NIRS Hausarbeit
NIRS Hausarbeit
NIRS Hausarbeit
2008
Hauptseminar: Neue Methoden der kognitiven Neurowissenschaften
Seminarleiter: Prof. Dr. Mark Greenlee
Hausarbeit von: Mareike Schulze
➢ Abstract
➢ Optische Verfahren und Einordnung der NIRS
➢ Spektroskopie
➢ Grundlagen
➢ Das Lambert-Beersche-Gesetz
➢ Nahinfrarot-Spektroskopie
➢ Grundlagen
➢ Optische Parameter der NIRS
➢ Messmethoden
➢ Physiologische Parameter der NIRS
➢ NIRS und Bildgebung
➢ Evaluation der NIRS
Abstract
Die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) ist ein noninvasives, optisches Verfahren, welches auf der
Basis der Spektroskopie beruht. Es nutzt die Veränderungen optischer Eigenschaften von
Hirngewebe zur Darstellung von Hirnaktivität über die Rückführung auf physiologische Parameter.
Durch eine Lichtquelle wird das Gewebe mit Licht aus dem Nahinfrarot-Bereich beleuchtet. Man
nutzt Licht aus genau diesem Wellenlängenspektrum, da die Eindringungstiefe des Lichts hier
besonders gut ist – man nennt es auch das biologische Fenster. Über das Eindringen des Lichts in
das Gewebe und die darauf folgende Absorption bzw. Reflektion des Lichts kann man die
Hirnaktivität in einem bestimmten Areal messen: Durch Hirnaktivität kommt es zu Veränderungen
der relevanten Parameter (Hämoglobin, Cytochrom-C-Oxidase, schnelle optische Parameter),
welche durch die Struktur- und/ oder Konzentrationsveränderungen der Chromophore bedingt ist.
Somit kommt es eben zu Veränderungen der Absorptionseigenschaften dieser, woraufhin es zu
einen spezifische NIRS Antwortmuster kommt. Ein Lichtdetektor misst die absorptions- und
streuungsbedingte Intensitätsminderung des Lichts und kann diese über einen Computer bildlich
darstellen. Man unterscheidet drei unterschiedliche Messmethoden: Continious-Wave-System,
Time-Domain-System und Frequency-Domain-System. Die Zukunft lässt auf die Entwicklung von
portablen NIRS Systemen hoffen, die ein Bild kompletter kortikaler Oxygenierungsänderungen
erstellen können.
Ein klarer Vorteil der NIRS ist, dass dieses non-invasive Verfahren aufgrund der mobilen Apparatur
sehr flexibel ist und auch die Untersuchung nicht-kooperativer Patienten erlaubt. Das Verfahren hat
eine sehr gute zeitliche Auflösung und eine sehr hohe biochemische Spezifität. Des weiteren ist es
sehr sensibel und hat eine große Parameter Spannbreite. Es kann ohne Interferenzen mit anderen
Systemen kombiniert werden. Nachteile sind die geringe räumliche Auflösung und die geringe
Eindringungstiefe. Außerdem ermöglicht das Verfahren nur eine geringe signal-to-noise-ratio, da
das Signal durch extrazerebrales Gewebe verzerrt wird.
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Optische Verfahren und Einordnung der NIRS
Spektroskopie
Grundlagen
Um die Spektroskopie zu verstehen, muss man erst einige Eigenschaften des Lichts kennen.
Farbigkeit entsteht durch Absorption von Licht in bestimmten Wellenlängenbereichen, wobei das
restliche Licht reflektiert wird. Da ihm nun ein „Anteil“ fehlt, nimmt man die Komplementärfarbe
des absorbierten Bereichs wahr.
Das absorbierte Licht überträgt einen genau bestimmen Energiebetrag an das Molekül gemäß der
Gleichung E=h*v (mit h als Plancksche Konstante und v als Frequenz des absorbierten Lichts).
Dadurch werden bestimmte Elektronen in den Molekülen angeregt. Zuvor befinden sich Moleküle
und Atome in diskreten Energiezuständen, die durch die entsprechende Elektronenkonfiguration
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definiert wird. Unter der Voraussetzung bestimmter Bindungen im Molekül (konjugierte
Doppelbindungen, Chromophore) können durch die absorbierte Energie Elektronen angeregt
werden und es kommt zu Elektronenübergängen zwischen den Orbitalen, also den
Elektronenwolken, in denen sich die Moleküle mit höchster Wahrscheinlichkeit befinden. Aus
einem Lichtkontinuum können jedoch nur diejenigen Frequenzen absorbiert werden, die der
Eigenfrequenz des Moleküls entspricht. Jede Substanz hat also ein spezifisches
Absorptionsspektrum.
Das Lambert-Beersche-Gesetz
Die Grundgleichung der Spektroskopie beschreibt das Lambert-Beersche Gesetz. Dieses drückt die
absorptionsbedingte Intensitätsminderung von Licht beim Durchdringen einer Probe aus.
Die Hauptinteraktion von Licht und Gewebe besteht aus Absorption und Diffusion. Die Wege
einzelner Photonen kann man im Küvettenmodell darstellen: Drei von den vier Photonen (1, 3, 4)
erreichen den Detektor ohne Absorption oder Diffusion. Photon 2 jedoch wird durch im Medium
gelöste Substanzen absorbiert und kann den Detektor nicht erreichen. Aus diesem Grund ist die
Lichtintensität I0 größer als die vom Detektor registrierte Intensität.
Abb. 1: Absorption von Photonen reduziert die Lichtintensität I. Dargestellt sind vier Photonen. Photonen 1, 3 und
4 erreichen den Detektor ohne Hindernisse. Photon 2 jedoch wird durch im Medium gelöste Substanzen (Chromophore)
absorbiert und erreicht den Detektor nicht. Dadurch ist die ausgehende Lichtintensität I0 größer als die registrierte
Intensität I am Detektor.
Beim Durchdringen einer Substanz erreichen also nicht alle Photonen den Detektor. Die
Intensitätsminderung ist abhängig von der Konzentration des Chromophors c (-COH), der
Weglänge des Lichts durch das Medium d sowie vom Extinktionskoeffizienten ε, welcher die
Absorption durch das Chromophor bei der Wellenlänge λ angibt. Genau dieser Zusammenhang
wird im Lambert-Beerschen-Gesetz wiedergegeben:
Die Lichtdämpfung ist also proportional zur Konzentration der absorbierenden Moleküle.
Anhand des Lambert-Beerschen Gesetzes kann man sowohl qualitative als auch quantitative
Analysen durchführen. Man kann anhand des Absorptionsspektrums die Art des Chromophors
bestimmen (qualitativ) oder, wenn der Extinktionskoeffizient bekannt ist, kann man die
Konzentration c eines Chromophors aus der Lichtintensitätsminderung berechnen (quantitativ).
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Nahinfrarot-Spektroskopie
Grundlagen
Die NIRS ist ein non-invasives Verfahren. Über das Eindringen des Lichts in das Gehirn und die
darauf folgende Absorption bzw. Reflektion des Lichts kann man die Hirnaktivität in einem
bestimmten Areal messen. Die Tiefe des Eindringens des Lichts in das biologische Gewebe hängt
von der Wellenlänge des Lichts ab. Sichtbares Licht (400-650 nm) und Licht aus dem mittleren
Infrarotbereich (über 950 nm) werden in hohem Maße von Hämoglobin (Hb) bzw.
Wassermolekülen absorbiert. Zwischen diesen beiden Wellenlängenbereichen liegt der
Nahinfrarotbereich (650-950 nm). Licht dieser Wellenlänge hat eine gute Eindringungstiefe, da die
Hämoglobin- und Wasserabsorption nur gering ist. Diesen Bereich nennt man biologisches Fenster
und genau dieses nutzt von beim NIRS, um auch Bereiche unterhalb des Cortex sichtbar zu machen.
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Abb. 3: Licht im Nahinfrarotbereich hat eine gute
Eindringungstiefe in das Gewebe. Licht im
Wellenlängenbereich des Nahinfrarots hat den geringsten
Extinktionskoeffizienten durch Wasser und Hämoglobin
und besitzt dadurch die beste Eindringungstiefe in das
Gewebe.
Die Annahme des halbmondförmigen Messvolumens ist allerdings umstritten. Einige Forscher
gehen davon aus, dass eine flachovale Gewebeprobe gemessen wird. Zu dieser Annahme kommen
sie durch Untersuchungen am Schichtmodell des Kopfes, bei dem die Heterogenität der
verschiedenen Schichten berücksichtigt wird (Haut, Knochen, Hirngewebe, zerebrospinale
Flüssigkeit etc.) Insbesondere die zerebrospinale Flüssigkeit spielt hierbei eine spezifische Rolle, da
sie die Eigenschaften eines Lichtkanals besitzt.
Im biologischen Gewebe tritt neben der Absorption noch ein weiterer Effekt auf: die Lichtstreuung
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bzw. Diffusion. In der unten dargestellten Abbildung werden vier Photonen dargestellt. Photon 3
erreicht den Detektor auf direktem Weg, wird also von ihm registriert. Photon 2 wird nicht
detektiert, da es von den Chromophoren absorbiert wird. Die Photonen 1 und 4 werden durch das
Licht gestreuut, wobei Photon 1 den Detektor trotzdem, aber auf verlängertem Weg erreicht, Photon
4 wird nicht vom Detektor erfasst.
Abb.5: Verminderung der Lichtintensität I durch Diffusion von Photonen. Nicht nur die Absorption, auch
Lichtstreuung führt dazu, dass sich die Lichtintensität I vermindert. Der Detektor kann nicht unterscheiden, ob
Photonen durch Absorption „verloren“ gegangen sind, ob die durch Lichtstreuung einen längeren Weg zurücklegen
bevor sie auf den Detektor treffen oder ob sie auf direkten Weg zum Detektor kommen. Aus diesem Grund muss das
Lambert-Beersche Gesetz modifiziert werden.
Durch diesen zusätzlichen Effekt kann der Detektor weder unterscheiden, ob die detektierten
Photonen auf direktem oder auf verlängertem Weg auftreffen, noch ob nicht detektierte Photonen
absorbiert wurden oder durch Streuung am Detektor vorbei gegangen sind.
Somit sind die Voraussetzungen für das Lambert-Beersche Gesetz, welche im folgenden genannt
werden, nicht mehr erfüllt:
1) Es muss eine infinitesimale Konzentration vorliegen: Die Lösung ist unendlich verdünnt, da
sonst die Gefahr besteht, dass die Konzentration der Lösung unterschätzt würde.
2) Es darf keine Streuung stattfinden.
Durch die Hinzunahme zweier Korrekturtherme kommt man zu einer modifizierten Form des
Lambert-Beerschen Gesetzes, welche die beiden Streuungseffekte berücksichtigt.
Der erste Streuungseffekt bezieht sich auf die Verlängerung des Weges, den die Photonen
zurücklegen bevor sie auf den Detektor auftreffen. Mit verlängertem Weg ist gemeint, dass die
Photonen eine weitere Strecke zurücklegen als die geometrische Länge d, sie fliegen also nicht aug
direktem Weg zum Detektor. Um diesen Störfaktor in die Berechnung mit einzubeziehen führt man
den „differential pathlength factor“ (DPF) ein. Diesen Faktor kann man folgendermaßen berechnen:
Oft werden konventionelle DPFs herangezogen, jedoch ist es besser, wenn man individuelle DPFs
berechnet.
Der zweite Streuungseffekt bezieht sich auf den Verlust von Photonen, also Photonen, die den
Detektor nicht erreichen, weil sie das Messvolumen verlassen. Um diese Streuung im Lambert-
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Beersche Gesetz zu berücksichtigen, führt man sie Konstante G ein, welche aber nicht
quantifizierbar ist.
Aus dieser Modifikation folgt die Annahme der konstanten Streuung, welche die
Grundvoraussetzung für die Konzentrationsbestimmung der Chromophore im Gehirn ist.
Veränderungen der Lichtintensität können so allein auf Veränderungen in der Absorption und somit
auf Veränderungen der Chromophor-Konzentration zurückgeführt werden.
Da der Faktor G jedoch nicht quantifizierbar ist, ist keine absolute Berechnung der Konzentration
möglich. Kennt man jedoch den DPF, ist eine relative Quantifizierung von
Konzentrationsveränderungen möglich.
Messmethoden
Die NIRS Systeme für Menschen unterscheiden sich bezüglich den Prinzipien der
Datenbeschaffung (time-resolved vs. continious wave), den technischen Spezifikationen (Anzahl
diskreter Wellenlängen vs. Kontinuierliches Spektrum) und der Anzahl der Kanäle der
Datenbeschaffung. Das Ziel aller Systeme ist die Erfassung der Streuuung und Absorption in den
verschiedenen Schichten. Man unterscheidet zwischen den Continious Wave-Systems, den Time-
Domain-Systems und den Frequency-Domain-Systems.
Das Continious Wave System ist eine nicht zeitaufgelöste Methode. Die Lichtquelle emittiert
kontinuierlich Licht. Als Lichtquelle kann entweder ein Laser bzw. eine Leuchtdiode dienen,
welche direkte Wellenlängen emittieren oder eine Halogenlampe, die über das gesamte
Nahinfrarotspektrum emittiert. Der gemessene Parameter bei dieser Methode ist die
Intensitätsminderung des Lichts. Die Vorteile dieser Methode liegen in der Einfachheit und
Flexibilität, sowie der hohen Signal-to-Noise-Ratio. Allerdings leisten oberflächige, extracerebrale
Strukturen einen hohen Beitrag zum Signal. Die Trennung von tiefen und oberflächigen Schichten
kann jedoch durch eine multiple Quelle-Empfänger-Trennung ausgeglichen werden.
Die beiden anderen Methoden gehören zu den zeitaufgelösten Methoden – die gemessenen
Veränderungen werden also in Abhängigkeit von der Zeit erfasst. Die Time-Domain-Systems nutzt
die Emission von Lichtimpulsen im Picosekundenbereich (10-12 Sekunden) zur Erfassung der
Intensitätsminderung des Lichts sowie der Verteilung der Ankunftszeiten der Photonen. Man nimmt
an, dass je tiefer die Photonen eindringen, desto länger verweilen sie im Gewebe. Man berechnet
die mittlere Flugzeit der Photonen und ermittelt dann den individuellen DPF.
Die Frequency-Domain-Systems wurden entwickelt, um einfacher die mittlere Flugzeit der
Photonen zu bestimmen. Als Emitter nutzt man hier keine Lichtimpulse, sondern eine
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hochfrequente, sinusiodale Modulation des emittierten Lichts (100-150 MHz). Das detektierte Licht
zeigt dann die gleiche Modulation wie das ausgesandte Licht, jedoch phasenverschoben. Gemessen
wird bei diesem Verfahren die Intensitätsminderung des Lichts, sowie die Phasenverzögerung,
welche proportional zur mittleren Flugzeit der Photonen ist. Diese Berechnungen führt man anhand
der Ankunftszeit der Photonen durch. Diese Methode ist wesentlich sensibler bzgl. tieferen
Strukturen als die Time-Domain-Systems und haben somit eine bessere Tiefenauflösung.
Alle Methoden kann man sowohl im One-Channel Modus als auch mit mehreren Quelle-Ziel-
Paaren durchführen.
Abb. 6: Die verschiedenen Messmethoden der NIRS. Dargestellt sind die verschiedenen Messmethoden der NIRS.
Das Continuous Wave System misst die Intensitätsminderung der Lichtintensität. Das Time Domain System misst die
Intensitätsminderung der Lichtintensität sowie die Verteilung der Ankunftszeit der Photonen. Das Frequency Domain
System misst die Intensitätsminderung sowie die Phasenverzögerung der Ankunftszeit der Photonen.
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Anhand des Hämoglobinspiegels ist die Möglichkeit gegeben, neurovaskuläre Koppelung zu
untersuchen. Unter neurovaskulärer Koppelung versteht man die simultane Änderung neuronaler
und vaskulärer Aktivität mit hoher zeitlicher und räumlicher Korrelation. Die Ursache hierfür liegt
im erhöhten Energiebedarf der Neurone bei gesteigerter Aktivität (Sauerstoff und Glucose), der
genaue Prozess ist bisher jedoch unbekannt. Dass neurovaskuläre Koppelung vorliegt, kann durch
zahlreiche Evidenz als gesichert angenommen werden. Es bleiben jedoch eine Menge Fragen offen:
Wie stark steigt der metabolische Bedarf der Nervenzelle unter Stimulation an? Welches Substrat
des Metabolismus stellt die Regelgröße dar (Sauerstoff oder Glucose/ Lactat)? Welche Mediatoren
steuern die Koppelung? Gibt es eine frühe Hypooxygenierung? Uvm. Der Prozess der
neurovaskulären Koppelung ist die Basis aller bildgebenden Verfahren (z.B. fMRI, PET), welche
die vaskuläre Antwort als Prädikator neuronaler Aktivität nutzen. Um die neurovaskuläre
Koppelung genauer zu untersuchen, muss man die neuronale und vaskuläre Aktivität zugleich
messen. Dies wird derzeit anhand der Kombination von NIRS (vaskuläre Informationen) mit
elektrophysiologischen Verfahren (z.B. EEG, EMG) untersucht, wobei letztere neuronale Signale
messen (event-related potentials).
Cytochrom-c-Oxidase ist das terminale Enzym der oxidativen Phosphorylierung und Marker des
intrazellulären Energiemetabolismus. Die spektroskopischen Unterschiede zwischen der oxidierten
und reduzierten Form können genutzt werden, um metabolische Veränderungen als Antwort auf
funktionale Aktivierung zu entdecken, sprich durch Hirnaktivität kommt es zu einer Änderung des
Redox-Zustandes, woraufhin sich das Absorptionsspektrum ändert.
In verschiedenen Studien kam man zu einer kontroversen Befundlage, insbesondere bei Studien mit
Menschen. In Tierstudien fand man, dass es bei funktioneller Hirnaktivität zur transienten
Oxydierung der Cytochrom-c-Oxidase kommt. Es besteht die Möglichkeit des „cross talks“. Dies
meint die Tatsache, dass bei falschen Annahmen zur Wellenlängenabhängigkeit des DPF die
Änderung in einem Chromophor eine Änderung in einem anderen Chromophor vortäuschen kann.
Für Cyt-Ox besteht also die Frage, ob Änderungen des oxygenierten und deoxygenierten
Hämoglobin-Konzentration fälschlicherweise eine Änderung des Redox-Zustandes der Cyt-Ox
hervorruft. Diese Frage ist essentiell mit der Bestimmung der Pfadlänge der Photonen im Gewebe
verbunden, denn der Faktor DPF ist wellenlängenabhängig. Entspricht also die zur Berechnung
angenommene Größe DPF nicht dem realen, so entsteht eine Verzerrung. Da die Befundlage zur
Änderung des Redoxzustandes kontrovers ist, besteht die Möglichkeit, dass der Parameter ein
spektroskopisches Artefakt ist. Hier besteht also noch weiterer Forschungsbedarf.
Desweiteren sind schnelle optische Signale von Bedeutung für die NIRS (fast light scattering
optical signals). Diese Signale erfassen elektrophsyiologische Information und treten im
Millisekundenbereich nach Auftreten der Zellstimulation auf. Stepnoski zeigte in isolierten
Nervenzellen, dass Änderungen der Lichtstreuung einhergehen mit Änderungen im
Membranpotential während eines Aktionspotentials. Gratton stellte in noninvasiven Studien mit der
freqency-domained NIRS schnelle optische Signale dar in Form eines EROS (event-related optical
signals). Diese Aufzeichnung gelang bisher jedoch nur einer Forschungsgruppen, es bestehen große
Replikationsschwierigkeiten.
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Abb. 7: Das sogenannte EROS, welches von der
Forschergruppe um Gratton gefunden wurde. Bei 0 ms
wird ein visueller Stimulus in Form eines schwarz weißen
Gitters dargeboten. Daraufhin kommt es zu einem
Anstieg der mittleren Flugzeit der Photonen, welche ihr
Maximum bei 100 ms erreicht. Dieser Befund stimmt mit
der Latenzzeit des P100 Signals überein. Dieses
Antwortmuster wurde nur festgestellt, wenn der Quadrant
des visuellen Feldes stimuliert wird, der zu dem kortikalen
Areal projiziert, welches unter der NIRS-Apparatur liegt.
Um mit NIRS cortikal topographische Informationen über die Lokalisation der gemessenen
Veränderungen zu erzielen, führt man Untersuchungen mit mehreren Emitter-Detektor-Paaren
durch. Durch geeignete Datenanalyse lassen sich so potentiell Bilder der gesamten Kopfoberfläche
generieren. Folgende Faktoren bestimmen unter anderem die Qualität eines bildgebenden Systems:
Die Anzahl der am Kopf angebrachten Proben, die Intensität der Quellen und die Sensibilität der
Detektoren. Derzeit sind die Systeme noch in der Entwicklung, bei ausreichendem finanziellen und
technischen Aufwand ist es aber realistisch, in den nächsten Jahren portable Systeme, die ein Bild
der cortikalen Oxygenierungsänderungen mit einer groben Tiefenauflösung zu haben.
Die große Herausforderung von NIRS und Bildgebung besteht in der geringen signal-to-noise ratio
aufgrund hoher Absorption und Streuung durch extrazerebrales Gewebe. Nicht-funktioniell kann
man die NIRS zum Beispiel zur Messung der mittleren zerebralen Sauerstoffsättigung, des
zerebralen Blutflusses oder des zerebralen Blutvolumens einsetzen. Diese Methoden finden vor
allem im klinischen Bereich ihre Anwendung, z.B. bei Überwachung von Patienten oder zur
Feststellung pathologischer Veränderungen. Funktionell wird die NIRS beispielsweise eingesetzt,
um Studien über die Hirnaktivität während motorischer, visueller, auditorischer oder kognitiver
Aktivität durchzuführen. Bei Untersuchungen dieser Art verwendet man häufig „mulit-site
mapping“, sprich man bringt mehrere Emitter-Detektor-Paare am Kopf des Probanden an, so dass
man mehrere Hirnareale gleichzeitig überwachen kann.
In einer Studie von Obrig et al. bestand das Systempad aus 8 Quell- und 7 Detektor-Proben,
wodurch sich 22 verschiedene Kombinationen ergeben, welche alle ein unterschiedliches
Messvolumen überwachen. Die typische Messanordnung reicht über ein 5 x 10 cm großes Areal
und wird contralateral zur motorischen Stimulation angebracht. Die motorische Aufgabe der
Probanden bestand aus der Opposition des Daumens mit den anderen Fingern der Hand. Im
Zeitverlauf zeigte sich ein Anstieg des oxygenierten Hämoglobin und ein paralleler Abfall des
deoxygenierten Hämoglobin, was dem typischen NIRS-Antwortmuster entspricht.
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Abb. 8: NIRS und Bildgebung (Obrig et al.:
Bildgebendes CW-System). Die 8 Quell- und 7 Detektor-
Proben wurden auf einem 5x10 cm großem Pad
angebracht und contralateral zur Stimulation an Schädel
befestigt. Die farbige Darstellung zeigt die Änderungen
des deoxygenierten und oxygenierten Hämoglobin im
Verlauf einer 30 s dauernden Fingeroppositionsaufgabe.
Die deoxygenierten Hb Werte wurden mit -5 multipliziert,
so dass Rottöne einen Anstieg des oxygernierten Hb und
einen Abfall des deoxygenierten Hb zeigen.
Des weiteren wurde von Obrig et al. eine Singe-Trial Studie zur Korrelation von BOLD-
Kontraständerungen und simultan gemessenen NIRS-Parametern durchgeführt. Sie stellten eine
gute Korrelation zwischen dem Abfall des deoxygenierten Hämoglobin und dem Anstieg des
BOLD-Kontrastes fest sowie eine jedoch geringere Korrelation zwischen Änderungen des
oxygeniertem Hämoglobin und BOLD-Kontrast. In der Studie sollten die Versuchspersonen
einfache Fingerextensionen und -flexionen durchführen. Der BOLD-Kontrast wurde mit fMRI
gemessen, der Oxygenierungszustand wurde mit NIRS über den motorischen Regionen für die
Finger angebracht.
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Evaluation der NIRS
Die Nahinfrarot-Spektroskopie ist eine sehr flexible non-invasive Methode, weshalb sie gut am
Menschen angewendet werden kann. Die mobile Apparatur ermöglicht die Anwendung am
Krankenbett und relative Unabhängigkeit von Bewegungen, so dass man z.B. auch beim Gehen
Aufnahmen der Hirnaktivität machen kann oder das Verfahren bei nicht kooperative Patienten wie
Kindern oder Demenz-Patienten anwenden kann. Die NIRS besitzt eine sehr hohe zeitliche
Auflösung und gute biochemische Spezifität: Man misst die Konzentration biochemisch gut
definierter Substanzen und man kann so eine klare Relation zwischen optischen und
physiologischen Signalen herstellen. Das Verfahren ist weiterhin sehr sensibel: Durch Fluoreszenz-
Methoden können selbst kleinste Stoff-Konzentrationen entdeckt werden. Ein weiterer Vorteile der
NIRS ist die große Parameter-Spannbreite: Wohingegen z.B. beim fMRI, PET, EEG und EMG nur
exklusive Messungen von vaskulärer, intrazellulärer und elektrphysiologischen Signalen stattfinden
kann, kann man mit der NIRS all diese Informationen simultan messen. Desweiteren kann die
Methode mit weiteren anderen Verfahren kombiniert werden, ohne dass es zur Interferenz kommt.
Positiv vor allem auch für den Forschungsbereich ist weiterhin der geringe Kostenaufwand.
Allerdings hat die NIRS nur eine geringe räumliche Auflösung und eine geringe Eindringungstiefe,
wodurch nur schlecht Aussagen über tiefer gelegene Strukturen und über genaue Lokalisation
gemacht werden können. Durch extrazerebrales Gewebe werden die Signale verzerrt, was zu einer
geringen signal-to-noise ratio führt. Außerdem sind nur relative Messungen, also
Konzentrationsveränderungen, durchführbar. Man kann mit der NIRS keine genauen
Konzentrationsbestimmungen durchführen.
Literatur
• Villringer, A.
& Obrig, H. (2002). Near-Infrared Spectroscopy and Imaging. In: Toga, A.W. &
Mazziotta, J.C., Hrsg. (2002), Brain Mapping: The Methods, 141-157, Amsterdam: Acad.Press
• Villringer, A.
& Chance, B. (1997). Non-invasive optical spectroscopy and imaging of human
brain function. Trends in Neuroscience, 20, 435-442.
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