Diss Schmauz Hs
Diss Schmauz Hs
Diss Schmauz Hs
Automobilindustrie mittels
Lumineszenzspektroskopie
Vorgelegt von
Günther Schmauz
aus Biberach a. d. Riß
Herausgeber:
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Prof. e.h. Dr.-Ing. e.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper
und
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E.h. mult. Dr. h.c. mult. Hans-Jörg Bullinger
und
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dieter Spath
Günther Schmauz
Nr. 500
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Prof. e.h. Dr.-Ing. e.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper
ord. Professor an der Universität Stuttgart
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E.h. mult. Dr. h.c. mult. Hans-Jörg Bullinger
ord. Professor an der Universität Stuttgart
Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, München
D 93
ISBN 978-3-939890-66-9
Jost Jetter Verlag, Heimsheim
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jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.
Druck: printsystem GmbH, Heimsheim
Geleitwort der Herausgeber
Über den Erfolg und das Bestehen von Unternehmen in einer marktwirtschaftlichen
Ordnung entscheidet letztendlich der Absatzmarkt. Das bedeutet, möglichst frühzeitig
absatzmarktorientierte Anforderungen sowie deren Veränderungen zu erkennen und
darauf zu reagieren.
Neue Technologien und Werkstoffe ermöglichen neue Produkte und eröffnen neue
Märkte. Die neuen Produktions- und Informationstechnologien verwandeln signifikant
und nachhaltig unsere industrielle Arbeitswelt. Politische und gesellschaftliche Verände-
rungen signalisieren und begleiten dabei einen Wertewandel, der auch in unseren Indu-
striebetrieben deutlichen Niederschlag findet.
Neue Formen der Arbeitsorganisation im indirekten und direkten Bereich sind heute
schon feste Bestandteile innovativer Unternehmen. Die Entkopplung der Arbeitszeit von
der Betriebszeit, integrierte Planungsansätze sowie der Aufbau dezentraler Strukturen
sind nur einige der Konzepte, welche die aktuellen Entwicklungsrichtungen kennzeich-
nen. Erfreulich ist der Trend, immer mehr den Menschen in den Mittelpunkt der Arbeits-
gestaltung zu stellen - die traditionell eher technokratisch akzentuierten Ansätze
weichen einer stärkeren Human- und Organisationsorientierung. Qualifizierungspro-
gramme, Training und andere Formen der Mitarbeiterentwicklung gewinnen als Diffe-
renzierungsmerkmal und als Zukunftsinvestition in Human Resources an strategischer
Bedeutung.
Von wissenschaftlicher Seite muss dieses Bemühen durch die Entwicklung von Methoden
und Vorgehensweisen zur systematischen Analyse und Verbesserung des Systems Pro-
duktionsbetrieb einschließlich der erforderlichen Dienstleistungsfunktionen unterstützt
werden. Die Ingenieure sind hier gefordert, in enger Zusammenarbeit mit anderen
Disziplinen, z. B. der Informatik, der Wirtschaftswissenschaften und der Arbeitswissen-
schaft, Lösungen zu erarbeiten, die den veränderten Randbedingungen Rechnung
tragen.
Dem Verfasser sei für die geleistete Arbeit gedankt, dem Jost Jetter Verlag für die Auf-
nahme dieser Schriftenreihe in seine Angebotspalette und der Druckerei für saubere
und zügige Ausführung. Möge das Buch von der Fachwelt gut aufgenommen werden.
Herrn Professor Dr.-Ing. Prof. E.h. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper
danke ich für die wissenschaftliche Betreuung und Förderung der Arbeit sowie die
Übernahme des Hauptberichts. In gleicher Weise danke ich Herrn Prof. Dr.-Ing. Manfred
Piesche für die Übernahme des Mitberichts und die eingehende Durchsicht meiner
Arbeit. Meinen Dank möchte ich ebenso Herrn Dr.-Ing Udo Gommel für die
wohlwollende Unterstützung und Ermöglichung meiner Arbeit aussprechen.
Eine besondere Anerkennung gebührt allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen der
Abteilung Reinst- und Mikroproduktion für die zielführende Diskussion und die
konstruktive Kritik während der Entstehung der Arbeit. Explizit möchte ich mich bei den
Herren Dipl.-Phys. Markus Rochowicz, Dr.-Ing. Andreas Schüle und Dr.-Ing. Jochen
Schließer für ihre wertvollen Beiträge bei der Herausarbeitung der Schwerpunkte der
schriftlichen Arbeit sowie bei Frau Jutta Frey für die Unterstützung bei der Planung,
Durchführung und Auswertung der Versuchsreihen bedanken.
Zum Dank für das entgegengebrachte Verständnis, das Vertrauen und den großen
Rückhalt während der Entstehung der Arbeit widme ich das Buch meiner Frau Sabine.
1 Einleitung 17
1.1 Problemstellung 17
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise 18
10
5.5.4 Mechanik 85
5.6 Abgleich mit den Anforderungen an den Versuchsaufbau 85
9 Summary 129
10 Literaturverzeichnis 132
11
Abkürzungen und Formelzeichen
ABS Acrylnitril-Butadien-Styrol
Al Aluminium
Al2O3 Korund
AlZrO2 Aluminiumzirkondioxid
BR Butadien-Kautschuk
Cr Chrom
D [mm] Objektivdurchmesser
D2 Deuterium
Ee [Wm-2] Beleuchtungsstärke
E-Modul Elastizitätsmodul
EPDM Ethylenprolyendienkautschuk
eV [J] Elektronenvolt
12
f‘ Brennweite
FFU Filter-Fan-Unit
HAL Halogenlicht
HBO Quecksilberbogenlampe
Hg Quecksilber
Ir relativer Intensitätswert
Ia absoluter Intensitätswert
Ie [Wsr-1] Strahlstärke
IR Infrarot
k Blendenzahl
K K-Elektronenorbital
KLT Kleinladungsträger
Le [Wsr-1m-2] Strahldichte
13
LM Lichtmikroskop
MO Molekülorbital
n Brechzahl
NA numerische Apertur
NBR Nitrilbutadienkautschuk
NR Naturkautschuk
PA Polyamid
PAN Polyacrylnitril
PE Polyethylen
PEEK Polyetheretherketon
PC Polycarbonat
PET Polyethylenterephtalath
PF Phenolformaldehyd
PMMA Polymethylmetacrylat
PP Polypropylen
PPSU Polyphenylsulfon
PS Polystyrol
PSU Polysulfon
PUR Polyurethan
PVDF Polyvinyldienfluorid
PVC Polyvinylchlorid
REM Rasterelektronenmikroskop
RFA Röntgenfluoreszenzanalyse
14
s Standardabweichung
2
s Varianz
SE Sekundärelektronen
SiC Siliziumkarbid
SiO2 Siliziumdioxid
Sn Zinn
T [%] Transmission
UP ungesättigtes Polyester-Harz
UV ultraviolettes Licht
XBO Xenonbogenlampe
Xe Xenon
xo oberer Vertrauensbereich
xu unterer Vertrauensbereich
z Arbeitsabstand
Zn Zink
ZrO Zirkonoxid
15
Griechische Formelzeichen
c [m/s] Lichtgeschwindigkeit
H Dehnung
I [J] Austrittspotenzial
M [°] Bildfeldwinkel
O [nm] Wellenlänge
Q [s-1] Frequenz
S bindendes Doppelbindungsorbital
S* antibindendes Doppelbindungsorbital
V [GPa/mm²] Spannung
V bindendes Molekülorbital
V* antibindendes Molekülorbital
W Transmissionsgrad
: [sr] Raumwinkel
16
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Entwicklung der Automobilindustrie in den letzten zwei Jahrzehnten ist geprägt
durch zwei entscheidende Faktoren. Die Leistungsdichte der Kraftfahrzeugmotoren,
insbesondere von Dieselfahrzeugen, wurde mit einhergehender Verringerung des
Schadstoffausstoßes kontinuierlich erhöht /Köberle 2004/. Gleichzeitig konnten in diesem
Zeitraum der Fahrkomfort und die Fahrsicherheit stetig verbessert werden, wodurch sich
die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland seit Anfang der Neunziger Jahre halbiert hat
/Destatis 2006/. Erreicht wurden diese beiden Trends durch den Einsatz elektronischer
Steuer- und Regelsysteme sowie von immer enger tolerierten und höher belasteten
mechanischen Komponenten, während Gewicht und Baugröße der Aggregate und
Systeme beständig reduziert wurde /Getrag 2006, Rochowicz 2006b/. Beispiele hierfür
sind das Dieseleinspritzsystem Common-Rail und das Antiblockiersystem /Senske 2008/.
Einhergehend mit dieser fortschreitenden Entwicklung ist die steigende Sensibilität der
eingesetzten elektronischen und mechanischen Komponenten gegenüber Feststoffrück-
ständen, sog. Partikeln /Stöhr 2003, Wolff 2006/. So beträgt z. B. die Düsenöffnung der
aktuellen Dieselinjektoren weniger als 100 μm. Das Eindringen größerer Partikel in den
Injektor kann daher zum Verstopfen der Düsennadel führen /Köberle 2004/. Weitere
typische Fehlerbilder aufgrund von Partikeln sind Verstopfen von Ventilen, Verklemmen
von Schiebern, Kurzschlüsse elektronischer Schaltungen, Undichtigkeiten in hydraulischen
Drucksystemen, Schädigung von Lagern sowie höherer Verschleiß durch Abrasion
/Buttenhauser 2004, Gösel 2005, Hydac 2005, Grossmann 2008, Schmauz 2008b/.
Betroffen sind beinahe sämtliche Kraftstoff, Öl, Wasser und Luft führende Systeme sowie
elektronische Bauteile /Ernst 2008, Schilling 2008/. Selbst im Abgastrakt, beispielsweise
im Turbolader, reagieren einzelne Komponenten kritisch auf Partikel.
Aus dieser Entwicklung heraus hat sich die sog. »Technische Sauberkeit« von
Komponenten und Baugruppen in der Zuliefererkette der Automobilindustrie zu einem
verbindlichen Qualitätsmerkmal etabliert /Grossmann 2003/. So legen zahlreiche Firmen
interne Qualitätsvereinbarungen und Vorschriften Sauberkeitswerte für kritische Zuliefer-
komponenten fest /MAN 2006, VW 2006/. Die Anforderungen an die Sauberkeit sind
umso anspruchsvoller, je funktionskritischer ein Bauteil ist. Handelt es sich zusätzlich um
ein sicherheitsrelevantes System, etwa das Bremssystem, sind die Reglementierungen
bezüglich Verunreinigungen entsprechend strikter, da eine fehlerfreie Funktion über die
gesamte Lebensdauer des Automobils gewährleistet werden muss.
Darüber hinaus tragen die physikalischen Eigenschaften eines Partikels, die durch dessen
Material bestimmt werden, entscheidend dazu bei, ob Partikel einer bestimmten Größe
kritisch für die Funktionsfähigkeit eines Bauteils ist /Ernst 2006, BMW 2008/. In
Baugruppen mit mechanischer Funktion, z. B. Ventilen oder Pumpen, können lediglich
Partikel mit einer gewissen Härte zum Ausfall führen, da weichere Partikel mechanisch
zerkleinert oder abgeschert werden /Continental 2007a/. In elektronischen Bauteilen, z. B.
Steuergeräten mit Leiterplatten, können lediglich elektrisch leitende Partikel Kurzschlüsse
generieren /Bosch 2008/. Im Gegensatz dazu können bei Dichtelementen zur Abtrennung
Fluid führender Wellensysteme, z. B. Radial-Wellendichtringen, auch relativ weiche
Partikel, etwa organische Fasern einer bestimmten Größe zu Undichtigkeiten führen. Für
die vollständige Beschreibung der Bauteilsauberkeit sind somit nicht nur die Größe und
Anzahl der Partikel zu bestimmen, sondern auch deren Material bzw. die aus dem
Material resultierenden physikalischen Eigenschaften, beispielsweise Härte /BMW 2008/.
Darüber hinaus ist es mehrheitlich nicht notwendig, die exakte elementare oder
molekulare Zusammensetzung der Partikel technisch aufwändig zu analysieren, da die
Eigenschaften eines Materials durch dessen Stoffgruppe, z. B. Metall oder Polymer,
beschrieben werden können. Es genügt die Kenntnis der Stoffgruppe eines erfassten
Partikels, um dessen Schädigungspotenzial bewerten zu können. Allerdings fehlt bisher
ein einfaches Verfahren als Alternative zur REM-EDX, welches die erfassten Partikel ohne
aufwändige und somit teure Technik der jeweiligen Stoffgruppe zuordnen kann.
Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens zur einfachen
Bestimmung der Materialeigenschaften von Partikeln. Den Anforderungen in der Praxis
der Automobilindustrie und deren Zulieferbetrieben entsprechend, soll das Verfahren
18
Restschmutzpartikel in Materialklassen einteilen, welche die relevanten physikalischen
Materialeigenschaften abbilden. Um eine vollständige Beurteilung des Schädigungs-
potenzials der Partikels und somit die vollständige Beschreibung der Bauteilsauberkeit zu
erhalten, muss das Verfahren zusätzlich zur Materialklasse die Größe und Anzahl der
erfassten Partikel bestimmen.
Zur Auswahl eines geeigneten Prinzips zur Bestimmung der Materialklasse von Partikeln
werden Analyseverfahren des Stands der Technik anhand der Anforderungen einander
gegenübergestellt und bewertet (Kap. 4: Stand der Technik). Auf Grundlage dieser
Bewertung wird das für die beschriebene Anwendung geeignetste Messprinzip in einem
Versuchsaufbau umgesetzt (Kap. 5: Entwicklung eines Versuchsaufbaus).
Im nächsten Schritt wir eine Methode erarbeitet, welche die Vorgehensweise festlegt, wie
mit dem Versuchsaufbau praxistypische Restschmutzpartikel vollständig klassifiziert
werden (Kap. 6: Entwicklung einer Messmethode). Abschließend wird das entwickelte
Verfahren anhand praxisnaher Versuchsreihen erprobt und bewertet (Kap. 7: Erprobung
und Bewertung).
Abbildung 1-1: Visualisierung der Entwicklungsschritte für ein Verfahren zur vollständigen Bestimmung der
Bauteilsauberkeit
19
2 Ausgangssituation und Aufgabenstellung
2.1.1 Kontamination
Stoffe, welche potenziell eine negative Auswirkung auf die Qualität eines Erzeugnisses
aufweisen, werden als Kontamination bezeichnet und können chemischer, physikalischer,
biologischer oder radiologischer Natur sein. Partikel gehören zu den physikalischen
Verunreinigungen und sind einzeln vorliegende Teilchen in festem Zustand. Diese können
sich auf Produktionsoberflächen, in der umgebenden Raumluft, in Prozessmedien oder
auf dem Produkt befinden /Gommel 1998/.
Fasern
natürliche künstliche
Nicht metallische Partikel, die bei gleichzeitig einheitlichem Querschnitt eine sehr große
Länge im Vergleich zur Breite aufweisen, gelten als Fasern /Continental 2007a, BMW
2008/. Fasern können entsprechend Abbildung 2-1 in künstliche und natürliche Fasern
eingeteilt werden. Natürliche Fasern sind pflanzlichen, tierischen oder mineralischen
Ursprungs und werden bei der Weiterverarbeitung chemisch nicht verändert. Den
Hauptbestandteil der künstlichen Fasern bilden synthetische Polymere (etwa Nylon und
Polyester) sowie aufbereitete natürliche Polymere (z. B. Zelluloseester). Weitere Vertreter
dieser Gruppe sind Glas- und Kohlefasern /David 1999/.
Ob ein Partikel zu einem dieser Schädigungsmechanismen führen kann, wird von dessen
Größe, Form, Anzahl und Material bestimmt. Wichtigstes Kriterium zur Beurteilung des
Schädigungspotenzials eines Partikels in der Qualitätssicherung der Automobilindustrie ist
die Partikelgröße, welche über die Länge eines Partikels gegeben ist. Wird das Partikel
durch einen Quader angenähert, so ist die größte der drei Dimensionen des Quaders die
Länge und somit die Partikelgröße. Die Partikelbreite ist die zweite Dimension, senkrecht
zur Partikellänge.
21
Ob die beschriebenen Schadensfälle jedoch tatsächlich eintreten, ist darüber hinaus nicht
nur von der Partikelgröße, -form und -anzahl abhängig. Vielmehr sind zusätzlich deren
Materialeigenschaften – im Speziellen elektrische Leitfähigkeit, Härte und Verformbarkeit
der Partikel – von Bedeutung.
Die elektrische Leitfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Stoffes, elektrischen Strom
zu leiten. Diese physikalische Größe hängt von der Anzahl der vorhandenen
Ladungsträger, entweder positiv oder negativ geladener Ionen oder Elektronen, sowie
deren Beweglichkeit ab. Bei Normaltemperatur sind lediglich Metalle gute elektrische
Leiter /Gottstein 2008/. Das bedeutet, dass in elektrischen Komponenten nicht
metallische Partikel auch mit einer Größe von deutlich mehr als dem Leitungsabstand
nicht zu Kurzschlüssen und somit zu Funktionsstörungen führen. Platinen und zugehörige
Komponenten wie Gehäuse und Steckverbindungen müssen daher lediglich frei von
metallischen Partikeln sein. Ursache für die Ausfälle elektronischer Komponenten in den
letzten Jahren ist der Kosten bedingte Verzicht auf einen Schutzlack. Da sich zudem die
Anzahl der elektronischen Systeme im Automobil in den letzten 15 Jahren mehr als
verzehnfacht hat, wird die Überprüfung der Sauberkeit dieser Komponenten immer
wichtiger /Senske 2008/. Typische elektronische Komponenten im Automobil dienen z. B.
der Steuerung des Einspritzsystems, der Schaltung in Automatikgetrieben und der
Zündung des Airbags.
Werden Festkörper einer äußeren Kraft ausgesetzt, so bilden sich im Innern des
Festkörpers Formänderungswiderstände aus, welche der äußeren Kraft entgegengesetzt
wirken. Dieser Widerstand gegenüber einer Verformung wird als Härte bezeichnet
/Martens 1889/. Weisen Restschmutzpartikel etwa in Lagerlaufflächen oder in Ventilen
eine geringe Härte auf, so werden diese mechanisch abgeschert oder zerstückelt, auch
wenn die Partikel die kritische Größe und Breite überschritten haben. Ein großes
Schädigungspotenzial haben somit lediglich Partikel mit einer bestimmten Geometrie und
Härte. Da Partikel die Oberflächen von Werkstoffen aus Materialien geringerer Härte
deformieren, führen beispielsweise in Gleitlagern lediglich Partikel mit einer höheren
Härter als das Lagermaterial zu Verschleiß bzw. im Extremfall zum Ausfall des Aggregats.
Messtechnisch wird die Härte von Materialien indirekt durch Aufbringen eines genormten
Prüfkörpers mit definierter Kraft und Messung der Eindringtiefe oder der Abdruckfläche
ermittelt. Je nach verwendetem Prüfkörper und eingesetzter Methode unterscheiden sich
die Verfahren zur Härteprüfung nach Vickers, Brinell, Rockwell und Shore /DIN 843-4/.
22
Verformbarkeit passen sich der Dichtfläche an und beeinträchtigen die Dichtfunktion
nicht, auch wenn sie eine große Breite bzw. Dicke aufweisen. Der Elastizitätsmodul E (E-
Modul) ist bei diesem Vorgang das Maß des Widerstandes (Spannung V) des
Partikelmaterials gegenüber der Verformung. Materialien mit geringen E-Modulen sind
weich und lassen sich leichter verformen als Materialien mit einem hohen E-Modul
/Brevier Technische Keramik 2003, Gottstein 2008/.
Zur vollständigen Beurteilung der Bauteilsauberkeit ist somit die Bestimmung der Partikel-
anzahl, -größe und, je nach Anwendungsfall, der mechanischen oder elektrischen
Materialeigenschaften, welche durch das Partikelmaterial gegeben sind notwendig.
2.2 Ausgangssituation
Die Gesamtmasse aller auf den relevanten Bauteiloberflächen befindlichen Partikel darf
bei Anwendung dieses Kriteriums einen bestimmten Wert (in mg) nicht überschreiten.
Dabei handelt es sich um ein integrales Merkmal zur Einordnung des Sauberkeitsniveaus,
welches jedoch keine Rückschlüsse auf Größe und Art der Partikel zulässt. Aus diesem
Grund wird die Bestimmung der Gesamtmasse der Partikel nur zur Überwachung des
Sauberkeitsniveaus von stärker verunreinigten Komponenten eingesetzt.
x Größtes Partikel
Auf den relevanten Bauteiloberflächen dürfen sich bei Reglementierung der Partikelgröße
keine Partikel oberhalb einer bestimmten Größe befinden, während die Anzahl kleinerer
Partikel nicht reglementiert wird.
Eine weitere Möglichkeit zur Beschreibung der Partikelgröße entsprechend der Richtlinien
ist das Prinzip des äquivalenten optischen Kreisdurchmessers. Die Partikelgröße
entspricht dabei dem Durchmesser eines ideal runden Partikels mit dem Flächeninhalt des
willkürlich geformten Partikels (s. Abbildung 2-2 b).
23
a) b)
Abbildung 2-2: Bestimmung der Partikelgröße eines willkürlich geformten Partikels /VDA 19/
a) Feret-max Durchmesser, bestimmt durch den maximalen Abstand zweier Tangenten
b) äquivalenter optischer Kreisdurchmesser desselben Partikels
Zusätzlich zur maximal zulässigen Größe der Partikel kann die Anzahl von Partikeln
bestimmter Größenbereiche reglementiert werden. Zur einheitlichen Angabe solcher
Sauberkeitsanforderungen definiert der VDA-Band 19 und die ISO 16232 Größenklassen
mit diskreten Klassengrenzen von 5 bis 1000μm entsprechend Tabelle 2-1.
24
Größenklasse Partikelgröße [μm] zulässige Partikelanzahl
D-E 25 bis < 100 8000
F-G 100 bis < 200 250
H 200 bis < 400 16
I 400 bis < 600 4
J 600 bis < 1000 1
K >=1000 0
Maximale Länge des größten Partikels: 700 μm
Zulässige Gesamtmasse der Partikel: 2 mg
x Partikelmaterial
Wird die Bauteilsauberkeit auf Grundlage des größten zulässigen Partikels oder der
maximal zulässigen Partikelanzahl bestimmter Größenintervalle festgelegt, kann diese
Forderung zusätzlich mit einer Materialeinschränkung kombiniert werden. So können
anwendungsbezogen etwa auf elektrischen Komponenten lediglich metallische Partikel
ab einer bestimmten Größe ausgeschlossen werden, während nicht metallische Partikel
nicht reglementiert werden. Wird das Sauberkeitsmerkmal Gesamtmasse der Partikel zur
Beschreibung der Bauteilsauberkeit herangezogen, wird keine Materialdiskriminierung
durchgeführt, da die Partikelmasse nur kumulativ für alle Partikel ermittelt werden kann.
25
x Bestimmung der Gesamtmasse der Partikel über eine Differenzwägung
Die Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl mittels Lichtextinktion erfolgt direkt in der
Analyseflüssigkeit. Bei den anderen erwähnten Verfahren müssen die Partikel zunächst
auf ein sog. Analysefilter übertragen werden. Welches Verfahren dabei eingesetzt wird,
richtet sich nach dem gewählten Kriterium zur Beschreibung der Bauteilsauberkeit.
Abbildung 2-3 zeigt den normkonformen Ablauf zur Bestimmung der technischen
Sauberkeit von Bauteilen.
Standardablauf
Direktinspektion Bauteil / Prüfobjekt
Sonderablauf
Extraktion:
Ultraschall Spritzen Spülen Schütteln
Analyse:
Filtration
Dokumentation
Abbildung 2-3: Ablaufschema einer Sauberkeitsprüfung nach VDA-Band 19 und ISO 16232
26
dieser Vorgang auf Grundlage des Materialkontrastes zwischen Partikel und Membran.
Die Größenanalyse der abgebildeten Partikel erfolgt abschließend durch den Einsatz
digitaler Bildverarbeitung auf Grundlage des Feret-max Durchmessers.
Ein weiteres Verfahren zur normkonformen Bestimmung der Partikelgröße ist der
optische Partikelzähler (OPZ) auf Grundlage des Lichtextinktionsprinzips. Diese Geräte
zählen und vermessen die Partikel direkt in der Flüssigkeit, weshalb der Filtrationsschritt
entfällt. Eine mit Flüssigkeit durchströmte Messzelle wird von einem Lichtstrahl durch-
leuchtet, welcher direkt in eine photosensitive Einheit trifft. Diese wandelt das einfallende
Licht in elektrischen Strom um. Strömt nun ein Partikel durch den Lichtstrahl, wird ein Teil
des Lichtes abgeschattet, es gelangt weniger Licht zur photosensitiven Einheit und die
Stromstärke fällt ab. Da der Betrag des Stromstärkeabfalls proportional zur
Schattenfläche des Partikels ist, erfolgt (zusätzlich zur Partikelzählung) die Bestimmung
der Partikelgröße auf Grundlage des äquivalenten optischen Kreisdurchmessers.
Aufgrund der Tatsache, dass der OPZ sowohl Luftblasen, als auch nicht gelöste Öle nicht
von Partikel unterscheiden kann und die Probe nach der Analyse verloren ist, wird dieses
Verfahren nur in Ausnahmefällen eingesetzt, etwa in Funktionsprüfständen von Pumpen
und Injektoren. Das mit Abstand am häufigsten angewandte Verfahren zur Bestimmung
der Partikelgröße und -anzahl ist deshalb die Lichtmikroskopie mit automatisierter
Filterauszählung. Entsprechend Herstellerangaben sind weltweit etwa 400 - 500 dieser
Systeme im Einsatz /Metzger 2008/. Das REM wiederum wird nur dann zur
Größenanalyse eingesetzt, wenn zusätzlich eine Elementanalyse erforderlich ist.
Um die relevanten Materialeigenschaften der Partikel zu ermitteln, wird nicht direkt deren
Leitfähigkeit, Härte oder Verformbarkeit messtechnisch bestimmt. Es wird vielmehr eine
Materialanalyse der Partikel durchgeführt, anhand derer die mechanischen und
elektrischen Materialeigenschaften abgeleitet werden.
Den Stand der Technik zur Materialanalyse stellt gemäß VDA-Band 19 und ISO 16232 die
energiedispersive Röntgenspetroskopie am Rasterelektronenmikroskop (REM-EDX) dar.
1. Ein Anregungselektron kollidiert mit einem Elektron eines Atoms der Probe und
löst dieses aus dem Atomverband heraus. Es entsteht ein sog. Sekundärelektron
(SE) mit wenigen eV Energie.
2. Ein Anregungselektron wird an einem Atomkern gestreut. Dabei entsteht ein sog.
Rückstreuelektron (Back Scattering Electrons - BSE) mit der Energie einiger keV.
27
Je höher die Ordnungszahl eines Atoms, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass
einer der beiden Effekte eintritt. Besteht ein Materialkontrast zwischen Partikel und
Membran, so werden vom Partikel entweder mehr Elektronen oder weniger Elektronen
emittiert als von der Membran. Durch ortsaufgelöste Detektion der BSE werden die
Partikel somit heller oder dunkler als die Filtermembran dargestellt Anhand dieser
Intensitätsunterschiede kann bei bekannter optischer Vergrößerung das Partikel erfasst
und dessen Größe bestimmt werden.
Die anschließende Elementanalyse nutzt einen Folgeprozess bei der Entstehung von
Sekundärelektronen aus. Löst ein Anregungselektron ein kernnahes Elektron aus dem
Atomverband heraus, so springt ein Elektron einer äußeren Schale in das entstandene
Loch (s. Abbildung 2-4). Bei diesem Vorgang wird Energie in Form von Röntgenstrahlung
freigesetzt, die charakteristisch für das jeweilige Atom ist. Durch Messung der Energie der
Röntgenstrahlung kann die Ordnungszahl des emittierenden Atoms bestimmt werden.
Über die Anzahl der eintreffenden Photonen wird zusätzlich der Anteil des jeweiligen
Elements einer Probe ermittelt. Eine REM-EDX-Analyse liefert somit ein qualitatives und
quantitatives Ergebnis der elementare Bestandteile eines Partikels /Dörffel 1994/.
Abbildung 2-4: Mögliche Wechselwirkungen eines Elektrons mit atomgebundenen Elektronen als Grundlage zur
Bestimmung des Atoms anhand charakteristischer Röntgenstrahlung /Flegler 1995/
Die REM-EDX-Analyse liefert die Elemente eines Partikels und deren quantitative
Verteilung. Darüber hinaus wird jedoch keine Aussage über die Molekülstruktur des
Partikels ermöglicht. Anhand einer EDX-Analyse ist es also beispielsweise nicht möglich zu
beurteilen, ob es sich bei einem Partikel mit entsprechendem Aluminium- und
Sauerstoffgehalt um ein nicht leitendes keramisches Al2O3-Korundpartikel oder um die
Oxidschicht eines leitenden Aluminiumpartikels handelt. Ein Rückschluss von elementarer
Zusammensetzung eines untersuchten Partikels auf dessen Materialeigenschaften,
welches das eigentliche Ziel der Analyse darstellt, kann somit nur eingeschränkt gezogen
werden.
28
energetischen Primärelektronen und BSE (mehrere keV) durch Luftmoleküle in der
Messkammer abgelenkt werden, muss die Analyse zumindest im Niederdruckvakuum
durchgeführt werden. Dies bedingt den Einsatz einer speziellen Probenkammer und
Pumpentechnik (Turbomolekular-Pumpen). Des Weiteren muss die Kammer so gestaltet
sein, dass die erzeugte Röntgenastrahlung nach außen hin abgeschirmt wird.
a) b)
nicht metallisches nicht metallisches
Partikel Partikel
metallisches metallisches
Partikel Partikel
1000 μm 1000 μm
Abbildung 2-5: Prinzip der Polarisationsmikroskopie zur Bestimmung von metallischen Partikeln über deren Glanz
a) metallisches und nicht metallisches Partikel mit diffuser Beleuchtung
b) derselbe Bildausschnitt polarisiert beleuchtet mit 90° gedrehtem Polarisator vor der Kamera
Die Klassifizierung von Metallen allein auf Grundlage eines Helligkeitsschwellwerts ist
eine subjektive Methode und vom jeweiligen Bediener abhängig. Bestimmte Metalloxide
und beschichtete Metalle, die nur schwach glänzen, können falsch negativ als nicht
metallische Partikel und glänzende Kunststofffolien hingegen falsch positiv als metallische
Partikel klassifiziert werden.
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Die Methode der Differenzbildanalyse mittels gekreuzter Polarisatoren umgeht diese
subjektive Klassifizierung. Allerdings ist auch mit diesem Verfahren, genauso wie bei der
einfachen Klassifizierung über den Glanz, keine weitere Differenzierung der nicht
metallischen Partikel möglich. Harte abrasive Mineralien und weiche organische Partikel
können nicht unterschieden werden, weshalb eine Einteilung der Partikel anhand der
Schädigungswirkung auf Grundlage der Härte nicht möglich ist.
In Tabelle 2-3 sind die beiden Verfahren einander gegenüber gestellt und anhand der
Kriterien zeitlicher und manueller Aufwand, Kosten der notwendigen Geräte sowie
messtechnische Grenzen verglichen.
Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl mit einem automatisierten REM ab einer
Partikelgröße von 50 μm. Anschließend erfolgt die Analyse der Elementverteilung des
Materials der Partikel ab 50μm mit einem integrierten EDX-System im Niedervakuum.
Die angegebenen Analysezeiten sind abhängig vom Analyseumfang und hier als
Richtwerte zu verstehen. Ausgegangen wird von der Auswertung einer mit Partikeln dicht
belegten Analysemembran mit etwa 1000 Partikeln > 50 μm. Dies entspricht einer
durchschnittlich verunreinigten Analysemembran, welche als charakteristisch für diese
Anwendung betrachtet werden kann.
Tabelle 2-3: Gegenüberstellung der etablierten Verfahren zur Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl sowie
des Partikelmaterials bei der Bauteilsauberkeitsprüfung
Fazit: Aufgrund der technischen Gegebenheiten ist die REM-EDX-Analyse ein sehr
aufwändiges Analyseverfahren. Darüber hinaus liefert es lediglich die Elementverteilung
30
des Partikelmaterials. Aussagen über die tatsächlichen Materialeigenschaften der
analysierten Partikel sind nur eingeschränkt möglich.
Im Gegensatz hierzu ist der finanzielle Aufwand zur Materialklassifizierung über den
metallischen Glanz mittels Polarisationsmikroskopie – ab etwa 25 T€ Gerätekosten –
deutlich geringer. Hauptnachteil dieses Verfahrens ist jedoch, dass nicht metallische
Partikel nicht weiter differenziert werden können. Keramische und organische Partikel
werden derselben Klasse zugeordnet. Eine vollständige Bestimmung des Schädigungs-
potenzials von Partikeln ist anhand dieses Verfahrens somit nicht möglich.
Zusammenfassung
Zur Sicherstellung der Qualität von Produkten in der Automobilindustrie besteht die
Notwendigkeit, die partikulären Rückstände auf sauberkeitskritischen Komponenten
messtechnisch zu bestimmen. Der VDA-Band 19 und die ISO 16232 beschreiben hierzu
die Methoden und Geräte nach Stand der Technik. Zur Festlegung von
Sauberkeitsgrenzwerten und zur Bestimmung der Sauberkeit sind neben der zulässigen
Größe und Anzahl von Partikeln auch deren mechanische und elektrische
Werkstoffeigenschaften von Bedeutung. Diese physikalischen Größen können durch das
Material der Partikel abgeleitet werden. Aus diesem Grund ist die Bestimmung des
Partikelmaterials zur vollständigen Beschreibung der Bauteilsauberkeit unerlässlich.
Es besteht somit ein hoher Bedarf an einem einfachen Analysesystem, welches genau den
Anforderungen und Gegebenheiten in der Automobilindustrie angepasst ist.
Aufgabenstellung
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung und Umsetzung eines Verfahrens zur einfachen und
vollständigen Bestimmung der Bauteilsauberkeit. Das bedeutet, dass neben der Messung
der Partikelgröße und -anzahl nach VDA-Band 19 die erfassten Partikel anhand ihrer
Werkstoffeigenschaften bewertet werden müssen. Welche Werkstoffeigenschaften für
diese Bewertung relevant sind, ist abhängig vom jeweiligen Bauteil bzw. vom System, in
dem das Bauteil verbaut wird.
31
Um eine hohe Marktakzeptanz zu erzielen, muss das Verfahren die Probleme der
etablierten Verfahren lösen, ohne gleichzeitig neue Nachteile aufzuweisen. In
Konsequenz muss das Verfahren mit deutlich geringerem technischem Aufwand
umsetzbar sein als die energiedispersive Röntgenanalyse am Rasterelektronenmikroskop
(REM-EDX) und eine direkte Klassifizierung des Materials ermöglichen. Gegenüber der
Lichtmikroskopie mit automatisierter Polarisationstechnik zur Metallklassifizierung müssen
auch die nicht metallischen Partikel gesichert weiter differenziert werden können.
Ein solches Verfahren ermöglicht einfache Aussagen über das tatsächliche Schädigungs-
potenzial von Restschmutzpartikeln. Aufbauend auf diesem Wissen kann durch
entsprechende Regelkreise die Prozesssicherheit bei der Herstellung der Produkte und die
Lebensdauer von sauberkeitskritischen Systemen erheblich gesteigert werden.
32
3 Analyse der Randbedingungen und Ableitung von
Anforderungen an das Verfahren
Für die Entwicklung eines Verfahrens zur einfachen und vollständigen Bestimmung des
Schädigungspotenzials von Partikeln in der Automobilindustrie müssen die relevanten
partikulären Kontaminationen und Werkstoffeigenschaften betrachtet werden. Im ersten
Analyseschritt werden daher die in der Automobilindustrie praxistypischen Partikelquellen
untersucht und die daraus resultierenden Partikelarten und -größen abgeleitet.
Fertigungsprozess
Personal Betriebsmittel
Technische
Sauberkeit des
Bauteils
Transport /
Umgebung
Verpackung
Abbildung 3-1: Einflussfaktoren auf die Technische Sauberkeit in der Automobilindustrie und deren Zulieferbetrieben
Zur Analyse der praxistypischen Partikelmaterialien und Partikelgrößen ist eine individuelle
Betrachtung jeder dieser Partikelquellen notwendig.
3.1.1 Fertigungsprozess
Die Einzelteile werden hauptsächlich aus Metall, im Speziellen legierte Stähle, Aluminium
und in geringerem Maße Messing, hergestellt /Mitterer 2007/. Die zweite Materialgruppe
bilden die synthetischen Polymere, wobei sämtliche gängigen Duroplaste, Thermoplaste
und Elastomere zum Einsatz kommen. Die zur Fertigung der Einzelteile und Systeme
eingesetzten Verfahren werden entsprechend Tabelle 3-1 in die Hauptgruppen Urformen,
Umformen, Trennen, Fügen und Beschichten unterteilt /DIN 8580/.
6. Stoffeigenschaft ändern
Härten, Vergüten, Entkohlen, Aufkohlen
Kunststoffe Spritzgießen, Warmformen, Spanen Kleben, Lackieren,
Pressen, Biegen, u. a. Schweißen, Bedrucken,
Spritzpressen, Abkanten Nieten, Beflocken,
Extrudieren u. a. Einbetten von Beschichten mit
u. a. Metallteilen Kunststoff
u. a. u. a.
Beim Urformen werden die Bauteil-Rohlinge und Halbzeuge (Rohre und Stangen) z. B.
mittels Gießen und Pressen hergestellt. Typische prozessbedingte Verunreinigungen sind
mineralische Gusssandpartikel, die an den Oberflächen der Rohlinge zurückbleiben.
Das anschließende plastische Ändern der Form des Halbzeugs oder Rohlings wird als
Umformen bezeichnet. Dabei entstehen Partikel aus dem Material des Rohlings, etwa
durch Abplatzer an Kanten und Radien beim Tiefziehen und Biegen.
34
In Abhängigkeit der Anwendung werden die Oberflächeneigenschaften des Bauteils
durch Beschichten, hierzu zählen Galvanisieren, Lackieren und Bedampfen, verändert.
Ziel des Beschichtens ist beispielsweise die Erhöhung des Verschleißwiderstandes eines
Bauteils oder der Korrosionsschutz. Typische Rückstände, die dabei entstehen können,
sind Abplatzer von Beschichtungen.
Im weiteren Produktionsverlauf erfolgt das Fügen, bei dem die gefertigten Einzelteile zu
Funktionsaggregaten (Lenksystem, Motor, Bremsaggregat, usw.) verbaut werden.
Typische Arbeitsschritte beim Fügen sind Schrauben, Verstemmen, Nieten,
Zusammensetzen und Löten. Bei diesen Arbeitsschritten entstehen Partikel an den
Flächen der Fügepartner durch Abrieb oder durch gleichzeitig stattfindendes Umformen
/Gommel 2006, Rochowicz 2007/. Die Partikel sind somit aus dem Material der
beteiligten Fügepartner. Bei der Fertigung elektronischer Steuerkomponenten stellen
Lotperlen typische Fügeverunreinigungen dar.
Nach der Montage der Baugruppen und Aggregate sind die funktionskritischen Bereiche
verschlossen. Die danach folgenden Schritte sind somit nicht mehr als sauberkeitskritisch
zu betrachten. Die im weiteren Fertigungsverlauf, z. B. bei der Endmontage entstehenden
Partikel, werden deshalb nicht weiter berücksichtigt. Tabelle 3-2 gibt einen Überblick
über die für die Bauteilsauberkeit der Produkte und Systeme in der Automobilindustrie
relevanten Produktionsschritte und die daraus resultierenden Partikel.
charakteristische
Hauptgruppe typische Verfahren Partikelmaterial
Partikelrückstände
#1 Urformen Druckgießen, Spritzgießen, Gussrückstände, die im mineralischer Sand
Pressen Material verbleiben
#2 Umformen Tiefziehen, Biegen Partikel aus dem Material Stahl, Aluminium, Messing,
des Rohteil sämtliche gängigen Kunststoffe
#3 Trennen Drehen, Fräsen, Partikel aus dem Material Stahl, Aluminium, Messing,
Bohren, Strahlen, Honen, des Rohteil sowie eingesetzte sämtliche gängigen Kunststoffe,
Läppen, Schleifen Prozesspartikel, die auf dem natürliche und synthetische
Bauteil zurück bleiben Mineralien und Keramiken
#4 Beschichten Lackieren, Galvanisieren Partikel aus dem Zink, Chrom
Beschichtungsmaterial
#5 Fügen Schrauben, Nieten, Bauteilabrieb, Stahl, Aluminium, Messing, Zink,
Verstemmen, Löten, Kleben Lotpartikel Zinn, Kunststoffe und Polymere
Tabelle 3-2: Partikel erzeugende Fertigungsverfahren in der Automobilindustrie und deren Zulieferbetrieben
sowie dabei generierte charakteristische Partikel
3.1.2 Fertigungsumgebung
35
oder bei industriellen Prozessen und werden entweder direkt an die Luft abgegeben (z. B.
bei Verbrennungsprozessen) oder indirekt durch Aufwirbelung /van Basshuysen 2006/.
Abbildung 3-2 gibt einen Überblick über die Entstehungsprozessen Luft getragener
Partikel und deren Größeneinteilung. Die Größenverteilung und Struktur der erzeugten
Partikel ist abhängig vom jeweiligen Entstehungsprozess. Typische Luft getragene Partikel
in der Fertigungsumgebung sind organischen Ursprungs, etwa Pollen bis maximal 100
μm und Fasern mit einer Größe von bis zu mehreren Millimetern.
Abbildung 3-2: Typische Schwebstoffpartikel in nicht reglementierter Umgebung sowie deren Gruppierung nach
Größe und Material /EG 2008, ISO 14644-1/
3.1.3 Betriebsmittel
36
mehreren 100 μm erzeugen können /Ernst 2009/. Je nach eingesetzten Werkstoffen
handelt es sich um Metall-, Kunststoff- oder Gummipartikel. Zusätzlich entstehen Partikel
durch Verschleiß an eingesetzten Werkzeugen, etwa an Bohrern oder Schraubeinsätzen.
Abbildung 3-3 zeigt zwei in der Automobilindustrie typische Montagelinien.
a) b)
3.1.4 Personal
Einen weiteren Einflussfaktor auf die Sauberkeit von Komponenten und Aggregaten in
der Produktion stellt der Mensch dar. Der Werker kann das Bauteil durch Partikelabgabe
direkt verunreinigen oder Partikel indirekt auf die Bauteiloberfläche verschleppen. Partikel
gibt der Werker in Form von Textilfasern und Haaren ab. Dabei handelt es sich um
natürlich organische (Wolle, Baumwolle) und synthetisch organische Fasern (Polyester,
Polyamid), welche bis zu mehrere Millimeter groß sein können. Zusätzlich gibt der
Mensch Mikroorganismen in Form von Pilzen und Bakterien im Größenbereich zwischen
0,1 und 10 μm sowie Hautschuppen bis zu mehreren Millimetern Größe ab /Schüle
2004/. Partikel auf das Bauteil verschleppen kann der Werker bei dessen Handhabung
etwa durch Kontakt mit verunreinigten Handschuhen oder Händen sowie durch Ablegen
von Bauteilen auf kontaminierten Oberflächen. Dabei handelt es sich um Partikel aus der
Produktion, welche der Werker von verunreinigten Oberflächen der Fertigungsumgebung
aufnimmt und anschließend auf das Bauteil überträgt.
37
3
direkte Partikel- Partikelabrieb
verschleppung durch am Packmittel
das Packmittel
2 Partikelabrieb 4
am Bauteil
Partikeleintrag
aus der angrenzende
Umgebung Verpackung / Bauteile
1 indirekte
Verschleppung
durch Partikel-
Korrosion der abgabe an: Produktions-
Bauteile in der 5 umgebung
Verpackung
Partikelverunreinigung 6
Werker Betriebsmittel
Abbildung 3-4: Potenzielle Möglichkeiten zur Verunreinigung von Bauteilen durch die Packmittel und den Transport
von Komponenten /Schmauz 2008a/
3.1.6 Zusammenfassung
Bei der mechanischen Bearbeitung der Bauteile entstehen Metall- und Kunststoffpartikel
bis > 1000 μm Größe. Des Weiteren können keramische und mineralische Prozesspartikel
auf den behandelten Oberflächen zurückbleiben. Die wichtigste Quelle für organische
Fasern ist der Mensch, welcher diese Partikel direkt an das Bauteil abgeben kann.
Weiterhin werden organische Fasern über die Umgebungsluft eingetragen. Bei unsach-
gemäßer Verpackung und Transport entstehen Partikel aus dem Material des Packmittels
durch Abrieb. Diese sind im Wesentlichen aus thermoplastischen Kunststoffen und
Kartonagen. Darüber hinaus können größere mineralische und keramische Partikel mit
verunreinigtem Packmittel eingeschleppt werden. Betriebsmittel (z. B. Montageanlagen)
erzeugen Abriebpartikel aus Kunststoff, Gummi und Metall, jedoch in einem kleineren
Größenbereich als bei der mechanischen Bearbeitung der Bauteile. Abbildung 3-5 fast die
betrachteten Partikelquellen in der Fertigung sauberkeitskritischer Systeme in der
Automobilindustrie und deren charakteristischen Partikelarten zusammen.
38
Praxistypische Partikelmaterialien in Abhängigkeit der Quelle
Betriebsmittel
Abrieb an Maschinen:
legierte Stähle, Al, Cr, Zn,
Fertigungsprozess PMMA, NBR, EPDM, etc.
Personal
Bearbeitungsspäne und
organische Hautschuppen
Prozesspartikel: Al2O3,
und Fasern: Haare, Wolle
CBN, SiC, Diamant,
Baumwolle, Nylon,
Stähle, Al, Sn, Zn, Cr, PP,
Partikel Polyester, Polyacryl, etc.
PET, PS, PC, EPDM, etc.
Umgebung Verpackung
organische Pollen und Abrieb an Packmitteln:
Fasern: Haare, Wolle, Zellulosefasern,
Baumwolle, Nylon, thermoplast. Kunststoffe
Polyester, Polyacryl, etc. (PP, PET, PE), etc.
Zur Entwicklung eines praxisnahen Analyseverfahrens ist nicht nur die Kenntnis der
praxistypischen Partikel notwendig, sondern auch deren Relevanz. Dies ergibt sich aus
den physikalischen Partikelmerkmalen Größe und Material. Da je nach Bauteil und
Aggregat unterschiedliche Partikelmaterialien und -größen zur Beschädigung oder zum
Ausfall einer Komponente führen, müssen die praxistypischen Partikel den Produkt
spezifischen Sauberkeitsanforderungen gegenüber gestellt werden. Um ein umfassendes
Ergebnis zu erhalten, müssen die einzelnen elektronischen und Fluid führenden
Funktionssysteme des Automobils betrachtet werden. Entsprechend Kapitel 1.1
unterteilen sich diese in Lenkung, Einspritzsystem, Motor, Bremssystem, Getriebe,
Elektronik, Klimatechnik und Federung.
39
Spezifikation / System / kleinste rel. geforderte
Liefervorschrift Aggregat Partikelgröße Materialbestimmung
Messtechnische Unterscheidung
BMW QV 33 019 Getriebe 100 μm harte und weiche Partikel sowie
Fasern gefordert
Sämtliche
25 μm Bei Gravimetrie ist zusätzlich größter
Daimler DBL 6516 Fluid führenden
harter Partikel zu bestimmen
Systeme
Je nach Anwendung Unterscheidung
Volkswagen PV 3370 Getriebe 25 μm von abrasiven, metallischen und
organischen Partikeln gefordert
Unterscheidung organische und
Getrag GN 4340 Teil2 Getriebe 5 μm
anorganische Partikel notwendig
Motor und Größter harter Partikel und größte
MAN M3360 50 μm
Einspritzsystem Faser sind zu bestimmen
Elektronische Nur metallisch leitende Partikel
Bosch PV 1279921536 50 μm
Steuergeräte müssen reglementiert werden
Unterscheidung Metall, organische
Continental ATE N 54380.3 Bremssystem 25 μm
Partikel und Fasern gefordert
Nur harte schleifende Partikel
Peugeot BS32 0400 Motor 5 μm
müssen reglementiert werden
ZF Keine harten und abrasiven Partikel
ZFN 5008-1 Lenkung 25 μm
Lenksysteme > 300 μm zulässig
Tabelle 3-3: Sauberkeitsanforderungen kritischer Systeme im Automobil /Peugeot 2000, Daimler 2003, ZF 2004,
BMW 2006, Getrag 2006, MAN 2006, Volkswagen 2006, Continental 2007a, Bosch 2008/
Die betrachteten Firmen internen Vorschriften verlangen die Bestimmung der Größe und
Anzahl der vorhandenen Restschmutzpartikel zur Bewertung der Bauteilsauberkeit. Die
kleinste relevante Partikelgröße beträgt im Extremfall 5 μm. Zur vollständigen Beurteilung
des Schädigungspotenzials der Partikel muss zusätzlich eine Bewertung des Partikel-
materials durchgeführt werden. Die Prüfanweisungen fordern diesbezüglich jedoch keine
hochgenaue Element- oder Molekülanalyse. Es wird vielmehr die Zuordnung der erfassten
Partikel in Stoffgruppen vorgeschrieben, anhand derer die relevanten Werkstoff-
eigenschaften der Partikel abgeleitet werden können. So ist die Differenzierung zwischen
»metallischen« und »nicht metallischen« oder zwischen »organischen« und
»anorganischen« Partikeln eine typische Anforderung. Darüber hinaus wird in einigen
Spezifikationen auch direkt die Unterteilung der Partikel nach Werkstoffeigenschaft, im
Speziellen zwischen »leitenden« und »nicht leitenden« sowie »harten« und »weichen«
Partikeln verlangt. Im Gegensatz zur Größenbestimmung ist eine Materialklassifizierung
lediglich für größere potenzielle Killerpartikel notwendig. Viele Vorschriften verlangen
eine Materialklassifizierung ab Größen mehrerer 100μm, im Extremfall bereits ab 50 μm.
40
Festigkeit anhand des Elastizitätsmoduls. Tabelle 3-4 zeigt die Werkstoffeigenschaften
der relevantesten praxistypischen Partikel.
Edelstähle Metall 8,5 – 9,5 1000 – 2000 190 – 200 1,36 · 106
Korund Keramik / Mineral 9 2.060 385 – 392 10-10 – 10-12
Quarz Keramik / Mineral 7 1120 94 10-13
Eisen Metall 4 80 196 9,93 · 106
Kupfer Metall 3 40 – 90 124 58·106
Aluminium Metall 2,75 21 – 48 69 35·106
Polycarbonat Polymer - 14 2,6 10-12 – 10-13
Gummi Polymer - - 0,01 – 0,1 10-13 – 10-15
Tabelle 3-4: Mechanische und elektrische Kennwerte einiger Werkstoffe /Schatt 2002, Ashby 2006, Bargel 2008/
Zur Einteilung der Partikel in »weich« und »hart« ist neben der Werkstoffhärte auch die
plastische und elastische Verformbarkeit von Bedeutung. So ist beispielsweise Aluminium
gegenüber Polycarbonat kein sehr hartes Material. Jedoch weist es einen viel höheren
Widerstand gegenüber Verformung auf, zu erkennen am deutlich höheren E-Modul.
41
Keramiken
Spannung V
Metalle
Polymere
Dehnung İ
Abbildung 3-6: Schematische Darstellung und Vergleich der Werkstoffeigenschaften Spannung und Dehnung von
Kunststoffen, Metallen und Keramiken /Arzt 2005/
42
Im zweiten Schritt werden die gebildeten Werkstoffgruppen entsprechend der
Gruppierung in Tabelle 3-5 zusammengefasst. Daraus ergeben sich vereinfachte
Materialklassen, welche die relevanten physikalischen Werkstoffeigenschaften der
Partikel abbilden und für eine vollständige Beschreibung ihrer Schädigungspotenziale
geeignet sind. Zur vollständigen Bestimmung der Bauteilsauberkeit ist somit keine
aufwändige elementare oder molekulare Analyse der Partikel notwendig, sondern
lediglich die Bestimmung der zugehörigen Materialklasse entsprechend Abbildung 3-7.
Werkstoffgruppen
partikuläre
und praxistypische Partikelmaterialien Kontamination
organisch anorganisch
Fasern Fasern
Materialklassen
Klasse #1 metallische Partikel:
und relevante Eigenschaften hart, leitend
Klasse #3a organische Fasern: Klasse #3b organische Partikel: Klasse #2 keramische Partikel:
weich, nicht leitend weich, nicht leitend hart, nicht leitend
Abbildung 3-7: Einteilung der in der Produktion der Automobil- und Zulieferindustrie relevanten Partikel anhand des
Werkstoffes und Eingruppierung in Materialklassen anhand der physikalischen Eigenschaften
Metallische Partikel bilden die Materialklasse #1 und zeichnen sich dadurch aus, dass sie
sowohl hart als auch elektrisch leitend sind. Partikel aus Keramik und die Minerale bilden
die Materialklasse #2 und gelten als sehr hart aber elektrisch nicht leitend. Die
Materialklasse #3 unterteilen sich in #3a organische Partikel und #3b organische Fasern.
Beide Unterklassen werden als weich, verformbar und elektrisch nicht leitend eingestuft.
Welche Partikelklassen zu einem Ausfall führen können, ist abhängig vom Bauteil bzw.
vom System, in dem das Bauteil eingesetzt wird. Grundsätzlich gelten Partikel der
Materialklassen #1 und #2 als potenzielle Killerpartikel. Sind Partikel der Materialklasse #3
relevant, so ist üblicherweise keine Materialklassifizierung erforderlich. In diesem Fall
müssen sämtliche Partikel ohne Materialselektierung gezählt und vermessen werden.
43
3.4 Anforderungen an ein Verfahren zur Partikelklassifizierung
Ausgehend von der Analyse der Ausgangssituation und der Randbedingungen in der
Automobilindustrie können Anforderungen an ein Verfahren zur einfachen und
vollständigen Klassifizierung von Partikeln abgeleitet werden. Das Verfahren setzt sich aus
dem Versuchsaufbau und einer Messmethode zusammen. Der Versuchsaufbau, der im
Rahmen dieser Arbeit realisiert wird, stellt die gerätetechnische Umsetzung des
physikalischen Messprinzips zur Partikelklassifizierung dar. Die Messmethode wiederum
legt die Vorgehensweise fest, anhand derer mit dem Versuchsaufbau charakteristische
Messsignale erzeugt werden und die Zuordnung der Partikel zu der jeweiligen
Materialklasse erfolgt /DIN 1319-1/.
Signalerzeugung: Mit dem Versuchsaufbau müssen für jede der drei Materialklassen
spezifische Messsignale erzeugbar sein, die eine gesicherte Zuordnung der Partikel in die
jeweils zugehörige Materialklasse ermöglichen. Wichtig ist speziell die Erfassung und
Zuordnung von Partikeln der Materialklassen #1 (Metalle) und #2 (Keramiken), da diese
typische Killerpartikel in der Praxis darstellen. Die kleinste relevante Partikelgröße, welche
mit dem Versuchsaufbau klassifiziert werden muss, beträgt 50 μm.
x Verfahrensaufwand
x Technische Randbedingungen
44
Versuchsaufbau, dass die Komponenten zur Materialklassifizierung in Lichtmikroskope
integriert werden können. Da bereits die große Mehrzahl der betroffenen Firmen in der
Automobilindustrie mit lichtmikroskopischen Systemen in der Qualitätssicherung
ausgerüstet ist, weist eine Erweiterung dieser Systeme zur Materialklassifizierung ein
hohes Marktpotenzial auf.
Gesicherte Klassenzuordnung: Die Methode muss sicherstellen, dass anhand der mit
dem Versuchsaufbau erzeugten Messsignale eine eindeutige Zuordnung der Partikel in
die jeweilige Materialklasse erfolgt. Vor allem müssen die potenziellen Killerpartikel der
Materialklassen #1 und #2 gesichert erkannt werden. Da die Sicherstellung der
Systemfunktion im Serienbetrieb im Vordergrund steht, muss durch die Methode
sichergestellt werden können, dass Partikel, die nicht eindeutig klassifiziert werden
können, der kritischeren Klasse zugeordnet werden.
x Verfahrensaufwand
x Technische Randbedingungen
45
bisweilen Gegenanalysen an Partikeln angefordert. Um solche weiterführenden Analysen
zu ermöglichen, darf das Partikel bei Durchführung der Materialklassifizierung nicht
zerstört oder das Material verändert werden.
Tabelle 3-6 listet die Anforderungen an das zu entwickelnde Verfahren zur schnellen
vollständigen Partikelklassifizierung zusammenfassend auf.
- Das Ergebnis darf durch Fremdpartikel - Partikel dürfen nicht zerstört oder deren
Technische und weitere Umgebungseinflüsse nicht Material verändert werden
Randbedingungen verfälscht werden
46
4 Stand der Technik
Zur Materialbestimmung steht eine Vielzahl von Methoden und Geräten zur Verfügung.
Die Messprinzipien dieser Verfahren basieren entweder auf chemischen Reaktionen oder
auf physikalischen Wechselwirkungen. Zu den Verfahren auf Grundlage chemischer
Reaktionen zählen die Reaktions-Analyseverfahren, elektro-chemische und thermischen
Verfahren. Die Verfahren auf Grundlage physikalischer Wechselwirkungen unterteilen
sich in die Chromatographie und die optische Spektroskopie /Latscha 2004/.
Klassische Spektroskopie
Reaktionsanalyse - Röntgenspektroskopie
- Säure-Base-Titration - Elektronenspektroskopie
- Fällungstitration - IR-Spektroskopie
- Redox-Analyse - RAMAN-Spektroskopie
- Katalyse Thermische Analyse - UV/VIS-Spektroskopie
- Thermogravimetrie - Lumineszenzspektroskopie
Elektroanalyse - Differenz-Thermo-
- Potentiometrie Analyse Chromatographie
- Konduktometrie - Differential Scanning - Gaschromatographie
- Voltammetrie Calorimetry
- Flüssigchromatographie
- Coulometrie klassisch / HPLC
Da die Verfahren auf Grundlage chemischer Reaktionen nicht ohne eine Veränderung des
zu untersuchenden Materials ablaufen, scheiden diese aufgrund der Anforderungen an
das zu entwickelnde Verfahren aus. Die Chromatographie kann wiederum lediglich zur
Analyse von Gasen oder Flüssigkeiten, jedoch nicht von partikulären Feststoffen
eingesetzt werden. Aus diesen Gründen werden nachfolgend ausschließlich die
spektroskopischen Verfahren betrachtet.
E hQ Formel 4-2
Das elektromagnetische Spektrum erstreckt sich von den langwelligen Radio- und
Funkwellen mit Wellenlängen von 104 m bis zu den hochenergetischen J-Strahlen mit
Wellenlängen bei 10-14 m. Der für das menschliche Auge sichtbare elektromagnetische
Wellenlängenbereich beginnt bei ca. 400nm und endet bei etwa 800nm.
Tabelle 4-1: Spektrum und Kennwerte des sichtbaren Lichtes zwischen 400 und 800 nm
Zu kürzeren Wellenlängen schließt sich die ultraviolette Strahlung mit der Unterteilung in
UV-A (340 – 400 nm), UV-B (280 – 340 nm), UV-C (200 – 280 nm) sowie das Vakuum UV
(100 – 200nm) an. Bei höheren Wellenlängen beginnt die Infrarotstrahlung.
48
Anregung: a) Folgeprozess: b)
Photoelektron Röntgenemission
hQ
Liii Liii
Lii Lii
Li Li
hQ
K K
Grenzen: Die RFA ist wie die REM-EDX ein gerätetechnisch aufwändiges Verfahren. Es
muss Röntgenstrahlung erzeugt und detektiert werden, weshalb ein teurer Röntgen-
detektor und eine aufwändige Probenkammer eingesetzt wird. Des Weiteren können mit
diesem Verfahren lediglich Elemente ab der Ordnungszahl von Fluor detektieren werden
/Otto 2006/. Das bedeutet, dass Kohlenstoff und Sauerstoff, welche die Haupt-
bestandteile der organischen Verbindungen darstellen, nicht detektiert werden können.
Prinzip: Die Elektronenspektroskopie zur chemischen Analyse (ESCA) basiert wie die RFA
auf dem Prinzip des Photoeffekts. Jedoch wird bei der ESCA nicht die Röntgenstrahlung,
sondern die Energie der freigesetzten Elektronen (sog. Photoelektronen) betrachtet. Die
kinetische Energie eines freigesetzten Photoelektrons ergibt sich aus der Differenz
zwischen der Energie der anregenden Röntgenstrahlung und der Austrittsarbeit zu:
mit e als der Elementarladung des Elektrons und I als dessen Austrittspotenzial. Das
Elektronenaustrittspotenzial ist charakteristisch für das Atom und dessen Orbital aus dem
das Elektron herausgelöst wurde. Bei der ESCA wird genau definierte hochenergetische
Röntgenstrahlung verwendet. Misst man nun die Energie des herausgelösten Elektrons,
so kann, in Abhängigkeit der Energie der Anregungsstrahlung, das Austrittspotenzial I
des Elektrons und somit das Atom bestimmt werden /Vohrer 2004/.
Abbildung 4-3: Schematischer Aufbau eines Elektronenspektroskops zur Bestimmung der Elemente eines Festkörpers
/Otto 2006/
49
Grenzen: Da die ESCA auf dem gleichen physikalischen Prinzip basiert wie die RFA, ist
die gerätetechnische Umsetzung sehr kostspielig. Hinzu kommt, dass die Analyse im
Hochvakuum durchgeführt werden muss, da Luftmoleküle die Elektronen ablenken
würden. Darüber hinaus spricht gegen die ESCA, dass lediglich Photoelektronen aus der
Probenoberfläche (wenige nm Analysetiefe) detektiert werden können. Bei Vorhanden-
sein einer Verunreinigung auf der Oberfläche ist die Analyse nicht repräsentativ für das
eigentliche Partikelmaterial.
4.1.4 Infrarot-Spektroskopie
Prinzip: Werden Moleküle mit Infrarotstrahlung (IR) bestrahlt, können diese bestimmte
Anteile der IR-Strahlung absorbieren und so in Schwingung versetzt werden. Welche IR-
Strahlung absorbiert und somit abgeschwächt wird, ist abhängig von den jeweiligen
Fragmenten der Moleküle. Über den Vergleich der Wellenlängen der IR-Strahlung vor der
Probe und nach der Probe können diese Molekülfragmente identifiziert werden. Ein IR-
Spektrum stellt somit die Transmission T der IR-Strahlung dar:
I (O )
T 100% Formel 4-4
I 0 (O )
I0(O) ist die Wellenlängen abhängige Intensität der Strahlung vor Auftreffen und I(O) die
Wellenlängen abhängige Intensität der Strahlung nach Auftreffen auf die Probe.
a) 100 b)
Detektor
Transmission T
IR-Strahlung
[%]
Probe
Prisma
0
Wellenlänge O
Zur Analyse von Festkörpern wird die ATR-Technik (abgeschwächte Totalreflexion) einge-
setzt. Es wird ein Prisma aus Glas mit hoher Brechzahl auf die Probe aufgebracht und IR-
Strahlung in einem Winkel unterhalb des Grenzwinkels eingestrahlt. Durch das
mehrmalige Auftreffen der Strahlung auf den Körper wird so die Absorption verstärkt.
Grenzen: Damit ein Molekül mittels IR-Strahlung zur Schwingung angeregt werden
kann, muss dieses ein Dipolmoment aufweisen oder ein Dipolmoment im Molekül
induzierbar sein. Dies trifft bei organischen Bindungen zwischen den Elementen C, H, O
und N zu /Rücker 1992/. Kristalline Festkörper, z. B. aus Silizium, absorbieren keine IR-
Strahlung und können somit nicht analysiert werden. Die IR-Spektroskopie wird deshalb
zur Analyse organischer Materialien (z. B. Kunststoffe, Fette und Öle) eingesetzt. Weiterer
50
Nachteil der IR-Spektroskopie ist, dass IR-Strahlung verhältnismäßig niederenergetisch ist.
Schwache Signale können durch Änderung der Umgebungswärme verfälscht werden,
weshalb Partikelproben je nach molekularer Zusammensetzung mehrere 100 μm groß
sein müssen, um ein ausreichendes Absorptionssignal zu liefern /Dörffel 1994/.
4.1.5 Raman-Spektroskopie
Prinzip: Trifft elektromagnetische Strahlung auf ein Molekül, so bleibt die Energie der
Streustrahlung und somit deren Frequenz unverändert /Rayleigh 1871/. Es können jedoch
zusätzlich Streuvorgänge am Molekül auftreten, bei denen eine Frequenzverschiebung
auftritt /Raman 1928/. Diese zusätzlichen Wellenlängen entstehen dadurch, dass die
eintreffende Strahlung entweder einen bestimmten Energiebetrag an das Molekül abgibt
(Stokes-Linie) und es zu Rotationsschwingungen anregt oder die Energie einer
Rotationsschwingung des Moleküls aufnimmt (Anti-Stokes-Linie). Die Differenz zwischen
eingestrahlter und gestreuter Wellenlänge wird als Raman-Frequenzverschiebung
bezeichnet und ist charakteristisch für das Molekül. Die Raman-Spektroskopie liefert
somit eine direkte Aussage über die Molekülstruktur /Valet 2006/.
Abbildung 4-5: Lage des Stokes- und Anti-Stokes-Bandes gegenüber der elastischen Rayleigh-Strahlung /Otto 2006/
4.1.6 Lumineszenzspektroskopie
Prinzip: Trifft bestimmte elektromagnetische Strahlung auf ein Molekül, so können die
Elektronen diese Energie absorbieren und in einen angeregten Zustand übergehen. Da
dieser Zustand instabil ist, kehren die Elektronen wieder in ihren Grundzustand zurück
und setzen dabei wiederum elektromagnetische Strahlung frei (s. Abbildung 4-6). Es
entsteht Lumineszenz /Riehl 1971/. Die spektrale Verteilung der absorbierten und
emittierten Strahlung ist abhängig vom Orbitalaufbau des entsprechenden Moleküls,
weshalb Rückschlüsse vom Lumineszenzsignal auf die Molekülstruktur möglich sind.
51
a) b)
Abbildung 4-6: Mikroskopische Aufnahme eines Partikels aus Kunststoff (PPSU) zur Visualisierung der Lumineszenz
a) bei Beleuchtung mit VIS-Strahlung reflektiert das Partikel sichtbares Licht der gleichen Wellenlänge
b) bei Beleuchtung mit unsichtbarer UV-Strahlung emittiert das Partikel sichtbares Licht
4.1.7 Fazit
Zur Auswahl des geeigneten Prinzips für die Materialklassifizierung werden die Verfahren
anhand der in Kapitel 3.4 formulierten Anforderungen bewertet. Neben der prinzipiellen
Anwendbarkeit zur Klassifizierung der Partikel in die abgeleiteten Materialklassen werden
die Materialkosten zur Umsetzung des Prinzips in einen Versuchsaufbau sowie manueller
und zeitlicher Analyseaufwand betrachtet. Zusätzlich wird die Möglichkeit der
Kombination des jeweiligen Verfahrens mit der lichtmikroskopischen Bestimmung der
Partikelgröße und -anzahl beurteilt. Tabelle 4-2 fasst die Bewertung der untersuchten
Verfahren zusammen. Die Anforderungen, die zum Ausschluss des Prinzips führen, sind
in der Tabelle grau hinterlegt. Kriterien, die nach der Betrachtung des Stands der Technik
nicht abschließend bewertet werden können, sind schraffiert.
Die RFA und ESCA weisen dieselben Defizite auf wie die REM-EDX-Analyse. Die
gerätetechnische Umsetzung der Verfahren ist sehr aufwändig und sie können nicht mit
einem lichtmikroskopischen Verfahren kombiniert werden. Diese Messprinzipien scheiden
daher für eine einfache Umsetzung eines Versuchsaufbaus zur Materialklassifizierung aus.
52
Zeigt die Probe bei der eingesetzten Anregungsstrahlung gleichzeitig Lumineszenz, wird
das Raman-Signal überlagert und die Analyse wird erschwert.
Tabelle 4-2: Gegenüberstellung und Bewertung der Verfahren anhand der Anforderungen nach Kapitel 3.4
+ Anforderung erfüllt; o Anforderung teilweise erfüllt; - Anforderung nicht erfüllt
Da lediglich eine Zuordnung der Partikel zu den abgeleiteten Materialklassen gefordert ist
und keine hochgenaue Materialanalyse, erfüllt die Lumineszenzspektroskopie die
Anforderung an die Klassifizierung, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
3. Auch wenn das Lumineszenzsignal einiger Materialien der Klasse #2 variiert, muss
eine gesicherte Zuordnung zu dieser Materialklasse gegeben sein.
Nur wenn diese drei Bedingungen gegeben sind, erfüllt die Lumineszenzspektroskopie
sämtliche Anforderung an ein Verfahren zur Materialklassifizierung und kann als
Verfahrensprinzip herangezogen werden. Um dies abschließend zu klären, müssen die
Lumineszenzeigenschaften der Materialklassen untersucht werden.
53
Die erste wissenschaftlich richtige Deutung der Lumineszenz erfolge durch G. G. Stokes,
der erkannte, dass es sich bei Lumineszenz um das Selbstleuchten eines Stoffes handelt,
erzeugt durch Anregung mit Licht /Stokes 1852/. In der Fachliteratur finden sich
umfangreiche Zusammenstellungen der Lumineszenzeigenschaften von Materialien
/Kayser 1908, Lenard 1928, Pringsheim 1951, Przibram 1953, Lieber 1957, Danckworth
1964, Hellwege 1967, Schmillen 1967, Steffen 2000/. Anhand dieser Arbeiten ist
ersichtlich, dass das Lumineszenzverhalten der Materialklassen #2 und #3 auf
verschiedenen Ursachen basiert, bedingt durch den unterschiedlichen molekularen
Aufbau organischer und nicht metallisch anorganischer Materialien. Dies ist ebenso die
Ursache für das Fehlen von Lumineszenz bei metallischen Festkörpern.
Bilden einzelne Atome ein Molekül, so vereinigen sich die Elektronenorbitale zu einem
Molekülorbital (MO). Dabei entsteht sowohl ein bindendes MO (V), als auch ein
antibindendes MO (V*). Die Energie eines Elektrons im bindenden MO ist um den Betrag
ȕ geringer als im Atomorbital, die Energie im antibindenden MO um den Betrag ȕ höher.
Wasserstofforbitals
V E: Energiedifferenz zwischen
Atom- und Molekülorbital
Abbildung 4-7: Schematische Darstellung des Energieniveaus des bindenden und antibindenden Molekülorbitals
eines Wasserstoffmoleküls /Demuth 1977/
Ein Elektron kann von dem energetisch niedrigen MO (V) in das energetisch höher
gelegene unbesetzte MO (V*) übergehen, wenn die zugeführte Energie genau der
charakteristischen Energiedifferenz 'E zwischen den beiden Orbitalen entspricht. Erfolgt
diese Anregung durch Licht, muss dessen Frequenz
betragen (s. Abbildung 4-8 a). Aufgrund von Eigenschwingungszuständen der Moleküle
weisen die Molekülorbitale weitere Zwischenenergieniveaus auf, weshalb das
54
anzuregende Elektron nicht nur in den angeregten Grundzustand, sondern auch in
energetisch höhere Schwingungszustände übergehen kann (s. Abbildung 4-8 b).
a) 3' b) c)
2' 0 0'
1'
0'
0 1'
Häufigkeit
E' e
0 2'
hQ 3
2 0 3'
1
0
Ee Wellenlänge Ȝ
Abbildung 4-8: Elektronenübergänge durch Absorption elektromagnetischer Strahlung /Demuth1977, Zander 1981/
a) Energieübergang eines Elektrons vom bindenden in das antibindende Molekülorbital
b) Zwischenenergieniveaus aufgrund Molekülschwingungen
c) schematische Darstellung der Absorptionsbandenkontur
Da der angeregte Zustand eines Moleküls energetisch höher liegt als der Grundzustand,
ist dieser instabil. Um einen Zerfall des Moleküls zu verhindern, kehrt das angeregte
Elektron in seinen Grundzustand zurück (s. Abbildung 4-9).
Die Rückkehr des Elektrons in den energetischen Grundzustand kann entweder durch
strahlungslose Übertragung der Energie an anderen Elektronen, Umwandlung der
Energie in Molekülschwingungen (Schwingungsrelaxation VR), Änderung des Elektronen-
zustandes zwischen zwei Molekülorbitalen (Interne Konversion IC) oder Änderung des
Elektronen-Spin (Interkombinationsübergänge ISC) erfolgen /Hercules 1965/. Kehrt ein
angeregtes Elektron in den energetischen Grundzustand zurück indem es die zuvor
absorbierte Energie durch Emission elektromagnetischer Strahlung abgibt, entsteht
Lumineszenz. Aufgrund der Energieverluste bei den nicht strahlenden Übergängen sind
Energie und somit auch Frequenz der emittierten Strahlung niedriger als die der
anregenden Strahlung. Somit gilt OAnregung < OEmission, was als Stokes‘sche Rotverschiebung
bezeichnet wird /Steffen 1999/.
55
A: Absorption
F: Fluoreszenz
ISC IC P: Phosphoreszenz
S2 T2
ISC: Interkombinationsübergänge
VR
IC: Interne Konversion
A
Energie
S1 VR: Schwingungsrelaxation
T1: Erster Triplett-Zustand
T1
T2: Zweiter Triplett-Zustand
A
VR S0: Nullter Singulett-Zustand
A
P
S1: Erster Singulett-Zustand
F
S2: Zweiter Singulett-Zustand
S0
Abbildung 4-9: Jablonski-Diagramm zur Darstellung der möglichen Elektronen-Energieübergänge /Dörffel 1994/
Je nach Dauer der Rückkehr des Moleküls in den Ausgangszustand, wird von Fluoreszenz
(kürzer als 10-9 bis 10-7 s) oder Phosphoreszenz (in der Größenordnung von 10-3 s bis zu
mehrere Stunden) gesprochen /Schmillen 1971/. Die zeitliche Verzögerung der
Phosphoreszenz ist dadurch begründet, dass zunächst ein strahlungsloser Prozess abläuft.
Geht also ein Elektron unter Emission von Strahlung von einem Singulett-Zustand in den
Grundzustand über entsteht Fluoreszenz, bei Übergang aus einem Triplett-Zustand
Phosphoreszenz /Krasovitskii 1988/.
4.2.1.1 Naturstoffe
Natürliche organische Verbindungen weisen komplexe Molekülstrukturen auf, die ein
ausgedehntes konjugiertes Doppelbindungssystem (S-Orbitale) und freie n-Elektronen
besitzen. Diese Bindungs- und Elektronensysteme sind für die Absorption der elektro-
magnetischen Strahlung und somit für die Lumineszenz verantwortlich. In Tabelle 4-3
sind einige dieser Bindungssysteme und zugehörige Absorptionswellenlängen dargestellt.
Tabelle 4-3: Bindungssysteme, welche zu n Æ S* und S Æ S*-Übergängen angeregt werden können (oben) und
zugehörige Anregungswellenlängen (unten) /Otto 2006/
Durch Kombination dieser sog. chromophoren Gruppen oder Hinzufügen von Molekülen
(z. B. CH3, Cl, OH, NH2) verschiebt sich das Maximum der Anregungswellenlänge in den
langwelligeren Bereich. Typische Anregungswellenlängen von organischen Molekülen
liegen im nahen UV- und sichtbaren Bereich /Rücker 1992/. Da die Fluoreszenzbanden
56
spiegelsymmetrisch zur Anregung sind, schließt sich die Fluoreszenz organischer
Moleküle direkt an die langwelligste Absorptionsbande an, weshalb diese Materialien
violett-blau lumineszieren /Schmillen 1971/. Untersuchungen an tierischen und
pflanzlichen Zellen bestätigen die universelle Lumineszenz dieser Stoffe im kurzwelligen
sichtbaren Spektralbereich /Stübel 1913, Förster 1951, Schüle 2004/. Hauptauslöser
dieser Lumineszenz sind komplexe Moleküle mit aromatischen Gruppen, beispielsweise
Proteine, Stoffwechselprodukte, Aminosäuren und Vitamine, welche in allen lebenden
Zellen vorhanden sind /Pringsheim 1951, Schäfer 1988/.
Die Ursache der Lumineszenz von Mineralien und technischen Keramiken lässt sich am
besten anhand des Bändermodells erklären. In Kristallen fügen sich die Molekülorbitale
aufgrund der hohen Packungsdichte zu sog. Bändern zusammen. Die Elektronen weisen
in diesem System keine genau definierte Energie auf, sondern befinden sich in zwei
breiten Energieniveaubändern. Im energetisch niedrigen Valenzband sind die Elektronen
an das jeweilige Atom gebunden. Nehmen die Elektronen einen höheren Energiezustand
an, so gehen sie in das Leitungsband über. Für diesen Übergang muss ein Elektron den
Energiebetrag aufnehmen, welcher der Lücke 'E zwischen Valenzband und Leitungsband
entspricht. Beim Übergang hinterlässt es einen freien Platz, also ein Elektronenloch,
57
welches von einem anderen Elektron des Leitungsbandes eingenommen werden kann.
Dabei wird der Energiebetrag freigesetzt, der zuvor aufgenommen wurde.
Befindet sich jedoch ein Fremdatom im Kristallgitter, so kann ein durch Anregung ins
Leitungsband übergegangenes Elektron statt direkt ins Valenzband zurück zu springen
einen neuen Zustand einnehmen, welcher zwischen Leitungsband und Valenzband liegt.
Die freiwerdende Strahlungsenergie ist kleiner als'E und somit langwelliger als die
absorbierte Strahlung. Es entsteht Lumineszenz. Die Fremdstoffe, die Energiezustände
zwischen Leitungs- und Valenzband generieren, nennt man Aktivatoren /Bandow 1950/.
Hierzu zählen ebenso Gitterleerstellen und -baufehler /Lieber 1957/.
Valenzband
Darüber hinaus gibt es Materialien der Klasse #2, welche dieses Phänomen auch im
hochreinen Kristall aufweisen. Bei diesen Materialien weist das Leitungsband kein
einheitliches Energieniveau auf. Die Elektronen können deshalb beim Übergang in das
Leitungsband mehr Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung aufnehmen, als
sie bei der Rückkehr in das Valenzband wieder abgeben. Diese Form der Lumineszenz
tritt vor allem bei Halbleitern (Bandlücken d 2,5 eV) auf /Henderson 1999/.
Die zweite, weitaus größere Gruppe der Mineralien weist in reiner Form keine
Lumineszenz auf. Diese Lumineszenz wird durch Verunreinigungen oder durch Fehlstellen
im Kristallgitter verursacht (extrinsische Lumineszenz). Die Emissionswellenlänge dieser
Mineralgruppe ist abhängig vom jeweiligen Aktivator und kann variieren. Eine
allgemeingültige Angabe der Emissionswellenlänge ist daher meist nur in Verbindung mit
dem jeweiligen Aktivator möglich. Trotzdem können für die relevanten Mineralien
(vgl. Kapitel 3.3) charakteristische Lumineszenzbereiche angegeben werden. So zeigt
Korund bei Anwesenheit eines Aktivators eine intensive rote Lumineszenz, Quarzkristalle
lumineszieren gelb, Gips beispielsweise grün /Lieber 1957/. Blaue Lumineszenz ist bei
58
wenigen Mineralien zu betrachten, etwa dem Scheelit und Fluorit /Steffen 1999/, welche
für das zu entwickelnde Verfahren nicht von Bedeutung sind. Die Absorptionsbanden der
Mineralien liegen im Bereich um 250nm und 360nm /Haitinger 1934, Danckwortt 1964/.
4.2.3 Metalle
Im Metallkristall sind die Valenzelektronen, anders als bei Mineralien und Keramiken, frei
beweglich (delokalisiert) und benötigen keine zusätzliche Energie, um in das Leitungs-
band überzugehen. Aus diesem Grund sind Metalle elektrische Leiter /Wedel 2004/. Da
die frei beweglichen Elektronen (sog. Elekronengas) eintreffende elektromagnetische
Strahlung zudem elastisch, also ohne Energieverlust zurück streuen, entsteht einerseits
der charakteristische metallische Glanz und andererseits können sie nicht zur
Lumineszenz angeregt werden /Gottstein 2008/.
4.2.4 Fazit
Daraus lässt sich ableiten, dass die Partikel der Materialklassen #2 (Keramiken und
Mineralien) und #3 (Naturstoffe und synthetische Polymere) anhand des Lumineszenz-
59
signals differenziert werden können. Da die Materialien der Klasse #1 (Metalle) als einzige
Gruppe grundsätzlich keine Lumineszenz aufweisen, ist auch die Selektierung der Metalle
möglich. Somit sind alle drei Bedingungen erfüllt, um auch die Materialklassifizierung in
Tabelle 4-2 positiv zu bewerten.
Partikel
Selektion der Metalle über
das Fehlen der Lumineszenz
Metalle Nichtmetalle
Klasse #1
Differenzierung über die
Lumineszenzcharakteristika
60
5 Entwicklung eines Versuchsaufbaus zur vollständigen
Klassifizierung von Partikeln
Visualisierung
Kapitel 5.2.1
Beleuchtung
Kapitel 5.2.3
Bildgebung
Detektor
Auswerteeinheit
Registrier- und
Kapitel 5.2.5
Probenraum
Kapitel 5.2.2
Kapitel 5.2.4
Optik
Materialklasse
Bestimmung
Spektroskopie
Kapitel 5.2.1
Kapitel 5.2.3
Beleuchtung
Anregung
Detektor
Automatisierungstechnik
Kapitel 5.2.5
Abbildung 5-1: Instrumentierungsschema des Versuchsaufbaus zur vollständigen Klassifizierung von Partikelproben
5.2.1 Beleuchtungseinheit
Zur Beleuchtung der Partikel zum Zwecke der Abbildung mit einem optischen
Kamerasystem wird sichtbares Licht (VIS) benötigt, da Standardkameras für diesen
Wellenlängenbereich optimiert sind. Als Strahlungsquellen im sichtbaren Spektralbereich
stehen Wolframband- und Halogenlampen sowie LEDs zur Verfügung. Vorteil der LEDs
ist, dass diese mit Kosten von wenigen Cent pro Stück sehr preiswert sind und somit die
Anforderung der Materialkostenminimierung perfekt erfüllen.
Für die gesicherte normkonforme Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl ist es
wichtig, dass das komplette Bildfeld gleichmäßig ausgeleuchtet wird, da ansonsten kein
eindeutiger Helligkeitskontrast zwischen Partikeln und Filtermembran gegeben ist. Da
LEDs eine sehr kleine Bauform sowie eine geringe Wärmeentwicklung aufweisen, werden
mehrere LEDs in eine Beleuchtungseinheit integriert, wodurch eine gleichmäßige Bildfeld-
ausleuchtung ermöglicht wird.
x Hg – Quecksilber-Lichtbogenlampe (HBO)
x Xe – Xenon-Lichtbogenlampe (XBO)
x D2 – Deuteriumlampen
x Metall-Halogenlampen
Zur Anregung von Proben mit UV-A Strahlung dieses Wellenlängenbereiches, z. B. in der
Biologie und Medizin, werden XBO und HBO-Lampen mit einer Leistung von 50 bis
100 W eingesetzt. Vorteil von XBO-Lampen ist, dass deren Intensität im UV-A Spektrum
gleichmäßig verteilt ist. Für die hier beschriebene Anwendung muss die Beleuchtung-
seinheit jedoch eine möglichst hohe Intensität im relevanten UV-A Spektralbereich
aufweisen. Entsprechend Abbildung 5-2 ist dies bei der HBO-Lampe gegeben /LOT 2009/.
Die Intensität der HBO-Lampe beträgt im Vergleich zur XBO-Lampe etwa das
Hundertfache. Aus diesem Grund wird die HBO-Lampe standardmäßig bei mikros-
62
kopischen Lumineszenzuntersuchungen bei diesem Wellenlängenbereich in Wissenschaft
und Technik eingesetzt /Lakowicz 1986/.
100 W HBO
102
[mW/m-²nm-1]
Spektrale Bestrahlungsstärke
im Abstand von 0,5 m
100 Halogen
100
30 W D2
10-1 75 W XBO
75 W XBO (OFR)
Abbildung 5-2: Spektrale Verteilung der Bestrahlungsstärke verschiedener Lampentypen /LOT 2009/
- 100 W Quecksilber-Lichtbogenlampe (HBO)
- 75 W Xenon-Lichtbogenlampe (XBO) und (XBO Ozon frei)
- 30 W Deuteriumlampe (D2)
- 100 W Halogenlampe
Nachteil der HBO-Lampe ist, dass die Umsetzung einer Beleuchtungseinheit mit diesem
Lampentyp technisch sehr aufwändig ist. Zur Erzeugung der Gasentladung in der Lampe
ist Hochspannung notwendig, weshalb eine entsprechende Spannungsversorgung
vorgeschaltet werden muss. Des Weiteren emittieren HBO-Lampen viel IR-Strahlung,
welche zu einer starken Wärmeentwicklung führt. Die Wärme muss gezielt, etwa über
eine integrierte Lüftung abtransportiert werden, da die Birne sonst überhitzt. Aus diesem
Grund belaufen sich die Kosten für kommerziell erhältliche Beleuchtungseinheiten auf
Basis von HBO-Lampen auf ca. 3000,- €. Da die Materialkosten damit zu hoch sind, ist
diese Standardbeleuchtung für die umzusetzende Anwendung nicht geeignet.
Als kostengünstige Alternative sind im nahen UV-Bereich LEDs erhältlich. Verglichen mit
einer HBO-Lampe ist deren Lichtleistung jedoch sehr gering. Selbst relativ leistungsstarke
UV-LEDs bei 365 nm weisen Bestrahlungsstärken von maximal einigen mW – einen
Bruchteil einer 100 W HBO-Lampe – auf. Allerdings sind UV-LEDs sehr lichteffizient, da sie
lediglich einen definierten Spektralbereich des Lichts emittieren und nicht in den
kompletten Raum abstrahlen. Da LEDs zudem eine extrem kleine Bauform von wenigen
63
Millimetern mit geringer Wärmeentwicklung aufweisen, können in einer Beleuchtungs-
einheit mehrere LEDs zu einer Lichtquelle zusammengefasst werden.
Ziel ist, die Beleuchtungsstärke und spektrale Verteilung des Emissionslichtes der 100 W
HBO-Lampe annähernd mit UV-LEDs zu generieren. Nur wenn dies möglich ist, kann auf
die wesentlich teurere HBO-Lampe verzichtet werden. Um zu bewerten, ob die
Beleuchtungsstärke einer HBO-Lampe im relevanten Wellenlängenbereich mit einer
technisch vernünftigen Anzahl UV-LEDs nachgestellt werden kann, ist es notwendig die
Beleuchtungsstärke einer 100 W HBO-Lampe in diesem Spektralbereich zu ermitteln und
der Beleuchtungsstärke kommerziell erhältlicher UV-LEDs gegenüberzustellen.
Zur Bestimmung der Beleuchtungsstärke einer 100 W HBO-Lampe werden die Daten aus
Abbildung 5-2 herangezogen. Hieraus lässt sich die Bestrahlungsstärke der Lampe in
Abhängigkeit der Wellenlänge und Raumfläche bei einem Abstand zur Quelle von 0,5 m.
Da jedoch die Strahlungsleistung auf der Probenoberfläche entscheidend ist, müssen
Umrechnungen durchgeführt werden. Folgende strahlungsphysikalischen Größen müssen
für diese Berechnung herangezogen werden /Schröder 1998, DIN 5031-1/:
Strahlungsfluss)e; Einheit: W
Die Strahlstärke berechnet sich durch den Quotienten aus Strahlungsleistung )e und
Raumwinkel : in den die Strahlung abgegeben wird. Zwei Lichtquellen mit derselben
Strahlungsleistung weisen in Abhängigkeit der Abstrahlungscharakteristik unterschied-
liche Strahlstärken auf. Wird die Strahlung konzentriert in einen Raumbereich
abgegeben, ist die Strahlstärke größer als bei gleichmäßiger Verteilung in den Raum.
)e
Ie Formel 5-1
:
Die Strahldichte bezeichnet die Intensität des Strahls bezogen auf die zu beleuchtende
Fläche. Sie stellt die Strahlstärke pro Fläche A dar und berechnet sich nach:
Ie
Le Formel 5-2
A cos H
mit : als dem Winkel unter dem die Fläche A beleuchtet wird.
64
)e
Ee Formel 5-3
A
Zur Bewertung der Eignung einer Beleuchtungseinheit ist sie die maßgebliche Größe, die
ermittelt werden muss. Für die Bestimmung der Beleuchtungsstärke einer 100 W HBO-
Lampe sind Annahmen und Faktoren zu berücksichtigen, die vom Beleuchtungsaufbau
bestimmt werden. Zur Berechnung und Messung wird der in Abbildung 5-3 skizzierte
Aufbau herangezogen, welcher einen typischen Beleuchtungsaufbau darstellt.
Hohlspiegel UV-Filter
Glasfaser
Linse
Lichtbogen der Linsensystem
HBO-Lampe
Abbildung 5-3: Beleuchtungsschema zur Anregung der Partikelproben von einer HBO-Lampe
Das von der HBO-Birne erzeugte Licht wird in einem Kondensor kollimiert und in eine
Glasfaser fokussiert. Um die nutzbare Lichtleistung zu erhöhen, ist rückseitig zur Birne ein
Hohlspiegel angebracht. Das in den Lichtwellenleiter eingekoppelte Licht wird zur
Probenoberfläche transportiert und über eine Linse auf die Probe fokussiert. Da die HBO-
Birne Licht im Spektralbereich von 200 bis 2500 nm emittiert, muss der sichtbare Anteil
herausgefiltert werden. Ansonsten würde das Lumineszenzlicht der Partikel von dem
gestreuten sichtbaren Anregungslicht der HBO-Lampe überlagert werden. Hierzu wird ein
UV-Bandpassfilter des Typs G365 (Fa. Zeiss) mit einer zentralen Transmissionswellenlänge
von 365 nm und einer Halbwertsbreite von 40 nm (halbe Transmission bei 345 und
385 nm) im Kondensor eingesetzt. Anhand dieser Daten kann die Beleuchtungsstärke auf
der Probenoberfläche näherungsweise berechnet werden.
Bei 365 nm beträgt die spektrale Bestrahlungsstärke einer 100 W HBO-Lampe in 0,5 m
Abstand 200 mWm-2nm-1 (s. Abbildung 5-2). Bei den Wellenlängen der Halbwertsbreite
(385 und 345 nm) beträgt die Bestrahlungsstärke 1 mWm-2nm-1. Zur Berechnung der
Bestrahlungsstärke von 345 bis 385 nm muss nun die Fläche der Kurve zwischen diesen
Punkten berechnet werden. Diese kann wie folgt als Dreieck angenähert werden:
40nm 1 3 200mW nm 1 m 2 | 2667 mW m 2 Formel 5-4
Die emittierte Strahlung der Bogenlampe ist nicht gerichtet sondern strahlt kugelförmig
in den gesamten Raum. Abhängig von der verwendeten Kondensorlinse wird nur ein
kleiner Teil des Lichts erfasst und der Probe zugeführt. Entsprechend Angaben der
65
Lampenhersteller errechnet sich die Strahlstärke im Kondensor aus der Bestrahlungsstärke
mit einem Umrechnungsfaktor von 0,05 m2. Zusätzlich reflektiert der Hohlspiegel das
rückseitig ausgestrahlte Licht zurück in Richtung des Gehäuse-Ausgangs. Dies führt zu
einem Intensitätsgewinn von ca. 50 % /LOT 2009/. Die absolute Strahlstärke des
kollimierten Strahls im Kondensor (vor dem Bandpassfilter) beträgt nun:
x An jeder Oberfläche der beiden Linsen im Kondensor wird ein Anteil des Lichts
reflektiert. Der Strahlungsverlust beträgt jeweils etwa 4 % pro Linsenfläche /Krauß
2006/. Zusätzlich schwächt der Bandpassfilter auch das Transmissionslicht mit
einem Faktor von ca. 0,65 ab.
x Bei der Ein- und Auskoppelung des Lichts in die Glasfaser und aus dieser heraus
wird die Strahlstärke aufgrund von Reflexionen und Blendenwirkung weiter redu-
ziert. Diese Abschwächung wird mit jeweils 10 % angenommen. Des Weiteren
wird durch Dämpfung innerhalb der Glasfaser nochmals 10 % der Strahlstärke
eingebüßt (Transmissionsgrad W von 0,9) /LOT 2009/.
x Die Sammellinse zur Fokussierung des Lichts auf die Probenoberfläche schwächt
die Strahlung um weiter 4% pro Linsenoberfläche.
Zur Berechnung der Beleuchtungsstärke Ee muss die Strahlungsleistung ins Verhältnis zur
beleuchteten Fläche gesetzt werden. Ausgehend von einer Fläche mit einem Durchmesser
von ca. 2mm berechnet sich die Beleuchtungsstärke zu:
Die mit dem beschriebenen Aufbau gemessene Lichtleistung beträgt 69 mW. Mit einer
Größe des Beleuchtungsspots von etwa 2 mm Durchmesser berechnet sich die
messtechnisch ermittelte Beleuchtungsstärke zu:
69mW
Ee | 22mW mm 2 Formel 5-7
S 1mm 2
66
x Bestimmung der Beleuchtungsstärke von UV-LEDs
Tabelle 5-1 zeigt die Kenndaten kommerziell erhältlicher UV-LEDs im UV-A Bereich. Auf
Grundlage der angegebenen Lichtleistung und des relevanten Wellenlängenbereichs
kommen nur die UVLED 365-10 von Roithner und die NHSU 550B von Nichia in Betracht.
Die RLT350-30 emittiert den breitesten Spektralbereich, ihre Lichtleistung ist jedoch im
Verhältnis zu den anderen Varianten zu gering. Die zentralen Wellenlängen der
RLT370-10 und der NSHU 550A sind hingegen zu groß, weshalb diese ausscheiden.
Tabelle 5-1: Vergleich der Lichtleistung einer 50 Watt HBO-Lampe und einiger UV-LEDs; die Angaben in den grau
hinterlegten Feldern führen zum Ausschluss des LED-Typs
Zur Bewertung der infrage kommenden LEDs müssen die Bestrahlungsstärke und das
Emissionsspektrum der beiden ausgesuchten LED-Typen messtechnisch ermittelt werden.
Zur Untersuchung des Emissionsspektrums der beiden LED-Varianten wird das Licht der
LEDs in ein Spektrometer (Fa. Ocean Optics), bestehend aus einem optischen Gitter und
einer CCD-Zeile eingekoppelt. Das Gitter trennt das einfallende Licht spektral auf und
bildet dieses im Spektralbereich zwischen 200 nm und 1000 nm auf der CCD-Zeile ab. Da
die zu testenden LEDs einen definierten Abstrahlwinkel von 30° aufweisen, wird vor die
zu untersuchende LED eine Linse angebracht, um den Lichtstrahl zu fokussieren. Die
Bestimmung der Beleuchtungsstärke erfolgt unter Verwendung eines Niederleistungs-
Detektors »818-UV« (Fa. Newport) zur Erfassung schwacher Lichtsignale. Der jeweilige
Messaufbau ist in Abbildung 5-4 skizziert.
Schematischer Messaufbau zur Bestimmung der Schematischer Messaufbau zur Bestimmung des
Bestrahlungsstärke Emissionsspektrums
Linse Linse
Spektrometer
UV-LED UV-LED
Detektor
Abbildung 5-5 zeigt das Emissionsspektrum der beiden UV-LEDs. Beide LED-Typen weisen
dieselbe spektrale Verteilung auf, welche dem geforderten Wellenlängenbereich zur
Lumineszenzanregung der relevanten Materialien entspricht.
67
100 a) 100 b)
[%]
80 5 80
[%] 6
4 5
relative Intensität
relative Intensität
3
60 2
60 3
2
1 1
40 0 40 0
390 400 410 420 390 400 410 420
20 20
0 0
[nm]
300350400450500550600650700750800 300 400 500 600 700
[nm] 800
Wellenlänge O Wellenlänge O
In Tabelle 5-2 ist die ermittelte Beleuchtungsstärke der beiden UV-LEDs dargestellt. Die
UVLED 365-10 weist mit 0.83 mW/mm² die höhere Beleuchtungsstärke der beiden LED-
Typen auf, weshalb diese die geeignetere LED darstellt.
Tabelle 5-2: Ermittelte Lichtleistungswerte und errechnete Bestrahlungsstärke der UV-LED365-10 von Roithner
und der NSHU 550B von Nichia
Fazit: Die Untersuchungen haben ergeben, dass es theoretisch möglich ist, das Spektrum
und die Beleuchtungsstärke einer 100 W HBO-Lampe bei 365 nm nachzustellen. Hierzu
müssten 27 UV-LEDs zusammengefasst werden. Allerdings kann das Licht einer so
großen Anzahl an LEDs technisch nicht vernünftig zusammengefasst und gleichzeitig
aufeine Fläche von 2 mm Durchmesser gebündelt werden. Der Einsatz von mindestens
zehn UV-LEDs ist jedoch ein geeigneter Kompromiss zwischen technischer Umsetzung
und Nachstellung der 100 W HBO-Lampe und wird daher als ausreichend betrachtet.
An den Lichtspektren der beiden UV-LEDs ist zu erkennen, dass diese auch oberhalb von
390 nm Licht emittieren (s. Abbildung 5-5). Dieser sichtbare Lichtanteil ist zwar sehr
gering. Da das Lumineszenzlicht der zu untersuchenden Partikel im Verhältnis zum
gestreuten Anregungslicht sehr schwach ist, wird das Lumineszenzsignal überlagert. Um
dies zu vermeiden, muss das emittierte Licht > 390 nm mit einem optischen Filter blockiert
werden ohne den relevanten Wellenlängenbereich entscheidend abzuschwächen.
Abbildung 5-6 zeigt den spektralen Transmissionsgrad gängiger Filtertypen der Schott AG
auf Basis des Glasfilters »UG11« sowie des Interferenzfilters »365/12« der Fa. Zeiss.
Ausgehend vom »UG11«-Filter werden über eine einfache bzw. zweifache Beschichtung
68
die Filter »DUG11« und »DUG11X« hergestellt. Durch die Beschichtungen wird die
Transmission > 600 nm reduziert bzw. verhindert. Der optische Filter 365/12 der Fa. Zeiss
blockt den sichtbaren Spektralbereich sehr effektiv, allerdings schwächt dieser Filter auch
das relevante UV-Licht am stärksten ab. Da die Sperrung des LED-Lichts zwischen 390 und
420 nm mit einer möglichst hohen Transmission bei 365 nm gefordert ist, ist der »UG11«
Glasfilter für den Versuchsaufbau am geeignetsten. Dieser ist mit wenigen € pro Stück
zusätzlich der kostengünstigste Filter und erhältlich in LED angepassten Größen.
0,96 100
a) [%]
b)
0,90
80
Transmissionsgrad W
0,80
70
0,70
DUG11x
60
Transmission
0,60
0,50
0,40 50
0,30 40
0,20
0,10 UG11 30
0,05
DUG11
0,01 20
10-3 10
10-4 0
200 300 400 500 600 700 800 [nm] 1000 300 400 500 600 700 800 900 [nm] 1100
Wellenlänge O Wellenlänge O
Abbildung 5-6: Spektraler Transmissionsgrad optischer Filter mit Transmission im UV-A Bereich
a) optische Filter »UG11«, »DUG11«, »DUG11X« der Fa. Schott /ITOS 2006/
b) optischer Filter »365/12« der Fa. Zeiss /Zeiss 2009/
a) Optik / b)
Filter Empfänger
LED
Optik /
Empfänger Strahlteiler
LED Linse
Filter
Linse
Linse
Analysefilter Analysefilter
Abbildung 5-7: Schematische Darstellung der Beleuchtungsvarianten zur Anregung von Partikeln
a) im Dunkelfeld unter einem bestimmten Winkel zum Objektträger
b) im Hellfeld senkrecht zum Objektträger
69
Bei Variante a) wird das Emissionslicht jeder UV-LED separat gefiltert und mit einer Linse
auf die Probenoberfläche fokussiert. Bei Variante b) wird das Emissionslicht der UV-LEDs
zu einem Strahlenbündel zusammengefasst, gefiltert und über einen Umlenkspiegel und
die Empfängeroptik auf die Probenoberfläche fokussiert. Aufgrund der Tatsache, dass bei
Variante b) deutlich höhere Lichtverluste zu erwarten sind, allein bis zu 50 % am
Strahlteiler, wird Variante a) gewählt.
Optik / a) b)
Empfänger
Fokussiereinheit
VIS-LED
und Halterung
UV-LED
Analysefilter
Abbildung 5-8: Umsetzungskonzept der Ringbeleuchtung zur Anregung und Visualisierung von Partikeln
a) Schematische Integration einer VIS-LED und einer UV-LED mit Filter und Fokussierlinse
b) Beleuchtungsring mit zwölf UV-LEDs, nach jeder vierten UV-LED wird zusätzlich eine Weißlicht-
LED über eine Bohrung eingesetzt
Über einen Einschraubadapter wird für jede UV-LED eine Fokussierlinse UG11-Filter in
den Ring eingebracht. Die UV-LEDs werden über eine Hülse in den Adapter eingeschoben
und mit Madenschrauben fixiert. Durch Veränderung der Hülsenposition im Adapter wird
der Abstand zwischen UV-LED und Linse variiert. Dadurch wird der Lichtstrahl auf den
Bildausschnitt fokussiert. Da bei Fluoreszenzanregung unter einem Winkel < 20° die
Beleuchtungsstärke deutlich abnimmt /Schüle 2004/, werden die LEDs in einem Winkel
von 30° zur Oberfläche angeordnet.
Um eine manuelle Umpräparation nach der Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl
zu vermeiden, muss die Materialklassifizierung der Partikel auf demselben Probenträger
(Analysefilter) erfolgen. Dazu muss das Filtermaterial lumineszenzinaktiv sein, da sonst die
Lumineszenz des Probenträgers das Signal der Partikel überlagert. Kommerziell erhältliche
Filter sind ausschließlich aus organischen Materialen, beispielsweise Zellulose, Polyester
und Polyamid, welche bei Anregung mit UV-A Strahlung blau lumineszieren (vgl. Kapitel
4.2.1). Diese Filtertypen sind daher nicht geeignet.
70
Um bei ramanspektroskopischen Analysen ein Überlagern des Signals durch Lumineszenz
des Probenträgers zu vermeiden, werden die Probenträger mit Gold beschichtet. Dadurch
wird die Anregung des organischen Trägermateriales verhindert. Solche Objektträger sind
von der Fa. rapID Particle Systems GmbH erhältlich /rapID 2009/. Im Speziellen handelt es
sich dabei um geätzte Polycarbonatmembrane (sog. Kernspurmembrane), welche mit
Gold bedampft werden. Um eine bessere Handhabbarkeit des Filters zu ermöglichen,
wird dieses mit einem Aluminiumring gespannt. Die Kosten von ca. 5 € pro Analysefilter
liegen zwar etwas höher als bei den Standardfiltern, sind jedoch finanziell noch tragbar.
a) b)
a) Rundschalttisch b)
Spannring Messkammer
Analysefilter
Auflagestempel
Probehalter
Die hierzu entwickelte Haltevorrichtung besteht aus einem Auflagestempel und einem
Spannring mit Bajonettverschluss (s. Abbildung 5-10 a). Der Spannring drückt den
Aluminiumring nach unten und fixiert den Filter. Durch eine Erhebung in der
Auflagefläche wird die Folienmembran um 0,2mm nach oben gedrückt und gespannt.
Da das Lumineszenzsignal nicht durch Fremdlicht verfälscht werden darf, muss die
Probenkammer während der Messung lichtdicht verschlossen sein. Die Filtermembran
wird außerhalb der Messkammer in die Halterung eingespannt und anschließend über
71
eine Einschubvorrichtung (Rundschalttisch) in die Probenkammer eingefahren
(s. Abbildung 5-10 b). Um zusätzlich eine Kontaminierung durch Fremdpartikel aus der
Umgebung bei Messung in nicht kontrollierter Umgebung zu vermeiden, wird ein
Reinstluftgebläse (Filter-Fan Unit) über der Probenkammer angebracht.
5.2.3 Empfänger
x Detektor – Bildgebung
Zur Abbildung der Partikel auf der Filtermembran und zur Lokalisierung des Lumineszenz-
signals vor der Spektralanalyse wird aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit und Flexibilität
eine Kamera auf Basis der CCD-Technologie eingesetzt. CCD-Sensoren bestehen aus
einzelnen photosensitiven Elementen (sog. Pixel), in denen auf Grundlage des
photoelektrischen Effekts Elektronen durch elektromagnetische Strahlung freigesetzt
werden. Unter Einwirkung eines elektrischen Feldes können diese Elektronen als
Stromimpuls bzw. Spannung an einem Widerstand erfasst werden. CCD-Sensoren liefern
somit ortsaufgelöst ein zur empfangenen Lichtstärke proportionales elektrisches Signal.
Hauptkriterien zur Auswahl der Kamera sind Pixelgröße und Pixelanzahl des Sensors.
Um den zeitlichen Aufwand zur Bestimmung der Partikelanzahl und -größe auf dem
Analysefilter so gering wie möglich zu halten, muss der Bildausschnitt und somit die
Sensorfläche möglichst groß gewählt werden. Je weniger Bilder aufgenommen werden
müssen um das Analysefilter vollständig abzurastern, desto schneller ist die Partikel-
analyse beendet. Eine Halbierung des Bildausschnittes bedeutet eine Vervierfachung des
zeitlichen Aufwandes. Des Weiteren müssen die Partikel mit mindestens zehn Pixeln in
ihrer längsten Dimension abgebildet werden, um normkonform vermessen werden zu
können. Um entsprechend der Anforderungen auch kleine Partikel bis minimal 5 μm ohne
hohe Vergrößerungen korrekt zu erfassen, müssen die Pixel möglichst klein sein. Je
kleiner die Pixel, desto kleiner jedoch der Bildausschnitt bei gleicher Vergrößerung.
Deshalb muss der Sensor der zu verwendenden Kamera gleichzeitig viele Pixel aufweisen,
wodurch die Kosten der Kamera steigen. Einen geeigneten Kompromiss zwischen
Sensorgröße, Anzahl der Pixel und Kosten stellen Kameras mit 2/3“ Sensor und einer
Pixelanzahl von ca. 1,4Mio. Pixel dar. Dadurch ergibt sich eine Pixelgröße von 6,5μm.
72
Analoge Videokameras liefern ein genormtes Signal mit einer festen Bildrate von 50 Hz.
Längere Belichtungszeiten als 1/50 s sind somit nicht möglich. Die Auflösung ist mit ca.
750 x 580 Pixel festgelegt und somit ungenügend. Außerdem muss das Signal für die
Weiterverarbeitung digitalisiert werden. Aus diesen Gründen sind analoge Videokameras
nicht geeignet für den Versuchsaufbau. Bei Digitalkameras hingegen findet die
Digitalisierung des Signals bereits in der Kamera selbst statt. Das Bild kann daher mit
einem Bildverarbeitungsprogramm ohne Umwandlung verarbeitet werden. Gängige
Übertragungsstandards sind CameraLinkTM, USB2.0TM und FireWireTM. Kameras mit
firmenspezifischer Datenübertragung sind auszuschließen, da entweder das Signal
umgewandelt werden muss oder nur die firmenspezifische Bildverarbeitungssoftware
eingesetzt werden kann. Beides bedingt höhere Kosten.
Digitalkameras sind in monochromer (Graustufen) und RGB (Rot, Grün, Blau) Ausführung
erhältlich. Da die CCD-Elemente über das gesamte sichtbare Spektrum empfindlich sind,
liefern diese keine Farbinformation. Erst durch Addition dreier Einzelfarbbilder (Rot, Grün,
Blau) wird die Farbinformation rekonstruiert. Da die Aufnahme eines Farbbildes entweder
mit deutlicher Verringerung der Auflösung oder Erhöhung der Messzeit verbunden ist
und die Farbinformation bei der Visualisierung der Partikel zudem nicht notwendig ist,
wird für die Umsetzung des Versuchsaufbaus eine monochrome Kamera bevorzugt.
Tabelle 5-3: Vergleich kommerziell erhältlicher Kameras zur Detektion schwacher Lichtsignale und Bewertung
anhand der relevanten Kriterien
73
Tabelle 5-3 listet die in Frage kommenden kommerziell erhältlichen Kameras auf und
bewertet diese anhand der beschriebenen Kriterien. Die grau hinterlegten Felder
kennzeichnen die Kriterien, die zum Ausschluss der jeweiligen Kamera geführt haben. Da
die monochrome F-ViewII der Soft Imaging Systems GmbH den besten Kompromiss
zwischen den beschriebenen Kriterien darstellt, wird diese im Versuchsaufbau eingesetzt.
x Detektor – Spektraleinheit
Zur Bestimmung der Intensität der Strahlung kommen Photozellen und Photomultiplier
(PMT) zur Anwendung, welche auf Grundlage des äußeren photoelektrischen Effekts
basieren. Ein eintreffendes Photon löst aus der Kathode ein Elektron, welches an der
Anode als elektrischer Strom detektiert wird. Beim PMT werden zwischen Kathode und
Anode eine Reihe von Dynoden mit steigendem Potenzial geschaltet, aus denen
kaskadenartig weitere Elektronen herausgeschlagen werden. Dadurch vervielfacht sich
der Elektronenstrom, weshalb auch sehr schwache Lichtsignale erfasst werden können.
Allerdings sind solche Detektoren technisch sehr aufwändig und somit zu teuer. Des
Weiteren muss ein bewegter Monochromator eingesetzt werden, welcher mit dem PMT-
Detektor synchronisiert ist. Dadurch gestaltet sich die Detektoreinheit noch aufwändiger.
Die Anzahl der Pixel der Zeile richtet sich nach Sensitivität und notwendiger spektraler
Auflösung der Lichtsignale. Analog zu CCD-Kameras gilt, dass mehr Elemente auf
gleicher Zeilenlänge eine höhere Auflösung bei niedrigerer Sensitivität der Elemente
bedeuten. Es gibt Ausführungen mit 64 Pixel (6 bit) bis etwa 4096 Pixel (12 bit) pro Zeile.
Um auch schmale Peaks, welche eng beieinander liegen, getrennt abbilden zu können,
sollte die spektrale Auflösung mindestens 1 bis 2 nm betragen. Zu hohe Auflösungen
führen zu einer starken Verminderung der Sensitivität und sollten vermieden werden. Bei
einem Spektralbereich handelsüblicher UV/VIS-Spektrometer von 300 bis 900 nm mit
einer Pixelanzahl von 1024 errechnet sich die spektrale Auflösungsgrenze zu:
74
(900nm - 300nm)
2 Pixel 1,17 nm Formel 5-8
1024 Pixel
Die Firma AS & Co. GmbH stellt Spektrometer auf der Basis von CCD-Zeilen und
optischen Gittern her, die den geforderten Kenndaten Auflösung und Pixelanzahl am
Besten entsprechen, weshalb dieses System gewählt wird.
5.2.4 Optik
Das optische System muss für zwei unterschiedliche Anwendungen ausgelegt werden.
Die erste Anwendung ist die Abbildung der Partikel auf dem Sensor der CCD-Kamera.
Wichtigste Randbedingungen für diese Aufgabe sind optische Auflösung und Größe des
Bildausschnitts. Zweite Aufgabe der Optik ist die Fokussierung der Lumineszenzsignale
auf den Empfänger zur spektralen Bewertung. Da es sich hierbei um teilweise sehr
lichtschwache Lichtsignale handelt, ist die Maximierung der Lichtausbeute wichtigstes
Auslegungskriterium.
Um die Messzeit bei der Größenanalyse möglichst gering zu halten, muss ein möglichst
großer Bildausschnitt abgelichtet werden. Je größer der Bildausschnitt, desto geringer ist
das Auflösungsvermögen des optischen Systems. Partikel unterhalb einer bestimmten
Größe werden nicht mehr einwandfrei abgebildet. Entsprechend VDA-Band19 werden
Partikel dann hinreichend korrekt erfasst, wenn diese in ihrer Länge mit wenigstens 10
Pixeln abgebildet werden. Bei Bestimmung der Partikel im Größenbereich 5 – 15 μm darf
die Pixelanzahl pro Partikelabbildung verringert werden, muss aber mindestens fünf
betragen. Daraus folgt, dass die optische Abbildung zwischen 1 und 0,5 μm pro Pixel
betragen muss. Bei einer Pixelgröße von 6,5 μm entspricht dies einer optischen
Vergrößerung zwischen:
Mit einer gegebenen Pixelanzahl des CCD-Sensors von 1376 in x-Richtung 1032 in
y-Richtung, errechnet sich daraus der minimale Bildausschnitt zu 688 x 516 μm² und der
maximale Bildausschnitt zu 1372 x 1032μm².
75
Die Blendenzahl definiert sich zu:
f'
k Formel 5-10
D
mit der Brennweite f‘ und dem Objektivdurchmesser D /Hering 2006/. Die Bildhelligkeit
ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Blendenzahl. Je kleiner die Blendenzahl,
desto höher also die Bildhelligkeit, was durch kleine Brennweiten und große Linsen-
durchmesser erreicht wird. Dies beeinflusst wiederum den Bildausschnitt, welcher durch
den Bildfeldwinkel M beschrieben wird. Dies ist der Winkel, der in der Linse die Filmfläche
umschreibt /Trautsch 2003/. Wie Abbildung 5-12 a) verdeutlicht, wirken geringe
Brennweiten einem großen Bildausschnitt entgegen.
mit n als der Brechzahl des Überträgermediums und D als der halbe Winkel des kegel-
förmigen Lichtbündels, das durch die Linse aufgenommen wird (s. Abbildung 5-12 b). Die
Bildhelligkeit ist proportional zum Quadrat der numerischen Apertur. Um schwach
strahlende Objekte abzubilden, müssen somit geringe Abstände zwischen Objekt und
Objektiv (Arbeitsabstand) realisiert werden. Da hierdurch der Öffnungswinkel steigt ist
eine große Eintrittslinse notwendig. In Luft kann maximal eine NA von 1 erzielt werden.
a) b)
Objektiv
M
D
Partikel
Analysefilter
Objekt Objektiv Film / Sensor
Abbildung 5-12: Kenngrößen zur Kennzeichnung eines optischen Systems zur Abbildung von Objekten
a) Bildfeldwinkel M
b) Öffnungswinkel D zur Bestimmung der numerischen Apertur
76
einen großen Bildausschnitt verhindert und einen geringen Arbeitsabstand bedingt. Ein
Optimum für die gegensätzlichen Anforderungen (hohe NA, bei kleinen Vergrößerungen
und großen Arbeitsabständen) stellen Mikroskopobjektive mit großer Sammellinse für
große Arbeitsabstände dar. Dies führt zu verhältnismäßig hohen NA-Werten auch bei
kleinen Vergrößerungen. Tabelle 5-4 listet handelsübliche Objektive mit entsprechenden
Kenndaten auf. Aufgrund der Kosten wird das 20x Objektiv von Nikon gewählt.
Arbeitsabstand Numerische
Objektiv Hersteller Vergrößerung
[mm] Apertur NA
Plan-Neofluar Zeiss 10x 5,5 0,3
Epiplan Zeiss 20x 7,3 0,4
CF IC EPI Plan Nikon 10x 16,5 0,3
CF EPI Plan Achr ELWD Nikon 20x 11 0,4
U Plan FLN Olympus 10x 10 0,3
LM Plan FLN Olympus 20x 12 0,4
HC Plan FL Leica 10x 11 0,3
N Plan L Leica 20x 10,8 0,4
Durch zusätzlichen Einsatz einer Verkleinerungslinse direkt vor der CCD-Kamera, kann
der Bildausschnitt vergrößert werden, ohne die NA zu verringern. Die Intensität des zum
Spektrometer umgelenkten Lichts wird somit nicht beeinträchtigt. Rechnerisch ergibt sich
durch die Kombination eines 20fach Mikroskop-Objektivs und einer 2/3 Verkleinerungs-
Korrekturlinse die optische Abbildung zu:
6,5Pm Pixel
0,5Pm / Pixel Formel 5-12
20 2 3
Dies entspricht der maximal geforderten Abbildung.
5.2.5 Automatisierungstechnik
x Linearachsen
Da der Bildausschnitt lediglich einen Bruchteil der Fläche der Filtermembran beträgt, muss
für eine Analyse aller Partikel auf der Membran entweder die Position des Filterhalters
oder die der optischen Einheit sukzessive verändert werden. Diese Tatsache bedingt ein
Achssystem, welches aus zwei Linearachsen (x-y-Achssystem) aufgebaut ist. Um
zusätzlich eine Fokussierung zu ermöglichen, ist noch eine dritte Linearachse zur
Änderung des Abstandes zwischen Sammellinse des Objektivs und Filtermembran
(Arbeitsabstand) notwendig. Die Positioniergenauigkeit der x-y-Positionierachsen richtet
sich nach der kleinsten relevanten Partikelgröße, die hier 5 μm darstellt. Da nach VDA-
Band 19 ein Fehler von bis zu zwei Pixeln bei der Größenbestimmung der kleinsten
Partikel toleriert wird, muss die Positioniergenauigkeit der Achsen etwa 1 μm betragen.
Der Verfahrweg der Achsen muss mindestens den Durchmesser des Filters, also 25 mm
77
betragen. Die Positioniergenauigkeit der Fokussierachse z richtet sich nach der Schärfen-
tiefe der Optik und der kleinsten relevanten Partikelgröße. Ausgehend von kugelförmigen
Partikeln sind das ebenfalls 5 μm. Gefordert wird daher eine Positioniergenauigkeit von
5 μm mit einem absoluten Verfahrweg von wenigen Millimetern. Die Fa. Owis-Staufen
bietet Linearachsen mit den entsprechenden Kenndaten und Steuersoftware an.
x Software
Das Spektrometer wird über die zugehörige SpektraVision Software angesteuert. Dabei
handelt es sich um ein Messprogramm auf Basis der Automatisierungssoftware LabView.
Über diese Software werden die UV-LEDs sowie die Spektrenaufnahme und -auswertung
angesteuert und synchronisiert.
x-y-z Linear-
WinCommander Achsen
SpektraVision NeuroCheck
78
5.3 Integration der Funktionseinheiten zu einem Gesamtaufbau
Das Spektrometer wird über einen Lichtwellenleiter (LWL) optisch integriert. Eine Blende
mit Kollimationsoptik sorgt dafür, dass lediglich das Licht eines definierten Bereichs im
Zentrum des Bildausschnitts in das Spektrometer eingekoppelt wird. Dadurch wird
gewährleistet, dass einzeln vorliegende Partikel selektiv analysiert werden, ohne dass
deren Lumineszenzlicht durch Lichtsignale benachbarter Partikel überlagert wird.
Ein optischer Filter blockt vor dem Strahlteiler Licht im Wellenlängenbereich < 390 μm ab,
um zu verhindern, dass störendes Anregungslicht in die Detektoren gelangt. Zur
optischen Vergrößerung des Bildausschnittes befindet sich direkt vor der Kamera das
Verkleinerungsobjektiv.
CCD-Sensor Kamera
0,67x Linse
Spektrometer
Strahlteiler
Mikroblende und
Fokussierung
Optischer Filter
> 390 nm
20fach Objektiv
UV/VIS - Ring-
Beleuchtung
Analysefilter
79
5.3.2 Mechanische Integration
a) b)
Schiene x-Achse Filter-Fan-Unit
Kamera
Spektrometer Trennwand
y-Achse
z-Achse
LWL
Analyseeinheit
Filteraufnahme
Rundschalttisch
Rundschalttisch
Abbildung 5-16 zeigt die Anordnung der optischen und mechanischen Komponenten
und deren Integration in den Versuchsaufbau.
a) b)
80
Um zu verhindern, dass die Messung durch Fremdlicht oder Eintrag von Fremdpartikeln
verfälscht wird, befindet sich der Aufbau in einer Einhausung, welche mit einer Reinstluft-
Belüftungseinheit, einer sog. Filter-Fan-Unit (FFU), versehen ist. Zwei Filterhalter befinden
sich stets im abgekapselten Reinluftbereich, Halter #1 in der Warteposition und Halter #2
um 90° versetzt in der Messposition. Die eingelegte Partikelprobe wird direkt nachdem
sie aufgegeben wurde in den Reinluftbereich in die Warteposition eingefahren. So ist
gewährleistet, dass die nachfolgende Probe nicht kontaminiert wird, während die zuvor
eingelegte Probe analysiert wird.
5.5.1 Beleuchtung
x VIS-Beleuchtung
Zur korrekten Bestimmung der Anzahl und Größe der Partikel mittels VIS-Beleuchtung ist
eine gleichmäßige Ausleuchtung der Filteroberfläche des Bildfeldes notwendig.
Ansonsten kann keine einheitliche Binarisierungsschwelle zur digitalen Separierung der
Partikel von der Oberfläche festgelegt werden. Überprüft werden kann die Ausleuchtung
anhand der Binarisierung der Aufnahme der Membran eines leeren Analysefilters. Die
Beleuchtung ist dann ausreichend gleichmäßig, wenn die weiß binarisierten Pixel
gleichmäßig über das Bildfeld verteilt sind. Abbildung 5-17 stellt die Ergebnisse des
Beleuchtungstests mittels Binarisierung dar.
Abbildung 5-17: Binarisierungstest zur Überprüfung der Ausleuchtung des Bildfeldes mit den VIS-LEDs
Fazit: Da die weiß binarisierten Pixel bei den Binärbildern gleichmäßig über das Bild
verteilt sind, ist aus den Beleuchtungstests mit den Weißlicht-LEDs zu schließen, dass das
Bildfeld ausreichend gleichmäßig ausgeleuchtet wird.
x UV-Beleuchtung
Zur Überprüfung der Eignung der UV-Beleuchtung muss die spektrale Verteilung des
Anregungslichtes sowie der Beleuchtungsfokus im Bildfeld überprüft werden.
81
Zur Bestimmung der spektralen Verteilung der UV-Beleuchtungseinheit wurde der
Eingang des Spektrometers in den Fokus des LED-Beleuchtungsrings positioniert
(s. Abbildung 5-18 a). Im Vergleich zu den Messungen der UVLED365-10 ohne UV-Filter
UG11 (vgl. Abbildung 5-5) ist deutlich zu erkennen, dass der Anteil > 390 nm blockiert
wird, während die spektrale Verteilung < 390 nm unverändert ist. Daraus ist ersichtlich,
dass das Anregungslicht die geforderte spektrale Verteilung aufweist.
a) 100 b)
80
[%] 5
4
3
relative Intensität
60 2
1
0
40 390 400 410 420
20
Spektrometer 0
300 400 500 600 [nm]
700 800
Wellenlänge
Abbildung 5-18: Bestimmung der spektralen Verteilung der UV-Beleuchtung aus zwölf UVLEDs365-10 mit UG11-Filter
a) Darstellung des schematischen Messaufbaus
b) Ermitteltes Spektrum der UV-Beleuchtung
Fazit: Im Binärbild mit dem Schwellwert 20 ist deutlich zu erkennen, dass das UV-Licht
durch die Kollimatoren, wie gefordert auf die Bildmitte fokussiert wird.
82
5.5.2 Bildaufnahme und -auswertung
Die optische Abbildung des Systems und die Anzahl der Pixel des Sensors bestimmen den
Bildausschnitt. Da die Pixelanzahl des CCD-Sensors in x- und y-Richtung bekannt ist, kann
über den Bildausschnitt die tatsächliche optische Abbildung bestimmt werden. Für die
Ermittlung der Auflösung wird ein Mikro-Maßstab, welcher in einen Glasobjektträger
eingraviert wurde, mit dem Versuchsaufbau abgelichtet (s. Abbildung 5-20).
Abbildung 5-20: Mikro-Maßstab mit 50 μm Skalenabstand, abgelichtet mit dem realisierten Versuchsaufbau
Der Abstand zweier Linien des Maßstabes beträgt 50 μm. Daraus ergibt sich ein
Bildausschnitt von 900 μm in x- und 675 μm in y-Richtung. Da der verwendete Sensor aus
1376 Pixeln in y- und 1032 in x-Richtung besteht, errechnet sich die tatsächliche optische
Abbildung zu:
900 μm
x Abbildung Bildausschnitt Pixelanzahl 0,654 μm
1376 Pixel Pixel Formel 5-13
675μm
y Abbildung Bildausschnitt Pixelanzahl 0,654 μm
1032 Pixel Pixel Formel 5-14
Fazit: Die Untersuchungen mit dem Glasmaßstab ergeben, dass die tatsächliche optische
Abbildung im geforderten Bereich zwischen den Werten 0,5 und 1 μm pro Pixel liegt.
Diese Abbildung garantiert, dass Partikel der Größe 5 μm mit mindestens 7 Pixeln und
somit normkonform abgebildet werden.
5.5.3 Spektroskopie-Einheit
Der Strahlteiler und das Linsensystem vor dem Lichtwellenleiter müssen so justiert
werden, dass das Lumineszenzlicht des Partikels in das Spektrometer eingekoppelt wird.
Um die Größe des Fokuspunktes und dessen Position zu überprüfen, wird anstelle des
Spektrometers eine Lichtquelle angebracht, welche in entgegen gesetzter Richtung den
Fokuspunkt auf dem Objektträger beleuchtet. Dieser Leuchtpunkt kann mit der Kamera
aufgenommen und ausgewertet werden. Abbildung 5-21 verdeutlicht die Testanordnung
83
und zeigt den Fokus des Spektrometers anhand des Leuchtpunktes. Der Mittelpunkt des
Fokusspots befindet sich im Bildfeld bei den Koordinaten (x, y) = (443 μm, 310 μm). Der
Durchmesser des betrachteten Spots beträgt ca. 75 μm. Einzeln auf der Filtermembran
vorliegende Partikel mit einer Größe ab 50 μm können somit selektiv in den Fokus
gefahren und selektiv analysiert werden.
a) b)
CCD-Sensor Kamera
365 μm
Fokussierung
20x Objektiv
Analysefilter
Anschließend wird erst ein Zellulosenitratfilter und anschließend eine Gold beschichtete
Polycarbonatmembran in die Halterung eingesetzt und mit der UV-Beleuchtung angeregt.
Das Lumineszenzlicht wird jeweils über den Umlenkspiegel in das Spektrometer
eingekoppelt und bei verschiedenen Belichtungszeiten aufgenommen. Die minimale
Belichtungszeit des Spektroskops beträgt 10 ms, die maximale Belichtungszeit ist auf 5 s
beschränkt, da bei größeren Belichtungszeiten das Rauschen exponentiell zunimmt.
100000 a) 100000 b)
t = 10 ms t = 10 ms
10000 t = 100 ms
10000
t = 50 ms
Intensitätswert
Intensitätswert
t = 1000 ms
1000 1000 t = 100 ms
t = 5000 ms
100 100
10 10
1 1
300 400 500 600 [nm] 700 800 300 400 500 600 [nm]
700 800
Wellenlänge O Wellenlänge O
Abbildung 5-22: Spektrale Verteilung und relative Intensität bei unterschiedlichen Belichtungszeiten
a) Analysefilter des Versuchsaufbaus – Gold beschichtete Polycarbonatmembran
b) Standardfilter – Zellulosenitratmembran
Fazit: Abbildung 5-22 zeigt, dass der Goldfilter kein Lumineszenzsignal erzeugt. Auch bei
Belichtungszeiten von 5 s wird kein Signal mit Werten > 20 erfasst. Die Goldbeschichtung
unterdrückt somit die Lumineszenz des Polycarbonatträgers effektiv. Umgekehrt wird
selbst bei niedriger Belichtungszeit ein starkes Lumineszenzsignal der Zellulosenitrat-
84
membran gemessen. Das Lumineszenzlicht erreicht bereits bei 100 ms Belichtung
Intensitätswerte von knapp 10000.
5.5.4 Mechanik
Die x- und y-Linearachsen sind für die Bewegung des optischen Systems parallel zur
Oberfläche des Objektträgers zuständig, wodurch eine großflächige Untersuchung der
Filtermembran ermöglicht wird. Zu beachten ist, dass die einzelnen Bildfelder genau
aneinander passen. Weisen diese einen Abstand auf, gehen Partikel am Rand des
Bildfeldes verloren. Im Gegenzug werden Randpartikel doppelt bestimmt, wenn sich
einzelne Bilder überlappen. Um dies auszuschließen, wird anhand des Glasmaßstabes
überprüft, ob die zusammengesetzten Bilder benachbarter Felder in x- und y-Richtung
eine Überlappung oder einen Spalt aufweisen.
a)
b)
Fazit: Die zusammengesetzten Bilder weisen weder eine Überlappung noch einen Spalt
im Größenbereich von 5 μm auf (s. Abbildung 5-23). Die Positioniergenauigkeit der x-
und y-Achsen und somit die Zusammensetzung der Bilder ist folglich ausreichend genau.
85
x Materialklassifizierung der Partikel
x Verfahrensaufwand
Materialkosten: Bei der Auswahl und Entwicklung der Komponenten wurde speziell
darauf geachtet, dass keine technisch aufwändigen Sonderkomponenten für den
Versuchsaufbau verwendet werden. So wurde die UV-Beleuchtungseinheit auf LED-Basis
umgesetzt, um auf den Einsatz einer teuren Quecksilberdampflampe verzichten zu
können. Die gesamten Materialkosten zur Umsetzung des Versuchsaufbaus belaufen sich
auf weniger als die festgelegte Obergrenze von 50T€ und wurde somit eingehalten.
Automatisierung: Der Einsatz der Linearachsen, des Rundschaltisches sowie der Steuer-
und Auswertesoftware garantieren, dass das Einlegen des Analysefilters der einzige
manuelle Arbeitsschritt zur vollständigen Partikelanalyse darstellt.
x Technische Randbedingungen
86
6 Entwicklung einer Methode zur vollständigen Klassifizierung
von Partikeln
Die Methode legt die Vorgehensweise zur Bestimmung der Materialklasse sowie der
Größe und Anzahl von Partikeln anhand des Versuchsaufbaus fest. Da es sich um zwei
voneinander unabhängige Messaufgaben handelt, welche auf unterschiedliche Prinzipien
basieren, werden die folgenden zwei Methodenschritte getrennt voneinander entwickelt:
Zur Erarbeitung und Festlegung der Messmethode werden die in Abbildung 6-1
beschriebenen Entwicklungsschritte durchgeführt.
Ablauf zur
1. Festlegung der 2. Erarbeitung der 3. Erstellung des
Entwicklung der
Messparameter Messdatenverarbeitung Messablaufes
Messmethode
Abbildung 6-1: Ablaufschema zur Entwicklung der Methode zur vollständigen Klassifizierung von Partikelproben
Im ersten Schritt werden die freien Parameter zur Erfassung der Messwerte festgelegt
und deren Einfluss auf das Ergebnis bestimmt. Ergebnisse der Messungen sind
Grauwertbilder und Wellenlängen dispersive Intensitätsspektren. Zur Bestimmung der
Partikelgröße und -anzahl müssen die Grauwertbilder, zur Bestimmung der Materialklasse
die Lumineszenzspektren umgewandelt und ausgewertet werden. Hierzu müssen zwei
separate Vorgehensweisen erarbeitet werden. Abschließend werden die einzelnen Mess-
und Auswerteschritte zu einer Gesamtmethode verknüpft.
6.2 Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl mit dem Versuchsaufbau
Die Partikelgröße wird mit dem Versuchsaufbau über den Intensitätsunterschied des
Reflexionslichtes von Partikel und Probeträger ermittelt. Erfasst wird die Lichtintensität
ortsaufgelöst von einem CCD-Sensor.
Entsprechend des Dynamikbereichs des Sensors wird jedem Pixel in Anhängigkeit der
Intensität des erfassten Lichtsignals ein Wert zwischen 0 und 255 (8 bit-Skala)
zugeordnet. Jeder dieser sog. Grauwerte steht für eine Graustufe zwischen schwarz und
weiß. Der Wert »255« ist die höchste auflösbare Lichtintensität und stellt die Farbe Weiß
dar. Stärkere Lichtsignale werden detektiert, können aber nicht nach Intensität
differenziert werden und erhalten stets den Wert »255«. Lichtsignale, die zu schwach
sind um erfasst zu werden, erhalten den Wert »0« mit der zugehörigen Farbe Schwarz.
Den Lichtsignalen mit Intensitätswerten dazwischen werden Grauwerte zwischen schwarz
und weiß zugeordnet. Durch das Zusammensetzen der Grauwerte aller Pixel
entsprechend deren Position im Sensor ergibt sich ein Grauwertbild auf BMP-Basis
(Bitmap) als Ausgangsdatei.
Die freien Parameter, welche die Bildaufnahme beeinflussen und mit dem Versuchs-
aufbau festgelegt werden müssen, sind Belichtungszeit und Arbeitsabstand. Die
Belichtungszeit bestimmt die Bildhelligkeit, der Arbeitsabstand die Bildschärfe. Die
weiteren optischen Einflussfaktoren, z. B. Beleuchtungsstärke und Blendenzahl, sind
durch den Aufbau fest vorgegeben und können nicht verändert werden.
x Belichtungszeit
Bei der Festlegung der Belichtungszeit ist zu beachten, dass sämtliche Partikel eindeutig
vom Probenträgeruntergrund unterschieden werden müssen, ohne überbelichtet zu
werden. Wird die Belichtungszeit zu gering gewählt, führt dies zum optischen Verschwin-
den von Partikeln bzw. Teilen von Partikeln. Wird die Belichtungszeit zu hoch gewählt,
werden die Partikel überstrahlt und somit zu groß auf dem Sensor abgebildet.
88
Die Auswahl der geeignetsten Belichtungszeit erfolgt anhand der visuellen Differenzier-
barkeit der Partikel vom Objektträger über den Helligkeitsunterschied. Die PS-Partikel
müssen unabhängig von Größe und Material eindeutig und komplett von der
Filteroberfläche differenziert werden können. Gleichzeitig dürfen die Edelstahlpartikel
nicht überstrahlt auf dem Kamerasensor abgebildet werden, da ansonsten deren Größe
bei der anschließenden Partikelvermessung nicht korrekt bestimmt werden kann.
Abbildung 6-2: Grauwertbilder von Edelstahl- (obere Reihe) und PS-Partikel (untere Reihe), jeweils aufgenommen mit
drei unterschiedlichen Belichtungszeiten
Fazit: Die Tests ergeben, dass bei einer Belichtungszeit von 1 s die kleineren schwach
lichtstreuenden Polystyrol-Partikel optisch eindeutig vom Untergrund differenziert werden
können, ohne dass die stark reflektierenden Metallpartikel überstrahlt werden.
x Arbeitsabstand
Die z-Achse ändert den Abstand zwischen Objektträger und Sammellinse des Objektivs
(Arbeitsabstand) und beeinflusst die Fokussierung der Lichtstrahlen auf dem Sensor.
Aufgrund der hohen numerischen Apertur ist die Schärfentiefe niedrig, weshalb relativ
geringe Änderungen des Arbeitsabstandes zu einer unscharfen Abbildung der Partikel auf
dem Sensor und so zu einem Verschwimmen der Partikelkontur im Grauwertbild führen.
Da das Reflexionslicht dann auf mehr Pixel verteilt wird, erfasst jeder angestrahlte Pixel
weniger Strahlung. Als Folge können kleine, schwach reflektierende Partikel optisch
verschwinden und größere, stark reflektierende Partikel hingegen vergrößert abgebildet
werden. Bei ideal scharfer Partikelabbildung werden die ermittelten Partikelwerte in den
kleinsten Partikelklassen daher maximal, in den größeren Klassen nimmt die Anzahl der
erfassten Partikel die geringsten Werte an.
Um den idealen Arbeitsabstand zu ermitteln, wird der Mittelpunkt einer mit SiC-Partikeln
(Größe 15 μm) kontaminierten Membran abgelichtet. Der Arbeitsabstand wird zunächst
89
absichtlich so festgelegt, dass der Fokus oberhalb der Filtermembran liegt. Anschließend
wird die z-Achse um 5 μm nach unten gefahren und erneut ein Bild aufgenommen.
Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis der Fokus der optischen Einheit unterhalb der
Filtermembran liegt. Der Arbeitsabstand wird anhand der Aufnahme gewählt, in welcher
die Partikel visuell am schärfsten abgebildet werden. Entsprechend Abbildung 6-3 ist dies
bei einem Arbeitsabstand von z=7,935μm gegeben.
Da es sich bei dieser Vorgehensweise um eine subjektive Festlegung handelt, muss dieser
Wert messtechnisch überprüft werden. Hierzu müssen im weiteren Verlauf Grauwert-
bilder mit Partikeln verschiedener Größen bei unterschiedlichen Arbeitsabständen
aufgenommen und ausgewertet werden.
x Binarisierung
Um über das Grauwertbild die Größe und Anzahl der Partikel zu bestimmen, muss das
Bild binarisiert werden. Den Pixeln mit Grauwerten oberhalb eines bestimmten
Schwellwerts wird der Binärwert »1« und die Farbe Weiß zugeordnet. Pixeln mit Werten
unterhalb dieses Schwellwertes erhalten den Binärwert »0« und die zugehörige Farbe
Schwarz. Das vorherige Grauwertbild mit 256 Abstufungen zwischen schwarz und weiß
besteht jetzt nur noch aus zwei Farbinformationen und wird als Binärbild bezeichnet.
90
a)
b)
c)
Anhand Abbildung 6-4 ist deutlich zu erkennen, dass mit der gewählten Binärschwelle
sowohl die Edelstahlpartikel, als auch die PS-Partikel, unabhängig von ihrer Größe,
optisch von der Filteroberfläche separiert werden können. Wird die Schwelle tiefer
gesetzt, so wird der Filteruntergrund weiß binarisiert. Wird die Schwelle höher gesetzt,
werden Teile des dunkel abgebildeten PS-Partikels optisch ausgeblendet.
Fazit: Der gewählte Schwellwert stellt den optimaler Kompromiss zur Binarisierung von
Grauwertbildern schwach reflektierender und stark reflektierender Partikel dar und wird
für die weiteren Tests und Messungen festgeschrieben.
Zur Bestimmung der Partikelanzahl und -größe müssen die Pixel mit dem Binärwert »1«
(weiß) ausgezählt werden. Jeder weiße Pixel stellt ein Partikel der Größe 0,654 μm dar.
91
Angrenzende weiße Pixel werden zu weißen Bereichen miteinander verbunden. Die
Bestimmung der Partikelgröße erfolgt dann anhand des Feret-max Durchmessers, die der
zusammenhängenden weißen Bereiche. Die Anzahl der separaten weißen Bereiche stellt
Anzahl der abgebildeten Partikel dar. Überlappen sich Partikel auf der Membran, so
verbinden sich auch die weißen Pixelbereiche, weshalb diese nicht als einzelne Partikel
dargestellt werden können. Dieses Phänomen wird als Partikelkoinzidenz bezeichnet.
Zur Differenzierung von Partikeln und Fasern werden folgende Kriterien festgelegt:
Partikel der Materialklasse #2 (Organik) > 200 μm, welche ein Verhältnis von Länge zu
Breite > 10 aufweisen mit einem gleich bleibenden Querschnitt von < 50 μm sind Fasern.
Die Unterscheidung zwischen Fasern und Partikeln mittels digitaler Bildverarbeitung
anhand morphologischer Aspekte entspricht dem derzeitigen Stand der Technik und
kann mit jedem gängigen Bildverarbeitungssystem durchgeführt werden. Die Faser-
klassifizierung wird deshalb im Folgenden nicht weiter untersucht.
Da der Wert für den Arbeitsabstand rein subjektiv ermittelt wurde, muss dieser
messtechnisch überprüft werden. Hierzu wird eine Filtermembran mit SiC-Partikeln der
Größen 5 – 500 μm kontaminiert und anschließend deren Partikelgrößenverteilung mit
dem visuell festgelegten Arbeitsabstand von z = 7,935 mm bestimmt. Diese Messung wird
acht Mal mit sukzessiver Veränderung des z-Wertes zwischen +0,1 mm und -0,1 mm
wiederholt.
Partikelgrößenklasse [μm]
Tabelle 6-1: Partikelwerte pro Größenklassen in Abhängigkeit des z-Versatzes gegenüber z = 7,935
Fazit: Die Ergebnisse der Messreihe zeigen, dass bei Messung #4 mit dem Arbeitsabstand
z = 7,925 mm die Partikel schärfer abgebildet werden als mit dem visuell ermittelten Wert
z = 7,935 mm. Dies ist daraus abzuleiten, dass bei Messung #4 die Partikelwerte in den
Größenklassen 5 – 15 μm und 15 – 25 μm maximal sind. Gleichzeitig ist die Partikelanzahl
in den Klassen > 50 μm am geringsten. Im Folgenden wird deshalb der Arbeitsabstand
z=7,925mm für die weiteren Tests und Messungen übernommen.
92
6.3 Bestimmung der Materialklasse mit dem Versuchsaufbau
Der einzige freie Parameter bei der Aufnahme der Lumineszenzspektren ist die
Belichtungszeit. Jedes Element der CCD-Zeile empfängt das Licht eines bestimmten
Wellenlängenbereichs mit einer spektralen Breite von 0,6 nm. Die Lichtintensität wird
anhand einer 16bit-Skala in ca. 65500 Stufen eingeteilt. Analog zur Bildaufnahme erhält
die geringste erfassbare Lichtintensität den Wert »1«, die stärkste auflösbare Intensität
den Wert »65500«. Durch Kombination jedes Wellenlängenbereichs mit der jeweiligen
Intensität über alle Pixel wird die spektrale Verteilung des Lumineszenzlichtes ermittelt
und als csv-Datei ausgegeben.
Die Belichtungszeit muss so gewählt werden, dass die Signale möglichst hoch sind, ohne
über 65500 hinauszugehen. In diesem Fall kommt es zum Überstrahlen der Pixel (vgl.
Kapitel 6.2.1) und die wellenlängenabhängigen Intensitäts-Unterschiede können nicht
mehr aufgelöst werden. Ist die Belichtungszeit zu niedrig, ist das Verhältnis zwischen
Lumineszenzsignal des Partikels und internem Rauschen des CCD-Sensors zu gering. Um
die Abhängigkeit zwischen Signal und internem Rauschen zu bestimmen, wurde mit dem
Versuchsaufbau das Lumineszenzsignal eines Partikels aus Keramik bei verschiedenen
Belichtungszeiten zwischen 0,1 und 5s ermittelt.
5000
4500
Belichtungszeit t=5s
4000 Belichtungszeit t=1s
3500 Belichtungszeit t=0,5s
Intensitätswert I
2500
2000
1500
1000
500
0
400 500 600 [nm]
700 800
Wellenlänge O
Anhand des in Abbildung 6-5 dargestellten Diagramms ist deutlich die Abhängigkeit
zwischen Belichtungszeit, Signalhöhe und internem Rauschen zu erkennen. Das interne
Rauschen beträgt bei 0,1 s Belichtungszeit ca. 500 und bei 5 s Belichtungszeit etwa 2100
Intensitätswerte, konstant über den gesamten sichtbaren Wellenlängenbereich.
93
Da die Intensität des Lumineszenzsignals in Abhängigkeit des Materials schwankt, muss
dies bei der Festlegung einer einheitlichen Belichtungszeit berücksichtigt werden. Wird
die Belichtungszeit zu gering gewählt, wird von schwach lumineszierenden Materialien
kein auswertbares Signal detektiert. Demgegenüber können Spektren stark lumines-
zierender Partikel nicht mehr Wellenlängen dispersiv aufgelöst werden, wenn die
Belichtungszeit zu hoch gewählt wird. Um einen Überblick über die Belichtungszeit-
Schwankungen zu erhalten, wurden die Signalmaxima unterschiedlich intensiv
lumineszierender Partikelmaterialien (jeweils ca. 100 μm Größe) untersucht. Tabelle 6-2
gibt den höchsten Lumineszenzwert des jeweiligen Spektrums bei 0,5 und 5 s
Belichtungszeit an, jeweils nach Abzug des Grundrauschens.
Lumineszenzwert Lumineszenzwert
Partikelmaterial
bei Belichtungszeit t = 0,5 s bei Belichtungszeit t = 5 s
Messing 27 223
Edelstahl 40 136
SiC 1962 24087
Rubinkorund 15439 61194
Normalkorund 1230 22462
PPSU 1444 9378
Polycarbonat 161 4296
Seide 380 28055
Von den untersuchten Materialien wird bei Rubinkorund das stärkste Signal detektiert.
Dessen Spektrum erreicht bei 5 s Belichtungszeit einen Intensitätswert von über 60000.
Bei weniger intensiv strahlenden Materialien, wie z. B. Polycarbonat-Partikeln, konnte
lediglich eine Intensität von etwas mehr als 4000 erfasst werden. Edelstahl und Messing
erzeugen kein Lumineszenzsignal. Nach Abzug des Grundrauschens sind sämtliche
Intensitätswerte geringer als 250.
Fazit: Anhand dieser Daten wird die Belichtungszeit auf 5 s festgelegt. Dadurch können
auch schwache Signale erfasst werden, ohne dass die Lumineszenzsignale der hier
betrachteten Partikel überstrahlen. Da jedoch nicht ausgeschlossenen werden kann, dass
stärkere Lumineszenzsignale detektiert werden müssen, muss dies bei der Erarbeitung der
Auswertestrategie berücksichtigt werden.
Da sich gezeigt hat, dass bei Metallen Intensitätswerte von ca. 250 gemessen werden,
wird die Grenze der Lumineszenz inaktiven Materialien bei dieser Belichtungszeit auf 500
Intensitätswerte festgelegt. Partikel, deren Lumineszenzspektrum nach Abzug des
Rauschens keine Intensitätswerte > 500 aufweisen, werden der Materialklasse #1
zugeordnet. Spektren, die Intensitätswerte > 500 aufweisen, werden normiert, um besser
94
miteinander verglichen werden zu können. Hierzu wird der höchste gemessene
Intensitätswert auf den relativen Wert »100« und der niedrigste auf den Wert »0«
gesetzt. Die Zwischenwerte werden entsprechend interpoliert.
Abbildung 6-6 zeigt das absolute und das normierte Lumineszenzspektrum eines
keramischen Polierpartikels (Borax) und einer Seidefaser. Durch die Normierung können
die Spektren trotz der absoluten Intensitätsunterschiede miteinander verglichen werden.
35.000 100
a) b)
30.000 Seide 80
[%] Seide
Intensitätswert I
relative Intensität Ir
20.000 60
15.000 40
10.000
20
5.000
0 0
400 500 600 [nm]
700 800 400 500 600 [nm]
700 800
Wellenlänge O Wellenlänge O
Abbildung 6-6: Lumineszenzspektren von Seide und PMMA und Rauschsignal des CCD-Sensors
a) Gemessene Spektren bei einer Belichtungszeit von 5s
b) Normierte Spektren nach Abzug des Grundrauschens
Ablauf: Die normierten Intensitätswerte Ir des Spektrums werden mit den normierten
Werten bekannter Materialspektren verglichen. Jedes mit dem Versuchsaufbau ermittelte
Spektrum besteht aus 647 wellenlängenabhängigen Intensitätswerten zwischen 400 und
800 nm. Wird eine bestimmte Anzahl übereinstimmender Werte zwischen gemessenem
Spektrum und einem Datenbankspektrum überschritten, wird das Partikel diesem
Material bzw. der zugehörigen Materialklasse zugewiesen.
Wird jedoch ein Partikel untersucht, welches sich nicht in der Datenbank befindet,
besteht die Gefahr einer Falschklassifizierung. Somit müssen vorab die Lumineszenz-
spektren von sämtlichen relevanten Materialien aufgenommen und in eine Datenbank
übertragen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Spektren der Keramiken und
Mineralien nicht immer eindeutig sind, sondern in Abhängigkeit der Fremdatome oder
95
Gitterfehler variieren können. Es müssten also zusätzlich die Lumineszenzspektren
sämtlicher Variationen der praxistypischen Materialien in die Datenbank eingearbeitet
werden. Angesichts der Vielfalt der Materialien und deren Variationen kann dies nicht
gewährleistet werden.
Diese Auswertemethode ist jedoch nur dann anwendbar, wenn jeder Materialklasse
eindeutige Kennwertbereiche zugeordnet werden können. Überschneiden sich
Kennwertbereiche der unterschiedlichen Klassen, so sind Lumineszenzspektren mit diesen
Kennwerten uneindeutig, wodurch Falschklassifizierungen unvermeidbar sind.
x Definition Spektren-Kennwerte
Um ein Spektrum zu charakterisieren, müssen zunächst Kennwerte anhand der Lage und
Form der Emissionsbanden entsprechend Abbildung 6-7definiert werden.
Die Bandenlage wird über den sog. Peak bestimmt, der den oberen Umkehrpunkt
darstellt. Die Steigung beträgt an diesem Punkt Null. Hin zu kleineren Wellenlängen ist
die Steigung positiv, hin zu größeren Wellenlängen negativ. Beschrieben wird die
Bandenlage durch den Spektren-Kennwert zentrale Wellenlänge (ZWL), welches die zum
höchsten Intensitätswert zugehörige Wellenlänge darstellt.
96
Weitere Spektren-Kennwerte ergeben sich aus der Bandenform, gekennzeichnet durch
Breite und Symmetrie. Zur Beschreibung der Breite werden die Spektren-Kennwerte
Halbwertsbreite (HWB) und Zehntelwertsbreite (ZWB) herangezogen, mit:
halben Intensität
S HWB
O1" / 2 Omax
Formel 6-3
Omax O1' / 2
S ZWB
O1" / 10 Omax
Formel 6-4
Omax O1' / 10
mit SHWB als die Bandensymmetrie bei halber Intensität und SZWB als die Bandensymmetrie
bei einem Zehntel der maximalen Intensität. Sind die Kennwerte SHWB und SZWB = 1, so ist
die Bande absolut symmetrisch. Ist SHWB und SZWB > 1, so wird die Bande hin zu längeren
Wellenlängen breiter, bei Werten <1 schmaler.
Obwohl die Messzeit anhand praxistypischer Materialien erarbeitet wurde (vgl. Kapitel
6.2.1), kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Lumineszenzsignal bestimmter
Materialien nicht doch überstrahlt abgebildet wird. In diesem Fall kann dessen ZWL nicht
aus dem Spektrum ausgelesen werden, sondern muss aus der maximalen und minimalen
Wellenlänge mit der normierten relativen Intensität von 100% angenähert werden.
97
O‘100 O“100 I100 = maximaler Intensitätswert
100 I100
O’100 = minimale Wellenlänge der Bande mit
dem Wert „100”
[%]
O“100 = maximale Wellenlänge der Bande mit
relative Intensität Ir
Die Halbwertsbreite ergibt sich entsprechend aus der Differenz der beiden Wellenlängen
mit dem normierten relativen Intensitätswert von 50% und wird als HWB50 bezeichnet:
Je stärker ein Spektrum überstrahlt, desto mehr können die errechneten Kennwerte von
den tatsächlichen Werten abweichen. Dieser Effekt verstärkt sich, je breiter und
unsymmetrischer eine Bande tatsächlich ist. Bei Uneindeutigkeiten bei der Klassifizierung
muss das Partikel deshalb der kritischeren Materialklasse zugeordnet.
2. Spektren mit ZWL < 490 nm werden der Materialklasse #3 (Organik) zugeordnet,
Materialien mit Peaks mit ZWL> 500nm der Klasse #2 (Mineralien und Keramik).
98
3. Breite Banden, die zu längeren Wellenlängen hin langsam abfallen, werden von
organischen Partikeln der Klasse #3 erzeugt. Demgegenüber werden schmale
diskrete Peaks mit symmetrischen Banden der Klasse #2 zugeordnet.
Zur Festlegung von Wertebereichen für diese Kennwerte und für eine erste Überprüfung
der Praktikabilität der Klassifizierung der Methode werden mit dem Versuchsaufbau
Lumineszenzmessungen an Praxis typischen Partikelmaterialien durchgeführt. Hierzu wird
das Lumineszenzsignal von jeweils zwei Materialien pro Materialklasse aufgenommen
und deren Peaks mit Intensitätswerten > 500 ausgewertet (s. Abbildung 6-9).
Peak 2 -
60
40 Peak 3 -
20
Peak 4 -
0
400 500 600 [nm]
700 800
Peak-
Wellenlänge O -
Verhältnis
Peak 2 -
60
40 Peak 3 -
20
Peak 4 -
0
400 500 600 [nm]
700 800 Peak-
Wellenlänge -
O Verhältnis
99
Lumineszenzspektrum Auswertung Banden
100
0
400 500 600 [nm]
700 800
Wellenlänge O
100
0
400 500 600 [nm]
700 800
Wellenlänge O
Die Lumineszenzsignale der Materialien der Klasse #3 (Organik), ein menschliches Haar
und PPSU, bestehen aus einer breiten Bande mit einem Peak im blauen Spektrum bei ca.
450 nm und einer HWB von knapp 100 nm. Die Banden fallen zu längeren Wellenlängen
hin langsam ab (SHWB >2).
Das untersuchte Korund (Klasse #2) weist eine intensive rote Lumineszenzfarbe auf. Dies
verdeutlicht sich durch die schmale symmetrische Bande mit einem Peak bei 682 nm,
einer HWB von 5 nm und dem Symmetriewert von 0,9. Es existieren zwei weitere Peaks
bei 702 und 658 nm mit Halbwertsbreiten von 31 und 21 nm.
100
Das keramische Schleifpartikel weist mehrere Peaks auf und kann aufgrund der ZWL
nicht direkt eindeutig klassifiziert werden. Die ZWL des ersten Peaks liegt mit 567 nm im
Bereich der Klasse #2, der zweite Peak mit 471 nm im Bereich der Klasse #3. Da die
beiden Hauptbanden eine schmale Form (HWN < 20 nm) aufweisen und zudem nicht zu
längeren Wellenlängen abfallen (SHWB < 1), besitzt das Spektrum Merkmale, die gegen
eine Einordnung in Klasse #3 (Organik) sprechen.
Von den Edelstahl- und Messingpartikeln der Materialklasse #1 (Metalle) konnte kein
Lumineszenzsignal mit Werten über 500 ermittelt werden.
Erster Spektren-Kennwert zur Selektierung der Materialien der Klasse #1 ist der
maximale Intensitätswert des ermittelten Lumineszenzspektrums. Spektren ohne
absolute Intensitätswerte >500 werden den Metallen zugeordnet.
Zweiter Kennwert ist die zentrale Wellenlänge ZWL der Lumineszenzbanden. Spektren,
welche lediglich Banden mit einer ZWL < 490 nm aufweisen, werden der Organik (Klasse
#3) zugewiesen. Spektren, welche lediglich Banden mit einer ZWL > 500 nm aufweisen,
werden den Keramiken und Mineralien (Klasse #3) zugewiesen.
Bei gleichzeitigem Auftreten von Banden mit ZWL in beiden Klassenbereichen oder im
Übergangsbereich werden die Kennwerte Halbwertsbreite HWB und Symmetriewert
SHWB der Lumineszenzbanden herangezogen. In diesem Fall werden Spektren, die eine
Bande mit HWB < 40 nm und gleichzeitig SHWB < 1,5 aufweisen, der Materialklasse #2
zugeordnet. Spektren, welche ausschließlich HWB > 40 nm oder ausschließlich SHWB > 1,5
aufweisen, werden der Materialklasse #3 zugewiesen.
Auf Grundlage der Zehntelwertsbreite ZWB und des Symmetriewerts SZWB ist keine
Zuordnung der Materialien möglich, weshalb diese nicht weiter betrachtet werden.
In Tabelle 6-3 sind die Kennwertbereiche und deren Rangfolge zur Zuordnung in die
entsprechenden Klassen aufgelistet.
Tabelle 6-3: Kennwertbereiche und Gewichtung der Kennwerte zur Zuordnung der Spektren in Materialklassen
Kann ein Partikel nicht klassifiziert werden, da sich sämtliche Kriterien widersprechen
oder die Werte zwischen den Klassenbereichen liegen, so wird das Partikel der für das
Bauteil kritischeren Klasse zugeordnet. Da Lumineszenzspektren hauptsächlich aus einer
breiten Bande bestehen, werden pro Spektrum maximal vier Peaks betrachtet.
101
6.4 Messablauf
Abhängig von Halterung und Stützgitter zur Aufnahme der Membran bei der Filtration,
wird nicht die gesamte Membran mit Analyseflüssigkeit durchströmt. Dies hat zur Folge,
dass nicht die komplette Filterfläche mit Partikeln belegt wird, sondern lediglich die sog.
effektive Filtrationsfläche. Die zu rasternde Fläche des Filters richtet sich somit nach der
effektiven Filtrationsfläche und umgekehrt. Wird angenommen, dass die Fläche eines
Quaders abgefahren wird, dessen Diagonale dem Durchmesser des Analysefilters
entspricht, so kann die Anzahl der notwendigen Messfelder in x- und y-Richtung sowie
die maximal zulässige effektive Filtrationsfläche berechnet werden (s. Abbildung 6-10).
Spannring a) Spannring b)
a maximale
r Filtrationsfläche
a Messfläche
y y r Radius
Messfeld
Analysefilter
Abfolge der
a Seitenlänge
Messfelder
x Messfläche
x
Abbildung 6-10: Ablauf zur Bestimmung der Partikelgrößenverteilung auf einer Filtermembran
a) Beispielhaftes Abrastern der Membran mit einem optischen System
b) Messfeld und maximal zulässige Filtrationsfläche
Die Seitenlänge a der Gesamtmessfläche lässt sich über den Radius (r = 12,5 mm) des
Analysefilters bestimmen. Da die Messfläche ein Quadrat mit gleichen Seitenlängen
darstellt, gilt:
2 2
§a· §a· r2
¨ ¸ ¨ ¸ r2 und a 2 17,68mm Formel 6-7
©2¹ ©2¹ 2
102
Feldern abgelichtet werden kann, werden 26 Felder in x-Richtung und 19 Felder in
y-Richtung aufgenommen. Insgesamt werden somit 494 Bildfelder aneinander gesetzt.
Daraus ergibt sich ein Messfeld mit 17,5 mm Kantenlänge in x- und 17,1 mm in
y-Richtung mit einer zu scannenden Filteroberfläche von 300 mm².
Aus diesem Grund wird eine Vorselektion der Partikel in lumineszierende und nicht lumi-
neszierende Partikel mittels Lumineszenzbildaufnahme und -auswertung vorgenommen.
Bei der Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl wird zusätzlich von jedem Bildfeld
eine Aufnahme mit UV-Beleuchtung durchgeführt. Die Belichtungszeit wird, wie bei der
Spektrenaufnahme, zu 5 s festgelegt, die Binärschwelle auf den Wert 26. Dieser
Schwellwert kann im Vergleich zur Grauwertbild-Auswertung so niedrig gesetzt werden,
da von der Filtermembran und von den metallischen Partikeln kein Lumineszenzsignal
erzeugt wird. Bei niedrigeren Schwellwerten wird trotz der optischen Filter VIS-Streulicht
fälschlicherweise als Lumineszenz detektiert. Durch eine Bildauswertung analog zu den
VIS-Aufnahmen, können die lumineszierenden Partikel nun einfach erfasst und von den
nicht lumineszierenden Partikeln optisch getrennt werden. Die nicht lumineszierenden
Partikel werden der Materialklasse #1 (Metalle) zugeordnet und müssen nicht weiter
betrachtet werden. Anschließend werden die restlichen Partikel angefahren, um deren
Lumineszenzspektrum zu ermitteln.
Abbildung 6-11 zeigt das Methodikschema mit den einzelnen Mess- und Auswerte-
schritten. Anhand der dargestellten Vorgehensweise wird mit dem Versuchsaufbau die
Anzahl, Größe und Materialklasse der auf Analysefilter vorhandenen Partikel bestimmt.
Dadurch erfolgt die vollständige Bestimmung des Schädigungspotenzials der Partikel und
somit die vollständige Bestimmung der Bauteilsauberkeit.
103
6.4.3 Methodikschema
ja
Schritt 3: größtes lumineszierendes
Partikel anfahren
Bestimmung der
Materialklasse der
lumineszierenden Ermittlung Lumineszenzspektrum
Partikel
mit UV-Beleuchtung
SpektraVision
Klassifizierung des
Materialklasse
Spektrums anhand
aller Partikel
ZWL, HWB und SHWB
nein nächstes
letztes
Partikel WinCommander
Partikel
anfahren
ja
Ende der
Analyse
Abbildung 6-11: Ablaufschema zur vollständigen Bestimmung des Schädigungspotenzials von Restschmutzpartikeln
anhand des Versuchsaufbaus
104
6.4.4 Berechnung der Messzeit
Im ersten Messschritt wird die Anzahl und Größe der Partikel > 5 μm auf der Membran
sowie deren Position bestimmt. Über eine anschließende UV-Bildaufnahme an jeder
Messposition werden lumineszierende und nicht lumineszierende Partikel getrennt. Die
nicht lumineszierenden Partikel werden der Materialklasse #1 zugeordnet. Ausgehend
von den erarbeiteten Messparametern ist dafür pro Messposition eine Messzeit von acht
Sekunden einzukalkulieren. Eine Sekunde zur VIS-Bildaufnahme, fünf Sekunden für die
UV-Bildaufnahme, eine Sekunde um die Messposition zu wechseln und eine Sekunde
Wartezeit, um mögliche Schwingungen des optischen Systems nach dem Verfahren
ausklingen zu lassen. Bei 494 Messpositionen ergibt sich eine Messzeit von zusammen
3952s für die ersten beiden Messabschnitte, was 1h und 6min entspricht.
Die gesamte Messzeit für die vollständige Bestimmung von Partikelgröße und -anzahl
sowie Materialklasse beträgt mit dieser Methode etwa zwei Stunden, bei der Annahme,
dass 500 nicht metallische Partikel hinsichtlich ihres Materials klassifiziert werden müssen.
Dies entspricht der Anzahl an nicht metallischen Partikeln eines durchschnittlich belegten
Analysefilters zur Bestimmung der Bauteilsauberkeit dieser Größe. Bei 1000 vorhandenen
nicht metallischen Partikeln > 50 μm steigt die Messzeit auf ca. drei Stunden an. Auf
stärker beladenen Analysefiltern überlagern sich die Partikel, weshalb diese Analysefilter
nicht zur mikroskopischen Restschmutzbestimmung geeignet sind.
105
Spektren-Kennwerte berechnet. Da jede Materialklasse charakteristische Bereiche für die
Spektren-Kennwerte aufweist, erfolgt eine gesicherte Zuordnung.
x Verfahrensaufwand
Messzeit: Der maximal zulässige zeitliche Aufwand zur Bestimmung der Partikelgröße, -
anzahl und der jeweiligen Materialklasse wird eingehalten.
x Technische Randbedingungen
106
7 Erprobung und Bewertung
Zum Nachweis der Eignung des entwickelten Verfahrens zur vollständigen Bestimmung
des Schädigungspotenzials von Partikeln müssen mit dem Versuchsaufbau Testversuche
entsprechend des Methodikschemas durchgeführt werden. Ziel dieser Untersuchungen ist
zu überprüfen, inwieweit das realisierte Verfahren die Anforderungen zur Material-
klassifizierung sowie zur Bestimmung der Größe und Anzahl von Restschmutzpartikeln
unter praxisähnlichen Bedingungen erfüllt. Da sich die Methode in drei Abschnitte
unterteilt (s. Abbildung 6-11), werden folgende Verfahrensschritte separat untersucht:
Entsprechend den Anforderungen müssen mit dem Verfahren Partikel ab einer Größe von
5 μm detektiert und deren Größenklasse bestimmt werden können. Zusätzlich müssen
Partikel ab einer Größe von 50μm in die zugehörige Materialklasse eingeteilt werden.
108
Über einen Filtrationsschritt werden die Partikel von der Flüssigkeit auf das Analysefilter
übertragen. Das Filter wird hierzu in eine Nutsche eingespannt und die Flüssigkeit über
Vakuum durch die Poren der Membran gesaugt. Partikel, welche größer als die
Porengröße sind, bleiben dabei auf der Membran zurück. Nach Beendigung des
Filtrationsschritts wird die Membran im Ofen getrocknet und in Petrischalen verpackt.
Entsprechend der einzelnen Messabschnitte aus Abbildung 6-11 unterteilen sich die
Untersuchungen wie folgt in drei voneinander unabhängige Experimente:
Für die Tests zur Differenzierung der lumineszierenden und nicht lumineszierenden
Partikel wird die Partikelgröße und -anzahl mit reinen Partikelsorten bei VIS und UV-
Beleuchtung bestimmt. Die Bewertung der Selektierung der lumineszierenden und nicht
lumineszierenden Partikel erfolgt anhand des Vergleichs der Partikelwerte.
Zur Verifizierung der Zuordnung der lumineszierenden Partikel werden auf den zuvor
hergestellten Testanalysefiltern willkürlich Partikel angefahren und deren Lumineszenz-
spektren ermittelt. Anhand der Spektren-Kennwerte werden diese Partikel der jeweiligen
Materialklasse zugewiesen und mit der tatsächlichen Materialklasse verglichen.
109
7.3.2 Überprüfung der Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl
SiC-Partikel werden zur Herstellung von Schleifwerkzeugen eingesetzt und sind in sog.
FEPA F Mesh-Korngrößen erhältlich. Diese Kennzahl beschreibt die Anzahl der Maschen
eines Siebgitters pro Zoll (2,54 cm), mit dem die Partikel fraktioniert wurden /FEPA 2006/.
Je größer die Kennzahl, desto feiner die Maschen und dementsprechend die Korngröße.
Zur Überprüfung der Partikelgrößenbestimmung wird jeweils ein Analysefilter mit SiC-
Partikeln einer Korngrößen entsprechend Tabelle 7-2 kontaminiert.
Tabelle 7-2: Material und Korngröße für die Tests zur Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl
Nach der Filterherstellung wird die Partikelgröße und -anzahl mit dem Versuchsaufbau
ermittelt und mit den tatsächlichen Korngrößen entsprechend FEPA F verglichen.
100
90
80
[%] SiC F800
70 SiC F230
relativer Anteil
60 SiC F60
50
40
30
20
10
0
5 bis 15 bis 25 bis 50 bis 100 bis 150 bis 200 bis 400 bis 600 bis
[μm]
15 25 50 100 150 200 400 600 1000
Partikelgröße
Abbildung 7-2: Gemessene Partikelgrößenverteilung der mit SiC kontaminierten Filter mit dem Versuchsaufbau
Wie aus Abbildung 7-2 ersichtlich, werden die Partikel der F800 Fraktion (6,5 μm) fast
ausschließlich der angegebenen Korngröße zugeordnet. 90 % der detektierten und analy-
sierten Partikel befinden sich im Größenbereich 5 – 15 μm. Die Zählergebnisse in der
Größenklasse 15 – 25 μm können aus Überlagerung einzelner Partikel auf dem
Analysefilter herrühren (Koinzidenz).
Die Partikel der F230 Fraktion (53 μm) wurden lediglich zu knapp 50 % in die richtige
Größenklasse eingruppiert. Etwa 1/3 wurde der Klasse 25 – 50 μm zugeordnet. Da die
110
mittlere Größe dieser Partikel jedoch nahe der Größenklassengrenze von 50 μm liegt und
die verwendeten Schleifpartikel eine natürliche Streuung um den angegebenen Wert
aufweisen, wird diese Einteilung ebenfalls als korrekt betrachtet. Somit werden ca. 80 %
der Partikel der richtigen Größenklasse zugewiesen. Die Werte in den kleineren Klassen
(s. Abbildung 7-2) lassen vermuten, dass die verwendete SiC-Partikelfraktion
Verunreinigungen kleiner Partikel aufweist. Die wenigen Zählergebnisse in der größeren
Klasse weisen dahingegen auf eine mögliche Partikelüberlagerung hin.
Die Partikel der F60 Fraktion (260 μm) werden nur teilweise in die richtige Größenklasse
eingruppiert (< 20 %). Auffallend ist, dass sich über 50 % der detektierten Partikel in der
Größenklasse 5 -15 μm befinden. Diese Fehlklassifizierung kann weder durch zufällige
noch durch systematische Fehler erklärt werden. Um zu überprüfen, ob diese Werte
durch Verunreinigungen mit kleineren Partikeln herrühren können, wurde eine REM-
Aufnahme eines Partikels dieser Fraktion durchgeführt. Diese ergab, dass die F60 Partikel
eine Vielzahl an kleinen Partikeln auf deren Oberflächen aufweisen (s. Abbildung 7-3).
Durch die Suspendierung und Beaufschlagung mit Ultraschall werden diese
Verunreinigungen abgelöst und als einzelne Partikel mit auf die Membran übertragen.
Primärkorn
(ca. 260 μm)
Begleit-
verunreinigung
(ca. 10 μm)
Abbildung 7-3: REM Aufnahme eines SiC Partikel der Korngröße F60 μm
Um eine zusätzliche Beurteilung der Größen- und Anzahlbestimmung der Partikel mit
dem Versuchsaufbau durchführen zu können, werden Vergleichsanalysen mit einem
etablierten Filterauszählmikroskop durchgeführt. Hierzu wird ein Stereomikroskop SZX9
der Fa. Olympus mit der Partikelanalysesoftware PicEd Cora der Fa. Jomesa eingesetzt.
Dieses Messgerät ist speziell für die Anwendung entwickelt worden, die Größe und
Anzahl von Partikeln auf Analysefiltern zum Zwecke der Bauteilsauberkeitsprüfung nach
VDA-Band 19 zu analysieren und stellt den derzeitigen Stand der Technik dar.
Verwendet wird ein Testanalysefilter, welches mit Partikeln der Körnung F800 und F230
kontaminiert wurde. Auf die Verwendung der Körnung F60 wurde aufgrund der hohen
Begleitverunreinigung verzichtet. Die Partikel auf dem Testanalysefilter werden zunächst
111
mit dem Versuchsaufbau bestimmt. Danach werden die Partikel für die Vergleichs-
messung von der Polycarbonatmembran in den Erlenmeierkolben zurück gespült, über
eine Zellulosenitratmembran abfiltriert und mit dem Vergleichssystem analysiert.
Die mit dem Versuchsaufbau und mit dem Vergleichssystem ermittelte Partikelgrößen-
verteilungen sind in Abbildung 7-4 gegenübergestellt. Grundsätzlich ist zu erkennen,
dass die beiden Messergebnisse eine ähnliche Größenverteilung aufweisen, vor allem
unter Berücksichtigung, dass eine Veränderung der Probe – z. B. durch Partikelverlust bei
der Umpräparation – nicht ausgeschlossen werden kann. Des Weiteren ist deutlich
ersichtlich, dass mit dem Versuchsaufbau in den Größenklassen 5 – 15 μm sowie
50 – 100 μm, welche den vorgegebenen Korngrößen entsprechen, mehr Partikel erfasst
wurden als mit dem Vergleichssystem. Dies lässt darauf schließen, dass die Bestimmung
der Partikelgröße und -anzahl mit dem Versuchsaufbau in diesen Partikelgrößenklassen
sogar genauer ist als mit dem Vergleichssystem.
40
35 Ergebnis mit dem
Versuchsaufbau
30
[%]
Ergebnis mit dem
25 Vergleichssystem
relativer Anteil
20
15
10
5
0
5 bis [μm]
15 bis 25 bis 50 bis 100 bis 150 bis 200 bis 400 bis 600 bis
15 25 50 100 150 200 400 600 1000
Partikelgröße
Abbildung 7-4: Vergleich der Partikelwerte pro Größenklasse des Jomesa-Systems mit dem Versuchsaufbau
x Überprüfung Reproduzierbarkeit
Zur Überprüfung der Streuung bzw. der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wird eine
Membran mit SiC-Partikeln kontaminiert und die Partikelgröße und -anzahl zehn Mal
nacheinander analysiert. Anhand dieser Messungen wird der 95 %-Vertrauensbereich
ermittelt, ausgehend von der Student-t Verteilung. Ist die zufällige Streuung mit einer
Wahrscheinlichkeit von 95% kleiner als 10%, so kann diese vernachlässigt werden.
112
Partikelgrößenklasse [μm]
Messung 5– 15 – 25 – 50 – 100 – 150 – 200 – 400 – 600 –
15 25 50 100 150 200 400 600 100 > 1000
Anhand der zehn Wiederholungsmessungen (n = 10) wird für jede Partikelklasse der
Mittelwert x und darauf aufbauen die Varianz s² und Standardabweichung s berechnet:
1 n
s2 ¦ ( x xi ) 2 Formel 7-1
n 1 i 1
Der obere (xO) und untere (xU) Vertrauensbereich ergeben sich zu:
D s Formel 7-2
xO / U x r t (1 )
2 n
mit t (1 D 2) als dem Stundent-t Quantil und der erlaubten Abweichung D von 5%. Das
Stundent-t Quantil beträgt bei einem D =5% und 10 Wiederholungsmessungen 2,228.
Partikelgrößenklasse [μm]
Statistische 5– 15 – 25 – 50 – 100 – 150 – 200 – 400 – 600 –
> 1000
Kenngröße 15 25 50 100 150 200 400 600 100
Tabelle 7-4: Statistische Kennwerte pro Größenklassen, berechnet anhand der zehn Wiederholungsmessungen
Die aus den Messwerten berechneten statistischen Kenngrößen für jede Größenklasse
sind in Tabelle 7-4 aufgelistet. Von besonderem Interesse sind der obere (xO) und untere
(xU) Vertrauensbereich, da diese Kenngrößen angeben, in welchem Bereich die
Messwerte mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% maximal streuen.
113
Die Grenzen des 95 %-Vertrauensbereichs weichen für die Partikelgrößenklassen
< 200 μm maximal um 2 – 3 % vom Mittelwert ab. Bei der Größenklasse 200 – 400 μm ist
die Abweichung ebenfalls vernachlässigbar (< 2 %). Da in der Größenklasse 400 –600 μm
weniger als 10 Partikel detektiert wurden, kann für diese Klasse keine statistisch sinnvolle
Berechnung durchgeführt werden.
Fazit Bestimmung Partikelgröße und -anzahl: Anhand der Versuche mit definierten
Korngrößen und den Vergleichsmessungen mit einem etablierten Partikelanalysesystem
konnte nachgewiesen werden, dass keine systematische Abweichung zwischen realem
und tatsächlich bestimmtem Messwert vorliegt. Anhand der Wiederholungsmessungen
konnte zudem gezeigt werden, dass die zufällige Messwertabweichung mit einer
Wahrscheinlichkeit von 95 % höchstens 3 % beträgt. Die Bestimmung der Partikelgröße
und -anzahl mit dem Versuchsaufbau ist somit als normkonform zu betrachten.
Die keramischen Partikel (Materialklasse #2) in Abbildung 7-5 werden sowohl mit VIS-,
als auch mit UV-Beleuchtung ausreichend hell auf dem CCD-Sensor abgebildet, um nach
der Binarisierung mit den Schwellenwerten entsprechend Kapitel 6.1.2 erfasst zu werden.
Es werden somit bei beiden Beleuchtungsarten jeweils vier Partikel detektiert.
Die Aufnahmen mit den Seidepartikeln (Materialklasse #3) in Abbildung 7-6 zeigen,
dass es sich auch hier um lumineszierende Partikel handelt. Mit beiden Beleuchtungsarten
werden zwei Partikel detektiert. Da dieses Material sehr stark lumineszenzaktiv ist,
werden die Seidepartikel bei UV-Beleuchtung größer auf dem Sensor abgebildet als mit
VIS-Beleuchtung. Da die Partikelabbildung bei UV-Beleuchtung lediglich der Erfassung
und Lokalisierung lumineszierender Partikel dient und nicht der Bestimmung der
Partikelgröße, ist diese überstrahlte Abbildung nicht relevant.
114
VIS-Bildaufnahme mit Belichtungszeit t = 1 s Binarisiertes Bild mit Binärschwelle 60
Abbildung 7-5: Bildaufnahme und Binärbild zur Analyse der Größe und Anzahl von keramischen Partikeln
(Materialklasse #2) mit unterschiedlichen Beleuchtungsarten
Abbildung 7-6: Bildaufnahme und Binärbild zur Analyse der Größe und Anzahl von Seidepartikel (Materialklasse #3)
mit unterschiedlichen Beleuchtungsarten
115
VIS-Bildaufnahme mit Belichtungszeit t = 1 s Binarisiertes Bild mit Binärschwelle 60
Abbildung 7-7: Bildaufnahme und Binärbild zur Analyse der Größe und Anzahl von Edelstahl (Materialklasse #1) mit
unterschiedlichen Beleuchtungsarten
In Abbildung 7-8 sind die erfassten Partikelwerte der drei Materialien bei VIS- und UV-
Beleuchtung nach Scannen der gesamten Filtermembran in Form von Balkendiagrammen
dargestellt. Da kleinere Partikel nicht anhand ihres Materials klassifiziert werden müssen,
beginnen die Diagramme bei einer Größe von 50μm.
Die Werte bei Untersuchung der keramischen Partikel (s. Abbildung 7-8 a) ergeben,
dass diese Partikel gesichert lumineszieren und anhand von Lumineszenzbildern erfasst
werden können. Abgesehen von der Größenklasse 50 - 100 μm stimmen die Partikelwerte
der detektierten Partikel bei VIS- und UV-Beleuchtung nominal sehr gut überein. Die
hohen Partikelwerte zwischen 50 und 100 μm deuten darauf hin, dass kleinere Partikel
stark lumineszieren und daher größer abgebildet werden als bei VIS-Beleuchtung.
116
50 a)
VIS-Beleuchtung
40
UV-Beleuchtung
Partikelanzahl 30
20
10
0
50 bis 100 100 bis 150 bis 200 bis 400 bis
[μm] 600 bis
150 200 400 600 1000
Partikelgröße
35 b)
30 VIS-Beleuchtung
25 UV-Beleuchtung
Partikelanzahl
20
15
10
0
50 bis 100 100 bis 150 bis 200 bis [μm]
400 bis 600 bis
150 200 400 600 1000
Partikelgröße
40 c)
35 VIS-Beleuchtung
30 UV-Beleuchtung
25
Partikelanzahl
20
15
10
5
0
50 bis 100 100 bis 150 bis 200 bis [μmbis
400 ] 600 bis
150 200 400 600 1000
Partikelgröße
Abbildung 7-8: Detektierte Partikel mit VIS- und UV-Beleuchtung in Abhängigkeit der Partikelgröße
a) Keramikpartikel (Materialklasse #2)
b) Seidepartikel (Materialklasse #3)
c) Edelstahlpartikel (Materialklasse #1)
117
Die Partikel aus Seide werden ebenfalls gesichert über die Lumineszenzbildaufnahme
erfasst und so den lumineszierenden Materialklassen zugeordnet (s. Abbildung 7-8 b).
Die starke Lumineszenz dieses Materials ist daran zu erkennen, dass die Partikel deutlich
größer abgebildet als es deren tatsächlicher Größe entspricht. Da dies auch für Partikel
< 50 μm zutrifft, werden mit UV-Beleuchtung somit insgesamt mehr Partikel detektiert
als mit VIS-Beleuchtung.
Bei der Untersuchung der Partikel aus Edelstahl (s. Abbildung 7-8 c) wurden, mit
Ausnahme der kleinsten Größenklasse von 50-100 μm, keine Partikel bei UV-Beleuchtung
gefunden. Daraus leitet sich ab, dass diese Partikel über die Lumineszenzbildaufnahme
eindeutig der Materialklasse #1 zugeordnet werden. Da ausschließlich kleine
lumineszierende Partikel detektiert wurden, ist zu vermuten, dass es sich um
Verunreinigungen von Partikeln anderer Materialien handelt, welche bei der Herstellung
und Handhabung der Probe (z.B. Feilen und Filtration) erzeugt oder eingetragen wurden.
In Tabelle 7-5 bis Tabelle 7-7 sind die gemessenen Partikelwerte mit VIS- und UV-
Beleuchtung der weiteren relevanten Partikelsorten getrennt nach Materialklassen
aufgelistet. Dargestellt sind jeweils die nominalen Partikelwerte je Größenklasse ab 50 μm
sowie die gesamte erfasste Partikelanzahl.
Partikelgrößenklasse [μm]
VIS 27 58 70 38 2 0 0 195
Kupfer
UV 5 0 0 0 0 0 0 5
Tabelle 7-5: Messwerte der Materialklasse #1, gemessen mit VIS- und UV-Beleuchtung
Anhand Tabelle 7-5 ist deutlich zu erkennen, dass auch die weiteren untersuchten
Partikel der Materialklasse #1 keine Lumineszenz aufweisen. Es werden zwar
lumineszierende Partikel im Größenbereich 50 - 100 μm und vereinzelt auch größere
Partikel erfasst (bei Messing), im Gegensatz zu den absoluten Werten sind diese jedoch
sehr gering. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass es sich dabei um Verunreinigungen
handelt, welche bei der Partikelherstellung und anschließender manueller Präparation der
Testanalysefilter mit eingebracht wurden.
118
Beispiele für eine extreme Lumineszenzintensität der untersuchten Materialien sind neben
Seide Polyamid und Baumwolle. Auch die Summe aller mit UV-Beleuchtung erfassten
Partikel pro Material stimmt entweder mit der Anzahl bei VIS-Beleuchtung überein oder
übersteigt diese. Einzige Ausnahme ist Holz.
Partikelgrößenklasse [μm]
menschl. VIS 22 2 5 1 0 0 0 30
Haare UV 14 8 5 4 0 0 0 31
VIS 6 1 4 15 13 4 0 43
PS
UV 11 0 5 16 9 4 0 45
VIS 19 19 27 38 0 0 0 103
PA
UV 41 36 35 70 2 0 0 184
VIS 27 9 7 39 30 29 0 141
PVC
UV 43 9 10 38 29 36 0 165
VIS 10 12 12 74 36 7 0 151
PE-LD
UV 25 21 12 71 30 4 0 163
VIS 41 26 15 52 30 1 0 165
PPSU
UV 42 12 12 40 41 9 0 156
VIS 8 3 2 12 8 2 0 35
PC
UV 14 6 3 9 11 2 0 45
VIS 316 156 44 83 31 10 0 640
Holz
UV 252 60 22 40 36 18 0 428
VIS 17 5 4 13 6 9 0 54
Kartonage
UV 27 3 6 12 9 12 0 69
Tabelle 7-6: Messwerte der Materialklasse #3, gemessen mit VIS- und UV-Beleuchtung
Der Vergleich der Werte der Partikel der Materialklasse #2 bei UV- und VIS-Beleuchtung
zeigt, dass auch diese Materialien eindeutig lumineszieren (s. Tabelle 7-7). Allerdings ist
die Lumineszenzintensität, mit Ausnahme des Rubinkorunds, etwas geringer als bei den
organischen Materialien. Wird die Summe der Partikel über alle Klassen pro Material
betrachtet, stimmen die Werte mehrheitlich überein.
119
Geringere Partikelwerte (50 bis 60 % gegenüber VIS-Beleuchtung) sind bei SiC grün,
AlZrO2 und dem Edelkorund zu erkennen. Wobei davon ausgegangen werden kann, dass
einige Partikel aus diesen Materialien aufgrund einer geringen Lumineszenzintensität bei
UV-Beleuchtung zwar erfasst, aber zu den Größenklassen < 50 μm gezählt werden. Diese
Partikel werden trotzdem richtig den lumineszierenden Materialien zugeordnet.
Partikelgrößenklasse [μm]
Normalko- VIS 13 8 7 32 13 0 0 73
rund braun UV 12 7 9 23 6 1 0 58
Tabelle 7-7: Messwerte der Materialklasse #2, gemessen mit VIS- und UV-Beleuchtung
Sehr gering lumineszierende Ausnahmen der Klasse #2 bilden die Diamant- und CBN-
Partikel. Bei diesen Materialien ist die Lumineszenzintensität so gering, dass mit UV-
Beleuchtung lediglich 5 bzw. 20 % der tatsächlich vorhandenen Partikel >50 μm zu finden
sind. Auch wenn einige Partikel mit UV-Beleuchtung kleiner abgebildet werden und in
120
den Klassen < 50 μm aufgeführt sind, werden sicher einige CBN- und Diamant-Partikel
fälschlicherweise der Materialklasse #1 (Metalle) zugeordnet. Eine Erklärung für die
geringe Lumineszenzintensität kann sein, dass es sich bei Diamant und CBN um Partikel
für besonders anspruchsvolle Anwendungen handelt, welche aufwändig hergestellt
werden. CBN und Diamant müssen spezielle Eigenschaften aufweisen, z.B. extreme Härte
und Beständigkeit, was eine hohe Reinheit – und somit fehlende Fremdatome – bedingt.
Dadurch findet keine Lumineszenzaktivierung zwischen Valenz- und Leitungsband statt.
Nur bedingt anwendbar ist diese Methode zur Materialklassifizierung von CBN- und
Diamant-Partikeln. Ein Großteil der untersuchten Partikel konnte nicht von den Metallen
selektiert werden. Diese Partikel werden zur Oberflächenbearbeitung von Bauteilen in
mechanischen Funktionssystemen eingesetzt, etwa Honen von Zylinderlaufflächen. Da bei
diesen Anwendungen jedoch lediglich die mechanischen Materialeigenschaften der
Partikel relevant sind, ergibt die falsche Zuordnung von CBN und Diamant zu den
Metallen trotzdem eine richtige Aussage bezüglich ihres Schädigungspotenzials.
Zur Überprüfung der Zuordnung der Partikel in die entsprechenden Materialklassen über
die Lumineszenzspektren, werden von jedem der Partikelmaterialien aus Tabelle 7-1
Lumineszenzspektren erstellt. Die Materialklassifizierung erfolgt anschließend über die
zugehörigen Spektren-Kennwerte maximaler Intensitätswert I, zentrale Wellenlänge ZWL,
Halbwertsbreite HBW und Banden-Symmetrie SHWB, indem die ermittelten Kennwerte mit
den festgelegten Kennwertbereichen entsprechend Tabelle 6-3 verglichen werden.
x Absoluter Intensitätswert
Die Betrachtung des absoluten Intensitätswerts der Spektren dient der weiteren
Selektierung der lumineszierenden und nicht lumineszierenden Materialien für den Fall,
dass bei der Vorselektion über die Grauwertbildaufnahmen mit UV-Beleuchtung ein
Metallpartikel falsch klassifiziert wurde. Dies kann etwa dadurch eintreten, dass ein stark
lumineszierendes organisches Partikel ein metallisches Partikel teilweise überstrahlt. Da
bei der Spektrenaufnahme das Lumineszenzlicht über eine Blende nur von einem kleinen
Bereich aufgenommen wird, trifft nun kein Lumineszenzlicht des benachbarten Partikels
in das Spektrometer und das Metallpartikel wird korrekt nachklassifiziert.
121
Intensitätswerte > 500 aufweisen, werden den Metallen zugeordnet, alle anderen
Materialien den lumineszierenden Materialklassen #2 und #3.
100000
Klasse #2 und #3
absoluter Intensitätswert I
10000
1000 Grenzwert
Klasse #1
100
PE-LD
Edelstahl
PC
PA
PVC
PPSU
Kartonage
Stahl
CBN
Gussand
Seide
AlZrO2
Keramik #1
Keramik #2
Keramik #3
Keramik #4
Messing
Schafwolle
PET
PP
PS
Holz
Haare Mensch
Polyester
Baumwolle
Diamant
Kupfer
Aluminium
Normalkorund
SiC grau
Rubinkorund
SiC schwarz
Edelkorund
SiC grün
Halbedelkorund
Abbildung 7-9: Differenzierung von lumineszierenden (Materialklasse #2 und #3) und nicht lumineszierenden
(Klasse #1) Materialien anhand der maximalen Intensitätswerte
x Zentrale Wellenlänge
Zur weiteren Differenzierung der lumineszierenden Partikel muss die zentrale Wellen-
länge ZWL der Lumineszenzbanden betrachtet werden. Pro Spektrum werden maximal
vier Banden betrachtet. Materialien mit ZWL von ausschließlich unterhalb 490 nm werden
in Materialklasse #3 eingruppiert, Materialien mit ZWL ausschließlich > 500 nm in
Materialklasse #2. Werden in einem Spektrum Banden mit ZWL im Übergangs- oder in
beiden Bereichen detektiert, so ist eine eindeutige Klassifizierung allein auf Grundlage
dieses Spektren-Kennwertes nicht möglich.
122
Gleiches gilt für die vier keramischen Polierpartikel. Ansonsten werden sämtliche weiteren
keramischen und mineralischen Materialien eindeutig in Materialklasse #2 eingruppiert.
800
zentrale Wellenlänge #3
650 zentrale Wellenlänge #4
600
550 Grenzbereich
500
450 Klasse #3
400
Kartonage
Diamant
Baumwolle
Polyester
Gusssand
Holz
AlZrO2
Haare Mensch
PPSU
Schafwolle
PET
Seide
PP
PS
PVC
Keramik #1
Keramik #2
Keramik #3
Keramik #4
PE-LD
PC
PA
Normalkorund
Edelkorund
Rubinkorund
Halbedelkorund
SiC schwarz
SiC grau
SiC grün
Abbildung 7-10: Differenzierung von Partikeln der Materialklasse #2 und #3 anhand der zentralen Wellenlängen; die
schwarz umrandeten Materialien sind auf Grundlage der ZWL nicht eindeutig klassifizierbar
Ergebnis: Die Mehrheit der betrachteten Materialien wird anhand des Spektren-
Kennwerts ZWL der korrekten Materialklasse zugeordnet. Nicht eindeutig konnten die
keramischen Polierpartikel sowie PP und PC klassifiziert werden. Um diese Materialien zu
klassifizieren, müssen die weiteren Kennwerte HWB und SHWB herangezogen werden.
Spektren mit schmalen (HWB < 30 nm) und gleichzeitig symmetrischen (SHWB < 1,5) Banden
werden der Materialklasse #2 zugeordnet. Spektren, welche ausschließlich breite
(HWB > 40 nm) oder zu längeren Wellenlängen langsamer abnehmende Banden
aufweisen (SHWB <1,5), werden in Materialklasse #3 klassifiziert.
In Abbildung 7-11 und Abbildung 7-12 sind die Halbwertsbreiten HWB und Symmetrie-
werte SHWB der untersuchten Materialien dargestellt. Die keramischen Materialien, welche
über die ZWL nicht klassifiziert werden konnten, erfüllen die Kriterien zur Zuordnung in
Materialklasse #2. Die Spektren dieser Materialien weisen schmale Peaks auf, die
symmetrisch sind oder hin zu kürzeren Wellenlängen langsamer abnehmen. PC und PP,
welche ebenfalls nicht eindeutig über die ZWL klassifiziert werden konnten, zeigen
hingegen breite Banden mit HWB > 50 nm, die zu längeren Wellenlängen langsam
anfallen (SHWB >1,5). Diese werden somit korrekt der Materialklasse #3 zugeordnet.
123
Die keramischen und organischen Materialien, welche anhand der Halbwertsbreite und
des Symmetriewertes nicht klassifizierbar sind (z. B. SiC und Gussand), wurden bereits
über die ZWL der richtigen Materialklasse zugeordnet. Dies ist somit zu vernachlässigen.
300
Halbwertsbreite #1 Klasse #3
[nm]
250 Halbwertsbreite #2
Halbwertsbreite #3
200
Halbwertsbreite HWB
Halbwertsbreite #4
150
100
Grenzwert
50
Klasse #2
0
Baumwolle
Kartonage
Diamant
Schafwolle
PPSU
Seide
Polyester
Keramik #1
Keramik #2
Keramik #3
Keramik #4
PE-LD
PVC
Gusssand
Holz
PC
PA
AlZrO2
Haare Mensch
PET
PP
PS
Edelkorund
Normalkorund
Rubinkorund
Halbedelkorund
SiC schwarz
SiC grün
SiC grau
Abbildung 7-11: Differenzierung von Partikeln der Materialklasse #2 und #3 anhand der Halbwertsbreiten HWB
6
Symmetriewert #1 Klasse #3
5 Symmetriewert #2
Symmetriewert #3
Banden-Symmetriewert SHWB
4 Symmetriewert #4
3
Grenzwert
2
1
Klasse #2
0
Kartonage
Diamant
Baumwolle
Polyester
Holz
AlZrO2
Gusssand
Haare Mensch
Schafwolle
PET
PPSU
Seide
PP
PS
PVC
Keramik #1
Keramik #2
Keramik #3
Keramik #4
PE-LD
PC
PA
Normalkorund
Edelkorund
Halbedelkorund
Rubinkorund
SiC grau
SiC schwarz
SiC grün
Abbildung 7-12: Differenzierung von Partikeln der Materialklasse #2 und #3 anhand der Symmetriewerte SHWB
Ergebnis: Die Materialien, welche nicht eindeutig über die ZWL klassifiziert wurden,
konnten über die Halbwertsbreite und Bandensymmetrie korrekt nachklassifiziert werden.
124
Fazit Klassifizierung der lumineszierenden Materialien: Die Klassifizierung der
lumineszierenden Materialien anhand der erarbeiteten Kennwerte zentrale Wellenlänge
ZWL, Halbwertsbreite HWB und Symmetriewert SHWB ist möglich und konnte anhand der
untersuchten Materialien nachgewiesen werden. Darüber hinaus konnte gezeigt werden,
dass die Metalle über die absolute Intensität klassifiziert werden können. Ausnahme
bildet bei den hier untersuchten Partikeln wiederum das CBN, welches ein zu geringes
Lumineszenzsignal erzeugt und so den Metallen zugeordnet wird.
Neben den deutlich geringeren Kosten ist ein weiterer Vorteil des Lumineszenzverfahrens
gegenüber der REM-EDX-Analyse dessen direkte und einfache Integrierbarkeit in
Lichtmikroskopsysteme. Da bereits mehrere hundert Lichtmikroskope in Prüflaboren der
Automobilindustrie zur Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl im Einsatz sind,
eröffnet die Möglichkeit der einfachen Aufrüstung dem Verfahren einen großen Markt.
Mit einer technisch einfachen Aufrüstung, die deutlich günstiger ist als die Anschaffung
eines REM-EDX-Systems, ist es diesen Labors prinzipiell möglich, genauere Aussagen über
das tatsächliche Schädigungspotenzial von Partikeln zu treffen.
Erfasst und vermessen werden mit dem entwickelten Verfahren Partikel ab einer Größe
von 5 μm. Die Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl erfolgt gemäß VDA-Band 19
und entsprechend normkonform. Partikel ab 50μm werden in Materialklassen eingeteilt.
Die Messzeit liegt im Bereich einer REM-EDX-Analyse (< 4 h). Des Weiteren ist kein
manueller Präparationsschritt für die Analyse notwendig. Diese lässt sich komplett
automatisieren, weshalb das Einlegen des Analysefilters in den Versuchsaufbau den
einzigen manuellen Arbeitsschritt darstellt. Durch Kapselung der Anlage und Ausstattung
mit einem Reinstluftgebläse (Filter-Fan-Unit) wird gewährleistet, dass auch bei
Bestimmung der Partikel ab 5 μm keine Verfälschung durch Partikeleintrag aus der
Umgebung stattfindet.
Da das Verfahren zerstörungsfrei abläuft, können die Partikel darüber hinaus bei Bedarf
von der Filtermembran entnommen und weiterführenden Analysen zugeführt werden.
125
8 Zusammenfassung und Ausblick
Erstes Kriterium zur Bewertung der Partikel auf Bauteiloberflächen ist die Kenntnis deren
Anzahl und Größe. Darüber hinaus sind die mechanischen und elektrischen
Eigenschaften der Partikel für deren Schädigungspotenzial und somit das Eintreten eines
Schadensfalls entscheidend. Elektronische Komponenten reagieren nur kritisch auf
elektrisch leitende Partikel. In mechanischen Aggregaten hingegen können lediglich
Partikel mit einer gewissen Härte zu Beschädigungen führen. Zur vollständigen
Beschreibung der Bauteilsauberkeit ist somit die Bestimmung der Anzahl und Größe der
vorhandenen Partikel notwendig und – je nach Anwendungsfall – deren mechanische
oder elektrische Materialeigenschaften. Das derzeitige Verfahren nach Stand der Technik
stellt die energiedispersive Röntgenanalyse am Rasterelektronenmikroskop (REM-EDX)
dar. Dieses Verfahren ist jedoch technisch sehr aufwändig und liefert darüber hinaus nur
die Elementverteilung des Materials. Die Materialeigenschaften, die sich aus der
Molekülstruktur des Materials ergeben, können somit nur abgeschätzt werden.
Diesbezüglich hat sich die Polarisationsmikroskopie zur Materialklassifikation etabliert.
Mit dieser Technik können jedoch nur metallisch glänzende Partikel selektiert werden.
Nicht metallische Partikel, z. B. Polymere, Mineralien und Keramiken können nicht weiter
differenzieret und bewertet werden. Ein technisch einfaches Verfahren, mit dem
Restschmutzpartikel automatisiert entsprechend ihrer Materialeigenschaften klassifiziert
werden können, fehlt somit derzeit, trotz hohen Bedarfs.
Zur Entwicklung eines solchen Verfahrens wurden zunächst die in der Automobilindustrie
auftretenden Partikelquellen betrachtet und die daraus resultierenden Partikel nach
Werkstoffen gruppiert. Anhand der relevanten Materialeigenschaften der praxistypischen
Restschmutzpartikel wurden aus den Werkstoffgruppen vereinfachte Materialklassen
abgeleitet. Zur vollständigen Bestimmung des Schädigungspotenzials von Restschmutz-
partikeln ist somit neben der Größen- und Anzahlbestimmung lediglich deren Einordnung
in die zugehörige Materialklasse notwendig. Um eine möglichst industrietaugliche
Umsetzung eines Verfahrens zur Materialklassifizierung zu gewährleisten, wurden
abschließend Anforderungen zur Entwicklung des Verfahrens, getrennt nach
Versuchsaufbau und Methode, erarbeitet.
Zur Auswahl des Messprinzips, auf dessen Grundlage die Materialklassifizierung erfolgt,
wurden Analyseverfahren anhand der Anforderungen einander gegenübergestellt. Durch
diese Betrachtung wurde ersichtlich, dass die Lumineszenzspektroskopie die aufgestellten
Anforderungen komplett erfüllt. Dieses Prinzip ermöglicht eine direkte Aussage über die
Materialklasse und somit die Materialeigenschaften der Partikel. Des Weiteren bedarf die
Lumineszenzspektroskopie keiner teuren Gerätetechnik und ist mit der Lichtmikroskopie
zur Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl kombinierbar.
Auf Basis dieses Messprinzips wurde ein Lumineszenzspektroskop als Versuchsaufbau zur
Materialklassifizierung von Partikeln konzipiert und umgesetzt. Die Partikel werden in der
Probenkammer mit ultravioletter Strahlung zwischen 360 und 370 nm auf einem
Lumineszenz inaktiven Analysefilter angestrahlt und das Lumineszenzsignal zeitgleich
über eine Kamera und ein Spektrometer erfasst und ausgewertet. Die Kamera dient der
Lokalisierung der Partikel, das Spektrometer der Erfassung der Wellenlängen dispersiven
Intensität des Lumineszenzsignals. Zusätzlich werden mit der Kamera Grauwertbilder von
den Partikeln auf dem Analysefilter unter VIS-Beleuchtung aufgenommen, welche die
Bestimmung der Partikelgröße und -anzahl ermöglichen. Mit Hilfe von Funktionstests
wurden die aufgestellten Anforderungen an den Versuchsaufbau verifiziert.
Im nächsten Schritt wurde eine Prüfmethode entwickelt, welche die Vorgehensweise zur
Bestimmung der Materialklasse sowie der Größe und Anzahl von Partikeln anhand des
Versuchsaufbaus festlegt. Die Materialklassifizierung erfolgt über die gemessenen
Lumineszenzspektren. Aus diesen Wellenlängen dispersiven Intensitätswerten werden die
Spektren-Kennwerte Zentrale Wellenlänge ZWL, Halbwertsbreite HWB und Banden-
symmetrie SHWB berechnet. Da jeder Materialklasse charakteristische Kennwertbereiche
zugeordnet werden können, erfolgt die Materialklassifizierung anhand des Vergleichs der
ermittelten Spektren-Kennwerte mit den Kennwertbereichen der einzelnen Klassen.
Darüber hinaus beschreibt die Prüfmethode, wie mit dem Versuchsaufbaus die
Partikelgröße und -anzahl bestimmt wird. Mit der Kamera werden Grauwertbilder von
der gesamten Analysefilteroberfläche aufgenommen. Über eine Umwandlung der
Grauwertbilder entstehen Binärbilder, anhand derer die Partikel nach Größe und Anzahl
ausgewertet werden. Zur Verminderung der Messzeit werden über eine Grauwertbild-
aufnahme bei UV-Beleuchtung die Metalle aussortiert. Dadurch müssen beim Erfassen
der Lumineszenzspektren lediglich die lumineszierenden Partikel betrachtet werden.
Zur Erprobung und Bewertung des entwickelten Verfahrens wurde ein Prüfplan erstellt,
welcher die Überprüfung der Erfüllung der Anforderungen anhand von definiert
kontaminierten Analysefiltern festlegt. Um möglichst praxisnahe Testbedingungen zu
generieren, wurden typische Partikel aus der Produktion in der Automobilindustrie
herangezogen. Mit dem Versuchsaufbau wurde entsprechend der Prüfmethode die
Anzahl, Größe und Materialklasse auf den Testanalysefiltern bestimmt. Über den
Vergleich der verwendeten Partikel mit den Messergebnissen konnte die Eignung der
Bestimmung der Partikelgröße, -anzahl und Materialklasse verifiziert werden.
Zusammenfassen ergab die Erprobung des Verfahrens mit den Testanalysefiltern sowie
die Bewertung des Versuchsaufbaus und der Methode, dass folgende Anforderungen
erfüllt wurden:
127
x Partikel ab 50 μm werden anhand ihres Lumineszenzverhaltens den relevanten
Materialklassen zugeordnet.
x Das Partikelmaterial wird weder zerstört, noch findet eine Veränderung der Probe
statt. Ausgewählte Partikel können somit weiteren Analysen unterzogen werden.
Diese Bewertung zeigt, dass das entwickelte Verfahren für den industriellen Einsatz in der
Qualitätssicherung der Automobilindustrie geeignet ist. So kann durch eine einfache
Aufrüstung bestehender Mikroskopsysteme die Bestimmung der Bauteilsauberkeit
genauer erfolgen, ohne dass hierzu eine aufwändige REM-EDX Analyse notwendig wäre,
welche darüber hinaus nicht denselben Informationsgehalt liefern kann.
Durch den Nachweis der prinzipiellen Erfüllung der Anforderungen sowie über den
Bedarf in der Industrie ergeben sich Potenziale für weitere Entwicklungen des Verfahrens.
Da die Extraktion der Partikel von der Bauteiloberfläche nach wie vor ein manueller und
zeitintensiver Vorgang ist, bietet die Direktinspektion ein hohes Optimierungspotenzial.
Partikel auf Bauteiloberflächen können aufgrund der üblichen Rauigkeit von mechanisch
bearbeiteten Metallbauteilen nicht mit üblichen Lichtmikroskopsystemen erfasst werden
(zu geringer optischer Kontrast). Durch Verwendung der optischen Komponenten des
entwickelten Verfahrens können nicht metallische Partikel über deren Lumineszenz
optisch hervorgehoben und selektiert werden. Dies ermöglicht die Erfassung und
Klassifizierung nicht metallischer Partikel direkt auf den Bauteilen.
128
9 Summary
To evaluate particles on component surfaces, the first step to is gain information about
the quantity and size of particles present. Knowledge of the mechanical and electrical
characteristics of the particles is also essential in order to assess their damage potential
and thus failure risks. For example, electronic components only react critically to
electrically-conductive particles; on the other hand, mechanical aggregates are only
damaged by particles possessing a certain degree of hardness. Therefore, to fully describe
component cleanliness, not only is it necessary to know the size and count of particles
present but also – depending on the application at hand –their mechanical or electrical
material properties. The current state-of-the-art method applied is to use scanning
electron microscope in combination with energy-dispersive X-ray analysis (SEM-EDX).
However, this method is technically complex and only supplies information about the
element distribution of particles. The material properties of a material can only be
estimated from its molecular structure. Although polarization microscopy is now used to
classify materials, this technique only enables shiny metallic particles to be selected. Non-
metallic particles, e.g. polymers, minerals and ceramics cannot be further differentiated
and assessed. Despite high demands, there is still no technically simple method available
for automatically classifying the material properties of residual particles.
To select a measuring principle to form the basis of the material classification, analysis
techniques were compared with one another considering the requirements ascertained.
This showed clearly that luminescence spectroscopy fulfilled all requirements. The
principle enables direct information about the material class and thus the material
properties of the particles to be gained. Furthermore, luminescence spectroscopy does
not require any expensive devices and can be combined with light microscopy to
ascertain particle size and count.
Based on the measuring principle, a luminescence spectroscope was then designed and
implemented in a test set-up to classify the materials forming the particles. In the sample
chamber, on an analysis filter inactive to luminescence particles are illuminated by a beam
of ultraviolet light between 360 and 370 nm. The luminescence signal is recorded
simultaneously by a camera and a spectrometer and subsequently analyzed. The camera
serves to localize the particles and the spectrometer records the wavelengths of the
dispersive intensity of the luminescence signals. Gray value images of the particles on the
analysis filter are also recorded by the camera under visible illumination to enable particle
size and count to be ascertained. The requirements of the test set-up were verified with
the aid of function tests.
The next step was to develop the test method in order to establish a procedure for
assessing the material class, size and count of particles using the test set-up. Materials
were classified by way of the luminescence spectra measured. The spectral variables of
the central wavelength CWL, full width at half maximum FWHM and band symmetry at
half maximum SFWHM were calculated from the wavelengths of dispersive intensity values.
As characteristic value ranges can be assigned to each material class, materials can be
classified by comparing the spectral variables recorded with the characteristic value
ranges for each material class. The test method also enables particle sizes and counts to
be ascertained using the test set-up. Gray value images of the complete surface of the
analysis filter are recorded by the camera. The gray value images are converted into
binary images, thus permitting the size and quantity of particles present to be
determined. In order to reduce measuring times, gray-value imaging with UV illumination
is used to identify metals separately. In this way, only luminescent particles are taken into
consideration when recording the luminescence spectra.
To assess the method developed and verify that requirements are fulfilled, a test plan was
drawn up with analysis filters contaminated in a defined manner. In order to obtain
realistic test conditions in practice, only particles typically found in manufacturing in the
automotive industry were utilized. The quantity, size and material class of the particles on
the test analysis filters were ascertained by applying the inspection method and test set-
up. The suitability of the method for determining particle size, count and material class
was then verified by comparing the test results with the particles used.
In summary, through testing the procedure with the test analysis filters and by assessing
the method and test set-up, it could be proved that the following requirements were
fulfilled:
x Particles sized 50μm and above can be classified into their relevant material classes
through their luminescence behavior.
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x Particles sized 5 μm and above can be detected norm-conform and analyzed
according to size.
x The technique can be fully automated. The only manual process step involved is
insertion of the filter in the test set-up.
The assessment demonstrated that the method developed is suitable for industrial
implementation for the purpose of quality control in the automotive industry. Simple
refitting of existing microscope systems is all that is required to obtain more accurate
information regarding component cleanliness. Expensive SEM-EDX analysis is not required
and the latter method is anyway unable to supply the same amount of information.
Having proved in principle that the method fulfills requirements and also due to industrial
demand, there is a potential for further development.
As the extraction of particles from component surfaces is still a manual and time-
consuming procedure, direct inspection provides a high optimization potential. Because
mechanically-processed metallic surfaces typically possess a high degree of roughness,
particles present on component surfaces cannot be detected using conventional light
microscope systems (too little optical contrast). By using the optical elements of the
method developed, non-metallic particles can be optically highlighted and selected via
their luminescence. This makes it possible to detect and classify non-metallic particles on
components directly.
131
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