern wie
folgt gegliedert:
1. XX YY
1.: Werkstoffhauptgruppennummer (1 – Stahl)
XX: Stahlnummer, siehe Tabelle 5.5
YY: Zählnummer
Damit entspricht dieses System im Wesentlichen den in der zurückgezoge-
nen DIN 17007 Teil 2 beschriebenen Bezeichnungen.

5.3 Einfluss der Legierungs- und Begleitelemente


auf die Eigenschaften von Stählen

Im Abschnitt 2 wurde bereits der Einfluss der einzelnen Legierungsele-


mente auf die Phasenumwandlung und damit auf die Gefügeausbildung der
Stähle beschrieben. Daneben besitzen alle Elemente einen Einfluss auf die
mechanischen Eigenschaften, indem sie die Verformungsmechanismen
behindern, damit die Festigkeit erhöhen und gleichzeitig die Verformungs-
fähigkeit herabsetzen. In der Wirkung unterscheiden sich die Elemente, je
nachdem, ob sie in der Eisenmatrix gelöst oder als Ausscheidungen vorlie-
gen.

Kohlenstoff

Kohlenstoff besitzt den stärksten Einfluss auf die Festigkeitseigenschaften


von Stahl. Er liegt in unlegierten und niedriglegierten Baustählen sowohl
atomar im Gitter gelöst als auch im Zementit (Fe3C) des Perlits gebunden
vor. Die Löslichkeit des Kohlenstoffes in Ferrit (Į-Eisen) ist auf 0,02 %
begrenzt, vgl. Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Seine Fähigkeit, dadurch die
Festigkeit des Stahles durch Mischkristall- und Ausscheidungshärtung zu
erhöhen und gleichzeitig die Härtbarkeit durch Senken der kritischen Ab-
kühlgeschwindigkeit zu gewährleisten, machen den Kohlenstoff zum
wichtigsten Stahlbegleitelement.

Silicium

Silicium ist neben Mangan und Aluminium wegen seiner hohen Affinität
zu Sauerstoff eines der wichtigsten Desoxidationsmittel. In unberuhigt
5.3 Einfluss der Legierungs- und Begleitelemente 91

vergossenen Stählen sind nur geringe Mengen Silicium enthalten, Si-


beruhigte Stähle weisen Siliciumgehalte um 0,2 % auf. In unlegierten und
niedriglegierten Stählen liegt Silicium in der Regel als Mischkristall vor,
da die Löslichkeit des Siliciums in Eisen nahezu 14 % beträgt. Aus diesem
Grund werden die Zugfestigkeit und die Streckgrenze nur geringfügig er-
höht und die Einhärtbarkeit durch Absenkung der kritischen Abkühlge-
schwindigkeit leicht verbessert. Wird gute Verformbarkeit verlangt, sollte
der Siliciumgehalt begrenzt bleiben, da die Kerbschlagzähigkeit von Bau-
stählen bei Gehalten über 2 % stark beeinträchtigt wird. Siliciumgehalte
über 0,65 % sind beim Schmelzschweißen problematisch, da es zur Bil-
dung von zähflüssigen Si-Oxyden, Poren und Rissen kommen kann [5-11].

Mangan

Der Mangangehalt kann in unlegierten Stählen bis zu 1,6 % betragen. Fer-


rit löst bei Raumtemperatur ungefähr 10 % Mangan, so dass sich in der
Regel auch bei höheren Gehalten keine gesonderte Phase bildet. Mangan
wirkt desoxidierend, allerdings ist seine Wirkung nicht so stark wie die des
Siliciums. Es steigert die Zugfestigkeit und Streckgrenze, ohne dabei wie
Kohlenstoff die Zähigkeit zu verschlechtern. Zusätzlich senkt Mangan die
kritische Abkühlgeschwindigkeit und stellt ein wirkungsvolles und preis-
günstiges Mittel zur Durchhärtung und Vergütung von Stahl dar. Die wich-
tigste Eigenschaft des Mangans ist die Fähigkeit, Schwefel in Form von
MnS oder als manganreiche Sulfide abzubinden und so die Rotbruch- und
Heißrissgefahr infolge gering verformbarer, niedrigschmelzender Fe-S-
Phasen zu verhindern. Beim Walzen werden diese Manganverbindungen
zeilenförmig in Walzrichtung gestreckt, so dass sich die Zähigkeit in
Walzrichtung von der in Querrichtung unterscheidet. Von Bedeutung für
das Schweißen ist Mangan insbesondere durch die Reduzierung der Heiß-
rissgefahr in Gegenwart von Schwefel. Allerdings ist zu berücksichtigen,
dass die Aufhärtung durch Mangan verstärkt wird.

Phosphor

Die Verformungseigenschaften von Stahl werden schon durch geringe


Mengen an Phosphor stark vermindert. Zudem besitzt Phosphor in Eisen
eine sehr geringe Diffusionsgeschwindigkeit, vergrößert das Intervall zwi-
schen Solidus- und Liquidustemperatur und hat daher starke Seigerungen
zur Folge. Da die Versprödung in diesen Zonen durch die vergleichsweise
starke Phosphoranreicherung verstärkt auftritt, ist der Phosphorgehalt auf
geringe Mengen zu begrenzen. Nur bei Sonderanwendungen (z. B. Auto-
matenstähle) werden höhere Phosphorgehalte eingestellt. Auch die Be-
ständigkeit gegen atmosphärische Korrosion wird durch Phosphor verbes-
92 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

sert. Insgesamt überwiegen jedoch die Nachteile, so dass der Phosphorge-


halt begrenzt bleiben soll. Dies gilt insbesondere für die Schweißeignung,
da höhere Phosphorgehalte (> 0,06 %) zu unzulässigen Versprödungen
führen.

Schwefel

Aufgrund der niedrigen Löslichkeit von Schwefel in Eisen zählt Schwefel


zu den stark seigernden Elementen. Schon geringe Mengen haben die Bil-
dung von Eisensulfid in Form von nichtmetallischen Einschlüssen zur Fol-
ge. Diese Einschlüsse führen im Temperaturbereich von 800 bis 1000°C
zur Warmbrüchigkeit durch Abnahme der Verformbarkeit und oberhalb
von 1200°C zum Heißbruch infolge der niedrigschmelzenden Fe-FeS-
/FeO-FeS-Eutektika, die bevorzugt an den Korngrenzen auftreten. Beson-
ders beim Schweißen kann es deshalb an den Korngrenzen zu örtlichen
Aufschmelzungen und interkristalliner Rissbildung kommen. Durch eine
Zugabe von Mangan, welches eine höhere Schwefelaffinität besitzt als
Eisen, kann die schädliche Wirkung vermindert werden, da das sich bil-
dende Mangansulfid erst bei 1610°C schmilzt und vergleichsweise gut
verformbar ist. Bei Automatenstählen wird sich durch die gezielte Schwe-
fel- und Manganzugabe die geringe Festigkeit des Mangansulfids zunutze
gemacht, um einen kurzabrechenden Span bei der Bearbeitung zu erzielen.
Bei sehr hohen Anforderungen an die Verformbarkeit ist der Schwefelge-
halt jedoch bis auf 0,001 % zu begrenzen [5-12].

Chrom

Chrom ist eines der wichtigsten Legierungselemente. Es erhöht sowohl die


Zugfestigkeit als auch die Streckgrenze von Stahl und steigert dessen Ein-
härtbarkeit durch Herabsetzung der kritischen Abkühlgeschwindigkeit,
ohne seine Zähigkeit stark zu beeinträchtigen. Daneben verbessern schon
geringe Chromgehalte ab rd. 1 % die Warmfestigkeit durch Mischkristall-
bildung und Karbidausscheidung. Beim Schweißen ist die höhere Aufhär-
tung der Chromstähle, besonders in der Wärmeeinflusszone zu berücksich-
tigen. Gegebenenfalls sind geeignete Maßnahmen wie Vor- oder Nach-
wärmen anzuwenden.

Aluminium

Aluminium wird neben Silicium als Desoxidationsmittel, besonders zur


vollständigen Desoxidation (Sauerstoffgehalt < 0,003 %) eingesetzt. In
Verbindung mit Stickstoff entstehen Al-Nitride, die bei der Į/Ȗ-
Umwandlung keimbildend wirken und zusätzlich durch Behinderung des
5.3 Einfluss der Legierungs- und Begleitelemente 93

Kornwachstums die Feinkörnigkeit des Endgefüges maßgeblich fördern.


Die Feinkörnigkeit des Gefüges wirkt sich positiv auf Festigkeits- und
Zähigkeitswerte aus.

Kupfer

Kupfer wird in der Regel zur Verbesserung der Witterungsbeständigkeit


eingesetzt, da es bei Gehalten von 0,2 % bis 0,5 % die Bildung von festen
Deckschichten begünstigt, welche ein weiteres Rosten des Stahles behin-
dern. Zudem erhöht es die Streckgrenze und die Zugfestigkeit, ist als Mit-
tel zur Härtbarkeit jedoch wirtschaftlich nur dann sinnvoll einsetzbar,
wenn ein zusätzlicher Korrosionsschutz gefordert ist.

Stickstoff

Stickstoff ist bei Raumtemperatur praktisch unlöslich in Į-Eisen. Schon


geringe Stickstoffgehalte im Bereich von 0,01 % haben in unlegierten
Stählen eine starke Reduzierung der Verformungsfähigkeit zur Folge. Be-
sonders die Kerbschlagzähigkeit wird stark gemindert wobei die Wirkung
des Phosphors deutlich übertroffen wird. Weitere schädliche Versprödun-
gen sind die durch Stickstoffausscheidungen hervorgerufene Abschreckal-
terung und die Reckalterung nach Kaltverformung. Da auch die Schweiß-
barkeit durch Stickstoff stark beeinträchtigt wird, ist der Gehalt auf ge-
ringste Mengen zu beschränken. In Verbindung mit Elementen, die fein-
disperse Nitride und Karbonitride bilden, wie Al, Ti, V und Nb, kann ein
entsprechender Stickstoffgehalt hingegen die Bildung eines feinkörnigen
Gefüges mit guten Festigkeits- und Zähigkeitswerten begünstigen. Dieser
Effekt wird bei Feinkornbaustählen zur Festigkeitssteigerung genutzt.

Molybdän

Molybdän steigert in erster Linie die Härtbarkeit und die Warmfestigkeit.


Durch die Bildung von Sonderkarbiden werden die Anlassbeständigkeit
und der Verschleißwiderstand entsprechend erhöht. Daneben besitzt Mo-
lybdän eine kornfeinende Wirkung. In Stählen wird in der Regel bis zu
1 % Molybdän zulegiert.

Nickel

Nickel verbessert die Durchhärtbarkeit und steigert die Festigkeit, ohne die
Dehnungswerte nennenswert zu verringern. Seine Fähigkeit, die Zähigkeit
94 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

besonders bei tiefen Temperaturen in starkem Maße zu erhöhen, und die


kornfeinende Wirkung machen Nickel zum wichtigen Legierungselement
für höherfeste Baustähle mit besonderen Zähigkeitsanforderungen und für
Vergütungs- bzw. Einsatzstähle. Die Schweißbarkeit beeinträchtigt ein
Nickelzusatz nicht.

Vanadium, Titan, Niob

Diese drei Elemente werden zur Feinkornhärtung in höherfesten Baustäh-


len eingesetzt, da sie das Wachstum des Austenitkornes und eine Rekristal-
lisation behindern. Eine weitere Festigkeitssteigerung wird durch die Aus-
scheidungshärtung infolge von Karbid-, Karbonitrid- und Nitridbildung
erreicht. Der Einsatz der Elemente bis zu Gehalten von max. 0,1 %, meist
in Verbindung mit einer thermomechanischen Behandlung, führt zu einer
hohen Festigkeit bei guten Zähigkeitseigenschaften. Die kornfeinende
Wirkung von Titan und Niob ist dabei deutlich stärker als die des Vanadi-
ums.
In Tabelle 5-6 sind chemische Zusammensetzungen und die mechani-
sche Kennwerte einiger gebräuchlicher Baustähle aufgeführt.
Es wird deutlich, wie stark die mechanischen Eigenschaften von Stählen
durch die chemische Zusammensetzung beeinflusst werden. Der Stahl
S 355 J2G3 steht hier als Grundtyp des heute gebräuchlichen Baustahles.
Abgesehen von einem leicht erhöhten Si-Gehalt zur Desoxidation handelt
es sich hier um einen unlegierten Baustahl. Der Stahl S 500 Q ist ein typi-
scher Feinkornbaustahl. Durch Zulegieren von Karbidbildnern wie Cr und
Mo sowie von kornfeinenden Elementen wie Nb und V wird in diesem
Stahl ein sehr feinkörniges Gefüge mit entsprechend verbesserten Festig-
keitswerten eingestellt. Der Kesselstahl H IV ist ein warmfester Stahl, der
bis zu einer Temperatur von 400°C eingesetzt wird. Dieser Stahl weist eine
relativ geringe Festigkeit bei sehr guten Zähigkeitswerten auf. Diese Zä-
higkeit verdankt er dem erhöhten Mangangehalt von über 0,6 %. Beim WT
St 510-3 handelt es sich um einen wetterfesten Baustahl, dessen mechani-
sche Eigenschaften denen des S 355 J2G3 ähnlich sind. Durch Zugabe von
entsprechenden Gehalten an Cr, Cu und Ni wird erreicht, dass gebildete
Oxidschichten fest am Werkstück haften. Diese Schichten bremsen die
weitere Korrosion des Stahles. EH 36 ist ein Schiffbaustahl, dessen Eigen-
schaften weitgehend denen üblicher Baustähle entsprechen. Wegen der
besonderen Güteanforderungen der Schiffsklassifikationsgesellschaften
(hier: Kerbschlagarbeit) wird diese Stähle zu einer eigenen Stahlgruppe
zusammengefasst.
5.3 Einfluss der Legierungs- und Begleitelemente 95
96 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

5.4 Schweißbare Feinkornstähle

Allgemeine Baustähle nach DIN EN 10025 (früher: DIN 17100) erhalten


ihre Festigkeit hauptsächlich durch den Kohlenstoff, der als Perlit im Ge-
füge vorliegt [5-13]. Die Möglichkeit der Festigkeitssteigerung durch Koh-
lenstoff in Verbindung mit einer Wärmebehandlung wird jedoch dadurch
begrenzt, dass mit zunehmendem Perlitanteil die Sprödbruchneigung zu-
und die Schweißeignung abnimmt. In den 50er Jahren lagen die oberen
Streckgrenzen für Kohlenstoff-Mangan-Stähle in Pipelinekonstruktionen
bei rund 360 N/mm2 und konnten nur durch eine Anhebung der Kohlen-
stoff- und Mangangehalte erhöht werden, jedoch unter gleichzeitiger Ver-
ringerung von Zähigkeit und Schweißeignung. Die immer höheren Anfor-
derungen der Stahlverarbeiter an den Werkstoff Stahl führten zur Entwick-
lung höherfester Feinkornstähle, deren verbesserten Festigkeits- und Zä-
higkeitswerte durch das Zulegieren geringer Mengen an Vanadin und/oder
Niob erzielt wurden. Bild 5-1 zeigt den geschichtlichen Ablauf der Ent-
wicklung von Feinkornstählen (hier: Rohrstähle).

Bild 5-1. Entwicklung von Rohstählen [5-14]

Diese Darstellung zeigt, dass die Legierungstechnik zwar zu einer Ver-


besserung der Festigkeitswerte führte, aber erst mit Einführung einer ver-
besserten Walztechnik konnten deutliche Fortschritte in der Festigkeit und
Sprödbruchsicherheit erzielt werden. Durch diesen entscheidenden Schritt
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 97

Ende der 60er Jahre war es möglich, den Kohlenstoffgehalt zu senken und
hierdurch sowohl Zähigkeit als auch Schweißeignung des Werkstoffes zu
verbessern.

5.4.1 Auswirkung der Kornfeinung auf die Eigenschaften der


Feinkornstähle

Bei den Feinkornstählen kommt der kornfeinenden Wirkung bezüglich der


Festigkeitseigenschaften eine wichtige Bedeutung zu. Bei gleicher Tempe-
ratur steigt die Streckgrenze eines Stahles mit abnehmender Korngröße an,
da die Korngrenzflächen zunehmen und die Korngrenzen als Hindernisse
für die ablaufenden Verformungsmechanismen (Versetzungsbewegung)
wirken (Bild 5-2). Der Grund für die Verbesserung der mechanischen Ei-
genschaften kann wie folgt erklärt werden:

Bild 5-2. Einfluss der Ferritkorngröße d-1/2 in mm-1/2 auf die untere Streckgrenze
bei verschiedenen Temperaturen und Dehngeschwindigkeiten [5-15].
98 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Liegt eine Eisenprobe als Einkristall vor, so bedeutet dies, dass alle ku-
bischen Elementarzellen mit ihren Flächen aneinander liegen und somit
eine einheitliche kristallographische Orientierung besitzen. Technische
Stähle sind jedoch polykristalline Werkstoffe, es liegt also eine regellose
Verteilung der Orientierungen der einzelnen Körner vor. Innerhalb eines
Kornes liegt aber nur eine kristallographische Orientierung der Elementar-
zellen vor, das Nachbarkorn besitzt eine andere Orientierung. An der
Grenzfläche dieser beiden Körner entsteht aufgrund der beiden unter-
schiedlichen Ausrichtungen der Kristalle eine Korngrenze. Durch Anlegen
einer Spannung (im Korn selber wirkt diese Spannung als Schubspannung)
setzt innerhalb eines Kornes eine Bewegung der Versetzungen ein. Die
Versetzungen können sich jedoch nur auf speziellen Ebenen (sogenannte
Gleitebenen) bewegen. Trifft die Versetzung auf eine Korngrenze, so stellt
diese ein Hindernis dar, da das benachbarte Korn und somit auch die
Gleitebene, auf der sich die Versetzung bewegen kann, eine andere kristal-
lographische Orientierung besitzt. Selbst durch eine Erhöhung der Schub-
spannung kann wegen der großen Orientierungsunterschiede in vielen Fäl-
len die Korngrenze durch die Versetzung nicht überwunden werden. Hier-
aus folgt, dass ein feinkörniges Gefüge, bedingt durch die überproportional
große Anzahl an Korngrenzen, sehr viele Versetzungen blockiert. Als Fol-
ge der Versetzungsblockierung ergeben sich ein Anstieg der Streckgrenze
und eine Erhöhung der Zugfestigkeit.
Dieser Einfluss auf die Fließspannung Rel wird durch die Hall-Petch-
Beziehung beschrieben:
Rel = σ i + K ⋅ 1 / d .

Demnach ist die Streckgrenzensteigerung umgekehrt proportional zur


Wurzel des mittleren Korndurchmesser d. ıi steht für die innere Reibspan-
nung des Werkstoffes, welche auch die übrigen festigkeitssteigernden Me-
chanismen beinhaltet. Der Korngrenzwiderstand K ist ein Maß für den
Einfluss der Korngröße auf die Verformungsmechanismen.
Neben dem Anstieg der Streckgrenze führt die Kornfeinung auch zu ei-
ner deutlichen Steigerung der Zähigkeit. Die verbesserte Zähigkeit von
Feinkornstählen resultiert aus der größeren Anzahl von aktivierbaren
Gleitebenen in feinkörnigen Gefügen. In grobkörnigem Gefüge stehen den
Versetzungen nicht so viele Gleitebenen zur Verfügung, so dass grobkör-
niges Gefüge bei gleichem Gefüge (Ferrit, Perlit, Bainit oder Martensit) in
einem Zugversuch eine geringere Brucheinschnürung besitzt. Durch fein-
körniges Gefüge wird auch die Übergangstemperatur im Kerbschlagbiege-
versuch zu tieferen Temperaturen verschoben, d. h., der Übergang von
zähem zu sprödem Versagen der Kerbschlagprobe liegt bei niedrigeren
Temperaturen.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 99

Feinkornstähle enthalten sogenannte Mikrolegierungselemente, die in


Verbindung mit Stickstoff und Kohlenstoff Karbid-, Karbonitrid- und Nit-
ridausscheidungen bilden. Die Ausscheidungen blockieren die Austenit-
korngrenzen und verringern hierdurch das Wachstum der Korngrenzen
oder die Rekristallisationsgeschwindigkeit des Austenits. Hieraus resultiert
eine wesentliche Kornverfeinerung, die zu den verbesserten mechanisch-
technologischen Eigenschaften dieser Stähle führt. In [5-16] werden als
metallische Mikrolegierungselemente Aluminium, Niob, Titan, Vanadin
und Zirkon und die Nichtmetalle Bor, Phosphor und Tellur als Mikrolegie-
rungselemente aufgeführt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass ein mit
Aluminium beruhigter Stahl (z. B. S 355 J2G3) nicht aufgrund seines Ge-
haltes an Aluminium als ein mikrolegierter Feinkornstahl bezeichnet wer-
den kann. Technisch die größte Bedeutung haben die metallischen Mikro-
legierungselemente erlangt, jedoch ist in letzter Zeit zunehmend Bor zur
Herstellung ferritisch-bainitischer Feinkornstähle eingesetzt worden [5-
17]. Allen metallischen Mikrolegierungselementen ist die Tendenz zur
Bildung von Karbiden und Nitriden gemein.
Als ein weiterer Mechanismus zur Steigerung der Festigkeit von Fein-
kornstählen ist die Ausscheidungshärtung zu zählen. Hierzu sind jedoch
nur die Metalle Titan, Vanadin und Niob in der Lage. Auch bei der Aus-
scheidungshärtung beruht das Prinzip der Streckgrenzenerhöhung auf der
Behinderung der Versetzungsbewegung bei Verformung. Trifft eine Ver-
setzungslinie auf eine Ausscheidung, so muss diese Ausscheidung umgan-
gen (Orowan-Mechanismus) oder geschnitten werden (Mechanismus nach
Kelly und Fine). Liegen die Ausscheidungen fein verteilt und dicht beiein-
ander in der Ferritmatrix vor, so werden die Teilchen bevorzugt geschnit-
ten; im umgekehrten Fall, dass die Abstände der Teilchen zueinander groß
sind, müssen sie umgangen werden. Prinzipiell nimmt mit kleinerem Teil-
chendurchmesser und steigendem Volumenanteil (d. h. viele kleine Aus-
scheidungen mit geringen Abständen zueinander) die Streckgrenze zu. Bei
der Ausscheidungshärtung von Feinkornstählen erfolgt die Bewegung der
Versetzungslinien überwiegend nach dem Orowan-Mechanismus. Die
Auswirkung der Ausscheidungshärtung und die Größe der Ausscheidun-
gen in Feinkornstählen (schraffierter Bereich) sind im Bild 5-3 dargestellt.
Eine zusätzliche Festigkeitssteigerung wird durch eine Mischkristallbil-
dung erzielt. Die unterschiedlichen Ursachen der Streckgrenzenerhöhung
durch eine Mischkristallbildung sollen hier nicht detailliert beschrieben
werden, es soll lediglich der Hinweis genügen, dass durch eingelagerte
Fremdatome auf Zwischengitterplätzen (Einlagerungsmischkristall) oder
durch Substitution der Atome des Grundgitters (Substitutionsmischkris-
tall), eine Verzerrung des Metallgitters erfolgt, was wiederum zu einer
Erhöhung der Streckgrenze führt.
100 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Bild 5-3. Errechnete Streckgrenzenerhöhung von Ferrit durch harte Teilchen mit
unterschiedlichen Volumenanteilen (schraffierter Bereich entspricht der Größe
von Ausscheidungen in Feinkornstählen) [5-18].

Bild 5-4. Einfluss von festigkeitssteigernden Maßnahmen auf die mikroskopische


Spaltbruchspannung ıf* und die Streckgrenze Re als Funktion der Temperatur
[5-19].

Alle drei Mechanismen zur Erhöhung der Streckgrenze finden bei der
Herstellung der Feinkornstähle Anwendung. Jedoch muss dabei berück-
sichtigt werden, dass lediglich durch eine Kornfeinung eine Verbesserung
der Zähigkeit bei gleichzeitiger Steigerung der Streckgrenze möglich ist.
Bild 5-4 verdeutlicht zusammenfassend die Auswirkungen der festig-
keitssteigernden Maßnahmen und deren Einfluss auf die Sprödbruchnei-
gung von Stählen. Ausscheidungshärtung, Mischkristall- und Kaltverfesti-
gung erhöhen zwar deutlich die Streckgrenze, jedoch wird die mikroskopi-
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 101

sche Spaltbruchspannung ıf* nur geringfügig beeinflusst. Dies bedeutet,


dass solche Stähle eine höhere Übergangstemperatur und damit ein un-
günstigeres Sprödbruchverhalten aufweisen. Dagegen kann mit Hilfe der
Kornfeinung die Streckgrenze erhöht und gleichzeitig die Übergangstem-
peratur gesenkt werden, da die mikroskopische Spaltbruchspannung etwa
um den Faktor 4 angehoben wird.

5.4.2 Einteilung von Feinkornstählen

Die Einteilung der Baustähle erfolgt in Abhängigkeit ihres Behandlungs-


zustands in 3 Gruppen:
− normalgeglühte Feinkornbaustähle (N) nach DIN EN 10113 Teil 1 und
2 [5-49];
− thermomechanisch behandelte Feinkornbaustähle (TM) nach DIN EN
10113 Teil 1 und 3 [5-49];
− vergütete Feinkornbaustähle (V) nach DIN EN 10137 [5-50].

In den Bildern 5-5a und 5-5b sind die Gefüge eines gewöhnlichen Bau-
stahles (S 355 J2G3) und das eines Feinkornbaustahles (P 460 NH) ver-
gleichend gegenübergestellt. Es wird deutlich, dass der mittlere Korn-
durchmesser im Anlieferungszustand und identischer Wärmebehandlung
(Normalglühung) bei dem Feinkornstahl wesentlich kleiner ist als bei nor-
malfestem Baustahl.

Bild 5-5. a) Geglühter Baustahl S 355 J2G3; b) Normalgeglühter Feinkornstahl


P 460 NH.

Alle Feinkornbaustähle weisen einen verhältnismäßig geringen Kohlen-


stoffgehalt auf, der aus schweißtechnischen Gründen 0,2 % C nicht über-
102 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

schreiten sollte, eine begrenzte Zugabe von Legierungselementen, einen


mehr oder weniger großer Aushärtungseffekt und ein feines Korn, das im
Zusammenspiel zwischen keimbildenden Ausscheidungen und einer Wär-
mebehandlung eingestellt wird. Die Ausscheidungen sind Verbindungen
zwischen zulegierten Mikrolegierungselementen, wie Vanadin, Niob, Titan
und Aluminium, und dem vorhandenen oder besonders zugegebenen
Stickstoff.
Schweißgeeignete, normalgeglühte Feinkornstähle nach DIN EN 10113
sind Stähle, deren Mindeststreckgrenze im Bereich von 255 N/mm2 bis
500 N/mm2 liegt. Die Stähle sind durch den Einsatz der Mikrolegierungs-
elementen zur Festigkeitssteigerung und der Begrenzung des Kohlenstoff-
gehaltes sprödbruchunempfindlich und besitzen sehr tiefe Übergangstem-
peraturen. Obwohl normalisierte Feinkornstähle Mikrolegierungselemente
enthalten, kommt den konventionellen Legierungselementen Mangan, Sili-
cium, Nickel, Kupfer, Chrom und Molybdän die größere Bedeutung zu
[5-17]. Sie dienen im Wesentlichen zur Steigerung der Mischkristallhärte.
In der Regel sind normalgeglühte Feinkornstähle gut schweißgeeignet,
allerdings wird für die Qualitäten S 380 N bis S 500 Q bei größeren
Blechdicken eine Vorwärmung empfohlen, um Aufhärtungen in der WEZ
und somit die Kaltrissanfälligkeit zu begrenzen.
Thermomechanisch (TM) behandelte Feinkornstähle werden einer ge-
zielten Umformung durch Warmwalzen im Austenitgebiet unterzogen.
Durch die gesteuerte Rekristallisation erhält man eine feinkörnige Gefüge-
ausbildung im Austenitgebiet. Eine schnelle gezielte Abkühlung und/oder
der Einsatz von Mikrolegierungselementen verhindern eine Kornvergröbe-
rung, so dass sich bei der Ȗ/Į-Umwandlung ein optimales Gefüge einstellt.
Diese Gruppe von Feinkornstählen ist üblicherweise mit Mindeststreck-
grenzen zwischen 290 N/mm2 und 700 N/mm2 erhältlich. Kennzeichnend
für diese TM-Stähle ist der niedrige Kohlenstoffgehalt, welcher sich zwi-
schen 0,03 % und etwa 0,12 % bewegen kann und bei gleicher Festigkeit
im Allgemeinen unter dem von normalgeglühten Feinkornstählen liegt.
Der sehr niedrige Kohlenstoffgehalt der TM-Stähle ist die Grundlage für
ihre gute Schweißeignung. Im Vergleich zu normalgeglühtem Stahl besitzt
ein thermomechanisch behandelter Stahl höhere Festigkeitswerte bei
gleichzeitig verbesserten Zähigkeitseigenschaften. Eine Wärmebehandlung
eines TM-Stahles, z. B. durch Normalglühen, verschlechtert dessen Eigen-
schaften, da der optimale Walzzustand irreversibel verändert wird.
Die Eigenschaften der vergüteten, meist wasservergüteten Feinkornstäh-
le beruhen neben der Feinkörnigkeit auch auf den Festigkeits- und Zähig-
keitswerten des niedriggekohlten, hoch angelassenen (600°C bis 680°C)
Martensits (Bild 5-6). Durch das Anlassen scheidet sich aus dem Martensit
ein sehr feinkörniges ferritisches Sekundärgefüge mit feinverteilten Karbi-
den aus. Zugaben von Nickel erhöhen die Zähigkeit, Chrom und Molybdän
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 103

die Durchvergütbarkeit. Stähle dieser Art werden heute mit Mindeststreck-


grenzen von bis zu 960 N/mm2 hergestellt und schweißtechnisch verarbei-
tet. Das Gefüge in der WEZ sollte nach dem Schweißen aus Martensit und
Bainit bestehen. Rein martensitische Gefüge wären sonst bei Anwesenheit
von Wasserstoff kaltrissgefährdet [5-22].

Bild 5-6. Mikrogefüge eines wasservergüteten und mikrolegierten Feinkornbau-


stahls (S 690 QL)

Neben der Einteilung der normalisierten, thermomechanischen und ver-


güteten Feinkornstählen wird häufig eine Unterscheidung zwischen den
perlitreduzierten (PR) und den perlitfreien (PF) Feinkornstählen getroffen.
Dabei gilt definitionsgemäß, dass perlitreduzierte Stähle einen Perlitanteil
von bis zu 25 % und perlitfreie Stähle einen Perlitanteil von unter 5% be-
sitzen. Das Gefüge von PR-Stählen setzt sich vorwiegend aus polygonalem
Ferrit zusammen, wohingegen bei PF-Stählen neben dem polygonalen
auch feinnadeliger Ferrit auftritt. Normalisierte Stähle besitzen üblicher-
weise ein Gefüge aus polygonalem Ferrit mit weniger als 25% Perlit, TM-
Stähle sind als PR- und PF-Stähle erhältlich [5-17].
104 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

5.4.3 Einsatzgebiet für Feinkornstähle

Die wesentlichen Vorteile für den Einsatz der mikrolegierten Feinkorn-


stähle gegenüber den herkömmlichen Baustählen ergeben sich aus wirt-
schaftlichen Überlegengen. Aufgrund der deutlich besseren mechanischen
Eigenschaften des Feinkornstrahles sind beachtliche Materialeinsparungen
und entschieden leichtere Konstruktionen möglich. Neben den damit ver-
bundenen verringerten Transportkosten und der leichtern Handhabung
führt dies auch zu bedeutenden Materialeinsparungen im Nahtquerschnitt
und somit zu geringeren Kosten beim Erstellen von Schweißkonstruktio-
nen. Zum einen wird wegen einer geringeren Blechdicke für die Schweiß-
verbindung weniger Schweißzusatzwerkstoff benötigt, und zum anderen
werden infolge des verringerten Bedarfes an Schweißgut die Schweißzei-
ten und somit die Personalkosten erheblich reduziert.
Aus diesen Gründen ist der Einsatz von hochfesten Feinkornstählen bei
Schweißkonstruktionen im Anlagen- und Apparatebau trotz der höheren
Grundwerkstoffkosten häufig sinnvoll. In Tabelle 5-7 ist ein Vergleich der
Kosten für eine Großkrankonstruktion aus verschiedenen Baustählen auf-
geführt. Es ist klar ersichtlich, dass bei Einsatz des S 235 JR die Kosten
etwa fünfmal höher liegen als bei der Verwendung des S 960 QL. Dieser
hochfeste Feinkornstahl wird heute überwiegend im Kranbau für alle tra-
genden Stahlbaugruppen eingesetzt. In erster Linie steht beim Bau solcher
Spezialkrane die Reduktion der Eigenmasse bei gleichzeitiger Erhöhung
der Mobilität und Tragfähigkeit im Vordergrund. Nur mit Hilfe dieser
Stähle sind Auto-, Mobil- und Raupenkrane mit Tragfähigkeiten von
1000 t und mehr realisierbar.
Ihre hohe Zähigkeit in Kombination mit einer hohen Streckgrenze
machen Feinkornstähle auch für den Einsatz im Rohrleitungsbau interes-
sant. Pipelinestähle werden heute bis zu einer Festigkeitsklasse des X 80
(amerikanische Bezeichnung des Pipelinestahles, entspricht etwa der Fes-
tigkeit eines S 500) hergestellt. Für den Pipelinebau werden jedoch vor-
wiegend normalisierte oder thermomechanisch gewalzte Feinkornstähle
eingesetzt, wobei der Einsatz von TM-Stählen im Pipelinebau in den letz-
ten Jahren zunimmt. Bevorzugt werden TM-Stähle auch im Automobilbau
verwendet.
Normalisierte Feinkornstähle werden nach [5-17] häufig für Konstrukti-
onen im Offshorebereich und im Druckbehälterbau eingesetzt. Darüber
hinaus finden Feinkornstähle im Brückenbau Verwendung, da auch hier
die Masseeinsparung bei der Konstruktion eines der primären Ziele ist.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 105

Tabelle 5-7. Einfluss der Streckgrenze von Feinkornstählen auf die spezifischen
Schweißnahtkosten bei der Konstruktion von Großkranen [5-23].
Stahlsorten Verhältnis
S235J2G3 :
S 235 J2G3 S 355 S 690 N S 885 N S 960 N
S 960 N
St 37-2 :
alte Norm St 37-2 St 52 STE 690 STE 885 STE 960
STE 960
Streckgrenze N/mm2 215 345 690 885 960 1:5
Blechdicke
erforderlich mm 50 31 14,4 11 10 5:1
(z.B.)
Nahtform x-60° x-60° x-60° x-60° x-60°
Nahtquer-
mm2 870 370 100 60 50 17:1
schnitt
Nahtmasse
(Dichte g/m 6838 2908 786 472 393 17:1
7,86g/cm3)
Schweißdraht-
mm SG2 SG3 NiMoCr X90 X96
Dmr. 1,2
Preis für
Verhältnis 1 1 2,4 3,2 3,3 1:3,3
Schweißdraht
Preis für Stahl-
Verhältnis 1 1,2 1,9 2,3 2,4 1:2,4
sorte
Preis für
Verhältnis 5,3 2,3 1,5 1,16 1 5,3:1
Schweißgut
Spezif.
Schweißnaht- Verhältnis 12 5,1 1,8 1,18 1 12:1
kosten
Kostenverhält-
nis inklusive
Grundwerkstoff 5:1
Berechnungs- Schweißverfahren MAG, Abschmelzleistung 3kg, Schweißdraht/h, Lohn- und
grundlage: Maschinenkosten 30 EUR/h,
spezifische Schweißnahtkosten = Schweißzusatzwerkstoffe + Schweißen, Be-
rechnungsgrundlage: ızul = ı / 1,5.

5.4.4 Auswirkung des Schweißprozesses auf das Gefüge und


die mechanischen Eigenschaften von Feinkornstählen

Die Behinderung des Kornwachstums im Austenitgebiet ist von entschei-


dender Bedeutung für das Schweißen unlegierter und niedriglegierter Stäh-
le. Im Bild 5-7 ist für einen herkömmlichen Baustahl der Güte S 355 J2G3
106 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

die Abhängigkeit der Korngröße des sich im Schweißzyklus bildenden


Austenits vom Abstand von der Schmelzlinie und der Streckenenergie
dargestellt.

Bild 5-7. Einfluss der Streckenenergie auf die Austenitkorngröße in der WEZ
beim Schweißen des Baustahles S 355 J2G3 [5-24].

Mit zunehmender Streckenenergie steigt die eingebrachte Wärmemenge


und damit sowohl die Austenitkorngröße in der WEZ als auch deren Brei-
te. Ein solch vergröbertes Austenitkorn verringert die kritische Abkühlge-
schwindigkeit bei der anschließenden Austenitumwandlung und führt zu
einem groben, stark aufgehärteten Gefüge mit ungünstigen Zähigkeitsei-
genschaften.
Moderne Feinkornstähle sind daher besonders beruhigt (Aluminium)
und erhalten Legierungszusätze (z. B. Titan, Vanadium und Niob), die
feinverteilte Ausscheidungen in Form von Nitriden und Karbonitriden bil-
den. Diese Ausscheidungen entstehen bevorzugt an Korngrenzen, behin-
dern das Wachstum der Austenitkörner und wirken keimbildend für die
Neubildung des Ferritkornes, wodurch bei der anschließenden Ȗ/Į-
Umwandlung ein feinkörniges Gefüge entsteht.
Die Kornfeinung im Austenitgebiet wird allerdings durch die Löslich-
keit der Ausscheidungen bei hohen Temperaturen begrenzt. Dies wird aus
Bild 5-8 anhand von vier Werkstoffen mit unterschiedlicher chemischer
Zusammensetzung deutlich.
Bei einem Stahl ohne kornfeinende Zusätze (Stahl 1) steigt die Korn-
größe mit zunehmender Austenitisierungstemperatur. Stahl 2 enthält aus-
geschiedene Al-Nitride, die bis rund 1100°C beständig sind und bis zu
dieser Temperatur ein Wachstum des Austenitkornes wirkungsvoll verhin-
dern.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 107

Bild 5-8. Austenitkorngröße in Abhängigkeit von der Austenitisierungstemperatur


und Mikroelementen bei Feinkornstählen [5-25].

Bei höheren Temperaturen gehen diese Ausscheidungen zunächst teil-


weise (schraffierter Bereich) und schließlich vollständig in Lösung, wo-
durch eine Behinderung des Kornwachstums nicht mehr gewährleistet ist.
Stahl 3 besitzt einen höheren Gehalt an Titan, welches überwiegend in
Form von Titankarbonitriden im Stahl vorliegt. Diese Ausscheidungen
gehen in dem untersuchten Bereich nicht oder nur teilweise in Lösung, so
dass auch bei höheren Temperaturen das Kornwachstum wirkungsvoll
eingeschränkt wird. Allerdings ist die kornfeinende Wirkung von Titan-
karbonitriden nicht so stark wie die von Al-Nitriden. Eine wirkungsvolle
Kombination der Eigenschaften beider Ausscheidungen ist im Stahl 4 rea-
lisiert. Die Aluminiumnitride bewirken eine maximale Kornfeinung bei
tieferen Temperaturen, während die Titankarbonitride auch bei hohen
Temperaturen für ein vergleichsweise feines Korn sorgen.
Niobausscheidungen in Form von Nitriden und Karbonitriden sind in ih-
rer thermischen Beständigkeit und Wirkung vergleichbar mit den Titan-
ausscheidungen, allerdings ist ihre spezifische Wirksamkeit (ausgedrückt
in Atomprozent) um den Faktor zehn größer. Dies bedeutet, dass zum Er-
zielen der gleichen Wirkung zehnmal soviel Titan wie Niob zulegiert wer-
den muss. Vanadin weist gegenüber den anderen Mikrolegierungselemen-
ten eine größere Löslichkeit im Stahl auf. Abhängig vom Vanadin-, Koh-
lenstoff- und Stickstoffgehalt werden Vanadinnitride bei kurzzeitigem
Erwärmen im Schweißzyklus zwischen 800°C und 900°C aufgelöst, Va-
nadinkarbide hingegen schon bei 700°C bis 800°C [5-26]. Auch die korn-
108 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

feinende Wirkung der Vanadinausscheidungen fällt geringer aus als die der
Titan- und Niobausscheidungen [5-16].
Beim Schweißen der mikrolegierten Feinkornstähle sind Streckenener-
gie und Abkühlzeit so zu begrenzen, dass es nicht zu einer Auflösung der
Feinstausscheidungen kommt, da dies zu einer Beeinträchtigung der Zä-
higkeitseigenschaften der Schweißverbindung durch extreme Grobkornbil-
dung entlang der Schmelzlinie führt [5-27], [5-28]. Im Grobkornbereich
des Grundwerkstoffes werden beim Schweißen Temperaturen von weit
mehr als 1200°C erreicht. Untersuchungen an realen und schweißsimulier-
ten Proben zeigten, dass die Austenitkorngröße von 15 ȝm (Korngrößen-
klasse 9 nach SEP 1510-61) im Anlieferungszustand auf 120 ȝm (Korn-
größenklasse 3) nach der schweißsimulierenden Behandlung zunahm
[5-29], [5-30]. Durch die nachfolgende Rückumwandlung des Austenits
entsteht nicht das erwünschte Gefüge mit weichen Komponenten des Fer-
rits, sondern oft das wenig zähe Gefüge des oberen Bainits [5-31]. Um
diesen unerwünschten Effekt zu minimieren, muss beim Schweißen von
Feinkornstählen ein besonderes Augenmerk auf die richtige Wahl der Stre-
ckenenergie gelegt werden.

5.4.5 Schweißen von Feinkornstählen


Hochfeste, mikrolegierte Feinkornstähle sind grundsätzlich vollberuhigt
vergossen und zeichnen sich durch einen hohen Reinheitsgrad mit abge-
senkten Phosphor- und Schwefelgehalten aus. Eines der wenigen Probleme
beim Schweißen dieser Stähle ist die richtige Wahl der Streckenenergie,
die neben der Blechdicke und der Arbeitstemperatur in starkem Maße die
Abkühlgeschwindigkeit der Schweißnaht bestimmt. Im Falle zu hoher Ab-
kühlgeschwindigkeit, d. h. geringer Streckenenergie, wird sich in der WEZ
eines hochfesten Feinkornstahles unter Umständen ein zu hartes Gefüge
(Martensit) einstellen und die Gefahr eines Kaltrisses erhöhen. Auf der
anderen Seite kann eine zu hohe Streckenenergie, d. h. geringe Abkühlge-
schwindigkeit, eine unzulässige Kornvergröberung in der WEZ und somit
einen Verlust an Zähigkeit bewirken. Die späteren Eigenschaften werden
also maßgeblich durch den Abkühlungsverlauf, hierzu ist die Spitzentem-
peratur und die Abkühlgeschwindigkeit zu zählen, bestimmt. Da die Spit-
zentemperatur entlang der Grobkornzone bei allen Schmelzschweißverfah-
ren annähernd gleich ist, sind die Werkstoffendeigenschaften in der Grob-
kornzone fast ausschließlich durch die Abkühlgeschwindigkeit zu beein-
flussen.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 109

5.4.5.1 Rechnerische Ermittlung der Abkühlzeiten


In der Schweißtechnik hat sich als wichtigste Größe zur Beschreibung der
Abkühlung die Abkühlzeit t8/5 bewährt. Hierbei steht t8/5 für das Zeitinter-
vall, das für die Abkühlung von 800°C auf 500°C benötigt wird (Bild 5-9).
Dieses Zeitintervall wurde gewählt, da in diesem Bereich die wichtigsten
Gefügeumwandlungen ablaufen und diese Zeit recht einfach auf ein ZTU-
Schaubild übertragbar ist.

Bild 5-9. Definition der Abkühlzeit t8/5 im Schweißwärmezyklus

In der Praxis ist es nun wichtig, die Abkühlzeit t 8/5 in den kritischen Be-
reichen der Schweißnaht aufgrund bekannter Randbedingungen vorhersa-
gen zu können. So wurde empirisch eine Formel zur Beschreibung der t 8/5-
Zeit entwickelt, die eine Berechnung der Abkühlzeit der Schweißraupe
erlaubt. Die einzigen Randbedingungen zur Berechnungsgrundlage sind,
dass die Abkühlung des geschweißten Bleches an ruhender Luft erfolgt
und sowohl die Umwandlungswärmen als auch der Wärmeaustausch mit
der Umgebung unberücksichtigt bleiben. Da also Näherungsweise die
Wärmeableitung nur über das Blech erfolgt, sind zwei unterschiedliche
Fälle des Wärmetransports zu unterscheiden: die zweidimensionale und
die dreidimensionale Wärmeableitung durch das Blech. Im Fall dünner
Bleche kann der Wärmetransport nur in Blechlängsrichtung und Blechbrei-
te erfolgen, woraus der Begriff der zweidimensionalen Wärmeableitung
resultiert. Bleche, die dickwandiger ausgelegt sind, erlauben noch einen
zusätzlichen Wärmefluss in Blechdickenrichtung (dreidimensionale Wär-
meableitung).
110 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Aus den beiden unterschiedlichen Wärmetransporten resultieren wie-


derum zwei grundsätzlich unterschiedliche Betrachtungen der Abkühlzeit
t8/5:
− bei dreidimensionaler Wärmeableitung ist die Abkühlgeschwindigkeit
t8/5 unabhängig von der Blechdicke,
− bei zweidimensionaler Wärmeableitung sinkt die t8/5-Zeit mit zuneh-
mender Blechdicke.

Die Gleichung zur Berechnung der t8/5-Zeit wurde von Rosenthal und
Rykalin aus der allgemeinen Differentialgleichung der Wärmeleitung in
festen Körpern unter der Annahme einer sich bewegenden, punktförmigen
Wärmequelle, entwickelt [5-32], [5-33].
Die allgemein gültige Gleichung zur Berechnung der Abkühlzeit t815
bei dreidimensionaler Wärmeeinbringung lautet
η ⎛ 1 1 ⎞
t8 / 5 = ⋅ ⎜⎜ − ⎟⎟. (5.1)
2π ⋅ λ ⎝ 500 − T0 800 − T0 ⎠
Folgende Kurzbezeichnungen wurden in Gleichung (5.1) verwendet:
Ș thermischer Wirkungsgrad des Schweißverfahrens,
Ȝ Wärmeleitzahl des Stahles,
U Lichtbogenspannung,
I Schweißstrom,
v Schweißgeschwindigkeit,
T0 Arbeitstemperatur.

Durch Einführung des Proportionalitätsfaktors K3 = Ș / (2 ʌ * Ȝ) und des


Begriffes der Streckenenergie E = U *I / v kann Gleichung (5.1) in folgen-
der Form geschrieben werden:

⎛ 1 1 ⎞
t8 / 5 = K3 ⋅ E ⎜⎜ − ⎟⎟. (5.2)
⎝ 500 − T0 800 − T0 ⎠
Für die zweidimensionale Wärmeableitung müssen zusätzlich die Ein-
flussgrößen Werkstückdicke d in cm, Dichte ȡ in g/cm3 und die spezifische
Wärmekapazität c in J / (g * K) berücksichtigt werden, so dass die Glei-
chung für die t8/5-Zeit lautet:

η2 ⎛U ⋅ I ⎞ 1
2 ⎡⎛ 1
2
⎞ ⎛ 1 ⎞
2⎤

t8 / 5 = ⎜ ⎟ ⎢⎜⎜ ⎟⎟ − ⎜⎜ ⎟⎟ ⎥. (5.3)
4π ⋅ λ ⋅ ρ ⋅ c ⎝ ν ⎠ d 2 ⎢⎣⎝ 500 − T0 ⎠ ⎝ 800 − T0 ⎠ ⎥⎦

Entsprechende Substitution durch Proportionalitätsfaktor K2 = Ș/ (4 ʌ * Ȝ


* ȡ * c) und der Streckenenergie E ergibt:
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 111

E2 ⎡⎛ 1
2
⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎤
2

t8 / 5 = K2 2 ⎢⎜⎜ ⎟⎟ − ⎜⎜ ⎟⎟ ⎥. (5.4)
d ⎢⎣⎝ 500 − T0 ⎠ ⎝ 800 − T0 ⎠ ⎥⎦
Jedoch stellte sich bei experimenteller Überprüfung der Gleichungen
heraus, dass bei niedriglegierten Stählen die für die Wärmeableitung maß-
gebenden Kennwerte nicht unabhängig von der Temperatur sind [5-34].
Folglich sind die Proportionalitätsfaktoren K2 und K3 von der Vorwärm-
oder Arbeitstemperatur abhängig. Unter der Verwendung der Messergeb-
nisse wurden die Proportionalitätsfaktoren neu bestimmt und entsprechen
nun für zwei- bzw. dreidimensionale Wärmeableitung den Gleichungen:
K 2 = 0,043 − 4,3 ⋅ 10 −5 ⋅ T0 , (5.5)

K 3 = 0,67 − 5 ⋅ 10 −4 ⋅ T0 . (5.6)
Des Weiteren sind zusätzliche Einflussgrößen auf die Abkühlzeit t8/5
ermittelt worden. Hierzu gehören der relative thermische Wirkungsgrad
des Schweißverfahrens Ș′ und ein Nahtfaktor für zwei- und dreidimensio-
nale Wärmeableitung F2 und F3. Die relativen thermischen Wirkungsgrade
für die üblichen Lichtbogenverfahren sind im Bild 5-10 und die Nahtfakto-
ren in Tabelle 5-8 aufgeführt. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass der
relative Wirkungsgrad nur den Quotienten eines bestimmten Verfahrens
im Verhältnis zum UP-Verfahren darstellt.

Bild 5-10. Relativer thermischer Wirkungsgrad verschiedener Schweißverfahren.


112 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Tabelle 5-8. Nahtfaktoren für unterschiedliche Nahtvorbereitungen bei zwei- (F2)


und dreidimensionaler (F3) Wärmeableitung.

Nahtart Nahtfaktor
zweidimensionale dreidimensionale
Wärmeableitung F2 Wärmeableitung F3
Auftragsraupe 1 1

Füllagen eines 0,9 0,9


Stumpfholzes

einlagige Kehlnaht 0,9 bis 0,67 0,67


am Eckstoß

einlagige Kehlnaht 0,45 bis 0,67 0,67


am T-Stoß

Unter Berücksichtigung der oben genannten Parameter ergeben sich die


endgültigen Gleichungen für die zweidimensionale Wärmeableitung zu
⎡⎛ 2
⎞ ⎛ ⎞
2

t8 / 5 ( −5
) E2
= 0,043 − 4,3 ⋅ 10 T0 η ' 2 2
⎢ ⎜⎜
1
⎟⎟ − ⎜⎜
1
⎟⎟ ⎥ F2
d ⎢⎣ ⎝ 500 − T0 ⎠ ⎝ 800 − T0 ⎠ ⎥⎦ (5.7)

und für den dreidimensionalen Fall zu

⎛ ⎞ ⎛ ⎞
( )
t8 / 5 = 0,67 − 5 ⋅ 10 − 4 T0 η '⋅E ⎜⎜
1
⎟⎟ − ⎜⎜
1
⎟⎟ F3 . (5.8)
⎝ 500 − T0 ⎠ ⎝ 800 − T0 ⎠

Bild 5-11 zeigt in zwei Diagrammen den Übergang von zwei- zu dreidi-
mensionaler Wärmeleitung. Oberhalb der abgebildeten Kurven liegt drei-
dimensionale, unterhalb zweidimensionale Wärmeableitung vor.
Aus den Bildern ist ersichtlich, dass bei zweidimensionaler Wär-
meableitung mit zunehmender Blechdicke und konstanter Streckenenergie
die t8/5-Zeit abnimmt, wohingegen die t8/5-Zeit unabhängig von der Blech-
dicke ist, wenn dreidimensionale Wärmeableitung vorliegt. Beim Über-
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 113

Bild 5-11. Übergang von zwei- zu dreidimensionaler Wärmeleitung für unter-


schiedliche Arbeitstemperaturen [5-35].

gang von zwei- zu dreidimensionaler Wärmeableitung sind t8/5-Zeit, Stre-


ckenenergie und Nahtfaktoren gleich, so dass sich durch Gleichsetzen der
Gln. (5.7) und (5.8) die Übergangsdicke dü für beliebige Nahtarten errech-
nen lässt:

0,043 − 4,3 ⋅ 10 −5 T0 ⎛ 1 1 ⎞
dü = η '⋅E ⎜⎜ + ⎟⎟ . (5.9)
0,67 − 5 ⋅ 10 −4 T0 ⎝ 500 − T0 800 − T0 ⎠

Degenkolbe, Uwer und Wegmann geben in [5-36] zahlreiche Rechen-


beispiele zur Ermittlung der t8/5-Zeit. Für die Berechnung der t8/5-Zeit ist es
zuerst sinnvoll, die Art der Wärmeableitung zu bestimmen. Dies kann ent-
weder nach Gleichung (5.9) oder nach den Gleichungen (5.7) und (5.8)
erfolgen, da nur die größere der beiden t8/5-Zeiten eine physikalische Be-
deutung hat. Wird die größere t8/5-Zeit nach Gleichung (5.7) ermittelt, so
liegt eine zweidimensionale Wärmeableitung vor, im umgekehrten Fall
erfolgt eine dreidimensionale Wärmeableitung. Weitere Beispiele sind in
[5-28] aufgeführt.

5.4.5.2 Graphische Ermittlung der Abkühlzeiten


Um den Rechenaufwand in der betrieblichen Anwendung zu minimieren,
wurden die erläuterten Zusammenhänge in Nomogramme übertragen, aus
denen die zulässigen Schweißparameter abgelesen werden können. Auch
für die graphische Bestimmung der Abkühlzeit sollte zuerst klargestellt
werden, ob unter den gegebenen Bedingungen (Streckenenergie, Blechdi-
114 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

cke und Arbeitstemperatur) die Abkühlung zwei- oder dreidimensional


erfolgen wird. Bild 5-12 zeigt, basierend auf GIeichung (5.9), die Über-
gangsdicke beim UP-Schweißen für beliebige Nahtgeometrien bei unter-
schiedlichen Arbeitstemperaturen.
Aus Bild 5-12 kann bei gegebener Kombination aus Streckenenergie
und Arbeitstemperatur die Übergangsdicke dü bestimmt werden. Liegt die
Übergangsdicke unter der Dicke des zu verschweißenden Bleches, erfolgt
eine dreidimensionale Wärmeableitung. Da das abgebildete Diagramm nur
für das UP-Verfahren gilt, kann die abgelesene Übergangsdicke dü einfach
durch Multiplikation mit dem entsprechenden relativen thermischen Wir-
kungsgrad Ș´ für ein anderes Schweißverfahren umgerechnet werden.

Bild 5-12. Übergangsdicke dü als Funktion der Streckenenergie und der Arbeits-
temperatur für das UP-Schweißen [5-36].

Wurde eine dreidimensionale Wärmeableitung ermittelt, so muss zur


Bestimmung der t8/5-Zeit das Diagramm für dreidimensionale Wärmeablei-
tung (Bild 5-13) benutzt werden. Bei Verwendung dieses Nomogramms ist
die Umrechnung des Ergebnisses auf andere Schweißverfahren und Naht-
geometrien unter Berücksichtigung des relativen thermischen Wirkungs-
grades und des Nahtfaktors möglich. Soll dem Diagramm die Abkühlzeit
für eine bestimmte Streckenenergie und Arbeitstemperatur entnehmen, so
muss vor dem Ablesen die Streckenenergie mit den Faktoren Ș´ und F3 des
gewählten Schweißverfahrens multipliziert werden. Soll die Streckenener-
gie für ein anderes Schweißverfahren aus den Schnittpunkten von Abkühl-
zeit und Arbeitstemperatur ermittelt werden, so ist die Abkühlzeit durch
die Werte von Ș´ und F3 zu dividieren.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 115

Bild 5-13. Abkühlzeit von Auftragsraupen bei dreidimensionaler Wärmeableitung


in Abhängigkeit von der Streckenenergie und der Arbeitstemperatur für das UP-
Schweißen [5-36].

Im Bild 5-14 ist der Zusammenhang zwischen der Streckenenergie E,


der t8/5-Zeit und der Blechdicke für das UP-Schweißen von Auftragraupen
für den Fall der zweidimensionalen Wärmeableitung wiedergegeben. An-
hand der Eckdaten Streckenenergie, der von Stahlherstellern vorgeschrie-
benen t8/5-Zeit und der Blechdicke kann die Vorwärmtemperatur ermittelt
werden.
Auch bei diesem Diagramm ist es möglich, die Ergebnisse auf andere
Schweißverfahren zu übertragen. Wird für eine gegebene Streckenenergie
und Arbeitstemperatur die Abkühlzeit gesucht, so muss vor dem Ablesen
die Streckenergie mit den Faktoren Ș´ und ¥F2 multipliziert und zur Er-
mittlung der Streckenenergie aus Arbeitstemperatur und Abkühlzeit die
Streckenenergie durch die oben genannten Faktoren dividiert werden.
Liegt für das zu verschweißende Blech kein Diagramm mit der entspre-
chenden Blechdicke dsoll vor, so ist ein Diagramm zu wählen, das der zu
verschweißenden Blechdicke am nächsten kommt (dnenn). Die erforderliche
Abkühlzeit t8/5 soll wird dann folgendermaßen berechnet:
t8/5 soll = t8/5 nenn * (dnenn / dsoll)2.

Im DVS-Merkblatt 0916 wird für das MSG-Schweißen von Fein-


kornstählen ein Beispiel zur Bestimmung der Abkühlzeit und zur Ermitt-
lung der hierfür notwendigen Schweißgeschwindigkeit bzw. Streckenener-
gie aufgeführt [5-37]. Als Beispiel soll folgende Schweißaufgabe gelöst
werden:
116 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Bild 5-14. Abkühlzeit von Auftragsraupen bei zweidimensionaler Wärmeablei-


tung in Abhängigkeit von der Streckenenergie und der Arbeitstemperatur für das
UP-Schweißen [5-36].

Ein 15 mm dickes Blech aus einem Feinkornbaustahl soll mit dem


MSG-Schweißverfahren (Schutzgas M21) in einer V-Naht geschweißt
werden. Die Vorwärm- und Arbeitstemperatur soll 150°C betragen. Nach
Herstellerangaben soll eine t8/5-Zeit von min. 10 s und max. 15 s eingehal-
ten werden.
Ausgehend vom Bild 5-15 kann der Schweißer den einzustellenden
Schweißstrom bzw. Drahtvorschub in Abhängigkeit vom gewünschten
Lichtbogen und verwendeten Schutzgas ermitteln. Unter dem Aspekt einer
hohen Wirtschaftlichkeit ergibt sich beim Einsatz eines Sprühlichtbogens
unter dem Mischgas M21 ein Schweißstrom von I = 300 A bei einer Span-
nung von rund 29 V. Die Blechdicke beträgt 15 mm, und nach Hersteller-
angaben ist eine t8/5-Zeit von 10 s bis 15 s bei der Verarbeitung dieses
Feinkornstahles einzuhalten. Zur Ermittlung der t8/5-Zeit steht dem
Schweißer Bild 5-16 zur Verfügung. Aus diesem Diagramm sind auch die
Bereiche der zwei- und dreidimensionalen Wärmeableitung erkennbar.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 117

Verlaufen die Geraden der Abkühlzeit t8/5 horizontal, so ist das der Bereich
der dreidimensionalen Wärmeableitung, wohingegen eine zweidimensio-
nale Wärmeableitung bei diagonalem Verlauf der t 8/5-Geraden vorliegt. Im
Knickpunkt der beiden t8/5-Geraden liegt der Übergangsbereich von zwei-
zu dreidimensionaler Wärmeableitung vor. Wird der schraffierte Bereich
durch die Wahl einer zu niedrigen Streckenenergie unterschritten, so be-
steht eine erhöhte Rissgefahr (z. B. Bildung zu großer Anteile von Marten-
sit, d. h. Kaltrissgefahr). Eine Überschreitung der Streckenenergien hat
eine Zähigkeitsbeeinträchtigung zur Folge, die aus einer unzulässigen
Grobkornbildung resultieren kann.
Im angeführten Beispiel ergibt sich aus den vorgegebenen Randbedin-
gungen eine zulässige Streckenenergie von 13 bis 16 kJ/cm für das MAG-
Schweißen.

Bild 5-15. Strom und Spannung


beim MAG-Schweißen unter
verschiedenen Schutzgasen
[5-37].

(Bild 5-16 enthält Skalen für das UP- und MSG-Schweißen, richtige
Skala beachten.)
Mit dem ermittelten Bereich der Streckenenergie kann abschließend aus
Bild 5-17 die Schweißgeschwindigkeit bestimmt werden. Mit Hilfe von
Kurve (300 A, 29 V) ergibt sich ein zulässiger Bereich der Schweißge-
schwindigkeit von 33 bis 42 cm/min. In diesem Geschwindigkeitsbereich
wird für die gegebene Schweißaufgabe einschließlich der gegebenen
Randbedingungen die vorgeschriebene Abkühlbedingung zur Erreichung
eines optimalen Gefüges eingehalten.

5.4.5.3 Anwendung des STAZ-Schaubildes


Wie aus den vorhergehenden Abschnitten hervorgeht, muss der eingesetz-
ten Streckenenergie und dem hierdurch entstehenden Gefüge bei der
118 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Bild 5-16. Zulässiger Bereich der Streckenenergie bei UP- und beim MAG-
Schweißen von Stumpfnähten als Funktion der Blechdicke für Feinkornstahl
[5-37]

Bild 5-17. Ermittlung der Schweißgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der


Randbedingungen und Parameter aus den Bildern 5-15 und 5-16 [5-37].
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 119

Schweißtechnischen Verarbeitung von Feinkornstählen besondere Beach-


tung geschenkt werden. Neben der Feinkörnigkeit des Gefüges werden die
Eigenschaften des Stahles weitestgehend vom Mikrogefüge bestimmt.
Berkhout und van Lent zeigten, dass die dicht neben der Schweißnaht auf-
tretenden Spitzentemperaturen entscheidend für die Austenitkorngröße
sind. Die Austenitkorngröße bestimmt jedoch in weiten Bereichen die Ge-
schwindigkeit der Umwandlung, so dass bei verschiedenen Spitzentempe-
raturen eine Verschiebung der Umwandlungskurven im kontinuierlichen
ZTU-Schaubild festzustellen ist (vgl. Bild 2-30). Um das Gefüge in Ab-
hängigkeit von der Spitzentemperatur ermitteln zu können, wurde das
SpitzenTemperatur-AbkühlZeit-(STAZ-)Schaubild entwickelt [5-24].
Da mit steigender Austenitisierungstemperatur die Umwandlungen in
der Ferrit-, Perlit- und Bainitstufe zu längeren Zeiten verschoben werden,
wird in den STAZ-Schaubildern die Spitzentemperatur erfasst und deren
Auswirkung auf die Umwandlung beschrieben. Das im Bild 5-18 wieder-

Bild 5-18. Spitzentemperatur-Abkühlzeit-(STAZ-)Schaubild eines hochfesten


Stahles [5-24].
120 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

gegebene STAZ-Schaubild ermöglicht darüber hinaus auch noch die Be-


stimmung der t8/5-Zeit unter Berücksichtigung der Blechdicke, der einge-
setzten Streckenenergie, Vorwärmtemperatur und den Übergang von zwei-
zu dreidimensionaler Wärmeableitung.
Um eine sinnvolle Aussage über das entstehende Gefüge machen zu
können, ist die Kenntnis von Streckenergie und Blechdicke Vorausset-
zung. Wird ein 15 mm dickes Blech ohne Vorwärmung mit einer Stre-
ckenenergie von 18 kJ/cm verschweißt, so kann die t8/5-Zeit durch Verbin-
den der beiden Punkte ermittelt werden (Bild 5-18, Linie A). Ist die Spit-
zentemperatur im Schweißzyklus bekannt, kann nun aus dem STAZ-
Schaubild abgelesen werden, in welcher Umwandlungsstufe das Endgefü-
ge entsteht. Zusätzlich ist die zu erwartende Korngröße nach ASTM (ge-
punktete Linie) und die Härte des Gefüges (gestrichelte Linie und einge-
rahmte Zahlenwerte) vorherzusagen.
Wird ein Blech mit einer Wanddicke von 30 mm ohne Vorwärmung un-
ter gleichen Bedingungen (18 kJ/cm) geschweißt, ergibt sich zur Bestim-
mung der t8/5-Zeit die Linie B. Im Unterschied zum vorherigen Bespiel
wird nun die Übergangsleiter für dreidimensionale Wärmeableitung ge-
schnitten. Wie aus den vorhergehenden Abschnitten bekannt ist, ist bei
dreidimensionaler Wärmeableitung die t8/5-Zeit unabhängig von der
Blechdicke. Um für diesen Fall die t8/5-Zeit zu bestimmen, wird der
Schnittpunkt mit der Übergangsleiter für den Beginn der dreidimensiona-
len Wärmeableitung (Temperatur von 0°C) gewählt, so dass sich für den
Fall der dreidimensionalen Wärmeableitung eine Abkühlzeit von rund 8 s
ergibt (Linie C).
Soll das 30 mm dicke Blech unter einer Vorwärmtemperatur von 150°C
geschweißt werden, so ist eine Linie zwischen der Streckenenergie bei
18 kJ/cm und der Übergangsleiter bei 150°C zu ziehen (Linie D). Linie D
schneidet die Achse für zweidimensionale Wärmeableitung bei rund 6 s.
Da aber mit einer Vorwärmung von 150°C geschweißt wird, muss zusätz-
lich die Strecke 0°C bis 150°C aus der Skala für die Vorwärmtemperatur
addiert werden. Danach stellt sich eine t8/5-Zeit von rund 14 s bei einer
Vorwärmtemperatur von 150°C unter den oben genannten Schweißpara-
metern ein.
Der Vorteil bei der Ermittlung des Gefüges gegenüber dem konventio-
nellen kontinuierlichen ZTU-Schaubild besteht darin, dass in einem
STAZ-Schaubild der Einfluss der Spitzentemperatur auf die Umwandlung
berücksichtigt wird, wohingegen das ZTU-Schaubild nur für eine Spitzen-
temperatur (Austenitisierungstemperatur) gültig ist. Der Nachteil des
STAZ-Schaubildes besteht in der sehr aufwendigen Ermittlung der Um-
wandlungslinien, so dass eine systematische Durchführung dieses Konzep-
tes für die gängigen Stahlsorten bisher an dem notwendigen messtechni-
schen Aufwand scheiterte.
5.4 Schweißbare Feinkornstähle 121

5.4.6 Schweißfehler an Feinkornstählen


In den vorherigen Abschnitten wurde auf die Problematik einer genauen
Wahl der Streckenenergie eingegangen und deren Bedeutung für die me-
chanischen Eigenschaften des Feinkornstahles erläutert.
Im Folgenden sollen kurz die wesentlichen Fehler beim Schweißen von
Feinkornstählen erläutert werden. Die Mechanismen der Fehlerentstehung
sind im Abschnitt 10 eingehender erklärt.

5.4.6.1 Heißrisse
Bei mikrolegierten Feinkornstählen mit verminderten Kohlenstoffgehalt
können beide Arten der Heißrissbildung, der Erstarrungs- und der Wieder-
aufschmelzungsriss, entstehen. Hauptverursacher der Heißrissbildung sind
Schwefel, Phosphor und Kohlenstoff, wobei Schwefel bei der Heißrissbil-
dung die größte Bedeutung zukommt. Heißrissmindernd wirkt sich Man-
gan aus, da es Schwefel als Mangansulfid mit der Zusammensetzung MnS
bindet, was die Rissbildung durch Schwefel senkt.
In Schweißnähten mit hohem Aufmischungsgrad können Mikrolegie-
rungselemente, z. B. Niob, in das Schweißgut gelangen und dort durch
Bildung niedrigschmelzender Eutektika kleine Heißrisse verursachen [5-
17]. Die Erstarrungsrissbildung ist jedoch nur bei sehr hohen Gehalten an
Niob beobachtet worden. Generell ist die Erstarrungsrissbildung bei Näh-
ten mit geringen Aufmischungsgraden kein Problem, vorausgesetzt, dass
keine zu hohe Schweißgeschwindigkeit gewählt wird [5-17].
Wiederaufschmelzungsrisse werden bei hochfesten Feinkornstählen in-
folge ihres sehr geringen Schwefelgehaltes selten beobachtet, jedoch be-
günstigen Mangan und hohe Kohlenstoffgehalte den Wiederaufschmel-
zungsriss [5-17]. Mikro-Heißrisse können entstehen, wenn Schwefel in der
Form von Sulfo-Karbiden (Ti4C2S2) oder Sulfo-Nitriden (z. B. durch Niob)
im Stahl gebunden wird. Mikro-Heißrisse können anschließend die Aus-
gangspunkte für Kaltrisse oder Terrassenbrüche sein.

5.4.6.2 Kaltrisse
Eines der größten Probleme bei der schweißtechnischen Verarbeitung von
hochfesten Feinkornstählen stellt der Kaltriss dar. Unter einer kritischen
Kombination aus Härtegefüge, Eigenspannungen und Wasserstoff können
Kaltrisse entstehen. Diese drei Größen sind nicht isoliert zu betrachten, da
sie untereinander über verschiedene Wechselwirkungen miteinander ver-
knüpft sind (Bild 5-19).
122 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

Bild 5-19. Einflussgrößen auf die Kaltrissbildung [5-17].

Im Allgemeinen ist die Kaltrissneigung von mikrolegierten Feinkorn-


stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt gering. Sind jedoch höhere Koh-
lenstoffgehalte vorhanden, wie dies z. B. bei bestimmten Typen von Fein-
kornstählen der Fall ist, kann es zu wasserstoffbegünstigten Kaltrissen in
der WEZ kommen. Da das Schweißgut in der Regel weniger Kohlenstoff
als der Grundwerkstoff enthält, treten Kaltrisse hier seltener auf. Bei Fein-
kornstählen mit Streckgrenzen oberhalb 500 N/mm2 bis 550 N/mm2 verla-
gert sich der Kaltriss jedoch von der WEZ in das Schweißgut. Die Verla-
gerung der Risserscheinungen von der WEZ in das Schweißgut nimmt mit
zunehmender Streckgrenze des Grundwerkstoffes zu.
Da neben Kohlenstoff auch noch andere Legierungselemente den Kalt-
riss begünstigen, werden zur Abschätzung der Rissempfindlichkeit häufig
Kohlenstoffäquivalente herangezogen. Es existieren zahlreiche Formeln
zur Beschreibung des Kohlenstoffäquivalentes, bei denen die Elemente
unterschiedlich gewichtet werden (Bild 5-20).
Das Kohlenstoffäquivalent beschreibt summarisch die Auswirkungen
verschiedener Legierungselemente auf die Aufhärtungsneigung des Stah-
les. Zur Abschätzung der Kaltrissgefahr ist das Kohlenstoffäquivalent nur
eine von zahlreichen Einflussgrößen, das allein keine ausreichende Infor-
mation zur Schweißeignung gibt, da die wichtigen Faktoren Eigenspan-
nung und Wasserstoffgehalt in der Schweißnaht unberücksichtigt bleiben.
Speziell zur Vermeidung von Kaltrissen wurde von Uwer und Höhne ein
neues Kohlenstoffäquivalent CET entwickelt [5-38]:

CET in % = C + (Mn + Mo)/10 + (Cr + Cu)/20 + Ni/40.


5.4 Schweißbare Feinkornstähle 123

Bild 5-20. Definition des Kohlenstoffäquivalentes von verschiedenen Autoren.

In einer weiteren Formel werden von den gleichen Autoren die chemische
Zusammensetzung durch das Kohlenstoffäquivalent CET, die Blechdicke t
in mm, der Wasserstoffgehalt des Schweißgutes HD in cm3 H2/100 g
Schweißgut und die Streckenenergie Q in kJ/cm zusammengefasst, so dass
eine Mindestvorwärmtemperatur zur Vermeidung von Kaltrissen berechnet
werden kann:

T = 700 CET + 160 tanh (t/35) + 62 * HD0,35 + (53 * CET - 32) Q - 330
in °C.

Die Gleichung von Uwer und Höhne ist die z. Zt. umfassendste zur
Vermeidung von Kaltrissen, aber nur eingeschränkt gültig und noch nicht
vollständig auf alle Anwendungsfälle übertragbar. Jedoch laufen Bestre-
bungen, diese Formel an praxisnahen Schweißungen zu überprüfen und zu
erweitern, so dass hier in Zukunft eventuell eine Möglichkeit besteht, eine
Vorwärmtemperatur zur Vermeidung von Kaltrissen rechnerisch in befrie-
digendem Umfang vorhersagen zu können.

5.4.6.3 Terrassenbrüche
Die mechanischen Eigenschaften eines gewalzten Bleches sind nicht
isotrop, d. h., die mechanischen Kennwerte unterscheiden sich in Blech-
124 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

längs-, -breiten- und -dickenrichtung. Besonders in Blechdickenrichtung


weisen gewalzte Bleche eine schlechtere Verformbarkeit auf.
Terrassenbrüche gehen überwiegend von nichtmetallischen Einschlüs-
sen (Sulfid- oder Oxideinschlüsse) aus und führen bei senkrecht zur
Blechdicke (z. B. T-Stoß) auftretenden Zugbeanspruchungen zur Ablösung
der Matrix vom Einschluss. Der Riss breitet sich ausgehend vom Ein-
schluss stufen-, bzw. terrassenförmig in Blechdickenrichtung aus, was zur
Bezeichnung Terrassenbruch führte.
Maßnahmen zur Reduzierung von Terrassenbruchneigung sind u.a.: ge-
eignete Auswahl von Werkstoffen bzw. Nahtaufbau und Schweißverfah-
ren, näheres siehe Abschnitt 11. Stähle mit besonders guten Verformungs-
eigenschaften in Dickenrichtung, sogenannte Z-Güten, sind widerstandsfä-
higer gegen Terrassenbrüche und an kritischen Punkten wie Knotenble-
chen den konventionellen Feinkornstählen vorzuziehen.

5.4.6.4 Erweichung der WEZ


Beim Schweißen von TM-Stählen ist eine Erweichung bestimmter Berei-
che der WEZ nicht zu vermeiden. Bereiche der WEZ die bis zur A1-
Temperatur und darunter erwärmt wurden, verlieren ihre Härte- und Fes-
tigkeitswerte. Die durch thermomechanische Behandlung erzeugten güns-
tigen mechanisch technologischen Eigenschaften wurden in diesem Be-
reich durch die Wärmeeinbringung des Schweißprozesses irreversibel zer-
stört, so dass die Breite der Erweichungszone im Wesentlichen vom einge-
setzten Schweißverfahren und von der Streckenenergie abhängig ist.

5.5 Allgemeine Baustähle

Die technisch im Block- oder Kokillenguss erzeugten Stähle werden hin-


sichtlich ihrer Vergießungsart in unberuhigte (U), beruhigte (R) und voll-
beruhigte (RR) Stähle unterteilt. Mit „Beruhigen“ oder „Desoxidation“
wird das Entfernen von Sauerstoff aus dem flüssigen Stahlbad durch Ele-
mente, welche eine größere Sauerstoffaffinität als Eisen besitzen, bezeich-
net. Zu diesen Elementen gehören beispielsweise Mangan, Silicium und
Aluminium.
Der im Stahl verbleibende Restsauerstoffgehalt hat einen entscheiden-
den Einfluss auf die Art der Erstarrung und die Ausbildung des Gefüges
im Blockguss (Bild 5-21). Wird ein Stahl unberuhigt vergossen, d. h., be-
trägt sein Sauerstoffgehalt 0,025 % und mehr, so kommt es mit sinkender
Temperatur und bei beginnender Erstarrung zur Abnahme der Löslichkeit
von Sauerstoff im Stahlbad. Dieser Sauerstoff reagiert an der Erstarrungs-
front mit einem Teil des im Stahl vorhandenen Kohlenstoffes zu CO. Das
5.5 Allgemeine Baustähle 125

Kohlenmonoxid entweicht unter starker Blasenbildung, d. h., der Stahl


„kocht“ in der Kokille, er ist unberuhigt vergossen.

Bild 5-21. Blockquerschnitte bei verschiedenen Vergießungsarten.

Die aufsteigenden CO-Blasen erzeugen eine Strömung, in der die nied-


rigschmelzenden Phasen von der Erstarrungsfront weg zur Blockmitte be-
fördert werden. Zusätzlich fördert die erzwungene Badbewegung ein Ab-
scheiden anderer Gase, wie Stickstoff und Wasserstoff, so dass die Gas-
entwicklung verstärkt wird. Im Verlauf der Erstarrung wird ein Teil der
Blasen im Randbereich eingeschlossen. Ein unberuhigter Stahl zeigt daher
nach der Erstarrung von außen nach innen drei verschiedene Zonen:
− Eine ausgeprägte, sehr reine Außenschicht. Diese auch als Speckschicht
bezeichnete Zone entsteht bei der primären Erstarrung anfangs reiner
Eisenkristalle an der Kokillenwand.
− Ein typischer Blasenkranz. Diese Erscheinung entsteht durch einge-
schlossene Gasblasen und ist relativ unkritisch, da die Blasen durch die
stark reduzierende Atmosphäre (CO) eine metallisch blanke Oberfläche
besitzen. Dies gewährleistet ein problemloses Verschweißen der Poren
beim nachträglichen Walzen oder Schmieden. Aufgrund der unter-
schiedlichen Volumenkontraktionen von Gasen und Festkörpern ent-
steht in den Blasen ein Unterdruck. Besteht während der Erstarrung eine
Verbindung zwischen der Restschmelze und einer Gasblase, kann Rest-
schmelze in den Hohlraum eingesogen werden. Aus diesem Vorgang
können nichtmetallische Einschlüsse in den Hohlräumen entstehen, die
ein Verschweißen beim anschließenden Walzvorgang unmöglich ma-
chen.
126 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

− Eine ausgeprägte Seigerungszone in der Mitte des Blockes. In diesem


Bereich ist eine verstärkte Anreicherung unerwünschter Stahlbegleiter
wie Phosphor oder Schwefel zu beobachten.
Zusätzlich steigt die Konzentration von Schwefel und Phosphor von
Blockfuß bis zum Blockkopf an, so dass neben der Seigerung über den
Blockquerschnitt auch noch eine Seigerung über die Blocklänge zu beo-
bachten ist. Diese Entmischungserscheinungen treten bei beruhigt vergos-
senen Blöcken nicht in diesem Maße auf, da durch die fehlende Badbewe-
gung eine homogene Erstarrung der gesamten Schmelze ermöglicht wird.
Sie zeigen allerdings tiefe Lunker im Kopfbereich, da das Schwinden des
erstarrenden Materials nicht durch die Gasblasenbewegung ausgeglichen
werden kann. Da die Desoxidationsmittel (z. B. Al) außer Sauerstoff auch
Stickstoff abbinden und unlösliche Nitride bilden, sind diese Stähle in der
Regel alterungsbeständig und feinkörnig. Alle Stähle der Gütegruppen 2
und 3 sind beruhigt vergossen, ebenso alle im Strangguss – dem am häu-
figsten eingesetzten Gießverfahren (rund 90 % der Stahlproduktion) – her-
gestellten Stähle.
Dennoch werden auch heute noch Stähle aufgrund wirtschaftlicher
Überlegungen (höheres Ausbringen durch geringere Lunkerbildung) und
geringerer Anforderung an die Qualität unberuhigt vergossen. Da sich
beim unberuhigten Vergießen von Stahl eine sehr reine Randschicht, die
Speckschicht bildet, kann durch diese Vergießungsart eine hohe Oberflä-
chengüte erzielt werden, wie sie z. B. für Tiefziehbleche erforderlich ist.
Bei Reparaturen an alten Bauteilen können Schweißungen an un-
beruhigten Baustählen notwendig sein.

5.5.1 Schweißeignung

Die im Wesentlichen in DIN EN 10025 genormten Massenbaustähle wer-


den als gewalzte bzw. geschmiedete Halbzeuge meist im warmgeformten,
nach besonderer Vereinbarung auch im normalisierten Zustand geliefert
[5-39].
Die Schweißeignung der unlegierten, allgemeinen Baustähle hängt im
Wesentlichen von folgenden Einflussgrößen ab:
− Kohlenstoffgehalt,
− Anteil sowohl an erwünschten als auch an unerwünschten Begleitele-
menten und
− Desoxidationsart (Vergießungsart).

Die Vorgehensweise bei der Desoxidation der Schmelze, insbesondere


beim Blockguss, kann die Schweißeignung von Bauteilen aus unlegierten
5.5 Allgemeine Baustähle 127

Stählen entscheidend beeinflussen, auch wenn die Analysengrenzen nach


DIN EN 10025 eingehalten werden.
Bei unberuhigt vergossenen Stählen können die Schadstoffgehalte in
den Seigerungsbereichen die dreifache Höhe des über den Gesamtblock-
querschnitt gemittelten Gehaltes an Schwefel und/oder Phosphor anneh-
men. Die Folge ist nicht nur ein Ansteigen der Sprödbruchneigung, son-
dern auch eine Verminderung der Schweißeignung, da die ausgeprägte
Seigerungszone auch bei der Weiterverarbeitung, z. B. durch Walzen des
Gussblockes, erhalten bleibt. Insbesondere bei der Herstellung von Profil-
stahl besteht die Gefahr, dass die mit Schwefel und Phosphor angereicher-
ten Bereiche bis zur Materialoberfläche gelangen. Muss bei unberuhigt
vergossenen Stahlqualitäten in diesen Gebieten geschweißt werden oder
soll ein Vollanschluss über den gesamten Querschnitt erfolgen, so kann
Porosität im Schweißgut oder Heißrissbildung die Folge sein.
Bild 5-22 zeigt, was beim Schweißen dieser Stähle zu berücksichtigen
ist, um ein gutes Schweißergebnis zu erzielen. Die Seigerungszonen sind
durch ihre Anreicherung an Legierungselementen zum einen umwand-
lungsträger als die Speckschicht und neigen daher zur Aufhärtung. Dies
kann zur Rissbildung in der Schweißnaht führen. Zum anderen sind die
geseigerten Bereiche stark heißrissgefährdet, da in diesen Zonen die Ele-
mente Schwefel und Phosphor stark angereichert sind. Beim Auswalzen
von unberuhigten Blöcken werden sie über die gesamte Länge des Walz-
profils gestreckt. Mit zunehmender Verformung wird auch die Speck-
schicht immer dünner, so dass besonders an Kanten (z. B. bei T- oder I-
Profilen) die Seigerungszone an die Oberfläche gelangt. Ein „Anschnei-
den“ dieser Zonen beim Schweißen ist aus den oben angeführten Gründen
unbedingt zu vermeiden.

Bild 5-22. Seigerungsbereiche in unberuhigt vergossenen Stählen und Beispiele


für (a) günstige und für (b) ungünstige Schweißverbindungen.

In den meisten Fällen werden aber beruhigt vergossene Stähle, denen


zur Desoxidation Mangan und Silicium zulegiert wird sowie vollberuhigt
vergossene Stähle mit zusätzlicher Beigabe von Aluminium zur Sauerstoff
und Stickstoffabbindung eingesetzt. Durch Vermindern der „Kochreakti-
128 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

on“ wird eine homogenere Verteilung der unerwünschten Begleitelemente


im Gussblock und somit auch bei geschmiedeten bzw. gewalzten Halbzeu-
gen erreicht.
Wichtigstes Kriterium zur Schweißeignung von unlegierten Massenbau-
stählen ist der Kohlenstoffgehalt. Bis zu einem Kohlenstoffgehalt von
0,22 % sind diese mit allen Schmelzschweißverfahren ohne besondere
Vorkehrungen zu verarbeiten. Beim Widerstandspunktschweißen liegt
diese Grenze etwas höher (etwa 0,3 % C). Für größere Wanddicken, höhe-
re Kohlenstoffgehalte oder sehr niedrige Blechtemperaturen müssen zur
Verringerung der Abkühlungsgeschwindigkeit die Bauteile vorgewärmt
werden, um damit die Aufhärtungsgefahr zu verringern.
Diese Einschränkungen sind für z. B. andere Pressschweißverfahren
nicht gegeben. Beim Abbrennstumpfschweißen sind auch Verbindungen
mit hochkohlenstoffhaltigen Baustählen ohne Vorwärmung möglich.

5.5.2 Änderung des Gefüges und der Eigenschaften


Die unlegierten Baustähle zeigen im Lieferzustand ein Ferrit-/Perlitgefüge,
je nach Wärmebehandlung oftmals in zeiliger Anordnung. Der Anteil an
Perlit ist dabei um so größer, je höher der Kohlenstoffgehalt ist. Das hat
natürlich Auswirkungen auf das entstehende Gefüge und die mechanisch-
technologischen Eigenschaften in der Wärmeeinflusszone (WEZ) beim
Schweißen. Die Breite der WEZ und damit auch die Breite der einzelnen
Gefügezonen wird dabei im Wesentlichen durch die eingebrachte Wärme,
die Gefügeart durch die Abkühlungsgeschwindigkeit (siehe Abschnitt
2.4.3) und die chemische Zusammensetzung der Grund- und Zusatz-
werkstoffe bestimmt.
Im unmittelbar an das Schweißgut angrenzenden hocherhitzten Bereich
entsteht nach Auflösung der ferritisch-perlitischen Grundmatrix ein grob-
körniges Mischkristallgefüge (Austenit). Bei sehr langsamer Abkühlung,
beispielsweise beim konventionellen Elektroschlackeschweißprozess,
wandelt sich dieses Gefüge wieder ferritisch-perlitisch um, wobei der Per-
lit in groblamellarer Form vorliegt. Mit zunehmender Abkühlgeschwin-
digkeit und steigendem Kohlenstoffgehalt wird die Bildung der „weichen“
Gefügekomponente Ferrit unterdrückt und es entsteht Zwischenstufen- und
martensitisches Gefüge mit gegenüber dem Grundwerkstoff verschlechter-
ten mechanischen Eigenschaften. Im letzteren Fall ist neben der Zunahme
der Festigkeit ein deutlicher Härteanstieg gegenüber den Werten des unbe-
einflussten Grundwerkstoffes festzustellen, und zwar um so mehr, je höher
der Kohlenstoffgehalt ist. Charakteristisch für die Grobkornzone ist aber
ein starker Abfall der Kerbschlagzähigkeit.
Bei unberuhigt vergossenen Baustahlqualitäten kann durch den
Schweißprozess auch bei tieferen Temperaturen (unter A1) eine Gefüge-
5.6 Einsatz- und Vergütungsstähle 129

veränderung durch Alterung auftreten. Gemeint ist damit die Ausschei-


dung submikroskopisch kleiner Eisennitride bzw. -karbide auf den Gleit-
ebenen der Kristalle, die zu einer merklichen Versprödung dieser Gefüge-
zone der Schweißnaht führt.

5.5.3 Verarbeitung und Einsatzgebiete

Die allgemeinen Baustähle finden als einfache Konstruktionsstähle im


Stahl- und Maschinenbau und bei der Fertigung von Apparaten, Behältern
und Fahrzeugen aller Art Verwendung. Hinsichtlich der Pressschweißbar-
keit bestehen keine Einschränkungen. Die Schmelzschweißeignung dage-
gen ist abhängig vom Kohlenstoffgehalt und von der Vergießungsart der
unlegierten Baustähle. Allgemeine Richtlinien sind außer in den Stahlnor-
men in DIN 8528 aufgeführt. Zusatzwerkstoffe können anhand der ein-
schlägigen Normen, Merkblätter und Herstellerangaben ausgewählt wer-
den.

5.6 Einsatz- und Vergütungsstähle

Die unlegierten und die niedriglegierten Einsatz- und Vergütungsstähle


sind in den Normen DIN EN 10084 (Einsatzstähle) bzw. DIN EN 10083,
Teile 1 und 2, aufgeführt [5-42] [5-45]. Dabei werden die Vergütungsstäh-
le nach DIN EN 10083, in die Gruppen der Edelstähle (Teil 1 der Euro-
norm) und der Qualitätsstähle (Teil 2) unterteilt. Als wichtigste Vertreter
für die Einsatzstähle sind 16 MnCr 5, 20 MnCr 5 und 17 CrNiMo 6 zu
nennen.

5.6.1 Schweißeignung

Für die unlegierten Qualitäts- und Edelstähle reicht zur Beurteilung der
Schweißeignung im Allgemeinen die Betrachtung des Kohlenstoffgehaltes
aus. Bis zu einem C-Gehalt von 0,22 % lassen sich die Werkstoffe mit
allen Schmelzschweißverfahren ohne Einschränkungen verarbeiten. Bei
höheren C-Gehalten der Stähle steigt die Härte des sich bei schneller Ab-
kühlung bildenden Martensits und damit die Kaltrissgefahr, so dass ent-
sprechend vorgewärmt werden muss.
Bei den niedriglegierten Werkstoffqualitäten reicht die Angabe des
Kohlenstoffgehaltes zur Beurteilung der Schweißeignung dagegen nicht
mehr aus, da auch andere Legierungselemente, wie Mangan, Chrom, Ni-
ckel, Molybdän und Vanadium, die kritische Abkühlungsgeschwindigkeit
130 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

herabsetzen und somit die Aufhärtbarkeit fördern. Aus diesem Grund wird
in der Praxis auf empirisch ermittelte Formeln zurückgegriffen, mit denen
sich der Einfluss der wichtigsten Stahllegierungselemente auf die
Schweißeignung abschätzen lässt. Die wohl bekannteste dieser Formeln
für das sogenannte IIW-Kohlenstoffäquivalent (CE) lautet (siehe auch Bild
5-20)

CE = C + Mn/6 + Mo/5 + Ni/15 + Cr/5 + V/5 + Cu/15.

Die Grenze für die Schweißbarkeit von Bauteilen ohne besondere Maß-
nahmen wird im Allgemeinen bei CE § 0,45 angegeben. Bis zu einem
Wert von CE § 0,6 kann bei geeigneter Zusatzwerkstoffwahl bzw. unter
Beachtung einer korrekten Wärmeführung die Schmelzschweißeignung
gegeben sein, darüber hinaus sind jedoch meist nur noch Pressschweißver-
fahren, wie Kaltpressschweißen, Reibschweißen oder Abbrennstumpf-
schweißen, zum Fügen von Bauteilen aus Einsatz- und Vergütungsstählen
einsetzbar. Für die Verwendung des Kohlenstoffäquivalentes sind jedoch
folgende Einschränkungen zu beachten:
− Es kann lediglich eine Abschätzung der erwarteten Härtesteigerungen
erfolgen.
− Die Stahlherstellung und das entstandene Gefüge müssen mitberück-
sichtigt werden.
− Die Analysengrenzen sollten den folgenden Geltungsbereich nicht über-
schreiten: % C ” 0,5; % Mn ” 1,0; % Cr ” 1,0; % Ni ” 3,5; % Mo ” 0,6.
− Die Randbedingungen, wie Werkstückdicke bzw. Temperaturen des
Werkstückes usw., sind ebenso wichtig.
− Die Gasgehalte im Werkstoff, insbesondere an Stickstoff und Wasser-
stoff, können für Kaltrissigkeit zusätzlich verantwortlich sein.

Darüber hinaus sind die mechanischen Eigenschaften (insbesondere die


Zähigkeit) von Stählen mit gleichem Kohlenstoffäquivalent nicht iden-
tisch. So ist ein unlegierter Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,4 %
und einem Kohlenstoffäquivalent von 0,4 in der Schweißeignung nicht mit
einem hochfesten Feinkornbaustahl mit gleichem Kohlenstoffäquivalent
vergleichbar. Eine wesentlich bessere Aussage zur Schweißeignung der
niedriglegierten Stähle bieten die bereits im Abschnitt 2.4 näher erläuterten
Schweiß-ZTU-Schaubilder.
5.6 Einsatz- und Vergütungsstähle 131

5.6.2 Änderung des Gefüges und der Eigenschaften durch den


Schweißprozess

5.6.2.1 Einsatzstähle
Vor dem Einsatzhärten können alle unlegierten und niedriglegierten
Einsatzstähle schweißtechnisch verarbeitet werden, danach verbietet sich
jedoch zumindest das Schmelzschweißen, weil infolge der aufgekohlten
Randschicht (C-Gehalt bis 0,8 %) Härterisse unvermeidbar wären. Falls
dennoch im einsatzgehärteten Zustand geschweißt werden soll, muss die
Randschicht im Fügebereich sorgsam entfernt werden, um eine unzulässi-
ge Kohlenstoffaufnahme des Schweißgutes zu vermeiden. Legierte Quali-
täten, z. B. 16 MnCr 5, sind als Vorsichtsmaßnahme grundsätzlich vorzu-
wärmen. Die Höhe der Vorwärmung richtet sich dabei nach der Aufhär-
tungsneigung (Kohlenstoffäquivalent), der Streckenenergie beim Schwei-
ßen und den Wärmeableitungsbedingungen. Ähnliches gilt im übrigen
auch für Nitrier- und Borierstähle. Grundsätzlich gilt, dass die schweiß-
technische Verarbeitung am besten vor der Oberflächenhärtung erfolgen
sollte.

5.6.2.2 Vergütungsstähle
Im Gegensatz zu den Einsatzstählen werden die unlegierten und die nied-
riglegierten vergüteten Stähle im wärmebehandelten Zustand (Abschreck-
härten in Wasser oder Öl bzw. an Luft sowie Anlassglühbehandlung) ge-
schweißt. Dabei können insbesondere beim Schmelzschweißen die erzeug-
ten Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften der Grundwerkstoffe durch
den Temperatur-Zeit-Zyklus in erheblichem Maße verändert werden. Auch
durch Vorwärmen der Fügeteile – bei allen Vergütungsstählen erforder-
lich, da sie in der Regel über 0,22 % C (außer C22) enthalten- sind Härte-
spitzen im Grobkornbereich der Wärmeeinflusszone nicht zu verhindern,
da Karbide und Nitride in Lösung gehen, wodurch bei der Rückumwand-
lung ein hoher martensitischer Gefügeanteil mit entsprechend verspannten
Kristallgittern entsteht. Auch in den anderen Bereichen der Schweißver-
bindung mit nur teilweise vollständiger Austenitisierung ist eine Härtestei-
gerung zu erwarten. Ein Abfall der Festigkeitswerte („Härtesack“) ist da-
gegen in den Grundwerkstoffbereichen zu beobachten, die beim Schwei-
ßen nochmals angelassen werden (Temperaturen ” A1). Der Grund liegt in
der zusätzlichen Ausscheidung bzw. Koagulation der Karbide.
Verbesserungen der mechanisch-technologischen Eigenschaften der
Schweißverbindung sind im Allgemeinen nur durch eine Wärmenachbe-
handlung möglich, die dem Vergüten der Grundwerkstoffe entspricht.
132 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

5.6.3 Verarbeitung und Einsatzgebiete

Einsatzstähle nach DIN EN 10084 werden vorwiegend im Werkzeug- und


im Fahrzeugbau eingesetzt, wenn verschleiß- oder dauerfeste Oberflächen
gefordert werden. Die Auswahl der Zusatzwerkstoffe muss in Abhängig-
keit vom Legierungstyp erfolgen. Dabei ist insbesondere darauf zu achten,
dass das von Schweißstäben bzw. Drahtelektroden erzeugte Schweißgut
nach den gleichen Mechanismen wie die Grundwerkstoffe härtbar ist.
Ähnliches gilt auch für die Auswahl von Schweißzusatzwerkstoffen
zum Verbindungsschweißen von Vergütungsstählen nach DIN EN 10083,
Teile 1 und 2, die praktisch im gesamten Maschinen- und Apparatebau
sowie in der Fahrzeugherstellung Verwendung finden. Hierbei lassen sich
je nach Legierungstyp oftmals nur artähnliche Zusatzmaterialien einsetzen,
wenn vom Schweißgut den Grundwerkstoffen vergleichbare mechanische
Eigenschaften und/oder Nachvergütbarkeit verlangt werden. In vielen Fäl-
len wird aber auf ähnlich hohe Festigkeits- und Härtewerte verzichtet. Statt
dessen werden Zusatzwerkstoffe auf unlegierter oder austenitischer Basis
verwendet, die ein besonders zähes Schweißgut erbringen, dessen großes
Formänderungsvermögen zumindest teilweise Spannungen abbauen kann.
Beim Schutzgasschweißen von lufthärtenden Vergütungsstählen kommen
beispielsweise CrNi-Drahtelektroden zum Einsatz. Dabei ist der entste-
hende schmale, martensitische Aufmischungsbereich an der Schmelzlinie
tolerierbar. Die meisten Einsatz- und Vergütungsstähle sind unter Beach-
tung der erwähnten Einschränkungen bis zu Chromgehalten von maximal
5 % bei korrekter Wärmeführung (Vorwärmen, Mehrlagentechnik)
schmelzschweißgeeignet. Generell und auch bei höheren Legierungsgehal-
ten besteht die Eignung zum Abbrennstumpf- und Reibschweißen. Doch
auch hier können anschließende Maßnahmen zum Abbau von Spannungen
und Härtespitzen erforderlich sein.

5.7 Niedriglegierte kaltzähe Nickelstähle

5.7.1 Einsatzgebiete

Niedriglegierte Nickelstähle zeichnen sich neben einer guten Festigkeit


durch hervorragende Zähigkeiten bei tiefen Temperaturen zwischen –50°C
und –100°C aus und füllen so die Lücke zwischen den tieftemperaturzähen
Feinkornstählen, die bis zu Temperaturen von –50°C eingesetzt werden,
und den für noch tiefere Temperaturen geeigneten austenitischen Werk-
stoffen. Je nach Nickelgehalt variieren die Einsatztemperaturen zwischen
–50°C und –60°C bei Nickelkonzentrationen von 1 % bis 2,5 % und bis zu
Temperaturen von –100°C bei Nickelgehalten um 3,5 %. Stähle mit noch
5.7 Niedriglegierte kaltzähe Nickelstähle 133

höheren Nickelkonzentrationen sind bis –200°C einsetzbar, doch sind die-


se Nickelstähle nicht mehr zu den niedriglegierten, sondern zu den legier-
ten Qualitäten zu zählen (z. B. X8 Ni 9), weshalb sie an dieser Stelle nicht
weiter behandelt werden sollen.
Insbesondere für den Transport und die Lagerung verflüssigter Gase
werden Behälter aus kaltzähen Ni-Stählen gefertigt, die trotz einer ku-
bischraumzentrierten Gitterstruktur aufgrund verringerter Kohlenstoffge-
halte und Anhebung des Nickelgehaltes eine gute Verformungsfähigkeit
bei tiefen Temperaturen zeigen. Stähle mit mittlerem Nickelgehalt von
3,5 % werden für Tieftemperaturlagertanks eingesetzt, darüber hinaus auch
für große Schmiedestücke wie Dampfturbinenläufer.
Stähle mit Nickelgehalten von 1 % bis 2,5 % werden im vergüteten, o-
der normalisierten und angelassenen Zustand eingesetzt. Die gute Tieftem-
peraturzähigkeit resultiert hierbei aus dem nickelhaltigen ferritischen
Grundgefüge dieser Stähle. Noch höhere Nickelgehalte führen zu marten-
sitischen und austenitischen Gefügestrukturen.
Wegen ihrer guten Zähigkeit bei gleichzeitig hoher Streckgrenze bieten
kaltzähe Nickelstähle Kostenvorteile bei der Konstruktion (Verringerung
der Wanddicke) gegenüber Konkurrenzwerkstoffen wie Austeniten und
Aluminiumlegierungen, die zwar keine Versprödungstendenzen mit ab-
nehmender Temperatur, dafür aber eine kleinere 0,2-%-Dehngrenze auf-
weisen. Auch bei diesen Stählen wird wie bei Feinkornstählen ein feinkör-
niges Gefüge durch die Zugabe von Aluminium und Titan (Bildung von
Nitrid- und Karbidausscheidungen) eingestellt.

5.7.2 Schweißeignung

Die kaltzähen Nickelstähle liegen oftmals im vergüteten Anlieferungszu-


stand vor. Beim Schweißen wird die Anlasswirkung in den Bereichen der
WEZ, die über A3-Temperatur erhitzt werden, aufgehoben. Mit ansteigen-
dem Nickelgehalt entsteht in der Grobkorn- und der Feinkornzone ein zu-
nehmend martensitisches Gefüge mit Restaustenitanteilen, das in der Nähe
der Schmelzgrenze, abhängig vom Kohlenstoffgehalt, Härtespitzen bis 420
HV 1 aufweisen kann. Die Kaltrissbildung kann besonders bei Stählen mit
Nickelgehalten von 2,25 % bis 3,5 % in der WEZ und im Schweißgut auf-
treten. Als Abhilfemaßnahmen sind die Reduzierung der Wasserstoffein-
bringung durch Verwendung wasserstoffkontrollierter Schweißzusatz-
werkstoffe und eine Wärmenachbehandlung bei Temperaturen zwischen
620°C und 730°C zu nennen [5-41]. Eine Vorwärmung zur Kaltrissver-
meidung ist nach [5-40] immer sinnvoll, da die Abkühlgeschwindigkeit
der Schweißnaht sinkt. Hierdurch wird die Effusion des Wasserstoffes
begünstigt, die Härte des entstehenden Gefüges gesenkt und der Verzug
134 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

des Bauteiles verringert. [5-40] empfiehlt bei Nickelgehalten zwischen


2,25 % und 3 % eine Vorwärmtemperatur zwischen 150°C und 250°C,
wobei auch auf eine genaue Einhaltung der Zwischenlagentemperaturen
beim Schweißen geachtet werden soll. Mit einer Umwandlungsversprö-
dung ist bei 3,5%igem Nickelstahl nicht zu rechnen, da der Nickelgehalt
des Stahles und die Zähigkeit des Nickelmartensits sehr hoch sind. Eine
Verringerung der Kerbschlagwerte ist häufig auf ein grobes Austenitkorn
zurückzuführen. Die unzulässige Kornvergröberung kann nur durch Sen-
ken der Streckenenergie und/oder Zugabe von Mikrolegierungselementen
(Ti, Al, Nb, V) unterbunden werden.
Nickellegierte Stähle (1 % bis 3 %) enthalten in ihrem Mikrogefüge
nennenswerte Anteile des austenitischen Kristallgitters. Da der Austenit
eine erheblich geringere Löslichkeit der heißrissfördernden Elemente
Schwefel und Phosphor besitzt, muss bei der schweißtechnischen Verar-
beitung mit dem Auftreten von Heißrissen (Aufschmelzungsrisse) bei die-
ser Stahlgruppe gerechnet werden. [5-41] empfiehlt zur Vermeidung der
Aufschmelzungsrisse ein Vorwärmen. Weiterhin soll die Wärmeeinbrin-
gung reduziert oder vorteilhaft das MSG- oder MSG-Impulslicht-
bogenschweißen eingesetzt werden.
Auf eine Wärmenachbehandlung kann im Allgemeinen verzichtet wer-
den. Beim Spannungsarmglühen lässt sich aber das Zähigkeitsverhalten
etwas verbessern (Härteabbau durch Anlasswirkung). Jedoch kann beim
Spannungsarmglühen von 3,5 %igen Nickelstählen auch eine Verschlech-
terung der Kerbschlagübergangstemperatur beobachtet werden, wenn sich
aufgrund der Wärmenachbehandlung im Gefüge größere Anteile an poly-
gonalem Ferrit bilden.

5.8 Kesselbleche und warmfeste Baustähle

Unlegierte und niedriglegierte Kessel- und Rohrstähle sind in DIN EN


10028 Teil 1 und Teil 2 bzw. in DIN EN 10216 (früher: DIN 17155 und
DIN 17175) genormt [5-46] [5-47]. In diesem Abschnitt werden außerdem
weitere warmfeste, niedriglegierte Stahlqualitäten insbesondere für den
Reaktorbau erwähnt, für die Informationen bisher nur von den Stahlher-
stellern zu beziehen sind.

5.8.1 Schweißeignung
Die gute Schweißeignung von Behältern und Apparaten aus den beruhigt
vergossenen, unlegierten und normalisierten Stählen wie dem P 355 GH
und von Rohrsystemen beispielsweise aus dem warmgewalztem P 235 GH
ergibt sich vor allem aufgrund des hohen Reinheitsgrades und der verrin-
5.8 Kesselbleche und warmfeste Baustähle 135

gerten Kohlenstoffgehalte. Vorwärmen ist bei größeren Blechdicken und


C-Gehalten über 0,22 % grundsätzlich empfehlenswert. Vorgeschrieben ist
die das Schweißen begleitende Wärmebehandlung jedoch bei allen nied-
riglegierten, im vergüteten Zustand angelieferten Qualitäten, denen zur
Erhöhung der Warmfestigkeit neben Mangan auch höhere Anteile an Mo-
lybdän, Chrom und/oder Vanadium zugesetzt wurden. Die bekanntesten
Vertreter dieser ferritisch-perlitischen Stahlgruppe sind die Werkstoffe
15 Mo 3, 13 CrMo 4 4 und 10 CrMo 9 10.
Generell gute Schmelzschweißeignung weisen auch die für Druckgefäße
von Reaktoren eingesetzten vergüteten Walz- oder Schmiedestähle
15 MnNi 6 3 und 22 NiMoCr 3 7 bzw. – als Nachfolgewerkstoff entwi-
ckelt – 20 MnMoNi 5 5 auf. Sinnvoll ist es, neben der Berechnung des
Kohlenstoffäquivalentes, Schweiß-ZTU-Schaubilder zur Beurteilung der
Schweißeignung heranzuziehen.

5.8.2 Änderung des Gefüges und der Eigenschaften

Für die unlegierten Kesselbleche und für die meisten niedriglegierten


warmfesten Baustähle, die eine ferritisch-perlitische Grundmatrix aufwei-
sen, können bei der schweißtechnischen Verarbeitung prinzipiell die glei-
chen Gefügeänderungen und Eigenschaften in der wärmebeeinflussten
Zone erwartet werden, wie sie beim Schweißen der allgemeinen Baustähle
auftreten. Abhängig vom Kohlenstoffgehalt und den Abkühlungsbedin-
gungen treten vor allem in der Grobkornzone Härtesteigerungen auf, weil
der Anteil an Zwischenstufengefüge und Martensit zunimmt.
Für molybdän-, noch mehr für chromlegierte, warmfeste Baustähle sind
diese Tendenzen, wie aus ZTU-Schaubildern zu entnehmen ist, ausgepräg-
ter. Der oft auch zu den Feinkornstählen gezählte Stahl 20 MnMoNi 5 5,
der meist im wasservergüteten Zustand geschweißt wird und damit im
Grundgefüge aus angelassenem Martensit besteht, bildet vor allem in der
Grobkornzone ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit zwangsgelöstem
Kohlenstoff aus, das zu Härtespitzen über 400 HV und deutlich gegenüber
den Grundwerkstoffwerten verminderten Zähigkeiten führt. Zur Verminde-
rung von Kaltrissbildung ist auf eine korrekte Wärmeführung zu achten.
Generell sind bei den lufthärtenden CrMo-legierten warmfesten Stählen
harte, spröde Zonen im Schweißgut und in der schmelzgrenznahen Wär-
meeinflusszone zu erwarten.

5.8.3 Schweißtechnische Verarbeitung und Einsatzgebiet

Wegen der Gefahr für Härterissbildung ist bei größeren Blechdicken auch
beim Schweißen z. B. der Stähle P 295 GH und 15 Mo 3 eine blechdicken-
136 5 Schweißen von unlegierten und niedriglegierten Stählen

abhängige Vorwärm- und Arbeitstemperatur von ca. 200°C erforderlich.


Höhergekohlte oder -legierte warmfeste Qualitäten, unabhängig davon, ob
sie im Anlieferungszustand ferritisch-perlitisches, perlitisch-martensiti-
sches oder martensitisches Gefüge aufweisen, sind generell gleichmäßig
auf Temperaturen von 200°C bis 300°C vorzuwärmen, die auch bei Zwi-
schenlagen eingehalten werden müssen. Zum Spannungsabbau und zur
Anlassbehandlung ist bei größeren Wanddicken eine entsprechende Glüh-
behandlung zu empfehlen; bei Stählen wie 13 CrMo 4 4, 10 CrMo 9 10,
15 MnNi 6 3 und 20 MnMoNi 5 5 ist sie in den meisten Fällen vorge-
schrieben.
Eingesetzt werden die warmfesten unlegierten und niedriglegierten
Stähle im Kessel- und Apparatebau für Bauteile mit Betriebstemperaturen
im Bereich von 500°C bis 600°C. Diese Stähle haben nicht nur eine hohe
Warmfestigkeit, sondern auch eine große Zunderbeständigkeit und ein
günstiges Zeitstandverhalten bei hohen Temperaturen. Der einfachste Weg
zur Erhöhung der Warmfestigkeit besteht im Legieren des Stahles mit
Mangan. Die Wirkung des Mangans beruht vorwiegend auf der Bildung
eines Substitutionsmischkristalls mit Eisen. Die Warmfestigkeit wird
durch Anwesenheit von interstitiell eingelagertem Stickstoff noch erhöht.
Wesentlich stärker als Mangan wirkt sich die Anwesenheit von Molybdän
auf die Warmfestigkeit des Stahls aus. Bereits geringste Mengen Molyb-
dän (0,05 %) erhöhen die Zeitstandfestigkeit eines unlegierten Stahles bei
400°C und 450°C um 40 % [5-41]. Nur mit Molybdän legierte Stähle wei-
sen maximale Mo-Konzentrationen von 0,5 % auf, da bei Zeitstandversu-
chen durch Ausscheidung des Mo2C-Karbids der Werkstoff vollständig
versprödet und oberhalb 440°C bei Molybdänstählen eine Graphitaus-
scheidung einsetzt, die zu Schäden führen kann. Beide Nachteile können
durch Zulegieren von Chrom aufgehoben werden, so dass bei den niedrig-
legierten Stählen Mo-Gehalte bis etwa 1 % bei gleichzeitiger Anwesenheit
von Chrom üblich sind. Zusätzlich verbessert Chrom die Zunderbeständig-
keit. Bei Temperaturen über 600°C kommen hochlegierte austenitische
Stähle zum Einsatz.
Für das Verschweißen der Werkstoffe, die häufig auch als Werkstoff-
kombinationen verwendet werden, kommen artgleiche Zusatzwerkstoffe
zur Anwendung (siehe einschlägige Normen, Merkblätter und Hersteller-
angaben).
6 Hochlegierte Stähle

6.1 Einteilung

Je nach Legierungszusammensetzung können spezielle Werkstoffeigen-


schaften erzielt werden, die Werkstoffe für verschiedenste Beanspru-
chungsbedingungen und Anwendungen interessant machen. Insbesondere
bei den hochlegierten Stählen ergibt sich ein extrem weites Eigenschafts-
spektrum. Hierzu gehören
− Korrosionsbeständigkeit (Säuren und/oder Laugen),
− Hochwarmfestigkeit,
− Hitze- und Zunderbeständigkeit,
− Tieftemperaturzähigkeit und
− besondere elektrische bzw. magnetische Eigenschaften.

Bei der schweißtechnischen Verarbeitung dieser Stähle sind zahlreiche


Randbedingungen zu beachten, um ein zufriedenstellendes Schweißergeb-
nis zu erhalten. In diesem Abschnitt wird ein besonderes Augenmerk auf
die Problematik des Schweißens der korrosionsbeständigen Stähle gelegt,
da diese in der industriellen Praxis am häufigsten eingesetzt werden und
wegen ihrer Legierungszusammensetzung viele Details bei der schweiß-
technischen Verarbeitung zu beachten sind.

6.2 Grundwerkstoffe

6.2.1 Nomenklatur der hochlegierten Stähle

Hochlegierte Stähle enthalten mehr als 5 % eines Legierungselementes und


werden durch ein vorangestelltes X in ihrem Kurznamen gekennzeichnet.
Anschließend folgt, wie bei den unlegierten und niedriglegierten Stählen,
die Angabe des Kohlenstoffgehaltes in Prozent, multipliziert mit dem Fak-
tor 100. Nachfolgend entfallen jedoch die sonst bei den unlegierten und
niedriglegierten Stählen üblichen Umrechnungsfaktoren, so dass hochle-
138 6 Hochlegierte Stähle

gierte Stähle mit der mittleren Konzentration der Legierungselemente (in


Prozent) gekennzeichnet werden.

Der Stahl X 5 CrNi 18 10

enthält demnach 0,05 % Kohlenstoff, 18 % Chrom und 10 % Nickel. Die


Bezeichnung der hochlegierten Stähle erfolgt nach ihrer chemischen Zu-
sammensetzung. Dabei werden nach DIN EN 10020 diese Werkstoffe
nicht mehr als hochlegierte Stähle, sondern als legierte Edelstähle bezeich-
net. Zur Gruppe der legierten Edelstähle sind nach DIN EN 10020 die
nichtrostenden, hitzebeständigen, warmfesten, Werkzeug- und Wälzlager-
stähle und Stähle mit besonderen physikalischen Eigenschaften zu zählen.

6.2.2 Einfluss der Legierungselemente auf das Mikrogefüge


der Stähle

Wie schon aus Abschnitt 2 bekannt, können mit Legierungselementen ge-


zielt Eigenschaften von Stählen beeinflusst werden. Mit der Auswahl und
der Konzentration wird außer den Eigenschaften auch der Kristallaufbau
des Stahles beeinflusst. Unlegierter Stahl weist bei Raumtemperatur ein
kubisch-raumzentriertes (krz) Gitter (Į-Eisen oder Ferrit) auf, das oberhalb
Ac3 in das kubisch-flächenzentrierte (kfz) Gitter des Austenits (Ȗ-Eisen)
umwandelt. Außer durch Temperaturerhöhung kann das kfz-Gitter des
Austenits durch verschiedene Legierungselemente stabilisiert werden, so
dass ein austenitischer Kristall bei Raumtemperatur vorliegt. Neben den
austenitstabilisierenden Elementen existieren auch Elemente, die eine Bil-
dung der Ferritphase begünstigen. Folglich werden die Legierungselemen-
te bei den hochlegierten Stählen in die ferrit- und die austenitstabilisieren-
den Elemente unterteilt. Die Wirkung der einzelnen Legierungselemente
auf die entstehenden Phasen kann sehr gut anhand der im Bild 6-1 abge-
bildeten binären Systeme verdeutlicht werden.
Ausgehend vom metastabilen Fe-C-Diagramm (mittleres Teilbild) ist
die Wirkung der Legierungselemente auf das Gleichgewichtsschaubild
erkennbar. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Kohlenstoff schon
allein ein starker Austenitbildner ist, was an der Ausbreitung des Ȗ-Be-
reiches im Fe-C-Diagramm ersichtlich ist. Daneben stellt Nickel das wich-
tigste Legierungselement zur Stabilisierung des Austenits dar (rechtes
Teilbild). Im rechten Teilbild sind die Auswirkungen der Ferritbildner auf
die Bildung der Ferritphase dargestellt. Die Ferritbildner mit Chrom als
wichtigstem Legierungselement, bewirken eine starke Einschnürung des
Austenitgebietes. Ab einem bestimmten Gehalt eines ferritstabilisierenden
Legierungselementes kann trotz Temperaturerhöhung keine Umwandlung
6.2 Grundwerkstoffe 139

Bild 6-1. Änderung des Fe-C-Diagrammes (mittleres Teilbild), ferritstabilisieren-


de (linkes Teilbild) und austenitstabilisierende (rechtes Teilbild) Legierungsele-
mente (schematisch).

von einem krz-Gitter in ein kfz-Gitter beobachtet werden, so dass ein um-
wandlungsfreier ferritischer Stahl vorliegt. Das wichtigste Legierungsele-
ment für korrosionsbeständige Stähle ist Chrom, da ab Chromkonzentrati-
onen über 12 % ein Stahl korrosionsbeständig ist. Im Folgenden werden
die wichtigsten Legierungselemente aufgeführt und ihre Auswirkungen auf
den Stahl kurz beschrieben:

Chrom (Ferritbildner)

Ab Konzentrationen über 12 % ist ein Stahl durch Bildung einer dichten


Chromoxidschicht auf der Stahloberfläche korrosionsbeständig.

Kohlenstoff (Austenitbildner)

Die austenitstabilisierende Wirkung von Kohlenstoff ist etwa 30mal größer


als die des Nickels. Aus Gründen der Korrosionsbeständigkeit wird der
Kohlenstoffgehalt in den meisten nichtrostenden Stählen sehr niedrig
gehalten.

Mangan (Austenitbildner)

In austenitischen Chrom-Nickel-Stählen vermindert Mangan die Bildung


von Į´-Martensit und wird aus diesem Grund (bessere Verformbarkeit) bei
Stählen zur Umformung und bei Stählen für Tieftemperaturbeanspruchung
zulegiert.
140 6 Hochlegierte Stähle

Molybdän (Ferritbildner)

Molybdän verbessert die Korrosionsbeständigkeit gegenüber reduzierten


Medien und bei höheren Temperaturen die Warmfestigkeit.

Nickel (Austenitbildner)

Nickel stabilisiert das Austenitgebiet bis unter Raumtemperatur und ist in


Verbindung mit Chrom das wichtigste Legierungselement für korrosions-
beständige austenitische Stähle. Zusätzlich wird durch eine Nickelzugabe
die Anfälligkeit für Spannungsrisskorrosion reduziert.

Niob (Ferritbildner)

Niob bindet Kohlenstoff in Form von Karbiden und reduziert somit die
interkristalline Korrosion in Chrom- und Chrom-Nickel-Stählen.

Silicium (Ferritbildner)

Silicium verbessert die Zunder- und bei höheren Si-Gehalten die Korrosi-
onsbeständigkeit in einigen hochkonzentrierten Säuren.

Stickstoff (Austenitbildner)

Stickstoff stabilisiert in ähnlichem Umfang wie Kohlenstoff den Austenit.


Zusätzlich wirkt Stickstoff korrosionsmindernd (interkristalline Korrosion)
[6-1], [6-2], [6-3] und verzögert die Ausscheidung von spröden
intermetallischen Phasen zu längeren Zeiten. Des weiteren kann durch
Stickstoff die Festigkeit des Austenits ohne Zähigkeitsverluste gesteigert
werden.
Titan (Ferritbildner)

Titan bindet Kohlenstoff in Form von Karbiden und senkt somit die Nei-
gung zur interkristallinen Korrosion und hat zusätzlich eine kornfeinende
Wirkung.

Vanadium (Ferritbildner)

Vanadium verbessert die Warmfestigkeit, und in geringen Mengen verrin-


gert es bei härtbaren martensitischen Chromstählen deren Empfindlichkeit
gegen Überhitzung.
6.2 Grundwerkstoffe 141

Durch die Legierungszusammensetzung wird also ein Gefügezustand


eingestellt, der auf die Anforderungen im späteren betrieblichen Einsatz
abgestimmt ist und die Eigenschaften des hochlegierten Stahles in chemi-
scher, mechanischer und physikalischer Hinsicht festlegt. Entsprechend
den Normen DIN 17440, DIN EN 10028-7 (früher: DIN 17441) und SEW
400 werden diese Stähle ihrem Gefügezustand entsprechend eingeordnet
[5-44].

6.2.3 Einteilung und Eigenschaften der korrosionsbeständigen


Stähle
Nach SEW 400 sind die nichtrostenden Stähle in die ferritischen, marten-
sitischen, austenitisch-ferritischen und die austenitischen Stähle zu unter-
teilen [6-4].
Eine etwas differenziertere Aufschlüsselung der korrosionsbeständigen
Stähle ist in [6-5] wiedergegeben. Hierbei werden die korrosionsbeständi-
gen Stähle nach ihrer Einsatztemperatur in die korrosionsbeständigen Stäh-
le für wässrige Medien bei niedriger Temperatur und in die hitze- und
zunderbeständigen Stähle für hohe Temperaturen unterteilt. Zusätzlich
erfolgt eine Unterteilung der austenitischen Stähle in die stabilisierten und
nicht stabilisierten Gruppen (Bild 6-2). Der Begriff der Stabilisierung wird
in Abschnitt 6.3.3.1 beschrieben.
Folgende Stahlgruppen sollen hier näher beschrieben werden:
− vollaustenitische Chrom-Nickel-Stähle (stabile Austenite),
− austenitische Chrom-Nickel-Stähle mit geringem Ferritanteil (metastabi-
le Austenite),

Bild 6-2. Einteilung der korrosionsbeständigen Stähle nach [6-5].


142 6 Hochlegierte Stähle

− austenitisch-ferritische Chrom-Nickel-Stähle (Duplex-Stähle),


− ferritische Chromstähle und
martensitische und ferritisch-martensitische Chromstähle.

Einen ersten Überblick über die chemische Zusammensetzung der ein-


zelnen Stahlgruppen liefert Tabelle 6-1.

Tabelle 6-1. Chemische Zusammensetzungen der verschiedenen hochlegierten


Stähle.
Gruppe C Si Mn Cr Mo Ni Cu Nb Ti Al V N S
max. max.
ferritische
” 1,0 1,0 15 bis ” + + +
Stähle
0,1 18 2,0 1,0
martensitische
0,1 1,0 1,5 12 bis ” + +
Stähle
1,2 18 1,2 2,5
austenitische
” 1,0 2,0 17 bis 7,0 bis + + + +
Stähle
0,1 26 5,0 26,0 2,2
austenitisch-
” 1,0 2,0 24 bis 4,0 +
ferritische
Stähle 0,1 28 2,0 7,5
+ gibt an, dass die entsprechenden Legierungselemente zur Erzielung bestimmter
Eigenschaften in definierter Höhe zulegiert werden können.

Schweißtechnisch interessant sind vor allem die austenitischen Cr-Ni-


sowie die ferritischen Chromstähle, weil sie mit den Schmelzschweißver-
fahren verarbeitet werden können. Zunehmende Bedeutung erlangen in
letzter Zeit wegen besonderer mechanisch-technologischer Eigenschaften
die Duplex-Stähle, so dass sie ebenfalls behandelt werden.

6.2.3.1 Ferritische Chromstähle


Zu dieser Stahlgruppe zählen Werkstoffe mit einem Kohlenstoffgehalt
unter 0,1 % und Chromgehalten zwischen 13 % und 30 %. Häufig sind
diesen Stählen zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit bis zu 2 %
Molybdän zulegiert. Kohlenstoff und Stickstoff sind in diesen Stählen nur
in sehr geringen Konzentrationen vorhanden, da sie die Korrosionsbestän-
digkeit der ferritischen Chromstähle negativ beeinflussen. Der Stahl ist im
Anlieferungszustand infolge einer Wärmebehandlung unempfindlich ge-
6.2 Grundwerkstoffe 143

gen interkristalline Korrosion (IK) und besteht aus globular aufgebauten


Ferritkörnern.
Ferritische Chromstähle, die zusätzlich Silicium oder Aluminium ent-
halten, sind zunderbeständig und werden aufgrund ihrer geringeren Legie-
rungskosten oftmals den zunderbeständigen Chrom-Nickel-Stählen vorge-
zogen.
Die Haupteinsatzgebiete der ferritischen Chromstähle erstrecken sich
auf die Chemie- und Lebensmittelindustrie und die Kfz-Technik. Jedoch
muss hierzu angemerkt werden, dass viele ferritische Chromstähle im Lau-
fe der Zeit durch die austenitischen Chrom-Nickel-Stähle verdrängt wur-
den. Ein wesentlicher Vorteil der korrosionsbeständigen Ferrite gegenüber
den Austeniten ist ihre Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion in
chloridhaltigen Medien (z. B. Salzwasser).

6.2.3.2 Ferritisch-martensitische Chromstähle


Ferritisch-martensitische Chromstähle unterscheiden sich von den ferriti-
schen Stahlsorten im Wesentlichen durch ihren Kohlenstoffgehalt, der
zwischen 0,1 % und 0,3 % bei einem Chromgehalt von 12 % bis 18 %
liegt. Aufgrund ihrer höheren Kohlenstoffgehalte zeigen diese Stähle ein
deutliches Umwandlungsverhalten und werden im vergüteten Zustand ein-
gesetzt, d. h., nach dem Härten erfolgt ein Anlassen des Stahles. Dies be-
deutet, dass durch das Anlassen dem Kohlenstoff die Möglichkeit zur Bil-
dung von Chromkarbiden gegeben wird, was wieder zu einer erhöhten IK-
Anfälligkeit des Stahles führt. Dies ist um so schlimmer, als bei den ferri-
tisch-martensitischen Stählen die Kohlenstoffkonzentration wesentlich
über der ferritischer Chromstähle liegt. Durch eine hinreichend lange An-
lassbehandlung des Stahles, kann jedoch seine IK-Anfälligkeit wieder re-
duziert werden. Die Erklärung, warum durch eine langandauernde Wär-
mebehandlung die IK-Anfälligkeit wieder aufgehoben wird, ist im Ab-
schnitt 6.3.3.1.1 gegeben.
Die Einsatzgebiete der ferritisch-martensitischen Chromstähle erstre-
cken sich von Maschinen für die chemische und die Nahrungsmittelindust-
rie und in Modifikationen mit Molybdän, Wolfram und Vanadium bis hin
zu Armaturen und Turbinen in Kraftwerken. Als typischer Vertreter der
korrosionsbeständigen Vergütungsstähle sei hier der Stahl X 20 Cr 13 ge-
nannt.

6.2.3.3 Martensitische Chromstähle


Martensitische Chromstähle enthalten etwa 0,4 % bis 1,2 % Kohlenstoff
und 12 % bis 18 % Chrom. Steigende Gehalte an austenitstabilisierenden
Elementen wie Kohlenstoff, Stickstoff und Nickel erweitern das Austenit-
144 6 Hochlegierte Stähle

gebiet, wodurch umwandlungsfähige Stähle entstehen. Für eine vollständi-


ge Umwandlung sind bei den martensitischen Chromstählen erhöhte Koh-
lenstoffgehalte notwendig. Stähle mit einem Chromgehalt von 13 % wan-
deln erst ab einer Kohlenstoffkonzentration von 0,15 % um und austeniti-
sieren erst oberhalb 950°C. 17%ige Chromstähle benötigen schon 0,3%
Kohlenstoff und eine Austenitisierungstemperatur von 1100°C. Der bei
hohen Temperaturen gebildete Austenit wandelt sich beim Abkühlen voll-
ständig in Martensit um. Zum Erzielen der kritischen Abkühlgeschwindig-
keit reicht bei dieser Stahlgruppe oftmals die Abkühlung an Luft. Diese
Stähle werden auch als Lufthärter bezeichnet.
Die mechanischen Eigenschaften der martensitischen Chromstähle hän-
gen sehr stark von ihrem Wärmebehandlungszustand ab, jedoch weisen die
martensitischen Stähle grundsätzlich höhere Härte- und Festigkeitswerte
auf als alle anderen korrosionsbeständigen Stähle. Im gehärteten Zustand
sind die martensitischen Chromstähle sehr beständig gegen interkristalline
Korrosion, da der Kohlenstoff im martensitischen Gitter zwangsgelöst ist
und somit keine Chromkarbidausscheidungen entstehen können. Die IK-
Anfälligkeit ist aber sofort gegeben, wenn dem Härten ein Anlassen des
Martensits zur Vergütung folgt.
Bei martensitischen Stählen wird die Warmfestigkeit durch gezielte Le-
gierung mit Molybdän, Vanadium und Wolfram erhöht. Solche Stähle
werden im Turbinen- und Triebwerksbau eingesetzt. Am häufigsten wer-
den martensitische Chromstähle jedoch in der Schneidwarenindustrie
(Messerklingen) und im Maschinenbau (Nadelventile, Düsen, Wälzlager)
verwendet.

6.2.3.4 Ferritisch-austenitische Chrom-Nickel-(Duplex-)Stähle


Bei Gehalten von 4 % bis 8 % Nickel und 22 % bis 27 % Chrom entsteht
neben der Ferritphase nach der Erstarrung auch eine Austenitphase, die bei
Raumtemperatur stabil ist. Die Gefüge der Stähle bestehen zu etwa 50 %
aus Ferrit und 50 % Austenit und enthalten bis zu 0,35 % Stickstoff, der
zur Erhöhung der Streckgrenze und zur Stabilisierung der Austenitphase
eingesetzt wird. Im ternären System Eisen-Chrom-Nickel kann an einem
Konzentrationsschnitt bei 70 % Eisen die Verteilung der Austenit- und
Ferritphase in Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung im
Gleichgewichtsfall bestimmt werden (Bild 6-3). Duplex-Stähle erstarren
primär ferritisch (į-Ferrit), und in einem Temperaturbereich um 1300°C
findet eine Umwandlung des Ferrits in Austenit statt.
Aus Bild 6-3 ist ersichtlich, dass sich bei Duplex-Stählen in dem o. g.
Konzentrationsbereich ein Gefüge einstellen wird, das zu etwa gleichen
Anteilen aus Ferrit und Austenit besteht. Es muss aber darauf hingewiesen
werden, dass das ternäre Diagramm im Bild 6-3 nur für den Fall der un-
6.2 Grundwerkstoffe 145

endlich langsamen Abkühlung (Gleichgewichtsfall) aufgestellt wurde und


der Einfluss anderer Legierungselemente nicht berücksichtigt ist.
Aus der Gefügekombination resultiert eine erhöhte Streckgrenze (Rp0,2
= 400 N/mm2 bis 500 N/mm2) gegenüber den üblichen ferritischen und
austenitischen Stählen. Durch Zulegieren von 1,5 % bis 3% Molybdän
wird eine erhöhte Beständigkeit gegen Lochkorrosion und interkristalline
Spannungsrisskorrosion in chloridhaltigen Medien erzielt, die über der von
handelsüblichen austenitischen Stählen liegt. Die Grobkornbildung der
Ferritphase ist durch die wachstumshemmende Austenitphase wesentlich
geringer als bei den ferritischen Chromstählen. Die Zähigkeitseigenschaf-
ten sind denen der austenitischen Stähle ebenbürtig.

Bild 6-3. Konzentrationsschnitt im ternären System Eisen-Chrom-Nickel bei 70 %


Eisen [6-6].

Ein typischer Vertreter der Duplex-Stähle ist der Stahl X 2 CrNiMoN


22 5 3. Die Einsatzbereiche für Duplex-Stähle erstrecken sich auf die Öl-
fördertechnik, den Chemieanlagenbau und die Meerestechnik.
146 6 Hochlegierte Stähle

6.2.3.5 Stabile und metastabile austenitische


Chrom-Nickel-Stähle
Chrom und Nickel sind die wichtigsten Legierungselemente für austeniti-
sche Stähle. Chrom, eigentlich ein ferritbildendes Element, unterstützt die
austenitisierende Wirkung des Nickels, so dass ab etwa 18 % Chrom und
8 % Nickel das Austenitgebiet soweit vergrößert wird, dass der Austenit
bis hinab auf Raumtemperatur stabil bleibt (Bild 6-3). Austenitische Stähle
sind meistens im Gegensatz zu den ferritischen Stählen umwandlungsfrei,
d. h., sie können nicht mehr gehärtet werden und sind nicht magnetisch
(paramagnetisch).
Strauss und Maurer entwickelten ein Diagramm, das die entstehenden
stabilen Gefüge in Abhängigkeit vom Chrom- und Nickelgehalt wiedergibt
[6-7]. Durch ergänzende Untersuchungen entstand schließlich das Maurer-
Diagramm in seiner heute bekannten Form (Bild 6-4) [6-8].
Der wohl bekannteste austenitische Stahl (V2A) wurde in den Jahren
1909 bis 1912 von Strauss und Maurer in den Kruppschen Forschungsan-
stalten entwickelt. Dabei handelt es sich um einen Stahl mit einem Gehalt
von 18 % Chrom und 8 % Nickel. Da dieser Stahl noch geringe Mengen an
Ferrit in seinem ansonsten austenitischen Grundgefüge enthält, wird dieser
Stahl als metastabiler (labiler) Austenit bezeichnet. Die Ferritgehalte der
metastabilen Austenite liegen in der Regel unterhalb 10 %, können jedoch
als Folge von Wärmebehandlungen stark schwanken.

Bild 6-4. Gefügeschaubild der Chrom-Nickel-Stähle (Maurer-Diagramm) [6-8].


6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 147

Die stabilen Austenite (Vollaustenite) enthalten dagegen keine Ferritan-


teile und sind meist an den legierungstechnisch eingestellten Chrom-
Nickel-Kombinationen 13/13, 16/13 oder 25/20 erkennbar.
Die korrosionsbeständigen, austenitischen Cr-Ni-Stähle ohne oder mit
Anteilen an Ferrit sind in DIN 17440 und DIN 17145 bzw. SEW 400 mit
Angaben zu ihrer chemischen Zusammensetzung aufgelistet. Der heute am
meisten verwendete Werkstoff ist der Stahl X 5 CrNi 18 9 (W.-Nr.1.4301).
Ihre hervorragenden Zähigkeitseigenschaften verdanken die austenitischen
Stähle dem Umstand, dass sie auch bei tiefen Temperaturen eine kfz-
Gitterstruktur aufweisen, die gegenüber krz-Kristallgittern bei höherer
Packungsdichte der Atome eine größere Anzahl an Gleitsystemen besitzt.
Da Ȗ-Mischkristalle zudem ein vielfach höheres Lösungsvermögen für fast
alle Legierungselemente aufweisen als Į-Mischkristalle (hierfür ist die
Größe der Gitterlücken und nicht deren Anzahl entscheidend), kann die
chemische Zusammensetzung der Stähle in einem weiten Rahmen ohne
Beeinträchtigung der mechanisch-technologischen und der Korrosions-
Eigenschaften variiert werden.
Die austenitischen Chrom-Nickel-Stähle finden im Bauwesen, der che-
mischen Industrie, der Energieerzeugung, der Lebensmitteltechnik und
zahlreichen anderen Industriezweigen Anwendung.

6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen

6.3.1 Grundlagen der Korrosion

Obwohl die in diesem Abschnitt aufgeführten Austenite und Ferrite als


korrosionsbeständige oder nichtrostende Stähle bezeichnet werden, existie-
ren gasförmige und flüssige Medien, die zu einer Korrosion dieser Stähle
führen. Nach DIN EN ISO 8044 und DIN 50900 ist unter dem Begriff der
Korrosion die Reaktion eines metallischen Werkstoffes mit seiner Umge-
bung zu verstehen. Die dabei auftretende messbare Veränderung des
Werkstoffes führt zu einer Beeinträchtigung der Funktion des metallischen
Bauteiles oder eines ganzen Systems [6-36].
Grund für die Korrosion ist die thermodynamische Instabilität der Me-
talle gegenüber oxidierenden Medien, zu denen sowohl Gase als auch
wässrige Medien zu zählen sind. Die Korrosion der Metalle kann in zwei
grundsätzlich unterschiedliche Reaktionstypen unterteilt werden: die che-
mische Reaktion und die elektrochemische Reaktion. Bei der chemischen
Reaktion zersetzen sich die Metalle direkt ohne Anwesenheit eines Elekt-
rolyten. Der Elektronenaustausch findet zwischen den Reaktionspartnern
direkt statt, es erfolgt kein Elektronenfluss. Als typisches Beispiel einer
chemischen Reaktion sei hier die Reaktion eines Metalls mit einem tro-
148 6 Hochlegierte Stähle

ckenen, heißen Gas angeführt, wie dies bei der Verzunderung der Metalle
der Fall ist. Neben Gasen können aber auch Säuren, Basen und Salze eine
chemische Korrosion bei Metallen verursachen.
Bei der Korrosion der Metalle besitzt die elektrochemische Reaktion die
weitaus größere Bedeutung. Wie der Name schon sagt, findet hierbei eine
elektrochemische Reaktion statt, d. h. für die Zersetzung des Metalls muss
ein Elektronenstrom fließen. Damit ein elektrolytischer Werkstoffabtrag
erfolgen kann, muss ein geschlossener Stromkreis vorliegen. Der Trans-
port der Ladungen erfolgt über einen leitenden Elektrolyten, der in den
meisten Fällen eine wässrige Lösung ist.
Die Auflösung des Metalls (Me) erfolgt unter Abgabe von Elektronen
gemäß folgender Reaktion:

Me ĺ0Hn+ + n * e-.

Diese Reaktion der elektrochemischen Korrosion wird als anodische Auf-


lösung oder anodische Teilreaktion bezeichnet und entspricht, da Elektro-
nen abgegeben werden, einer Oxidation des Metalls. Infolge der Verschie-
bung von Ladungsträgern entsteht eine Potentialdifferenz, die den Über-
gang eines zweiten Elements (z.B. eines gelösten Metalls) aus dem Elekt-
rolyten bewirkt. Die entsprechende (kathodische) Teilreaktion lautet

Men+ + n * e- ĺ Me.

Im Gegensatz zur anodischen Teilreaktion handelt es sich bei der kathodi-


schen Reaktion um eine Reduktion, da Elektronen von dem gelösten Ele-
ment aufgenommen werden.
Als Beispiel für die anodischen und kathodischen Teilreaktionen sollen
die beiden Halbzellen des unedlen Metalls Zink und des edleren Metalls
Kupfer miteinander verglichen werden (Bilder 6-5 und 6-6).

Bild 6-5. Halbzelle des unedlen Metalls Zink mit dem (a) Beginn der Reaktion
beim Eintauchen der Zinkelektrode, iA > iK, und dem (b) Gleichgewichtszustand
(iA = iK) und dem Gleichgewichtspotential [5-22].
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 149

Bild 6-6. Halbzelle des edleren Metalls Kupfer mit dem (a) Beginn der Reaktion
beim Eintauchen der Zinkelektrode, iA < iK und dem (b)Gleichgewichtszustand
(iA = iK) und dem Gleichgewichtspotential [5-22].

Bei dem unedleren Zink ist zu Beginn der Reaktion der anodische Teil-
strom iA größer, so dass Zink in Lösung geht und die Zinkelektrode ein
negatives Potential erhält. Die gelösten Zn++ lagern sich als Folge elektro-
statischer Kräfte an der Elektrodenoberfläche an, was jedoch zu einer
Schwächung des anodischen Teilstromes iA, bei gleichzeitiger Verstärkung
des kathodischen Teilstromes iK führt.
Mit der Zeit stellt sich ein Gleichgewicht zwischen beiden Teilströmen
ein, so dass sich aufgrund der Spannungsdifferenz zwischen negativ gela-
dener Zinkelektrode und positiv geladenem Elektrolyten ein Gleichge-
wichtspotential ausbildet.
Das edlere Metall, in diesem Fall Kupfer, weist aufgrund des zu Beginn
der Reaktion größeren kathodischen Teilstroms iK im Gleichgewichtszu-
stand eine positive Ladung auf (Bild 6-6). Um jedoch die kathodische Teil-
reaktion zu starten, müssen in dem Elektrolyten Cu++-Ionen gelöst sein,
damit die kathodische Abscheidung des Kupfers überhaupt erfolgen kann.
Werden nun die beiden Halbzellen aus den Bildern 6-5 und 6-6 betrach-
tet, so kann festgestellt werden, dass das Gleichgewichtspotential des Kup-
fers positiver ist als das des Zinks.
Werden nun beide Halbzellen miteinander leitend verbunden, so ist ein
Stromfluss messbar, wobei Zink in Lösung geht und Kupfer abgeschieden
wird. Der Vorgang der anodischen Auflösung und der kathodischen Ab-
scheidung von Metallen ist im Bild 6-7 anhand eines galvanischen Ele-
mentes dargestellt.
Das Gleichgewichtspotential von Zink und Kupfer ist jedoch aus den in
den Bildern 6-5 und 6-6 dargestellten Versuchsanordnungen nicht mess-
bar. Nach Bild 6-7 kann das Gleichgewichtspotential nur als Differenz
zwischen zwei unterschiedlichen Elektrodenmaterialien gemessen werden.
Aus diesem Grund wurde eine Standardelektrode definiert, deren Gleich-
150 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-7. Galvanisches Element mit anodischer und kathodischer Teilreaktion.


Aus. Schulze,G., Krafka, H., u. Neumann, P.: Schweißtechnik.
Werkstoffe – Konstruieren – Prüfen. Düsseldorf.: VDI-Verlag 1992.

gewichtspotential (Normalpotential) zu 0 Volt gesetzt wird. Diese Stan-


dardelektrode besteht aus einem Platinnetz, welches mit Wasserstoff um-
spült wird (Standardwasserstoffelektrode). Werden die anderen Metalle
gegen diese Standardelektrode gemessen, so ergibt sich hieraus die elek-
trochemische Spannungsreihe (Tabelle 6-2).

Tabelle 6-2. Elektrochemische Spannungsreihe.

Element Normalpotential V
Mg - 2,4
Ti - 1,75
Al - 1,66
Zn - 0,76
Cr - 0,71
Fe - 0,44
Ni - 0,23
H 0
Cu + 0,34
Ag + 0,8
Au + 1,42
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 151

Aus Tabelle 6-2 ist ersichtlich, dass unedle Metalle ein negatives Poten-
tial gegenüber der Wasserstoffelektrode besitzen, edle Metalle hingegen
ein positives.
Damit ist es möglich, die Auflösung des Metalls in einer anodischen
Teilstromkurve, die allerdings nicht direkt gemessen werden kann, darzu-
stellen (Bild 6-8). Die Auflösung des Metalls erfolgt um so schneller, je
höher die anodische Teilstromdichte ist.
An der Kathode kann die sogenannte Wasserstoffkorrosion ablaufen,
gemäß der Reaktion
2 H+ + 2e- ĺ 2H ĺ H2

Bild 6-8. Anodische Teilstromkurve eines unedlen Metalls (Fe) und eines edlen
Metalls (Cu) mit dem entsprechenden Anodenpotentialen [5-22].

Abhängig von ihrem pH-Wert ergeben sich die im Bild 6-9 abgebildeten
kathodischen Teilstromkurven für die Wasserstoffkorrosion.

Bild 6-9. Kathodische Teilstromkurven für verschiedene pH-Werte der Wasser-


stoffreduktion mit UK = Kathodenpotential [5-22].
152 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-10. Summenstromkurve und Teilstromkurven für ein unedles Metall (Kur-
ve 1) und ein edles Metall (Kurve 2) und der zugehörigen Ruhepotentiale UR1, UR2
bei der Wasserstoffkorrosion [5-22].

Auch diese Teilstromkurven können nicht direkt gemessen werden, je-


doch sind die Summenstromkurven aus der Reaktion direkt messbar, die
dann über die Menge des aufgelösten Metalls und des gebildeten Wasser-
stoffes in die anodischen und die kathodischen Teilstromkurven aufgespal-
ten werden können (Bild 6-10).
Im Nulldurchgang der Summenstromkurve liegt das sogenannte Ruhe-
potential UR. Dieses Potential liegt vor, wenn sowohl der anodische als
auch der kathodische Teilstrom dem Betrag nach gleich sind, also das
Gleichgewicht der beiden Teilströme vorliegt. Beide Reaktionspartner
reagieren in diesem Fall ohne Anlegen einer äußeren Stromquelle mitein-
ander. UR wird dabei auch als freies Korrosionspotential bezeichnet. Aus
Bild 6-10 ist ersichtlich, dass das unedle Metall wegen eines hohen anodi-
schen Teilstromes schnell und das edle Metall wegen des geringen anodi-
schen Teilstromes langsam aufgelöst wird.
Ein Potentialunterschied, der Auslöser für eine elektrochemische Korro-
sion ist, kann innerhalb des Stahles schon durch geringste Unregelmäßig-
keiten erzeugt werden. Diese Bereiche werden als Korrosions- oder Lokal-
elemente bezeichnet und bestehen, wie in den vorherigen Bildern darge-
stellt, aus Anode und Kathode. Lokalelemente können sein:
− verformte und unverformte Bereiche im Werkstoff,
− unterschiedliche Phasen im Gefüge (z. B. Ausscheidungen),
− geseigerte, bzw. nicht geseigerte Zonen im Stahl, d. h. Konzentrations-
verschiebungen einzelner Legierungselemente sowie
− unterschiedliche Orientierungen einzelner Körner zueinander.

Bild 6-11 zeigt die Auswirkung eines Lokalelementes auf die Korrosions-
vorgänge in einem Stahlblech schematisch. Als Elektrolyt dient ein Was-
sertropfen.
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 153

Bild 6-11. Sauerstoffkorrosion von Eisen und Stahl aufgrund der Ausbildung ei-
nes Lokalelementes [5-11].

Der Korrosionsvorgang wird auch als Sauerstoffkorrosion (Reaktion: O2


+ 2H20 + 4e- ĺ 40H-) bezeichnet, wobei Eisen unter Abgabe zweier Elekt-
ronen als Fe++-Ion in Lösung geht. Im Elektrolyten erfolgt durch Sauer-
++ +++
stoffzutritt aus der Atmosphäre eine Oxidation des Fe zu Fe gemäß
folgender Reaktion:

4Fe + O2 + 2H20 ĺ 4 Fe
++ +++ -
+ 40H .
+++ -
Fe -Ionen und OH -Ionen verbinden sich zum wasserunlöslichen
Fe(OH)3, welches unter Wasserabspaltung zum bekannten Erscheinungs-
bild des rötlichen Rostes an unlegierten und niedriglegierten Stählen führt.
Im Bild 6-12 sind die kathodischen Teilstromkurven für die Sauerstoff-
korrosion abgebildet. Die Verläufe der kathodischen Teilstromkurven der

Bild 6-12. Kathodische Teilstromkurven der Sauerstoffkorrosion [5-22].


154 6 Hochlegierte Stähle

Sauerstoff- und der Wasserstoffkorrosion haben für die im folgenden Ab-


schnitt dargestellten anodischen Teilstromkurven der korrosionsbeständi-
gen Chrom- und Chrom-Nickel-Stähle eine entscheidende Bedeutung.

6.3.2 Gründe für die Korrosionsbeständigkeit der


hochlegierten Chrom- und Chrom-Nickel-Stähle

Legierungstechnisch wird die Korrosionsbeständigkeit von Stählen durch


eine Chromkonzentration oberhalb 12 % gewährleistet. Grund hierfür ist
die Passivierung des Stahles durch eine Chromkarbidschicht. Der Vorgang
der Passivierung kann auch an Eisen beobachtet werden. Eisen geht in
verdünnter Salpetersäure (Säurekorrosion) sehr schnell in Lösung, wobei
die Auflösungsgeschwindigkeit mit steigender Säurekonzentration wie
erwartet zunimmt. In konzentrierter Salpetersäure sinkt jedoch die Korro-
sionsgeschwindigkeit auf vernachlässigbar kleine Werte, so dass das Eisen
in diesem Zustand als korrosionsfest bezeichnet werden kann. Die stark
oxidierend wirkende Salpetersäure passiviert das Eisen. Das Eisen bleibt
dabei metallisch blank und verhält sich in diesem Stadium wie ein Edelme-
tall. Schon Faraday vermutete in diesem Zusammenhang, dass die Passivi-
tät des Eisens auf eine submikroskopisch dünne Metalloxidschicht zurück-
zuführen ist, jedenfalls aber eine Sättigung der freien Valenzen der Metall-
oberfläche durch Sauerstoffatome erfolgt [6-9]. Auch heute besitzt Fara-
days Erklärung zur Passivierung der Stähle noch ihre Gültigkeit.
Bei der Passivierung der korrosionsbeständigen Chrom- und Chrom-
Nickel-Stähle bildet sich eine etwa 20 nm bis 30 nm dicke porenfreie
Oxidschicht, die nach neueren Untersuchungen aus chromreichen Oxid-
Hydroxid-Schichten besteht. Diese Chromoxidschicht haftet extrem fest
auf der Oberfläche und bildet sich bei Beschädigung innerhalb kürzester
Zeit neu. Zu Aufrechterhaltung dieser Schicht ist jedoch ein ausreichendes
Sauerstoffangebot aus der Umgebung des Werkstoffes erforderlich. Es
muss dabei unbedingt beachtet werden, dass der Aufbau der korrosionsbe-
hindernden Deckschicht in reduzierenden Medien (Schwefelsäure, Salz-
säure, Phosphorsäure) erschwert oder sogar unmöglich ist, was oftmals zu
einem flächigen Abtrag des Stahles führt. Wie bereits erwähnt, sind etwa
12 % Chrom ausreichend, um einen Stahl gegenüber normalen atmosphä-
rischen Bedingungen zu passivieren. Aus diesem Grund wird der Chrom-
gehalt von 12 % auch als Resistenzgrenze bezeichnet.

6.3.3 Korrosionsarten bei hochlegierten Stählen

Die Korrosionsarten bei korrosionsbeständigen Stählen werden häufig in


die selektiven Korrosionsarten, wie dies bei der Spalt-, Lochfraß- und in-
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 155

terkristallinen Korrosion der Fall ist (sie zählen auch zur Gruppe der Kor-
rosionsarten ohne mechanische Belastung), oder in die Korrosionsarten mit
und ohne mechanische Belastung eingeteilt. Im Folgenden werden die
wichtigsten Erscheinungsformen der Korrosion in Ursache, Auswirkung
und Vermeidung, speziell im Hinblick auf das Schweißen, eingehender
erklärt. Bild 6-13 gibt eine Übersicht über die relevantesten Korrosionsar-
ten.

Bild 6-13. Schematische Darstellung der häufigsten Korrosionsarten [6-10].

6.3.3.1 Interkristalline Korrosion


Das wesentlichste Problem beim Schweißen der korrosionsbeständigen
ferritischen und austenitischen Stähle ist die interkristalline Korrosion
(IK). Sie wird durch Chromkarbidausscheidungen auf den Korngrenzen
hervorgerufen.
Obwohl das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm eine hohe Löslichkeit des
Kohlenstoffes im Austenit erwarten lässt, ist in den hochlegierten Chrom-
Nickel-Stählen der C-Gehalt bei Raumtemperatur auf kleinste Mengen
begrenzt und entspricht in etwa der Löslichkeit der korrosionsbeständigen
ferritischen Stähle (Bild 6-14).
156 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-14. Löslichkeit von Kohlenstoff in korrosionsbeständigen Stählen [6-11].

Die geringe Löslichkeit für Kohlenstoff ist beim Ferrit mit der krz-
Gitterstruktur, beim Austenit jedoch mit der hohen Affinität des Chroms
zum Kohlenstoff zu begründen. Wie aus Bild 6-14 hervorgeht, nimmt die
Kohlenstofflöslichkeit bei Temperaturen über 900°C deutlich zu, jedoch
sinkt sie auch unterhalb dieser Temperaturschwelle stark ab. Durch das
Verweilen in einem kritischen Temperaturbereich (z. B. durch einen
Schweißvorgang) können sich aus den kohlenstoffübersättigten Chrom-
und Chrom-Nickel-Stählen Chromkarbide der Zusammensetzung Cr23C6
auf den Korngrenzen ausscheiden.
Im Anlieferungszustand ist ein austenitischer Stahl nicht IK-anfällig, da
er oberhalb 1000°C lösungsgeglüht und anschließend in Wasser abge-
schreckt wurde. Bei hohen Temperaturen wird der Kohlenstoff vom auste-
nitischen Gitter vollständig gelöst (vergleiche hierzu Bild 6-14). Durch die
folgende schnelle Wasserabkühlung erfolgt eine Zwangslösung des Koh-
lenstoffes im Austenit, es liegen keine Chromkarbidausscheidungen vor.
Eine Erwärmung des Stahles im kritischen Bereich zwischen 400°C und
900°C kann nun Diffusionsvorgänge auslösen, die nach einer Inkubations-
zeit zur Ausscheidung von Chromkarbiden führen. Die Chromkarbidaus-
scheidungen werden bevorzugt auf den Korngrenzen erfolgen, da hier
energetisch günstige Bedingungen für Keimbildung und Keimwachstum
der Ausscheidungen vorhanden sind. Sind im austenitischen Stahl Ferritan-
teile (į-Ferrit) vorhanden, so beginnt die Ausscheidung der Karbide zuerst
an den Ferrit-Austenit-Korngrenzen. Dies ist im Wesentlichen auf die hö-
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 157

heren Diffusionsgeschwindigkeiten im Ferrit zurückzuführen. Im An-


schluss daran erfolgt die Chromkarbidausscheidung auf den Austenit-
Austenit-Korngrenzen. Entlang eines schmalen Bereiches der Korngrenzen
ist das Element Chrom, welches vorher zum Korrosionsschutz im Eisengit-
ter gelöst war, dem Gitter entzogen und als Karbid auf den Korngrenzen
ausgeschieden worden. Es entsteht somit ein schmaler Saum der Chrom-
verarmung entlang der Korngrenzen, an der der Stahl nicht mehr passiviert
ist. Besonders kritisch ist dabei, dass wenig Kohlenstoffatome viele
Chromatome „abbinden“ können (Cr23C6). Der Verlauf der Chromkonzent-
ration entlang einer Korngrenze ist schematisch in Bild 6-15 wiedergege-
ben.
Die im Bild 6-15 eingezeichnete Resistenzgrenze entspricht einer
Chromkonzentration von rund 12 %. Die homogene Chromverteilung im
Austenit stellt den Anlieferungszustand des Werkstoffes dar (Linie 1 in
Bild 6-15). Durch eine Wärmebehandlung bildet sich entlang der Korn-
grenze ein zusammenhängender Saum aus Chromkarbidausscheidungen
(Cr23C6), die Konzentration an freien Chromatomen sinkt unter die Resis-
tenzgrenze, so dass ein Korrosionsangriff im Bereich der Korngrenze ein-
setzen kann (Linie 2). Hierbei lösen sich einzelne Körner aus dem Korn-
verband, woraus die Begriffe interkristalline Korrosion und Kornzerfall
entstanden sind.

Bild 6-15. Verlauf des Chromgehalts entlang der Korngrenze während einer
Wärmebehandlung eines austenitischen Stahles [2-7].
1 homogener Ausgangszustand; 2 Beginn der Karbidbildung;
3 Beginn des Cr-Konzentrationsausgleiches;
4 Wiedererreichung der Resistenzgrenze.
158 6 Hochlegierte Stähle

6.3.3.1.1 Möglichkeiten zur Vermeidung der interkristallinen


Korrosion
Langzeitiges Glühen zur Desensibilisierung Interessanterweise kann ein
IK-anfälliger Stahl aber durch die Fortführung einer Wärmebehandlung
wieder resistent gegen einen Korrosionsangriff werden. Um dies zu ver-
stehen, muss erwähnt werden, dass der Diffusionskoeffizient von Kohlen-
stoff im Austenit bei 800°C etwa 10-8 cm2/s und der von Chrom rund
10-13 cm2/s beträgt [6-12]. Zu Beginn der Chromkarbidausscheidungen
kann also aus dem Korninneren sehr schnell Kohlenstoff zu den Korngren-
zen diffundieren und dort das besagte Karbid bilden. In diesem Wärmebe-
handlungszustand ist der Stahl korrosionsanfällig, d. h., er ist sensibilisiert.
Nach einer gewissen Zeit wird sich eine Gleichgewichtskonzentration des
Kohlenstoffes im ganzen Korn einstellen, d. h., die Übersättigung des
Austenits mit Kohlenstoff verringert sich und ebenso die Karbidbildung.
Parallel findet eine, wenn auch langsame, Nachdiffusion des Chroms aus
dem Korninneren in die chromarmen Korngrenzenbereiche statt (Linie 3
im Bild 6-15), so dass die Diffusion von Chrom wieder zum Erreichen der
Resistenzgrenze führt (Linie 4).

Bild 6-16 Kornzerfallsschaubild des Stahles X 5 CrNi 18 9 [6-13].

Die Vorgänge der Ausscheidung und der Repassivierung werden in


Kornzerfallsschaubildern dargestellt (Bild 6-16).
Es zeigt sich, dass für die Keimbildung des Karbids eine Inkubationszeit
benötigt wird, die abhängig von der Temperatur sehr kurz sein kann (Bild
6-16, Linie 1). Weiterhin ist ersichtlich, dass die Ausscheidung der
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 159

Chromkarbide nicht sofort zum Kornzerfall führen muss, sondern der


Kornzerfall erst bei einer größeren Chromverarmung im Korngrenzenbe-
reich eintritt (Linie 2, Beginn der Sensibilisierung). Oberhalb einer Tempe-
ratur von 800°C besteht trotz Karbidausscheidung keine Gefahr der
IK-Anfälligkeit des Stahles mehr. Dies kann zum einen damit erklärt
werden, dass die Nachdiffusion des Chroms aus dem Korninneren mit
steigender Temperatur zunimmt und zum anderen damit, dass die Löslich-
keit des Austenits für Kohlenstoff steigt und die Tendenz zur Karbidaus-
scheidung abnimmt. Oberhalb der Temperatur TL beträgt die Kohlenstoff-
löslichkeit des Austenits etwa 0,05 %, so dass für den Stahl X 5 CrNi 18 9
mit etwa 0,05 % Kohlenstoff gar keine Karbidausscheidungen mehr gebil-
det werden können.

Stabilisierung

Das am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Reduzierung der Gefahr der


interkristallinen Korrosion besteht in der Stabilisierung der ferritischen
Chrom- und der austenitischen Chrom-Nickel-Stähle. Die Stabilisierung
erfolgt hierbei durch Elemente wie Titan, Niob oder Tantal, die eine höhe-
re Affinität zum Kohlenstoff aufweisen als Chrom, so dass dieser in Form
von Titan-, Niob- oder Tantalkarbiden gebunden wird. Die Auswirkung
der Stabilisierung ist anhand zweier Kornzerfallsschaubilder im Bild 6-17
dargestellt.
Nach Bild 6-17 wirkt sich die Stabilisierung des Stahles in zweifacher
Hinsicht positiv aus. Zum Einen wird der Beginn der IK-Anfälligkeit zu
längeren Zeiten verschoben, und zum Anderen verkleinert sich das gesam-
te Gebiet des Kornzerfalls. Erst bei höheren Temperaturen beschleunigt
sich der Kornzerfall wieder (Bild 6-17b).
Die Legierungsgehalte der Stabilisierungselemente richten sich nach
dem Kohlenstoffgehalt des Stahles, wobei die beiden wichtigsten Elemente
Titan mit mindestens dem 5fachen und Niob mit mindestens dem 10fachen
des Kohlenstoffgehalts des Stahles zulegiert werden. Die zulegierten Men-
gen an Titan und Niob entsprechen damit nicht den stöchiometrischen
Verhältnissen von Ti:C = 4:1 und Nb:C = 7,7:1, die zur vollständigen Ab-
bindung des Kohlenstoffes ausreichen würden. Eine Überstabilisierung
wird jedoch in der Praxis vorgenommen, da in den Stählen immer geringe
Mengen Stickstoff gelöst sind, der ebenfalls eine höhere Affinität zu bei-
den Elementen besitzt, so dass Chromnitridausscheidungen unterbunden
werden, die wiederum zu einer IK-Anfälligkeit des Stahles führen würden.
160 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-17. Kornzerfallsschaubilder (a) eines unstabilisierten und (b) eines stabili-
sierten austenitischen Stahles.

Verminderung des Kohlenstoff- und Stickstoffgehaltes

Hierbei muss der Kohlenstoffgehalt unterhalb der Löslichkeitsgrenze des


Stahles liegen. Für ferritische Stähle liegt die Grenze bei rund 0,01 % Koh-
lenstoff bzw. für Kohlenstoff und Stickstoff bei 0,015 %. Ferritische Stähle
mit diesen extrem geringen Kohlenstoff- und Stickstoffgehalten werden als
Superferrite oder ELI-Stähle (Extra Low Interstitials) bezeichnet. Für
austenitische Stähle liegt der Grenzwert für Kohlenstoff bei etwa 0,03 %.
Oberhalb dieser Grenzkonzentrationen scheidet sich der Kohlenstoff wie-
der als Chromkarbid aus, und zwar um so schneller, je stärker der Stahl mit
Kohlenstoff übersättigt ist (Bild 6-18).
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 161

Bild 6-18. Einfluss des Kohlenstoffgehaltes auf den Kornzerfall eines unstabili-
sierten austenitischen Stahles.

Bei den austenitischen Werkstoffen wurden Stähle mit extrem niedri-


gem Kohlenstoffgehalt, sogenannte ELC-Stähle entwickelt (Extra Low
Carbon). Ihr Kohlenstoffgehalt liegt unter 0,03 % wodurch die Karbidaus-
scheidung so stark verzögert wird, dass die Erwärmung durch den
Schweißprozess, selbst unter ungünstigsten Bedingungen, nicht ausreicht,
um einen Kornzerfall hervorzurufen. Die ELC-Stähle sind in ihrer Korn-
zerfallsbeständigkeit mit den stabilisierten Qualitäten vergleichbar, dabei
aber besser für komplizierte Umformprozesse geeignet, da Niob und Titan
die Kaliumformbarkeit reduzieren. Die Gefahr der Heißrissbildung wird
durch eine Stabilisierung mit Niob erhöht.

Lösungsglühen und Abschrecken

Lösungsglühen bei 1050°C bewirkt eine Auflösung der Karbidausschei-


dungen, deren Wiederausscheiden durch ein schnelles Abkühlen unterbun-
den werden kann. Für geschweißte Konstruktionen wird dieses Verfahren
kaum angewendet, da neben den hohen Kosten und Verzunderung der
Oberflächen oftmals ein übermäßiger Verzug des Bauteiles eintritt. Das
Verfahren des Lösungsglühens und Abschreckens (Wasser) wird aber vom
Stahlhersteller für austenitische Stähle eingesetzt und stellt somit deren
Anlieferungszustand dar.

6.3.3.2 Spalt- und Lochkorrosion


Die Lochkorrosion entsteht in engen Spalten, z. B. einseitig angeschweiß-
ten T-Stößen oder unter Schraubenköpfen. Der Mechanismus der Spaltkor-
rosion soll anhand der Prinzipskizze im Bild 6-19 erläutert werden.
162 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-19. Ausbildung eines Lokalelementes bei der Spaltkorrosion (schematisch)


und ablaufenden Reaktionen [6-14].

Der Beginn des Korrosionsvorganges bei korrosionsbeständigen Stählen


wird durch eine geringe Metallauflösung im passiven Zustand eingeleitet,
die sowohl im Spalt als auch außerhalb des Spaltes abläuft. Außerhalb des
Spaltes steht dem Metall zur Passivierung eine hinreichende Menge an
Sauerstoff zur Verfügung. Im Spalt wird ebenfalls der vorhandene Sauer-
stoff zur Passivierung der Oberfläche verbraucht, jedoch lagern sich Kor-
rosionsprodukte im Spalt ab. Dadurch besteht bei sehr engen Spalten für
den Sauerstoff keine Möglichkeit mehr, von außen in den Spalt einzudrin-
gen und dort die Metalloberfläche zu repassivieren. Unter der Sauerstoff-
verarmung im Spalt findet eine verstärkte Metallauflösung statt, die eine
Erhöhung der Metallionenkonzentration zur Folge hat. Infolgedessen muss
das Ladungsdefizit durch die positiv geladenen Metallionen (Me+) ausge-
glichen werden, was durch einen Transport von Chloridionen (Cl-) in den
Spalt erfolgt. In wässrigen Medien führt dies zu einer Hydrolyse der Me-
tallionen gemäß der Reaktion

Me+CI- + H2O ĺ Me+OH- + H+CI-.

Es entsteht also ein saures chloridhaltiges Medium, was zu einer Aktivie-


rung und somit beschleunigten Auflösung des Stahles führt. Das Ausmaß
der Spaltkorrosion ist sehr stark von der Spaltgeometrie abhängig, insbe-
sondere vom Verhältnis der Spaltbreite zur Spalttiefe. Hierdurch wird fest-
gelegt, in welchem Ausmaß eine Zirkulation des Elektrolyten ermöglicht
wird. Mit abnehmender Strömungsgeschwindigkeit des Elektrolyten durch
den Spalt erhöhen sich die Korrosionsgefahr und -geschwindigkeit. Durch
konstruktive Maßnahmen kann das Auftreten der Spaltkorrosion am wirk-
samsten unterbunden werden (Bild 6-20).
Neben der Spaltgeometrie ist das Medium in starkem Maße für das Auf-
treten der Spaltkorrosion verantwortlich. Nach [6-15] ist ein Kontakt der
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 163

Spalte mit wässrigen Medien, in denen elementares Chlor gelöst ist, oder
mit hypochloridhaltigen Reinigungsmitteln (OCI-) unbedingt zu vermei-
den. Des Weiteren soll schon ein Kontakt mit chloridhaltigen Kunststoffen
zu Korrosionserscheinungen geführt haben.

Bild 6-20. Beispiele zur Vermeidung der Spaltkorrosion durch Berücksichtigung


einer richtigen konstruktiven Gestaltung der Bauteile.

Der Vorgang der Lochkorrosion, auch Lochfraß genannt, läuft bei nicht-
rostenden Stählen nach einem sehr ähnlichen Muster ab (Bild 6-21).

Bild 6-21. Entstehungsmechanismus der Lochkorrosion [6-14].


164 6 Hochlegierte Stähle

An den passivierten Oberflächen der nichtrostenden Stähle können


Chlor-, Brom- und eventuell auch Jodionen, nicht aber Fluorionen, an
kleinsten Beschädigungen der Passivschicht Lochkorrosion hervorrufen.
Die nadelstichartige, lokale Zerstörung der Passivschicht, meist durch
Chlorionen, führt zur Ausbildung einer Anode, bei der die noch existieren-
de, nicht angegriffene Passivschicht als Kathode fungiert. Unter dem An-
griff der Chlorionen findet eine beschleunigte anodische Auflösung des im
aktiven Zustand befindlichen Stahles statt. An der Kathode, passiver Be-
reich, erfolgt die Reduktion z. B. von Sauerstoff. Die sich meist lochför-
mig ausbildende Materialvertiefung kann nun wiederum wie ein Spalt be-
trachtet werden, in dem die oben beschriebene Metallionenanreicherung
und Hydrolyse stattfinden. Lochkorrosion kann aber nur bei Überschreiten
eines kritischen Grenzpotentials eintreten, das als Lochfraßpotential be-
zeichnet wird. Dieses Potential ist abhängig von:
− Korrosionsmedium
Lochkorrosionsfördernd sind viele Halogenide (Cl, Br und J), lochfraß-
mindernd (sogenannte Inhibitoren) sind OH--Ionen, Nitrat und Sulfatio-
nen.
− Chemische Zusammensetzung des Stahles
Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit überwiegend durch Molyb-
dän, aber auch Chrom und Stickstoff. Negativer Einfluss von Schwefel
durch Bildung von Mangansulfiden, die bevorzugt angegriffen werden.
− Oberflächenbehandlung
Anlauffarben und Zunderreste fördern das Auftreten der Loch- und
Spaltkorrosion. Im Allgemeinen weist die Walzfläche bei gewalztem
Stahl eine höhere Lochkorrosionsbeständigkeit auf als die Querfläche.

6.3.3.3 Transkristalline Spannungsrisskorrosion


Spannungsrisskorrosion in metallischen Werkstoffen tritt auf, wenn
gleichzeitig drei Kriterien erfüllt sind: Zugspannungen, ein korrosives Me-
dium und die Neigung des Werkstoffes zur Spannungsrisskorrosion. Dabei
sind nichtrostende austenitische Stähle besonders durch chloridhaltige
wässrige Medien, starke Laugen und H2S-haltige wässrige Medien gefähr-
det. Die Zugbelastungen, die zur Einleitung der Spannungsrisskorrosion
notwendig sind, können sowohl von außen aufgebracht werden als auch
Eigenspannungen im Bauteil sein. Als Folge der transkristallinen Span-
nungsrisskorrosion (SpRK) tritt häufig ein schlagartiges Bauteilversagen
ohne Materialverformungen und erkennbare Korrosionsprodukte auf. Der
Verlauf der Risse ist bei hochlegierten austenitischen Stählen meist
transkristallin, bei unlegierten und niedriglegierten Baustählen hingegen
interkristallin.
6.3 Korrosion an nichtrostenden Stählen 165

Besonders gefährdet sind die austenitischen Chrom-Nickel-Stähle in


chloridhaltigen Medien, wobei das Medium eine Mindesttemperatur von
50°C aufweisen muss, darunter ist die Spannungsrisskorrosion vernachläs-
sigbar. Ferritsche Chromstähle sind gegenüber der chloridinduzierten und
anderen Arten der SpRK recht unempfindlich, jedoch sind vereinzelt unter
extremen Bedingungen transkristalline Risse beobachtet worden.
Die Spannungsrisskorrosion wird unter der Einwirkung von inneren und
äußeren Spannungen durch das Abgleiten des Stahles eingeleitet, so dass
die Passivschicht aufgerissen wird (Bild 6-22, Teilbilder 1 und 2). Der
ungeschützte Bereich unterliegt nun einer sehr schnellen anodischen Auf-
lösung, wobei die kathodische Teilreaktion an der unbeschädigten, elekt-
risch leitenden Passivschicht des Stahles abläuft (Bild 6-22, Teilbild 3).
Die Passivschicht kann sich an den Rissflanken erneuern, jedoch reicht die
Geschwindigkeit der Repassivierung nicht aus, um auch die Rissspitze zu
erfassen, so dass diese im aktiven Zustand verbleibt. Durch wiederholtes
Abgleiten entstehen erneut aktive Metallflächen (Teilbilder 5, 8 und 11),
die aufgelöst werden. Bei einer vollständigen Passivierung der Rissspitze
kann der Riss zum Stehen kommen oder aufgrund des hohen dreiachsigen
Spannungszustandes vor der Rissspitze die Passivschicht erneut aufreißen
und der Korrosionsangriff mit Abgleiten und Repassivierung gemäß Bild
6-22 bis zur Zerstörung des Bauteiles fortlaufen.

Bild 6-22. Modellvorstellung zur Rissausbreitung der transkristallinen Spannungs-


risskorrosion [6-16].

Zur Vermeidung der transkristallinen SpRK sollte auf einen Einsatz


austenitischer Stähle mit etwa 10 % Nickel verzichtet und auf ferritische
Chrom- oder Chrom-Molybdänstähle zurückgegriffen werden. Ebenso sind
Duplex-Stähle in leicht sauren Chloridmedien unempfindlich gegenüber
der transkristallinen SpRK.
166 6 Hochlegierte Stähle

6.3.3.4 Kontaktkorrosion
Die Gefahr der Kontaktkorrosion besteht beim Verbinden zweier Metalle
mit unterschiedlichen freien Korrosionspotentialen. Unter Anwesenheit
eines Korrosionsmediums wird ein Lokal- oder Korrosionselement gebil-
det. Die hochlegierten korrosionsbeständigen Stähle sind recht unempfind-
lich gegen Kontaktkorrosion, da sie ein sehr hohes freies Korrosionspoten-
tial besitzen. Die oftmals angefertigten Schweißverbindungen zwischen
einem Baustahl und einem korrosionsbeständigen Stahl (Schwarz-Weiß-
Verbindung) stellen kaum eine Korrosionsgefahr für den hochlegierten
Werkstoff dar, jedoch ist mit Kontaktkorrosion beim unlegierten Baustahl
zu rechnen. Bei Schwarz-Weiß-Verbindungen ist ein Verschweißen eines
korrosionsbeständigen Stahles großer Oberfläche mit einem Baustahl klei-
ner Oberfläche unbedingt zu vermeiden, da die fließenden Ströme je Flä-
cheneinheit bei der kleinen Anodenfläche des unedleren Baustahles sehr
groß werden. Die hohe anodische Teilstromdichte führt zu einer beschleu-
nigten Metallauflösung.
Nach [6-15] kann Kontaktkorrosion an einem korrosionsbeständigen
Stahl mit geringer Lochfraßbeständigkeit auftreten, wenn dieser mit einem
zweiten, sehr lochfraßbeständigen Stahl, Titan oder Nickel verbunden wird
und ein Einsatz in kritischen chloridhaltigen Medien vorgesehen ist, so
dass hier mit verstärktem Lochfraß zu rechnen ist.

6.4 Ausscheidungen und versprödende Phasen


in korrosionsbeständigen Stählen

Bei den korrosionsbeständigen Stählen sind infolge ihrer begrenzten Lös-


lichkeit von verschiedenen Legierungselementen Ausscheidungen ver-
schiedener Phasen zu beobachten. Die diffusionskontrolliert entstehenden
Phasen verspröden die Werkstoffe in erheblichen Maße, so dass die Rand-
bedingungen zur Entstehung solcher Phasen beschrieben und auch Hin-
weise zur Vermeidung bzw. Beseitigung gegeben werden.

6.4.1 Ferritische, ferritisch-martensitische und martensitische


Chromstähle

6.4.1.1 Karbidausscheidung
Die Ausscheidung von Karbiden stellt beim Schweißen der ferritischen
Chromstähle eines der größten Probleme dar. Mehr noch als bei den auste-
nitischen Stählen resultiert hieraus die Gefahr der interkristallinen Korro-
6.4 Ausscheidungen und versprödende Phasen 167

sion, da in den ferritischen Chromstählen die Diffusionsgeschwindigkeit


um mehrere Zehnerpotenzen höher ist, als bei austenitischen Stählen.
Bild 6-23 zeigt vergleichend die Ausscheidungskennlinien eines ferriti-
schen Chromstahles und eines austenitischen Stahles. Zusätzlich ist sche-
matisch die Abkühlkurve aus einem Schweißprozess eingezeichnet.

Bild 6-23. Ausscheidungsgeschwindigkeit von Chromkarbiden für einen ferriti-


schen Chromstahl und einen austenitischen Chrom-Nickel-Stahl [6-17].

Hieraus ist ersichtlich, dass insbesondere die unstabilisierten ferritischen


Chromstähle zu einer extrem schnellen Ausscheidung der Chromkarbide
neigen, so dass selbst durch die nur kurzzeitige Wärmeeinwirkung des
Schweißprozesses eine IK-Anfälligkeit dieser Stähle nicht zu vermeiden
ist.
Die Möglichkeiten zur Vermeidung von Karbidausscheidungen in ferri-
tischen Stählen beschränken sich auf die Senkung des Kohlenstoff- und
Stickstoffgehaltes auf unter 0,015 % (Superferrite und ELI-Stähle) und auf
die Stabilisierung mit Titan und/oder Niob zur Ausscheidung der entspre-
chenden Sonderkarbide und -nitride.
Insbesondere bei den ferritisch-martensitischen und bei den rein marten-
sitischen Chromstählen stellt die Ausscheidung von Chromkarbiden ein
Problem bei der Anlassbehandlung nach dem Härtevorgang dar. Die
Chromstähle werden aus diesem Grund 1 h bis 2 h lang bei 750°C geglüht,
bevor sie ausgeliefert werden. Bei dieser Wärmebehandlung bilden sich
zwar Chromkarbidausscheidungen auf den Korngrenzen, jedoch sind auf-
grund der beschleunigten Nachdiffusion des Chroms aus dem Korninneren
168 6 Hochlegierte Stähle

die chromverarmten Bereiche entlang der Korngrenzen wieder mit Chrom


oberhalb der Resistenzgrenze angereichert.

6.4.1.2 Grobkornbildung
Genauso wie die beschleunigte Chromkarbidausscheidung ist die extrem
schnelle Kornvergröberung auf den hohen Diffusionskoeffizienten in ferri-
tischen Stählen zurückzuführen. Bild 6-24 zeigt vergleichend die unter-
schiedlichen Korngrößen eines austenitischen und eines ferritischen Stah-
les nach einer Wärmebehandlung.
Als Abhilfe kommt bei umwandlungsfreien rein ferritischen Chromstäh-
len zwar eine Verformung mit anschließendem Glühen zur Neubildung des
Gefüges (Rekristallisation) oder eine Warmumformung in Frage, was je-
doch in den meisten Fällen technisch nicht möglich ist.

Bild 6-24. Kornwachstum eines ferritischen und eines austenitischen Stahles als
Funktion der Temperatur [6-18].

Bei den martensitischen und ferritisch-martensitischen Stählen ist keine


Neigung zur Grobkornbildung festzustellen.

6.4.1.3 475°-Versprödung
Die 475°-Versprödung ist beim langzeitigen Glühen von Stählen mit ferri-
tischem Gefüge oder mit Anteilen an ferritischem Gefüge zu beobachten.
Sie tritt also auch bei ferritisch-austenitischen Duplex-Stählen und meta-
stabilen Austeniten mit Anteilen an į-Ferrit auf. Die 475°-Versprödung
6.4 Ausscheidungen und versprödende Phasen 169

setzt bei 12 %igem Chromstahl bei Glühungen in diesem Temperaturge-


biet nach etwa 105 h ein. Mit steigendem Chromgehalt verschiebt sich die
versprödende Wirkung dieser Phase zu kürzeren Zeiten, so dass bei einem
ferritischen Chromstahl mit 17 % Chrom eine 475°-Versprödung schon
nach 1 h feststellbar ist.
Die 475°-Versprödung ist eine unter dem Lichtmikroskop unsichtbare
Entmischung des Ferrits in die eisenreiche ferromagnetische α-Phase und
die chromreiche paramagnetische α'-Phase (Bild 6-25).
Im binären System Eisen-Chrom stellt die gestrichelte Linie die obere
Begrenzungstemperatur für die 475°-Versprödung dar. Die Bildung der α-
und α'-Phase kann an der Verringerung von Härte, Zugfestigkeit, Deh-
nung, Einschnürung und Kerbschlagarbeit gemessen werden.
Die 475°-Versprödung kann durch kurzzeitiges Glühen bei 700°C bis
800°C und anschließender Wasserabkühlung wieder aufgehoben werden.
Die 475°-Versprödung tritt in martensitischen Chromstählen nicht auf.

Bild 6-25. Zustandsschaubild Eisen-Chrom mit Ausbildung der 475°-Versprödung


als Į- und Į'-Phase und der ı-Phase [6-19].

6.4.1.4 σ-Phase
Die σ-Phasen-Versprödung resultiert aus der Bildung einer intermetalli-
schen Phase der Zusammensetzung 48 % Eisen und 52 % Chrom. Für ei-
nen ferritischen Stahl mit 18 % Chrom liegt die Bildungsdauer während
einer Glühung um 550°C bei etwa 103 h bis 104 h. Mit steigenden Chrom-
170 6 Hochlegierte Stähle

gehalten ist die Entstehung der σ-Phase zu kürzeren Zeiten verschoben.


Die Bildung der σ-Phase erfolgt in einem Temperaturintervall von 650°C
bis 850°C und kann durch Glühen über 900°C mit anschließender rascher
Abkühlung wieder beseitigt werden. Bei Auftreten der σ-Phase nach einer
200stündigen Glühung bei 600°C wurde an einem ferritischen Chromstahl
des Typs X 8 CrMo 17 eine verstärkte Flächenkorrosion in siedender Sal-
petersäure nachgewiesen [6-20].
Bei der schweißtechnischen Verarbeitung der rein ferritischen Stähle
und Schweißgüter ist wegen der kurzen Verweilzeiten bei hohen Tempera-
turen nicht mit dem Auftreten der σ-Phase zu rechnen.

6.4.2 Austenitische und ferritisch-austenitische Chrom-Nickel-


Stähle

6.4.2.1 Karbidausscheidung
Unstabilisierte austenitische Stähle neigen ebenso wie die unstabilisierten
ferritischen Stähle zur Chromkarbidausscheidung auf den Korngrenzen.
Allerdings sind bei den austenitischen nichtrostenden Stählen längere
Glühzeiten zur Ausscheidungsbildung notwendig. Die Chromkarbidaus-
scheidung erfolgt in einem Temperaturintervall von 450°C bis 870°C, wo-
bei die größte Ausscheidungsgeschwindigkeit zwischen 600°C und 700°C
zu verzeichnen ist [6-21]. Besonders durch höhere Siliciumgehalte können
Seigerungen im Schweißgut auftreten, die zu einem beschleunigten Korn-
zerfall führen [6-22].
Bei stickstofflegierten ferritisch-austenitischen Stählen (Duplex-
Stählen) wurde festgestellt, dass sich schon nach zweiminütiger Glühung
bei 800°C Cr2N auf den Ferrit-Austenit-Korngrenzen ausscheidet und nur
geringe Mengen des Karbids M23C6 gebildet werden. In einem Tempera-
turbereich von 300°C bis 1000°C konnte selbst bei Glühzeiten von
30 Stunden keine IK-Anfälligkeit bei diesen Stählen nachgewiesen wer-
den. Dagegen zeigen stickstoffarme Duplex-Stähle ein beschleunigtes
Ausscheiden der Chromkarbide, so dass bei derartigen Stählen mit einer
erhöhten IK-Anfälligkeit gerechnet werden muss.

6.4.2.2 σ-Phase
Die in austenitischen Stählen und Schweißgütern entstehende σ-Phase
weist die gleiche stöchiometrische Zusammensetzung auf wie in den ferri-
tischen Chromstählen (siehe Abschnitt 6.4.1.4). Da die metastabilen auste-
nitischen Werkstoffe immer gewisse Anteile an į-Ferrit (um 10 %) besit-
zen, wandelt aufgrund der begünstigten Diffusion erst der ferritische Ge-
6.4 Ausscheidungen und versprödende Phasen 171

fügeanteil in σ-Phase um. Bei į-Ferritanteilen von bis zu 10 % in austeni-


tischem Grundgefüge ist die hieraus entstehende Menge an σ-Phase jedoch
klein und führt zu keiner nennenswerten Versprödung des metastabilen
Austenits. Bild 6-26 zeigt das Existenzgebiet der σ-Phase in Eisen-Chrom-
Nickel-Legierungen für verschiedene Temperaturen.
Der Bereich der σ-Phase wird durch steigende Nickelgehalte im Stahl
stark eingeschnürt, wohingegen Molybdän, Silicium- und Niobanteile die
Bildung dieser versprödenden Phase beschleunigen.

Bild 6-26. Existenzgebiet der σ-Phase im ternären System Eisen-Chrom-Nickel


bei 700°C, 800°C und 900°C [6-23].

Eine besondere Problematik stellt die σ-Phasen-Ausscheidung bei


Duplex-Stählen dar, da hier schon bei kurzen Wärmebehandlungen von
10 min die Bildung der σ-Phase nachgewiesen wurde. Dabei ist die ver-
sprödende Wirkung bei Duplex-Stählen aufgrund ihres erhöhten Ferritan-
teiles im Gefüge wesentlich größer als in austenitischen Stählen. Nach
[6-24] bewirkt ein Anteil von 1 % σ-Phase im Gefüge schon eine Halbie-
rung der Kerbschlagarbeit, und eine vollständige Versprödung ist bei ei-
nem Gefügeanteil von 10 % festzustellen. Beim Schweißen mit den übli-
chen Lichtbogenverfahren ist nicht mit der Ausscheidung der σ-Phase zu
rechnen, da die Abkühlgeschwindigkeiten zu groß sind, jedoch sollten
172 6 Hochlegierte Stähle

Wärmebehandlungen unterhalb der Lösungsglühtemperatur wegen der σ-


Phasenbildung und der 475°-Versprödung vermieden werden.

6.4.2.3 Chi-Phase und Laves-Phase


In molybdänlegierten austenitischen Stählen und Schweißgütern können
neben den o. g. Phasen und Ausscheidungen auch noch Chi- und Laves-
Phasen entstehen. Die Laves-Phase (auch η-Phase genannt) entspricht ei-
ner Zusammensetzung Fe2Mo und die Chi-Phase der Zusammensetzung
Fe36Cr12Mo10. Die Bildung dieser Phasen ist oft auf hohe Temperaturen
von über 900°C beschränkt. Da beide Phasen eine geringe Bedeutung für
die Schweißeignung der austenitischen Stähle, in Grenzen aber für
Duplex-Stähle eine Bedeutung besitzen, soll hier lediglich auf [6-12],
[6-25], [6-26] und [6-27] verwiesen werden.

6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen

6.5.1 Schaeffler-Diagramm

Für gewalzte und geschmiedete Chrom-Nickelstähle entwickelten schon


1920 Maurer und Strauss ein Gefügediagramm (Bild 6-4). Das nach Mau-
rer benannte Diagramm diente Schaeffler in seinen Arbeiten als Aus-
gangspunkt zur Entwicklung des nach ihm benannten Diagrammes. Als
Werkstoffe setzte Schaeffler 1/2zöllige Bleche unterschiedlichster chemi-
scher Zusammensetzung ein, auf die er mit umhüllten Stabelektroden
(Durchmesser 3/16“ = 4,76 mm), deren Chrom- und Nickelgehalte variiert
wurden, einlagige, nichtgependelte Auftragraupen schweißte. Die
Schweißgüter wurden anschließend metallografisch untersucht, und ihre
chemische Zusammensetzung wurde bestimmt. Im Gegensatz zu Maurer
und Strauss trug Schaeffler die Gefügebefunde nicht in Abhängigkeit von
ihren Chrom- und Nickelgehalten auf, sondern definierte für die auste-
nitstabilisierenden Legierungselemente ein Nickeläquivalent und ein ent-
sprechendes Chromäquivalent für die ferritstabilisierenden Elemente. Nach
einigen Korrekturen veröffentlichte er die endgültigen Gleichungen für das
Chrom- und Nickeläquivalent im Jahre 1949 [6-28]:

Cr-Äquivalent = % Cr + 1,5 * % Si + % Mo + 0,5 * % Nb,


Ni-Äquivalent = % Ni + 0,5 * % Mn + 30 * % C.

Schaeffler nahm bei der Ermittlung seiner Äquivalente eine Gewichtung


der einzelnen Legierungselemente vor. So stellte sich heraus, dass Kohlen-
stoff eine 30mal stärkere austenitstabilisierende Wirkung besitzt als Ni-
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 173

ckel, hingegen Mangan nur die Hälfte der Wirkung des Nickels. Ähnliche
Faktoren konnte Schaeffler für die ferritbildenden Elemente Si, Mo und
Nb feststellen. Aus diesen Gleichungen und den Ergebnissen der Gefüge-
untersuchungen ergab sich das heute immer noch häufig genutzte
Schaeffler-Diagramm (Bild 6-27).

Bild 6-27. Gefügediagramm für Chrom-Nickel-Schweißgut nach Schaeffler


(Schaeffler-Diagramm).

In dem Schaeffler-Diagramm sind folgende Existenzbereiche der Gefü-


ge eingetragen:
− Austenit (A). In diesem Feld liegen stabile austenitische Stähle vor. Das
vollaustenitische Schweißgut entsteht z. B. beim Verschweißen einer
Elektrode mit 25 % Chrom und 20 % Nickel.
− Austenit + Ferrit (A + F). Dieser Bereich stellt das Gebiet der metastabi-
len austenitischen Stähle dar. Ein typischer Vertreter der metastabilen
austenitischen Stähle ist ein Stahl mit 18 % Chrom und 9 % Nickel.
Martensit (M) und die Mischgefüge (A + M), (M + F). Rein martensiti-
sches Gefüge entsteht vorwiegend beim Verschweißen der martensiti-
schen Chromstähle, dagegen ist ein austenitisch-martensitisches Gefüge
(A + M) beim Aufschweißen einer Elektrode mit 18 % Chrom und 9 %
Nickel auf einen niedriglegierten Baustahl zu erwarten. Das ferritisch-
174 6 Hochlegierte Stähle

martensitische Gefüge (M + F) entsteht bei hochlegierten Chromstählen


mit 14 % Chrom und etwa 0,1 % Kohlenstoff.
− Ferrit (F). In diesem Gebiet sind die rein ferritischen Chromstähle mit
hohen Chromgehalten und niedrigen Kohlenstoffkonzentrationen wie-
derzufinden.
− Ferrit + Martensit (F + M). Im unteren linken Bereich des Schaeffler-
Diagrammes liegen die unlegierten und niedriglegierten Baustähle, de-
ren Chrom- und Nickeläquivalent entsprechend gering ist.
− Austenit + Martensit + Ferrit (A + M + F). Ein Mischgebiet, in dem
durch Aufmischung verschiedener Werkstoffe die o. g. Gefügekombina-
tion entstehen kann.

Das Schaeffler-Diagramm wurde von Bystram noch durch die folgenden


Bereiche ergänzt, wobei die zusätzlich eingetragenen Grenzen eine gute
Beurteilung der Schweißeignung zulassen (Bild 6-28).

Bild 6-28. Schaeffler-Diagramm mit dem Grenzlinien für die Gefährdung des
Schweißgutes durch Kornwachstum, Kaltrissanfälligkeit, σ-Versprödung bei
Wärmebehandlung und Heißrissanfälligkeit [6-29].

Die einzelnen Bereiche, die Bystram im Schaeffler-Diagramm markier-


te, und die hieraus resultierenden Gefahren für das Schweißgut sind aus
den vorherigen Abschnitten bekannt:
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 175

− Gebiet 1: Kornwachstum über 1150°C für die ferritischen Chromstähle


und hieraus resultierend eine Verschlechterung der Zähigkeitswerte
durch Grobkornbildung in der WEZ.
− Gebiet 2: Härterissanfälligkeit unter 400°C für alle Chromstähle mit
erhöhtem Kohlenstoffgehalt, Vergütungsstähle, verschleißfeste Auftrag-
schweißungen usw.
− Gebiet 3: Sigmaphasenversprödung zwischen 500°C und 900°C bei
chromreichen ferritischen Stählen und Austeniten mit Ferritgehalten
über 10 %.
− Gebiet 4: Heißrissanfälligkeit über 1250°C. Das Gebiet der Heißrissan-
fälligkeit umfasst den Bereich der vollaustenitischen oder stabil-
austenitischen Stähle vollständig und ragt bis zu den martensitischen
Gefügen.

Aus den Grenzlinien nach Bystram ergibt sich nun ein kleiner,
s-förmiger Bereich in der Mitte des Schaeffler-Diagrammes, in dem die
entstehenden Mischgefüge aus Austenit, Martensit und Ferrit ein, in Bezug
auf Risse und Versprödungen unempfindliches Schweißgut ergeben. Die
eingezeichneten Grenzlinien nach Bystram sind jedoch nur als ungefähre
Hinweise zu verstehen. So bleibt bei der Betrachtung dieser Grenzlinien
völlig unberücksichtigt, dass z. B. Molybdän die σ-Phasen-Versprödung
beschleunigt, dass bei identischer Lage im Schaeffler-Diagramm das
Schweißgut einer RB-Elektrode wesentlich heißrissunempfindlicher ist, als
das einer Rutilelektrode oder dass ein niobstabilisiertes Schweißgut heiß-
rissanfälliger ist als ein unstabilisiertes mit weniger als 0,03 % Kohlen-
stoff.
Auch Schaeffler wies schon in seinen Veröffentlichungen darauf hin,
dass die Begrenzungsgebiete der Gefüge nicht als scharfe Trennstriche zu
betrachten sind, sondern mit Streuungen behaftet sind, was insbesondere
für die Angaben der Ferritgehalte zutrifft.

6.5.2 De-Long-Diagramm

Im Bereich der metastabilen 18/8-Chrom-Nickel-Stähle ist die Genauigkeit


der Ferritangaben im Schaeffler-Diagramm am größten und beträgt dort
nach Angaben von Schaeffler ± 4 % Ferrit. Bei höheren Ferritgehalten ist
die Ungenauigkeit der Ferritangaben größer. Jedoch ist auch bei niedrigen
Ferritgehalten einzusehen, dass bei Verarbeitungsvorschriften, in denen ein
į-Ferritgehalt von 5 % bis 10 % im Schweißgut gefordert wird, eine Tole-
ranz von ± 4 % Ferrit im Schaeffler-Diagramm zu groß ist. Dies liegt dar-
an, dass das Schaeffler-Diagramm kein Gleichgewichtsschaubild ist und
der gebildete į-Ferritanteil von der Abkühlgeschwindigkeit stark abhängt.
176 6 Hochlegierte Stähle

De Long schlug eine Messmethode vor, bei der die Abreißkraft eines
definierten Permanentmagneten gemessen wird, um die ferromagnetischen
į-Ferritanteile zu bestimmen. Die Abreißkraft nimmt mit steigendem
į-Ferritanteil zu, da alle anderen Gefügebestandteile wie Ausscheidungen,
Austenit und ı-Phase paramagnetisch sind. Mit den heutigen Messmetho-
den ist es überaus schwierig, den Ferritanteil im Stahl zuverlässig und re-
produzierbar zu ermitteln. Aus diesem Grund führte De Long ein neues
Messverfahren zur Bestimmung des Ferrits ein, in dem der Ferritgehalt in
Ferritnummern (FN = Ferrite Number) angegeben wird. Eine Eichung des
Permanentmagneten erfolgt an einer Probe aus unlegiertem Stahl. Die Ab-
reißkraft des Magneten wird durch das Unterlegen von Kupferplättchen
unterschiedlicher Dicke variiert, so dass mit zunehmender Wanddicke der
Plättchen die Abreißkraft sinkt. Die gemessene Abreißkraft bei einem
Kupferplättchen mit der Dicke von 1,778 mm entspricht dabei einer Ferrit-
nummer von FN = 3, bei 1,194 mm einer Ferritnummer von 5, usw. Dabei
müssen die ermittelten Ferritnummern nicht mit den realen Ferritgehalten
in Prozent übereinstimmen (Bild 6-29). Detailliertere Hinweise zur Be-
stimmung der Ferritnummer und weitere Schrifttumsangaben zu diesem
Thema sind in [6-12] aufgeführt.

Bild 6-29. De-Long-Diagramm mit Angaben der Ferritzahl oder Ferritnummer FN


in austenitischem Schweißgut [6-30].
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 177

De Long berücksichtigte in seinem erweiterten Diagramm zusätzlich die


stark austenitstabilisierende Wirkung des Stickstoffes. In seiner Gleichung
des Nickeläquivalentes addiert er den Faktor 30 * %N zu der ansonsten
unveränderten Gleichung des Ni-Äquivalentes nach Schaeffler.

6.5.3 Schweißeignung und schweißtechnische Verarbeitung


der korrosionsbeständigen Stähle

Werden korrosionsbeständige Stähle oder auch andere Werkstoffe mit be-


sonderen Eigenschaften miteinander verschweißt, so sind an das Schweiß-
gut die gleichen Anforderungen zu stellen wie an den Grundwerkstoff.
Speziell bei den korrosionsbeständigen Stählen werden besondere Anfor-
derungen an die Resistenz gegen aggressive Medien gestellt. Die Schweiß-
zusatzwerkstoffe sind für Nickel und Nickelzusätze in DIN EN ISO 1412,
zum Auftragschweißen in DIN 8555 und für das Schweißen nichtrostender
und hitzebeständiger Stähle in DIN EN 1599 genormt.

6.5.3.1 Ferritische Chromstähle


Ein Grundtyp dieser Stähle ist der Stahl X 6 Cr 17, der jedoch kein rein
ferritisches Grundgefüge aufweist, sondern geringe Anteile an Martensit
(0 % bis 20 %) enthalten kann. Dies bedeutet, da solche Stähle nicht voll-
ständig umwandlungsfrei sind, dass beim Schweißen mit geringen Antei-
len an Martensit im Gefüge der WEZ zu rechnen ist, dessen Härte und
Menge jedoch keine kritischen Werte erreichen sollte. Die ferritischen
Chromstähle weisen daher eine zufriedenstellende Schweißeignung auf,
wenngleich sie nicht so gut schweißgeeignet sind wie die austenitischen
Chrom-Nickelstähle.
Rein ferritische Stähle zeigen keine Umwandlung mehr, d. h., die Gefü-
geumwandlung von Ferrit zu Austenit beim Erwärmen und eine Umwand-
lung von Austenit zu Martensit, Bainit oder Perlit bei der anschließenden
Abkühlung tritt nicht mehr auf. Eine Änderung der Korngröße ist also wie
bei den unlegierten und niedriglegierten Stählen bei rein ferritischen Stäh-
len durch eine Wärmebehandlung nicht möglich. Hat sich im Gefüge des
rein ferritischen Stahles einmal ein grobes Korn gebildet, so kann dieses
nur durch eine Verformung mit anschließender Glühung (Rekristallisati-
onsglühung) oder eine Warmumformung wieder in einen feinkörnigeren
Zustand überführt werden.
Beim Schweißen von rein ferritischen Stähle besteht die Gefahr der
Grobkornbildung, da das ferritische Gefüge einen sehr großen Diffusions-
koeffizienten besitzt, der den des Austenits um das 100- bis 1000fache
übertrifft [6-31 ].
178 6 Hochlegierte Stähle

Der größere Diffusionskoeffizient für das krz-Gitter (Ferrit) resultiert


aus der geringeren Packungsdichte des Kristalls (64 %) gegenüber dem
kfz-Gitter (Austenit) mit einer Packungsdichte von rund 74 %. Dies führt
zu einer erhöhten Wachstumsgeschwindigkeit der Körner in ferritischen
Chromstählen während der Wärmeeinwirkung durch den Schweißprozess
(vgl. Bild 6-24). Wie bereits erläutert, ist ein grobkörniges Gefüge spröd-
bruchempfindlicher als ein feines. Da der gebildete Ferrit aufgrund seiner
eingeschränkten Anzahl an Gleitebenen im Kerbschlagbiegeversuch schon
eine erhebliche Sprödbruchanfälligkeit aufweist (die Übergangstemperatur
liegt oftmals im Bereich der Raumtemperatur), wird dieser Effekt durch
die Grobkornbildung beim Schweißen zusätzlich verstärkt.
Aus dem großen Diffusionskoeffizienten für das ferritische Gefüge re-
sultiert ein weiterer Nachteil beim Schweißen der ferritischen Chromstäh-
le. Da Kohlenstoff im Ferritgitter sehr beweglich ist, kann er aus thermo-
dynamischen Gründen sehr schnell zu den Korngrenzen diffundieren und
dort mit Chrom ein Karbid der Zusammensetzung M23C6 bilden. Chrom
wird also an den Korngrenzen als Karbid ausgeschieden, was zur Folge
hat, dass es an diesen zu einem Korrosionsangriff kommen kann, wenn
hier die Konzentration an reinem Chrom unter 12 % sinkt (interkristalline
Korrosion). Um das Ausscheiden von Chromkarbiden zu unterbinden,
werden vielen korrosionsbeständigen Stählen Titan, Niob oder Tantal in
definierten Mengen zulegiert. Diese Elemente besitzen eine noch höhere
Affinität zu Kohlenstoff und eine wesentlich geringere Löslichkeit im Ei-
sen-Chrom-Gitter, so dass sich bei Anwesenheit dieser Elemente bevor-
zugt Titan- und Niobkarbide ausscheiden und Chrom weiterhin im Gitter
gelöst bleibt und somit eine Korrosion verhindert wird. Stähle die mit den
o. g. Legierungselementen versehen sind, werden als stabilisiert bezeich-
net.
In der Regel sind stabilisierte ferritische Chromstähle im geschweißten
Zustand unempfindlich gegen interkristalline Korrosion. 17 %ige Chrom-
stähle mit Titanstabilisierung stellen hier jedoch eine Ausnahme dar.
Durch die Schweißwärme gehen Niob- und Titankarbide direkt neben der
Schweißnaht in Lösung, und das Ferritgitter wird stark übersättigt. Bei der
Abkühlung der Schweißnaht scheidet sich ein zusammenhängendes Netz-
werk von Niob- und Titankarbiden auf den Korngrenzen aus. Das Titan-
karbid ist nicht beständig gegen stark oxidierende Medien, z. B. siedende
Salpetersäure, so dass das Titankarbid in ein Titanoxid umwandelt und
chemisch aufgelöst wird. Das Niobkarbid bleibt unter den genannten Be-
dingungen stabil und wird nicht angegriffen [6-32].
Eine weitere Möglichkeit, die interkristalline Korrosion zu unterbinden,
führte zu der Entwicklung der Chromstähle mit extrem niedrigen Kohlen-
stoffgehalten. Zusätzlich wird bei diesen Stählen der Stickstoffgehalt redu-
ziert, da bei erhöhten Stickstoffkonzentrationen Chrom in Form eines Nit-
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 179

rides ausscheidet, was ebenfalls zur IK-Anfälligkeit des ferritischen Stah-


les beitragen kann.
Durch metallurgische Maßnahmen gelang es, die Summe der Gehalte an
Stickstoff und Kohlenstoff unter 0,015 % zu senken. Diese Stähle werden
auch als Superferrite bezeichnet. Durch Anheben des Chromgehaltes auf
28 % und Zugabe von bis zu 5 % Molybdän wird die Korrosionsbestän-
digkeit in chloridhaltigen Medien weiter verbessert. Ferritische Stähle sind
sowohl gegen interkristalline als auch transkristalline Spannungsrisskorro-
sion in chloridhaltigen Medien beständig. Da Austenite in solchen Medien
zur transkristallinen Spannungsrisskorrosion und zur Lochkorrosion nei-
gen, werden unter diesen Bedingungen ferritische Chromstähle eingesetzt.
Beim Schweißen der Superferrite ist auf die Auswahl eines geeigneten
Schweißverfahrens zu achten. Durch Schweißen mit einer umhüllten Stab-
elektrode würde der Kohlenstoffgehalt des Stahls angehoben, was wieder-
um zur IK-Anfälligkeit führt. Besonders geeignet sind Schutzgasschweiß-
verfahren, z. B. das WIG-Schweißen. Aber auch hier ist der Zutritt von
Stickstoff aus der Umgebungsatmosphäre, z. B. beim Wurzelschweißen,
zu vermeiden, da hierdurch sofort Chromnitridausscheidungen auf den
Korngrenzen und im Korninneren gebildet würden.

6.5.3.2 Ferritisch-martensitische Chromstähle


Die Schweißeignung der ferritisch-martensitischen Chromstähle ist wegen
ihrer erhöhten Kohlenstoffgehalte gering. Durch die Kohlenstoffkonzentra-
tionen ist die Gefahr der Martensitbildung und somit der Entstehung von
Kaltrissen groß. Wird ein Bauteil aus dieser Werkstoffgruppe mit artglei-
chem Zusatzwerkstoff geschweißt, so sind die Bauteile in Abhängigkeit
ihrer Dicke zwischen 200°C und 350°C vorzuwärmen, wobei die Zwi-
schenlagentemperatur die Vorwärmtemperatur nicht unterschreiten darf.
Nach Beendigung der Schweißung ist das Werkstück wegen der noch vor-
handenen Restaustenitgehalte langsam auf 80°C bis 150°C abzukühlen. Ist
auch die Umwandlung dieser Restaustenite zu Martensit erfolgt, ist im
Temperaturbereich zwischen 700°C und 760°C eine Anlassbehandlung
vorzunehmen [6-15]. Nach DIN 17440 wird ein artfremder austenitischer
Schweißzusatzwerkstoff empfohlen, da dieser die entstehenden Schrumpf-
spannungen durch plastische Verformung besser auffangen kann. Für die
Decklagen werden wiederum artähnliche Zusatzwerkstoffe empfohlen, da
sich ein austenitischer Schweißzusatzwerkstoff vom ferritisch-marten-
sitischen Grundwerkstoff farblich deutlich abheben würde.
Bei 13 %igen Chromstählen besteht für die Wärmeeinflusszone und das
Schweißgut eine erhöhte Gefahr der wasserstoffbegünstigten Rissbildung,
da das Gefüge in beiden Bereichen zu etwa 70% aus Martensit besteht.
Daher empfiehlt sich der Einsatz von basischen Stabelektroden oder von
180 6 Hochlegierte Stähle

UP-Schweißpulvern, die vor dem Einsatz bei über 300°C rückgetrocknet


werden.
Da die ferritisch-martensitischen Stähle aufgrund ihrer Neigung zur
Kaltrissbildung nur unter größten Vorsichtsmaßnahmen zu schweißen
sind, wurde ein Teil des Kohlenstoffes im Stahl durch Nickel ersetzt, was
zur Entwicklung der nickelmartensitischen Stähle führte. Die Vergütungs-
fähigkeit des Stahles wird durch Nickel nicht negativ beeinflusst, die
Durchvergütbarkeit bei dickwandigen Bauteilen wird sogar gesteigert.
Durch Nickelzugabe und Kohlenstoffreduktion wird die Aufhärtung beim
Schweißen vermindert, so dass die Gefahr von Kaltrissen sinkt. Mit stei-
gendem Nickelgehalt (bis 4 %) nimmt der ferritische Gefügeanteil bei Lö-
sungsglühtemperatur ab und wird zunehmend durch Austenit ersetzt. Nach
dem Abschrecken wandelt der Austenitanteil zu Martensit um, was zu ei-
nem Härteanstieg des Stahles führt.
Stähle mit 17 % Chrom weisen einen Ferritanteil von 50 % bis 80 % im
Gefüge der Wärmeeinflusszone oder des Schweißgutes auf. In diesen Be-
reichen muss mit einer verstärkten Grobkornbildung gerechnet werden,
was zu einem weiteren Zähigkeitsverlust der Schweißnaht führt.

6.5.3.3 Martensitische Chromstähle


Die Schweißeignung der martensitischen Chromstähle ist schlecht. Dies ist
hauptsächlich auf den hohen Kohlenstoffgehalt und auf die Umwandlung
des Austenits zu Martensit bei geringen Abkühlgeschwindigkeiten (Luft-
härtung der Stähle) zurückzuführen. Aus diesem Grund enthält die Wär-
meeinflusszone dieser Stähle große Anteile von Martensit, was naturge-
mäß die Kaltrissanfälligkeit der Schweißverbindung drastisch erhöht. Zu-
sätzlich ist eine verstärkte Chromkarbidausscheidung im Temperaturbe-
reich von 600°C bis 700°C zu berücksichtigen.
Bei einem Lufthärter wie dem Stahl X 22 CrMoV 12 1 ist für eine riss-
freie Schweißung das sogenannte isotherme Schweißen mit hoher Vor-
wärmtemperatur ohne Zulassen einer Zwischenabkühlung erforderlich. Die
Vorwärmtemperatur liegt etwas oberhalb MS im Bereich zwischen 300°C
und 350°C. Nach dem Schweißen erfolgt eine Zwischenabkühlung auf
150°C bis 200 °C, so dass der Austenit teilweise in Martensit umwandelt.
Im Anschluss hieran ist ein Anlassen im Temperaturintervall von 650°C
bis 750°C vorzunehmen, damit der im Gefüge noch vorhandene
Restaustenit in ein perlitisches Gefüge umwandeln kann.
Eine weitere Möglichkeit zum Schweißen der martensitischen Chrom-
stähle besteht in der Pufferlagentechnik. Hierbei werden auf die Nahtflan-
ken duktile Pufferschichten aus austenitischen Zusatzwerkstoffen oder Ni-
Basis-Legierungen aufgetragen. Anschließend werden diese Zonen wär-
mebehandelt und dann fertiggeschweißt. Die Rissgefahr wird durch diese
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 181

Technik gesenkt, da das sehr duktile Schweißgut entstehende Schrumpf-


kräfte gut abbauen kann und die Aufmischung zwischen Grundwerkstoff
und Schweißzusatzwerkstoff sehr viel geringer ausfällt.
Gemäß DIN 17440 werden austenitische Zusatzwerkstoffe nach DIN
EN 22063 und für Stähle mit noch höherem Kohlenstoffgehalt Nickel-
Basis-Legierungen nach DIN EN ISO 14172 (ehemals DIN 1736) zum
Schweißen der martensitischen Chromstähle empfohlen. Nur für Deckla-
gen, wenn Farbgleichheit mit dem Grundwerkstoff gefordert wird, und zu
Reparaturzwecken sind artgleiche Zusatzwerkstoffe einzusetzen. Auf eine
geringe Wasserstoffeinbringung durch den Schweißprozess ist in allen
Fällen zu achten, da sonst eine Kaltrissbildung unvermeidlich ist.

6.5.3.4 Ferritisch-austenitische Stähle (Duplex-Stähle)


Die Duplex-Stähle weisen eine wesentlich bessere Schweißeignung auf als
die ferritischen und martensitischen Chromstähle, und sie besitzen im ge-
glühten Zustand ein Gefüge aus etwa 50 % Ferrit und 50 % Austenit. Bei
stickstofflegierten Duplex-Stählen ist bei richtiger Abstimmung von
Schweißzusatzwerkstoff und Grundwerkstoff nicht mit Grobkornbildung
zu rechnen. Diese Stähle weisen ebenfalls eine gute Heiß- und Kaltrisssi-
cherheit auf.
Diese günstigen Eigenschaften sind jedoch nur bei korrekter Ausfüh-
rung der Schweißarbeiten zu erzielen. Im Gegensatz zu den anderen korro-
sionsbeständigen Werkstoffen ist eine Verschiebung des thermodynami-
schen Gleichgewichtes bei hoher, kurzzeitiger Erwärmung und schneller
Abkühlung möglich, so dass in der Wärmeeinflusszone ein höherer Ferrit-
anteil (bis 90 %) entsteht. Dies ist beim Schweißen der Fall, wenn Tempe-
raturen über 1300°C zu einer vollständigen Umwandlung der Austenitan-
teile zu Ferrit führen, d. h., oberhalb 1300°C besteht das Gefüge des
Duplex-Stahles zu 100 % aus Ferrit. Bei der anschließenden Abkühlung
wandelt der Ferrit durch Diffusionsvorgänge teilweise wieder zu Austenit
um, im Idealfall entsteht wieder ein Duplex-Gefüge aus 50 % Ferrit und
50 % Austenit. Je schneller die Abkühlung erfolgt, desto stärker sind die
Diffusionsvorgänge behindert, und die Umwandlung von Ferrit in Austenit
wird nahezu vollständig unterdrückt. Die Folge kann ein ungünstiges Fer-
rit-Austenit-Verhältnis von bis zu 90:10 sein. Eine beschleunigte Abküh-
lung des Schweißgutes ist also beim Schweißen von Duplex-Stählen unbe-
dingt zu vermeiden. Die Abkühlung der Schweißnaht kann über eine Vor-
wärmung und gezielte Wahl der Schweißparameter (z. B. Streckenenergie
für Duplex-Stähle E ≈ 7-15 kJ/cm) so gesteuert werden, dass sich ein ge-
wünschtes Ferrit-/ Austenit-Verhältnis einstellt.
Die Zusatzwerkstoffe zum Schweißen der Duplex-Stähle enthalten oft
höhere Nickelanteile (etwa 9 % Ni) als der Grundwerkstoff (etwa 5 % Ni).
182 6 Hochlegierte Stähle

Aus den unterschiedlichen Nickelgehalten von Schweißgut und Grund-


werkstoff resultiert eine Verschiebung der Ferrit- und Austenitanteile in-
nerhalb einer Duplex-Schweißnaht. Während das Schweißgut (drei Lagen,
Blechdicke 8 mm) meist zwischen 30 % und 35 % Ferrit enthält, sind in
der Wärmeeinflusszone Ferritgehalte um 70% nachzuweisen [6-34].
Der Ferritgehalt des Schweißgutes sollte nicht wesentlich über 50 % lie-
gen, da sonst verminderte Zähigkeitswerte und eine erhöhte Rissgefahr in
der Schweißnaht zu erwarten sind. 30% Ferrit im Schweißgut ergeben be-
sonders günstige Zähigkeitswerte in Verbindung mit guter Lochfraß- und
Spannungsrisskorrosionsbeständigkeit [6-33]. Wärmebehandlungen nach
dem Schweißen im Temperaturbereich von 350°C bis 1000°C sollten ver-
mieden werden, da in diesem Temperaturintervall mit einer schnellen Aus-
scheidung der Chi- und σ-Phase und der 475°-Versprödung gerechnet
werden muss. Die Chi-Phase besitzt eine verminderte Korrosionsbestän-
digkeit im Huey-Test. Die Einsatztemperatur der Duplex-Stähle liegt bei
max. 280°C.
Abschließend lassen sich folgende Regeln zum Schweißen der stick-
stofflegierten Duplex-Stähle festhalten:
− Verwendung von artähnlichem Zusatzwerkstoff mit Begrenzung des
Ferritanteiles im Schweißgut auf max. 50 %.
− Unterdrückung der übermäßigen Ferritbildung im Schweißgut durch den
Einsatz von Zusatzwerkstoff mit höheren Nickelgehalten zur Stabilisie-
rung der Austenitphase.
− Rücktrocknung von Stabelektroden und UP-Schweißpulvern zur Mini-
mierung der Wasserstoffeinbringung.
− Vorwärmung des Grundwerkstoffes kann normalerweise entfallen, je-
doch ist eine Vorwärmung notwendig, wenn die Abkühlgeschwindigkeit
zu groß wird. Zur Vermeidung der übermäßigen Ferritbildung ist dann
eine Vorwärmung bis 150°C und/oder Erhöhung der Streckenenergie zu
empfehlen. Die t12/8-Zeit sollte nach Einstellung der Schweißparameter
bei ca. 15 s liegen.
− Zwischenlagentemperatur sollte nicht über 150°C liegen und eine sinn-
volle Beschränkung der Streckenenergie zur Vermeidung der Grob-
kornbildung ist anzustreben.

6.5.3.5 Stabile und metastabile austenitische


Chrom-Nickel-Stähle
Austenitische Chrom-Nickel-Stähle können mit allen Strahl- und Lichtbo-
genschweißverfahren sowie mit den meisten Pressschweißverfahren ge-
schweißt werden. Die Zusammensetzung der Schweißzusatzwerkstoffe ist
meist artgleich bis artähnlich. Für metallurgisch anspruchsvolle Anwen-
dungsfälle (z. B. Schwarz-Weiß-Verbindungen) werden auch Nickel-Ba-
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 183

sis- oder ferritisch-austenitische- Zusatzwerkstoffe eingesetzt. Beim WIG-


bzw. MSG-Schweißen korrosionsbeständiger Stähle können hochargonhal-
tige Schutzgase (oft auch als Wurzelschutz) verwendet werden.
Für das MSG-Schweißen der austenitischen Stähle werden häufig
Schutzgase mit aktiven Komponenten (O2 und CO2) eingesetzt, um die
Schweißeignung dieser Stähle zu verbessern. Durch Sauerstoff wird die
Lichtbogenstabilität erhöht und gleichzeitig die Viskosität des Schmelzba-
des herabgesetzt, was eine glattere Nahtoberfläche zur Folge hat. Jedoch
ist mit steigendem O2-Anteil im Schutzgas eine verstärkte Oxidbildung im
Bereich der Schweißnaht festzustellen. Diese Oxide sind nicht korrosions-
beständig und müssen in einem Säurebad (Beize) entfernt werden, um die
Korrosionsbeständigkeit des austenitischen Chrom-Nickel-Stahles wieder
herzustellen.
Ein Abbrand der Legierungselemente Nb, Ni, Cr, Si und Mn durch Sau-
erstoff und CO2 findet nach einer Untersuchung von Geipl und Pomaska
nicht statt oder ist vernachlässigbar klein [6-35]. Ebenso ist die Kohlen-
stoffaufnahme des Schweißgutes durch CO2-haltige Schutzgase sehr ge-
ring. Bei einem Schutzgas mit 5 % CO2, 4 % O2 und dem Rest Ar konnte
lediglich eine C-Zunahme des Schweißgutes von 0,01 % beobachtet wer-
den [6-35]. Bei einem Schutzgas aus Argon mit 18 % CO2, betrug die Auf-
kohlung im Schweißgut 0,023 % und unter 100 % CO2 stieg der C-Gehalt
um 0,049 % an.
Da heute hergestellte Schweißzusatzwerkstoffe für austenitische Chrom-
Nickel-Stähle etwa 0,01 % bis 0,02 % C enthalten, kann also nur durch
Verwendung hoch CO2-haltiger Schutzgase die sogenannte ELC-Grenze
(extra low carbon) von 0,03 % C überschritten werden. Aber selbst wenn
die ELC-Grenze überschritten werden sollte, so ist immer noch eine Wär-
mebehandlung (meist Spannungsarmglühen) des Stahles erforderlich, um
eine IK-Anfälligkeit hervorzurufen (Bild 6-30). Um unter nahezu allen
Schweißbedingungen und Wärmebehandlungen die Oberflächenoxidation
und IK-Anfälligkeit in Grenzen zu halten, enthalten Schutzgase zum
MAGM-Schweißen der hochlegierten Stähle 1 % bis 3 % O2 und etwa 3 %
bis 5 % CO2.
Wegen der um etwa 30 % höheren Wärmeausdehnung und der etwa
50 % niedrigeren Wärmeleitfähigkeit austenitischer Schmelzen gegenüber
dem dünnflüssigeren Schweißgut unlegierter Stahlqualitäten sollen die
Beanspruchungen während des Aufheiz- und Abkühlzyklus möglichst ge-
ring sein. Wegen der höheren Wärmeausdehnung und geringeren Wärme-
leitfähigkeit verformen sich austenitische Bleche durch den Schweißvor-
gang wesentlich leichter als unlegierte. Der Verzug kann durch eine höhere
Anzahl an Heftstellen reduziert werden. Zusätzlich sollten Schweißnähte
eher mit vielen kleinen Auftragraupen aufgefüllt werden statt mit wenigen
dicken.
184 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-30. Gefahr der interkristallinen Korrosion durch den Einsatz von CO2-
Schutzgasen beim Schweißen eines stabilisierenden austenitischen Chrom-Nickel-
Stahles.

Austenitische Werkstoffe, insbesondere aber vollaustenitisches


Schweißgut, neigen zur Heißrissbildung, weil sich die Restschmelze mit
unerwünschten Stahlbegleitern wie Schwefel und Phosphor anreichert.
Austenitisches Gefüge kann nur geringste Mengen dieser Elemente lösen,
so dass sich bei einer Erstarrung von Austenit aus der Schmelze (primär
austenitische Erstarrung) eine weitere Anreicherung der Restschmelze
ergibt. Bildet sich bei der Erstarrung des Schweißgutes primär į-Ferrit
(primär ferritische Erstarrung), können erheblich größere Mengen an
Schwefel und Phosphor im Ferrit gelöst werden. Da į-Ferrit ein höheres
Lösungsvermögen für diese Schadstoffe besitzt, wirken sich Anteile von
4 % bis 10 % Ferrit im Schweißgut heißrissmindernd aus. Bei der Zusatz-
werkstoffauswahl muss auf die Bildung von į-Ferritanteilen im Schweiß-
gut geachtet werden. Zu große į-Ferritanteile (ab 10%) setzen jedoch die
Verformungsfähigkeit herab.
Schweißdrähte sind vorzugsweise Nb-stabilisiert, weil Titan in der
Lichtbogen-Schutzgasatmosphäre leicht abbrennt. Aber auch bei Nb-
stabilisiertem Chrom-Nickel-Stahl kann es durch das Schweißen bei nach-
folgender Wärmebehandlung (z. B. Spannungsarmglühen) zu Problemen
kommen. Unmittelbar neben der Schmelzlinie gehen in einem schmalen
Bereich entlang der Schweißnaht selbst die hochschmelzenden Niobkarbi-
de in Lösung, was zu einer Kohlenstoffanreicherung des Austenits führt.
Dabei bleibt der Kohlenstoff nach schneller Abkühlung der Schweißnaht
im Austenit zwangsgelöst, scheidet sich dann aber bei einer Spannungs-
armglühung wieder als Chrom- und nicht als Niobkarbid aus. Dies ist auf
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 185

das Überangebot von Chrom zurückzuführen, was dazu führt, dass die
mittleren Abstände zwischen den Chrom- und den Kohlenstoffatomen
deutlich geringer sind als die zwischen den Niob- und den Kohlenstoff-
atomen. Die sehr kurzen Diffusionswege bewirken also eine erneute Aus-
scheidung von Chromkarbiden. Die Folge ist ein Kornzerfall entlang einer
sehr schmalen Linie der Schweißnaht. Der Vergleich mit einer „wie mit
dem Messer geschnittenen Linie“ führte zu dem Begriff der Messerlinien-
korrosion. Abhilfe schafft eine deutliche Überstabilisierung solcher Stähle
(Nb : C = 12 : 1) und die Absenkung des Kohlenstoffgehaltes auf unter
0,04 %.
Bei einer Überstabilisierung mit Niob ist ab Konzentrationen über 1 %
mit einer deutlichen Zunahme der Heißrissbildung zu rechnen. Die unsta-
bilisierten Zusatzwerkstoffe weisen also hinsichtlich der Heißrissneigung
bessere Eigenschaften auf. Zusätzlich ist der Werkstoffübergang ruhiger
und die Spritzerbildung wird erheblich reduziert.
Zusammenfassend ist die Schweißbarkeit von Bauteilen aus Chrom-
Nickel-Stählen durch geringes Wärmeeinbringen, schnelle Abkühlung
unter Vermeidung zu großer Eigenspannungen (Strichraupentechnik,
schweißgerechte Gestaltung) und die korrekte Zusatzwerkstoffwahl (Des-
oxidation, Kornfeinung, į-Ferrit) weitgehend problemlos.

6.5.3.6 Austenit-Ferrit-Verbindungen
(Schwarz-Weiß-Verbindungen)
Unter Austenit-Ferrit-Verbindungen werden Schweißverbindungen zwi-
schen hochlegierten nichtrostenden sowie unlegierten und niedriglegierten
Stählen verstanden.
In der Praxis werden diese Verbindungen auch Schwarz-Weiß-
Verbindungen genannt. Der Begriff leitet sich aus dem äußeren Erschei-
nungsbild der Werkstoffe ab. Während die hochlegierten, nichtrostenden
Stähle in der Regel im blanken, gebeizten Zustand geliefert werden und
ein silbergraues Aussehen haben, liegen die unlegierten und niedriglegier-
ten Stähle meistens mit einer Oberfläche vor, die mit einer dunklen Walz-
haut behaftet ist.
Das Anwendungsgebiet der Austenit-Ferrit-Verbindungen ist weitge-
hend mit dem der hochlegierten, nichtrostenden Stählen identisch, da über-
all dort auf unlegierte und niedriglegierte preisgünstigere Stähle zurückge-
griffen wird, wo deren Eigenschaften ausreichen.
Im Chemieapparatebau, in der Petrochemie und für Apparate, Behälter
und Rohrleitungen in der Nahrungsmittel- und pharmazeutischen Industrie
werden nichtrostende Stähle wegen ihrer besonderen Korrosions- und Hit-
zebeständigkeit eingesetzt. Für Konstruktionen, die mit den betreffenden
Produkten und Medien nicht in Berührung kommen, können dagegen in
186 6 Hochlegierte Stähle

vielen Fällen unlegierte und niedriglegierte Stähle eingesetzt werden. Das


bedeutet, dass Schweißverbindungen zwischen den unterschiedlichen
Werkstoffen hergestellt werden müssen. So werden z. B.:
− Stutzen aus unlegiertem Stahl in Behälter aus Chrom-Nickel-Stählen
eingeschweißt,
− Stützen, Verstärkungen und Flansche an Chrom-Nickel-Behälter ange-
schweißt sowie
− Rohrleitungen aus verschiedenen Werkstoffen miteinander verbunden.
Darüber hinaus werden in einem breiten Anwendungsgebiet
− hochlegierte Schweißplattierungen auf unlegierte und niedriglegierte
Trägerwerkstoffe aufgebracht und
− plattierte Werkstoffe miteinander verbunden.

Die einfachste Art, Austenit-Ferrit-Schweißverbindungen herzustellen,


wäre der Einsatz von Zusatzwerkstoffen, die von der Zusammensetzung
dem hochlegierten, austenitischen oder aber dem unlegierten, ferritischen
Grundwerkstoff entsprechen würden. Diese Möglichkeiten sind in dieser
Form jedoch nicht durchführbar, da wegen der Vermischung der unlegier-
ten und hochlegierten Grund- und Zusatzwerkstoffe ein sprödes, rissemp-
findliches martensitisches Gefüge entstehen würde. Der unlegierte Zu-
satzwerkstoff stellt diese Mikrostruktur in der Nähe der austenitischen
Grundwerkstoffseite, der dem Austenit artgleiche Zusatzwerkstoff auf der
ferritischen Grundwerkstoffseite ein. Die Versprödungserscheinungen
können zu Rissbildungen führen, die oft nur sehr schwer zu erkennen sind.
Deshalb sind Zusatzwerkstoffe auszuwählen, die genau auf die austeni-
tischen und ferritischen Grundwerkstoffe unter Berücksichtigung der
jeweiligen Aufmischungen infolge der unterschiedlich eingesetzten
Schweißverfahren abgestimmt sind, d.h., die Schweißzusätze müssen über-
legiert sein, um ein problemloses Schweißgut zu garantieren.
Forderungen, die an Austenit-Ferrit-Verbindungen gestellt werden, sind
im Wesentlichen:
− die einwandfreie metallurgische Ausbildung der Verbindung ohne Ris-
se, Poren und spröde Phasen sowie
− ausreichende Festigkeitseigenschaften.
Unter diesen Gesichtspunkten wird dann vom Schweißgut verlangt, dass es
− gute Verformungsfähigkeiten und auch bei hohen Betriebstemperaturen
keine Versprödung des Gefüges (z. B. Sigmaphasenbildung) aufweist
und
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 187

− eine Aufmischung aus beiden Grundwerkstoffen verträgt, ohne die Ver-


formungs- und Festigkeitseigenschaften zu verlieren und insbesondere
ohne heißrissanfällig zu sein.

6.5.3.6.1 Einteilung in unterschiedliche Beanspruchungsgruppen


Aufgrund der an sie gestellten Anforderungen können Austenit-Ferrit-
Verbindungen grob in drei Beanspruchungsgruppen aufgeteilt werden
(Bild 6-31):

Bild 6-31. Unterschiede in den Anforderungen an das Schweißgut von Schwarz-


Weiß-Verbindungen und hieraus resultierende Beanspruchungsgruppen I bis III.

Beanspruchungsgruppe I
Nichtrostende Stähle werden im Apparate-, Behälter- und Rohrleitungsbau
aufgrund ihrer besonderen Korrosionsbeständigkeit eingesetzt. In den Be-
reichen der Konstruktion, zu denen das korrosive Medium keinen Zugang
hat, können in den meisten Fällen unlegierte und niedriglegierte Stähle
eingesetzt werden, insbesondere dann, wenn Betriebstemperaturen T <
300°C vorliegen. Als Beispiele hierfür können Flanschringe, Halterungen
und Traggerüste genannt werden.

Beanspruchungsgruppe II
Bei Austenit-Ferrit-Verbindungen in Form von Stumpf- und Kehlnähten
können an das Schweißgut keine höheren Ansprüche hinsichtlich der Kor-
rosionsbeständigkeit gestellt werden, da der unlegierte bzw. niedriglegierte
188 6 Hochlegierte Stähle

Stahl diese Anforderungen nicht erfüllen könnte. Eine besondere Korrosi-


onsbeständigkeit des Schweißgutes ist daher nur über Planierungen nied-
riglegierter Stähle mit nichtrostendem Schweißgut und beim Verbinden
walzplattierter Werkstoffe erforderlich. Diese Verbindungen der Bean-
spruchungsgruppe II treten in der chemischen Industrie und in kraftwerk-
technischen Anlagen in vielfältiger Form auf.

Beanspruchungsgruppe III
In der chemischen und petrochemischen Industrie sowie bei Energieanla-
gen, wie z. B. Dampfkessel oder Gasturbinen, treten häufig Austenit-
Ferrit-Verbindungen auf, die bei Temperaturen T > 300 °C betrieben wer-
den. Diese Verbindungen sind dann der Beanspruchungsgruppe III zuzu-
ordnen.
Aus den Beanspruchungsgruppen ergeben sich folgende Anforderungen
an das Schweißgut:

Gruppe I
Das Schweißgut muss keine Anforderungen hinsichtlich der Korrosionsbe-
ständigkeit erfüllen, es muss eine ausreichende Zähigkeit besitzen und frei
von Rissen jeder Art sein. Die Streckgrenze des Schweißgutes braucht
nicht höher zu sein als die des nichtrostenden Werkstoffes. Unter Austenit-
Ferrit-Verbindungen der Gruppe I sollen nur solche Verbindungen ver-
standen werden, an denen keine Wärmebehandlung aufgrund der Werk-
stoffzusammensetzung sowie der Blechdicke durchgeführt wird.

Gruppe II
In der Beanspruchungsgruppe II muss das Schweißgut neben ausreichen-
der Zähigkeit und der Rissfreiheit (wie in der Gruppe I) auch noch eine
dem hochlegierten Planierungswerkstoff (walz- bzw. sprengplattiert) ver-
gleichbare Korrosionsbeständigkeit besitzen. Für die Beständigkeit gegen-
über Allgemeinem Korrosionsabtrag, Lochfraß, Spannungsrisskorrosion
und interkristalliner Korrosion ist die chemische Zusammensetzung des
Schweißgutes hinsichtlich der Gehalte an C, Ti, Nb und Cr wichtig. Dar-
über hinaus ist bei Mehrlagenschweißungen die Wärmeführung hinsicht-
lich der Arbeitstemperatur und der Zwischenlagentemperatur sowie eine
eventuelle Wärmenachbehandlung mit Verlust der IK-Korrosions-
beständigkeit zu beachten.

Gruppe III
Die Anforderungen an das Schweißgut der Austenit-Ferrit-Verbindungen
in Gruppe III sind ausreichend hohe Streckgrenzen und Warmfestigkeiten.
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 189

Darüber hinaus ist die Kohlenstoffdiffusion vom niedrig- zum hochlegier-


ten Werkstoff und die Entstehung eines Karbidsaumes zu beachten. Diese
Erscheinung kann nach dem Spannungsarmglühen oder nach entsprechen-
der Betriebszeit bei hohen Temperaturen auftreten. Ein weiteres Problem
besteht darin, dass die unterschiedliche thermische Ausdehnung der ferriti-
schen und austenitischen Werkstoffe zu unterschiedlich hohen Eigenspan-
nungen im Bereich der Schweißnaht führen kann. Schweißverbindungen
der Gruppe I mit Wärmenachbehandlung oder Beanspruchung bei hohen
bzw. tiefen Temperaturen können ebenfalls in Gruppe III fallen.

6.5.3.6.2 Schweißen von Schwarz-Weiß-Verbindungen


Die chemische Zusammensetzung des Schweißgutes bei Austenit-Ferrit-
Verbindungen kann durch die Auswahl des Schweißzusatzwerkstoffes und
des Schweißverfahrens in weiten Grenzen verändert werden. Dabei stellt
das Schaeffler-Diagramm eine wertvolle praktische Hilfe dar. Vor dem
Schweißen muss das Zielgebiet im Schaeffler-Diagramm genau festgelegt
werden (Bild 6-32, siehe auch Abschnitt 6.5.3.6.3):

− Die Anforderungen der Gruppe I werden von vollaustenitischem


Schweißgut mit mehr als 5 % Mangan erfüllt. Weniger als 3,5 %
Mangan sind dabei im austenitischen Schweißgut nicht zulässig, weil
dann die Heißrissgefahr steigt. Begrenzt wird das Gebiet durch die Li-
nien zum Austenit + Martensit- sowie zum Austenitgebiet. Daneben
werden diese Anforderungen auch von niedriglegiertem Schweißgut mit
< 0,05 % Kohlenstoff und < 3 % Chrom erfüllt. Diese Grenzen sind ge-
nau einzuhalten, was in vielen Fällen große Schwierigkeiten bereitet.
− Für Beanspruchungsgruppe II ist ein chemisch beständiges Schweißgut
mit der Begrenzung der Heißrisslinie zum Austenit und etwa der 12 %-
δ-Ferrit-Marke, bei deren Überschreitung Korrosion und Ferritzerfall
drohen, erforderlich. Die Kohlenstoff- und Niob-Gehalte sind genau zu
beachten, da sonst mit interkristalliner Korrosion nach einem Span-
nungsarmglühen zu rechnen ist.
− Schweißzusätze auf Nickelbasis mit resultierendem Nickelgehalt im
reinem Schweißgut von etwa 70 % bis 80 % werden in der Regel für
Austenit-Ferrit-Verbindungen der Beanspruchungsgruppe 111 verwen-
det. Jedoch ist im besonderen Maße die starke Heißrissneigung im Be-
reich von 30 % bis 40 % Nickel zu beachten. Aus diesem Grund ist eine
ausreichende Durchmischung des Schweißgutes bei nicht zu hoher
Aufmischung durch den Grundwerkstoff zu gewährleisten.
190 6 Hochlegierte Stähle

Die Wahl von Schweißverfahren und Schweißparametern hat bei Auste-


nit-Ferrit-Verbindungen eine weit größere Bedeutung als bei artgleichen
Verbindungen. Durch die Aufmischung mit den Grundwerkstoffen kann
sich die Zusammensetzung des entstehenden Schweißgutes in weiten
Grenzen verändern. Die Einhaltung der im Schaeffler-Diagramm definier-
ten Zielgebiete erfordert die exakte Einhaltung der Aufmischungen beim
Schweißen.

Bild 6-32. Lage der Schweißzusatzwerkstoffe im Schaeffler-Diagramm.

Im Bild 6-33 ist schematisch dargestellt, wie die endgültige Schweiß-


gutzusammensetzung in Bezug auf jedes beliebige Element X zustande
kommt.
Der Gehalt des Schweißzusatzes in Bezug auf das Element X wird zu-
nächst durch metallurgische Reaktionen mit dem Schutzgas oder mit der
Schlacke in Form eines Zu- oder Abbrandes von Elementen verändert. Der
in das Schweißgut übergehende Metalltropfen hat bezüglich aller Elemente
die Zusammensetzung des reinen Schweißgutes. Die Zusammensetzung
des aktuellen Schweißgutes entsteht dann durch Vermischen dieser Trop-
fen mit den aufgeschmolzenen Anteilen beider Grundwerkstoffe.
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 191

Bild 6-33. Entstehung der Schweißgutzusammensetzung.

6.5.3.6.3 Ausgewählte Beispiele zur Anwendung des


Schaeffler-Diagrammes
Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Schweißgutzusammensetzung im
Schaeffler-Diagramm ist wie folgt:
Werden zwei Stähle miteinander verschweißt, so müssen erst die
Chrom- und Nickeläquivalente beider Grundwerkstoffe (GW 1 und GW 2)
und des Schweißzusatzwerkstoffes (SZW) errechnet und die Positionen im
Schaeffler-Diagramm eingezeichnet werden (Bild 6-34).
Alle möglichen Mischungen der beiden Grundwerkstoffe liegen auf der
geraden Verbindungslinie der beiden Werkstoffe GW 1 – GW 2. Bei glei-
chem Anteil beider Grundwerkstoffe im Schmelzbad (50 % GW 1 / 50 %
GW 2) liegt die sich nur durch Vermischung der Grundwerkstoffe erge-
bende Legierung in der Mitte zwischen GW 1 und GW 2 (X 1) (Bild 6-35).
Soll aufgrund einer asymmetrischen Nahtvorbereitung das Schmelzbad zu
70 % aus GW 1 und 30 % GW 2 bestehen, so ergibt sich Punkt X 2, wobei
die Stecken X 2 – GW 2 und X 2 – GW 1 den Anteilen der Grundwerk-
stoffe am Schmelzbad entsprechen.
192 6 Hochlegierte Stähle

Bild 6-34. Ermittlung der Lage des Schweißgutes (SG) unter Berücksichtigung
der Aufmischung der Grundwerkstoffe (GW 1, GW 2) und des Schweißzusatz-
werkstoffes (SZW).

Im Fall der gleichmäßigen Aufschmelzung der Grundwerkstoffe ist an-


schließend der Punkt X 1 mit dem Punkt des Schweißzusatzwerkstoffes
(SZW) zu verbinden (Berechnung der Lage von SZW durch Nickel- und
Chromäquivalent). Unter Berücksichtigung des Aufschmelzungsgrades
von 30 % beim Schweißen mit einer basischen Stabelektrode ergibt sich
eine bestimmte Schweißgutzusammensetzung (SG). Der Aufschmel-
zungsgrad von 30 % bedeutet dabei, dass das Schweißgut aus 70 %
Schweißzusatzwerkstoff und 30 % X 1 (50 % GW 1 und 50 % GW 2) be-
steht. Anhand der sich ergebenden Lage des Schweißgutes (SG) kann nun
abgeschätzt werden, ob und welche Gefährdung des Schweißgutes vor-
liegt.

Beispiel aus Gruppe I:


Vom Schweißgut sind keine besonderen Korrosionseigenschaften zu for-
dern, weil der niedriglegierte Werkstoff diese auch nicht erfüllen würde.
Das Schweißgut muss lediglich frei von Heiß- und Härterissen sein und
eine ausreichende Zähigkeit besitzen. Streckgrenze und Zugfestigkeit
brauchen nicht höher zu sein, als die des hochlegierten Stahles.
Schweißverbindung aus S 255 J2G3/X 6 CrNiNb 18 10 (= 1.4550) (Bild
6-35). Die beiden Grundwerkstoffe sollen zu gleichen Anteilen aufge-
schmolzen werden, so dass sich Punkt A1 = A2 für das Schmelzbad der
beiden Grundwerkstoffe ergibt. Vergleichend sind im Bild 6-35 verschie-
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 193

dene mögliche Schweißzusatzwerkstoffe dargestellt, deren Vor- und


Nachteile kurz beschrieben werden (RSG = Reines Schweißgut, 1. Ziffer =
% Cr, 2. Ziffer = % Ni, 3. Ziffer = % Mo).
Aus der Lage der Schweißgüter im Schaeffler-Diagramm lassen sich
folgende Rückschlüsse ziehen:
– 18 8 Mn keine Heißrisse, Aufmischung unter 40 % halten, insbeson-
dere geringe Aufmischung mit S 255, Schweißen mit Stab-
elektrode oder MIG/ MAG;
– 20 10 3 chemisch beständig, Aufmischung unter 40 % halten, Heiß-
rissgefahr gering wegen į-Ferritanteil;
– 29 9 abzuraten, da zu großer į-Ferritanteil, der bei zu geringer
Aufmischung nicht absinkt, deshalb nur bei hohen Aufmi-
schungsgraden, nicht für Mehrlagenschweißen geeignet we-
gen des Ferritzerfalls in der Sigma-Phase;
– 24 12 UP-Draht und Pulver, Pulvervektor durch Chromzubrand
(RSG), Aufmischung unter 50 % halten;
– 20 16 3 Mn hochnickelhaltig oder Zusatz auf Nickel-Basis zu teuer und
für Beanspruchung nicht notwendig.

Bild 6-35. Lage der Schweißgüter beim Verschweißen der Schwarz-Weiß-


Verbindung S 255 J2G3 mit X 6 CrNiNb 18 10 (1.4550) mit verschiedenen
Schweißzusatzwerkstoffen.
194 6 Hochlegierte Stähle

Beispiel aus Gruppe II:


Vom Schweißgut wird verlangt, dass es korrosionsbeständig ist und eine
eventuelle Wärmenachbehandlung wie das Spannungsarmglühen erlaubt.
Da der unlegierte Werkstoff keine den austenitischen Werkstoffen ver-
gleichbare Korrosionsbeständigkeit besitzt, können Verbindungen dieser
Gruppe nur aus Plattierungen bestehen. In diesem Beispiel soll der warm-
feste Stahl 20 MnMoNi 5 5 mit austenitischem Schweißgut plattiert wer-
den (Bild 6-36). Als Schweißverfahren soll das UP-Bandplattieren einge-
setzt werden.
Das Zielgebiet für das einzustellende Schweißgut ist zu höheren Ni-
Äquivalenten durch die Heißrisslinie, zu niedrigeren Ni-Äquivalenten und
höheren Cr-Äquivalenten durch die mögliche Bildung eines į-Ferrit-
Netzwerkes begrenzt. Aus diesem Grund muss die 1. Lage mit dem über-
legierten Zusatzwerkstoff 23 12 Nb geschweißt werden. Die maximale
Aufmischung muss zwischen 10 % bis 15 % liegen, so dass sich im
Schweißgut ein į-Ferritgehalt von 5 % bis 10% einstellt. Die 2. Lage kann
dann mit dem Zusatzwerkstoff 21 10 Nb aufgetragen werden, um eine feh-
lerfreie Auftragschweißung zu erstellen.

Bild 6-36. Schweißplattierung eines warmfesten niedriglegierten Stahles unter


Zuhilfenahme des Schaeffler-Diagrammes.

Die Einteilung von Austenit-Ferrit-Verbindungen nach der Beanspru-


chung des Schweißgutes in drei Gruppen ergibt eine klare Übersicht über
6.5 Schweißen von hochlegierten Stählen 195

die Zusammenhänge beim Herstellen dieser Schweißverbindungen. Da-


durch erhält der Anwender Hinweise auf den zu empfehlenden Schweißzu-
satzwerkstoff. Gleichzeitig ergibt sich daraus das Zielgebiet für das
Schweißgut im Schaeffler-Diagramm mit seinen zu beachtenden Grenzen
für die chemische Zusammensetzung.
Unter Berücksichtigung aller entscheidender Einflussgrößen, ist eine
Ausführung ausschließlich anhand der Normenangaben und Standardpa-
rameter nicht machbar. Vielmehr ist eine sichere Beherrschung dieser
Verbindungen nur durch sorgfältige Berechnung der voraussichtlichen
Schweißgutanalyse unter Berücksichtigung der aktuellen Werkstoffanaly-
sen und der realen Aufmischungsverhältnisse möglich.
Dazu werden von den Schweißgutherstellern zunehmend Computerpro-
gramme angeboten, mit denen das Erfassen der verwendeten Werkstoff-
chargen und ihrer Analysen, das Abschätzen der voraussichtlichen Aufmi-
schungen sowie das Rechnen und Zeichnen in wesentlich kürzerer Zeit als
bisher durchführbar sind.
7 Schweißen von Gusswerkstoffen
auf Eisenbasis

7.1 Bedeutung des Schweißens für die Bearbeitung


von Gusswerkstoffen

In den vorherigen Abschnitten wurden Stähle behandelt, die im gewalzten


und oft wärmebehandelten Zustand Ausgangsprodukte für die spätere
schweißtechnische Fertigung von Bauteilen darstellen. Im Gegensatz dazu
wird beim Gießen (mit Ausnahme des Stranggießens) die Herstellung ei-
nes Bauteiles angestrebt, dessen oftmals komplizierte Formen direkt und
möglichst ohne weitere aufwendige Bearbeitung aus dem Gießprozess
resultieren. Neben der endkonturnahen Herstellung des Gussstückes zur
Minimierung der Produktionskosten kommt der Vermeidung von Gießfeh-
lern wie Rissen oder Poren eine große Bedeutung zu. Des weiteren sind
Gussstücke so auszulegen und zu fertigen, dass ein Versagen im späteren
Betrieb nicht zu erwarten ist. Diese drei Bedingungen sind jedoch nicht
immer zu erfüllen, so dass die unterschiedlichen Schweißarbeiten, die an
einem Gussstück auszuführen sind, wie folgt eingeteilt werden:
− Konstruktionsschweißen. Hierunter ist das schweißtechnische Fügen
von Gussstücken miteinander oder das Fügen von Gussstücken und
Stahl (z. B. Walzstahl) zu einer baulichen Einheit zu verstehen.
− Fertigungsschweißen. Unter diesem Begriff werden Ausbesserungsar-
beiten von Gieß- oder Bearbeitungsfehlern zusammengefasst. Gießfeh-
ler sind häufig Risse oder Lunker, die die Betriebssicherheit des Guss-
stückes erheblich beeinträchtigen, so dass durch eine Fertigungs-
schweißung die für den Verwendungszweck notwendige Gussstück-
beschaffenheit hergestellt wird. Zusätzlich dient die Fertigungs-
schweißung der Entfernung von Gießhilfen, z. B. Kernstützen während
der Fertigung des Gussstücks [7-1]. Die Fertigungsschweißung findet
ausschließlich beim Hersteller statt.
− Reparatur- oder Instandsetzungsschweißen. Wie bereits aus dem Namen
hervorgeht, ist das Reparaturschweißen auf die Ausbesserung von Schä-
den im späteren Betrieb des Gussstückes ausgerichtet. Zu den Schäden,
die an einem Gussstück auftreten können, ist auch der Verschleiß zu
198 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Tabelle 7-1. Gesamtaufbau der Bezeichnung von Gusseisenwerkstoffen durch


7.1 Bedeutung des Schweißens für die Bearbeitung von Gusswerkstoffen 199

Kurzzeichen nach DIN EN 1560 [7-23].

zählen, der durch ein geeignetes Schweißverfahren wieder korrigiert


werden kann. Im Normalfall werden Reparatur- oder Instandsetzungs-
schweißungen vom Betreiber oder einem beauftragten Unternehmen
durchgeführt.
200 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Fertigungsschweißungen an Gussstücken wurden früher vielfach als


nicht zulässig angesehen und waren oftmals mit einer Wertminderung des
Gussstückes verbunden. Dieser Standpunkt hatte durchaus seine Berechti-
gung, da die fachgerechte Ausbesserung durch eine richtige Auswahl des
Schweißverfahrens, des Zusatzwerkstoffes und der Wärmebehandlung oft
nicht gegeben war. Heute hat sich diese Situation grundlegend gewandelt,
so dass die Beseitigung von Gussfehlern ohne Einbußen der Güte des
Gussstückes als selbstverständlich angesehen wird.

7.2 Bezeichnungen der wichtigsten Gusswerkstoffe

Gusseisenwerkstoffe werden entweder durch Werkstoffkurzzeichen oder


durch Werkstoffnummern bezeichnet. Das Bezeichnungssystem durch
Kurzzeichen ist sowohl für genormte als auch für nichtgenormte Gussei-
senwerkstoffe anwendbar. Das Bezeichnungssystem durch Werkstoffnum-
mern ist hingegen nur für genormte Gusseisenwerkstoffe zu verwenden.

7.2.1 Bezeichnung von Gusseisenwerkstoffen durch


Werkstoffkurzzeichen

Die Bezeichnung durch Werkstoffkurzzeichen umfasst sechs Positionen,


wobei nicht alle zwingend erforderlich sind. Das Bezeichnungssystem
wird exemplarisch anhand Tabelle 7-1 und eines Beispiels erläutert.
Beispiel:
EN – GJ L F - 150
Hierbei handelt es sich um einen genormten Gusseisenwerkstoff mit einer
lamellaren Graphit- und einer ferritischen Mikrostruktur, der eine Zugfes-
2
tigkeit von 150 N/mm aufweist.
In Position 5 können die Gusswerkstoffe entweder nach ihren mechani-
schen Eigenschaften oder nach ihrer chemischen Zusammensetzung be-
zeichnet werden.
Im Gegensatz hierzu werden in den Kurznamen der hochlegierten, kor-
rosionsbeständigen Eisengusswerkstoffe nicht die mechanischen Eigen-
schaften der Werkstoffe aufgeführt, sondern ihre chemische Zusammen-
setzung. Als Beispiele seien hier der EN-GJLA-XN NiMn 13-7
(austenitisches Gusseisen mit Lamellengraphit und 13 % Ni, 7 % Mn)
[7-29] oder der hochlegierte Stahlguss GX 5 CrNi 19 10 mit ca. 19 %
Chrom und 10 % Nickel genannt [7-17]. Der Kohlenstoffgehalt unter-
scheidet sich bei den beiden oben genannten Gusswerkstoffen erheblich.
7.2 Bezeichnungen der wichtigsten Gusswerkstoffe 201

Während das austenitische Gusseisen etwa 3 % Kohlenstoff enthält, liegt


dieser Gehalt bei dem hochlegierten Stahlguss nur bei etwa 0,10 %.
Nahezu alle Gusswerkstoffe weisen einen wesentlich höheren Kohlen-
stoffgehalt auf als die konventionellen Feinkorn- und Baustähle. Lediglich
der Stahlguss ist in seinem Kohlenstoffgehalt mit den gewalzten Stahlpro-
dukten vergleichbar. Die Unterschiede zwischen den Eisengusswerkstoffen
und den Stählen lassen sich am besten anhand des Eisen-Kohlenstoff-
Diagrammes verdeutlichen (siehe Kapitel 2). Aufgrund der großen Spann-
weite der Kohlenstoffkonzentrationen und Wärmebehandlungen der Ei-
sengusswerkstoffe ergeben sich hieraus die im Bild 7-1 dargestellten Ge-
füge, mit der Einteilung in duktile und nicht duktile Gusssorten [7-6].
Tabelle 7-2 gibt exemplarisch mechanisch-technologische Eigenschaf-
ten und die chemische Zusammensetzung einiger Gusswerkstoffe an.

Tabelle 7-2. Mechanisch-technologische Eigenschaften und chemische Zusam-


mensetzung einiger Eisengusswerkstoffe.
Eisengusswerkstoffe Mechanische Eigenschaften Chemische Analyse

Rp0,2 Rm A C Si Mn P S
2 2
N/mm N/mm % % % % % %
EN-GJL-300 300 § § § < 0,2 < 0,12
EN-GJS-400-15 250 400 15 § § § § §
EN-GJMW-400-15 200 380 12 § § § < 0,12 §
GS 38 190 380 25 0,15 0,47 0,35 0,045 0,054

7.2.2 Bezeichnung von Gusseisenwerkstoffen durch Nummern

Die Bezeichnung nach Werkstoffnummern ist wie folgt exemplarisch


dargestellt aufgebaut.

EN – J L 1271

Position 1: es handelt sich um einen Werkstoff gemäß der europäischen


Norm

Position 2: hier ist immer der Buchstabe J zu verwenden.

Position 3: hier ist die Graphitstruktur des Werkstoffes gemäß Tabelle 7-3
anzugeben:
202 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Tabelle 7-3. Graphitstruktur.


L lamellar
S kugelig
M Temperkohle
V vermikular
N graphitfrei (Hartguss), ledeburitisch
Y Sonderstruktur, in der jeweiligen Werkstoffnorm angegeben

Position 4: es ist eine einstellige Zahl gemäß Tabelle 7-4 anzugeben, die
das Hauptmerkmal des Gusseisenwerkstoffes symbolisiert.

Tabelle 7-4. Hauptmerkmal des Gusseisenwerkstoffes.


0 Reserve
1 Zugfestigkeit
2 Härte
3 Chemische Zusammensetzung
4-9 Reserve

Position 5: hier wird eine zweistellige Zahl eingesetzt, die den einzelnen
Werkstoff darstellt.

Position 6: hier wird eine einstellige Zahl gemäß Tabelle 7-5 eingesetzt,
die besondere Anforderungen für den einzelnen Werkstoff darstellt.

Tabelle 7-5. Besondere Anforderungen für den einzelnen Werkstoff.


0 keine besonderen Anforderungen
1 getrennt gegossenes Probestück
2 angegossenes Probestück
3 einem Gussstück entnommenes Probestück
4 Schlagzähigkeit bei Raumtemperatur
5 Schlagzähigkeit bei tiefer Temperatur
6 festgelegte Schweißeignung
7 Rohgussstück
8 wärmebehandeltes Gussstück

In der Praxis werden im Wesentlichen die folgenden vier Grundtypen


der Gusswerkstoffe auf Eisenbasis unterscheiden:
7.2 Bezeichnungen der wichtigsten Gusswerkstoffe 203

Bild 7-1. Gefügeübersicht der verschiedenen Eisengusswerkstoffe und daraus


resultierende Einteilung in die duktilen und die nicht duktilen Gusssorten [7-6].

Gusseisen mit Lamellen- oder Kugelgraphit weist Kohlenstoffgehalte


zwischen 2,8 % und 4,5 % auf. Durch gezielte Zugabe entsprechender Le-
gierungselemente, vorwiegend Silicium, erstarren diese Werkstoffe nach
dem stabilen Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Dies bedeutet, dass der Koh-
lenstoff nicht in Form von Karbid (Fe3C), sondern als Graphit ausgeschie-
den wird. Die Graphitausscheidung bewirkt ein gräuliches Schimmern des
Metalls, weshalb die Erstarrung nach dem stabilen System auch als graue
Erstarrung bezeichnet wird. Wegen ihres hohen Kohlenstoffgehaltes und
unter der Anwesenheit von Silicium erstarren untereutektische Gusswerk-
stoffe (links von Punkt C', Bild 2-11) primär austenitisch, wobei die Rest-
schmelze eutektisch umwandelt. Übereutektischer Guss scheidet während
der Erstarrung zuerst Graphit aus, bevor dann die Restschmelze eutektisch
umwandelt.
Stahlguss besitzt nur Kohlenstoffgehalte bis maximal 2 %, wobei dieser
nicht in Form des Graphits, sondern als Zementit (Eisenkarbid Fe3C) in der
Eisenmatrix ausgeschieden wird. Da der Werkstoff keinen Graphit aus-
scheidet, besitzt er einen metallisch hellen Glanz, was zu der Bezeichnung
der weißen Erstarrung führte.
Eine weitere Gruppe der Gusswerkstoffe ist der Temperguss. Hierbei
handelt es sich um einen Werkstoff mit etwa 1,5 % bis 3 % Kohlenstoff,
der rein weiß, d. h. ledeburitisch, erstarrt (siehe Bild 2-11). Ledeburit be-
steht aus Zementit und Austenit und kann von dem Erscheinungsbild her
mit Perlit (Ferrit und Zementit) verglichen werden. Der ledeburitische
204 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Guss wird auch als Temperrohguss bezeichnet. Eine nachfolgende Wär-


mebehandlung führt zu einem Zerfall des Zementits zu Graphit.
Andere Gusswerkstoffe, die nicht in dieses Schema passen, werden als
Sonderguss bezeichnet. Sondergusswerkstoffe besitzen infolge ihrer che-
mischen Zusammensetzung besondere mechanische oder physikalische
Eigenschaften und können aus diesem Grund nicht in die oben genannten
Gruppen der Eisengusswerkstoffe eingeordnet werden.

7.3 Die wichtigsten Legierungselemente


in Eisengusswerkstoffen

Kohlenstoff. Die Gusswerkstoffe besitzen Kohlenstoffgehalte von bis zu


4 %. Durch Kohlenstoff werden die Vergießbarkeit und das Formfüllungs-
vermögen der Eisenschmelze stark verbessert. Zusätzlich nimmt mit stei-
gender Kohlenstoffkonzentration die Gefahr der Lunkerbildung ab. Bei
größeren Gussstücken kann durch Kohlenstoff die Entstehung von Rissen
unterdrückt werden. Die Vermeidung von Rissen und Lunkern ist von der
Erstarrungsmorphologie abhängig. Erstarrt der Gusskörper nach dem me-
tastabilen System, so scheidet sich Eisenkarbid aus, welches ein geringeres
spezifisches Volumen besitzt als Graphit. Je nach Menge des gebildeten
Graphits kann das Volumendefizit durch die Erstarrung/Abkühlung wieder
ausgeglichen werden, die resultierenden Eigenspannungen werden mini-
miert, die Gefahr der Riss- und Lunkerbildung reduziert.
Silicium. Dieses Legierungselement begünstigt die graue Erstarrung des
Gusswerkstoffes. Dies bedeutet, dass Silicium die Graphitausscheidung
fördert, indem es den Zerfall von Eisenkarbid herbeiführt. Mit steigendem
Siliciumgehalt nimmt die gebildete Graphitmenge zu, da die Löslichkeit
des Eisens für Kohlenstoff sinkt [7-8]. Der Siliciumgehalt übersteigt selten
Konzentrationen über 2,5 %, jedoch sind bei Sondergusswerkstoffen auch
Gehalte bis zu 20 % möglich, um z. B. eine Beständigkeit gegenüber eini-
gen Säuren zu erzielen. Es darf in diesem Zusammenhang jedoch nicht
unerwähnt bleiben, dass durch die vermehrte Ausscheidung von Graphit
die Härte des Gussstückes sinkt und Bruchdehnung und -einschnürung
abnehmen.
Magnesium. Durch Magnesium wird eine globulitische Erstarrung des
Gusseisens erzielt. Zusätzlich kann auch Cer zur globulitischen Erstarrung
eingesetzt werden.
Phosphor. Hierdurch wird die Schmelztemperatur des Eisens gesenkt
und somit werden die Vergießbarkeit und das Formfüllungsvermögen des
Gusswerkstoffes erheblich verbessert. Zusätzlich wird der Verschleißwi-
derstand und die Korrosionsbeständigkeit des Gussstückes gegen Wasser
erhöht. Im Normalfall liegen die Phosphorgehalte der Gusswerkstoffe zwi-
7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der Gusswerkstoffe 205

schen 0,4 % und 0,6 %. Wesentliche Nachteile der Legierung mit Phos-
phor sind eine zunehmende Porigkeit des Gussstückes oberhalb 1 % Phos-
phor und die Entstehung von Mikrolunkern. Durch Phosphor ist ein An-
wachsen der Graphitlamellen festzustellen. Des weiteren versprödet der
Werkstoff durch steigende Phosphorgehalte zusehends.
Schwefel. Die Schwefelgehalte der heute üblichen Gusswerkstoffe lie-
gen zwischen 0,04 % und 0,1 %. Grundsätzlich hat Schwefel nur nachtei-
lige Auswirkungen auf das Gusseisen. Hierzu zählen die begünstigte kar-
bidische Erstarrung des Gusses, die wiederum eine Erhöhung des
Schwindungsmaßes zur Folge hat (Rissgefahr). Die Bildung von Eisen-
und Mangansulfid wirkt korrosionsfördernd, und durch Schwefel wird die
Schmelze zähflüssiger.

7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung


der Gusswerkstoffe

7.4.1 Stahlguss

7.4.1.1 Eigenschaften und Einsatzgebiete


Als Stahlguss werden Eisen-Kohlenstoff-Legierungen mit einem C-Gehalt
bis maximal 2 % bezeichnet. In Abhängigkeit ihrer chemischen Zusam-
mensetzung werden unlegierter Stahlguss (DIN 1681, z. B. GS-38), nied-
riglegierte, warmfeste, vergütbare Stahlqualitäten (DIN EN 10213-1 z. B.
G17 CrMo 9 10) sowie hochlegierter, ferritischer, martensitischer und
austenitischer Stahlguss (DIN EN 10295 und DIN EN 10283) unterschie-
den. Hinsichtlich ihrer mechanisch-technologischen Eigenschaften und
Einsatzgebiete gibt es prinzipiell keine Unterschiede zu artgleichen Walz-
und Schmiedestählen. Weiterhin sind die Mikrogefüge der gegossenen
Stähle vergleichbar mit denen der gewalzten (Bild 7-2).
Im Pressen- und Walzenständerbau sowie bei der Fertigung von Lager-
böcken und Getriebegehäusen wird Stahlguss bevorzugt eingesetzt. Auf-
grund der einfachen Formgebung besitzt Stahlguss erhebliche Kostenvor-
teile gegenüber geschweißten Stahlkonstruktionen. Nachteilig wirken sich
das hohe Schwindmaß (Spannungsrisse beim Abkühlen!) und die gegen-
über Eisengusslegierungen schlechtere Vergießbarkeit aus, so dass vor
allem großvolumige bzw. dickwandige Erzeugnisse aus Stahlguss herge-
stellt werden. Häufig wird Stahlguss wegen der artähnlichen chemischen
Zusammensetzung und Verarbeitungsrichtlinien für geschweißte Verbund-
konstruktionen mit Stahl eingesetzt (z. B. Apparatebau).
206 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Bild 7-2. Mikrogefüge eines niedriglegierten Gussstahles aus Ferrit und Perlit
(normalisiert).

7.4.1.2 Schweißeignung und schweißtechnische Verarbeitung


Die Schweißeignung von Stahlguss unterscheidet sich grundsätzlich nicht
von der entsprechender Stahlwerkstoffe. Zur Beurteilung der Schweißeig-
nung wird bei unlegierten und niedriglegierten Gusswerkstoffen der Koh-
lenstoffgehalt bzw. das Kohlenstoffäquivalent herangezogen, um die Ge-
fahr einer Aufhärtung abzuschätzen. Wegen der großen Abkühlge-
schwindigkeit der meist dickwandigen Gussstücke wird zur Vermeidung
von Härterissen in der Praxis bereits ab C-Gehalten von 0,15 % vorge-
wärmt. In [7-9] werden Vorwärmtemperaturen gemäß Tabelle 7-6 empfoh-
len.

Tabelle 7-6. Empfohlene Vorwärmtemperatur für Stahlguss


bei verschiedenen Kohlenstoffgehalten [7-9].

Kohlenstoffgehalt Vorwärmtemperatur
% °C
0,2 bis 0,3 100 bis 150
0,3 bis 0,45 140 bis 280
0,45 bis 0,8 270 bis 430

Da im Gusszustand ein grobkörniges, stengeliges Widmannstätten-


Gefüge mit verminderter Zähigkeit vorliegt, wirkt sich eine normalisieren-
de Glühung (Einstellen eines feinkörnigen Ferrit-Perlit-Gefüges, siehe
7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der Gusswerkstoffe 207

auch Bild 7-3) vor den Schweißarbeiten auf die Schweißeignung positiv
aus. In der Wärmeeinflusszone stellen sich beim Schweißen die gleichen
Gefügeänderungen ein, wie sie bei der Verarbeitung artähnlicher Walz-
und Schmiedestähle entstehen. Zur Erzielung optimaler Festigkeits-
und Zähigkeitseigenschaften sind entsprechende Wärmenachbehandlun-
gen (Vergüten, Normalglühen, Spannungsarmglühen) erforderlich. Ferti-
gungs-, Instandsetzungs- und Konstruktionsschweißungen werden meist
mit manuellen bzw. teilmechanisierten Schweißverfahren, z. T. aber auch
mit Hochleistungsfügeverfahren durchgeführt. Die eingesetzten Schweiß-
verfahren erstrecken sich über das Lichtbogenhand-, das WIG-, das MSG-
und das UP-Schweißen. Für besonders hohe Zähigkeitsanforderungen sind
beim Lichtbogenhandschweißen Stabelektroden mit basischer Umhüllung
zu empfehlen, für geringere Anforderungen werden aber auch rutilumhüll-
te Stabelektroden eingesetzt. Die Zusatzwerkstoffe sind, wie bei Stahl,
artgleich bzw. artähnlich, bei erschwerter Schweißeignung bzw. zur Ge-
währleistung besonderer Zähigkeitseigenschaften kommen auch artfremde
Materialien, in der Regel Nickel-Basis-Legierungen zum Einsatz.
Zur Beurteilung der Schweißeignung hochlegierter ferritischer bzw.
austenitischer Stahlgusssorten, die meist im Gusszustand bzw. nach einer
Glüh- und Abschreckbehandlung (Ausnahme: vergütbare Qualitäten)
schweißtechnisch verarbeitet werden, kann zur Beurteilung des Schweiß-
gutes das Schaeffler-Diagramm herangezogen werden. Wenn eine Korro-
sionsbeständigkeit der Gussstücke im späteren Einsatz verlangt wird, müs-
sen unstabilisierte Werkstoffe nach dem Schweißen entsprechend
nachbehandelt werden. Bei (ferritisch-) martensitischem Stahlguss ist ein
Anlassen oder Vergüten, bei austenitischem Stahlguss ein Lösungsglühen
und Abschrecken zur Einstellung der optimalen mechanischen Eigenschaf-
ten erforderlich. Insgesamt gelten auch hier für die Zusatzwerkstoffaus-
wahl und die Verarbeitung die gleichen Richtlinien und Hinweise wie für
die artgleichen gewalzten bzw. geschmiedeten hochlegierten Stahlwerk-
stoffe.

7.4.2 Temperguss

7.4.2.1 Gefüge, Eigenschaften und Einsatzgebiete


Tempergusswerkstoffe sind Eisen-Kohlenstoff-Legierungen mit C-Ge-
halten von 2,1 % bis 3,4 % und Legierungszusätzen an Mangan und Sili-
cium, so dass im Rohguss eine Erstarrung nach dem metastabilen System
ermöglicht wird. Im Rohguss liegt ein Gefüge vor, in dem der Kohlenstoff
fast vollständig als Fe3C abgebunden ist. Tempergusswerkstoffe werden
gemäß DIN EN 1562 in zwei Gruppen eingeteilt, einerseits der entkohlend
geglühte Temperguss (früher: weißer Temperguss) und andererseits der
208 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

nichtentkohlend geglühte Temperguss (früher: schwarzer Temperguss).


Die in DIN EN 1562 aufgeführten Gebrauchseigenschaften erhält der
Temperrohguss erst nach einer Langzeitglühung (Tempern). Durch das
Tempern zerfällt das Fe3C zu Graphit und Eisen und lagert sich im Grund-
gefüge des Tempergusses in typischer Form ein.
Beide Tempergussgruppen enthalten freien Kohlenstoff in Form von
Graphit, der auch als Temperkohle bezeichnet wird. Darüber hinaus um-
fassen beide Gruppen Werkstoffe mit ferritischen, perlitischen oder auch
anderen Umwandlungsgefügen des Austenits.
Entkohlend geglühter Temperguss (z. B. EN-GJMW-350-4) wird nach
50 h bis 80 h Glühzeit bei 1050°C in oxidierender, also entkohlender At-
mosphäre erzeugt. Zur Haltezeit auf Tempertemperatur muss jedoch noch
die Aufheiz- und Abkühlphase hinzugerechnet werden, so dass der Tem-
pervorgang bis zu mehrere Tage in Anspruch nehmen kann. Die entkoh-
lende Wirkung der oxidierenden Glühung ist jedoch nur auf die oberflä-
chennahen Bereiche des Tempergusses beschränkt. Nach dem Tempern
ergibt sich eine Gefügeausbildung, die von der Wanddicke des Bauteiles
abhängig ist (Bild 7-3).

Bild 7-3. Einfluss der entkohlenden Glühung auf die Verteilung und die Ausbil-
dung der Gefüge in entkohlend geglühten Temperguss [7-10].

In den äußeren Randzonen des Gussstückes entsteht dabei nach Abküh-


lung ein ferritisches, kohlenstoffarmes Gefüge, der Kernbereich ist vor-
wiegend perlitisch mit ausgeschiedenem Graphit (Temperkohle). Bild 7-4
zeigt Mikroschliffe der unterschiedlichen Zonen des entkohlend geglühten
Tempergusses. In der Übergangszone ist das Grundgefüge ferritisch, mit
geringen Mengen an Perlit [7-6].
7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der Gusswerkstoffe 209

Bild 7-4. Mikroschliffe von entkohlend und nichtentkohlend geglühtem Temper-


guss in unterschiedlichen Bereichen des Gussstückes [7-6].

Bild 7-5. Nichtentkohlend geglühter Temperguss EN-GJMB-450-6 mit den Gefü-


gebestandteilen Ferrit (hell), Perlit (grau) und Temperkohle (große schwarze Fle-
cken).

Nichtentkohlend geglühter Temperguss wird durch Glühen in neutralem


Medium (bis zu 100 h bei 950°C) hergestellt mit dem Resultat eines
gleichmäßigen ferritischen, perlitischen oder ferritisch-perlitischen Gefü-
ges mit eingelagertem, flockenförmigem Graphit (Temperkohle) (Bild
7-4). Bild 7-5 zeigt das ferritisch-perlitische Tempergussgefüge des EN-
GJMB-450-6 im Mikroschliff.
210 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Wegen seiner sehr guten Vergießbarkeit wird Temperguss auch für


komplizierte Bauteile des Apparate-, Werkzeug-, Fahrzeug- und Feinge-
häusebaues eingesetzt. Durch das gezielte Tempern des Gussstückes wird
der ursprünglich spröde Werkstoff zäh, leichter bearbeitbar und in Grenzen
sogar schmiedbar.

7.4.2.2 Schweißeignung und schweißtechnische Verarbeitung


Nach [7-6] sind alle Tempergusswerkstoffe schweißgeeignet, jedoch sollte
nicht unerwähnt bleiben, dass der Aufwand zur Erzielung eines zufrieden-
stellenden Schweißergebnisses stark vom verwendeten Temperguss-
werkstoff und des Schweißzusatzwerkstoffes abhängt. Die Verwendung
eines artgleichen Schweißzusatzwerkstoffes erfordert eine Vorwärmung
des Gussstückes bis zu 700°C, was zu dem Begriff des Gusseisenwarm-
schweißens führte, Beschreibung siehe Abschnitt 7.4.3.1.2. Beim Gussei-
senkaltschweißen werden die Gussstücke nur bis auf maximal 300°C vor-
gewärmt, da ein Großteil der Spannungen von dem duktilen, artfremden
Schweißzusatzwerkstoff aufgenommen wird, Beschreibung siehe Ab-
schnitt 7.4.3.1.1.
Die Schmelzschweißeignung von den meisten Tempergusssorten ist
wegen des hohen Kohlenstoffgehaltes stark eingeschränkt. Bei den übli-
chen Schweiß-Temperatur-Zyklen wird in der WEZ Graphit wieder in
Lösung gebracht; bei der anschließenden Abkühlung entstehen spröde,
teils ledeburitische, teils martensitische Gefüge hoher Härte, so dass Riss-
bildung kaum zu vermeiden ist. Selbst Verfahren wie das Reibschweißen
oder Widerstandspunktschweißen sind nur sehr eingeschränkt einsetzbar.

7.4.2.2.1 Nichtentkohlend geglühter Temperguss


An nichtentkohlend geglühtem Temperguss sind Konstruktionsschweißun-
gen bei niedriger Beanspruchung des Bauteiles und Fertigungsschweißun-
gen möglich. Neben der Temperkohle erhöht auch das perlitische Grund-
gefüge der Sorten EN-GJMB-450-6 mit rund 0,6 % Kohlenstoff oder EN-
GJMB-700-2 mit rund 0,7 % Kohlenstoff die Gefahr der Härterissbildung
durch Ledeburit und Martensit. Die Rücklösung der Temperkohle in die
metallische Grundmatrix kann durch Schweißen mit geringer Strecken-
energie minimiert werden [7-6]. Aufhärtungen durch Martensit können
durch eine Anlassbehandlung bei 600°C bis 700°C beseitigt werden. Bei
der Bildung von Ledeburit muss die vollständige Wärmebehandlung des
Tempergusses wiederholt werden, um zufriedenstellende Eigenschaften in
der WEZ zu erzielen.
7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der Gusswerkstoffe 211

7.4.2.2.2 Entkohlend geglühter Temperguss


Entkohlend geglühter Temperguss ist besser zum Schweißen geeignet als
der nichtentkohlend geglühte Gusswerkstoff. Bei dickwandigeren Bautei-
len sind im Kern des entkohlend geglühten Tempergusses kaum noch Ge-
fügeunterschiede zum perlitischen nichtentkohlend geglühten Temperguss
festzustellen, so dass auch hier mit der Bildung von Martensit- und Lede-
buritphasen gerechnet werden muss. In diesem Fall sind die gleichen
Wärmebehandlungen wie beim nichtentkohlend geglühten Temperguss
vorzunehmen. Erst bei Wanddicken unterhalb 15 mm entsteht kein ledebu-
ritisches Gefüge nach dem Schweißvorgang mehr, so dass ein Glühen nach
erfolgter Schweißung bei 650°C bis 700°C oft ausreicht.

7.4.2.3 Schweißverfahren für Temperguss


Als Schweißverfahren haben sich insbesondere die Lichtbogenverfahren
zur schweißtechnischen Verarbeitung der Tempergusswerkstoffe durchge-
setzt. Bei Konstruktionsschweißungen mit geringer Stückzahl hat sich das
Lichtbogenhandschweißen mit umhüllter Elektrode bewährt, bei größeren
Produktionszahlen wird aufgrund der Automatisierbarkeit das MSG-
Verfahren eingesetzt, wobei sowohl Mischgase als auch reines CO2 als
Schutzgase Verwendung finden. Konstruktionsschweißungen zwischen
schweißbarem Temperguss und Stahl (S 255 oder 17 Mn 5) werden in der
Automobilindustrie mit dem MSG-Verfahren in millionenfacher Auflage
erstellt (z. B. Lenksäule). Für beide Lichtbogenverfahren gilt, dass die ein-
gebrachte Wärme in das Gussstück möglichst klein gehalten werden soll.
Mit Hilfe des Abbrennstumpfschweißens werden in der Automobilin-
dustrie vorwiegend Verbindungen zwischen entkohlend geglühtem Tem-
perguss und Stahlprofilen hergestellt. Schweißverbindungen aus Werkstof-
fen des Typs nichtentkohlend geglühten Temperguss mit Stahl sind mit
diesem Verfahren nicht möglich, da die Schmelzpunkte der beiden Werk-
stoffe zu weit auseinander liegen.
Als weiteres Verfahren für Konstruktionsschweißungen ist das Reib-
schweißen zu nennen, das wegen der guten Automatisierbarkeit vielfältig
zum Schweißen von Guss und von Guss-Stahl-Konstruktionen genutzt
wird.
Im Gegensatz zu den oben aufgeführten Schweißverfahren ist das Gas-
schweißen zum Verbinden von Stahl und Temperguss nur bedingt geeig-
net. Aufgrund der wesentlich höheren Wärmeeinbringung durch dieses
Verfahren ist mit einer ausgedehnten WEZ im Gusswerkstoff zu rechnen,
in der entsprechend schlechte mechanische Eigenschaften erzielt werden.
212 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

7.4.3 Gusseisen mit Kugel- oder Lamellengraphit


Beim Gusseisen mit Kugel- oder Lamellengraphit handelt es sich um Ei-
sen-Kohlenstoff-Legierungen mit C-Gehalten zwischen 2,2 % und 4,5 %,
die aufgrund erhöhter Silicium- und Phosphorzugaben bei langsamer Ab-
kühlung nach dem stabilen System erstarren. Bei schneller Abkühlung
können die Legierungen auch metastabil unter Ausbildung von harten Ge-
fügebestandteilen (Ledeburit) erstarren. Je nach Abkühlgeschwindigkeit
werden die nicht schweißgeeigneten Gusseisensorten „weißes“ (Hartguss)
und „meliertes Gusseisen“ (Schalenhartguss) erzeugt. In der Regel wird
aber eine Grauerstarrung (Grauguss) angestrebt. Nach dem Grundgefüge
und der Form der Kohlenstoffausscheidung sind folgende Gusseisenwerk-
stoffe zu unterscheiden:
− Gusseisen mit Lamellengraphit (DIN EN 1561, z. B. EN-GJL-300),
− Gusseisen mit Kugelgraphit (DIN EN 1563, z. B. EN-GJS-400-15) und
− austenitisches Gusseisen (DIN EN 13835, z. B. EN-GJSA-X NiCr
20-2).

Die mechanischen und physikalischen Eigenschaften des Gusseisens


lassen sich durch Wärmebehandlungen und Legierungszusätze variieren.
Sie werden jedoch im Wesentlichen durch das Gefüge und die Graphit-
form bestimmt. Gegenüber Stahl besitzt Gusseisen eine hohe Dämpfungs-
fähigkeit, Druckfestigkeit, gute Gleiteigenschaft und einen niedrigen E-
Modul. Hauptanwendungsbereiche sind der Maschinenbau (Gehäuse, Ma-
schinenbetten) und der Motorenbau (Laufbuchsen, Zylinderköpfe, Kur-
belwellen). Gute Zähigkeit besitzen Gusseisenwerkstoffe mit Kugelgraphit
und austenitisches Gusseisen, während Gusseisenwerkstoffe mit Lamel-

Bild 7-6. Gefüge von Gusseisen mit Lamellengraphit.


7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der Gusswerkstoffe 213

Bild 7-7. Gefüge von Gusseisen mit Kugelgraphit.

lengraphit aufgrund der inneren Kerbwirkung der lamellaren Graphitform


eher sprödes Verhalten zeigen (Bilder 7-6 und 7-7).

7.4.3.1 Schweißtechnische Verarbeitung


Da die unlegierten Gusseisenwerkstoffe ein sehr schlechtes Verformungs-
vermögen aufweisen (Bruchdehnung etwa 1 % bis 15 %) und zudem beim
schnellen Aufheizen und Abkühlen, wie beim Schweißen ohne Vorwär-
mung üblich, harte spröde Gefüge bilden, werden in der Regel keine Kon-
struktionsschweißungen durchgeführt. Selbst beim Reibschweißen sind
hier Probleme zu erwarten. Schmelzschweißverfahren werden nur unter
großen Schwierigkeiten zur Ausbesserung von Gießfehlern und zur Repa-
ratur gebrochener bzw. verschlissener Gusswerkstücke eingesetzt. Dabei
kommen in der Regel zwei unterschiedliche Arbeitstechniken zum Einsatz,
die nicht nur beim Schweißen von Gusseisenwerkstoffen mit Kugel- oder
Lamellengraphit, sondern auch beim Schweißen von Temperguss verwen-
det werden.

7.4.3.1.1 Gusseisenkaltschweißen
Die Fügestelle muss durch Schleifen, Meißeln, Bohren oder eventuell auch
durch Fugenhobeln sorgfältig präpariert werden. Brennschneiden ist we-
gen der Rissgefahr nicht möglich. Geschweißt wird entweder ohne Vor-
wärmen oder bei gleichbleibenden Arbeitstemperaturen von 200°C bis
300°C. Meist werden artfremde Zusatzwerkstoffe (austenitische CrNi-
bzw. Ni- oder Ni-Basis-Elektroden) bei manuellen Techniken (Stabelekt-
rode, MSG, WIG) und Anwendung der Mehrlagentechnik sowie geringer
Streckenenergie eingesetzt. Entstehende Spannungen werden durch Plasti-
fizieren des zähen und weichen Zusatzwerkstoffes teilweise aufgefangen.
214 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

Ein zusätzliches Warmhämmern der einzelnen Lagenoberflächen (Erzeu-


gen von Druckspannungen!) vermindert die Rissgefahr weiter. Bedingt
durch den Kohlenstoffgehalt und die Wärmeeinwirkung des Schweißpro-
zesses entstehen in der WEZ neben Ledeburit auch vielfach Ni-Fe-
Martensit mit hoher Härte. Zur erneuten Umwandlung des in der WEZ
entstandenen harten Gefüges Ledeburit muss das Gussstück zuerst graphi-
tisiert (z. B. 2 h/ 900°C) und danach spannungsarmgeglüht (6 h/ 700°C/
Luft) werden.

7.4.3.1.2 Gusseisenwarmschweißen
Dabei wird unter Verwendung artgleicher Zusatzwerkstoffe mit wesentlich
höherer Erwärmung (600°C, örtlich bis zu 700°C) vorgegangen. Wegen
des dünnflüssigen Schmelzbades muss die Schweißstelle durch Formkoh-
letrennstücke seitlich begrenzt werden (Bild 7-8).

Bild 7-8. Schmelzbadabsicherung durch Formkohleplatten beim Gusseisenwarm-


schweißen [7-10].

Sowohl das Aufheizen des Schweißbereiches oder des kompletten Guss-


stückes als auch das Abkühlen müssen sehr langsam erfolgen, um geringe
Spannungen im Bauteil sowie eine Grauerstarrung des Gefüges der WEZ
und bei Graugusselektroden (hochsiliciumlegiert) auch des Schweißgutes
zu erreichen. Je nach Werkstückdicke und Abmessung des Bauteiles kann
die Abkühlphase mehrere Stunden betragen.

7.4.3.1.3 Steppnahtschweißen
Das Steppnahtschweißen wird ausführlich anhand von Beispielen in [7-13]
vorgestellt. Diese Schweißtechnik ist im Prinzip dem Gusseisenkalt-
schweißen zuzuordnen, da die Vorwärmtemperatur des Gussstückes um
250°C liegt. Das besondere am Steppnahtschweißen ist die Unterteilung
7.4 Einsatzgebiete und schweißtechnische Verarbeitung der Gusswerkstoffe 215

des Risses in kleinere Segmente mit Hilfe von Steppnähten. Die Vorge-
hensweise beim Steppnahtschweißen soll kurz anhand von Bild 7-9 erklärt
werden:

Bild 7-9. Prinzipielle Darstellung des Steppnahtschweißens mit Einteilung des


Risses in vier Teilbereiche durch das Schweißen der Steppnähte I bis V.

Die angegebene Schweißfolge wird als Pilgerschrittverfahren bezeichnet


(Pfeile 1 bis 8).
Um die Spannungsspitzen vor den Rissenden zu verringern, werden die-
se ausgebohrt und wird die Schweißnaht im Riss und in der Steppnaht ent-
sprechend Bild 7-9 vorbereitet. Die Steppnähte sollten dabei einen Ab-
stand von 25 mm bis 50 mm zueinander haben und die Fugentiefe sollte
maximal dreiviertel der Wanddicke betragen. Nach Vorwärmung auf etwa
250°C werden die Steppnähte in der angegebenen Reihenfolge geschweißt
und nach jeder Lage gehämmert. Im in Bild 7-9 dargestellten Beispiel wird
der Riss in acht Pilgerschritten geschweißt. Auch hierbei ist jede einzelne
Lage zu hämmern. Abschließend erfolgt eine Wärmebehandlung der
Schweißung bzw. des ganzen Gussstückes.

7.4.4 Austenitisches Gusseisen mit Kugel- oder


Lamellengraphit

7.4.4.1 Einsatzgebiete und Schweißeignung


Austenitisches Gusseisen (Ni-Resist-Werkstoffe) ist wegen des hohen Ni-
ckelgehaltes korrosionsbeständig sowie warmfest und tieftemperaturzäh,
so dass sich vielseitige Verwendungsmöglichkeiten auch im Chemieanla-
genbau und für Off-Shore-Konstruktionen ergeben.
Bei austenitischem Gusseisen ist die Härterissgefahr wegen des um-
wandlungsfreien Grundgefüges geringer. Jedoch besteht bei diesen Werk-
stoffen das Risiko zur Heißrissbildung in der Wärmeeinflusszone und
216 7 Schweißen von Gusswerkstoffen auf Eisenbasis

im Schweißgut bei mehrlagigen Verbindungen. Dies ist ebenso wie bei


den hochlegierten austenitischen Stählen auf die Entstehung niedrig-
schmelzender Eutektika (Schwefel, Phosphor) zurückzuführen. Aus
diesem Grund wird der Gehalt von Phosphor und Schwefel auf 0,03 %
bzw. 0,015 % begrenzt. Zusätzlich sind austenitische Gusswerkstoffe mit
Chrom und Mangan legiert, um die Rissempfindlichkeit zu senken.
Die Schweißeignung von austenitischem Gusseisen mit Lamellengraphit
stellt bei geringen Anforderungen an das Gussstück im Allgemeinen keine
größeren Probleme dar. Mit Hilfe des Lichtbogenhandschweißens kann,
unter Verwendung von artfremden Zusatzwerkstoffen (Ni-Fe-Elektroden)
und einer Vorwärmung des Gussstückes zwischen 300°C und 350°C, ein
zufriedenstellendes Schweißergebnis erzielt werden. Wegen der höheren
mechanischen Beanspruchungen des austenitischen Gusseisens mit Kugel-
graphit sind diese Werkstoffe meist schwieriger zu schweißen. Ein Puffern
der Nahtflanken ist oftmals empfehlenswert, um eine Rissbildung zu ver-
meiden. Bei großen Gussstücken mit hohen Eigenspannungszuständen
sind diese im Bereich zwischen 150°C und 600°C vorzuwärmen. Grund-
sätzlich soll bei allen Gussschweißungen mit geringer Wärmeeinbringung
gearbeitet werden, was z. B. durch Verwendung einer Elektrode mit klei-
nem Kernstabdurchmesser erfolgen kann. Nähere Details zum Schweißen
der austenitischen Gusswerkstoffe sind in [7-14] zu finden.
8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium

8.1.1 Einleitung

Bei Aluminium handelt es sich im Vergleich zu Stahl um einen noch rela-


tiv jungen Konstruktionswerkstoff. Noch bis zu Beginn des 19. Jahrhun-
derts war das Metall Aluminium unbekannt. Erst gegen Ende des 19. Jahr-
hunderts wurde es möglich, Aluminium auf elektrolytischem Weg in
größeren Mengen zu erzeugen. Voraussetzung hierfür war die Bereitstel-
lung großer Mengen elektrischer Energie. Als Konstruktionswerkstoff ge-
wann Aluminium an Bedeutung, als mit der Entwicklung des Flugzeug-
baues, der Fahrzeugindustrie und des Bauwesens der Ruf nach leichten
und dabei hochfesten, isotropen Werkstoffen immer lauter wurde.

8.1.2 Aufbau und Eigenschaften von Aluminium

In Tabelle 8-1 sind grundlegende physikalische Eigenschaften von Eisen


und Aluminium gegenübergestellt. Neben dem verschiedenen mechani-
schen Verhalten sind für das Schweißen von Aluminium folgende Unter-
schiede von Bedeutung:

− erheblich geringerer Schmelzpunkt,


− dreimal größere Wärmeleitfähigkeit,
− erheblich geringerer elektrischer Widerstand,
− doppelt so großer Ausdehnungskoeffizient und
− Schmelzpunkt von Al2O3 ist erheblich höher als von Aluminium, bei Ei-
sen schmelzen Metall und Oxide bei etwa gleicher Temperatur.

Auffällig bei Aluminium ist das Vorhandensein nur eines Oxides, wäh-
rend Stahl in verschiedenen Oxidationsstufen vorliegen kann. Al2O3
schmilzt erst bei sehr hohen Temperaturen und bildet sich auf der metal-
lisch blanken Aluminiumoberfläche bei Raumtemperatur selbständig in-
nerhalb kürzester Zeit wieder neu. Einerseits verbessert die recht dünne
218 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Oxidschicht den Korrosionswiderstand des Aluminiums, andererseits ver-


mindert diese elektrisch nicht leitende Schicht die Schweißeignung des
Werkstoffes und sollte vor dem Schweißprozess entfernt werden.

Tabelle 8-1. Vergleich der wichtigsten physikalischen Größen von Aluminium


und Eisen [8-1].

Al Fe
Atommasse g/mol 26,9 55,84
Dichte 3 2,7 7,87
g/cm
Kristallgitter kfz krz
2 3
Elastizitätsmodul N/mm 71 * 10 210 * 103
Rp0,2 N/mm2 10 100
Rm N/mm2 50 200
spezifische Wärmekapazität J/(g * K) 0,88 0,53
Schmelzpunkt °C 660 1539
Wärmeleitfähigkeit W/(cm * K) 2,30 0,75
spezifischer elektrischer Widerstand ȝŸ P 28 bis 29 97
-6
Ausdehnungskoeffizient 1/K 24 * 10 12 * 10-6
Oxide Al2O3 FeO
Fe3O4
Fe2O3
Schmelzpunkt der Oxide °C 2050 1400
1600
(1455)

Bild 8-1 vergleicht die mechanischen Eigenschaften von Stahl mit de-
nen einiger Leichtmetalle. Wesentlichste Vorteile der Leichtmetalle ge-
genüber Stahl zeigen sich hier vor allem im rechten Teilbild. Gleiche Stei-
figkeit zugrunde gelegt, hat der Aluminiumträger zwar den 1,44fachen
Querschnitt des Stahlträgers, dafür aber nur etwa die halbe Masse. Alumi-
niumgerechte Konstruktionen weisen oft einen großen Trägerquerschnitt
auf, um hierdurch ein möglichst großes Flächenträgheitsmoment zu erzie-
len und die resultierende Durchbiegung zu reduzieren.
Mit Ausnahme des Reinstaluminiums werden fast ausschließlich legier-
te Aluminiumwerkstoffe technisch eingesetzt. Wichtigste Legierungsele-
mente sind Kupfer, Silicium, Magnesium, Zink und Mangan. In Spuren
8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium 219

Bild 8-1. Durchbiegung und Gewichte von Kragträgern aus unterschiedlichen


Werkstoffen unter konstanter Belastung [8-1].

können Beryllium, Bor, Natrium und Strontium in Aluminium enthalten


sein. Für Aluminium existiert kein Element, das eine ähnliche Wirkung
wie der Kohlenstoff bei Stahl hat. Im Gegensatz zum Stahl liegt Alumini-
um bei Raumtemperatur im kfz-Gitter vor. Aluminium zeigt keine Git-
terumwandlung, wie dies bei unlegierten und niedriglegierten Stählen zu
beobachten ist. Es ist also mit den umwandlungsfreien Aluminiumwerk-
stoffen nicht möglich, ein Abschreckgefüge wie Martensit zu erzeugen. Im
Spannungs-Dehnungs-Diagramm kann aufgrund der kubisch flächenzent-
rierten Gitterstruktur auch keine ausgeprägte Streckgrenze nachgewiesen
werden, wie sie für das krz-Gitter typisch ist (Bild 8-2).
Da Aluminium während der Abkühlung keine Gitterumwandlung er-
fährt, besteht bei diesem Werkstoff keine Aufhärtungsgefahr in der WEZ.
Dieses Verhalten geht einher mit sehr guten Zähigkeiten, die auch bei ex-
trem tiefen Temperaturen erhalten bleiben. Aluminium wird daher auch
sehr häufig im Tieftemperaturbereich eingesetzt, z. B. für Flüssiggastanks.
Tabelle 8-2 zeigt in einer Übersicht die am häufigsten eingesetzten
Aluminiumlegierungen, deren Einsatzbereiche und die zugehörigen
Schweißzusatzwerkstoffe. Aluminiumwerkstoffe werden oft artgleich ver-
schweißt, jedoch erfolgt häufig ein leichtes Überlegieren des Zusatzwerk
220 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Bild 8-2. Vergleich der Spannungs-Dehnungs-Kurven von Aluminiumlegierungen


und Stahl (schematisch).

Tabelle 8-2. Verwendungszweck und Zusatzwerkstoffe für Aluminiumlegierun-


gen.
Al-Legierung typischer Verwendungszweck Verwendete Zusatzstoffe
Al 99,5 Elektrotechnik 1Al 99,8; 4 AlSi 5
AlCuMg 1 Ingenieur- und Maschienenbau, S-AlMg 4,5 Mn
und Nahrungsmittelindustrie
AlMgSi 0,5 Bauwesen, Elektrotechnik und S-AlMg 3; S-AlMg 5;
Eloxalqualität S-AlMg 4,5 Mn
AlSi 5 Bauwesen und Eloxalqualität S-AlSi 5
AlMg 3 Bauwesen, Apparate-, Fahrzeug-, 2 AlMn; S-AlMg 3;
Schiff-, Ingenieurbau und S-AlMg 5; S-AlMg 4,5 Mn
Möbelindustrie
AlMgMn Apparate-, Geräte-, Fahrzeug-, 2 AlMn; S-AlMg 3;
und Schiffbau S-AlMg 4,5 Mn
AlMn Apparate-, Fahrzeugbau und 2 AlMn; S-AlMg 3;
Lebensmittelindustrie S-AlMg 5
Grundwerkstoff Aluminium,
Prozentsatz der Legierungselemente ohne Faktor.
8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium 221

stoffes, um Abbrandverluste, insbesondere von Magnesium und Zink, zu


kompensieren und somit die mechanischen Eigenschaften des Grundwerk-
stoffes auch in der Schweißnaht zu gewährleisten.

8.1.3 Metallkundliche Mechanismen bei der thermischen und


mechanischen Behandlung von Aluminium

8.1.3.1 Erholung und Rekristallisation


Werden Aluminiumwerkstoffe im kalten Zustand verfestigt, so steigen
Streckgrenze, Zugfestigkeit und Härte an, bei gleichzeitiger Abnahme der
Bruchdehnung und -einschnürung. Die Verfestigung spielt eine besondere
Rolle bei den Aluminium-Knetwerkstoffen. Um bei diesen Werkstoffen
die gute Verformbarkeit wieder zu erlangen, können die Ausgangswerte
durch eine Glühbehandlung teilweise oder vollständig wiederhergestellt
werden. Erfolgt die Glühung oberhalb der Rekristallisationstemperatur, so
findet eine vollständige Entfestigung bis auf den Ausgangszustand statt,
unterhalb dieser Temperaturschwelle ist nur eine Teilentfestigung des
Werkstoffes möglich. Im ersten Fall wird von der Rekristallisation gespro-
chen, im zweiten Fall wird der Vorgang als Erholung bezeichnet.
Bei der Erholung wird ein Festigkeitsabbau durch einen Abbau der Ver-
setzungsdichte im Metall erzielt. Platzwechselvorgänge von Atomen und
Leerstellen führen zu einem Ausheilen der Versetzungen. Die Festigkeit
des Aluminiums nimmt ohne sichtbare Veränderung des Gefüges ab. Im
Gegensatz hierzu ist die Rekristallisation mit einer völligen Neubildung
des Gefüges verbunden. In den Bereichen größter Verformung des Kris-
tallgitters bilden sich aufgrund der thermischen Aktivierung Kristallkeime,
die solange in das verformte Gefüge hineinwachsen, bis sie an Korngren-
zen eines benachbarten Kristallisationskeimes stoßen. Entscheidend für
den Verlauf einer Rekristallisation sind der Grad der eingebrachten Ver-
formung, die Höhe der Rekristallisationstemperatur und die Dauer der
Glühung. Unter gleichen Glühbedingungen gilt, dass mit steigendem Ver-
formungsgrad die Anzahl an Kristallisationskeimen im Kristallgitter zu-
nimmt und damit das neue Gefüge feinkörniger wird.

8.1.3.2 Aushärtung
Eine der wichtigsten Eigenschaft des Aluminiums ist die Aushärtbarkeit
durch gezielte Zugabe von Legierungselementen. Bild 8-3 zeigt die wich-
tigsten Legierungselemente des Aluminiums und ihre möglichen Kom-
binationen. Hieraus resultiert eine grundsätzliche Einteilung der Alumini-
umwerkstoffe in aushärtbare und nicht aushärtbare Al-Legierungen.
222 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Bild 8-3. Einteilung des Aluminiums in aushärtbare und nicht aushärtbare Werk-
stoffe.

Neben den Legierungselementen ist eine gezielte Wärmebehandlung des


Aluminiums wichtig für die Aushärtung des Werkstoffes. Das Aushärten
lässt sich in drei Arbeitsgänge unterteilen, in denen unterschiedliche me-
tallkundliche Mechanismen ablaufen. Der Temperaturverlauf für eine
Wärmebehandlung ist anhand eines binären Systems im Bild 8-4 darge-
stellt:

Bild 8-4. Binäres System eines aushärtbaren Aluminiumwerkstoffes und zugehö-


rige Wärmebehandlung zur Aushärtung [8-2].

1. Durch eine Glühung bei hohen Temperaturen werden die zur Aushär-
tung benötigten Legierungselemente im Aluminiumgitter vollständig ge-
8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium 223

löst. Nach hinreichend langer Glühbehandlung liegt nur noch ein ein-
phasiges Gefüge vor (Bild 8-4, Punkt L). Dieser Vorgang wird auch als
Lösungsglühen bezeichnet und ist durchaus mit dem Lösungsglühen von
Kohlenstoff in hochlegierten austenitischen Cr-Ni-Stählen zu verglei-
chen.
2. Durch schnelles Abkühlen des Aluminiums werden die gelösten Legie-
rungselemente im Al-Gitter eingefroren, d. h., beim Erreichen des Punk-
tes A im Bild 8-4 liegt ein an Legierungselementen übersättigter Misch-
kristall vor (Į). Bei sehr langsamer Abkühlung, d. h. gleichgewichts-
naher Abkühlung, müsste sich entsprechend dem binären System im
Bild 8-4 ein zweiphasiges Gefüge ausbilden (Į+ß). Infolge der sehr
schnellen Abkühlung ist die Bildung der zweiten Phase (ß) jedoch un-
terdrückt, so dass sich der Į-Mischkristall aufgrund seiner Übersätti-
gung im thermodynamischen Ungleichgewicht befindet. Nach [8-2] ist
beim Abschrecken des Werkstoffes auf eine beschleunigte Abkühlung
zwischen Lösungsglühtemperatur und 200°C zu achten, um eine vorzei-
tige Ausscheidung der gelösten Legierungselemente zu vermeiden.
3. Während einer Auslagerung des übersättigten Mischkristalls bei Raum-
temperatur oder auch bei erhöhter Temperatur (Punkt W) erfolgt die
Ausscheidung der zweiten Phase (ß); der Kristall ist durch die Aus-
scheidung bestrebt, das thermodynamische Gleichgewicht zur erreichen.
Die Ausscheidungen haben eine Steigerung der Zugfestigkeit, Streck-
grenze und Härte zur Folge, ohne die Zähigkeitswerte erheblich zu ver-
ringern. Die Bewegung von Versetzungen wird durch Ausscheidungen
bzw. die dadurch erzeugten Spannungsfelder stark behindert, woraus die
Änderungen der oben genannten mechanischen Kennwerte resultieren.
Mit zunehmender Dichte und Feinheit der Ausscheidungen ist ein An-
stieg der mechanischen Kennwerte zu beobachten.

Je nach Höhe der Auslagerungstemperatur werden die Aluminiumwerk-


stoffe in kaltaushärtende und warmaushärtende Werkstoffe unterteilt. Eine
Kaltaushärtung des Aluminiums erfolgt in der Regel bei Raumtemperatur,
hingegen wird von einer Warmaushärtung des Aluminiums bei erhöhten
Temperaturen gesprochen. Die Auslagerungstemperatur hat einen ent-
scheidenden Einfluss auf die Form und die Verteilung der Ausscheidun-
gen. So bilden sich bei einer Kaltauslagerung kohärente Teilchen, deren
chemische Zusammensetzung von der Matrix abweicht, die jedoch annä-
hernd die gleiche Gitterstruktur besitzen (Bild 8-5). Wegen der großen
Ähnlichkeit der beiden Gitterstrukturen ist die zur Keimbildung (der Aus-
scheidung) erforderliche Energie sehr klein, wodurch die Bildung der ko-
härenten Ausscheidungen bei niedrigen Temperaturen verständlich wird.
Mit zunehmender Auslagerungstemperatur sind auch teilkohärente Aus-
scheidungen zu beobachten, die mit einer Grenzfläche der Matrix kohärent
224 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

sind (Bild 8-5). Dabei muss die Struktur der Ausscheidung nicht mit der
Struktur der Matrix übereinstimmen. Aufgrund der größeren Grenzflä-
chenenergie (es ist zusätzlich eine Arbeit für die Bildung einer neuen
Oberfläche aufzubringen), ist die Keimbildungsarbeit bei teilkohärenten
Phasen größer als bei kohärenten Ausscheidungen.

Bild 8-5. Ausscheidungsformen eines übersättigten Aluminium-Mischkristalls.


Aus: Böhm H.: Einführung in die Metallkunde. B.I.-Hochschultaschenbücher.
Band 196. Mannheim 1968, S. 194.

Als letzte Stufe der Ausscheidungen bilden sich bei stark erhöhten
Temperaturen inkohärente Ausscheidungen. Bei diesem Ausscheidungstyp
weicht die Gitterstruktur vollständig von der Struktur der Grundmatrix ab
und erfordert folglich die größte Keimbildungsarbeit (Bild 8-5). Durch
thermische Aktivierung ist es auch möglich, dass bei Raumtemperatur ge-
bildete kohärente Ausscheidungen durch Diffusionsvorgänge in teilkohä-
rente und inkohärente Ausscheidungen umwandeln.
Die Ausscheidungsform hat einen entscheidenden Einfluss auf die me-
chanischen Eigenschaften. Die größte Gitterverspannung und somit die
höchsten Festigkeitswerte sind durch Ausscheidung kohärenter Teilchen
zu erzielen. Bei einer plastischen Verformung des Werkstoffes müssen
sich Versetzungslinien durch das Metallgitter bewegen, wobei die Aus-
scheidungen als Hindernisse fungieren (Bild 8-6). Die Versetzungen kön-
nen diese Hindernisse nur durch ein Schneiden (Kelly und Fine) oder Um-
gehen unter Zurücklassung eines Versetzungsringes (Orowan-Mechanis-
mus) überwinden. Die hierzu benötigte Spannung ist genau dann am
größten, wenn ein Schneiden der Teilchen mit der gleichen Wahrschein-
lichkeit geschieht, wie ein Umgehen, siehe auch Abschnitt 5.4.1.
8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium 225

Der im Bild 8-6 schematisch dargestellte Verformungsmechanismus des


Schneidens ist vorwiegend in Legierungen mit kleinem Teilchenabstand,
wie dies bei den kohärenten Ausscheidungen oft der Fall ist, zu beobach-
ten. Der Orowan-Mechanismus tritt besonders stark bei grob verteilten
Teilchen auf, die überwiegend bei inkohärenter Ausscheidung der Phasen
entstehen.

Bild 8-6. Versetzungsbewegung in ausscheidungshärtenden Legierungen.


a) Schneidmechanismus (nach Kelly und Fine);
b) Orowan-Mechanismus;
c) Streckgrenzenerhöhung durch Schneiden und Umgehen von Ausscheidungen.
Aus: Schulze G., Krafka, H., u. P. Neumann: Schweißtechnik, Werstoffe – Kon-
struieren – Prüfen. Düsseldorf: VDI-Verlag 1992.
226 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Im Bild 8-7 sind die unterschiedlichen Streckgrenzen der Legierung


AlZnMg 1 für eine Kalt- und Warmauslagerung abgebildet. Die Festig-
keitszunahme erfolgt bei einer Warmauslagerung wegen der begünstigten
Diffusion erheblich schneller als bei einer Auslagerung bei Raumtempera-
tur. Jedoch wird bald ein Festigkeitsmaximum erreicht, danach ist ein
deutlicher Festigkeitsabfall bei zu langen Glühzeiten zu erkennen. Dieser
Festigkeitsabfall wird bei der Warmauslagerung als Überalterung bezeich-
net. Die Überalterung ist nur bei einer Warmauslagerung des Al-
Werkstoffes zu beobachten und auf die Zusammenballung der ausgeschie-
denen Teilchen zurückzuführen. Das Zusammenballen der Ausscheidun-
gen wird als Koagulation bezeichnet. Grund für die Koagulation ist die
Verringerung der Teilchenoberfläche bei einem Zusammenschluss vieler
kleiner zu wenigen großen Ausscheidungen. Hierdurch wächst der mittlere
Teilchenabstand Ȝ (siehe Bild 8-6), so dass die Festigkeitswerte bei einer
Überalterung des Al-Werkstoffes wieder abnehmen. Die Koagulation der
Ausscheidungen ist der wichtigste Grund für die eingeschränkte Schweiß-
eignung der aushärtbaren Al-Werkstoffe, da durch die Wärmezufuhr eine
unkontrollierte Erwärmung des Grundwerkstoffes erfolgt und in der WEZ
dieser Werkstoffe eine deutliche Festigkeitsabnahme zu verzeichnen ist.

Bild 8-7. Streckgrenzenerhöhung des aushärtbaren Aluminiumwerkstoffes


AlZnMg 1 bei Warm- und Kaltauslagern [8-2].

Aus Bild 8-7 wird eine weitere Besonderheit des Aushärtungsvorganges


deutlich. Aus dem einphasigen Gefüge wird aufgrund der thermodynami-
schen Instabilität eine zweite Phase ausgeschieden. Damit dieser Vorgang
ablaufen kann, müssen zuerst Keime der zweiten Phase gebildet werden.
8.1 Grundlegende Eigenschaften von Aluminium 227

Bis zum Beginn der Keimbildung ist aber eine gewisse Zeit erforderlich,
die auch als Inkubationszeit bezeichnet wird. Nach Bildung der ersten
Ausscheidungskeime ist ein deutlicher Festigkeitsanstieg des Al-Werk-
stoffes festzustellen.
Die Auslagerungstemperatur beeinflusst zusätzlich Höhe und Lage des
Festigkeitsmaximums. Prinzipiell gilt, dass mit steigenden Auslagerungs-
temperaturen das Festigkeitsmaximum zu geringeren Zeiten verschoben
ist, jedoch die erzielbare Festigkeit mit steigender Temperatur abnimmt.
Hieraus lässt sich ableiten, dass die höchsten Festigkeitswerte bei einer
Kaltaushärtung des Werkstoffes zu erzielen sind, jedoch ist das Maximum
der Festigkeit erst nach sehr langen Auslagerungszeiten zu erreichen. Im
Bild 8-8 ist dieser Sachverhalt nochmals anhand der aushärtbaren Al-
Legierung AlCuSiMn dargestellt. Es ist zu erkennen, dass selbst bei einer
Auslagerungstemperatur von 110°C das Maximum der Streckgrenze erst
nach über einem Jahr (10 4 h) erreicht wird, die erzielte Streckgrenzenerhö-
hung jedoch deutlich über der einer Aushärtung bei 260°C liegt.

Bild 8-8. Einfluss der Auslagerungstemperatur auf den zeitlichen Verlauf der
Aushärtung und erzielbare Festigkeitssteigerung einer AlCuSiMn-Legierung
[8-2].

Bild 8-9 zeigt abschließend noch einmal einen vollständigen Überblick


über die einzelnen Schritte zur Aushärtung von Al-Werkstoffen.
228 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Bild 8-9. Überblick über den Vorgang der Aushärtung von Aluminium [8-2].

8.1.3.3 Kaltverfestigung
Nicht aushärtbare Al-Werkstoffe besitzen in der Regel eine geringe Fes-
tigkeit. Aus diesem Grund wird zur Festigkeitssteigerung eine Kaltumfor-
mung des Werkstoffes vorgenommen (Kaltverfestigung). Dadurch wird
die Versetzungsdichte im Aluminium erhöht, was wiederum zu einem An-
stieg der Streckgrenze, Zugfestigkeit und Härte, aber auch zu einem Ver-
lust an Bruchdehnung und -einschnürung führt. Neben dem Umformgrad
ist das Verfestigungsverhalten von der chemischen Zusammensetzung,
dem Gefügezustand, der Umformgeschwindigkeit und der Umformtempe-
ratur abhängig.
Im Bild 8-10 ist die Auswirkung einer Kaltverformung auf die Festig-
keit von nicht aushärtbaren Al-Werkstoffen dargestellt. Deutlich erkennbar
ist auch der Einfluss der Legierungselemente auf die Festigkeitssteigerung.
Der Effekt der Festigkeitssteigerung durch Zugabe anderer Elemente wird
auch als Mischkristallverfestigung bezeichnet.
8.2 Schweißen von Aluminium 229

Bild 8-10. Kaltverfestigung von Aluminiumwerkstoffen in Abhängigkeit vom


Umformgrad [8-1].

8.2 Schweißen von Aluminium

8.2.1 Einleitung

Das Schweißen der Aluminiumwerkstoffe weist einige Besonderheiten


auf, die aus den besonderen physikalischen Eigenschaften des Aluminiums
resultieren. Häufig werden die physikalischen Eigenschaften denen des
Stahles gegenübergestellt, um daran die Unterschiede bei der schweißtech-
nischen Verarbeitung der beiden Werkstoffe zu erklären. Da Aluminium
vorwiegend mit dem WIG- oder MSG-Verfahren geschweißt wird, sollen
die Probleme, die hierbei auftreten können, in den folgenden Abschnitten
unter besonderer Beachtung dieser beiden Schweißverfahren erläutert wer-
den.

8.2.2 Auswirkungen der Wärmeausdehnung und -ableitung


auf das Schweißergebnis

Die wesentlich höhere Wärmeleitfähigkeit des Aluminiums gegenüber der


von Stahl hat einen entscheidenden Einfluss auf die Ausbildung der Iso-
thermenfelder beim Schweißen (Bild 8-11). In Aluminium ist der Tempe-
raturgradient um die Schweißstelle erheblich kleiner als beim Stahl. Ob-
wohl die Spitzentemperatur beim Aluminiumschweißen rund 900 K tiefer
liegt als beim Stahlschweißen, hat das Isothermenfeld um die Schweißstel-
le eine erheblich größere Ausdehnung. Aus dieser Eigenschaft des Alumi-
230 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

niums folgt, dass trotz seiner tieferen Schmelztemperatur beim Alumini-


umschweißen der gleichen Blechdicke nahezu die gleiche Wärmemenge
wie beim Stahlschweißen eingebracht werden muss [8-3].

Bild 8-11. Isothermenfelder beim Schweißen von Stahl und von Aluminium.

Durch die große thermische Dehnung des Aluminiums und die relativ
große Wärmeeinflusszone kommt es bei paralleler Schweißspalteinstellung
zu einem starken Verzug der verschweißten Teile. Um diesen Verzug zu
minimieren, muss den Teilen vor dem Verschweißen ein entsprechender
Winkel vorgegeben werden. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass bei
Schrumpfungsbehinderung durch eine feste Einspannung der Bleche eine
erhöhte Rissgefahr besteht.

8.2.3 Schweißen von ausgehärteten und kaltverfestigten


Aluminiumlegierungen

Nicht aushärtbare Aluminiumlegierungen werden oftmals kaltverfestigt.


Dabei werden die Werkstoffe je nach Umformgrad in den Anlieferungszu-
stand „weich“, „halbhart“, „dreiviertelhart“ und „hart“ unterteilt. Durch
den Schweißvorgang ist insbesondere bei den stärker verfestigten Güten
mit einer erheblichen Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften zu
rechnen. In den Bereichen hoher Wärmeeinbringung ist bei harten und
8.2 Schweißen von Aluminium 231

dreiviertelharten Aluminiumgüten ein starker Festigkeits- und Härteabfall


zu verzeichnen (Bild 8-12).

Bild 8-12. Härte- und Festigkeitsabfall in der WEZ einer kaltverfestigten Alumi-
niumlegierung.

Infolge der beim Schweißen eingebrachten Wärme wird die Verset-


zungsverfestigung im Bereich der Schweißnaht aufgehoben (Erholung),
darüber hinaus wird in der WEZ eine Kornvergrößerung einsetzen, was
zusätzlich zu einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften
führt. Dies hat zur Folge, dass Streckgrenze und Zugfestigkeit im Bereich
von Schweißnaht und der WEZ stark verringert werden. Die Höhe des Fes-
tigkeitsverlustes ist im Wesentlichen von der gewählten Streckenenergie
und der Anzahl der geschweißten Lagen abhängig. Während sich die Fes-
tigkeit der Schweißnaht durch die Wahl der Legierung des Schweißzusat-
zes beeinflussen lässt, ist der Festigkeitsverlust durch den Schweißvorgang
in der WEZ irreversibel.
Ähnlich den kaltverfestigten Aluminiumlegierungen ist ein Abfall der
Festigkeits- und Härtewerte auch bei den aushärtenden Legierungstypen
festzustellen (Bild 8-13). Als Folge der Schweißwärme kommt es zu einem
Lösungsglühen der Ausscheidungen und somit zu einem Abfall der Festig-
keitswerte im Bereich der Schweißnaht. Handelt es sich bei dem ver-
schweißten Aluminiumwerkstoff um eine warmaushärtende Legierung, so
ist der Festigkeitsabfall nur durch die im Abschnitt 8.1.3.2 beschriebene
Wärmebehandlung wieder aufzuheben.
232 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Bild 8-13. Festigkeit einer geschweißten kaltaushärtenden Aluminiumlegierung


nach verschiedenen Auslagerungszeiten bei Raumtemperatur.

Wesentlich unproblematischer ist das Verschweißen einer kaltaushär-


tenden Legierung. Direkt nach dem Schweißen ist in der WEZ der kaltaus-
härtenden Legierung ein Festigkeitsabfall festzustellen, der Werkstoff här-
tet bei Raumtemperatur selbständig aus. Beim Schweißen muss darauf
geachtet werden, dass beim Abkühlen das Temperaturintervall zwischen
300°C und 200°C schnell durchlaufen wird.
Verweilzeiten länger als 1 min setzen die Fähigkeit des Wiederaushär-
tens bei Raumtemperatur stark herab. Sollten die Verweilzeiten im oben
genannten Temperaturintervall eine Wiederaushärtung des Werkstoffes
verhindern, so kann nur durch eine nochmalige Wärmebehandlung aus Lö-
sungsglühen, Abschrecken und Auslagern die Endfestigkeit des Werkstof-
fes wiederhergestellt werden.

8.2.4 Beeinflussung des Schweißergebnisses durch


die AI-Oxidschicht

Als Folge der hohen Affinität des Aluminiums zum Sauerstoff entsteht an
Luft sehr schnell eine dünne Oxidschicht auf der Werkstückoberfläche.
Das Oxid der Zusammensetzung Al2O3 bildet eine dichte, festhaftende,
elektrisch nicht leitende Schicht, die eine weitere, tiefergehende Oxidation
des Aluminiums verhindert. Der Schmelzpunkt des Oxids liegt bei rund
2050°C und weicht somit erheblich vom Schmelzpunkt der Aluminiumle-
gierungen ab, die in einem Temperaturbereich von 550°C bis 650°C
schmelzen. Beim Schweißen verhindert die Oxidschicht ein Zusammen-
8.2 Schweißen von Aluminium 233

laufen des Schmelzbades, so dass eine unvollständige Bindung zwischen


den Fugenflanken entsteht. Um dies zu vermeiden, werden die Oxidschich-
ten an den Nahtflanken mechanisch oder chemisch entfernt. Eine mechani-
sche Entfernung der Oxidschichten erfolgt beim Schutzgasschweißen am
besten mit Hilfe einer Edelstahlbürste, Feile, o. ä. Beim Gasschweißen
werden vorwiegend Flussmittel zur chemischen Entfernung der Deck-
schicht eingesetzt. Direkt nach der mechanischen Entfernung der Oxid-
schicht bildet sich diese zwar sofort wieder neu, jedoch ist sie zum einen
sehr dünn, und zum anderen besitzt sie über die Länge der Nahtflanke eine
gleichmäßige Dicke.
Als weiterer wichtiger Punkt zur Zerstörung der Oxidschicht ist die rich-
tige Polung der Elektrode oder die Verwendung eines geeigneten Schutz-
gases beim WIG/MSG-Schweißen zu nennen. Durch eine positive Polung
der Elektrode wird die Oxidhaut während des Schweißens zerstört; dieser
Effekt wird auch als kathodischer Reinigungseffekt bezeichnet.

8.2.5 Heißrisse in Aluminiumlegierungen

Aluminiumlegierungen besitzen häufig ein großes Erstarrungsintervall und


sind aus diesem Grund heißrissgefährdet. Durch die Bildung von niedrig-
schmelzenden Korngrenzeneutektika sind die aushärtbaren Aluminiumle-
gierungen am stärksten heißrissgefährdet. Kupfergehalte über 0,3 % erhö-
hen die Heißrissempfindlichkeit, Zirkon senkt hingegen die Rissneigung
stark ab [8-4]. Deswegen müssen diese Werkstoffe mit einem Zusatzwerk-
stoff verschweißt werden, der nicht heißrissempfindlich ist. Dabei muss al-
lerdings in Kauf genommen werden, dass der Zusatzwerkstoff ggf. nicht
aushärtet.
Eine zusätzliche Möglichkeit zur Vermeidung der Heißrisse besteht im
Vorwärmen des Werkstoffes (Bild 8-14). Es ist zu erkennen, dass mit zu-
nehmender Vorwärmtemperatur der Anteil der gerissenen Schweißverbin-
dungen zurückgeht. Das unterschiedliche Verhalten der drei eingetragenen
Legierungen erklärt sich aus dem rechten Teilbild. Hier ist zu erkennen,
dass der Magnesiumgehalt wesentlichen Einfluss auf die Heißrissigkeit
hat. Das Maximum dieser Heißrissanfälligkeit liegt bei rund 1 % Mg (ent-
sprechend Legierung 1). Mit steigendem Magnesiumgehalt nimmt die
Heißrissneigung stark ab (vgl. auch Legierung 2 und 3, linkes Teilbild).
Zur Vermeidung von Heißrissen werden für die unterschiedlichen Le-
gierungen z. T. sehr verschiedene Vorwärmtemperaturen empfohlen.
Zschötge schlug vor, die Vorwärmtemperaturen zu berechnen, indem die
Wärmeableitungsbedingungen der Aluminiumlegierung mit denen eines
unlegierten Kohlenstoffstahls mit 0,2 % C verglichen werden [8-6]. Bild
8-15 zeigt das Ergebnis dieser Berechnung, in der Bildlegende steht die
234 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Bild 8-14. Risshäufigkeit in einer Aluminiumschweißnaht in Abhängigkeit von


der Vorwärmtemperatur [8-5].
Kurve 1: AlMgMn; Kurve 2: AlMg 2,5; Kurve 3: AlMg 3,5.

entsprechende Formel. Diese Ergebnisse sind nur als Näherung zu betrach-


ten, im Einzelfall richtet sich die Vorwärmtemperatur nach den
Herstellerangaben.

745
TVorw = TS − ;
λ Al − Leg

TVorw Vorwärmtemperatur in °C;


TS Temperatur des Schmelzbeginns (Solidustemperatur) in °C;
ȜAl-Leg Wärmeleitfähigkeit in J / (cm * s * K).

Bei kaltaushärtenden Legierungen entstehen Heißrisse häufig in den


Endkratern der Schweißnaht. Nach [8-4] ist dies auf die unterschiedliche
Erstarrungstemperatur von Grundwerkstoff und Oxidhaut zurückzuführen.
Wird mit hohen Lichtbogenspannungen geschweißt, so wird das Schmelz-
bad im Endkrater durch den Lichtbogendruck verdrängt, es entsteht ein tie-
fer Endkrater. Um den tiefen Endkrater aufzufüllen, sind niedrige Lichtbo-
genspannungen erforderlich, die jedoch eine beschleunigte Erstarrung des
Schmelzbades und somit Erstarrungsrisse verursachen. Vor dem Über-
schweißen eines Endkraters sollten die Risse ausgeschliffen werden, da
sonst eine Rissfortpflanzung innerhalb der Schweißnaht möglich ist, die
bis zur völligen Zerstörung des Bauteiles führen kann. Nach [8-4] ist der
Umfang der sich bildenden Endkraterrisse sehr stark von den handwerkli-
chen Fähigkeiten des Schweißers abhängig. Eine vollständige Vermeidung
dieser Risserscheinung ist nicht immer möglich.
8.2 Schweißen von Aluminium 235

Bild 8-15. Richtwerte für das Vorwärmen von Aluminiumlegierungen, bezogen


auf ohne Vorwärmung geschweißten Baustahl [8-5].

8.2.6 Porenbildung beim Schweißen von Aluminium

Eine weitere Problematik des Aluminiumschweißens ist die auftretende


Porosität der Schweißnähte. Sie wird durch das Zusammenwirken ver-
schiedener Besonderheiten von Aluminium hervorgerufen und ist schwie-
rig zu vermeiden.
Die Poren entstehen im Aluminium zumeist durch Wasserstoff, der bei
der Erstarrung aus der Schmelze ausgeschieden wird. Die Löslichkeit von
Wasserstoff im Aluminium ändert sich am Phasenübergang Schmelze-
Kristall sprunghaft, d. h., die Schmelze kann bei gleicher Temperatur im
Vergleich zum sich bildenden Kristall ein Mehrfaches an Wasserstoff lö-
sen (Bild 8-16).
Dies bedeutet, dass es bei der Erstarrung als Folge der Kristallisation zu
einem Wasserstoffüberschuss in der Schmelze kommt. Dieser Überschuss
scheidet sich als Gasblase an der Erstarrungsfront aus. Da Aluminium ei-
nen sehr niedrigen Schmelzpunkt und eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit
aufweist, ist die Erstarrungsgeschwindigkeit relativ hoch, so dass ausge-
triebene Gasblasen oft keine Möglichkeit haben, in der Schmelze bis an
die Oberfläche aufzusteigen. Statt dessen werden die Blasen von der Er-
starrungsfront „überholt“ und verbleiben als Poren in der Schweißnaht.
Dieser Vorgang wird auch als metallurgische Porenbildung bezeichnet.
236 8 Schweißen von Aluminiumwerkstoffen

Besonders groß ist die Gefahr der Porenbildung beim Verschweißen von
Reinaluminium [8-7]. Da Reinaluminium kein Schmelz- bzw. Erstarrungs-
intervall besitzt, besteht für die Poren keine Möglichkeit bis zur Schmelz-
badoberfläche aufzusteigen. Zusätzlich tritt eine Änderung des spezifi-
schen Volumens auf, was die Gefahr der Porenbildung weiter steigert. Die
wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von Poren in Reinaluminium ist ei-
ne ausreichende Vorwärmung des Werkstoffes.

Bild 8-16. Löslichkeit von Wasserstoff in Aluminium [8-8].

Des Weiteren ist zur Vermeidung von Poren grundsätzlich das Wasser-
stoffangebot in der Schmelze zu minimieren. Bild 8-17 zeigt die Wasser-
stoffquellen beim MSG-Schweißen von Aluminium.
Als wesentliche Wasserstoffquellen sind eine falsche Brenneranstellung
zum Werkstück und daraus resultierende Turbulenzen im Schutzgasstrom,
Turbulenzen durch Düsenansätze und wasserstoffhaltige Schweißzusatz-
werkstoffe zu nennen. Öle und Fette auf der Blechoberfläche erhöhen e-
benfalls den Wasserstoffgehalt im Schweißgut und somit die Porenhäufig-
keit. Eine oftmals nicht beachtete Wasserstoffquelle stellt das Schlauch-
paket beim Schutzgasschweißen dar. Die Luftfeuchtigkeit der Um-
gebungsluft kann aufgrund des großen H2O-Partialdruckunterschiedes sehr
leicht in das Schlauchpaket eindringen und von dort mit dem Schutzgas-
strom in den Lichtbogen transportiert werden. Die Aufspaltung des Was-
sers in seine atomaren Bestandteile im Lichtbogen führt zu zahlreichen Po-
ren im Aluminiumschweißgut.
8.2 Schweißen von Aluminium 237

Bild 8-17. Mögliche Wasserstoffquellen beim MSG-Schweißen von Aluminium-


Werkstoffen [8-8].
9 Wärmebehandlung der Stähle
vor dem Schweißen, während des Schweißens
und nach dem Schweißen

9.1 Technische Wärmebehandlung und ihre Ziele

Die Wärmebehandlung von metallischen Werkstoffen wird entsprechend


DIN EN 10052 als ein Vorgang bezeichnet, bei dem durch gezielte Tem-
peratur-Zeit-Folgen ein Gefüge oder eine Eigenschaft eingestellt wird, die
auf den Einsatzzweck abgestimmt ist [9-5]. Dabei können neben der auf-
geprägten Temperatur-Zeit-Folge auch noch physikalische und/oder che-
mische Behandlungen zur Erzielung der geforderten Kennwerte eingesetzt
werden. Da in der o. g. Definition der Wärmebehandlung das Gefüge des
Stahles als entscheidendes Kriterium für die Eigenschaften des Werkstoffs
betrachtet wird, ergeben sich nach [9-2] drei Gruppen von Wärmebehand-
lungen, mit denen das Gefüge im Stahl eingestellt wird:
1. Umwandlungen von Gefügebestandteilen bei denen das Gleichgewicht
oder Ungleichgewicht angestrebt wird,
2. Änderung der geometrischen Anordnung der Gefügebestandteile, d. h.
Korngröße, Form und Anordnung, jedoch nicht der Gefügeart,
3. Abbau von Spannungen im Werkstoff und Veränderung ihrer Vertei-
lung.

Die Temperatur-Zeit-Folgen einer Wärmebehandlung lassen sich wie-


derum in mehrere Teilschritte untergliedern (Bild 9-1).
Prinzipiell lassen sich die im Bild 9-1 eingetragenen Teilschritte unter
den drei Begriffen Erwärmen (auf Solltemperatur), Halten (auf Solltempe-
ratur) und Abkühlen zusammenfassen. Während der Erwärmung treten
Temperaturgradienten zwischen Werkstückoberfläche und -kern auf, deren
Ausmaß im Wesentlichen von der Dicke, der Aufheizgeschwindigkeit und
der Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes bestimmt wird. Aus den Tempera-
turgradienten entstehen wiederum Spannungen, die bei zu hohen Aufheiz-
geschwindigkeiten zur Zerstörung des Bauteiles führen können. Aus die-
sem Grund muss die Aufheizgeschwindigkeit auf die Werkstückdicke und
240 9 Wärmebehandlung der Stähle

den Werkstoff abgestimmt sein, gleiches gilt auch für die Abkühlge-
schwindigkeit (Abkühldauer).

Bild 9-1. Unterteilung der Temperatur-Zeit-Folge von Wärmebehandlungen und


Kennzeichen der wichtigsten Teilschritte nach [9-3].

Bild 9-2 zeigt die Bereiche unterschiedlicher Wärmebehandlungsverfah-


ren im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Hieraus kann entnommen werden,
dass die Glühtemperatur bei der Wärmebehandlung vom Kohlenstoffgehalt
(aber auch von anderen Legierungselementen) abhängig ist. Des weiteren
wird mit steigendem Kohlenstoffgehalt der Beginn der Martensitumwand-
lung (MS-Linie) zu tieferen Temperaturen verschoben, was z. B. für das
Härten der Stähle von großer Bedeutung ist.
Da das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm nur den Temperaturbereich, nicht
aber den Zeitverlauf der Wärmebehandlung erfasst, sind anhand von Bild
9-2 keine Aussagen über die Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten mög-
lich. Deshalb werden in den folgenden Abschnitten die wichtigsten Wär-
mebehandlungsverfahren anhand ihrer typischen Temperatur-Zeit-Ver-
läufe eingehender erklärt und ihre Auswirkungen auf den Werkstoff
dargestellt. Im Besonderen werden Wärmebehandlungsverfahren vorge-
stellt, die für die Schweißtechnik von Bedeutung sind.
9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem Schweißen 241

Bild 9-2. Übersicht über die Wärmebehandlungen und Bereiche der Solltempera-
tur im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm.

9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem


Schweißen

9.2.1 Grobkornglühen
Die gezielte Wärmebehandlung durch das Grobkornglühen ist besonders
für „schmierende“ Stähle mit Kohlenstoffgehalten unter 0,4 % von Interes-
242 9 Wärmebehandlung der Stähle

se. Unter dem „Schmieren“ wird bei der spanenden Bearbeitung das Zu-
setzen der Spanräume und Wegquetschen der Späne verstanden, so dass
das Werkstück eine erheblich verringerte Oberflächengüte aufweist. Die
entstehenden Späne brechen nicht kurz ab, sondern bilden lange Fäden, so
dass eine automatisierte Bearbeitung dieser Werkstoffe nicht möglich ist.
Zusätzlich leiden die Werkzeuge unter erhöhtem Verschleiß, und die Be-
arbeitungsgeschwindigkeit muss gesenkt werden.
Durch Grobkornglühen kann ein grobkörniges Gefüge eingestellt wer-
den, so dass bei der zerspanenden Bearbeitung ein kurzabbrechender Span
entsteht. Aus Bild 9-3 geht hervor, dass es zwei Möglichkeiten zur Erzie-
lung eines groben Gefüges gibt. Zum einen kann die Grobkornglühung bei
Temperaturen über A3 bei längeren Haltezeiten, oder zum anderen bei
Temperaturen weit über A3 bei kurzen Haltezeiten erfolgen. Die zweite
Möglichkeit zur Erzielung eines Grobkorngefüges ist vergleichbar mit der
Wärmebeeinflussung des Grundwerkstoffes durch den Schweißprozess.
Die entstehende WEZ wird entlang der Schmelzlinie sehr schnell auf hohe
Spitzentemperaturen erwärmt, so dass sich in diesem Bereich trotz kurzer
Haltezeiten die Grobkornzone ausbildet. Wie auch schon in den vorherigen
Abschnitten beschrieben, ist ein grobkörniges Gefüge in der Schweißtech-
nik unerwünscht.
Die Temperatur bei der Grobkornglühung ist werkstoffabhängig. So
neigen mikrolegierte Feinkornbaustähle aufgrund der Ausscheidungen an
den Korngrenzen erst ab 1200°C zu einer deutlichen Kornvergröberung.
Die Abkühlung sollte bei Baustählen mit geringen Kohlenstoffgehalten im
Allgemeinen so erfolgen, dass sich hierdurch möglichst viel grobkörniger
Perlit und nur geringe Anteile an Ferrit bilden.

Bild 9-3. Temperatur-Zeit-Verlauf des Grobkornglühens und Lage der Tempera-


turfelder im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm.
9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem Schweißen 243

9.2.2 Normalglühen
Der Vorgang des Normalglühens, auch oft als „Normalisieren“ bezeichnet,
dient der Einstellung eines feinkörnigen ferritisch-perlitischen Gefüges im
Stahl. Das entstehende Gefüge wird auch als „normal“ bezeichnet. Aus
Bild 9-4 geht hervor, dass die Temperaturen beim Normalisieren nur we-
nig über A3 liegen, in der Regel zwischen 30°C und 50°C. Zur Erzielung
eines kleinen Austenitkorns muss eine möglichst hohe Aufheizgeschwin-
digkeit gewählt werden. Die Haltedauer ist abhängig von der Blechdicke
(etwa 1 min je Millimeter Wanddicke) und so einzustellen, dass sich ein
homogener Austenit bildet; zu langes Halten auf Solltemperatur würde das
Austenitkorn vergröbern. Anschließend muss eine schnelle Abkühlung
erfolgen, um einen möglichst feinstreifigen Perlit und ein insgesamt sehr
feinkörniges, normalisiertes Gefüge zu erhalten. In der Regel ist ein Ab-
kühlen an ruhen der Luft ausreichend, bei größeren Wanddicken des Bau-
teiles kann eine Druckluftkühlung oder Wasserdusche erforderlich sein.

Bild 9-4. Abhängigkeit der Normalisierungstemperatur vom Kohlenstoffgehalt


und Temperatur-Zeit-Verlauf beim Normalglühen.

In der Schweißtechnik kann die Normalglühung zur Beseitigung der


WEZ eingesetzt werden. Dabei ist primär die Umwandlung der Grobkorn-
zone in ein feinkörniges Ferrit-Perlit-Gefüge das Ziel. Das Erstarrungsge-
füge der Schweißnaht selbst, welches häufig mit einem Gussgefüge vergli-
chen wird, kann zur Erzielung besserer mechanischer Eigenschaften
ebenfalls normalisiert werden.
244 9 Wärmebehandlung der Stähle

9.2.3 Härten

Um einen Stahl zu härten, wird dieser oberhalb A3 austenitisiert und ho-


mogenisiert (bis zu diesem Zeitpunkt gleicher Temperatur-Zeit-Zyklus wie
beim Normalisieren). Es gilt auch hier, das Austenitkorn so klein wie mög-
lich zu halten. Die nun anschließende Abkühlung erfolgt nicht mehr an
ruhender Luft, sondern in Salz-, Öl-, oder Wasserbädern. Hierdurch wird
der Stahl bis tief unter seine MS-Temperatur abgekühlt, um hierdurch eine
vollständige Martensitumwandlung zu erzielen (Bild 9-5).

Bild 9.5. Schematischer Temperatur-Zeit-Verlauf zum Härten eines Stahles.

Beim Härten eines Stahles stellt die beschleunigte Abkühlung und die
damit verbundene Gefahr der Rissbildung, ausgelöst durch thermische
Spannungen, immer wieder ein Problem dar. Daher gibt es Verfahrensva-
rianten des Härtens, bei denen die thermischen Spannungen infolge gerin-
gerer Abkühlgeschwindigkeiten vermindert sind und trotzdem eine voll-
ständig martensitische Umwandlung stattfindet (Bild 9-6, Kurven 3 und 4).
Technisch wird dies erreicht, indem das Werkstück zuerst in Wasser abge-
schreckt, mit Erreichen einer bestimmten Temperatur dem Wasserbad
entnommen und in ein milderes Abkühlmedium, z. B. Öl, getaucht wird.
Durch längeres Halten bei erhöhter Temperatur werden auch Umwandlun-
gen in der Bainitstufe durchgeführt (Bild 9-6, Kurven 5 und 6).
9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem Schweißen 245

Bild 9-6. ZTU-Schaubild zur Verdeutlichung der Temperatur-Zeit-Verläufe ver-


schiedener Wärmebehandlungen.

Beim Schweißen von Stählen ist im Prinzip der gleiche Vorgang in der
WEZ zu beobachten, wenn dickere Bleche bei niedrigen Temperaturen
geschweißt werden oder bei Elektronenstrahl- bzw. Laserstrahlschweißun-
gen mit ihren schmalen Wärmeeinflusszonen und extrem hohen Tempera-
turgradienten. In diesen Bereichen der Schweißnähte findet dann eine
vollständige Martensitumwandlung statt, die dem hier besprochenen Vor-
ganges des Härtens entspricht. Wie bereits im Abschnitt 5 eingehend er-
klärt, ist die vollständige martensitische Umwandlung in der WEZ beim
Schweißen unerwünscht, da durch das extrem harte martensitische Gefüge
Härterisse entstehen können.

9.2.4 Vergüten

Eine Härtung des Stahles ist mit einer drastischen Abnahme der Zähig-
keitswerte verbunden. Ursache hierfür ist das Entstehen des Martensits, der
zwar hohe Härten, aber verringerte Zähigkeitswerte aufweist. Verbunden
mit der gestiegenen Kaltrissgefahr können vollständig martensitische
246 9 Wärmebehandlung der Stähle

Werkstücke nur in den seltensten Fällen direkt eingesetzt werden. Um die


Zähigkeit des Stahles zu verbessern, erfolgt nach dem Härten eine weitere
Glühung (Anlassen). Die Kombination aus Härten und Anlassen wird als
Vergüten bezeichnet. Das Anlassen des gehärteten Stahls erfolgt bei Tem-
peraturen zwischen 100°C und über 450°C, also deutlich unterhalb A1, und
ist von der Kohlenstoffkonzentration, der chemischen Zusammensetzung
und den gewünschten Endeigenschaften des Stahles abhängig. Im Bild 9-7
ist der vollständige Ablauf einer Vergütung dargestellt. Zusätzlich kann je
nach Stahlsorte die Anlassbehandlung nach dem Härten mehrmals bei
verschiedenen Temperaturen wiederholt werden.

Bild 9-7. Wärmebehandlung zum Vergüten eines Stahles (schematisch).

Das martensitische Gefüge ist thermisch instabil, d. h., der Kohlenstoff


ist im stark verzerren Metallgitter des Martensits eingefroren (übersättigter
Mischkristall). Durch den Anlassvorgang scheidet sich der Kohlenstoff in
Form von Eisenkarbiden unterschiedlicher stöchiometrischer Zusammen-
setzung aus. Hierdurch nehmen Zugfestigkeit, Streckgrenze und Härte des
Martensits ab, Brucheinschnürung, Bruchdehnung und Kerbschlagarbeit
nehmen deutlich zu. Ist das martensitische Gefüge zusätzlich noch sehr
feinkörnig, so besitzt der Stahl in der Regel sehr gute mechanische Eigen-
schaften hinsichtlich Festigkeit und Zähigkeit.
Die Vergütung des Grundwerkstoffes ist vergleichbar mit dem Mehrla-
genschweißen. Entsteht während des Schweißens der ersten Lage ein mar-
tensitisches Gefüge in der WEZ, so wird dieser Bereich durch das Schwei-
ßen der zweiten Lage einer Anlassbehandlung unterzogen. Das Problem in
der Schweißtechnik ergibt sich daraus, dass das martensitische Gefüge in
9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem Schweißen 247

der Grobkornzone der WEZ liegt, so dass auch nach kurzzeitiger Erwär-
mung durch das Schweißen der nächsten Lage ein grobkörniger und sprö-
der Martensit in der WEZ vorliegt.

9.2.5 Spannungsarmglühen

Das Spannungsarmglühen wird bei Temperaturen unterhalb A1 durchge-


führt, gefolgt von einer langsamen Abkühlung des Bauteils mit dem Ziel,
eingebrachte Spannungen durch den Bearbeitungsprozess zu reduzieren.
Bei unlegierten und niedriglegierten Stählen liegt die günstigste Tempera-
tur zum Spannungsarmglühen bei 450°C bis 650°C bei einer Haltedauer
von 1 bis 2 h. Bei Vergütungsstählen muss die Spannungsarmglühtempera-
tur unter der Anlasstemperatur liegen. Der Temperatur-Zeit-Verlauf des
Spannungsarmglühens ist schematisch im Bild 9-8 dargestellt.

Bild 9-8. Temperatur-Zeit-Verlauf beim Spannungsarmglühen.

Innere Spannungen können durch ungleichmäßiges Erwärmen oder Ab-


kühlen eines Bauteiles erzeugt werden, wie dies beim Schweißen der Fall
ist. Aber auch Erstarrungsvorgänge (Schrumpfspannungen), Umwandlun-
gen und Kaltverformungen bewirken einen Aufbau von Eigenspannungen.
Ein Spannungsabbau kann nur erfolgen, wenn den Versetzungen eine
Möglichkeit gegeben wird, sich zu bewegen, was in der Praxis bedeutet,
dass plastische Verformungen im Mikrobereich ablaufen müssen. Beim
Spannungsarmglühen wird sich die Eigenschaft metallischer Werkstoffe
zunutze gemacht, dass ihre Streckgrenzen mit steigenden Temperaturen
248 9 Wärmebehandlung der Stähle

sinken (Warmstreckgrenzen). Da die Streckgrenze des Werkstoffes bei


Raumtemperatur wesentlich höher liegt als bei den üblichen Spannungs-
armglühtemperaturen, werden alle Eigenspannungen, die über der Warm-
streckgrenze des Werkstoffes liegen, durch plastische Deformation abge-
baut. Aus den Vorgängen beim Spannungsabbau geht aber auch hervor,
dass die Spannungen im Bauteil nicht unter das Niveau der Warmstreck-
grenze abfallen können. Beim anschließenden Abkühlen auf Raumtempe-
ratur liegen die Eigenspannungen nur noch auf dem Niveau der Warm-
streckgrenze, aber nur unter der Randbedingung, dass keine neuen
Eigenspannungen durch zu schnelles oder ungleichmäßiges Abkühlen in
das Bauteil eingebracht wurden. Da durch Spannungsarmglühen die Ei-
genspannungen im Bauteil nur reduziert, nicht aber vollständig beseitigt
werden können, ist der früher häufig benutzte Begriff des „Spannungsfrei-
glühens“ inhaltlich falsch und heute auch nicht mehr gebräuchlich.
Beim Spannungsarmglühen muss aber nicht nur der Abkühlgeschwin-
digkeit besondere Beachtung geschenkt werden, sondern auch der Auf-
heizgeschwindigkeit. Je nach Größe des Bauteils dürfen die Aufheiz- und
Abkühlgeschwindigkeiten nur wenige Kelvin je Stunde betragen.

9.2.6 Wasserstoffarmglühen (soaking)

Eines der großen Probleme der Schweißtechnik ist die Gefahr der Kaltriss-
bildung durch Wasserstoff beim Schweißen der unlegierten und niedrigle-
gierten Baustähle. Die Möglichkeiten, die dem Schweißer zur Vermeidung
dieser Risse zur Verfügung stehen, werden eingehender im Abschnitt
10.3.2.2 erläutert.
Eine Möglichkeit besteht in der Nachwärmung der Schweißnaht für ei-
nen von der Nahtdicke abhängigen Zeitraum. Diese Nachwärmung direkt
aus der Schweißwärme heraus wird auch als Wasserstoffarmglühung oder
„soaking“ bezeichnet. Die Glühtemperatur sollte dabei zwischen 250°C
und 350°C betragen und kann abhängig von der Blechdicke bis zu 16 h
dauern. Ziel des „soakens“ ist eine Begünstigung der Wasserstoffentga-
sung (Effusion) aus der Schweißnaht, so dass die Wasserstoffkonzentration
unter einen kritischen Wert sinkt und Kaltrisse vermieden werden können.
Bild 9-9 zeigt ein Diagramm, mit dessen Hilfe es möglich ist, Strecken-
energie, Vorwärmtemperatur und Art der Wärmenachbehandlung zu
bestimmen. Als Beispiel zur Verwendung dieses Diagramms soll hier ein
2
Naxtra 70 (Feinkornbaustahl mit einer Streckgrenze von 690 N/mm ) mit
einer Blechdicke von 20 mm verschweißt werden. Aus Bild 9-9 lassen sich
folgende Werte entnehmen:
− minimale Streckenenergie etwa 6,9 kJ/cm,
− maximale Streckenenergie rund 18 kJ/cm,
9.2 Wärmebehandlung der Stähle vor und nach dem Schweißen 249

− Vorwärmtemperatur etwa 110°C und


− nach dem Schweißen ist eine Wasserstoffarmglühung („soaking“) der
Naht erforderlich.

Bild 9-9. Wärmeführung beim Schweißen von Feinkornbaustählen unter Berück-


sichtigung des Wasserstoffarmglühens.

Stähle, die im schraffierten Bereich des Diagramms liegen, müssen also


nach der Schweißung einer Wasserstoffarmglühung („soaking“) unterzo-
gen werden. Oberhalb dieses Bereiches erfolgt nach Beendigung des
Schweißvorganges eine Spannungsarmglühung die selbstverständlich
ebenfalls mit einer Wasserstoffentgasung verbunden ist, unterhalb des
Bereiches ist keine Wärmebehandlung erforderlich.

9.2.7 Gusseisenwarmschweißen

Das Gusseisenwarmschweißen wurde vom Ablauf schon im Abschnitt 7


erklärt und soll hier wegen seiner Kombination aus Vorwärmung und
Nachwärmung nochmals als Wärmebehandlungsverfahren erwähnt wer-
den. Im Bild 9-10 ist der Temperatur-Zeit-Verlauf für dieses Schweißver-
fahren dargestellt.
250 9 Wärmebehandlung der Stähle

Bild 9-10. Gusseisenwarmschweißen.

Tabelle 9-1. Methoden und Ziele der Wärmebehandlung nach dem Schweißen
[3-1].
Art der Durchführung und Zweck
Wärmebehandlung
Spannungsarmglühen Glühen bei einer temperatur unterhalb des unteren Umwand-
lungspunktes A1, meistens zwischen 600 und 650°C, mit an-
schließendem langsamen Abkühlen zum Abbau innerer Span-
nungen; es erfolgt keine wesentliche Änderung der vorliegenden
Eigenschaften.
Normalglühen Erwärmen auf eine Temperatur nur wenig über dem oberen
(Normalisieren) Umwandlungspunkt A3 (bei übereutektoiden Stählen über dem
unteren Umwandlungspunkt A1) mit anschließendem Abkühlen
in ruhender Atmosphäre.
Härten Abkühlen von einer Temperatur oberhalb des Umwandlungs-
(Abschreckhärten) punktes A3 bzw. A1 mit solcher Geschwindigkeit, dass oberfläch-
lich oder durchgreifend eine erhebliche Härtesteigerung, in der
Regel durch Martensitbildung, eintritt.
Vergüten Wärmebehandlung zum Erzielen hoher Zähigkeit bei bestimmter
Zugfestigkeit durch Härten und anschließendes Anlassen (meis-
tens auf höhere Temperatur).
Lösungs- oder Rasches Abkühlen eines Bauteils. Auch das rasche Abkühlen
Abschreckglühen austenitischer Stähle von hohen Temperaturen (meist über
1000°C), um ein möglichst homogenes Gefüge hoher Zähigkeit
zu erziele, wird als „Abschreckglühen“ bezeichnet.
Anlassen Erwärmen nach vorangegangenem Härten, Kaltverformen oder
Schweißen auf eine Temperatur zwischen Raumtemperatur und
dem unteren Umwandlungspunkt A1; Halten bei dieser Tempera-
tur und nachfolgendes, zweckentsprechendes Abkühlen.
9.3 Wärmebehandlungen in Verbindung mit dem Schweißen 251

Die in diesem Bild aufgeführte Vorwärmtemperatur ist nicht zwingend


für jedes Gussstück erforderlich, sie kann in einem Temperaturbereich von
500°C bis 650 °C in Abhängigkeit von der Größe des Bauteiles schwan-
ken. Die Vorwärmzeit kann mehrere Stunden betragen, da schon beim
Erwärmen thermische Spannungen vermieden werden müssen. Die dem
Schweißvorgang folgende Wiedererwärmung auf 550°C dient einem bes-
seren Temperaturausgleich im Werkstück. Wiederum abhängig von der
Größe des Gussstückes kann sich die Abkühlzeit über mehrere Tage
erstrecken.
Zusammenfassend werden in Tabelle 9-1 nochmals die nach einer
Schweißung möglichen Wärmebehandlungen aufgelistet.

9.3 Wärmebehandlungen in Verbindung mit dem


Schweißen

Viele Werkstoffe sind nur bedingt schweißbar, d. h., sie sind ohne beson-
dere Vorkehrungen nicht fehlerfrei durch ein Schweißverfahren zu verbin-
den. Einerseits führt die eingebrachte Wärme mit anschließender schneller
Abkühlung bei Baustählen oftmals zu Härterissen (Kaltrisse), andererseits
kann zu langsames Abkühlen beim Schweißen unstabilisierter austeniti-
scher Cr-Ni-Stähle zu Korrosionserscheinungen führen. Aus diesen beiden
Beispielen wird deutlich, dass die Art der Wärmeeinbringung den Werk-
stoff schädigen kann. Treten keine irreversiblen Schäden, z. B. Risse in der
Schweißnaht, auf, so ist es durchaus möglich, die gewünschten physikali-
schen und mechanischen Kennwerte durch eine Wärmebehandlung auch
bei weniger schweißgeeigneten Stählen sicherzustellen.
Bild 9-11 gibt einen Überblick über die Wärmebehandlungen in Ver-
bindung mit dem Schweißen. Die beiden Gruppen der Wärmebehandlun-
gen vor und nach dem Schweißen wurden schon im vorherigen Abschnitt
beschrieben, so dass nun eingehendere Erläuterungen zu den das Schwei-
ßen begleitenden Wärmebehandlungen folgen sollen.

9.3.1 Wärmebehandlung des Werkstoffes durch das


Schweißen

Im Gegensatz zu den konventionellen Wärmebehandlungen, bei denen der


Werkstoff einem gezielten Zeit-Temperatur-Verlauf unterworfen wird, um
bestimmte Eigenschaften und Gefüge im Stahl einzustellen, ist das
Schweißen eine eigentlich ungewollte, aber unvermeidbare Wärmebehand-
lung des Werkstoffes. Aus diesem Grund kann das Schweißen durchaus als
eine Wärmebehandlung aufgefasst werden, obwohl hieraus im Allgemei-
252 9 Wärmebehandlung der Stähle

nen eine Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften der Wärme-


einflusszone resultiert.

Bild 9-11. Wärmebehandlungen beim Schweißen

Im Bild 9-12 ist der Temperatur-Zeit-Verlauf des Schweißens mit und


ohne Vorwärmung anhand eines ZTU-Schaubildes schematisch dargestellt.
Ohne Vorwärmung kann sich ein Abkühlungsverlauf im Werkstück ein-
stellen, bei dem sich nur noch das Härtegefüge Martensit bildet (Bild 9-12,
Kurve 1). Durch eine einfache Vorwärmung wird die Abkühlgeschwindig-
keit verringert (Kurve 2), so dass sowohl der Anteil an martensitischem
Gefüge als auch die Härte des Stahles sinkt. Wird das Werkstück während
des Schweißens durch eine weitere Wärmequelle auf Temperaturen ober-
halb gehalten, so kann die Martensitbildung vollständig unterdrückt wer-
den (Kurve 3).
9.3 Wärmebehandlungen in Verbindung mit dem Schweißen 253

Bild 9-12. ZTU-Schaubild für verschiedene Schweißbedingungen [9-4].

9.3.2 Schweißen mit Vorwärmung

Der einfachste Fall einer Wärmebehandlung in Verbindung mit dem


Schweißprozess ist die Vorwärmung. Dabei kann das gesamte Bauteil oder
aber auch nur der Nahtbereich auf die gewünschte Temperatur vorgewärmt
werden.
Der typische Temperatur-Zeit-Verlauf in der WEZ bei einer Vorwär-
mung des Stahles ist im Bild 9-13 dargestellt. Nachdem innerhalb des
Zeitraumes tv das Werkstück auf die Vorwärmtemperatur Tv vorgewärmt
wurde, wird die Wärmequelle entfernt, und das Werkstück beginnt abzu-
kühlen. Die Vorwärmung wird bei Beginn der Schweißarbeiten durch den
254 9 Wärmebehandlung der Stähle

Temperaturpeak des Schweißprozesses überlagert. Der erste eingezeichne-


te Temperaturpeak wandert über die gesamte Schweißnahtlänge, so dass
an jedem Punkt der Schweißnaht die Schmelztemperatur Ts des Werkstof-
fes erreicht. Die durchgezogene Linie im Bild 9-12 entspricht also dem
Temperaturverlauf entlang der Schmelzlinie zwischen Schweißgut und
WEZ. Am Ende der Schweißnaht (mit Beendigung des Schweißvorganges)
beginnt die Abkühlzeit tA.

Bild 9-13. Temperatur-Zeit-Verlauf beim Schweißen mit Vorwärmen [9-4].

Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung kritischer Abkühlgeschwin-


digkeiten ist das Mehrlagenschweißen. Durch ein in rascher Folge durch-
geführtes Mehrlagenschweißen entsteht im Bauteil ein Wärmestau, so dass
die Temperatur in der WEZ ständig mit der Anzahl der geschweißten La-
gen ansteigt (Bild 9-14). Bei dieser Methode des Schweißens ist es beson-
ders wichtig, dass die MS-Temperatur während der Abkühlung der 1. Lage
und dem Schweißen der 2. Lage nicht unterschritten wird. Das Bauteil hat
nach dem Schweißen der 4. Lage soviel Wärme durch den Schweißprozess
aufgenommen, so dass die Temperatur in der WEZ nur langsam sinkt und
die kritische Abkühlgeschwindigkeit nicht erreicht wird.
9.3 Wärmebehandlungen in Verbindung mit dem Schweißen 255

Bild 9-14. Anstieg der Temperatur in der WEZ durch die Wärmeeinbringung des
Mehrlagenschweißens [9-4]

Besonders günstig wirkt sich beim Mehrlagenschweißen das Über-


schweißen der unteren Lagen aus. Jede weitere Lage erwärmt die vorheri-
ge über die Rekristallisationstemperatur und ermöglicht somit eine
Umkristallisation von Schweißnaht und WEZ. Die in der Grobkornzone
besonders schlechten Zähigkeitseigenschaften treten daher nur beim
Schweißen der letzten Lage auf. Zum Erzielen optimaler Gütewerte in
Mehrlagenschweißungen wird die Schweißung daher nicht wie im Bild
9-14 dargestellt durchgeführt. Da in der Regel für das Schweißen eines
Stahles für alle Lagen die gleichen Abkühlbedingungen vorliegen sollten
und die t8/5-Zeiten eingehalten werden müssen, kann mit dem Schweißen
der nächsten Lage erst wieder bei Erreichen der geforderten Zwischenla-
gentemperatur begonnen werden. Zusätzlich wird hierdurch eine zu starke
Aufheizung des Werkstoffes vermieden, was z. B. eine übermäßige Erwei-
chung oder Ausdehnung der WEZ zur Folge haben könnte.
256 9 Wärmebehandlung der Stähle

9.3.3 Isothermes Schweißen

Um bei einlagigen, insbesondere aber bei mehrlagigen Schweißungen


konstante Bedingungen zu haben, ist ein Schweißen bei konstanter Ar-
beitstemperatur (Vorwärmtemperatur, Zwischenlagentemperatur) erforder-
lich.
Die im Bild 9-15 eingezeichnete Arbeitstemperatur Tv = TA kann unter-
halb oder oberhalb der MS-Temperatur liegen. Der entscheidende Unter-
schied zwischen dem Schweißen bei konstanter Arbeitstemperatur und
dem isothermen Schweißen liegt darin, dass im ersten Fall die Arbeitstem-
peratur unter der MS-Temperatur liegen darf, im zweiten Fall aber zwin-
gend über der MS-Temperatur liegen muss. Besonders wichtig beim iso-
thermen Schweißen ist die Haltezeit der Arbeitstemperatur. Sie ist solange
über der MS-Temperatur zu halten, bis die Umwandlung der austenitisier-
ten Gefügebereiche abgeschlossen und somit eine Martensitbildung voll-
ständig unterdrückt ist. Die Umwandlung sollte dabei in der Bainit- oder
auch in der Perlit-Stufe erfolgen und dem Kurvenverlauf 3 im Bild 9-12
entsprechen.

Bild 9-15. Schweißen mit Vorwärmung und Halten auf Arbeitstemperatur (iso-
thermes Schweißen) [9-4].

9.3.4 Stufenhärtungsschweißen

Das Stufenhärtungsschweißen bietet sich zur schweißtechnischen Verar-


beitung von umwandlungsträgen Werkstoffen an. Dabei wird die Um-
9.3 Wärmebehandlungen in Verbindung mit dem Schweißen 257

wandlungsträgheit ausgenutzt, die der Austenit oftmals in einem Tempera-


turbereich zwischen der Perlit- und Bainitstufe besitzt. Diese sehr um-
wandlungsträgen Stähle sind meist Werkzeugstähle, die schon an ruhender
Luft härten und deswegen auch als Lufthärter bezeichnet werden.
Das Stufenhärtungsschweißen wird je nach Aufwand der Wärmebe-
handlung in das einfache, reine und modifizierte Stufenhärtungsschweißen
eingeteilt. Im Bild 9-16 ist der Temperatur-Zeit-Verlauf für das aufwen-
digste der drei Wärmebehandlungsverfahren, das modifizierte Stufenhär-
tungsschweißen, abgebildet.

Bild 9-16. Modifiziertes Stufenhärtungsschweißen [9-4].

Beim modifizierten Stufenhärtungsschweißen wird der Werkstoff auf


Härtungstemperatur THä erwärmt und anschließend auf Stufenhärtungs-
temperatur TSt abgekühlt. Auf Stufenhärtungstemperatur liegt wegen der
Umwandlungsträgheit des Stahles ein austenitisches Gefüge vor, das auch
während des Schweißvorganges im austenitischen Zustand verbleibt. Nach
dem Schweißen erfolgt wiederum eine Erwärmung auf Härtetemperatur
mit anschließendem Abschrecken und Anlassen. Beim reinen Stufenhär-
tungsschweißen wird nach dem gleichen Temperatur-Zeit-Verlauf ge-
schweißt, jedoch folgt hierbei dem Schweißen keine Wiedererwärmung
auf Härtetemperatur, sondern direkt ein Abschrecken und Anlassen. Beim
einfachen Stufenhärtungsschweißen unterliegt der Werkstoff keiner Wär-
mebehandlung mehr und wird direkt nach dem Schweißen abgekühlt.
10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

10.1 Einleitung

Wie bei anderen Fertigungsverfahren kann auch beim Schweißen eine


Vielzahl von Fehlern auftreten. Die Ursachen hierfür sind häufig unsach-
gemäße Schweißnahtvorbereitung, falsche Auswahl der Zusatzwerkstoffe,
Nichtbeachtung des Werkstoffverhaltens während des Schweißens, fehler-
hafte Ausführung oder nicht vorhergesehener Einsatz des Bauteiles im
späteren Betrieb.
In DIN 8524 werden nahezu alle Ausbildungsformen von Fehlern an
Schmelz- bzw. Pressschweißverbindungen aufgeführt. In dieser Norm fin-
den Art, Geometrie und Lage der Fehler Berücksichtigung, unberücksich-
tigt bleiben ihre Entstehungsursachen. Neben der sicheren Identifikation
eines Fehlers ist die Kenntnis der Fehlerursachen zur Fehlervermeidung
von entscheidender Bedeutung. Deswegen sollen im Folgenden die primä-
ren Schadensursachen eingehender erläutert werden.

10.2 Fehler durch unsachgemäße Fertigung

Die meisten Schweißfehler sind auf eine unsachgemäße Fertigung zurück-


zuführen, die zum Teil schon vor dem eigentlichen Schweißvorgang liegt.
Hierzu gehören Ungenauigkeiten bei der Nahtvorbereitung unzureichende
Säuberung der Fügeteile oder die nicht fachgerechte Ausführung der
Schweißnaht. Je nach ihrer Lage relativ zur Nahtoberfläche lassen sich
„innere“ und „äußere“ Fehler unterscheiden.

10.2.1 Äußere Nahtfehler

10.2.1.1 Schweißspritzer und Zündstellen


Als Schweißspritzer werden meist kugelige, kleine Anschmelzstellen auf
der Werkstückoberfläche oder der Schweißnaht bezeichnet, welche von
Metalltröpfchen herrühren, die aus dem Schmelzbad heraus- oder vom
flüssigen Elektrodenende weggeschleudert werden (Bild 10-1). Ihre
260 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Bild 10-1. Schweißspritzer, verursacht an einer Schutzgas-Doppeldraht-


Schweißung aus S 235.

Entstehung wird in erster Linie durch die Wahl des falschen Verfahrens,
des falschen Schweißzusatzes, des falschen Gases, falscher Schweiß-
parameter, wie z. B. eines zu langem Lichtbogen beim MSG- und E-Hand-
schweißen, oder magnetischer Blaswirkung begünstigt.
Eine nahezu vollständige Vermeidung von Schweißspritzern ist heute
durch die Anwendung der automatisierten Impulslichtbogen- oder Sprüh-
lichtbogentechnik beim MSG-Schweißen möglich.
Im Allgemeinen werden Schweißspritzer als unschädlich angesehen,
sollten jedoch aus Kostengründen -Nacharbeit der Werkstückoberfläche,
Beschädigung und Reinigung der Schutzgasdüse- vermieden werden,
Schweißspritzer können im Einzelfall die Nahtqualität mindern, wenn sie
zu örtlichen Gefüge- und Spannungsänderungen (z. B. Härtespitzen bei
Feinkornbaustählen) oder zu Eigenschaftsänderungen (z. B. Verminderung
der Korrosionsbeständigkeit bei Cr-Ni-Stählen) führen.
Die oben genannten negativen Auswirkungen durch Schweißspritzer
gelten auch für Zündstellen außerhalb der Naht, die durch ein Kontaktieren
der Elektrode mit der Werkstückoberfläche oder durch Lichtbogenüber-
schläge aufgrund eines unzureichend kontaktierten Masseanschlusses ent-
stehen. Durch Zündstellen außerhalb der Schweißnaht können hohe Auf-
härtungen verursacht werden, die insbesondere bei hochfesten Feinkorn-
baustählen Ausgangspunkte für Härterisse sein können. Eine Vermeidung
dieser Fehler ist nur durch die Beherrschung und korrekte Anwendung des
Schweißverfahrens möglich.
DIN EN ISO 5817 (früher DIN 8563) nennt die Mindestanforderungen
und Bewertungsgruppen zur Beurteilung der inneren und äußeren
Schweißnahtqualität [10-22]. Danach sind Schweißspritzer und Zündstel-
len außerhalb der Naht unzulässig, wenn Werkstoffschädigungen zu erwar-
ten sind. Sie müssen für die Bewertungsgruppen AS und BS (S = Stumpf-
naht) bzw. AK und BK (K = Kehlnaht) durch Schleifen entfernt werden.

10.2.1.2 Einbrand- und Randkerben


Unter Einbrand- und Randkerben werden rinnenförmige, oft schlackege-
füllte Vertiefungen am Übergang zwischen angeschmolzenem Grundwerk-
10.2 Fehler durch unsachgemäße Fertigung 261

stoff und Schweißgut verstanden (Bild 10-2). Zu hohe Schweißspannung,


falsche Anstellung der Elektroden oder überhöhte Schweißgeschwindig-
keiten sind die häufigsten Ursachen für die Entstehung von Kerben. Bei
dynamischer Beanspruchung der Naht wird durch diese Fehler infolge
Querschnittsminderung und Kerbwirkung das Auftreten von Rissen und
das Versagen des Bauteils begünstigt.
Aus diesem Grund sind Kerben bei hohen Nahtgüteanforderungen unzu-
lässig oder nur örtlich begrenzt mit geringer Tiefe (< 0,5 mm) tolerierbar.
Entspricht die Naht nicht der geforderten Güte, so müssen die betreffenden
Stellen ausgeschliffen und nachgeschweißt werden.
Kerben lassen sich nur durch fachgerechte Handhabung der Schweiß-
verfahren und eine sorgfältige Nahtvorbereitung vermeiden.

Bild 10-2. Einbrandkerben an einem T-Stoß, UP-Doppeldraht-Schweißung,


Grundwerkstoff S 235.

10.2.1.3 Andere Nahtformfehler


Für äußere Fehler, wie Nahtüberhöhung, Decklagenunterwölbung, Wur-
zeldurchhang oder -rückfall, Kantenversatz und offene Nahtendkrater,
werden in DIN EN ISO 5817 ebenfalls Grenzwerte in Abhängigkeit von
Nahtbreite und Blechdicke genannt, die eine Einordnung in die verschie-
denen Bewertungsgruppen ermöglichen. Eine nicht durchgeschweißte
Wurzel ist in den meisten Fällen unzulässig. Die Sicherheit des geschweiß-
ten Bauteiles wird hierbei insbesondere durch Kerbwirkung und Quer-
schnittsminderung der Schweißnaht gefährdet. Des weiteren ist bei Kon-
takt mit korrosiven Medien eine erhöhte Anfälligkeit gegen Spaltkorrosion
gegeben. Aus diesen Gründen sollten Schweißnähte generell in der Lage-
Gegenlage-Technik verschweißt werden.
262 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

10.2.2 Innere Nahtfehler

Während äußere Nahtfehler schon bei einer Sichtkontrolle auffallen und


relativ leicht auszubessern sind, können innere Nahtdefekte nur mit den im
Abschnitt 11 beschriebenen Prüfverfahren (Ultraschall-, Magnetpulver-,
Röntgenprüfung usw.) erkannt werden.

10.2.2.1 Bindefehler und unverschweißte Stellen


Bindefehler sind unverschweißte Stellen, häufig auch als „Kaltstellen“
bezeichnet, zwischen Grundwerkstoff und Schweißgut oder zwischen ein-
zelnen Schweißlagen (Bild 10-3).
Je nach Lage in der Naht ist zwischen Flanken-, Wurzel- und Lagenbin-
defehlern zu unterscheiden. Dieser rein fertigungsbedingte Fehlertyp zählt
nach den Rissen zu den gefährlichsten Nahtdefekten, weil er nicht nur die
statische und dynamische Festigkeit von Schweißverbindungen stark ver-
ringert, sondern wegen seiner geringen volumenmäßigen Ausdehnung und
Lage in der Naht bei Durchstrahlungs- oder Ultraschallprüfungen meist
nur schwer zu identifizieren ist.

Bild 10-3. Bindefehler zwischen dem Schweißgut und dem Grundwerkstoff an


einem Stahl X 8 Ni 9.

Bindefehler werden häufig durch das Überschweißen von Schlackenres-


ten oder ein vorlaufendes Schmelzbad verursacht. Eine zu hohe Stromstär-
ke, d. h. zu hohe Streckenenergie, erhöht die Gefahr des Schmelzbadvor-
laufes, so dass der Lichtbogen nur auf dem Schmelzbad, nicht aber auf
dem Grundwerkstoff brennt. Da die Nahtflanken von der vorlaufenden
Schmelze nicht mehr sicher aufgeschmolzen werden, können an solchen
10.2 Fehler durch unsachgemäße Fertigung 263

Stellen Bindefehler entstehen. Diese Art der Fehlerentstehung ist oftmals


bei nicht fachgerechter Anwendung des MSG-Schweißens zu beobachten.
Aber auch bei einer zu geringen Streckenenergie, also zu hoher Schweiß-
geschwindigkeit können Bindefehler wegen unzureichender Aufschmel-
zung des Grundwerkstoffes auftreten. Des weiteren führen magnetische
Blaswirkung, Zunder- und Oxidschichten auf der Fugenflanke häufig zu
Bindefehlern.
Für die Vermeidung solcher Fehler ist neben der sorgfältigen Fügeteil-
vorbereitung und -reinigung die Handfertigkeit des Schweißers entschei-
dend, der ein Gefühl für die richtige Wahl der Stromstärke und der
Schweißgeschwindigkeit besitzen muss.

10.2.2.2 Schlacken- und andere Feststoffeinschlüsse


Schlackeneinschlüsse sind nichtmetallische Feststoffeinschlüsse im
Schweißgut, die sich trotz ihrer geringen Dichte nicht auf der Nahtoberflä-
che ablagern konnten (Bild 10-4).
Nach Form und Verteilung der Schlackeneinschlüsse wird dabei zwi-
schen Einzelschlacken, Schlackenzeilen und Schlackennestern unterschie-
den. Schlacken entstehen beim Aufschmelzen der Umhüllung von Stab-
elektroden und des Pulvers beim UP-Schweißen, aber auch beim Metall-
Schutzgasschweißen durch metallurgische Reaktionen innerhalb des flüs-
sigen Schmelzbades.
Gegenmaßnahmen müssen bereits bei der Blech- bzw. Nahtvorbereitung
ansetzen, denn durch eine dicke Walzhaut des Grundbleches, Rost, Fett
usw. kann Schlacke in die Naht gelangen. Saubere und glatte Kanten der
Schweißfuge sind deshalb erste Voraussetzungen für eine schlackenfreie
Schweißnaht.

Bild 10-4. Schlackeneinschlüsse im Schweißgut einer Lichtbogenhandschweißung


mit einer rutilumhüllten Elektrode, Grundwerkstoff Stahl S 460 NL.
264 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Aber auch während des Schweißens kann durch falsche Elektrodenhal-


tung, Pendelung, Blaswirkung und Verwendung von Elektroden zu großen
Durchmessers Schlacke vorlaufen und nach einer Überschweißung zu Ein-
schlüssen führen. Diese Erscheinung kann noch begünstigt werden, wenn
das Schweißgut infolge zu geringer Stromstärke nicht dünnflüssig genug
ist. Besonders bei Mehrlagenschweißungen muss die Schlackenschicht der
darunter liegenden Naht sorgfältig entfernt werden. Dabei ist vor allem
darauf zu achten, ob sich durch Einbrandkerben oder zu starke Nahtüber-
wölbung seitlich der Naht Schlackentaschen gebildet haben, die später
leicht überschweißt werden. Bei geringen Schlackenmengen kann jedoch
davon ausgegangen werden, dass diese durch die nachfolgende Schwei-
ßung aufgeschmolzen und an die Oberfläche geschwemmt werden.
Andere Feststoffeinschlüsse meist metallischer Art, wie Wolfram beim
WIG-Schweißen oder Kupfer beim MSG-Schweißen, sind auf unsachge-
mäße Handhabung von Elektrode oder Brenner zurückzuführen. Feststoff-
einschlüsse sind nur bei vereinzeltem Auftreten nach den Bewertungs-
gruppen B und C nach DIN EN ISO 5817 zulässig. Bei korrosiver Be-
triebsbeanspruchung müssen sie, abhängig von ihrer Größe, Lage und
Verteilung im Verhältnis zur Blechdicke, ausgeschliffen werden.

10.2.2.3 Mechanische Porenbildung


Nach dem Bildungsmechanismus im Schweißgut werden mechanische und
metallurgische Poren unterschieden. Letztere entstehen durch die unter-
schiedliche Löslichkeit von Gasen in Metallen in der festen und der flüss i-
gen Phase. Sie werden als werkstoffverursacht eingestuft und in dem ent-
sprechenden Abschnitt behandelt.
Bei der mechanischen Porenbildung werden infolge der Schweißwärme
expandierende Gase von der schnell erstarrenden Schmelze eingeschlos-
sen. Die hieraus entstehenden Poren treten als einzelne Kugel- oder
Schlauchporen, als Porennester, -zeilen und -ketten in Erscheinung und
werden entsprechend ihrer Größe, Ausdehnung und Verteilung nach DIN
EN ISO 5817 unterschiedlich bewertet.
Ursache für die mechanische Porenbildung kann das Überschweißen
von luftgefüllten Hohlräumen, z. B. beim Doppelkehlnahtanschluss von
Stegen, oder von Kondenswasser, Fetten, Ölen und anderen Verunreini-
gungen auf der Fügefläche sein. Häufig sind Fertigungsbeschichtungen der
Werkstückoberfläche, wie Anstriche oder Zinküberzüge, Ursache für die
Porenbildung (Bild 10-5).
Besonders bei Schutzgasschweißungen können durch Gasturbulenzen
oder Injektorwirkung Luftporen in das Schweißgut eingebracht werden
(Bild 10-6). Diese Poren lassen sich nur durch eine korrekte Schutzgas-
strömung, Brenneranstellung und Schutzgasmenge vermeiden.
10.2 Fehler durch unsachgemäße Fertigung 265

Bild 10-5. Mechanische Porenbildung beim MSG-Schweißen verzinkter Karosse-


riebleche im Überlappstoß.

Im Allgemeinen gilt, dass durch die Schaffung besserer Entgasungs-


möglichkeiten, eine leichte Erhöhung der Schmelzbadtemperatur oder die
Entfernung von Oberflächenverunreinigungen und Deckschichten die Ge-
fahr der mechanischen Porenbildung stark verringert wird. Unter Umstän-
den muss auch eine andere Nahtform gewählt werden, z. B. Stumpfnaht
statt Überlappnaht. Eine ernstzunehmende Fehlerquelle bei porenempfind-
lichen Werkstoffen sind auch die in Schleifriefen eingepressten Partikeln
kunstharzgebundener Schleifscheiben.

Bild 10-6 Mechanische und metallurgische Porenbildung beim MSG-Schweißen.


266 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler

Werkstofftrennungen im Schweißgut oder in der Wärmeeinflusszone einer


Schweißverbindung werden durch die Eigenschaften des Werkstoffes, des
Zusatzmaterials und die Einwirkung von Schweißwärme und Spannungen
erzeugt. Darüber hinaus spielen Fertigungsaspekte, wie Sauberkeit der
Fügestelle oder Beachtung der Verarbeitungsrichtlinien, bei der Entste-
hung einiger Fehlerarten eine wichtige Rolle.

Tabelle 10-1. Einteilung werkstoffbedingter Schweißnahtfehler [10-2].


10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 267

Tabelle 10-1. (Fortsetzung)

In Tabelle 10-1 sind die wichtigsten Schweißnahtfehler, die primär


werkstoffverursacht sind, mit ihren wichtigsten Unterscheidungskriterien
zusammengefasst. Bild 10-7 zeigt die für diese Risse typischen Entste-
hungstemperaturen und -zeiten.

10.3.1 Heißrisse

Als Heißrisse werden interkristallin oder interdendritisch verlaufende


Werkstofftrennungen bezeichnet, die in einem Erstarrungsintervall zwi-
schen Solidus- und Liquidustemperatur entstehen. Nach ihrer Entste-
hungsursache wird zwischen den Erstarrungs- und den Aufschmelzungs-
rissen unterschieden.
268 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Bild 10-7. Entstehungstemperaturen und -zeiten von Rissen.

10.3.1.1 Erstarrungsrisse
Der Mechanismus der Erstarrungsrissbildung ist schematisch im Bild 10-8
wiedergegeben: Während der Erstarrung des Schweißgutes wird vor der
Kristallisationsfront eine Restschmelze hergeschoben, die sich mit Be-
gleitelementen stark angereichert hat und eine niedrigere Erstarrungstem-
peratur als die Dendriten aufweist. Gegen Ende des Erstarrungsvorganges
können Risse auftreten, weil die zwischen den Dendriten eingeschlossene
Restschmelze die auch bei diesen Temperaturen schon auftretenden
Schrumpfkräfte der Dendritenstruktur nicht aufnehmen kann.
Die Entstehung der niedrigschmelzenden Phase zwischen den Dendriten
soll mit Hilfe des Bildes 10-9 erläutert werden. Im einfachsten Fall eines
Zweistoffsystems A-B (binäres System) werden die Bedingungen einer
gleichgewichtsnahen und einer technischen Erstarrung dargestellt. Für die
technische Erstarrung soll die Annahme gelten, dass in der Schmelze vor
der Erstarrungsfront ein vollständiger Konzentrationsausgleich erfolgt, im
Kristall dagegen keine Diffusion stattfindet.
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 269

Bild 10-8. Entstehung eines Erstarrungsrisses [10-3].

Bild 10-9. Unterschied zwischen der gleichgewichtsnahen und der technischen


Abkühlung bei der Entstehung von Heißrissen.

Bei der Abkühlung einer Schmelze der Zusammensetzung C0 erfolgt


beim Erreichen der Liquiduslinie die Erstarrung eines Kristalls (C1), des-
sen Konzentration auf der Soliduslinie abgelesen werden kann. Im Verlauf
der folgenden technischen Erstarrung reichert sich die Restschmelze ent-
sprechend der Liquiduslinie mit Legierungselementen an. Da nach der o. g.
Voraussetzung keine Legierungselemente in die zuerst erstarrten Bereiche
nachdiffundieren, reichern sich die Kristalle erheblich langsamer mit Le-
gierungselementen (Linie T) an als bei einer gleichgewichtsnahen Erstar-
rung des binären Systems (Linie S). Als Folge davon läuft die Konzentra-
270 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

tion der Schmelze über die maximale Gleichgewichtskonzentration (C5)


hinaus, so dass sich am Ende der Erstarrung ein sehr stark B-an-
gereicherter Kristall bildet, dessen Schmelzpunkt gegenüber dem zuerst
erstarrten Kristall stark abgesenkt ist. Diese Konzentrationsunterschiede
zwischen den zuerst und den zuletzt erstarrten Kristallen werden Seigerun-
gen genannt. Dieses Modell der Seigerungsbildung ist stark vereinfacht,
um den Mechanismus der Heißrissbildung zu verdeutlichen.
Im Allgemeinen gilt, dass Werkstoffe mit einem großen Erstarrungsin-
tervall zwischen Liquidus- und Solidustemperatur sowie hohen Phosphor-
und Schwefelgehalten oder geringer Zähigkeit bei hohen Temperaturen zu
Heißrissen neigen.
Erstarrungsrisse lassen sich vorzugsweise anhand eines metallographi-
schen Schliffes identifizieren (Bild 10-10). Es ist deutlich zu erkennen,
dass der Riss an der Dendritenstoßfront, also genau in Nahtmitte, verläuft.
Als Rissursachen kommen hierbei die insgesamt ungünstige, weil tonnen-
förmige Nahtausbildung und die ausgeprägte dendritische Erstarrung der
Elektroschlackeschweißung in Frage.
Eine bessere Abgrenzung von Erstarrungsrissen zu Kaltrissen und Lun-
kern bietet eine Untersuchung mit dem Rasterelektronenmikroskop. Die
Bruchfläche eines Erstarrungsrisses in einem austenitischen Schweißgut ist
an den unterschiedlich orientierten Dendritenpaketen zu erkennen. Bei
höherer Vergrößerung zeigt sich an den abgerundeten Dendritenspitzen,
dass die Oberfläche nach dem Aufreißen im schmelzflüssigen Zustand frei
erstarrt ist (Bild 10-11). Die heißrissverursachenden Phasen auf der Bruch-
fläche können mit der Elektronenstrahlmikroanalyse bestimmt werden.
Erstarrungsrisse lassen sich am ehesten durch metallurgische Maßnahmen
bei der Werkstoffherstellung vermeiden, z. B. durch Verringerung des
Kohlenstoff-, Schwefel- und Phosphorgehaltes. Beim Schweißen wirken
sich eine Vorwärmung der Bauteile und kleine, flache Schweißbäder bei

Bild 10-10. Erstarrungsriss in einer RES-Schnellschweißung mit deutlich erkenn-


barere Erstarrungsrichtung zum Zentrum der Schweißnaht.
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 271

Bild 10-11. Frei erstarrte Dendriten an der Oberfläche eines Erstarrungsrisses.

Anwendung der Mehrlagentechnik günstig aus. Dabei werden zum einen


geringere Eigenspannungen aufgebaut, und zum anderen wird eine ausge-
prägte dendritische Erstarrung des Schmelzbades vermieden.
Hochlegierte austenitische Stähle neigen häufig bei primär austeniti-
scher Erstarrung zu Heißrissen (vgl. Bild 6-28). Eine Primärausscheidung
von į-Ferrit zwischen 5 % und 10% vermindert die Heißrissneigung dieser
Stähle.
Dies ist zum einen dadurch begründet, dass der weiche į-Ferrit entste-
hende Eigenspannungen durch plastische Verformung abbauen kann, be-
vor Heißrisse entstehen. Zum anderen fördert der į-Ferrit als Kristallisati-
onskeim eine feinkörnige Erstarrung des Schweißgutes. Ein feinkörniges
Gefüge vermindert die Heißrissgefahr, da sich die heißrissverursachende
Restschmelze auf einer größeren Korngrenzenfläche verteilt und somit
einen dünneren Schmelzenfilm auf den Korngrenzen bildet als bei einem
grobkörnigen Gefüge. Außerdem besitzt das krz-Gitter des į-Ferrits eine
größere Löslichkeit für Verunreinigungen als der Austenit und kann damit
die Ausscheidung von Verunreinigungen auf den Korngrenzen verringern.
Neben den metallurgischen Maßnahmen zur Vermeidung von Heißris-
sen kann durch günstige geometrische Ausbildung der Schweißnaht die
Gefahr des Erstarrungsrisses verringert werden. Bei schmalen, tiefen Näh-
ten erfolgt die Kristallisation von allen Seiten der Raupe, so dass die Rest-
schmelze in der Nahtmitte eingeschlossen wird. Eine flache Ausbildung
der Raupe begünstigt die Erstarrung der Restschmelze an der Oberfläche
der Schweißnaht. Ein Einschluss der heißrissfördernden Schmelze wird
somit verhindert. Zur Vermeidung von Heißrissen wird ein Breiten-
Tiefenverhältnis (b/t) größer als 1 empfohlen (Bild 10-12).
272 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Bild 10-12. Kristallisation des Schweißgutes bei verschiedenen Raupenformen


und hieraus resultierende Gefahren für die Heißrissbildung.
a) ungünstige Raupenform, b/t < 1
b) günstige Raupenform, b/t > 1
c) ungünstige Raupenform.

Der im Bild 10-12 c dargestellte Fall einer Schweißung ist ebenfalls un-
günstig, da hier beim Schweißen der zweiten Lage die Seigerungszone der
ersten Lagen aufgeschmolzen und ein bereits bestehender Riss sich in die
obere Lage fortsetzen wird.

10.3.1.2 Aufschmelzungsrisse
Während Erstarrungsrisse meist genau in Nahtmitte oder zwischen Dendri-
ten liegen und oft bis zur Nahtoberfläche reichen, können Aufschmel-
zungsrisse sowohl im Grundwerkstoff als auch in den unteren Lagen von
mehrlagig geschweißten Verbindungen im Bereich der Schmelzlinie auf-
treten.
Der Mechanismus solcher Aufschmelzungsrisse ist im Bild 10-13 dar-
gestellt. Während der Aufheizphase beim Schweißen wird nahe der
Schmelzlinie zum Grundwerkstoff eine Temperatur erreicht, bei der auf
den Korngrenzen liegende Ausscheidungen aufschmelzen und durch ther-
mische Ausdehnung und Kornwachstum die Kornflächen benetzen. Unter
der Einwirkung von Zugeigenspannungen in der Abkühlphase des
Schweißgutes reißt der Werkstoff entlang des entstandenen flüssigen
Korngrenzenfilmes auf.
Am Beispiel einer WIG-Schweißung eines hochlegierten vollausteniti-
schen Nickelbasiswerkstoffes zeigt sich der für diese Rissform typische
interkristalline Verlauf (Bild 10-14). Ursache dieses Mikrorisses war das
Aufschmelzen von angehäuften Titan- und Niobkarbiden auf den Korn-
grenzen, am typischen parallelen Verlauf der beiden Risskanten deutlich
zu identifizieren.
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 273

Bild 10-13. Mechanismus der Aufschmelzungsrissbildung [10-3].

Bild 10-14. Aufschmelzungsriss entlang der Korngrenzen in einem Nickelbasis-


werkstoff, WIG-Schweißung.

Aufschmelzungsrisse lassen sich nur bedingt durch eine Verbesserung


der Gefüge- und Ausscheidungsstruktur der Grundwerkstoffe vermeiden.
Dies kann z. B. durch eine schweißgerechte Wärmebehandlung geschehen,
die eine homogenere Verteilung solcher Ausscheidungsprodukte bewirkt
und örtliche Seigerungen auf den Korngrenzen reduziert. Die Heißrissge-
fahr lässt sich beim Schweißen aber auch durch die Verringerung der
Wärmeeinbringung unter Anwendung der Strichraupen- und Mehrlagen-
technik vermindern.
274 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

10.3.2 Kaltrisse
Während Heißrisse auf einen einheitlichen Entstehungsmechanismus,
nämlich das Vorhandensein schmelzflüssiger Phasen auf Korngrenzen
oder in interdendritischen Räumen, zurückgeführt werden können, werden
unter dem Begriff „Kaltriss“ Fehlerarten unterschiedlichster Entstehungs-
ursachen und Erscheinungsformen zusammengefasst.
Neben den in den folgenden Abschnitten aufgeführten vier Risstypen
− Aufhärtungsriss,
− wasserstoffbeeinflusster (wasserstoffreduzierter) Riss,
− Lamellenriss (Terrassenbruch) und
− Ausscheidungsriss (Unterplattierungsriss)

sind aus der Literatur weitere Kaltrissarten bekannt, die jedoch in der Pra-
xis von untergeordneter Bedeutung sind. Dazu zählen Sprödrisse, die in-
folge eines werkstoffbedingten Abfalls der Zähigkeit bei relativ hohen
Temperaturen entstehen, oder Alterungsrisse, deren Hauptursache die Aus-
scheidung versprödend wirkender Phasen ist.

10.3.2.1 Aufhärtungsrisse
Beim Schweißen legierter und niedriglegierter Stähle führen sehr hohe
Abkühlgeschwindigkeiten häufig zu einer martensitischen Ausbildung der
Wärmeeinflusszone (WEZ). Da das harte und spröde martensitische Gefü-
ge nur eine geringe Verformungsfähigkeit besitzt, können entstehende
Schweißeigenspannungen nicht mehr durch eine plastische Verformung
abgebaut werden. Die hierdurch gebildeten Aufhärtungsrisse verlaufen
transkristallin durch die WEZ und enden häufig im Grundwerkstoff. Sol-
che irreparablen, werkstoffverursachten Fehler werden oftmals durch Ker-
ben, die als Rissausgangspunkte dienen, verursacht. Im Bild 10-15 ist der
Aufhärtungsriss in der WEZ des Stahles C 45 abgebildet. Die Oberfläche
des frischen Bruches zeigt, im Gegensatz zu den bis zur Nahtoberfläche
reichende Heißrissen, keinen oxidischen Belag. Hieran ist zu erkennen,
dass Kaltrisse bei erheblich niedrigeren Temperaturen, in der Regel unter
MS-Temperatur, entstehen. Überkritische Härtewerte, charakteristisch für
diese verformungslose Werkstofftrennung, können durch die Begrenzung
des Kohlenstoffgehaltes auf maximal 0,22 % bzw. des Kohlenstoffäquiva-
lentes auf maximal 0,44 vermieden werden. Bei Kohlenstoffäquivalenten
über 0,44 oder bei dickwandigen Bauteilen muss auf eine ausreichende
Vorwärmtemperatur zur Verringerung der Abkühlgeschwindigkeit geach-
tet werden.
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 275

Bild 10-15. Aufhärtungsriss in der WEZ des Stahles C 45.

Für Feinkornbaustähle, aber auch für andere Werkstoffgruppen sind


deswegen besondere Vorschriften zur schweißtechnischen Verarbeitung
einzuhalten. Abhängig von Legierung, Blechdicke, Schweißverfahren und
Streckenenergie kann der Schweißer aus entsprechenden Nomogrammen
die Vorwärmtemperatur entnehmen, die notwendig ist, um kritische Ab-
kühlzeiten in der Wärmeeinflusszone zu vermeiden. Neben der Vorwärm-
temperatur ist auch die vorgegebene Zwischenlagentemperatur beim Mehr-
lagenschweißen einzuhalten.
Mit Hilfe einer Glühung bei etwa 600°C bis 650°C, auch Spannungs-
armglühen genannt, können Eigenspannungen und somit die Gefahr der
Bildung von Aufhärtungsrissen reduziert werden. Eine Wärmebehandlung
ist jedoch sehr zeit- und kostenintensiv und nicht bei allen Werkstoffen
durchführbar, die danach zur Ausscheidungsversprödung neigen.

10.3.2.2 Wasserstoffbeeinflusste Kaltrisse


Beim Schweißen gelangt Wasserstoff aus der Umgebungsatmosphäre, den
Schweißzusatz- und Schweißhilfsstoffen in den Lichtbogenbereich und
von dort in Schweißgut und Grundwerkstoff. Als wichtigste Wasserstoff-
quelle wird hierbei die in den Elektrodenumhüllungen und Schweißpul-
vern in verschiedener Form, z.B. als Konstitutions- und Kristallwasser,
gespeicherte Feuchtigkeit angesehen. Im Lichtbogen wird das Wasser auf-
gespalten, und der hieraus entstandene Wasserstoff wird in atomarer oder
ionisierter Form vom Schmelzbad gelöst. Rost, Öle, Ziehfette von Drähten
und Farben werden in ähnlicher Weise im Lichtbogen aufgespalten. Neben
diesen Faktoren darf die Luftfeuchtigkeit während des Schweißprozesses
276 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

nicht unbeachtet bleiben, da mit zunehmender Luftfeuchte auch steigende


Wasserstoffgehalte im Schweißgut nachgewiesen werden können.
Bei der schnellen Erstarrung der Schmelze kann der Wasserstoff aus
dem Schmelzbad nicht mehr vollständig entweichen und wird im Metall-
gitter atomar gelöst oder molekular in Poren ausgeschieden. Der in dem
Metall gelöste Wasserstoff steht in starker Wechselwirkung mit Gitterfehl-
stellen, welche auch als „Fallen“ (traps) bezeichnet werden. Als Fallen
gelten in diesem Zusammenhang Einschlüsse, verformte Gitterbereiche,
Poren, Ausscheidungen usw. Je nach Bindungsenergie zu seiner Falle,
wird zwischen dem diffusiblen und dem residualen Wasserstoff unter-
schieden. Diffusibler Wasserstoff kann bei Raumtemperatur aus dem Me-
tall diffundieren (effundieren), während sich residualer Wasserstoff erst
bei erhöhten Temperaturen (ab etwa 50°C - 80°C bis zu 800°C) von seiner
Falle löst und anschließend effundiert. Im Allgemeinen wird nur der diffu-
sible Wasserstoff als der wirklich rissverursachende Wasserstoffanteil be-
trachtet, jedoch kann residualer Wasserstoff auch wieder von seiner Falle
(z. B. durch Erwärmen des Bauteiles) gelöst und hierdurch beweglich, also
diffusibel werden. In der Schweißtechnik wird der Wasserstoff im
Schweißgut nach DIN 8562, Teile 1 und 2, bei Raumtemperatur bestimmt
[10-4], [10-5]. Es handelt sich also bei diesem Wasserstoff definitionsge-
mäß nur um den diffusiblen Anteil; der gemessene Wasserstoffanteil wird
dabei in ml/100g Schweißgut bei einer Temperatur von T = 0°C und einem
Druck von p = 1,013 bar angegeben.
Aufgrund der hohen Diffusionsgeschwindigkeit des Wasserstoffes in
ferritischen unlegierten und niedriglegierten Stählen werden dessen Aus-
wirkungen auf den Werkstoff in vorübergehende und bleibende Er-
scheinungen unterteilt. Unter den bleibenden Erscheinungen werden Poro-
sität, Gefügeänderungen und Risse zusammengefasst. Wasserstoffrisse
treten im Schweißgut und der WEZ von Schweißverbindungen auf und
können sowohl interkristallin auch transkristallin verlaufen. Nach ihrer
Lage wird zwischen Unternaht-, Wurzel-, Kerb- und Querrissen unter-
schieden (Bild 10-16).
Wasserstoffinduzierte Risse treten oftmals erst Tage nach dem Schwei-
ßen auf. Diese für Wasserstoff typische Rissentstehung wird auch als „ver-
zögerte Rissbildung“ bezeichnet. Neben der Wasserstoffkonzentration in
der Schweißverbindung sind für die Entstehung dieser Risse der Eigen-
spannungszustand und das Gefüge in Schweißnaht und WEZ von großer
Bedeutung. Wasserstoffbedingte Risse werden nur bei Anwesenheit von
hohen Eigenspannungen, sprödem martensitischem Gefüge und Über-
schreiten einer kritischen Wasserstoffkonzentration ausgelöst (Bild 10-17).
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 277

Bild 10-16. Lage von wasserstoffbegünstigten Rissen in Kehl- und Stumpfnähten


[10-6].

Bild 10-17. Randbedingungen zur Bildung eines wasserstoffbegünstigten Risses.

Zu den vorübergehenden Erscheinungen zählen örtliche Versprödungen


und Härtesteigerungen, die durch eine Wärmebehandlung nach dem
Schweißen vermieden werden können. Nach [10-7] wird die Ausbildung
von sogenannte Fischaugen ebenfalls zu den vorübergehenden Erschei-
nungen gezählt. Ihre Bildung wird häufig im Schweißgut beobachtet und
setzt eine plastische Verformung des Werkstoffes voraus. Das im Bild
10-18 abgebildete Fischauge liegt in der Bruchfläche einer Zugprobe aus
reinem Schweißgut (UP-Schweißung). In der vergrößerten Wiedergabe
wird der fast kreisrunde wasserstoffversprödete Bereich um einen Sili-
278 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Bild 10-18. Fischauge im Schweißgut einer UP-Schweißung mit zentral im Fehler


liegendem Schlackeeinschluss.

kateinschluss im Schweißgut erkennbar, der im Bruchbild zu der Ausbil-


dung eines typischen Fischauges führte. Fischaugen sind in der Bruchflä-
che schon mit bloßem Auge an ihren metallisch blanken, glänzenden Flä-
chen zu erkennen.
Die vorübergehende Versprödung des Werkstoffes ist von der Tempera-
tur und der Belastungsgeschwindigkeit abhängig. Bei hohen Belastungsge-
schwindigkeiten, wie beim Kerbschlagbiegeversuch, kann eine Versprö-
dung im Allgemeinen nicht festgestellt werden. Bild 10-19 verdeutlicht,
dass für jede Belastungsgeschwindigkeit auch ein temperaturabhängiges
Versprödungsmaximum existiert.
Für die versprödende Wirkung des Wasserstoffes, die Entstehung von
verzögerten Rissen und von Fischaugen wurden mehrere Theorien entwi-
ckelt, die aufgrund ihrer Vielzahl und Komplexität an dieser Stelle nicht
vollständig ausgeführt werden sollen. Die älteste Theorie zur wasserstoff-
begünstigten Rissbildung besagt, dass sich Wasserstoff in Hohlräumen
ansammelt und dort unter hohem Druck eine Werkstofftrennung hervor-
ruft. Diese Theorie ist mittlerweile durch zahlreiche Berechnungen wider-
legt worden, wird aber immer noch in einigen Veröffentlichungen erwähnt.
Eine sehr gute Erklärung zur Entstehung der verzögerten Rissbildung
liefert die Theorie nach Trojano [10-9]. Trojano stellte bei elektrolytisch
mit Wasserstoff beladenen Drähten fest, dass in den Drähten unter Belas-
tung nach einer bestimmten Inkubationszeit ein unstetiger Rissfortschritt
einsetzt. Der diskontinuierliche Rissfortschritt wird mit der Wasserstoffdif-
fusion in aufgeweitete Gitterbereiche erklärt (Bild 10-20).
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 279

Bild 10-19. Abhängigkeit der Wasserstoffversprödung von der Belastungsge-


schwindigkeit und der Temperatur [10-8].

Von verschiedenen Autoren wurde gezeigt, dass die Löslichkeit von


Wasserstoff in verzerrten Metallgittern größer ist als im unbeeinflussten
Gitter. Wird nun eine mechanische Spannung an den Werkstoff angelegt,
so kommt es nach einer Inkubationszeit zur Bildung eines Anrisses infolge
der Wasserstoffdiffusion in die verzerren Gitterbereiche. Die Inkubations-
zeit sinkt mit steigendem Wasserstoffgehalt bei gegebener Spannung. Der
Anriss R (siehe Bild 10-20) wächst aber nicht weiter, da die hierfür erfor-
derliche Wasserstoffkonzentration zu niedrig ist. Vor der Rissspitze R liegt
jedoch die Zone maximalen dreiachsigen Spannungszustandes, so dass hier
die größten Gitterverzerrungen vorliegen. Wasserstoff diffundiert nun er-
neut in die Zone hinein, überschreitet einen kritischen Wert und führt an
dieser Stelle zur Ausbildung eines Mikrorisses MR (Bild 10-20). Mikroriss
und Anriss wachsen zusammen und bilden einen vergrößerten Riss R*.
Anschließend kann erneut die Wasserstoffdiffusion vor die Rissspitze er-
folgen und eine Grenzkonzentration zur erneuten Mikrorissbildung über-
schreiten.
Einen umfassenden Überblick über die wasserstoffbeeinflussten Phä-
nomene und deren Entstehung enthält [10-7].
Grundsätzlich sind folgende Einflüsse des Wasserstoffes auf die mecha-
nischen Werkstoffeigenschaften festzuhalten:

− Wahre Bruchspannung, -dehnung und -einschnürung nehmen mit


zunehmendem H2-Gehalt ab.
280 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

− Die Neigung zur Wasserstoffversprödung nimmt mit steigender Kon-


zentration an Legierungselementen zu.
− Je spröder ein Werkstoff ist, desto eher neigt er zur Wasserstoffversprö-
dung.
− Der Versprödungseffekt ist abhängig von Temperatur und Verfor-
mungsgeschwindigkeit.

Bild 10-20. Entstehungsmechanismus


der verzögerten Rissbildung und des
unsteten Risswachstums nach Trojano
[10-9].
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 281

Der Nachweis von wasserstoffinduzierten Schäden kann häufig nur


durch eine rasterelektronenmikroskopische Untersuchung der Bruchober-
flächen erfolgen. Typische Erscheinungsbilder des wasserstoffinduzierten
Risses sind Krähenfüße auf Korngrenzen, Mikroporen, klaffende Korn-
grenzen, Flockenrisse und Fischaugen.
Wasserstoffinduzierte Risse, die besonders bei hochfesten Feinkornbau-
stählen auftreten, können häufig durch die Verwendung wasserstoffkon-
trollierter Elektroden und Schweißpulver oder den Einsatz des MSG-
Schweißens mit geeigneter Wärmeführung während des Schweißens
(Vorwärmung, Zwischenlagentemperatur) und eine sofort an den
Schweißvorgang anschließende Wärmebehandlung („soaking“ oder Span-
nungsarmglühen) vermieden werden. Eine verminderte Abkühlgeschwin-
digkeit durch Vorwärmen der Bleche begünstigt die Wasserstoffeffusion
und reduziert die Aufhärtung des Werkstoffes (Bild 10-21).

Bild 10-21. Einfluss der Vorwärmtemperatur und der Abkühlgeschwindigkeit auf


den Wasserstoffgehalt des Schweißgutes beim Verschweißen einer basischum-
hüllten und einer zelluloseumhüllten Stabelektrode [10-10].

Die Wasserstoffkonzentration im Schweißgut der zelluloseumhüllten


Elektrode ist zwar wesentlich höher als bei der basischen Elektrode, doch
für beide Elektrodentypen ist die Tendenz gleich: mit steigenden Abkühl-
zeiten sinkt der Gehalt an diffusiblem Wasserstoff im Schweißgut. Eine
Formel zur Bestimmung der Mindestvorwärmtemperatur ist in [10-11]
vorgestellt worden (siehe Abschnitt 5.4.6.2).
282 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Grundsätzlich sollten die verwendeten Elektroden oder Schweißpulver


nach Herstellerangaben getrocknet werden, um den Wassergehalt in Um-
hüllungen bzw. Pulvern zu senken. Besonders wasserstoffarme Schweiß-
zusatzwerkstoffe werden schon in luftdicht verschlossenen Spezialverpa-
ckungen geliefert. Auf Baustellen werden die Elektroden nach der
Trocknung sofort in Warmhalteköcher gelegt und erst am Schweißplatz
wieder entnommen, um eine Feuchtigkeitsaufnahme aus der Luft zu ver-
hindern. Besonders geringe Wasserstoffgehalte unter 5 ml/100 g Schweiß-
gut weisen getrocknete basische Elektroden auf. Dieser Elektrodentyp wird
heute bevorzugt zum Schweißen hochfester Feinkornbaustähle verwendet.
Der Vorbeugung von Rissen dient auch die Sauberkeit im Schweißfugen-
bereich und ein Entfetten oder Entrosten der Werkstückoberfläche oder des
Zusatzwerkstoffes.

10.3.2.3 Terrassenbrüche
Bei vielen Schweißkonstruktionen ist eine Belastung senkrecht zur Walz-
richtung nicht zu vermeiden. Solche Beanspruchungsbedingungen können
unter Umständen zur Bildung von Terrassenbrüchen unterhalb der
Schweißverbindung führen, die parallel zur Blechoberfläche verlaufen.
Diese Fehlererscheinung, die ebenfalls zu den Kaltrissen gerechnet werden
muss, ist auch unter dem Begriff „Lamellenriss“ oder „lamellar tearing“
bekannt.
Ursache für die Entstehung des Terrassenbruches sind Inhomogenitäten
des Stahles. Bei der Stahlherstellung lässt sich eine Seigerungsbildung
beim Vergießen des Stahles nicht vermeiden. In den weiteren Produktions-
schritten werden diese Seigerungen durch die folgenden Umformprozesse
in Walzrichtung stark gestreckt. An Legierungselementen angereicherte
und verarmte Zonen liegen nun dicht nebeneinander vor. Die Konzentrati-
onsunterschiede zwischen den einzelnen Zonen beeinflussen das Umwand-
lungsverhalten in den einzelnen Bereichen, so dass in Zonen mit hohen
Gehalten an Legierungselementen ein anderes Gefüge entsteht als in legie-
rungselementarmen Zonen. Insbesondere die Legierungselemente Mangan
und Silicium erzeugen ein zeiliges Gefüge, weshalb in diesen Fällen auch
von der Mangan- bzw. Siliciumzeiligkeit gesprochen wird. Stählen wird
häufig Mangan zum Abbinden von Schwefel zulegiert, um die Entstehung
von Heißrissen zu vermeiden. Die Zeiligkeit führt dazu, dass der Werk-
stoff senkrecht zur Walzrichtung die schlechtesten mechanischen Eigen-
schaften aufweist, da die entstandenen Gefügezeilen unterschiedliche me-
chanische Kennwerte besitzen. Bei einer Zugbeanspruchung längs und
quer zur Walzrichtung können sich die Gefügezeilen gegenseitig stützen,
so dass sich eine mittlere Festigkeit einstellt.
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 283

Senkrecht zur Walzrichtung setzt der Bruch in den Gefügebereichen mit


geringer Festigkeit zuerst ein, ähnlich einer Kette unter Zugbelastung, bei
der die schwächsten Kettenglieder zuerst versagen. Der entstandene La-
mellenriss verläuft nicht vollständig durch eine Gefügezeile, sondern
springt in unregelmäßigen Abständen in die nächste Zeile. Aus diesem
Grund wird dieses Werkstoffversagen auch als Terrassenbruch bezeichnet.
Neben der Gefügezeiligkeit können ausgewalzte Mangansulfideinschlüsse
im Stahl einen Terrassenbruch begünstigen.
Bei Schweißverbindungen sind insbesondere T-Stöße von dieser Rissart
gefährdet, da die auftretenden Eigenspannungen senkrecht zur Blechwalz-
richtung liegen. Die auftretenden Schrumpfungen und Spannungen können
jedoch je nach Schweißnahtvorbereitung stark variieren (Bild 10-22).

Bild 10-22. Schrumpfung an T-Stücken mit verschiedenen Nahtformen.

Bild 10-23 zeigt die terrassenförmige Rissausbreitung im Mikroschliff.


Bei dieser Schweißverbindung handelt es sich um einen Stegblechan-
schluss an ein dickwandiges Behälterbauteil. Der Riss pflanzte sich, aus-
gehend von der WEZ und begünstigt durch Kerbwirkung, entlang den mik-
roskopisch erkennbaren Seigerungszonen in Sprüngen immer tiefer bis in
den Grundwerkstoff fort.
Terrassenbrüche können durch den Einsatz von Stählen mit verbesser-
tem Reinheitsgrad und garantierten Brucheinschnürungswerten in Dicken-
284 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

richtung, sogenannte Z-Güten, vermieden werden. Stähle mit Z-Güten


werden in die drei Güteklassen 1 bis 3 eingeteilt. Die garantierten Bruch-
einschnürungswerte in Blechdickenrichtung müssen mindestens 15 % für
Güteklasse 1, 25 % für Klasse 2 und 35 % für die Güteklasse 3 betragen
[10-12]. Zusätzlich sollten Schweißkonstruktionen auf möglichst geringe
Spannungen senkrecht zur Walzrichtung ausgelegt werden. Neben kon-
struktiven Maßnahmen zur Vermeidung des Terrassenbruches kann durch
das Schweißen einer verformungsfähigen Pufferlage auf das gefährdete
Werkstück, das Einsetzen geschmiedeter Kreuzstücke oder durch einen
stirnseitigen Vollanschluss der Bleche die Gefahr eines Risses vermindert
werden.

Bild 10-23. Terrassenbruch an einem dickwandigen Behälter.

10.3.2.4 Ausscheidungsrisse
Nach DIN 8524, Teil 3, entstehen Ausscheidungsrisse durch die Ausschei-
dung spröder Phasen während des Schweißens oder bei einer folgenden
Wärmebehandlung [10-2].
Dieser Kaltrisstyp trat in der Vergangenheit vor allem bei Verbindungs-
schweißungen und Plattierungen von Reaktordruckgefäßen aus wasserver-
güteten Feinkornbaustählen nach einer Spannungsarmglühbehandlung auf.
Die sogenannten Nebennaht- oder Unterplattierungsrisse, auch Relaxati-
onsrisse oder reheat cracking, stress relief cracking usw. genannten Fehler
verlaufen meist interkristallin und bilden sich in der Grobkornzone nahe
der Schmelzlinie in Gefügebereichen, in denen die Wärmeeinflusszone
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 285

einer Schweißnaht der Plattierungsraupe von der Wärmeeinflusszone der


benachbarten Naht oder Raupe überlappt wird (Bild 10-24).

Bild 10-24. Zonen der Rissentstehung beim Unterplattierungsriss.

Besonders gefährdet sind hierbei Stähle, die aufgrund ihrer Legierungs-


elemente zur Ausscheidungshärtung durch Karbide neigen. Hierzu sind
Karbidbildner wie Titan, Niob und Vanadium zu zählen. Beim Schweißen
dieser Stähle kommt es in der Nähe der Schmelzlinie zu einer Auflösung
der Karbide. Während der folgenden Abkühlung können sich diese nicht
mehr vollständig ausscheiden. Wird das Bauteil in diesem Zustand span-
nungsarm geglüht, so erfolgt eine Wiederausscheidung der Karbide. Für
die Rissbildung bei Spannungsarmglühtemperaturen werden im Allgemei-
nen zwei Mechanismen verantwortlich gemacht:
− Zum einen erfolgt durch die Anreicherung von Begleit- und Spurenele-
menten eine Versprödung der Korngrenze. Der Riss entsteht, sobald die
Korngrenzenfestigkeit durch anliegende Eigenspannungen überschritten
wird.
− Zum anderen verfestigt sich das Korn selbst durch Bildung von Aus-
scheidungen beim Spannungsarmglühen. Neben den Ausscheidungen
im Korn kann es entlang der Korngrenzen zur Bildung ausscheidungs-
freier Zonen kommen, die gegenüber den verfestigten Kornbereichen
einen erheblich geringeren Formänderungswiderstand aufweisen. Die
beim Spannungsarmglühen ablaufenden plastischen Verformungen
vollziehen sich dann fast ausschließlich in den Bereichen geringerer
Festigkeit und führen dort zur Rissbildung.
286 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Für die Bildung von Unterplattierungsrissen ist ein Zusammenwirken


beider Mechanismen wahrscheinlich. Neben der interkristallinen Werk-
stofftrennung bei Unterplattierungsrissen können Mikroporen im Gefüge
auftreten [10-13]. Bild 10-25 zeigt die meist an den Korngrenzen auftre-
tenden Mikroporen, die oft den mikroskopisch kleinen Werk-
stofftrennungen vorausgehen. Im Bild 10-25 handelt es sich um eine Probe
des Stahles 20 MnMoNi 5 5, die einer Schweiß- und Wärmebehandlungs-
simulation unterzogen wurde. Der Bruchbeginn erfolgt oft an Kornzwi-
ckeln, verbunden mit der bereits erwähnten Mikroporenbildung.

Bild 10-25. Mikroporen an der Korngrenze des Werkstoffes 20 MnMoNi 5 5.

Unterplattierungsrisse lassen sich häufig nur durch eine Umkörnung der


gefährdeten Gefügebereiche vermeiden. Hierzu reicht das Aufschweißen
einer zweiten, überlappenden Plattierungslage. Ein bainitisches Gefüge
wirkt sich aufgrund der Ausscheidung von Sonderkarbiden rissmindernd
aus. Der Temperaturbereich zwischen 450 C und 550°C wirkt besonders
versprödend auf einige Werkstoffe und sollte beim Spannungsarmglühen
durch hohe Aufheizgeschwindigkeiten schnell durchlaufen werden
[10-14], [10-15]. Bei dickwandigen Bauteilen werden aber durch eine
schnelle Erwärmung zusätzlich thermisch bedingte Eigenspannungen er-
zeugt, so dass die Aufheizgeschwindigkeit der Blechdicke angepasst wer-
den muss und keine beliebig schnelle Erwärmung im kritischen Tempera-
turbereich von 450°C bis 550°C erfolgen kann. Für den Grundwerkstoff
gilt, dass mit abnehmenden Kohlenstoffgehalten die Neigung zu Ausschei-
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 287

dungsrissen abnimmt [10-16], [10-17], [10-18]. Aber auch bei rissemp-


findlichen Stählen kann durch eine geeignete Wahl der Schweißparameter
rissfrei geschweißt werden. Durch eine Vor- oder Nachwärmung kann die
Abkühlzeit t8/5 so verlängert werden, dass die Ausscheidung von Karbiden
schon während der Abkühlphase beginnt und bei der folgenden Span-
nungsarmglühung Risse vermieden werden.

10.3.3 Hohlräume im Schweißgut


Neben den mechanisch gebildeten Poren können im Schweißgut andere
Hohlräume während des Schweißens entstehen, die außer durch ferti-
gungs- und verfahrensbedingte Mängel durch die Eigenschaften der
Schmelze, wie Viskosität und Gaslösungsvermögen, hervorgerufen wer-
den.

10.3.3.1 Metallurgische Porenbildung


Bei dieser Art der Fehlerentstehung werden gelöste Gase oder auch ver-
dampftes Material als Kugel- oder Schlauchporen im Schweißgut einge-
schlossen. Als wichtigste Porenbildner sind vor allem Wasserstoff und
Stickstoff zu nennen. Durch das Auftreten von Kochreaktionen im
Schweißbad bei unlegierten Baustählen kann es aber auch zur Bildung von
CO-Poren als sogenannte Reaktionsporen im Schweißgut kommen. Diese
Porenbildung geht meistens mit fertigungstechnischen Mängeln einher.
Bei Anhäufung dieser Poren spricht man von Porenzeilen oder -nestern,
die nach DIN EN ISO 5817 nicht zugelassen sind.
Im flüssigen Zustand können Metalle größere Mengen von Gasen lösen.
Da die Löslichkeit von Gasen in Schmelzen beim Übergang vom flüssigen
in den festen Zustand sprunghaft abnimmt, tritt bei hohem Gasgehalt der
Metallschmelze im Augenblick der Erstarrung eine Entgasung auf. Im Re-
gelfall sammeln sich die Gase vor der Kristallisationsfront und steigen zur
Oberfläche des Schmelzbades auf (Bild 10-26 a).
Wenn bei starker Wärmeableitung, insbesondere bei kleinen Schweiß-
bädern, die Erstarrung sehr schnell erfolgt, können die entstehenden Gase
nicht mehr an die Badoberfläche gelangen, sondern werden von der Erstar-
rungsfront überholt und eingeschlossen (Bild 10-26 b). Damit für die Aus-
gasung genügend Zeit vorhanden ist, sollte das Schweißgut deshalb mög-
lichst lange flüssig gehalten werden.
Speziell bei basisch umhüllten Elektroden ist jedoch eine besondere
Elektrodenführung beim Zünden notwendig, weil infolge des noch kalten
Werkstückes das übergehende Schweißgut sofort erstarrt, ohne dass genü-
gend Zeit zur Ausgasung bleibt. Die basischen Elektroden werden deshalb
ein kurzes Stück in Schweißrichtung versetzt gezündet, zum Nahtanfang
288 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

zurückgeführt und dann verschweißt, so dass die Zündstelle mit den Po-
rennestern nachträglich überschweißt und wieder aufgeschmolzen wird.

Bild 10-26. Wachstum und Loslösung von Gashohlräumen an der Phasengrenzflä-


che.

Die Forderung nach einem dünnflüssigen Schweißgut darf jedoch nicht


zu einer beliebigen Steigerung der Schmelzbadtemperatur führen, weil
hiermit auch das Lösungsvermögen des Schmelzbades für Gase zunimmt
und im Moment der Erstarrung eine verstärkte Ausgasung einsetzt. Die
von Elektrodenherstellern angegebenen maximalen Stromstärken sollten
deshalb nicht überschritten werden. Ein ganz entscheidender Faktor, der
zur Porenbildung führt, ist die Feuchtigkeit von Elektroden und Schweiß-
pulvern bzw. die Feuchtigkeit auf dem Werkstück. Unter dem Einfluss der
hohen Temperaturen spaltet sich die Feuchtigkeit in Sauerstoff und Was-
serstoff auf, wobei letzterer bei einem Überangebot als einer der wichtigs-
ten Porenbildner in der Schweißnaht gilt. Da besonders basische Elektro-
den und Schweißpulver stark hygroskopisch sind, sollen diese nur nach
einer vom Hersteller empfohlenen Trocknung verwendet werden.
Metallurgisch gebildete Poren lassen sich vor allem durch das Vermei-
den von Feuchtigkeit im Bereich der Schweißfuge und die Verhinderung
des Luftzutrittes zum Schweißbad unterdrücken (Poren beim Schweißen
von Al und Al-Legierungen, siehe Abschnitt 8.2.6). Neben größtmöglicher
Sauberkeit im Nahtbereich ist auf eine ausreichende Schutzgasabschir-
mung der Schweißstelle bzw. die Verwendung gut vorgetrockneter Zu-
satzwerkstoffe und Schweißpulver zu achten. Tabelle 10-2 gibt eine um-
fassende Übersicht zur Porenentstehung und Vermeidung beim MSG-
Schweißen.
10.3 Werkstoffverursachte Schweißfehler 289

Tabelle 10-2. Ursachen der metallurgischen Porenbildung und deren Vermeidung


beim MSG-Schweißen [10-19].

10.3.3.2 Lunkerbildung
Als Ursachen für die Bildung von Lunkern im Schweißgut gelten ein gro-
ßes Schweißbadvolumen, eine dendritische, stark verzweigte Primärerstar-
rung sowie ein geringes Nachfließvermögen der Restschmelze, verbunden
mit hohen Schrumpfbeträgen des Schweißgutes. Diese Bedingungen wer-
290 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

den durch Geometrieeinflüsse, z. B. das Verhältnis von Nahtbreite zu


Nahttiefe, beeinflusst.
Im Bild 10-27 ist die Lunkerbildung im Schweißgut einer elektroschla-
ckegeschweißten Verbindung zu erkennen. Hierbei lässt sich bereits der
Makrolunker lichtmikroskopisch sicher anhand der weichen, abgerundeten
Ränder, die für eine frei erstarrte Oberfläche sprechen, identifizieren und
gegenüber einem Heißriss abgrenzen.

Bild 10-27. Makrolunker in einer RES-Schweißung.

Mikrolunker entstehen dagegen meist in den Zwickeln großer primärer-


starrter Dendriten, in die keine Restschmelze gelangen konnte. Bild 10-28
zeigt solche Mikrolunker im Schweißgut einer Aluminiumschweißung.
Die rasterelektronenoptische Aufnahme eines Mikroschliffes zeigt deut-
lich, dass die Oberflächen frei erstarrt sind und dass in diesem Fall keine
Werkstofftrennung vorlag.
Zum Vermeiden der Lunkerbildung gibt es prinzipiell folgende Mög-
lichkeiten:
− Erhöhung der Temperatur des Schweißbades durch Steigerung der
Stromstärke,
− Herabsetzung der Oberflächenspannung der Schmelze, um ein besseres
Fließverhalten zu erreichen und eine
− Veränderung der Schweißnahtgeometrie, um eine Veränderung der Er-
starrungsmorphologie, insbesondere der Wachstumsrichtung der
Dendriten zu erzielen.
10.4 Korrosion 291

Bild 10-28. Mikrolunker im Schweißgut einer Aluminiumschweißung (WIG-


Verfahren).

10.4 Korrosion
Mit Korrosion wird die Zerstörung eines Werkstoffes durch den Ablauf
von chemischen bzw. elektrochemischen Wechselwirkungen zwischen
seiner inneren oder äußeren Oberfläche mit gasförmigen, flüssigen oder
festen Umgebungsmedien verstanden. Entscheidend für eine Bauteilschä-
digung sind das Ausmaß und die Geschwindigkeit einer inneren Werk-
stoffzerstörung, einer Legierungsreaktion an der Phasengrenzfläche Werk-
stoff-Medium oder eines bleibenden Gefügeschadens, besonders bei
zusätzlich wirkenden inneren und äußeren Spannungen.
Im Folgenden werden die Grundlagen der chemischen bzw. elektroche-
mischen Korrosion als bekannt vorausgesetzt, da sie bereits im Abschnitt 6
eingehender erläutert wurden. In diesem Abschnitt sollen lediglich die
durch den Schweißprozess hervorgerufenen Korrosionsarten beschrieben
und dabei nicht mehr das Hauptgewicht auf die Korrosion der nichtrosten-
den Stähle gelegt werden.

10.4.1 Korrosion durch Schweißfertigungsfehler

10.4.1.1. Kontaktkorrosion
Die Verschweißung zweier unterschiedlicher Werkstoffe mit erheblichen
Unterschieden ihrer chemischen Potentiale führt häufig zur sogenannten
Kontaktkorrosion. Bei dem Kontakt beider Werkstoffe entsteht an der Ver-
bindungsstelle ein galvanisches Element, und unter dem Einfluss eines
korrosiven Mediums wird das unedlere Metall bevorzugt aufgelöst. Diese
292 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

Art der Korrosion ist sehr gut bei Kontakten zwischen Zink und Kupfer zu
beobachten. Aber auch Reibschweißverbindungen zwischen Kupfer und
Aluminium sind durch Kontaktkorrosion gefährdet.
In der Praxis finden sich immer wieder Schadensfälle, die durch eine
Verwechslung von Schweißzusatzwerkstoffen verursacht wurden. Der
versehentliche Einsatz unlegierter Elektroden zum Verschweißen korrosi-
onsbeständiger Stähle für die Herstellung chemisch resistenter Apparate
kann unter der Einwirkung korrosiver Medien zum Herauslösen von Teilen
der Schweißnaht führen. In solchen Fällen kann eine Kontaktkorrosion nur
durch das Abdecken der Verbindungsstelle mit einer Schutzschicht unter-
bunden werden.

10.4.1.2 Spaltkorrosion
Häufig entstehen Spalte durch eine ungenügende Durchschweißung eines
I-Stoßes oder durch einseitiges Verschweißen einer Kehlnaht. Dringt in die
durch Konstruktion und Fertigung bedingten Spalten ein korrosives Medi-
um ein, führt dies zur sogenannten Spaltkorrosion. Diese Bauteilschädi-
gung entsteht durch eine Sauerstoffverarmung im Spalt, wodurch sich die
zur Passivierung nichtrostender Stähle notwendige Oxidschicht nicht oder
nur unvollständig bilden kann. Die Folge ist ein lokaler, intensiver Korro-
sionsangriff, der zum Bruch der Schweißnaht führen kann. Die Spaltkorro-
sion kann nur durch ein einwandfreies Durchschweißen der Wurzel mit
kerbfreien Nahtübergängen bzw. die Veränderung der Schweißkonstrukti-
on, z. B. spaltfreies Rohreinschweißen, vermieden werden.

10.4.2 Selektive Korrosion an Schweißnähten

10.4.2.1 Interkristalline Korrosion (IK)


Beim Schweißen von unstabilisierten, austenitischen Cr-Ni-Stählen oder
ferritischen Cr-Stählen kann es bei kritischen Zeit-Temperatur-Zyklen zur
Ausscheidung von Chromkarbiden (Cr23C6) und -nitriden auf den Korn-
grenzen kommen. Das Abbinden von Chrom durch Kohlenstoff bewirkt
eine starke Chromverarmung entlang der Korngrenzen, so dass die Resis-
tenzgrenze von 12 % Chrom, die für eine Beständigkeit gegenüber korro-
siven Medien mindestens notwendig ist, stark unterschritten wird. Die Fol-
ge ist ein interkristalliner Korrosionsangriff entlang der Korngrenzen in
den chromverarmten Bereichen. Oftmals wird diese Form der Korrosion
auch als „Kornzerfall“ bezeichnet, da die Korrosion nur entlang der Korn-
grenzen erfolgt und somit einzelne Körner aus dem Verbund herausgelöst
werden (siehe auch Abschnitt 6.3.3.1). Bei höheren Temperaturen bzw.
langen Glühzeiten besteht bei den meisten Cr-Ni-Stählen, die z. B. zur
10.4 Korrosion 293

Verringerung von Schweißeigenspannungen geglüht werden müssen, die


Gefahr der Ausscheidung hochchromhaltiger, intermetallischer Phasen, die
zu einem selektiven Korrosionsangriff auf die benachbarten chromverarm-
ten Zonen führen können. Interkristalline Korrosionsangriffe können auch
bei Ausscheidung von intermetallischen Phasen in Nickel- oder Alumini-
umlegierungen erfolgen.
Bei mehrphasigen Werkstoffen (Duplex-Stähle), aber auch bei der Ent-
stehung eines į-Ferrit-Netzwerkes auf den Korngrenzen bei Cr-Ni-Stählen,
kann es durch den Angriff bestimmter korrosiver Medien (Salpetersäure)
zu einer partiellen Auflösung der ferritischen Gefügebestandteile kommen.
Diese Erscheinungsform wird auch als „Ferritpfadkorrosion“ bezeichnet.
Bäumel [10-20] beobachtete diesen speziellen Typ der Korrosion an Un-
terpulver-Bandschweißungen unstabilisierten austenitischen Schweißgutes
während einer Glühung. Voraussetzung für die Ferritpfadkorrosion war
dabei aber ein zusammenhängendes Ferritnetzwerk auf den Korngrenzen
und ein Ferritanteil von mindestens 12 % bis 15 % im austenitischen
Schweißgut. In niobstabilisiertem Schweißgut trat die Ferritpfadkorrosion
nicht auf [10-20]. Nach [10-21] ist mit einer Ferritpfadkorrosion nur bei
Deltaferritgehalten über 12 % und einer viel zu geringen Abkühlgeschwin-
digkeit durch Vorwärmen oder Schweißen mit zu hoher Streckenenergie
zu rechnen, so dass der Deltaferrit in ı-Phase und Austenit zerfällt. Im
Betrieb erfolgt dann der selektive Angriff des zerfallenden į-Ferrits.

10.4.2.2 Spannungsinduzierte Risskorrosion (SpRK)


Sowohl bei unlegierten als auch bei hochlegierten Stählen, mit Ausnahme
der ferritischen Cr-Stähle, kann eine als Spannungsrisskorrosion bezeich-
nete Werkstoffschädigung auftreten. Die Rissausbreitung bei gleichzeiti-
gem Korrosionsangriff kann dabei sehr schnell sowohl interkristallin als
auch transkristallin ablaufen, ohne dass Korrosionsprodukte auf der sprö-
den Bruchfläche nachgewiesen werden können. Interkristalline Span-
nungsrisskorrosion wird bei niedriglegierten Stählen durch Alkalilaugen,
Nitrate und NH4-Salze schwacher Säuren hervorgerufen, während die
transkristalline SpRK bei austenitischen Stählen in chloridhaltigen Lösun-
gen und Laugen bei erhöhten Temperaturen erfolgt. Als Ursache für die
Spannungsrisskorrosion wird das Zusammenwirken folgender Bedingun-
gen genannt:
− Medium: agressive, vor allem Chlorionen enthaltende Lösungen bei
erhöhten Temperaturen;
− Werkstoff: Neigung zur Spannungsrisskorrosion, verstärkt durch eine
partiell zerstörte Passivschicht;
294 10 Fehler und Schäden an Schweißverbindungen

− Spannungen: hohe Schweißeigenspannungen nach dem Schweißen, Ge-


fügespannungen, Spannungsspitzen durch Kaltverformung, Kerbwir-
kung usw. bei zusätzlicher äußerer Zugspannung.

Da die Spannungsrisskorrosion prinzipiell bei fast allen Werkstoffen


und unter den verschiedensten Betriebsbedingungen auftreten kann, im
Fall der transkristallinen Spannungsrisskorrosion oftmals in Kombination
mit Lochfraß, liegen allgemeine Regeln zu ihrer Vermeidung bei der kon-
struktiven Gestaltung von Schweißverbindungen und der genauen Festle-
gung der spannungsgünstigsten Schweißreihenfolge. Lediglich unlegierte
Stähle können nach dem Schweißen wie üblich spannungsarmgeglüht
werden. Bei austenitischen Cr-Ni-Stählen muss bei der Wahl der Glüh-
temperatur und -zeit das Ausscheidungsverhalten beachtet werden, da
u. U. die Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion beeinträchtigt
wird.
11 Prüfung von Schweißverbindungen

11.1 Einleitung

Für den Konstrukteur ist die Kenntnis der mechanisch-technologischen


Eigenschaften der verwendeten Werkstoffe von ausschlaggebender Bedeu-
tung. Da eine komplexe Konstruktion aus vielen Einzelsegmenten aufge-
baut wird, müssen auch die Grenzen der Belastbarkeit jeder einzelnen
Fügestelle bekannt sein. Die Gesamtkonstruktion muss so bemessen sein,
dass weder der Grundwerkstoff noch die Schweißnaht unter den im späte-
ren Betrieb auftretenden Spannungen versagen.
Mechanisch-technologische Kennwerte wie Elastizitätsmodul, Zugfes-
tigkeit und Streckgrenze sind physikalisch klar definierte Werkstoffeigen-
schaften, deren Zahlenwerte direkt als Grundlage für Festigkeitsberech-
nungen von Konstruktionsteilen dienen. Eine Prüfmethode wie z. B. der
Kerbschlagbiegeversuch liefert dagegen keine Kennwerte zur Festigkeits-
berechnung, sondern gibt nur die Arbeit an, die notwendig ist, um eine in
ihren Abmessungen genau festgelegte Probe bei einer bestimmten Tempe-
ratur zu zerschlagen. Mit dieser Methode kann lediglich die Temperatur
bestimmt werden, für die ein Werkstoff oder eine Schweißverbindung
wegen der Gefahr des spröden Bruches nicht mehr verwendet werden
kann. Alle ermittelten Kennwerte sind nur dann vergleichbar, wenn die
Probenabmessungen und Prüfbedingungen identisch sind. Aus diesem
Grund werden in den folgenden Abschnitten die wichtigsten Prüfverfahren
erläutert und die zugehörigen Normen oder Empfehlungen angegeben.

11.2 Zugversuch

Der wichtigste und am häufigsten durchgeführte Versuch ist der Zugver-


such. Er wird in der Regel an Rundzugproben DIN 50125 [ 11-1 ] oder an
Flachzugproben (DIN 50120 [11-2], [11-3], NE-Metalle DIN EN 895
[11-23]) durchgeführt (Bild 11-1).
Bei Rundzugproben an Grundwerkstoffen stehen Durchmesser und
Messlänge in einem festen Verhältnis zueinander. Die beiden zugelassenen
Zugproben werden als kurzer Proportionalstab [Probenlänge (L0) = 5 *
296 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Probendurchmesser (d0)] und langer Proportionalstab (L0 = 10 * d0) be-


zeichnet.

Bild 11-1. Beispiele für mögliche Abmessungen von Rund- und Flachzugproben
[11-4].

Die wichtigsten Versuchsparameter beim Zugversuch sind Dehnge-


schwindigkeit ȑ und die Temperatur. Für die meisten Versuche wird die
Dehngeschwindigkeit konstant gehalten. Während die Probe in der Zug-
maschine mit der vorgegebenen Geschwindigkeit belastet wird, können
gleichzeitig die anliegende Kraft sowie die Verlängerung der Probe aufge-
zeichnet werden. Aus diesen Messwerten sind durch Umrechnung die
Spannung (ı) und die Dehnung İ zu ermitteln. Wird die Spannung als
11.2 Zugversuch 297

Funktion der Dehnung aufgetragen, so lässt sich das konventionelle Span-


nung-Dehnungs-Diagramm erstellen (Bild 11-2).
Bei der Prüfung eines niedriglegierten Stahles mit kubisch raumzentrier-
ter Gitterstruktur (krz) ist häufig ein Kurvenverlauf mit ausgeprägter
Streckgrenze gemäß Bild 11-2a messbar. Für Stähle mit kubisch flächen-
zentriertem Gitter (kfz) ergibt sich ein Diagramm ohne ausgeprägte
Streckgrenze (Bild 11-2b).

a)

b)

Bild 11-2. Spannungs-Dehnungs-Diagramm mit ausgeprägter a) (nur bei krz-Git-


ter) und ohne ausgeprägter Streckgrenze b) (kfz- und krz-Gitter).
Aus: Dahl, W., u.a.: Praktikum Werkstoffprüfung. Vorlesungsumdruck. Institut
für Eisenhüttenkunde der RWTH Aachen, 1985.
298 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Die wichtigsten Kennwerte für einen Zugversuch mit Rundzugprobe,


die Bild 11-2 entnommen werden können, sind nach DIN EN 10002-1
[11-24]:
− obere Streckgrenze ReH,
− untere Streckgrenze ReL,
− Zugfestigkeit Rm,
− Reißspannung ıf,
− Lüders-Dehnung Alüd,
− Gleichmaßdehnung Ag,
− Bruchdehnung A.

Eine ausgeprägte Streckgrenze ist vorwiegend bei schweißbaren Bau-


stählen mit C-Gehalten von maximal 0,2 % festzustellen, bei denen inter-
stitiell gelöster Kohlenstoff und Stickstoff für den diskontinuierlichen
Übergang von elastischer zu plastischer Verformung verantwortlich ist.
Ohne ausgeprägte Streckgrenze ist es häufig sehr schwierig, die für die
konstruktive Auslegung eines Bauteiles wichtige Streckgrenze anzugeben.
Aus diesem Grund werden für solche Werkstoffe die Dehngrenzen für eine
plastische Dehnung von 0,01 % (Rp0,01) oder 0,2 % (Rp0,2) angegeben.
Die Bruchdehnung A ist die nach dem Bruch gemessene Gesamtverlän-
gerung der Probe. Bis zur Gleichmaßdehnung Ag liegt eine einachsige
Zugbelastung für die Probe vor. Im Kraftmaximum schnürt die Probe ein,
und es erfolgt der Übergang von einer ein- zu einer dreiachsigen Zugbean-
spruchung. Der Abfall der Spannung nach der Einschnürung der Zugprobe
resultiert aus der Berechnung der Spannung, bezogen auf den Ausgangs-
querschnitt, obwohl der Probenquerschnitt vom Moment der Plastifizie-
rung bis zum Bruch stetig abnimmt. In Wirklichkeit verfestigt sich der
Werkstoff mit zunehmender Verformung immer stärker, d. h., in einem
wahren Spannungs-Dehnungs-Diagramm nimmt die Spannung, bezogen
auf den wahren Querschnitt AW im eingeschnürten Bereich der Zugprobe,
ständig zu. Für das konventionelle Spannungs-Dehnungs-Diagramm ist die
Spannung in der Probe also immer auf den Ausgangsquerschnitt S0 bezo-
gen (ık = F/S0), im wahren Spannungs-Dehnungs-Diagramm ist die Span-
nung immer auf den augenblicklichen Querschnitt bezogen (ıW = F/SW).
Die entsprechende konventionelle Dehnung İk der Zugprobe ist als İk =
(l1 - l0)/l0 definiert, wobei l0 die Ausgangslänge der Probe und l1 die End-
länge der Probe ist. Da sich der Momentanwert der Dehnung laufend
ändert, wird die wahre Dehnung in differentieller Form angegeben (dİW =
dl/l). Durch Integration ergibt sich die wahre Dehnung zu İW = In (l1/l0),
wobei l1 der momentanen Länge der Zugprobe entspricht.
11.2 Zugversuch 299

Im Bild 11-3 sind die wahre und die konventionelle Spannungs-


Dehnungs-Kurve eines S 355 J2G3 dargestellt. Es ist deutlich erkennbar,
dass die Berücksichtigung der Einschnürung einen kontinuierlichen Span-
nungsanstieg im eingeschnürten Bereich zur Folge hat, jedoch dem Last-
maximum kein markanter Punkt zugeordnet werden kann, wie dies im
konventionellen Spannungs-Dehnungs-Diagramm der Fall ist.
Ein weiterer Kennwert ist die Brucheinschnürung Z, die dem Span-
nungs-Dehnungs-Diagramm nicht entnommen werden kann. Sie ist defi-
niert als die prozentuale Querschnittsabnahme an der Bruchstelle und
berechnet sich zu:

Z = (s0 – sU) * 100 % / s0;

sU kleinster Probenquerschnitt nach dem Bruch in mm2,


s0 Anfangsquerschnitt in mm2.

Die Brucheinschnürung und -dehnung kennzeichnen das Formände-


rungsvermögen des Werkstoffes und geben durch ihre Größe Anhaltspunk-
te für die bei der Festigkeitsberechnung einzusetzende Sicherheit gegen
Versagen.
In der Werkstoffprüfung für Schweißnähte findet die ungekerbte Flach-
zugprobe häufig Anwendung. Diese Probe dient zur Ermittlung der Festig-
keitskennwerte der gesamten Schweißverbindung, während die gekerbte
Flachzugprobe die Eigenschaften der Schweißnaht beschreibt, da der
Bruch durch die Querschnittsschwächung in der Schweißnaht erzwungen
wird.

Bild 11-3. Konventionelle und wahre Spannungs-Dehnungskurven eines Stahles S


355 J2G3 bei 20°C.
1 auf den Anfangsquerschnitt bezogene Kraft (konventionelle Spannung);
2 auf den jeweiligen (kleinsten) Querschnitt bezogene Kraft
300 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Für Widerstandspunkt- und Buckelschweißungen, aber auch bei


Schmelzschweißverbindungen im Überlapp- oder Parallelstoß, kommt der
Scherzugversuch zur Anwendung. Die Schweißprobe wird im sogenannten
freien Zugversuch, d. h. ohne Parallelführung der Probe, bis zum Versagen
der Verbindung belastet.

11.3 Dauerschwingversuch

Rein statische Beanspruchungen von Maschinen oder Konstruktionen im


Betrieb sind äußerst selten. Häufig setzen sich die Beanspruchungen aus
einem statischen, periodischen bzw. nicht periodischen und dynamischen
Anteil zusammen. Entstehen durch dynamische Beanspruchungen Brüche,
so werden diese als Dauerschwingbrüche bezeichnet.
Zur Prüfung eines Bauteiles unter schwellender oder wechselnder Belas-
tung ist in DIN 50100 der Dauerschwingversuch genormt. Je nach Belas-
tung werden der Schwellbereich für Zug und Druck und der Wechselbe-
reich unterschieden (Bild 11-4).
Die Ermittlung der Dauerfestigkeit erfolgt meistens nach dem Wöhler-
Verfahren. Hierbei werden mehrere Proben, üblich sind 6 bis 10, einer
schwingenden Beanspruchung unterworfen und die Anzahl der Schwin-
gungen bis zum Bruch ermittelt. Der so gewonnene Wert wird als Bruch-
schwingspielzahl bezeichnet. Je nachdem, ob die Probe im Zugschwell-,
Wechsel- oder im Druckschwellbereich beansprucht werden soll, wird die
Mittelspannung ım oder die Unterspannung ıu für eine Probenreihe kon-
stant gehalten und die Spannungsamplitude ıa oder die Oberspannung ıo

Bild 11-4. Prüfung im Dauerschwingversuch.


11.3 Dauerschwingversuch 301

von Probe zu Probe erhöht. Auf diese Weise kann bei gegebener Mittel-
spannung ım die Spannungsamplitude bestimmt werden, die von der Probe
„unendlich“ oft ertragen werden kann. Die Versuchsergebnisse werden in
Dauerfestigkeitsschaubildern nach Wöhler dargestellt (Bild 11-5). Die
obere Linie, die sogenannte Wöhler-Linie, gibt an, nach wie vielen Last-
spielen N der Bruch bei vorgegebenem Spannungsausschlag ıa eintritt.
Eine beginnende Werkstoffschädigung durch Anrisse wird durch die
Schadenslinie dargestellt. Unterhalb dieser Linie tritt keine Werkstoff-
schädigung auf.
Häufig wird das Wöhler-Schaubild auch in die Bereiche der Zeit- und
Dauerfestigkeit unterteilt (Bild 11-6). Als Zeitfestigkeit wird der Bereich
bezeichnet, in dem ein Bruch der Probe mit abnehmender Spannung bei
steigenden Lastspielzahlen erfolgt. Tritt kein Bruch mehr auf, so wird
dieser Bereich als Dauerschwingfestigkeit oder kurz Dauerfestigkeit
bezeichnet.

Bild 11-5. Bereiche der Schädigung des Werkstoffes im Wöhler-Diagramm.

Bild 11-6. Bereiche der Zeitfestigkeit und der Dauerfestigkeit bei schwingender
Beanspruchung.
302 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Da in einer Versuchreihe die Proben nicht unendlich vielen Lastwech-


seln unterzogen werden können, wurde eine Grenz-Schwingspielzahl NG
eingeführt, ab der ein Werkstoff als dauerfest gilt. Die Grenz-
Schwingspielzahl beträgt für:
− Stähle
7
10 Schwingspiele,
− Leichtmetalle
8
10 Schwingspiele,
− Kupferlegierungen
7
5*10 Schwingspiele.

Um die Versuchreihen zu verkürzen, werden Grenz-Schwingspielzahlen


oft auf 2 * 106 Lastspiele für Stahl und auf 1 bis 5 * 107 Lastspiele für
Leichtmetalle reduziert. Aus diesem Grund sollen zu der ermittelten Dau-
erfestigkeit die entsprechenden Grenz-Schwingspielzahlen angegeben
werden, z. B. ıD(107) = + 100 ± 170 N/mm2.
Neben dem Dauerfestigkeitsschaubild nach Wöhler sind weitere Schau-
bilder entwickelt worden, auf die hier nicht weiter eingegangen werden
soll.
Bei der Durchführung von Schwingversuchen an Schweißnähten treten
mehrere Faktoren auf, welche die Dauerfestigkeit stark beeinflussen. Der
Eigenspannungszustand nach dem Schweißen, die Kerbwirkung an den
Werkstoffübergängen und die Ausbildung der Gefügestruktur im
Schweißgut und in der WEZ führen zu einer erheblich reduzierten Dauer-
festigkeit im Vergleich zu einer ungeschweißten Probe aus dem gleichen
Grundwerkstoff. Die Dauerschwingfestigkeit einer geschweißten, polierten
Probe erreicht im günstigsten Fall den Wert einer unbearbeiteten und
ungeschweißten Probe unter sonst gleichen Rand- und Versuchsbedingun-
gen.

11.4 Ermittlung der Zähigkeit

11.4.1 Technologischer Biegeversuch

Zur Ermittlung der Verformungsfähigkeit der Schweißverbindung dient


nach DIN EN 910 der Biegeversuch [11-25]. In diesem Versuch wird eine
Probe auf zwei Stützrollen gelegt und von einem Biegedorn zwischen
diesen Auflagern durchgebogen. Der freie Durchgang zwischen beiden
Stützrollen muss nach DIN EN 910 zwischen l = d + 2a und l = d + 3a
liegen (vgl. Bild 11-7). Dabei ist d der Biegedorndurchmesser und a die
Probendicke.
11.4 Ermittlung der Zähigkeit 303

Bild 11-7. Anordnung der Stützrollen beim Biegeversuch und Bearbeitung und
Bezeichnung der Abmessungen der Biegeproben an Schweißnähten nach [11-25].
a Probendicke;
R Stützrollenradius;
d Biegedorndurchmesser;
b Probenbreite;
l freier Durchgang zwischen den Stützrollen;
Lt Probenlänge.
304 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Während der Versuchsdurchführung wird die Unterseite der Biegeprobe


(Zugseite) beobachte, und im Fall der Rissbildung wird der Versuch sofort
abgebrochen. Im entlasteten Zustand wird anschließend der bis zum Anriss
erreichte Biegewinkel aus 2° genau bestimmt. Neben dem Biegewinkel
muss das Versuchsprotokoll auch den Durchmesser des verwendeten
Biegedorns und die Lage des Anrisses, z. B. WEZ oder Schweißnaht,
enthalten. Ein Biegewinkel von 180° gilt als erreicht, wenn die Probe ohne
Anriss zwischen den Stützrollen durchgedrückt wird. In Bild 11-7 sind die
Probengeometrien für diesen Versuch dargestellt. Je nach Ausrichtung der
zu biegenden Schweißnaht kann zwischen der Quer-, Seiten- und Längs-
biegeprobe unterschieden werden. Es kann über die Wurzel oder über die
Decklage gebogen werden. Bei allen Probenarten wird die Schweißraupe
bis auf Blechdicke abgearbeitet, um die Beeinflussung des Versuchsergeb-
nisses durch Kerbwirkung auszuschließen. Die Probendicke ist bei Quer-
und Längsbiegeproben gleich der Blechdicke, Seitenbiegeproben werden
üblicherweise erst bei größeren Blechdicken vorgesehen.

11.4.2 Kerbschlagbiegeversuch

Der Kerbschlagbiegeversuch dient zur Ermittlung der Verformungsfähig-


keit des Grundwerkstoffes, DIN 50115, oder der Schweißverbindung, DIN
EN 875, unter besonders ungünstigen Bedingungen, d. h. hoher Belas-
tungsgeschwindigkeit und mehrachsigem Spannungszustand im Kerbgrund
[11-7], [11-8].
Bei diesem Versuch wird eine gekerbte, quaderförmige Probe auf zwei
Widerlager gelegt und von einem Kerbschlaghammer auf der dem Kerb
gegenüberliegenden Seite getroffen, zerschlagen oder nur verbogen und
zwischen den Widerlagern durchgezogen. Die Messungen im Kerbschlag-
biegeversuch erfolgen an Proben mit verschiedenen Temperaturen. Die für
die entsprechende Temperatur benötigte Arbeit Av wird gemessen. Die
ermittelte Kerbschlagarbeit kann als Funktion der Temperatur in einem
Diagramm dargestellt werden. Bild 11-8 zeigt die Proben- und Kerbform
(ISO-V-Kerb) sowie schematisch die Ergebnisse eines solchen Versuches.
Für jede Prüftemperatur sollten mindestens drei Proben zerschlagen
werden, und in dem sich daraus ergebenden Kerbschlagarbeits-
Temperatur-Diagramm, kurz Av-T-Kurve, sollte neben den Mittelwerten
der Kerbschlagarbeit auch die Breite der Streubänder angegeben werden.
In dieser Kurve können die Bereiche der Hochlage, d. h. zähes Werk-
stoffverhalten, und der Tieflage, d. h. spröder Bruch der Probe, unterschie-
den werden. Dem Übergangsbereich, also dem Steilabfall der Kerbschlag-
arbeit, wird eine Übergangstemperatur Tü zugeordnet, bei deren Über-
schreiten ein Übergang von sprödem zu zähem Bruchverhalten auftritt. Da
11.4 Ermittlung der Zähigkeit 305

sich der Steilabfall über einen gewissen Bereich erstreckt, kann der Über-
gangstemperatur kein eindeutiger Wert zugewiesen werden. Für die Über-
gangstemperatur sind drei gängige Definitionen festgelegt worden:

1. Die Übergangstemperatur wird als die Temperatur definiert, bei der nur
noch die Hälfte der Kerbschlagarbeit der Hochlage benötigt wird. Kurz-
schreibweise: T50% oder TAv-max/2.
2. Als Übergangstemperatur wird diejenige Temperatur definiert, bei der
die Kerbschlagarbeit einen bestimmten Wert erreicht. Für den Grund-
werkstoff wird die Übergangstemperatur häufig bei 27 J (T27J) und für
Schweißzusatzwerkstoffe bei 28 J oder 47 J (T28J,T47J) festgelegt.
3. Oftmals wird der Gleitbruchanteil als Kriterium für die Übergangstem-
peratur herangezogen. Beträgt der Gleitbruchanteil auf der Bruchfläche
50%, so kann dies als die Übergangstemperatur definiert werden (FATT
50: Fracture Appearence Transition Temperature).

Bild 11-8. Kerbschlagbiegeprobe und schematische Darstellung der Versuchser-


gebnisse in einer Av-T-Kurve [11-8].

Im Bild 11-9 sind die für die Prüfung der Kerbschlagzähigkeit von
Schweißverbindungen wichtigen Probenlagen dargestellt. Durch die Varia-
tion der Kerblage kann die Zähigkeit der einzelnen Schweißnahtbereiche,
wie WEZ, Schmelzlinie, Schweißgut und Grundwerkstoff, recht genau
306 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Bild 11-9. Lage von Kerbschlagbiegeproben in schmelzgeschweißten Stumpfnäh-


ten nach [11-8].

ermittelt werden. Für die Probenentnahme aus dem Grundwerkstoff muss


darauf geachtet werden, ob die Probe senkrecht, längs oder quer zur Walz-
richtung des Bleches entnommen wurde. Für die verschiedenen Kerblagen
der Proben ergeben sich, bedingt durch die inhomogene Verteilung ausge-
walzter Sulfideinschlüsse im Blech, stark schwankende Messwerte.
Der Einfluss verschiedener Legierungselemente auf die Ausbildung der
Av-T-Kurve geht aus Bild 11-10 hervor. Durch steigende Mangangehalte
wird die Kerbschlagarbeit in der Hochlage erhöht und die Übergangstem-
peratur zu niedrigeren Werten verschoben. Die Werte der Tieflage bleiben
weitestgehend unbeeinflusst, so dass sich der Steilabfall mit steigenden
Mn-Gehalten immer stärker ausprägt. Aus Bild 11-10 ist weiterhin ersicht-
lich, dass steigende Kohlenstoffgehalte die Übergangstemperatur anheben
und die Werte der Hochlage senken, der Werkstoff versprödet. Nickelan-
teile im Stahl senken zwar die Werte in der Hochlage leicht ab, doch kann
durch steigende Anteile an Nickel der Abfall der Kerbschlagarbeit ver-
langsamt werden. Bei austenitischen Stählen, die mit Nickelanteilen über
8 % legiert sind, tritt kein Steilabfall mehr auf, und selbst bei tiefsten
Temperaturen zeigt der Stahl ein zähes Bruchverhalten.
Neben der Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften durch die Zugabe
von Nickel kann die Zähigkeit von Stählen durch ein feinkörniges Gefüge
verbessert werden. Dies führte zur Entwicklung der Feinkornbaustähle.
Im Bild 11-11 ist deutlich zu erkennen, dass die niedriglegierten Bau-
stähle wesentlich geringere Kerbschlagwerte für die entsprechenden Tem-
peraturen aufweisen als die Feinkornbaustähle S 355 N, S 690 N und
S 460 M. Am Beispiel des S 235 JR / S 355 J2G3 und S 355 N / S 690 N
ist ersichtlich, dass eine Steigerung der Festigkeit meist mit einer vermin-
11.4 Ermittlung der Zähigkeit 307

Bild 11-10. Einfluss von Mangan, Nickel und Kohlenstoff auf die Av-T-Kurve.

Bild 11-11. Av-T-Kurven verschiedener Baustähle.


308 11 Prüfung von Schweißverbindungen

derten Zähigkeit erkauft werden muss. Eine Verbesserung gelang hier


durch die Anwendung der thermomechanischen Behandlung (TM-Stähle).
Das kontrollierte Walzen verbesserte die Festigkeits- und Zähigkeitswerte
bei gleichzeitiger Einsparung von Legierungselementen.

11.5 Härteprüfung

Martens definierte 1912 die „Härte“ als „den Widerstand, den ein Körper
dem Eindringen eines härteren Prüfkörpers entgegensetzt“. Die Härte ist
jedoch keine physikalisch definierte Größe. Die Messmethoden zur Be-
stimmung der Härte sind also nur vergleichbar, wenn sie nach fest vorge-
schriebenen Versuchsbedingungen durchgeführt werden. Die Härteprüfung
liefert lediglich einen Kennwert, der sich in der Praxis der Werkstoffprü-
fung bewährt hat.
Die Härteprüfverfahren unterscheiden sich nach der Art der Lastauf-
bringung in dynamische und statische Verfahren. Statische Prüfverfahren
haben folgende Merkmale:
− stoßfreie Aufbringung der Prüflast,
− festgelegte Zeit für das Halten der Prüflast,
− hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Messergebnisse und
− überwiegend stationärer Einsatz.

Bei den statischen Prüfverfahren besteht ein Unterschied in der Höhe


der aufgebrachten Prüflast. Messungen mit Prüflasten kleiner als 2 N
werden als Mikro-Härtemessung, mit Lasten zwischen 2 N und 49 N als
Kleinlast-Härtemessung und mit Prüflasten größer als 49 N als Makro-
Härtemessung bezeichnet.
Die dynamischen Härteprüfverfahren sind durch stoßartige Krafteinwir-
kung, kurzzeitige Lastaufbringung und geringe Genauigkeit gekennzeich-
net. Neuere vollelektronische Prüfverfahren sind den konventionellen
dynamischen Verfahren, z. B. Poldihammer, in Bezug auf Messgenauig-
keit um ein Vielfaches überlegen und erreichen in einigen Fällen sogar die
Genauigkeit und Reproduzierbarkeit statischer Messapparaturen.
Für die unterschiedlichen Messergebnisse der gängigsten statischen
Härteprüfverfahren besteht die Möglichkeit, mit Hilfe von Ver-
gleichstabellen nach DIN EN ISO 18265 die ermittelten Werte eines
Verfahrens auf andere zu übertragen [11-27].
11.5 Härteprüfung 309

11.5.1 Härteprüfung nach Brinell

Die Bestimmung der Härte nach Brinell ist nach DIN EN ISO 6506-1
genormt und das älteste heute noch angewendete Verfahren [11-28]. Der
Eindringkörper ist entweder eine gehärtete Stahlkugel (HBS) oder eine
Hartmetallkugel (HBW). Die Kraft ist in einer Zeit von 2 s bis 8 s aufzu-
bringen und sollte für eine Zeitdauer von 10 s bis 15 s auf dem Prüfstück
lasten. Der Eindruckdurchmesser wird mit einem Mikroskop gemessen,
und die Härte ergibt sich dann aus der Formel

HBW oder HBS = 0,102 F /ʌ* D (D - ¥D - d )


2 2

wobei D der Kugeldurchmesser, d der Durchmesser des Eindruckes und F


die Prüfkraft ist (Bild 11-12 a). Der entstandene Durchmesser des Eindru-
ckes sollte nicht kleiner als 0,2 D (aufgrund eines unschärfer werdenden
Randes) sein. Wegen der Gefahr des Wegquetschens des Werkstoffes und
der damit verbundenen Verfälschung des Härtewertes liegt die obere
Grenze des Abdruckdurchmessers bei 0,6 D.
Für das Brinell-Verfahren können Prüflast, Kugeldurchmesser und Ein-
wirkzeit variiert werden. Für eine normgerechte Härteangabe sind diese
drei Parameter anzugeben, falls sie von den Standardwerten abweichen.
Üblich sind Kugeldurchmesser von 10 mm, Prüfkräfte von 29420 N und
Einwirkzeiten von 10 s bis 15 s. Bei weichen, stark fließenden Stoffen ist
die Einwirkzeit auf etwa 30 s zu erhöhen und muss in der Härteangabe
entsprechend vermerkt sein. Prüfergebnisse sind nur dann vergleichbar,
wenn die Quotienten aus Prüfkraft und Quadrat des Kugeldurchmessers
2
(0,102 F/D ) gleich sind. Dieser Quotient wird auch als Belastungsgrad der
Probe bezeichnet und sollte für Stahl den Wert 30 annehmen. Neben den
Vorteilen des geringen Aufwandes für eine Probenpräparation und den
geringen Kosten für die Ersatzbeschaffung eines neuen Eindringkörpers
steht diesem Prüfverfahren der Nachteil einer eingeschränkten Anwend-
barkeit gegenüber. So dürfen die Proben eine bestimmte Mindestdicke
nicht unterschreiten, und die Härte des Werkstoffes sollte nicht über
450 HB liegen, da bei solchen Härten eine elastische Abplattung der
Stahlkugel auftritt, die eine korrekte Bestimmung der Härte nicht zulässt.

11.5.2 Härteprüfung nach Vickers

Das heute am häufigsten eingesetzte Vickers-Verfahren ist in DIN EN ISO


6507-1 genormt und hat eine große Ähnlichkeit mit der Härteprüfung nach
Brinell [11-29]. Zur Bestimmung der Härte dient an Stelle der Stahlkugel
eine Diamantpyramide mit einem Winkel von 136°. Zur normgerechten
310 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Kennzeichnung der Vickers-Härte werden der Bezeichnung HV die Prüf-


last und die Einwirkdauer nachgestellt.
Das Vickers-Härteprüfverfahren kann nach der Höhe der aufgebrachten
Prüflasten in den Mikrobereich, mit Lasten unter 1,96 N, den Kleinlastbe-
reich, mit Prüfkräften von 1,96 N bis 49 N und in den Makrobereich, mit
Kräften von 49 N bis 980 N, eingeteilt werden (Tabelle 11-1).

Tabelle 11-1. Einteilung der Vickers-Härte in den Makro- und Kleinlastbereich


und die hierfür eingesetzten Prüfkräfte.

Makrobereich Kleinlastbereich
Prüfbedingung Prüfkraft F Prüfbedingung Prüfkraft F
N N
HV 0,2 1,961 HV 5 49,03
HV 0,3 2,942 HV 10 98,07
HV 0,5 4,903 HV 20 196,1
HV 1 9,807 HV 30 294,2
HV 2 19,61 HV 50 490,3
HV 3 29,42 HV 100 980,7

Nach Aufbringen einer bestimmten Prüflast und einer Einwirkdauer von


10 s bis 5 s werden die Längen der Diagonalen d1 und d2 der eingedrückten
quadratischen Grundfläche bestimmt. Bild 11-12b zeigt die Abdrücke der
Prüfkörper bei der Härteprüfung nach Brinell und nach Vickers.
Mit Hilfe des Mittelwertes d = (d 1 + d2) / 2 kann die entsprechende Här-
te HV nach folgender Formel bestimmt werden:
2 2
HV = 0,102 F / (d / 1,854) = 0,1891 F / d ;
F Prüfkraft in N,
d Mittelwert der Diagonalen (d1 + d2) / 2 in mm.

Die Vickers-Härte ist für große Prüfkräfte bis herab zu etwa 50 N unab-
hängig von der Prüflast. Für kleinere Prüflasten nimmt die plastische
Verformung der Prüfstelle ab, und die elastischen Anteile gewinnen immer
größere Bedeutung. Hieraus resultiert ein scheinbarer Härteanstieg für
kleinere Prüflasten, da das Verhältnis von plastischer zu elastischer Ver-
formung immer kleiner wird. Bei extrem kleinen Prüflasten, z. B. HV 0,3,
nähert sich die Länge des eingedrückten Quadrates den Abmessungen von
Gefügekörnern, so dass die Härtewerte letztendlich Einkristallhärtemes-
sungen sind, die von einer Härtemessung zur anderen stark schwanken.
11.5 Härteprüfung 311

Bild 11-12. Härteprüfung nach Brinell (a) und nach Vickers (b).

Ein wesentlicher Vorteil des Vickers-Verfahrens ist die gute Vergleich-


barkeit der Messwerte mit denen des Brinell-Verfahrens bis zu Härten von
300 HB. Darüber hinaus ist die geforderte Mindestblechdicke für eine
Härteprüfung nach Vickers wesentlich geringer als für eine Prüfung nach
Brinell. Wegen der kleinen Pyramideneindrücke ist dieses Verfahren für
die Messung der Härte an dünnwandigen Bauteilen besonders geeignet.
Das Vickers-Verfahren ist das für die Bestimmung der Härteverläufe in
Grundwerkstoff, WEZ und Schweißgut wichtigste Verfahren in der
Schweißtechnik. Aufgrund der geringen Prüflasten sind sehr kleine Berei-
che in der Schweißnaht auf unzulässige Aufhärtungen oder unzulässige
Härteabfälle zu untersuchen. Dabei muss der Abstand zwischen zwei
Eindruckstellen so gewählt werden, dass die Zonen plastischer Verfor-
mung sich nicht überlagern.

11.5.3 Härteprüfung nach Rockwell

Die Härteprüfung nach Rockwell ist ein Verfahren mit Eindringtiefenmes-


sung des Prüfkörpers nach DIN 50103 und nach DIN EN ISO 6508
[11-31] [11-32]. Es kommen zwei verschiedene Eindringkörper zur An-
wendung, ein Diamantkegel mit abgerundeter Spitze (HRA/HRC) oder
eine gehärtete Stahlkugel (HRB/ HRF).
Für eine Härtemessung muss eine einwandfreie Probenoberfläche vor-
liegen, da mit zunehmender Rauhtiefe die Rockwell-Härte abnimmt. Die
312 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Last wird in zwei Stufen aufgebracht. Der Diamantkegel wird mit einer
Prüfvorkraft von 98 N stoßfrei in die Probe gedrückt. Anschließend wird
das Messsystem auf die Nullmarke gesetzt und dann die für das entspre-
chende Verfahren vorgeschriebene Prüflast aufgebracht. Diese Prüflast
beträgt für das Verfahren A 490 N und für das Verfahren C 1373 N. In der
Regel kann die Prüflast von der Probe genommen werden, wenn der Zei-
ger der Messuhr zum Stillstand gekommen ist. Auf der Messuhr ist direkt
die Eindringtiefe des Diamanten in den Werkstoff bzw. die entsprechende
Härte abzulesen.
Das Verfahren Rockwell C wird bevorzugt für gehärtete Stähle in einem
Härtebereich von 20 HRC bis 70 HRC angewandt, mit der Härteprüfung
nach Rockwell A werden bevorzugt sehr harte Werkstoffe im Bereich von
60 HRA bis 88 HRA untersucht. Für Werkstoffe mittlerer und niedriger
Härte sind die Verfahren Rockwell B und F mit Stahlkugel geeignet.
Die besonderen Vorteile der Rockwell-Prüfung liegen in der Wirtschaft-
lichkeit des Verfahrens begründet. Es entfällt eine aufwendige Probenvor-
bereitung, und für die Härtebestimmung müssen keine Abdrücke ausge-
messen werden. Außerdem ist eine Automatisierung im Gegensatz zu
Verfahren mit optischer Eindruckmessung besser möglich.
Als nachteilig hat sich die Empfindlichkeit des Diamant-Eindring-
körpers herausgestellt. Eine Beschädigung der Diamantspitze ist fast nie
mit bloßem Auge zu erkennen und eine hierdurch hervorgerufene Fehl-
messung wird leicht übersehen.

11.6 Prüfung von Schweißverbindungen

11.6.1 Prüfung der Schweißeignung

Nach DIN 8528 wird die Schweißbarkeit eines Bauteiles durch die äußeren
Faktoren Schweißeignung, Fertigung und Konstruktion bestimmt. Die
Eigenschaften des Werkstoffes sind von ausschlaggebender Bedeutung für
die Schweißeignung und nur in geringem Maße bei der Fertigung und
Konstruktion zu berücksichtigen. Die Eignung eines Werkstoffes zum
Schweißen wird durch seine chemische Zusammensetzung sowie die
metallurgischen und physikalischen Eigenschaften bestimmt, siehe Ab-
schnitt 1. Neben den „konventionellen“ Verfahren, die zur Werkstoffprü-
fung häufig an den Grundwerkstoffen durchgeführt werden, wie Zugver-
such, Kerbschlagbiegeversuch oder Korrosionstests, wurden in der
Schweißtechnik Methoden entwickelt, um die Werkstoffe bezüglich ihrer
Rissanfälligkeit zu beurteilen.
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 313

11.6.1.1 Kaltrissprüfverfahren
Zur Prüfung der Kaltrissneigung von Schweißverbindungen wurden bis-
lang eine Reihe von Kaltrissprüfverfahren in verschiedenen Ländern
entwickelt. Eine einheitliche Normung der Kaltrisstests liegt bis heute
noch nicht vor, so dass für ein und denselben Kaltrisstest neben den Pro-
benabmessungen auch die Versuchbedingungen stark variieren können.
Eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse wird hierdurch in vielen Fällen
unmöglich.
Wie bereits im Abschnitt 10.3.2.2 erläutert, ist der Wasserstoffgehalt für
die Kaltrissbildung von großer Bedeutung. Bei vielen Kaltrisstests kann
der Wasserstoffgehalt im Werkstoff durch verzögerte oder beschleunigte
Abkühlung in großem Umfang variiert werden. Dies geschieht häufig
durch eine Erhöhung bzw. ein Senken von Streckenenergie und Vorwärm-
temperatur. Bei den gegebenen Schweißparametern Streckenenergie,
Vorwärmtemperatur und Wasserstoffgehalt kann dann die Kaltrissemp-
findlichkeit der Schweißverbindung beurteilt werden. Die Kaltrisstests
lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
− Verfahren mit selbstbeanspruchender Probe und
− Verfahren mit fremdbeanspruchter Probe, d. h., die Probe kann mit einer
definierten Kraft belastet werden.

Zu den selbstbeanspruchenden Verfahren gehören der CTS-Test


(Control Thermal-Severity), der GBOP-Test (Gapped Bead On Plate), der
Tekken- und der Lehigh-Test. Zu den fremdbeanspruchten Kaltrisstests
zählen der RRC-Test (Rigid Restraint Cracking), der IRC-Test (Instrumen-
ted Restraint Cracking), der TRC-Test (Tensile Restraint Cracking) und
der Implant-Test. Die beiden am häufigsten verwendeten Tests, der Tek-
ken- und der Implant-Test, werden im Folgenden beschrieben. Eine aus-
führliche Darstellung der Kaltrisstests findet sich in [11-4].

11.6.1.1.1 Implant-Test
Diese Prüfmethode wurde Anfang der sechziger Jahre vom Institute de
Soudure in Frankreich entwickelt und erfuhr danach weltweite Verbrei-
tung. Der Implant-Test wird in verschiedenen Varianten durchgeführt und
ist nicht genormt. Eine Vereinheitlichung des Prüfverfahrens wird ange-
strebt, es stehen zur Zeit jedoch nur eine IIW-Empfehlung und die DVS-
Richtlinie 1001 zur Verfügung [11-15].
Beim Implant-Test wird eine zylinderförmige Implant-Probe in die Boh-
rung einer Trägerplatte eingesetzt und mit dieser durch eine Auftragraupe
verschweißt (Bild 11-13). Die Implant-Probe hat einen Durchmesser von
6 mm oder 8 mm und besitzt am oberen eingeschweißten Ende einen etwa
314 11 Prüfung von Schweißverbindungen

10 mm langen Wendelkerbe mit fest vorgegebenen Maßen. Der Kerb soll


innere Fehler und Anrisse in einer Schweißnaht simulieren und nach der
Verschweißung von Probe und Trägerplatte in der Grobkornzone der WEZ
liegen. Nach der Schweißung wird die Implant-Probe mit einer statischen
Zugbelastung beaufschlagt.
Für die Durchführung und Auswertung des Implant-Testes lassen sich
zwei Kriterien unterscheiden:
− Bruchkriterium. Der Implantstab wird bis zum Bruch durch eine stati-
sche Last beansprucht. Die kritische Bruchspannung ist ein Maß für die
Kaltrissempfindlichkeit des Stahles. Diese Prüfmethode ist mit gerin-
gem Aufwand verbunden und hierdurch recht kostengünstig durchzu-
führen.
− Risskriterium. Zielgröße ist hierbei die kritische Spannung, die der
Werkstoff des Implantstabes ohne Anrisse erträgt. Der Versuchaufwand
steigt bei dieser Untersuchungsmethode, da neben der Herausarbeitung
des Implantstabes auch noch eine metallographische Untersuchung der
Probe auf Anrisse erfolgen muss.

Bild 11-13. Prinzipieller Versuchsaufbau beim Implant-Test und schematische


Darstellung des Temperatur- und -Lastverlaufes.
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 315

Ein Ausreißen der Schweißnaht oder ein Riss im Schweißgut ist weder
für das Bruch- noch für das Risskriterium zulässig. Der Implant-Test
erlaubt lediglich Aussagen über das Kaltrissverhalten des Grundwerkstof-
fes in der WEZ. Wurde die Implant-Probe im Schweißgut der Auftrags-
raupe gerissen, so ist eine für den Stahl der Implant-Probe entsprechende
höherfeste Elektrode auszuwählen.
Für den Implant-Test können folgende Parameter verändert werden:
− Vorwärmtemperatur,
− Nachwärmtemperatur und Dauer der Wärmenachbehandlung,
− angelegte Implant-Spannung,
− Wasserstoffgehalt der verwendeten Elektrode und
− Streckenenergie,

jedoch sollte die Temperatur im Moment der Lastaufbringung gemäß


DVS-Richtlinie 1001 immer zwischen 100°C und 150°C liegen.
Geschah 16 h nach der Lastaufbringung kein Anriss oder Bruch der
Probe, so gilt der Stahl unter den gegeben Versuchbedingungen nach
DVS-Richtlinie 1001 als kaltrissunempfindlich.

11.6.1.1.2 Tekken-Test
Der selbstbeanspruchende Tekken-Test wurde für die Praxis entwickelt
und ist mit dem Lehigh-Test zu vergleichen. Lediglich in Japan wurde
dieser Test bis jetzt genormt.
Bei diesem Test werden zwei Bleche mit den im Bild 11-14a dargestell-
ten Nahtvorbereitungen in einer Einspannvorrichtung durch sogenannte
Ankernähte oder Halteraupen miteinander verbunden (Bild 11-14b). Am
häufigsten kommt beim Tekken-Test die Y-Naht zum Einsatz. Die Proben-
form simuliert die Verhältnisse beim Schweißen einer Wurzelraupe.
Nach einer Vorwärmung des ganzen Teststückes wird die eigentliche
Testnaht zwischen die Halteraupen geschweißt. Üblicherweise wird die
Testnaht mit Elektroden unter Standardbedingungen, 4 mm Elektroden-
durchmesser, I = 170 A, U = 28 V, v s = 15 cm/min, geschweißt, und ledig-
lich die Vorwärmtemperatur wird variiert. Nach einer Auslagerung von
48 h oder 78 h wird die Testnaht auf Risse untersucht. Die Rissuntersu-
chung kann an mehreren Querschliffen der Schweißnaht erfolgen. Die
entstandenen Risse werden durch eine Auslagerung unter oxidierender
Atmosphäre bei 350°C für 2 h bis 3 h an den Anlauffarben im Schliff
deutlich erkennbar. Des weiteren ist es möglich, die Testnaht zu brechen
und die angelaufenen Rissflächen auf die untersuchte Gesamtbruchfläche
zu beziehen.
316 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Ziel dieses Versuches ist es, eine Mindestvorwärmtemperatur zu ermit-


teln, bei der keine Risse mehr auftreten. Werden bei der Rissauswertung
lediglich Risse in der WEZ berücksichtigt, so ist es möglich, Aussagen
über die Kaltrissempfindlichkeit des Grundwerkstoffes bei gegebener Vor-
wärmtemperatur zu treffen.

Bild 11-14. Verschiedene Nahtvorbereitungen beim Tekken-Test (a) und Lage der
Ankernähte und der Testnaht (b).
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 317

11.6.1.2 Heißrissprüfverfahren

11.6.1.2.1 Heißrissprüfung mit selbstbeanspruchenden Proben

Die Prüfung der Schweißzusatzwerkstoffe auf ihre Rissempfindlichkeit ist


nach DIN 50129 genormt [11-16]. Die hierin beschriebenen Prüfungen
sind jedoch nur für das Schweißen mit Stabelektroden, das MSG-
Verfahren und das WIG-Verfahren bei fest vorgeschriebenen Durchmes-
sern des Schweißstabes bzw. der Elektroden zulässig. In DIN 50129 wird
kein Hinweis auf die Entstehung der Risse gegeben. Da jedoch nur das
Schweißgut untersucht wird, kann in diesem Fall von einer Prüfung der
Heißrissempfindlichkeit des Schweißzusatzwerkstoffes gesprochen wer-
den.
Bei der im Bild 11-15 abgebildeten Doppelkehlnahtprobe wird zunächst
Naht 1 vollständig ohne Unterbrechung geschweißt, und nach spätestens
20 s muss mit der Schweißung von Naht 2 in entgegengesetzter Richtung
begonnen werden. Das a-Maß von Naht 2 muss mindestens 20 % unter
dem von Naht 1 liegen. Nach dem Erkalten wird zunächst Naht 1 auf Risse
untersucht. Ist Naht 1 nicht rissfrei, so ist der Versuch ungültig. Im Fall
einer fehlerfreien ersten Naht wird Naht 2 mit der Lupe auf Risse unter-
sucht. Anschließend wird Naht 1 abgearbeitet und die zweite Naht durch
Umbiegen von der Wurzel her aufgebrochen. Als Prüfergebnis werden
Oberflächen- und Wurzelrisse nach Lage, Richtung, Anzahl und Länge
festgehalten. Der Schweißzusatzwerkstoff gilt nach DIN als „nicht rissan-
fällig“, wenn die Schweißnähte in dieser Prüfung rissfrei sind.

Bild 11-15. Doppelkehlnahtprobe zur Prüfung der Rissanfälligkeit von Schweiß-


zusatzwerkstoffen nach [11-16].
318 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Neben der Doppelkehlnahtprobe sind in DIN 50129 weitere Prüfkörper


zur Bestimmung der Rissanfälligkeit von Schweißzusatzwerkstoffen
aufgelistet. Hierzu gehören zwei Doppelkehlnahtproben mit unterschiedli-
cher Blechdicke und Geometrie. Bei erhöhten Anforderungen an den
Zusatzwerkstoff kann auf eine in DIN 50129 ebenfalls beschriebene Zy-
linderprobe zurückgegriffen werden.
Bild 11-16 zeigt eine Versuchanordnung zur Untersuchung der Heiß-
rissneigung von Stumpfnähten. Dieses Verfahren wurde zur Prüfung von
dünnen Stahlblechen und Nichteisenmetallen entwickelt [11-17]. Die aus
der Schrumpfung der Schweißnaht resultierenden Spannungen werden in
einem instrumentierten Einspannversuch aufgezeichnet, und die entstehen-
den Risse können als Funktion von Temperatur und Gefüge ermittelt
werden. Die im Bild 11-16 dargestellten Einspannvorrichtungen und der
Einspannversuch sind nicht genormt.

Bild 11-16. Eigenspannversuch zum Prüfen der Heißrissanfälligkeit [11-17].

11.6.1.2.2 Heißrisstest mit Biegebeanspruchung


Alle bisher genannten sich selbst beanspruchenden Proben liefern als
Messwert eine Risslänge, die quantitativ nicht verwertbar ist, da Bezugs-
größen fehlen. Es kann lediglich eine Ja/Nein-Entscheidung bezüglich der
Warmrissneigung des Schweißgutes getroffen werden. Die im Folgenden
aufgeführten Heißrissprüfverfahren ermöglichen definierte Einspannbe-
dingungen und in begrenztem Umfang auch eine Variation der äußeren
Beanspruchung des Schweißgutes.
Beim Murex-Test wird 5 s nach Beginn des Schweißens eine Proben-
hälfte nach unten gebogen, wobei die Beanspruchungsgeschwindigkeit
veränderbar ist (Bild 11-17) [11-18]. Nachteilig bei dieser Prüfung ist die
Änderung der Nahtgeometrie während des Testes. Der Murex-Test erlaubt
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 319

Bild 11-17. Murex-Test [11-18].

ausschließlich eine Aussage über die Rissempfindlichkeit des Schweißgu-


tes.
Der Varestraint-Test ist eine Prüfmethode zur Ermittlung der Querriss-
empfindlichkeit des Schweißgutes und der WEZ des Grundwerkstoffes.
Als Schweißverfahren können sowohl das MSG- als auch das WIG-
Verfahren ohne Schweißzusatzwerkstoff eingesetzt werden. Dabei wird
eine Raupe auf die Oberseite einer einseitig fest eingespannten Probe
geschweißt, die mit ihrem freien Ende mit variierbarer Kraft und Ge-
schwindigkeit über einen Radius so gebogen wird, dass oberflächennah
definierte Dehnungen erzeugt werden (Bild 11-18). Bei um 90° versetzter
Probenanordnung kann mit der gleichen Prüfeinrichtung die Längsheiß-
rissempfindlichkeit von Werkstoffkombinationen untersucht werden
(Transvarestraint-Test). Der Varestraint-Test eignet sich sowohl für die
Heißrissprüfung des Schweißgutes (Erstarrungsrisse) als auch die des
Grundwerkstoffes (Wiederaufschmelzungsrisse). Ein Kriterium zur
Bewertung der Anzahl von Heißrissen wurde allerdings bisher nicht
festgelegt.

Bild 11-18. Varestraint-Test mit Verformung längs und quer zur Schweißnaht
[11-17].
320 11 Prüfung von Schweißverbindungen

11.6.2 Ermittlung äußerer Fehler

11.6.2.1 Sichtprüfung
Zur Prüfung auf Fehlerfreiheit ist die Sichtprüfung das einfachste zerstö-
rungsfreie Prüfverfahren. Zweckmäßigerweise wird nach Entfernen von
Schlackenresten, Schweißspritzern und losem Zunder die Oberflächen der
einzelnen Schweißlagen mit dem bloßen Auge oder mit einer Lupe haupt-
sächlich im Wurzelbereich und an Übergängen zum Grundwerkstoff
betrachtet. Dabei ist besonders die Naht auf Risse, Bindefehler und Wur-
zelfehler sowie auf unzulässige Einbrandkerben, Nahtüberhöhungen und
unregelmäßige Nahtoberflächen zu untersuchen. Fehler im Inneren von
Rohren und an schwer zugänglichen Stellen können mit Endoskopen oder
Videoeinrichtungen betrachtet werden.
Die Grenzen des Verfahrens liegen in der Zugänglichkeit und Erkenn-
barkeit von Oberflächenfehlern, beeinflusst durch den Oberflächenzustand,
die Größe des zu betrachtenden Objektes, Umgebungseinflüsse wie Be-
leuchtung und Reflexionen, die Größe der oft nur wenige Mikrometer
breiten Rissspuren und die subjektive Beurteilung des Beobachters.

11.6.2.2 Farbeindringverfahren
Das Farbeindringverfahren ist ein preisgünstiges und einfaches Prüfverfah-
ren zur Untersuchung von Oberflächenrissen und nach DIN EN 571-1
genormt [11-19]. Das Prinzip ist im Bild 11-19 dargestellt.

Bild 11-19. Prinzip der Oberflächen-Rissprüfung mit Hilfe des Farbeindringver-


fahrens.
a1 vor der Prüfung; a2 nach Aufbringen der Farblösung;
a3 nach Entfernen der überschüssigen Farblösung; a4 nach Aufbringen des
Entwicklers.
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 321

Bei der Oberflächenprüfung einer Schweißnaht dringt eine gefärbte


Flüssigkeit mit geringer Oberflächenspannung in kleinste Risse. Die
treibende Kraft ist hierbei die Kapillarwirkung der schmalen Oberflächen-
risse. Nach Entfernen der farbigen Flüssigkeit von der Oberfläche durch
Abwischen oder chemische Reinigung wird ein sogenannte Entwickler
aufgetragen. Er besteht aus fein gemahlener Kreide oder einem anderen
hygroskopischen Stoff, aufgeschäumt in einem leicht verdunstenden
Medium. Die flüchtige Komponente des Entwicklers verdunstet und ein
weißer Kreideüberzug verbleibt auf der zu untersuchenden Fläche. Dieser
dünne Kreidefilm saugt nun die eingedrungene Farbe aus den Rissen
heraus. Die intensive Färbung des Eindringmittels hebt sich von dem
weißen Untergrund des Entwicklers ab, so dass nach kurzer Zeit Risse
deutlich sichtbar sind. Das Verfahren kann an allen festen, nicht porösen
Baustoffen und unabhängig von der Bauteilgröße eingesetzt werden. Der
Effekt kann u. U. durch eine Erwärmung des Bauteiles nach Aufgabe des
Entwicklers noch verstärkt werden. Durch die Wärmedehnung des Werk-
stoffes schließen sich selbst kleinste Risse, und die Kontrollflüssigkeit
wird an die Oberfläche gedrängt.
Die Anwendung des Farbeindringverfahrens in der Schweißtechnik be-
zieht sich vor allem auf den Nachweis von Oberflächenrissen. Eine Vari-
ante ist das Fluoreszenzverfahren. Dabei wird ein fluoreszierender Farb-
stoff verwendet und die Oberfläche mit dem UV-Licht einer Quarzlampe
beleuchtet. Die Oberflächenrisse fluoreszieren dann und geben so ein
besonders kontrastreiches Bild.

11.6.3 Ermittlung oberflächennaher Fehler

11.6.3.1 Wirbelstromverfahren
Für den Einsatz eines rissbehafteten Bauteiles und auch zur Schadenser-
mittlung ist die Risstiefe oft von großer Bedeutung. Beim Wirbelstromver-
fahren wird die Messspule eines Tastspulensystems von einem Wechsel-
strom durchflossen. Weist die Oberfläche Fehler auf, so wird an fehlerbe-
hafteten Stellen die Wirbelstromverteilung gestört. Aus der Änderung der
Wirbelstromverteilung resultiert eine Änderung der Spulenimpedanz, die
wiederum ein Maß für die Tiefe des Fehlers ist.
Die nach dem Wirbelstromverfahren arbeitenden Geräte ermöglichen
den Nachweis und die Tiefenbestimmung von Rissen, die mit der Prüf-
oberfläche in Verbindung stehen, gleichgültig, ob die Fehler durch Ober-
flächenbearbeitung verschmiert oder beispielsweise durch einen dünnen
Überzug verdeckt werden. Es können Risstiefen bis 7 mm von der Prüf-
oberfläche aus gemessen werden. Die Mindestwanddicke liegt für NE-
Metalle bei 0,5 mm und für Stahl bei 0,1 mm. Die Fehlerauflösung hängt
322 11 Prüfung von Schweißverbindungen

von der Oberflächenrauheit ab. Unter günstigen Bedingungen können


Fehler von 50 ȝm Tiefe angezeigt werden.

11.6.3.2 Magnetinduktives Verfahren


Bei dem magnetinduktiven Verfahren wird der Prüfkörper in das magneti-
sche Wechselfeld einer stromdurchflossenen Spule gebracht. Dabei wer-
den im Prüfkörper Wirbelströme induziert, deren magnetisches Wechsel-
feld sich mit dem Primärfeld der Spule überlagert. Vorhandene Risse
führen zu Störungen der Wirbelströme, was wiederum Rückwirkungen auf
die Ströme in der Spule zur Folge hat. Diese Rückwirkungen werden
allerdings auch durch andere Effekte hervorgerufen, z. B. Abstandsände-
rungen der Spule zum Prüfobjekt, elektrische oder magnetische Änderun-
gen des Werkstoffes oder Oberflächenunebenheiten.
Solche Störeffekte sind teilweise so groß, dass dieses Prüfverfahren nur
bedingt zur Fehlersuche in Schweißnähten geeignet ist. Die Justierung der
Prüfeinrichtung ist an möglichst gleichartigen Teststücken vorzunehmen,
und die Prüfergebnisse werden mittels Vergleichsmessungen an fehlerfrei-
en Prüfkörpern ausgewertet.
Je nach Ausführung der Messeinrichtung lassen sich mit Hilfe dieser
Technik Werkstücke auf Risse, Legierungszusammensetzung, Einsatzhär-
tung, Plattierschichtdicke und Gefügeinhomogenitäten prüfen. Dieses
Prüfverfahren wird hauptsächlich zur Prüfung längsnahtgeschweißter
Rohre aus Aluminium, Kupfer und Stahl eingesetzt. Neben dem Vorteil
der Automatisierbarkeit dieses Messverfahrens bleiben jedoch die Nachtei-
le der Störeffekte durch Abstandsänderungen oder Gefügeinhomogenitä-
ten.

11.6.3.3 Magnetpulverprüfung
Bei der Magnetpulverprüfung werden magnetische Streufelder durch die
Verteilung von Metallpulver auf der Werkstückoberfläche sichtbar. Das
Aufbringen der Pulver, Eisenspäne oder Fe3O4-Pulver, kann sowohl tro-
cken als auch nass geschehen. Beim nassen Verfahren werden Prüföle mit
Zusätzen von feinem Eisenpulver verwendet. Dem Öl zugemischte fluo-
reszierende Zusätze erleichtern die direkte Beobachtung der Risse unter
UV-Licht. An den Fehlstellen ändert sich die Dichte des Magnetfeldes. An
diesen Stellen sammeln sich die Eisenspäne an. Die Magnetpulverprüfung
mit einem Jochmagneten ist im Bild 11-20 dargestellt.
Für die Prüfung von Schweißnähten werden meist tragbare Geräte be-
nutzt, die sowohl mit Joch- als auch mit Durchflussmagnetisierung arbei-
ten. Das Magnetpulververfahren dient dem Nachweis von Rissen an der
Oberfläche oder in oberflächennahen Bereichen bei magnetisierbaren
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 323

Stählen. An austenitischen, also paramagnetischen, und auch bei antifer-


romagnetischen Werkstoffen ist dieses Verfahren nicht einsetzbar. Für die
Fehlererkennbarkeit ist es weiterhin wichtig, dass der Fehler senkrecht zu
den Feldlinien des Magnetfeldes liegt. Die Eindringtiefe in das zu prüfende
Bauteil beträgt maximal 5 mm. Für die Prüfung von Schweißverbindungen
bestehen folgende Anwendungsmöglichkeiten:

− Prüfung von Schweißnähten bis 8 mm bei beiderseitiger Prüfung auf


Risse und weitere flächige Fehler, wie Binde- und Wurzelfehler;
− Prüfung von Kehlnähten;
− Prüfung von Auftragsschweißungen auf Oberflächenanrisse;
− Prüfung von Pressstumpfverbindungen auf Bindefehler und flächige
Einschlüssen.

Bild 11-20. Magnetpulverprüfung mit Hilfe eines Jochmagneten.

11.6.4 Ermittlung innerer Fehler

11.6.4.1 Durchstrahlungsverfahren mit Röntgen- und


Gammastrahlung
Das klassische Verfahren für die Prüfung auf innere Fehler ist das Durch-
strahlungsverfahren mit elektromagnetischer Strahlung (Bild 11-21). Die
Intensität der Röntgenstrahlung nimmt beim Durchgang durch den Werk-
stoff ab. Hohlräume, Risse und Schlackeneinschlüsse im Prüfkörper ab-
sorbieren die Strahlung in wesentlich geringerem Maße als das Metall, so
dass bei einer Durchstrahlung eines Bauteiles die Röntgenstrahlen mit
324 11 Prüfung von Schweißverbindungen

einer unterschiedlichen Intensitätsverteilung auf den hinter der Probe


liegenden Film treffen. Hieraus resultiert eine unterschiedliche Schwär-
zung des Filmes. Der Intensitätsunterschied ist am größten, wenn die
Ausbreitungsrichtung des Fehlers parallel zur Durchstrahlungsrichtung
liegt, wie im Bild 11-21 abgebildet. Bei einer korrekten Belichtung) des
Filmes erscheinen die fehlerfreien Bereiche der Probe hell, während Fehler
dunkel dargestellt werden.

Bild 11-21. Zerstörungsfreie Prüfung einer Schweißnaht mit Hilfe des Durchstrah-
lungsverfahrens.

Der Vorteil der Durchstrahlungsprüfung liegt darin, dass es möglich ist,


die Lage und Ausbreitung des Fehlers durch einen Film zu dokumentieren.
Anhand der unterschiedlichen Grauabstufungen von Schlackeeinschlüssen
und Poren können die Fehler anhand des belichteten Filmes in Grenzen
unterschieden werden. Ein Nachteil dieses Verfahren ist, dass flächige
Fehler nur unter günstigen Orientierungen, d. h. mit der Fehlerebene in
Strahlrichtung, erkannt werden können und die Anwendung der Durch-
strahlungsprüfung hinreichende Maßnahmen zum Strahlenschutz erfordert.
Die durchstrahlbare Wanddicke ist begrenzt, und die Erkennbarkeit der
Fehler wird mit zunehmender Wanddicke schlechter. Wanddicken bis zu
500 mm lassen sich noch in wirtschaftlicher Weise von den heute zur
Verfügung stehenden Linearbeschleunigern durchstrahlen.
Das wichtigste Mittel zur Erkennung von Fehlern bei der Röntgen-
durchstrahlung ist der fotographische Film. Da die Empfindlichkeit von
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 325

Fotoschichten gegenüber Röntgen- und Gammastrahlen gering ist, werden


häufig Verstärkerfolien verwendet. Diese haben den Zweck, den Belich-
tungsprozess zu beschleunigen und bei großen Durchstrahlungsdicken
wirtschaftlich vertretbare Belichtungszeiten (bis 3 min) zu erzielen, jedoch
nimmt die Konturschärfe beim Einsatz einer Verstärkerfolie ab.
Die Güte eines Röntgenschattenbildes ist durch Zeichenschärfe und
Kontrast gekennzeichnet. Die Fehlererkennbarkeit nimmt bei gleicher
Filmempfindlichkeit und Körnung mit der Wellenlänge der Röntgenstrah-
lung, also bei „weicherer“ Strahlung, zu. Da das Durchdringungsvermögen
der Röntgenstrahlung mit zunehmender Wellenlänge abnimmt und damit
die Belichtungszeit einer Durchstrahlungsaufnahme rasch ansteigt, muss
immer ein Kompromiss zwischen der Härte der Röntgenstrahlung und der
strahlungsbedingten Fehlererkennbarkeit geschlossen werden. Die „härte-
re“, also kurzwelligere Strahlung von Istopen ist daher bei größeren
Wanddicken erforderlich, obwohl sie gegenüber einer Röntgenstrahlung
schlechtere Bildkontraste liefert.
Eine Kontrastminderung wird auch durch die Streustrahlung hervorge-
rufen, die innerhalb des untersuchten Werkstückes und in seiner Umge-
bung entsteht. Diese Streustrahlung führt z. B. bei Stahldicken ab 50 mm
zu einer merklichen Verschleierung des Bildes, so dass die feinen Schwär-
zungsunterschiede in dem von der direkten Röntgenstrahlung erzeugten
Schattenbild des Körpers nicht mehr zu erkennen sind. Die Streustrahlung
ist um so intensiver, je größer das bestrahlte Volumen ist. Eine Verminde-
rung der Streustrahlenwirkung wird durch möglichst enge Begrenzung des
Primärstrahlbündels erreicht.
Bei der Prüfung von Schweißnähten oder Werkstücken, die kontinuier-
liche Dickenänderungen aufweisen, ergibt sich hieraus eine langsame Ab-
oder Zunahme der Strahlungsintensität. Entsprechend der Intensitätsände-
rung der Strahlung erhöht oder verringert sich die Schwärzung des Filmes,
so dass vorhandene Fehler auf dem Film nicht mehr zu erkennen sind. Aus
diesem Grund wird ein Dickenausgleich zwischen Film und Werkstück
gelegt, der die Intensitätsunterschiede bezüglich der Dicke ausgleicht.
In der internationalen Normung ist dem Begriff „Bildgüte“ eine quanti-
tative Fassung gegeben worden. Die Grundlage für eine einheitliche Be-
stimmung der Bildgüte von Röntgen- und Gammafilmaufnahmen an
metallischen Werkstoffen liefert DIN EN 462 [11-34]. Auf die röhrennahe
Seite des Prüfkörpers wird ein Drahtsteg gelegt, der in einer Kunststoffhül-
le mehrere 25 mm bzw. 40 mm lange Drahtstücke mit verschiedenen,
genormten Durchmessern sowie die Kennzeichnung enthält (Tabelle 11-2).
Die Drahtdicken sind durchnumeriert, und die Bildgütezahl BZ ergibt sich
als die Nummer des dünnsten Drahtsteges, dessen Schattenbild auf der
Aufnahme gerade noch zu erkennen ist. Mit steigender Bildgütezahl BZ
nehmen die Qualität und die Erkennbarkeit von Fehlern zu.
326 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Tabelle 11-2. Bildgüteprüfkörper und Abmessungen der Drähte für verschiedene


Werkstoffe nach DIN EN 462.

Die Anforderungen an die Bildgüte hängen von Art und Größe der
nachzuweisenden Fehler im Zusammenhang mit dem Einsatzzweck des
Prüfstückes ab. Nach DIN EN 462 werden zwei Bildgüteklassen unter-
schieden:
− Bildgüteklasse 1 mit hoher Detailerkennbarkeit und
− Bildgüteklasse 2 mit normaler Detailerkennbarkeit.

Zur Auswertung und Klassifizierung der Röntgenaufnahmen kann die


IIW-Röntgenkartei (IIW - International Institute of Welding) zu Hilfe
genommen werden. Diese Kartei enthält Röntgenaufnahmen mit typischen
Fehlstellen in Schweißnähten. Die Filme sind entsprechend der Bedeutung
der Fehler in fünf Gruppen eingeteilt, die durch unterschiedliche Farben
gekennzeichnet sind.
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 327

11.6.4.2 Ultraschallverfahren
Zu einem der am häufigsten angewendeten Verfahren der zerstörungsfrei-
en Werkstoffprüfung hat sich in den letzten Jahren die Ultraschallprüfung
entwickelt. Zu den Vorteilen dieses Verfahrens gehören die geringen
Investitions- und Unterhaltskosten im Vergleich zum Röntgenverfahren,
eine leichte Handhabung des Gerätes und eine gute Tiefenortung der
Fehlerlage. Nachteilig ist, dass die Fehlerart durch eine indirekte Fehleran-
zeige nicht erkannt werden kann und dass zwischen Signalhöhe und Feh-
lergröße nur in günstigen Fällen eine Proportionalität zu erwarten ist.
Ferner werden die meisten Prüfungen von Hand durchgeführt und die
Ergebnisse von den Prüfern aufgezeichnet, was eine subjektive Beurtei-
lung und Registrierung bedeutet.
Die Prüfung eines Werkstückes auf Fehler kann nach zwei unterschied-
lichen Ultraschall-Verfahren durchgeführt werden. Zum einen kann mit
einem Sende- und einem Empfangskopf mit Hilfe der Durchschallungsme-
thode oder zum anderen mit einem Ultraschallprüfkopf mit integriertem
Sende- und Empfangskopf, dem sogenannten Impuls-Echo-Verfahren
gearbeitet werden. Für die Schweißtechnik ist das Impuls-Echo-Verfahren
das am häufigsten angewendete Verfahren. Über ein Ankoppelmedium,
meist Öle oder Pasten, wird vom Sender ein Schallimpuls in das Werk-
stück abgestrahlt. Trifft die Schallwelle auf einen Fehler und ist dieser
kleiner als der Schallstrahlquerschnitt, so wird ein Teil des Schalls vom
Fehler und der restliche Schallanteil von der Rückwand reflektiert (Bild
11-22).
Die Echowelle des Fehlers wird entsprechend ihrer Laufzeit zum Emp-
fänger angezeigt, nach entsprechend längerer Laufzeit trifft auch das
Rückwandecho ein. Die Laufzeit liefert dann bei bekannter Schallge-
schwindigkeit den Abstand des Fehlers von der Werkstückoberfläche bzw.
die Werkstückdicke (Rückwandecho).
Entsprechend kann eine Skala auf dem Anzeigebildschirm für bestimm-
te Schallgeschwindigkeiten auf den Fehlerabstand kalibriert werden. Die
Echohöhe hängt nur bedingt von der Fehlergröße ab und wird zusätzlich
durch die Lage und Form des Fehlers, die Ankopplungsbedingungen des
Ultraschallprüfkopfes und die Geräteeigenschaften beeinflusst.
Im Gegensatz zur Röntgendurchstrahlung ist ein Fehlernachweis nur
dann möglich, wenn die Fehlerebene senkrecht zur Einschallrichtung
verläuft. Liegen Einschallrichtung und Fehlerebene parallel, ist die ge-
ringste Schallschwächung bei der Durchschallungsmethode bzw. die
geringste Reflexion bei der Impuls-Echo-Methode zu erwarten. Aufgrund
der Nachweisbarkeit von Fehlern parallel und senkrecht zur Einstrahlungs-
richtung ergänzen sich das Röntgen- und das Ultraschallverfahren in
idealer Weise. Häufig wird daher der Nahtbereich zunächst mit Ultraschall
328 11 Prüfung von Schweißverbindungen

auf Fehler abgesucht und nach deren Ortung eine Röntgenaufnahme mit
einer Fehleridentifikation nach Form und Größe angefertigt.

Bild 11-22. Signale auf einem Oszilloskop bei der Detektion eines Fehlers mit
dem Impuls-Echo-Verfahren.

Zur Zeit konzentrieren sich die Entwicklungsvorhaben beim Ultraschall


auf die gezielte Anregung bestimmter Wellenarten, Auswertung der
hochfrequenten Signale zur Erkennung der Fehlerart, Anwendung der
Holographie zur besseren Fehlerauflösung, Einsatz fokussierter Strah-
lenbündel zur Fehlergrößenerkennung und Signalmittelungsverfahren zur
Erkennung von Fehlern in stark schallstreuenden Materialien und auf die
objektive rechnergesteuerte Auswertung und Darstellung der Ergebnisse.

Einsatz von Ultraschall in der Schweißtechnik

Der Prüfkörper sollte eine möglichst glatte Oberfläche haben, lose haften-
de Rost- und Zunderschichten sowie Schweißspritzer sind zu entfernen.
Als Ankopplungsmittel dient Wasser, Öl oder eine gallertartige Paste. Zur
besseren Fehlererkennung soll der Schall senkrecht zur größten Abmes-
sung des Fehlers auftreffen. Folgende Fehler sind nachweisbar: Schlacken-
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 329

einschlüsse und Poren, Bindefehler, nicht durchgeschweißte Stellen (Wur-


zelfehler, Rand- oder Einbrandkerben) sowie Risse (längs und quer). In der
Hauptsache kommt das Impuls-Echo-Verfahren mit Normalprüfköpfen
und Winkelprüfköpfen zur Anwendung. Während bei Normalprüfköpfen
die Schalleinbringung senkrecht zur Blechoberfläche erfolgt, kann der
Schallimpuls bei Winkelprüfköpfen unter einem Winkel von 35° bis 80°
zur Blechoberfläche eingebracht werden. Zur Fehlerortung werden Or-
tungsstäbe verwendet, mit denen, ausgehend vom Abstand zwischen
Sendeimpuls und Fehlerecho auf dem Anzeigegerät, die Lage des Fehlers
berechnet werden kann. Für die Kalibrierung der Geräte kann ein Kon-
trollkörper nach DIN EN 12223 Verwendung finden.
Besondere Probleme bereitet das Prüfen von austenitischen Schweiß-
nähten mit Hilfe des Ultraschallverfahrens. In [11-21] wird angemerkt,
dass die Ultraschalldurchlässigkeit und -prüfbarkeit der hochlegierten
austenitischen Stähle nicht von der Gitterstruktur, sondern im Wesentli-
chen von der Ausbildung des Gefüges abhängt. So sind austenitische
Grundwerkstoffe sehr gut mit Ultraschall zu prüfen, jedoch austenitische
Schweißnähte aufgrund ihres Gussgefüges im Allgemeinen sehr schlecht
oder gar nicht. Ebenso negativ auf die Ultraschallprüfbarkeit wirkt sich bei
den hochlegierten Stählen eine Verformung aus. Verantwortlich für die
schlechte Prüfbarkeit dieser Gefüge sind nach [11-21] Schwächungen des
Ultraschalls durch Absorption und Streuung an den Korngrenzen.
Da für die Prüfung von Schweißnähten glatte Oberflächen erforderlich
sind, kann mit einem senkrecht einschallenden Prüfkopf eine Schweißnaht
im I-Stoß nur nach vorherigem Planen der Decklagen untersucht werden.
Bei Kehlnähten ist die Zugänglichkeit zu den Schweißnähten zusätzlich
erschwert. Um dies zu vermeiden, gibt es Ultraschallprüfköpfe, die unter
verschiedenen Winkeln in das Metall einschallen und über Reflektionen an
Rückwänden einen Nachweis von Fehlern ermöglichen (Bild 11-23).

Bild 11-23. Prüfung von Kehlnähten mit Hilfe von Winkelprüfköpfen.


330 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Die manuelle Ultraschallprüfung weist einige Nachteile auf: Subjektivi-


tät des Prüfpersonals, Dokumentationsprobleme usw. Deshalb wurden
automatisierte Prüfanlagen entwickelt, die Angaben über Fehlertiefe und
-länge, Echohöhe und eine Fehlerklassifizierung und -ortung liefern. Eine
Auswertung und Dokumentation der Ergebnisse geschieht durch Mikro-
computer und Drucker oder Schreiber.

11.6.4.3 Schallemissionsverfahren
Die Beanspruchung eines Werkstoffes durch äußere oder innere Kräfte ruft
mechanische Reaktionen im Werkstoffinnern hervor. Diese Reaktionen
äußern sich u. a. durch Körperschall unterschiedlicher Frequenz und
Intensität. Der akustisch oder elektronisch nachweisbare Körperschall, der
durch die Freisetzung elastischer Energie entsteht, wird als Schallemission
bezeichnet. Die Schallemissionsanalyse (SEA) versucht den Empfang und
die Deutung von Schallsignalen, die der Prüfkörper aussendet.
Vorteilhaft gegenüber anderen Prüfverfahren ist, dass die Schallemissi-
onsanalyse als integrales Verfahren einen weiten Bereich des Prüfkörpers
erfasst, d.h., das Verfahren ist von der Teilgeometrie und der Schweiß-
nahtstruktur weitgehend unabhängig. Fehler können im Augenblick ihrer
Entstehung registriert werden. Somit sind eine Korrektur der Schweißpa-
rameter und sofortige Ausbesserung der Fehler möglich. Das wesentliche
Problem liegt heute noch bei einer über das bloße Auffinden hinausgehen-
den Bewertung der Anzeigen. Genauere Aussagen über den Ort der
Schallquelle, seine Tiefenlage und die Charakteristik des Fehlers sind
derzeit noch nicht möglich. Ebenso schwierig ist es, Fehlergeräusche
während des Schweißens von Prozessgeräuschen zu trennen. Hier helfen
eventuell Frequenzanalysen weiter. Anwendungsgebiete der Schallemissi-
onsanalyse sind:
− Prozesskontrolle während des Schweißens,
− Prüfung von Druckbehältern und Rohrleitungen bei einer Innendruck-
prüfung,
− kontinuierliche Überwachung von Fehlerentstehung und Fehlerwachs-
tum,
− Leckageüberwachung und
− Auftreten von wasserstoffinduzierten verzögerten Rissen.

In mikrocomputergestützten Messsystemen werden die Unterschei-


dungsmerkmale Amplitude, Frequenzverteilung und Ereignisrate benutzt,
um Störgeräusche von Signalen der Fehlerbildung zu trennen. Insbesonde-
re im Reaktorbau hat die Schallemission zur Qualitätskontrolle von UP-
Schweißverbindungen Verbreitung gefunden.
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 331

Zur Innendruckprüfung von Druckbehältern stehen heute schnelle Or-


tungssysteme zur Verfügung, die Signale von mehreren Aufnehmern direkt
während der Druckprüfung durch Rechner verarbeiten, so dass fehlerver-
dächtige Bereiche sofort angezeigt werden.

11.6.5 Prüfung der Gefügeausbildung und Ermittlung


von Schweißfehlerursachen
11.6.5.1 Metallographische Verfahren
Die Metallographie ist eine metallkundliche Untersuchungsmethode. Sie
umfasst die optische Untersuchung des Gefüges mit dem Ziel einer quali-
tativen und quantitativen Beschreibung. Weiterhin können anhand von
metallographischen Untersuchungsverfahren Aussagen über die Qualität
der Schweißverbindung hinsichtlich Einschlüssen metallischer und nicht-
metallischer Verbindungen, Seigerungen von Legierungselementen bzw.
unerwünschten Beimengungen und der geometrischen Ausbildung der
Schweißnaht gemacht werden.
Ebenso können Schweißfehler wie Risse, Poren und Bindefehler erkannt
und beurteilt werden; aus der Rissmorphologie kann z. T. auf deren Ent-
stehung geschlossen werden. Kornvergröberungen und Gefügeumwand-
lungen, hervorgerufen durch die Wärmebeeinflussung beim Schweißen,
geben einen Einblick in den Fertigungsprozess und die dadurch eventuell
hervorgerufenen Bruchursachen.
Die Herstellung und Bearbeitung der für die metallographische Untersu-
chung benötigten Proben richtet sich wesentlich nach der Art der Beurtei-
lung, die am Werkstoff vorgenommen werden soll. Es wird zwischen
makroskopischen Untersuchungen (bis maximal 30fache Vergrößerung)
und mikroskopischen Untersuchungen (50 bis 1 000 000fache Vergröße-
rung) unterschieden.

11.6.5.2 Makroskopische Untersuchungsverfahren


Zur Untersuchung werden Schliffproben aus dem zu prüfenden Werkstück
entnommen. Um die Untersuchungsergebnisse nicht zu verfälschen, ist bei
der Probenentnahme darauf zu achten, dass beim Heraustrennen das Gefü-
ge nicht durch die Schnittwärme verändert wird. Die Schnittfläche wird
durch Schleifen (Körnung bis maximal 400) geglättet.
Folgende Verfahren werden bei der makroskopischen Untersuchung im
Wesentlichen angewendet:

Mechanisches Polieren ohne Ätzung


Hierbei können alle nichtmetallischen Einschlüsse gut erkannt werden, da
diese das auffallende Licht nicht oder nur diffus reflektieren, während
332 11 Prüfung von Schweißverbindungen

metallisches Material das Licht ohne Strukturerkennung wie ein Spiegel


reflektiert.

Baumann-Abdruck

Der Baumann-Abdruck dient zum Nachweis der Schwefelverteilung im


Stahl und lässt stärker mit Schwefel angereicherte Blockseigerungszonen
im Stahl erkennen. Ein in wässrige Schwefelsäure getauchtes Bromsilber-
papier wird hierbei auf die Probenoberfläche gelegt. Es erfolgt eine Braun-
färbung in den schwefelreichen Zonen des Stahles. Das Abdruckbild kann
wie eine Fotographie fixiert werden und dient als Dokumentation (Bild
11-24).

Bild 11-24. Baumann-Abdrücke. Die Zonen hoher Schwefelgehalte sind an der


dunklen Verfärbung des Fotomaterials zu erkennen.

Heyn-Verfahren

Das Verfahren dient zum Nachweis von Phosphorseigerungen im Stahl.


Diese Seigerungen können zu Heißrissen führen und wirken darüber
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 333

hinaus außerordentlich versprödend. Beim Heyn-Verfahren wird Kupfe-


rammoniumchlorid auf die Probe gegeben. Der sich bildende Kupfernie-
derschlag wird abgewischt, die Phosphorseigerungen treten dann als
dunkle Stellen hervor.

Tiefätzung

Hierbei wird die Probe längere Zeit einem Ätzmittel (bei Stahl meistens
ein Gemisch aus Salz- und Schwefelsäure) ausgesetzt. Dabei werden
Seigerungen stärker angegriffen als das Grundmaterial und dadurch sicht-
bar. Bei verformten Teilen wird hierbei der Faserverlauf und damit die Art
der Verformung deutlich. Ebenso werden feine Risse verbreitert und damit
sichtbar gemacht. Einschlüsse im Stahl treten deutlich hervor.

11.6.5.3 Mikroskopische Untersuchungsverfahren


Die mikroskopischen Untersuchungsverfahren dienen zur Untersuchung
des Feingefüges, d. h. einzelner Gefügebestandteile, der Kornmorphologie,
der Orientierung einzelner Körner sowie der Größe, Art und Verteilung.
Mit Lichtmikroskopen werden Untersuchungen bei 5 bis 1000facher
Vergrößerung durchgeführt. Wegen der bei dieser hohen Vergrößerung
geringen Tiefenschärfe von rund 1 µm muss die Oberflächenvorbereitung
der aus dem Werkstück entnommenen Proben wesentlich feiner erfolgen
als bei makroskopischen Untersuchungen. Bild 11-25 zeigt den Makro-
schliff einer Schweißnaht; die einzelnen charakteristischen Bereiche mit
Bezeichnung der Gefüge sind Mikroschliffe.
Die meistens in Kunstharz eingebetteten Proben werden geschliffen und
dann auf Polierscheiben mit einer geeigneten Paste (meistens Al2O3)
poliert, so dass alle Schleifriefen entfernt werden. Gefügebestandteile mit
unterschiedlicher Färbung sind bereits nach dem Polieren zu erkennen,
z. B. Graphit, Schlacke, Oxide und Sulfide sowie Risse, Lunker und Gas-
blasen.
An das Schleifen und Polieren schließt sich in den meisten Fällen die
Gefügeentwicklung durch Ätzen an, um verschiedene Gefügebestandteile
und Kornbegrenzungen sichtbar zu machen. Von der Korngrenzenätzung
wird gesprochen, wenn das Ätzmittel bevorzugt die von den Kristallen
gebildeten Begrenzungsflächen (Korngrenzen) angreift und diese als
dunkle Linien sichtbar werden lässt.
Werden Kristalle durch ihre unterschiedliche Ausrichtung ungleichmä-
ßig durch den Ätzangriff abgetragen, so dass die Körnerflächen unter-
schiedlich hell erscheinen, wird von einer Kornflächenätzung gesprochen.
334 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Bild 11-25. Makro- und Mikroschliffe bei der metallographischen Untersuchung


einer Schweißnaht.

Elektronenmikroskopie

Die maximale Auflösung von Lichtmikroskopen liegt im Bereich der


Wellenlänge der verwendeten Strahlung. Unter der Verwendung des für
den Menschen sichtbaren Lichtspektrums mit Wellenlängen zwischen
0,4 µm und 0,7 µm sind Objektstrukturen mit einem Abstand von 0,1 µm
bis 0,2 µm gerade noch erkennbar. Die maximal erzielbare (förderliche)
Vergrößerung ist aufgrund der Auflösungsgrenze des menschlichen Auges
von etwa 0,2 mm auf rund 1500:1 begrenzt.
Durch eine Verringerung der Wellenlänge sind folglich wesentlich hö-
here Auflösungen zu erzielen, was zur Entwicklung des Elektronenmikro-
skops führte. Durch die erheblich kürzere Wellenlänge der Elektronen
konnte die untere Grenze für die Abbildung von Objektdetails auf etwa
-3
0,1 – 10 µm gesenkt werden. Die maximalen Vergrößerungen der Elekt-
ronenmikroskope liegen heute bei 200000:1.

11.6.5.3.1 Raster- und Transmissionselektronenmikroskopie


Die in der Schweißtechnik gängigen Mess- und Analyseverfahren werden
durch die Rasterelektronenmikroskopie (REM) und die Transmissions-
elektronenmikroskopie (TEM) um zwei Anwendungen ergänzt, deren
Stärke in der Sichtbarmachung und Darstellung von Bauteildetails liegt,
die aufgrund der physikalischen Grenze der Wellenlänge des sichtbaren
Lichtes mit der Lichtmikroskopie nicht mehr aufzulösen sind. Das Auflö-
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 335

sungsvermögen eines modernen Lichtmikroskops beträgt bestenfalls


200 nm, das eines REM dagegen ca. 3 nm und das eines TEM sogar bei
geeigneter Probenpräparation bis zu 0,1 nm. Somit werden eine Bestim-
mung der Zusammensetzung in metallurgischen Proben (Schweißproben),
die Bruchanalyse, die Untersuchung der Morphologie, der Kristallographie
und der Zusammensetzung unterschiedlicher Mikro/Nanostrukturelemente
wie Ausscheidungen, Einschlüsse, Körner, ja sogar Versetzungen und
Verformungsstrukturen denkbar. Darüber hinaus gestattet die energie-
dispersive Röntgenanalyse (EDX) mit Hilfe eines speziellen Sensors die
Lokalisierung und Anteilsbestimmung von Elementen in einer Probe.

Rasterelektronenmikroskopie (REM)

Beim Auftreffen des auf ca. 5 nm fokussierten Primärelektronenstrahls


kommt es zu einer Reihe von Wechselwirkungen. Durch Streuung der
auftreffenden Elektronen ergibt sich in der Probe eine typisch birnenför-
mige Verteilung der Primärelektronen (Bild 11-26).

Bild 11-26. Verteilung von einfallenden Elektronen und Bereiche der Entstehung
von Sekundär- und Rückstreuelektronen.

An der Auftreffstelle des Strahles werden unter anderem so genannte


Sekundärerelektronen emittiert. Diese werden von einem Detektor ge-
sammelt, in eine Spannung umgewandelt und verstärkt. Dieses Signal wird
an eine Kathodenstrahlröhre überführt, moduliert und in Form eines Licht-
punktes mit einer für die Anzahl der Sekundärelektronen charakteristi-
schen Intensität auf dem Leuchtschirm dargestellt. Dabei ist die Position
des Elektronenstrahls auf der Probe synchronisiert mit der Position des
Lichtpunktes auf dem Schirm. Das REM-Bild besteht somit aus einer
Vielzahl von Punkten unterschiedlicher Intensität, die der Topographie der
Probe entsprechen. Im Bereich der Strahlerzeugung, Strahlführung und der
336 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Probe muss ein Hochvakuum erzeugt werden, um den Elektronenstrahl


nicht durch eventuell vorhandene Gasmoleküle abzulenken. Des Weiteren
muss die zu untersuchende Probe eine gute elektrische Leitfähigkeit besit-
zen, um Aufladungserscheinungen zu vermeiden. Bei elektrisch nicht
leitenden Werkstoffen werden die Oberflächen meist mit einer Graphit-
oder Goldschicht bedampft. In Analogie zur Lichtmikroskopie kann bei
der REM von einem Auflichtverfahren gesprochen werden, bei dem haupt-
sächlich Informationen der Probenoberfläche gewonnen werden, indem
der Strahl rasterförmig über die zu untersuchende Probe abgelenkt wird.
Bild 11-27 zeigt exemplarisch die REM Aufnahme der Bruchfläche einer
Spiralfeder, die infolge einer Dauerbelastung gebrochen ist. Deutlich sind
die für diese Versagensform typischen Rasterlinien zu erkennen.

Bild 11-27. Aufnahmen eines Rasterelektronenmikroskops (REM).


Energiedispersive Röntgenanalyse (EDX)
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 337

Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)

Demgegenüber entspricht die TEM dem Durchlichtverfahren und liefert


somit Informationen über das Probeninnere. Das Funktionsprinzip beruht
hierbei auf den beim Durchgang von Elektronen durch eine sehr dünn
präparierte Probe stattfindenden Wechselwirkungen mit Atomen der
Probe, die zu Streuungen führen. Die Elektronenstreuung macht es mög-
lich, Abbildungen, Beugung und spektroskopische Informationen vom
untersuchten Werkstoff zu erhalten. Während in der REM ein Elektronen-
strahl durch das Anlegen einer Beschleunigungsspannung von maximal
40 kV generiert wird, beträgt diese in der TEM bis 1 GV. Eine hohe Be-
schleunigungsspannung verringert die Elektronenwellenlänge bis hin in
den Bereich der Atomgitterabstände und ermöglicht damit das für dieses
Verfahren charakteristisch überaus gute Auflösungsvermögen. Bild 11-28
zeigt eine Gitterabbildung einer Quantenstruktur aus Verbindungshalblei-
tern aus GaAs und AlAs.

Bild 11-28. TEM-Aufnahme der Gitterabbildung einer Quantenstruktur aus GaAs


und AlAs.

Als zusätzliches Analyse-Feature kann sowohl in der REM als auch in


der TEM die energiedispersive Röntgenanalyse (EDX) Verwendung
finden. Sie wird immer dann eingesetzt, wenn Informationen über die
Elementstruktur und -verteilung eines Probenbereiches von Interesse sind.
Beispielsweise ist es möglich, die Durchmischung nach Gewichtsprozent
der Elemente in der Schmelzzone einer Schweißnaht zu bestimmen. Bei
der Wechselwirkung zwischen Strahl und Materie wird unter anderem ein
Röntgenstrahlenspektrum frei, das für einzelne Elemente charakteristisch
338 11 Prüfung von Schweißverbindungen

Bild 11-29. EDX-Analysen und Darstellung der Analysestellen aus dem Gefüge
einer Magnesium-Schweißprobe
11.6 Prüfung von Schweißverbindungen 339

ist. Je nach Lage der Energiepeaks im Energiespektrum kann auf das


entsprechende chemische Element rückgeschlossen werden. Bei der
Punktanalyse wird der Elektronenstrahl auf eine bestimmte Stelle der
Probe gelenkt, z.B. auf eine Ausscheidung. Im Gegensatz hierzu kann mit
Hilfe einer Linienanalyse (line scan) das Konzentrationsprofil entlang
einer definierten Linie der Probe bestimmt werden. Linienanalysen werden
in der Schweißtechnik bevorzugt quer über eine Schweißnaht vorgenom-
men, um Seigerungen oder Abbrand von Legierungselementen zu ermit-
teln. Bild 11-29 zeigt zwei Punktanalysen aus dem Schweißnahtbereich
einer plasmageschweißten Magnesiumprobe.
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Sachverzeichnis

Į-Eisen 22, 27 Bruchdehnung 298


Ȗ-Eisen 22 Brucheinschnürung 299
σ-Phase 169
C
475°-Versprödung 168 Chi-Phase 172
Chrom 92
Chrom-Nickel-(Duplex-)Stähle
A –, ferritisch-austenitische 144
Abkühlzeit t8/5 109
Chrom-Nickel-Stähle
Abkühlzeit tA 254
–, austenitische 146, 182
Abschreckspannungen 68 Chromstähle
Al-Oxidschicht 232 –, ferritische 142, 177
Aluminium 92, 217
–, ferritisch-martensitische 143, 179
– -Knetwerkstoffe 221
–, martensitische 143, 180
Aufhärtungsrisse 274
Cr-Äquivalent 172
Aufschmelzungsrisse 272
Ausbohren 79
D
Aushärtung 221 Dauerfestigkeit 300
Ausscheidung 223
Dauerschwingversuch 300
–, inkohärente 224
Dehnung
–, kohärente 223
–, plastische 64
Ausscheidungshärtung 99, 285 De-Long-Diagramm 175
Ausscheidungsrisse 284 Durchstrahlungsverfahren 323
Austenitbildner 139
Austenit-Ferrit-Verbindungen 185
E
Austenitkorngröße 106
Edelstähle 84, 85
Av-T-Kurve 305
Eigenspannung 59, 122
–, beanspruchungsbedingte 60
B –, fertigungsbedingte 60
Bainit 29 Eigenspannungsverteilung 80
Baustähle Einbrandkerben 260
–, warmfeste 134 Einlagerungsmischkristall 99
Biegeversuch 302 Einsatzstähle 131
Bindefehler 262 Eisen-Kohlenstoff-Diagramm 23
Bohrlochverfahren 80 ELC-Stähle 161
Brinell 309 Elektronenmikroskop 334
360 Sachverzeichnis

Erstarrung 47 Kaltrissprüfverfahren 313


–, gerichtete 52 Kaltverfestigung 100, 228
Erstarrungsrisse 121, 268 Karbidausscheidung 166
Erweichung der WEZ 124 Keimbildung 223
Keimwachstum 55
F Kerbschlagarbeit 306
Farbeindringverfahren 320 Kerbschlagbiegeversuch 304
Feinkornstähle 97 Koagulation 226
–, mikrolegierte 108 Kohlenstoff 90
–, normalgeglühte 102 Kohlenstoffäquivalent 122
–, thermomechanisch behandelte 102 Konstruktionsschweißen 197
Ferrit 27 Kontaktkorrosion 166, 291
Ferritbildner 139 Kornfeinung 57, 97
Fertigungsschweißen 197 Kornwachstum 105
Flachzugprobe 296 Kornzerfallsschaubild 158
Korrosion 147
G –, interkristalline 155
Graphit 18 Kristallisationsgeschwindigkeit 49
Grobkornbildung 168 kubisch-flächenzentriert 21
Grobkornglühen 241 kubisch-raumzentriert 21
Grundstähle 83 Kupfer 93
Gusseisen
–, mit Kugelgraphit 212 L
–, mit Lamellengraphit 212 Längsspannungen 65
Gusswerkstoffe 197 Laves-Phase 172
Legierungselemente 90
H Lichtmikroskop 333
Hall-Petch-Beziehung 98 Linie 22
Härten 244 –, eutektoide
Härteprüfung 308 Lochkorrosion 161
Heißrisse 121, 233, 267 Löslichkeit
Heißrissprüfverfahren 317 –, vollständige 11
Lösungsglühen 228
I Lunker 289
IK-Anfälligkeit 183
Implant-Test 313 M
Impuls-Echo-Verfahren 327 Magnetpulverprüfung 322
Instandsetzungsschweißen 197 Mangan 91
Interkristalline Korrosion (IK) 292 Martensit 30
Isothermenfeld 46 Maurer-Diagramm 146
ISO-V-Kerb 304 Messung von Eigenspannungen 78
–, Aufschlitzen 79
K –, Ausbohren 79
Kaltauslagerung 226 –, Einschneiden 79
Kalthämmern 77 –, schichtweises Zerspanen 79
Kaltrisse 121, 274 Metallographie 331
Sachverzeichnis 361

Mikrolegierungselement 99 Schlackeneinschlüsse 263


Mischkristallbildung 99 Schrumpfspannungen 68
Molybdän 93 Schrumpfung 64
Schwefel 92
N Schweißbarkeit 1
Nahtfehler 259 Schweißeigenspannungen 59, 62
–, innere 262 Schweißeignung 1f., 126, 129, 177
Ni-Äquivalent 172 Schweißen
Nickel 93 –, isothermes 256
Nickelstähle Schweißfehler 121
–, kaltzähe 132 Schweißmöglichkeit 1, 6
Niob 94 Schweißsicherheit 1, 5
Normalglühen 243 Schweißspritzer 259
Seigerungen 52
O Seigerungszone 127
Orowan-Mechanismus 99 Silicium 90
Spaltkorrosion 161, 292
P Spannungsarmglühen 247
Perlit 28 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 298
Phasenumwandlung 55 Spannungsrisskorrosion 293
Phosphor 91 –, transkristalline 164
Poren 236 Stabilisierung 159
Porenbildung Stähle
–, mechanische 264 –, Eigenschaften von -n 90
–, metallurgische 287 –, hochlegierte 137
Primärgefüge 52 –, legierte 85
–, niedriglegierte 85
Q –, unlegierte 83, 85
Qualitätsstähle 83, 85 –, unlegierte, niedriglegierte 9
Querspannungen 65 Stähle (Duplex-Stähle)
–, ferritisch-austenitische 181
R Stahlguss 205
Randkerben 260 STAZ-Schaubild 117
Rasterelektronenmikroskopie 334 Stickstoff 93
Rekristallisation 221 Streckenenergie 106, 121
Rekristallisationszone 56 Streckgrenze 298
Ringkernverfahren 80 Stufenhärtungsschweißen 256
Risse Substitutionsmischkristall 99
–, wasserstoffinduzierte 276 System
Rockwell 311 –, eutektisches 14
Röntgendurchstrahlung 324 –, binäres 10
Rundzugprobe 295
T
S Tekken-Test 315
Schaeffler-Diagramm 172 Temperaturfeld 45
Schallemissionsverfahren 330 Temperatur-Zeit-Verlauf 253
362 Sachverzeichnis

Temperguss 207 Wärmeableitung 45


–, entkohlend geglühter 211 –, dreidimensionale 110
–, nichtentkohlend geglühter 210 –, zweidimensionale 45, 110
Terrassenbrüche 124, 282 Wärmeausdehnung 229
Titan 94 Wärmebehandlung 251
Transmissionselektronenmikroskopie –, technische 239
334 Wärmeeinflusszone 45, 53
Wärmeleitfähigkeit 229
U Wasserstoffarmglühen 248
Ultraschallverfahren 327 Wasserstoffdiffusion 278
Umwandlung Wasserstoffgehalt 122
–, eutektische 12 Wiederaufschmelzungsriss 121
–, peritektische 14 Wirbelstromverfahren 321
Umwandlungsspannungen 69 Wöhler-Diagramm 301
Unterkühlung
–, konstitutionelle 49 Z
Zementit 18
V ZTA-Schaubild
Vanadium 94 –, isothermisches 24
Varestraint-Test 319 –, kontinuierliches 25
Verfahren ZTU-Schaubild
–, magnetinduktives 322 –, isothermisches 33
Vergüten 245 –, kontinuierliches 36
Vergütungsstähle 131 –, Schweiß- 41
Vickers 309 Zugfestigkeit 298
Vorwärmtemperatur 253 Zugversuch 295
Vorwärmung 235, 253 Zustandsdiagramme 11
Zustandsschaubild 9
W –, Eisen-Kohlenstoff- 17
Wachstum –, metastabiles 18
–, dendritisches 51 –, stabiles 17
Warmauslagerung 226 Zweistoffsysteme 10

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