Slunjski I 1612997325086
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Slunjski, Ivona
2019
Repository / Repozitorij:
PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
Bachelor-Arbeit
Hiermit erkläre ich, dass ich die am heutigen Tag abgegebene Bachelor/-Master-Arbeit
selbständig verfasst und ausschließlich die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt
habe.
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ........................................................................................................................... 4
5 Kognitive Semantik........................................................................................................... 14
7 Zusammenfassung ............................................................................................................. 22
8 Quellenverzeichnis ............................................................................................................ 23
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1 Einleitung
In dieser Arbeit wird das sprachliche Zeichen aus zwei Sichten beschrieben – dem
Strukturalismus und der kognitiven Semantik. Die Arbeit ist in zwei Teile geteilt:
theoretischer und empirischer Teil. Um die Entwicklung des sprachlichen Zeichens
besser verstehen zu können, wird zuerst der Begriff des Zeichens erklärt und aus
semiotischer Sicht dargestellt. Weiterhin werden der Zeichenbegriff von Ferdinand de
Saussure, dem Vertreter des Strukturalismus, und deren wichtigste Merkmale erklärt.
Um die strukturalistische Theorie des Zeichens in der Praxis deutlich zu machen,
werden als nächstes zwei Methoden erklärt und an Beispiel dargestellt: das Wortfeld
und die Semanalyse. Es folgen die theoretische Darstellung der kognitiven Semantik
und die Prototypentheorie mit Beispiel. In dem zweiten Teil der Arbeit werden die drei
Methoden an eigenen Beispielen durchgeführt und danach verglichen.
Wenn wir von Strukturalismus sprechen, sprechen wir von theoretischen und
methodischen Forschungen ab Anfang des 20. Jahrhunderts. Erst seit Strukturalismus
sprechen wir von der modernen Sprachwissenschaft. Die Sprache ist, nach Ferdinand de
Saussure, dem Vertreter des Strukturalismus, ein System von Zeichen. Dieses Zeichen
hat zwei Seiten – eine Inhaltsebene die er Vorstellung oder Signifié nennt und ein
Lautbild oder Sifgnifiant. Konventionalität und Arbitrarität sind zwei
Hauptcharakteristika des sprachlichen Zeichens. Kognitive Semantik auf der anderen
Seite führte neue Aspekte für die Beschreibung der Sprache ein – das Denken, die
Wahrnehmung und das Verständnis. Die Ebene des Inhalts wird in der kognitiven
Semantik mit Konzepten ersetzt. Mit der Einführung neuer Aspekte veränderte sich
auch der Blick auf das sprachliche Zeichen.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Wahrnehmung des sprachlichen Zeichens aus zwei
unterschiedlichen Perspektiven besser zu verstehen – dem Strukturalismus und der
kognitiven Semantik.
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2 Das sprachliche Zeichen aus der Sicht der Semiotik
Das Zeichen ist im weiteren Sinne etwas, das etwas bezeichnet. Bereits Aristoteles hatte
darauf aufmerksam gemacht, dass wir mit Stellvertretern, mit Zeichen, kommunizieren,
denken und handeln. (Römer, Matzke 2010: 62) Diese Überlegung wurde für die
Entwicklung der Semiotik, der Zeichentheorie, entscheidend. Aristoteles Theorie von
den Stellvertretern der Kommunikation erweiterte und erforschte später Charles Sanders
Peirce, ein amerikanischer Philosoph der von 1839 bis 1914 lebte. Seine Erweiterung
der Zeichendefinition um die Komponente der Wirkung auf die Zeichenbenutzer, die er
dem Bezeichneten und dem Stellvertreter hinzugefügt hat, war eine wichtige
Innovation, weil etwas nur dann zum Zeichen werden kann, wenn es von den
Zeichenbenutzern vereinbart wird. (Römer, Matzke 2010: 62) Nach Pierce werden
heutzutage drei Arten von Zeichen unterschieden: Index, Ikon und Symbol. Index nennt
man noch Anzeichen oder indexikalisches Zeichen. Solche Zeichen haben eine reale
und starke Verbindung mit dem bezeichneten Denotat, wie z.B. Tränen, die auf
Traurigkeit deuten. Indexe sind unbestimmt und keine bewusst gesetzte Zeichen.
(Römer, Metzke 2010: 59) Tränen können auch auf Wut deuten und können
schauspielerisch produziert werden. Das Ikon ist ein Bildzeichen und wird noch
ikonische Zeichen genannt. Ikone charakterisiert ihre Ähnlichkeit mit deren realen
Erscheinungen, wie z.B. bei Fotos. Die dritte Art der Zeichen ist das Symbol oder das
symbolische Zeichen. Oftmals nennt man sie Wörter. Die Hauptcharakteristik der
Symbole ist die Konventionalität, weil sie eine objektive Verbindung mit dem Original,
für was sie stehen, haben. Pierces Erweiterung wurde weiter von Charles. W. Morries
(1901 – 1979) weiterentwickelt.
Der Begriff des Zeichens ist im Mittelpunkt der semiotischen Forschungen. Theoretiker
verstehen unter dem Begriff „Zeichen“ ein semiotisches Phänomen und definieren ihn
als eine Unterklasse dieses Phänomens. Dementsprechend ist das Zeichen etwas
Unterscheidbares, etwas das eine Bedeutung trägt. Das sprachliche Zeichen ist ein
Element der Sprache. Es folgen sechs Grundeigenschaftes des sprachlichen Zeichens
nach Römer, Metzke 2010: 62:
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5. Sprachzeichen sind unveränderlich und veränderlich.
6. Sprachzeichen sind allgemein und speziell.
Das sprachliche Zeichen besteht aus zwei Teilen: es muss ein Formativ (oder
Zeichenausdrück) haben. Das Formativ enthält weiterhin ein Lautbild und ein
Lautkörper. Das Lautbild ist die mentale Sprachproduktion und der Lautkörper ist die
grafische Struktur. Außer dem Formativ muss das sprachliche Zeichen eine Bedeutung
haben. Diese Ebene des Zeichens ist psychisch und enthält ein Denotat und eine
Vorstellung.
Heutzutage gibt es mehrere Modellierungen der Sprachzeichen. Das erste Modell ist das
unilaterale oder einseitige Zeichenmodell. Dieses Modell definiert das Zeichen nur als
ein Zeichenkörper. Dieser Zeichenkörper enthält trotzdem eine Bedeutung. Ein solches
Zeichenmodell hat den Vorteil, dass auch Mehrwortlexeme als ein Zeichen angesehen
werden können. Auf anderen Seite hat dieses Modell den Nachteil, dass die Bedeutung
der Wendung keine Rolle spielt. (Römer, Matzke 2010: 59) Ein großer Nachteil dieses
Modelles ist auch, dass die Mehrdeutigkeit der Wörter nicht abgebildet werden kann.
Das zweite Zeichenmodell ist das bilaterale Zeichenmodell von de Saussure, doch mehr
dazu im nächsten Kapitel. Das letzte Zeichenmodell ist das triadische oder dreiseitige
Zeichenmodell und dies ist das Modell, das von der Semiotik anerkannt und
angenommen wird. Sie sieht in Zeichen komplexe semiotische Einheiten mit den
Komponenten Zeichenträger, Bedeutung (Intension) und Bezeichnung (Extension).
(Römer, Matzke 2010: 58)
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3 Zeichenbegriff bei de Saussure
„Die Sprache ist ein System von Zeichen, die Ideen ausdrücken und insofern der
Schrift, dem Taubstummenalphabet, symbolischen Riten, Höflichkeitsformen,
militärischen Signalen usw. usw. vergleichbar. […] Sie bilden ein System von Zeichen,
in dem einzig die Verbindung von Sinn und Lautzeichen wesentlich ist und in dem die
beiden Seiten des Zeichens gleichermaßen psychisch sind.“ (de Saussure 2000: 122)
Die Theorie von Ferdinand de Saussure ist keine Neuheit in der Linguistik, sondern
kam als logische Folge der bisherigen Forschungen. Doch das, was in unseren Kontext
wichtig zu betonen ist, ist die Tatsache, dass die bisherigen Forschungen nur ein Anreiz
für de Saussure waren. Er kombinierte das Erlernte auf originelle Weise und stellte uns
sein eigenes kohärentes System dar.
Nach de Saussure verbindet das sprachliche Zeichen nicht eine Sache mit ihrer
Benennung, sondern einen Inhalt und das Lautbild. Mit dem Lautbild ist keine
physikalische Sache gemeint, sondern ein psychischer Abdruck des Bildtones. Damit er
seine Definition von Inhalt und Lautbild von anderen Disziplinen eindeutig trennen
kann, führte er die Begriffe Bezeichner und Bezeichnendes. Für ihn war das
Sprachzeichen eine psychische, ganzheitliche Entität, die aus Vorstellung und Lautbild
besteht (er benutzte darüber hinaus die Termini Signifie und Signifiant. (Römer, Matzke
2010: 58) Ein solches Zeichenmodell nennt man noch ein bilaterales Zeichenmodell und
ist in Abbildung 1 dargestellt:
Vorstellung / Inhalt /
Bezeichnendes(Signitikat)
Lautbild / Ausdruck /
Herz
Bezeichner(Signifikant)
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3.1 Symbolisches Merkmal des Sprachzeichens
Das sprachliche Zeichen, bzw. der Bezeichner wurde oft Symbol genannt. Es gibt
mehrere Gründe, wieso man den Bezeichner nicht so nennen kann. Der wichtigste
Grund liegt in unserem ersten Prinzip. Jedes Symbol beruht auf einer natürlichen
Verbindung. Es gibt immer eine konkrete Verbindung zwischen den Symbol und dem
Objekt. Dementsprechend ist das Symbol nicht arbiträr.
Wichtig zu betonen ist, dass der Sprecher bei Konstruktion der Ausdrücke nicht frei
wählen kann. Erst durch den Spracherwerb und in der Kommunikation mit anderen
Leuten der Gemeinschaft lernt der Sprecher über den Zusammenhang zwischen dem
Inhalt und dem Ausdruck. Dementsprechend wird die Konventionalität des
Sprachzeichens durch die Sprachgemeinschaft geregelt. Weiterhin gibt es keinen
Objektiven Grund, wieso das Bezeichnende seinen Bezeichner bekommt. Ein
Ausnahmefall entsteht bei Lautmalerischen Wörter oder Onomatopöien. Solche
Ausdrücke zeigen, dass das Bezeichnende von dem Bezeichner doch motiviert sein
kann. Dabei sprechen wir von einer „relativen Motiviertheit“ des sprachlichen Zeichens.
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3.2 Die Veränderlichkeit und Unveränderlichkeit des sprachlichen Zeichens
Der Bezeichner verbindet sich mit dem Bezeichnenden bevor sie in die Sprache
kommen. So betrachtet wählt die sprachliche Gemeinschaft ihre Zeichen nicht selbst,
sondern werden ihr vorgeschrieben. Jede Gesellschaft kennt ihre Sprache genau so, wie
sie ist. Die Sprache ist eine Erbschaft aus früheren Zeiten. Die Frage über die Anfänge
der Sprache ist in diesem Kontext nicht relevant. Die geerbten Elemente können sich in
jedem Moment ändern. Deshalb ist diesem Kontext die bessere Frage – wir wird die
Sprache übertragen?
Die Zeit ermöglicht einerseits die Haltbarkeit der Sprache und andererseits verursacht
sie Veränderungen. Veränderungen des Bezeichners sind auf der phonetischen und
grammatischen Ebene und die Veränderungen des Bezeichnenden sind auf der
semantischen Ebene. Egal ob die Veränderungen getrennt oder zusammen vorkommen,
sie verändern die Beziehung zwischen dem Bezeichner und dem Bezeichnenden. „Das
altdeutsche „dritteil“ wurde im Hochdeutsch zum „Drittel“. In diesem Fall, obwohl sich
der Begriff nicht verändert hat, hat sich die Beziehung auf zwei Weisen verändert: der
Bezeichner hat sich in grammatischer Form verändert; er beinhaltet nicht mehr die Idee
von Teil, weil das jetzt ein einfaches Wort ist. Es handelt sich immer um eine
Veränderung der Beziehung.“ (de Saussure, 2000: 109) Die Sprache kann sich nicht
vollständig von Faktoren bewahren, die die Veränderung der Beziehung zwischen dem
Bezeichner und dem Bezeichnenden verursachen. Dies ist eine der Konsequenzen der
Arbitrarität.
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4 Methoden des Strukturalimus
De Saussure legte vor allem Wert auf Methoden. Die Überlegungen formulierte er
mathematisch und methodisch. Er begrenzte sich nicht mit bisherigen Ergebnissen und
interessiert sich hauptsächlich mit allgemeinen Fragen die alle Sprachen befassen,
Fragen die immer aktuell sind. Aufgrund dieser Fragen versuchte er allgemeine Gesetze
zu stellen. De Saussure ist der Meinung, dass es früher keine konkrete Sprachforschung
gab. Obwohl die Sprache ein soziales Phänomen ist, muss sich die Sprachwissenschaft
von anderen Wissenschaften trennen und ihr Grundinteresse festlegen. Die Sprache ist
eine konkrete Einheit und besteht in jedem Moment in einem System.
4.1 Wortfeldtheorie
Der Terminus Wortfeld stammt von Jost Trier 1931 den er in seinem Buch „Der
deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes“ einführte. Er bezeichnet eine
Menge von sinnverwandten Wörtern, die (möglichst lückenlos) einem bestimmten
sachlichen oder begrifflichen Bereich abdecken sollen und sich gegenseitig begrenzen.
(Kessel, Reimann 2005: 158) Dementsprechend können nur Wörter derselben Wortart
demselben Wortfeld zugeordnet werden. Der Gedanke dahinter ist, dass der Inhalt eines
Wortes nur vollständig erfassen werden kann, wenn das ganze Feld bekannt ist.
Außerhalb des Feldes hat ein einzelnes Wort demnach nur eine unklare Bedeutung.
(Kessel, Reimann 2005: 158) Wir können feststellen, dass das Wort keine isolierte,
selbstständige Bedeutung hat, sondern sie wird von den anderen Wörtern im Feld
bestimmt. Mit dem Wortfeld erstellen wir eine sinnvolle Gliederung des Wortschatzes.
Will man einen Wortfeld erstellen, so muss man die onomasiologische
Herangehensweise anwenden: Man geht von einem Begriff bzw. außersprachlichen
Sachverhalt oder Gegenstandbereich aus und fragt nach allen Sprachzeichen, die den
Begriff abdecken. So entsteht ein onomasiologisches Paradigma: ein Wortfeld. (Kessel,
Reimann 2005: 158) Dementsprechend haben die Wörter eines Feldes gemeinsame
semantische Merkmale. Die Felder haben eine Inhalts- und Formebene. Die Formseite
betrifft vor allem identische Wortart aller Feldelemente; die Inhaltsseite betrifft das
semantische Ähnlichsein aller Feldelemente zueinander. (Römer, Matzke 2005: 107)
Wichtig zu betonen ist, dass ein Element des Feldes seine Bestimmung in
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Auseinandersetzung mit anderen Elementen bekommt. Es folgt ein Beispiel eines
Wortfeldes nach Kessel, Reimann 2005: 158:
Die aufgelisteten Wörter werden innerhalb des Wortfeldes noch einmal gruppiert end es
werden die wichtigsten inhaltsunterscheidenden Merkmale genannt, z.B. mit sexueller
Erfahrung (Ehefrau, Mutter, Witwe), ohne sexuelle Erfahrung (Mädchen, Jungfrau,
Jungfer), hohe Stillage bzw. Schicht (Dame, Gemahlin, Call-Girl, Vamp) etc. (Kessel,
Reimann 2005: 158)
4.2 Semanalyse
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vorkommen, bilden das Archisem. (Kessel, Reimann 2005: 160) Weiterhin nennt man
die Summe aller Seme das Semem.
Bei der Semanalyse geht De Saussure von Oppositionen aus. Zuerst war dies nur in der
Phonologie Praxis. Nämlich, Phoneme haben sogenannte distinktive Merkmale. An
Hand dieser Merkmale kann man ein Phonem von dem anderen unterscheiden. Z.B. Das
Phonem /b/ in deutschen hat das Merkmal [ + stimmhaft] und unterscheidet sich
dadurch von dem Phonem /p/, der das Merkmal [ - stimmlos] hat.
In der Praxis sieht das so aus: Sollen Sie zu einem Wortfeld eine Semanalyse
durchführen, verwenden Sie dazu alle Wörter, die Sie für das Wortfeld ermittelt haben.
Legen sie dann Seme fest und überprüfen sie deren Vorkommen oder Fehlen bei den
Wörtern des Wortfeldes. So bekommen wir jeweils eine individuelle +/- Liste, die für
jedes Wort anders lauten muss. (Kessel, Reimann 2005: 160) Man muss dabei achten,
dass man genug Seme nennt, um eine Gesamtbedeutung des Begriffs festzustellen. Zur
Veranschaulichung folgt ein Beispiel der Semanalyse von Kessel, Reimann 2005: 160:
Fahrrad + + - - - + +
Motorrad + + - + - + +
PKW + + + + + + +
Zug - + + + + + -
Flugzeug - + + + + - +
Schlitten - + - - + + -
Kutsche + + +/- - + + -
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+ (=trifft zu)
An diesem Beispiel können wir sehen, dass sich die Fahrzeuge in Semen unterscheiden.
Nur ein Sem ist allen gleich – „zur Fortbewegung“. Da es allen gemeinsam ist, nennt
man ein solches Sem Archisem.
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5 Kognitive Semantik
Die bisherigen sprachlichen Forschungen basierten sich in der ersten Linie auf dem
formalen Aspekt der Sprache und den strukturellen Beziehungen. Aus der Sicht der
formalen Grammatik werden die größeren sprachlichen Einheiten von kleineren gebaut.
Solche Beschreibungen sind rein syntaktisch und vernachlässigen dabei die semantische
und pragmatische Ebene. Die kognitive Semantik entwickelte in den 70er Jahren im
Rahmen der kognitiven Linguistik als Reaktion auf solche Beschreibungen der Sprache.
Im Mittelpunkt deren Forschungen stehen als relevante Komponenten außer
syntaktischen Strukturen auch die Bedeutung und Anwendung. Mit anderen Worten, die
funktionalistische Grammatik untersucht die Sprache nach drei Aspekten: semantischen
(Bedeutung), pragmatischen (Anwendung) und syntaktischen (formalen).
Während de Saussure von Inhalten spricht, wird in der kognitiven Semantik die Rede
von Konzepten. Daher ist es kein Wunder, wenn man die Bedeutung in enge
Verbindung mit Konzepten stellt, dass die kognitive Semantik auch eng mit der
Psychologie verbunden ist. Da „Konzepte“ auf der Basis sprachunabhängiger
kognitiver Dispositionen ausgebildet werden, liegt zum anderen die Annahme nahe,
dass für die Beschreibung von Sprache keine spezielle sprachliche
Repräsentationsebene erforderlich ist, wie sie in der generativen oder generell in allen
systemorientierten Grammatiken angenommen wird. (Pafel, Reich 2016: Ⅳ.2)
Dementsprechend ist die kognitive Semantik auf den sprachlichen Gebrauch fokussiert.
Konzepte sind nichts anderes als Bauelemente unseres Wissens. Konzepte sind mentale
Einheiten; sie basieren auf Erfahrungen, die wir im Umgang mit der Welt machen.
(Schwarz, Chur 2007: 24)
Menschen haben die Fähigkeit zu kategorisieren und gerade dies ist eine der wichtigsten
Eigenschaften der Kognition. Wir haben z.B. in der Kategorie „Vogel“ gespeichert,
dass Vogel Tiere sind, dass sie fliegen können, usw. Das Kategorienkonzept hilft uns
bei Klassifikation und Identifizierung. Es gibt zwei Arten von Konzepten: das schon
erwähnte Kategorienkonzept oder Type und Partikularkonzepte oder Token. Mit
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Partikularkonzepten bekommen wir Informationen über einzelne Objekte, Menschen
oder Situationen.
„So besitzen wir Token-Konzepte über die Menschen, die wir kennen, die
Bücher, die wir gelesen haben, die Blumen, die in unserem Garten stehen.
Dieses Wissen nennt man individuell-episodisch, weil es an raum-zeitliche
Erfahrungssequenzen gebunden ist und von den subjektiven Ergebnissen
einer Person abhängig ist.“ (Schwarz, Chur 2007: 25)
Kategoriales und individuell-episodisches Wissen kann man nicht völlig trennen, weil
sie immer in einer Interaktion sind. Nach Definition ist die Bedeutung eine konzeptuelle
Einheit. Doch diese beiden Termini sind nicht vertauschbar.
Bei der Beschreibung des sprachlichen Zeichens und der Bedeutung gehen die Vertreter
der kognitiven Semantik davon aus, dass der Bestandteil der Bedeutung
enzyklopädisches Wissen ist. Doch dies ist auch von der Kultur abhängig. In der Art
und Weise, wie Sprache Wissen organisiert, werden sich die Bedürfnisse, Interessen
und Erfahrungen von Individuen und Kulturen spiegeln. (Pafel, Reich 2016: 2.1) Die
kognitive Semantik beschreibt nicht nur lexikalische Einheiten als Form/Inhalt Paare,
sondern auch komplexe Einheiten wie z.B. Phraseologismen und
Wortstellungsvarianten. Wie schön erwähnt sprechen wir bei dem Kognitivismus nicht
von Inhalten, sondern Konzepten. Bedeutungen sind hier also unabhängig gegebene
mentale Objekte – Konzepte und Gedanken – die (im Fall lexikalischer Bedeutungen) in
unserem Langzeitgedächtnis gespeichert und unserem Bewusstsein nicht unmittelbar
zugänglich sind. (Pafel, Reich 2016: Ⅳ.2)
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5.1 Die Prototypentheorie
In der Tradition des Kognitivismus wird die sogenannte Prototypentheorie benutzt. Eine
solche neue Bedeutungsbeschreibung gab Eleanor Rosch in den 60er und 70er Jahren
des 20. Jahrhundert. Sie fand heraus, dass es für bestimmte Kategorien besonders
typische „beste“ Exemplare gibt, die diese Kategorie stellvertretend durch ihre Seme
repräsentieren. (Kessel, Reimann 2005:162) Da wir in dem Bereich des Kognitivismus
sind, sprechen wir nicht von einer linguistischen, sondern psychologischen Theorie.
Nachdem man die übergeordnete Kategorie nennt, erwartet man, dass der Befragte für
ihn typische Vertreter dieser Kategorie nennt. Das Konzept kann man auch in
Verbindung zu einer Kategorie stellen, da es eine ganze Reihe von Objekten
referenziert. Das Interesse der Prototypentheorie gilt somit vor allem der menschlichen
Kategorisierung, erst in zweiter Linie der Sprache. (Harm 2015:41) Kategorien verfügen
über ein Zentrum und eine Peripherie sowie einen in der Regel mehrfach gestuften
Zwischenbereich. (Harm 2015:41) Das Zentrum können wir als den typischen Vertreter
bezeichnen. Wir können das auch so verstehen, dass das Zentrum das erste ist, woran
der Befragte denkt, wenn er eine Kategorie hört. Zwischen den Kategorien gibt es
fließende Übergänge. Die Zugehörigkeit eines Referenten zu einer Kategorie ist daher
oft keine Frage des „Entweder-Oder“, sondern des „Mehr-Oder-Weniger“. (Harm
2015:42) Für eine leichtere Aufteilung werden Kategorien mithilfe Merkmale definiert.
Wichtig dabei zu betonen ist, dass alle Mitglieder einer Kategorie gleichwertig sind.
Alle Mitglieder verfügen über dieselben Merkmale.
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Es folgt ein Bespiel nach Kessel, Reimann 2005: 163:
Strauß
Pfau
Tukan
Ente
Taube
Eule
Rotkehlchen
Spatz
Fasan
Kanarienvogel
Papagei
Pinguin
Am Beispiel „Vogel“ (s.Abb. 4) kann man erkennen, dass es in dem Konzept für Vogel
einen Kern der Bedeutung gibt, in dem für uns Mitteleuropäer etwa das Rotkehlchen
angesiedelt ist. (Kessel, Reimann 2005: 162) Dementsprechend können wir sagen, dass
für Mitteleuropäer der typische Vogel das Rotkehlchen ist. Bei der Bildung von
Prototypen spielen Gesellschaftliche Relevanz und Frequentialität eine große Rolle.
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6 Empirische Untersuchung: Wortfeld, Semanalyse und
Prototypentheorie
Nach einer theoretischen Darstellung von dem Wortfeld, der Semanalyse und der
Prototypentheorie, werde ich jetzt diese Methoden an eigenen Beispielen durchführen
und sie danach vergleichen.
Wortfeld:
Blume
Löwenzahn
Rose
Tulpe
Sonnenblume
Gänseblümchen
Schneeglöckchen
Orchidee
Lotus
Primel
Bei der Erstellung des Wortfelds habe ich mich für den Begriff Blume entschieden.
Nachdem ich mich für den Oberen Begriff entschieden habe, füllte ich danach die
Tabelle mit allen Begriffen, die derselben Art gehören. Das Prinzip, das ich verwendet
habe, ist das Prinzip Hyperonym – Hyponym.
Alle Begriffe in der Tabelle gehören zur derselben Wortart und haben den gleichen
Grad der Wichtigkeit. Die Wahl der Begriffe basiert auf an meinem eigenem Wissen.
Auf den ersten Blick sah es so aus, als wurde die Anzahl der Begriffe unendlich sein,
doch die Anzahl endet mit der Begrenzung des Wissens.
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Semanalyse:
Teppich - - - + + + +
Schrank - + + + + + -
Lampe + - + + - + -
Bild - - - + - + -
Sofa - + + + + + -
Bett - + + - + + -
Sessel - + + + + + -
Für die Gestaltung der Semanalyse musste ich zuerst ein Wortfeld von dem Begriff
Möbelstück erstellen. Danach habe ich Merkmale, bzw. Seme ausgewählt, die
charakteristisch für Möbelstücke sind. Mit den Bezeichnungen +, - und -/+ habe ich
verdeutlicht, ob ein Merkmal für ein Objekt zutrifft, nicht zu trifft oder zutreffen kann.
Nachdem ich die ganze Tabelle mit solchen Werten ausgefüllt habe, konnte ich sehen,
welches Sem allen Möbelstücken gemeinsam ist. Das ist das Sem „man kann es
bewegen.“
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Prototypentheorie:
Werktisch
Arbeitstisch
Esstisch
Bürotisch
Bei der Darstellung der Prototypentheorie habe ich mir im Kopf den typischen Tisch
vorgestellt. Der erste Gedanke, der mir einfiel war ein Esstisch. Dementsprechend ist
ein Esstisch mein typischer Vertreter des Begriffs Tisch. Als ich die Anzahl an
Begriffen mit Kreisen erweitern wollte, dachte ich an Tische, die meinem typischen
Vertreter am ähnlichsten sind. Je mehr Kreise ich hatte, desto unterschiedlicher waren
die Begriffe im Vergleich zu meinem Vertreter. Zu der dargestellten Prototypentheorie
habe ich einige relevante Informationen, wie Geschlecht, Alter und Wohnort zugefügt,
weil die Erstellung des Prototypenmodelles sehr individuell und kulturabhängig ist.
Etwas, was uns am meisten Schwierigkeiten bei allen Analysen und Methoden bereitet
ist die Stellung von Grenzen. Gerade bei dem Wortfeld sind die Grenzen auf den ersten
Blick klar, doch die Bedeutungen lassen sich nur schwer voneinander abgrenzen. Eine
völlig lückenlose Gestaltung des Wortfeldes ist nicht möglich. Nach der
Wortfeldtheorie erhalten die Wörter eines Wortfeldes ihre Bedeutung erst durch die
Stellung zueinander und zum ganzen Wortfeld sowie durch die Abgrenzung
voneinander. (Kessel, Reimann 2005:160) Das deutet darauf hin, dass sich die
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Bedeutung eines Wortes ändern kann, wenn sich das Wortfeld ändern würde. Dies
würde passieren, wenn neue Wörter zum Wortfeld kommen würden, oder alte
wegfielen. Wie auch die Prototypentheorie, ist das Wortfeld individuell. Nicht alle
Sprecher kennen alle Wörter eines Wortfeldes. Ähnlich ist es mit der Semanalyse, bei
der Seme subjektiv ausgewählt werden.
Die Semanalyse geht einen Schritt weiter und führt notwendige Merkmale des Begriffs
ein, mit denen sie klare Grenzen der Kategorien stellen. In anderer Hinsicht ist es
schwer festzustellen, welche Merkmale obligatorisch sind. Für jemanden ist es normal,
dass ein Tisch viel Platz erfordert, aber für den anderen ist ein Tisch ein kleines Objekt.
Bei der Semanalyse, wie auch dem Wortfeld fehl der Kontext. Bei den beiden Analysen
wurden auch die psychologischen Untersuchungen vernachlässigt. Die
Prototypentheorie hat unter anderem bewiesen, dass die Sprache und ihre Ereignisse
sozial geprägt sind. Der Mensch benutzt die Sprache in seinem Kopf in Form des
Denkens und deshalb muss man auch die Sprache aus der psychologischen Ebene
betrachten. Wir können beschließen, dass strukturalistische Beschreibungen in
genannten Situationen zu kurz greifen.
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7 Zusammenfassung
In dieser Arbeit war die Rede von dem sprachlichen Zeichen aus zwei Sichten –
Strukturalismus und der kognitiven Semantik. In dem theoretischen Teil der Arbeit
wurden die zwei Sichten erläutert und an Beispielen gezeigt. In dem empirischen Teil
wurden die Methoden an eigenen Beispielen illustriert und vergliechen. Ziel der Arbeit
war die Wahrnehmung des Sprachzeichens aus zwei unterschiedlichen Sichten besser zu
verstehen – dem Strukturalismus und der kognitiven Semantik.
Alle drei Methoden sind individuell, doch bei der Prototypentheorie wurde der
individuelle Charakter am deutlichsten, weil die Prototypentheorie auf die Relevanz der
Kultur des Befragten verweist. Man kann auch sagen, dass sie die traditionelle
aristotelische Kategorisierungslehre zerbricht. Mit der Prototypentheorie wurde die
Inhaltsebene des Sprachzeichens auf Konzepte und Kategorien erweitert. Nicht alle
Vertreter einer Kategorie erfüllen alle Merkmale, sondern sind dem Prototyp ähnlich.
Mithilfe der Prototypentheorie kann man einen neuen Begriff schneller zuordnen, doch
dies geht wiederum schwer, wenn der neue Begriff dem typischen Vertreter sehr
unähnlich ist. Während im Strukturalismus der Blick auf das sprachliche Zeichen rein
formal ist, wird diese Richtung in der kognitiven Semantik eher funktional. Obwohl alle
drei Methoden einen Beitrag in der Zeichentheorie gaben, konnte keine lückenlos die
Semantische Ebene des Sprachzeichens beschreiben. Dies verweist wiederum auf die
Komplexität des sprachlichen Zeichens.
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8 Quellenverzeichnis
8.1 Literatur
Pafel, Jürgen; Reich, Ingo (2016): Einführung in die Semantik – Grundlagen, Analysen,
Theorien. Stuttgart: J.B. Metzler Verlag
Römer, Christine; Matzke, Brigitte (2010): Der deutsche Satz – Struktur, Regeln und
Merkmale. Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag
de Saussure, Ferdinand (2000): Tečaj opće lingvistike. Zagreb: Institut za hrvatski jezik
i jezikoslovlje
8.2 Internetquellen
Medien Sprache.
https://www.mediensprache.net/de/basix/semiotik/zeichen/de_saussure.aspx
(Abrufdatum: 14.08.2019)
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