Effi Briest
Effi Briest
Effi Briest
2. Historischer Kontext:
Den meisten Romanen von Fontane liegt ein tatsächliches Ereignis zugrunde, von dem
der Autor aus Zeitung oder Gespräch erfuhr. Dabei handelt es sich oft um kurze
Nachrichten aus dem Gesellschaftsleben, die den Kern des Werkes bildeten, aber dem
Schreiber die Freiheit der weitgehenden Ausgestaltung ließen. Die Ereignisse selbst
stammten oft aus der unmittelbarsten Gegenwart, die Personen lebten in unmittelbarer
Nähe des Schriftstellers, der sie manchmal sogar selber kannte.
Im Falle Effi Briest bildet die Geschichte von Armand und Else Ardenne die Grundlage. Mit
den Schülern könnte man den historischen Stoff so bearbeiten, dass man ihnen eine
gekürzte Zusammenfassung in Textform gibt, wo sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten
herausarbeiten können. Die Ergebnisse können dann z.B. in Form einer tabellarischen
Gegenüberstellung an der Tafel zusammen gefasst werden.
Die Skandalgeschichte: Der historische Stoff
Die Ehegeschichte Armands und Else von Ardennes bildete die Vorlage für Fontanes
Roman. Öffentlich bekannt geworden war diese Geschichte durch ihr Ende: ein Duell, das
im Jahre 1886 öffentlich ( Zeitung und Reichstag ) starke Beachtung fand.
Die 1853 auf einem märkischen Landgut geborene Elisabeth Freiin von Plotho ist das
jüngste von fünf Kindern und wächst wild und eigenwillig auf. Sie wird von dem fünf Jahre
älteren Fähnrich Armand Leon von Ardenne umworben.
Der Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870 bringt eine Annäherung der
Beiden, da Armand bei den Zieten-Husaren in Rathenow in der Nähe des Landguts von
Plotho dient. 1871 findet die Verlobung der beiden statt. Elisabeth, die von ihrer Mutter
Else gerufen wird, war bereits zweimal verlobt. Die Verlobung mit Ardenne kommt nach
mehreren vergeblichen Abweisungen durch Else unter Vermittlung der Mutter zustande.
1873 heiraten die Verlobten.
Nach der Geburt einer Tochter und eines Sohnes und Aufenthalten in Berlin, Düsseldorf
und Metz kehrt Ardenne als Rittmeister zu den Husaren nach Düsseldorf zurück. Hier
versammelt das Ehepaar einen Kreis von Künstlern und gelehrten um sich und
insbesondere die Anmut und Poesie der Frau von Ardenne üben eine intensive geistige
Anregung auf den Freundeskreis aus. Sehr nahe steht dem Hause Ardenne das Haus des
Amtsrichters Hartwich. Der Amtsrichter, dessen Ehe nicht glücklich zu sein scheint,
versteht es sich in unaufdringlicher weise, sich Frau von Ardenne immer unentbehrlicher
zu machen. Mit 31 Jahren geht Else mit Hartwich eine Beziehung ein, die auch fortdauert,
als Ardenne 1884 an das Kriegsministerium nach Berlin abkommandiert wird. Die
Beziehung Else von Ardennes zu Hartwich geht sogar soweit, dass der gemeinsame Plan
reift, sich von den Ehegatten scheiden zu lassen und selbst eine Ehe einzugehen. Der
misstrauisch gewordene von Ardenne entdeckt in einer verschlossenen Kassette
Hartwichs Briefe an seine Frau und legt diese dem Scheidungsrichter vor. Ardenne fordert
Hartwich zum Duell, das am 27.11.1886 mit der schweren Verwundung Hartwichs endet.
Am 01.12 stirbt Hartwich an den Folgen der Verwundung.
Im Frühjahr wird die Ehe Ardenne geschieden, die Kinder werden dem Vater
zugesprochen. Von Ardenne wird nach kurzfristiger Festungshaft wegen Duellvergehens
vom Kaiser begnadigt, bleibt im Kriegsministerium und ist zur Entstehungszeit von
Fontanes Roman im Landwehr-Dragonenregiment. 1896 wird er Oberst und erhält weitere
militärische Ränge.
Die geschiedene Else von Ardenne widmet sich dem Dienst an hilfsbedürftigen und
kranken Menschen und stirbt 1952 fast 100jährig am Bodensee.
Anschließend werden die Schüler befragt, warum Fontane wohl diese Variante verworfen
hat. Dabei könnte man z. B. auf Ergebnisse kommen, wie:
• das gewählte Rollenszenario ist mit dem damaligen Rollenverständnis
der Frau nicht zu vereinbaren,
• die Folgerung wäre daraus, dass das Duell, als Instrument zur
Ehrenrettung, auch Ausdruck eines bestimmten Männlichkeitsbildes ist,
• Männer befinden über das Schicksal ihrer Frauen (Frau von Crampas'
wie auch Effis) und ihrer Kinder (wie im Falle von Annie),
• das Duell entsteht hier auf Grund verletzter Männerehre, obwohl doch
auch die Ehre einer Frau (Frau von Crampas) verletzt wurde.
Mit dieser Diskussion befindet man sich schon ganz in der Bearbeitung des
gesellschaftlichen Hintergrundes. Da das eigentliche Duell im Roman sehr kurz
besprochen wird, ist vielmehr der vorherige Dialog zwischen Innstetten und Wüllersdorf
das entscheidende Element.
Textgrundlage: Dialog Innstetten - Wüllersdorf, Kap. 27
Bei der Bearbeitung des Dialogs sollen die Schüler unterschiedliche Erkenntnisse
machen. Hierzu werden ihnen Fragen gestellt.
Weshalb bittet Innstetten Wüllersdorf um ein Gespräch?
• freundschaftliches Vertrauensverhältnis,
• Dienstverhältnis: Innstetten ist Ministerialrat und Wüllersdorf ranghöherer
Ministeraldirektor
Diese beiden Aspekte, die Bitte um Sekundanz und das Wissen um die gesellschaftliche
Position des Gesprächspartners haben Folgen für Innstettens verspätete Einsicht, dass er
selbst es war, der das Spiel aus der Hand gab. Ehebruch ist keine private Angelegenheit
mehr, sondern in das Forum einer bestimmten gesellschaftlichen Öffentlichkeit geraten.
Was hat sich durch die Mitwisserschaft Wüllersdorfs in der Ehebruchgeschichte
verändert?
Nachdem man diesen Dialog im Unterricht bearbeitet hat kann man den Schülern nun
Materialien aus der damaligen Zeit geben.
Duell-Szene Duell-Protokoll
4. Die Personen:
Im Unterricht wird vorrangig meistens zunächst eine Charakterisierung der Haupt- und
Nebenfiguren vorgenommen. Aber was heißt das nun genau Effi, Innstetten usw. zu
charakterisieren ? Wie können die Schüler vorgehen, um die Personen zu charakterisieren
?
Zunächst wäre es hilfreich noch einmal festzulegen, was bei der Charakteristik zu
beachten ist, was heißt eigentlich Charakteristik ?
Charakteristik .....
• Schilderung eines Menschen, so dass man ihn sich als Individuum
vorstellen kann
• Einen Menschen charakterisieren heißt, ihn mit solchen Begriffen
kennzeichnen, dass er für Dritte erkennbar wird
• Es wird vor allem Äußeres wiedergegeben, von dem aus auf Inneres
geschlossen werden kann. (vgl. Fritsche (xxxx), Band 2)
Den Schülern müssen die verschieden Beobachtungspunkte verdeutlicht werden, die man
bei einer Person betrachten kann.
Oft verrät Sprache sehr viel und zwar nicht nur in dem, was die Person sagt, sondern auch
in dem, wie sie es sagt. Bedeutsam darüber hinaus ist die Körpersprache (Mimik, Gestik).
Auch das Drumherum der Person kann aufschlussreich sein, etwa Kleidung /Schmuck und
das, was sich im Umkreis der Person befindet ( Möbel, Bilder,..).
Eine Verfahrensweise, um die typischen Charaktereigenschaften herauszusuchen könnte
sein, dass man für die verschiedenen Charaktere verschiedene Farbstifte nutzt, um im
Text Figurendarstellungen zu unterstreichen. Zu entscheiden wäre auch noch, welche
Personen charakterisiert werden sollen.
....Alle waren erregt, und Crampas phantasierte von Robbenjagd, und dass man das
nächste Mal die Büchse mitnehmen müsse, „denn die Dinger haben ein festes Fell." „Geht
nicht", sagte Instetten „Hafenpolizei!" „Die drei Behörden, die wir hier haben, werden doch
wohl untereinander die Augen zudrücken können. Muss denn alles so furchtbar gesetzlich
sein? Alle Gesetzlichkeiten sind langweilig!" Effi klatschte in die Hände.
Crampas Effi Instetten
Die Schüler könnten einen Zitatenkatalog erstellen, wo wichtige Textstellen verzeichnet
sind, in denen eine Person in Aktion und in einer für sie typischen Situation gezeigt wird.
„Ich bin....für Zärtlichkeit und Liebe. Und wenn es Zärtlichkeit und Liebe nicht
sein können....dann bin ich für Reichtum und ein vornehmes Haus ....Liebe
Effi kommt zuerst, aber gleich hinterher kommt Glanz und Ehre, und dann kommt
Zerstreuung – ja, Zerstreuung, immer was Neues, immer was, dass ich lachen
Muss. Was ich nicht aushalten kann, ist Langeweile.... ( S. 24)
„ Ich habe noch eine verzwickte Geschichte zu erledigen" und damit ging er.
Die Portiere blieb freilich zurückgeschlagen, so dass Effi das Blättern in den
Instetten
Aktenstücken oder das Kritzeln seiner Federhören konnte, aber das war auch
alles..... (S.85)
Darauf aufbauend könnte man z. B. eine Heiratsanzeige oder einen Steckbrief erstellen.
Der Steckbrief bevorzugt objektive, möglichst viele Angaben und umfassend die
äußerlichen Merkmale einer Person. Die Schüler sollen bei dieser Arbeit erkennen, wie
wenig objektive Angaben in Effi Briest zu finden sind. Die Schüler könnten aus ihrer
Phantasie ein Bild malen, was sicherlich auch genügend Anreiz zur Diskussion gibt.
Man könnte auch die Schüler mit Zitaten arbeiten lassen, die andere Figuren über die
Hauptfiguren machen:
Vater Briest bei der Verlobungsrede (S.13):
„Geert ..... habe die Bedeutung von einem schlank aufgeschlossenem Stamm und
Effi.....sei der Efeu, der sich darum zu ranken habe..."
Die Schüler sollen anhand dieser Aussage von Effis Vater die Charaktere erläutern.
Inwieweit gleicht Innstetten einem Stamm und Effi einem Efeu. Hierzu kann man mit den
Schüler die Eigenschaften von Stamm und Efeu ermitteln und sie gegenüber stellen.
Nachdem Beziehungen geklärt sind kann man auch zu Fragestellungen kommen, wie z.B.
warum die meisten Leser mit Effi sympathisieren und die Antipathien bei Innstetten liegen.
Hierzu schrieb Fontane:
Fontane an eine Bekannte am 12. Juni 1895:
»....Instetten, der übrigens von allen Damen härter beurteilt wird als er verdient....«
An Klara Kühnast am 27. Oktober 1895:
»Ja, Effi ! Alle Leute sympathisieren mit ihr uns einige gehen so weit, im Gegensatz dazu,
den Mann als einen „alten Ekel" zu bezeichnen. Das amüsiert mich natürlich , gibt mir aber
auch zu denken, weil es wieder beweist, wie wenig den Menschen an der sogenannten
„Moral" liegt und wie die liebenswürdigen Naturen dem Menschenherzen sympathischer
sind. Ich habe dies lange gewusst, aber es ist mir nie so stark entgegengetreten wie in
diesem Effi-Briest- und Innstetten- Fall. Denn eigentlich ist er (Innstetten ) doch in jedem
Anbetracht ein ganz ausgezeichnetes Menschenexemplar, dem es an dem, was man
lieben muss, durchaus nicht fehlt. Aber sonderbar, alle korrekten Leute werden schon bloß
um ihrer Korrektheiten willen mit Misstrauen, oft mit Abneigung betrachtet..«
(Erläuterungen und Dokumente, Reclam, S.111)
Zunächst können sich die Schüler mit dem Autorenurteil beschäftigen, ob sie die
Aussagen über Innstetten als „Ekel" bestätigen oder eher nicht.
Der Schüler wird damit aufgefordert noch mal über das Innstettenbild nachzudenken.
Folgt man nämlich dem Erzähler des Romans, dessen Sympathie auf Effi gelenkt ist, so
dürfte es nicht verwundern, dass sich schon zu Fontanes Zeiten das Innstettenbild auf die
Ekelcharakterisierung zuspitzt. Da bricht ein fast vierzigjähriger Landrat in die behütete
Welt eines siebzehnjährigen Mädchens ein, heiratet sie von der Schaukel weg, schafft sie
in ein fernes Provinzkaff und entdeckt dann nach fast sieben Jahren die Liebesbeziehung.
Daraufhin wirft er Effi aus dem Haus und sieht praktisch zu, wie seine Frau am Ort ihrer
Kindheit stirbt. Unstrittig also doch ein „Ekel" und kein „ganz ausgezeichnetes
Menschenexemplar". Die Schüler sollen Innstetten genauer betrachten und anhand
ausgewählter Textstellen neben den vorherrschenden Charakterisierungen aus der
Perspektive Effis und des Erzählers, die wenigen Selbstcharakterisierungen Innstettens
erfassen. Diese findet man in den Gesprächen mit Wüllersdorf und in einem einzigen
Selbstgespräch nach dem Duell.
„... Mir klingt was in der Seele. Ja, wenn ich voll tödlichem Hass gewesen wäre, wenn mir
hier ein tiefes Rachegefühl gesessen hätte .... Rache ist nichts Schönes, aber was
Menschliches und hat ein natürlich menschliches Recht. So aber war alles einer
Vorstellung, einem Begriff zuliebe, war eine gemachte Geschichte, halbe Komödie. Und
diese Komödie muss ich nun fortsetzen und muss Effi wegschicken und sie ruinieren und
mich mit..."
(Innstetten, zu sich selbst, nach dem Duell mit Crampas zu hause in Berlin, S. 205)
„....Aber ich habe mich zu freuen verlernt. Wenn ich es einem anderen als ihnen sagte, so
würde solche Rede für redensartlich gelten. Sie aber, sie finden sich darin zurecht. Sehen
sie sich hier um; wie leer und öde ist das alles... ich finde das alles so trist und elend und
es wäre zum Totschießen, wenn es nicht so lächerlich wäre.
...Es quält mich seit Jahr und Tag schon und ich möchte aus dieser ganzen Geschichte
heraus; nichts gefällt mir mehr, je mehr man mich auszeichnet, je mehr fühle ich, das dies
alles nichts ist. Mein Leben ist verpfuscht und so hab ich mir im Stillen ausgedacht, ich
müsste mit all den Strebungen und Eitelkeiten überhaupt nichts mehr zu tun haben und
mein Schulmeistertum, was ja wohl mein Eigentlichstes ist, als höherer Sittendirektor
verwenden können.
( Instetten im Gespräch mit Wüllersdorf nach seiner Beförderung zum Ministerialdirektor,
S. 242-243)
Es kann anhand dieser Charakterdarstellung eine Persönlichkeitsentwicklung bei
Innstetten vorgenommen werden. Mit den Schülern kann die Frage diskutiert werden, ob
sich Innstetten im Laufe des Romans verwandelt hat. Innstetten hat zumindest im Kopf,
wenn auch nicht durch Handeln, eine deutliche Korrektur seiner bisherigen Maxime
vollzogen.
Angesichts dieser Betrachtungsweise könnte man einen Entwurf von Anklage- bzw.
Verteidigungstexten zu Effi und Innstetten erfinden und mit den Schülern eine
Gerichtsverhandlung simulieren, als Rollenspiel in der Klasse ausgearbeitet z.B., dass Effi
des schweren Verstoßes gegen die Gesellschaftsnormen angeklagt ist. Im Hinblick einer
solchen Gerichtsverhandlung könnte man auch die Schuldfrage mit den Schülern
diskutieren. Wer hat Schuld an Effis Tod ? Die Eltern, Innstetten oder sie selbst ??
Anstatt einer Gerichtsverhandlung könnte auch ein fiktiver Reporter Romanfiguren zu
diesem oder anderen Themen befragen, was z.B. Gieshübler zu der ganzen Geschichte
zu sagen hat. Ein weiterer Schreibanlass, um die Figuren näher kennen zulernen wäre
sich selbst als eine der Figuren vorzustellen. Die Schüler können vor die Klasse treten und
etwas über sich erzählen. Eine andere Methodik wäre, dass man z.B. Effi ein fiktives
Tagebuch schreiben lassen könnte, wie ihre ersten Tage in Kessin waren oder was sie
dachte, als sie Innstetten zum ersten Mal gesehen hat.
5. Kommunikationsstruktur
Zunächst sollte mit den Schülern geklärt werden, welche Kommunikationsformen es gibt
und welche in Effi Briest bearbeitet werden können:
a) Dialoge
b) Briefe
a) Dialoge
Der Dialog taucht bei Effi Briest in vielfältigen Erscheinungsformen auf. Alle Gespräche,
welche die Figuren führen, beziehen sich auf Effi, zumindest die der Hauptfiguren. So sind
auch sämtliche Gesprächsbeteiligungen Innstettens und Crampas auf Effi gerichtet zu
verstehen. (Dünenausritte)
Auch die Gespräche der Eltern stellen Effi in den Mittelpunkt. Die Schüler sollen anhand
von Untersuchungen an den Textstellen, in denen Kommunikation auftritt, feststellen, um
welche Art von Gespräch es sich handelt.
Dabei handelt es sich meistens um Gespräche über Figuren, die noch nicht direkt in
Erscheinung getreten sind z.B. , wenn Effi ihren Freundinnen Hertha, Bertha, Hulda über
Innstetten erzählt, ohne dass dieser bereits vorgestellt wurde im Buch. Die Besonderheit
bei diesem Gespräch ist, dass hier subjektive Meinungen vertreten sind. Der Redner hat
die Möglichkeit persönliche Interessen mit einzubringen.
Sie lenken die Aufmerksamkeit des Lesers in direktem oder übertragenem Sinne auf die
Katastrophe oder ihre Auswirkungen, z.B. wenn Effi zu ihren drei Freundinnen sagt „ vom
Boot aus sollen früher unschuldige Frauen versenkt worden sein, natürlich wegen
Untreue."
Damit sind die Unterhaltungen gemeint, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit
einem Handlungsvollzug stehen, d.h. die Rede entsteht aus dem Vorgang, der sich in der
Erzählgegenwart abspielt. Man kann in Effi Briest zwischen verschiedenen
Begleitgesprächen unterscheiden, z.B.
1. Dialoge, die Aktionen von handelnden Figuren zum Thema haben; z.B. Roswitha
und Johanna als sie die Binde für Annies Wunde suchen. Es entsteht ein kleiner
Dialog über Die Schuldzuweisung.
2. Dialoge, die das Geschehen vorantreiben; z.B. Effis Gespräch mit der Ministerin,
denn dieses Gespräch leitet eine Wende ein. Nach dem Wiedersehen mit Annie
erleidet Effi einen Zusammenbruch und wird wieder zu Hause bei ihren Eltern
aufgenommen.
3. Dialoge, die das Geschehen verzögern; z.B. als Effi in der Kur in Bad Ems auf Post
von Innstetten. Die Szene wird durch ein Gespräch zwischen Effi und der
Ministerialdirektorin Zwicker von dem Hausmädchen Afra unnötig in die Länge
gezogen.
In diesen Gesprächen aktualisiert die Figurenrede ein Geschehen aus der Vergangenheit.
Indem sich die Personen noch einmal mit bereits erlebten Handlungen auseinandersetzen,
findet der Leser Zugang. Einen hohen Stellenwert nehmen die Reflexionsgespräche der
Eltern Briest ein, die wieder und wieder die Verbindung Effi-Innstetten diskutieren.
Auf der Grundlage dieser vielfältigen Erscheinungsformen von Dialogen können die
Schüler Überlegungen anstellen, ob Sprache ein zentrales Thema in Effi Briest darstellt.
Hierzu könnte man Aussagen von Vater Briest zur Unterstützung nehmen:
„Übrigens sage nichts darüber, auch nicht zur Mama. Es ist so schwer, was man tun und
lassen soll. Das ist auch ein weites Feld!" (Unterhaltung mit Effi über Innstetten)
„Ach Luise, lass das ist ein zu weites Feld ."(Nach Luises Frage, ob Effi zu jung war)
Mit den Schülern kann zunächst diskutiert werden wann und warum Briest diese Aussagen
vom „weiten Feld" benutzt und was die Aussage „weites Feld" zu bedeuten hat.
Diese Erarbeitung ist notwendig, um aufzuzeigen, dass Sprache ein Thema bei Effi Briest
ist. Die Unfähigkeit sich auszusprechen wird hier zum zentralen Thema. Das „weite Feld"
deutet Briests Grenzen an. Stehen nämlich wichtige Entscheidungen an, flüchtet er sich in
seine Formel vom weiten Feld. Er erkennt Probleme und kann sie auch thematisieren,
doch tut er dies zu spät, im Nachhinein, wenn alles unabänderlich ist.
Die Unfähigkeit sich auszusprechen wird aber auch noch viel deutlicher an Innstetten und
Effi, die nach dem Auffinden der Briefe kein klärendes Gespräch haben, wo sie zu ihren
Positionen und dem Vergangenen Stellung nehmen. Diese Aspekte können z.B. mit der
Fragestellung „Wie werden Krisen bewältigt ?" bearbeitet werden. Als weitere Aufgabe für
die Schüler könnte man einen Brief aus Innstettens Sicht an Effi schreiben oder
umgekehrt, um alles anzusprechen, was ungesagt geblieben ist.
Gespräch Brief
- gemeinsame Gegenwart - gemeinsame Gegenwart ausgeschlossen
- Bezugsrahmen vorhanden - fehlt situativer Bezugsrahmen
- Schreiber & Empfänger haben keine
- Missstände können geklärt werden Möglichkeit der Korrektur
6. Verfilmung
Von den ersten Jahren des Tonfilms bis zur heutigen Zeit ist Fontanes Erfolgsroman
insgesamt viermal verfilmt worden.
Es ist nicht nötig sich alle vier Verfilmungen im Unterricht anzusehen. Zum Vergleich sollte
man sich allerdings zwei Verfilmungen auswählen. Eine davon sollte Fassbinders
Verfilmung von 1974 sein - sie ist auch die aktuellste. Sie unterscheidet sich in zwei
zentralen Aspekten ganz wesentlich von allen vorangehenden Verfilmungen.
Sie zeigt, dass das was sich zwischen den Personen abspielt nicht an die
historische Situation um 1880 gebunden ist. Die Geschichte ist von
gesellschaftlichen Kräften geprägt, die sich auch in unserer heutigen
Gesellschaft noch erkennen lassen. Er verleiht der Handlung exemplarischen
Charakter.
dabei beobachten:
• Umsetzung?
• Wahl der Schauspieler?
• Gemeinsamkeiten?
• Unterschiede?
• Aussparungen?
• Pro/Contra?
Problem:
Wenn Videos im Unterricht zum Einsatz kommen, bringt das meistens eine
"Feiertagsstimmung" in das Klassenzimmer - das Video wird in einem Rutsch
"reingezogen". Video wird hier zum Fernsehen gemacht: "Licht aus, "Füße hoch" und
"los". Deshalb ist es oft sinnvoll kürzere Videosequenzen zu schauen (z. B. das Duell, die
Schlittenfahrt usw.). Man kann einzelnen Schülergruppen unterschiedliche
Beobachtungsaufgaben stellen (z. B. Effis Verhalten beobachten, Innstettens Verhalten
beobachten usw.).
Weitere Beobachtungsaufgaben für die Schüler:
• Schüler sollen feststellen, worauf der Regisseur seine Schwerpunkte
gelegt hat und dies bewerten,
• Schüler sollen ein Filmteam bilden und sagen, worauf sie ihre
Schwerpunkte legen würden und begründen (ein Storyboard erstellen),
• ein Interview mit den Regisseuren führen,
• eine Oscarverleihung als Rollenspiel (Oscar für den besten Schauspieler,
für die beste Umsetzung usw.),
• Erstellung einer Spannungskurve,
• Schüler sollen Kritiken schreiben oder Werbung für den Film machen
(Plakatentwurf)