Der Tod wird dich finden: Franz Branntweins fünfter Fall
()
Über dieses E-Book
Das Ermittlerteam um Kriminalhauptkommissar Franz Branntwein steht vor einem Rätsel: Missgeschick oder Mord?
Bei der Leichenschau kommt Unglaubliches ans Licht.
Erste Spuren führen ins Münchner Nachtleben der High Society. Als eine zweite Person verschwindet, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
"Original München. Original Bayerisch."
Franz Branntweins fünfter Fall.
Sabine Schumacher
Sabine Schumacher wurde im Sommer 1969 in München-Schwabing geboren, wo sie auch aufwuchs und die ersten einunddreißig Jahre ihres Lebens verbrachte. Über Abstecher nach Laim, Germering und in die Oberpfalz landete die zweifache Mutter 2017 schließlich im schönen Allgäu, wo sie an der Seite ihres Mannes eine neue Heimat fand. Neben Romanen schreibt sie unter einem Pseudonym Glossen für eine Tageszeitung und beteiligt sich an verschiedensten journalistischen und literarischen Projekten. Ihr Lebensmotto: „Sei schlau und hab' dich lieb. Du wirst dein ganzes Leben mit dir verbringen." KEINE NEWS MEHR VERPASSEN Folgen Sie Sabine Schumacher auf Facebook: facebook.com/psychokrimi
Mehr von Sabine Schumacher lesen
Pfirsiche im Spätsommer: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Der Tod wird dich finden
Titel in dieser Serie (5)
Im Tod liegt die Wahrheit: Franz Branntweins zweiter Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Herz für Tote: Franz Branntweins dritter Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Tod wird dich finden: Franz Branntweins fünfter Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenChefsache Mord: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGemeinsam sind wir tot: Franz Branntweins erster Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Die Brücke zur Sonne Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine erste große Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTödliches Schweigen: Erzählung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Föhr-Geheimnis: Inselkrimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHochzeitswein: Ein Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZeiden, im Januar Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bozen-Krimi: Herz-Jesu-Blut: Band 1 der beliebten TV-Reihe im Ersten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEngelhart Ratgeber Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZwischen Elbe und Alster Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCorona & Amore: Liebe in Zeiten des Lockdowns Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie fauligen Felder 1 (Serie mit 2 Büchern) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Herrenhaus im Moor: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMoselland: Luxkrimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEngelhart Ratgeber: Die zwei Welten (Autobiografischer Roman) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchonfrist: Thriller Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Mörder zieht die Fäden: Ein Cornwall-Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSolothurn trägt Schwarz: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLarry Brent Classic 020: Dämonenbrut Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Liebe der Erika Ewald und andere Novellen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKehrwoche: Schwaben Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNach dem Fest: Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSinnliches Wiedersehen mit dem Feind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Todesengel: Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDoppelkrimi, Ausgabe 2: Todesengel, eiskalte Rache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlondes Gift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKeine schöne Leich: Die gnä' Frau ermittelt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Patriarch: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn Löwen weinen: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie süße Rache des stolzen Spaniers Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch kämpfe für unsere Liebe! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Polizeiverfahren für Sie
Verschwunden (ein Riley Paige Krimi—Band 1) Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Im Schatten (Ein Ella-Dark-Thriller – Band 1) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMadame Maigrets Liebhaber Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Perfekte Haus (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Drei) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Lüge eines Nachbarn (Ein Chloe Fine Suspense Psycho-Thriller − Buch 2) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBeobachtet (Das Making of Riley Paige - Buch 1) Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die perfekte Frau (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Eins) Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Perfekte Fehltritt (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt—Band Achtzehn) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Perfekte Geheimnis (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Elf) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Perfekte Image (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt—Band Sechzehn) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMaigret und der gelbe Hund Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEiskaltes Sylt: Küstenkrimi - Nordseekrimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Perfekte Gerücht (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt—Band Neunzehn) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn Sie Wüsste (Ein Kate Wise Mystery – Buch 1) Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Mordmotiv (Ein Avery Black Mystery – Band 1) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeimweg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Perfekte Fassade (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt—Band Zwölf) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAusgerechnet Sylt: Küstenkrimi - Nordseekrimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Perfekte Geliebte (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt—Band Fünfzehn) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNatternsteine: Franken Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Perfekte Lüge (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Fünf) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Perfekte Block (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Zwei) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMaigret amüsiert sich Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Perfekte Eindruck (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt—Band Dreizehn) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGetönte Fenster (Ein spannender Chloe Fine Psycho-Thriller – Buch 6) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBevor er Tötet (ein Mackenzie White Krimi – Buch 1) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSilbengeschichten zum Lesenlernen - Detektivgeschichten: Lesetraining für die Grundschule - Lesetexte mit farbiger Silbenmarkierung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Perfekte Affäre (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Sieben) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Perfekte Lächeln (Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Vier) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Verwandte Kategorien
Rezensionen für Der Tod wird dich finden
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Der Tod wird dich finden - Sabine Schumacher
PROLOG
Er wollte weg, einfach nur weg. Weg von den verlogenen Spießern in Smoking und Abendkleid. Weg von deren blasiertem Lächeln, mit dem jede Falte, jedes überflüssige Pfund und jeder einzelne durch Abwesenheit glänzende Partner genaustens registriert wurden. Weg von der heuchlerischen Scheinheiligkeit, die sie hinter klirrenden Champagnerkelchen verbargen. Später, im intimen Kreis, würden sie über jede noch so kleine vermeintliche Schwäche oder Unzulänglichkeit der Anderen lästern um das eigene Ego zu streicheln. Das war immer so. Seine eigene Familie, Gastgeber des Abends, bildete da keine Ausnahme.
Aber Weglaufen kam natürlich nicht in Frage. Er konnte nicht einfach verschwinden. Noch nicht. Schließlich war er, Luca Alexander von Bornstein, die Hauptattraktion! Ihm zu Ehren waren alle gekommen. Zahllose Verwandte und Bekannte, um ihn in der Welt der Erwachsenen willkommen zu heißen. Traditionsgetreu mit drei Jahren Verspätung.
Luca feierte heute seinen einundzwanzigsten Geburtstag, was bedeutete, dass er offiziell Teilhaber der von Bornstein'schen Privatbank wurde und einen Platz im Vorstand innehatte. Unabhängig davon, ob er das selber wollte und auch unabhängig davon, dass er noch nicht einmal das BWL-Studium abgeschlossen hatte. Denn auch sein Vater war in diesem Alter in die Bank gekommen, ebenso wie Lucas Großvater und dessen Vater vor ihm. Die von Bornsteins hielten nicht viel von Veränderungen.
Die Rede seines alten Herrn, von der jeder noch so banale Witz euphorisch beklatscht und jeder Verweis auf die lange Familientradition mit respektvollem Gemurmel bedacht wurde, schien kein Ende zu nehmen. Luca konnte kaum erwarten, dass ihm die vorbereiteten Dokumente offiziell zur Unterschrift vorlegt werden würden. Gleich danach wollte er sich aus dem Staub machen. Möglichst unauffällig, das hatte er seinen Eltern versprechen müssen.
Mit Thomas und Adrian, ebenfalls Söhne aus gutem Hause, wie seine Mutter es nennen würde, war Luca seit Kindheitstagen befreundet. Die drei hatten sich im Internat kennengelernt, zusammen die Pubertät durchlebt und auch gemeinsam ihre ersten sexuellen Erfahrungen in einem Schweizer Bordell gesammelt. Enttäuschende Erfahrungen, wie sie sich anschließend eingestehen mussten.
Auf der langweiligen Feier glänzten die beiden Freunde durch Abwesenheit, aber sie hatten ein Geburtstagsevent für ihn vorbereitet. Eine Überraschung, die sich Luca um keinen Preis entgehen lassen wollte. Ihre kryptischen Anspielungen versprachen eine spannende und aufregende Nacht. Feste Schuhe sollte er anziehen und eine Taschenlampe mitbringen, die mehr Lumen hatte als das iPhone.
Das Geburtstagskind stoppte einen der vorbeieilenden Mietkellner des Cateringservice' und tauschte sein leeres Glas gegen ein volles. Es war schon das fünfte an diesem Abend. Zusammen mit dem Kokain, das er vorhin konsumiert hatte, half ihm der Champagner dabei, seine innere Unruhe im Zaum zu halten.
Lucas Großmutter schritt würdevoll auf ihn zu. Sie hielt sich kerzengerade, war aber wie immer schwer auf den schwarzen Stock aus Ebenholz gestützt, dessen Knauf mit einer Nachbildung des Kopfes ihres ersten Rennpferds verziert war; die anspruchsvolle Arbeit eines Silberschmieds, von deren Erlös ein Dorf im Jemen vermutlich ein Jahr lang überleben könnte, wie der Enkel dachte.
So wie seine Eltern und Großeltern wollte er nie werden, nur auf Prestige und Einfluss bedacht und darüber vergessen zu leben. Ihm selbst würde das nicht passieren.
Er starrte auf die einzelnen grauen Borsten, die aus dem Kinn der alten Dame sprossen. Sie war vollendet frisiert, dezent geschminkt und trug ein schwarzes Kleid von Jenny Packham, dessen Pailletten mit den großen Brillantohrringen um die Wette funkelten. Luca fragte sich, warum niemand ihren Kinnbart zupfte. Vielleicht traute sich keiner.
„Luca! Gib deiner Großmutter einen Kuss!"
Widerwillig beugte er sich hinab und drückte artig seine Lippen auf die welke Wange, die spitzen Haare geflissentlich umgehend. Das schwere, süßliche Parfüm ließ ihn die Luft anhalten.
Er hob den Blick und sah seine Schwester Anne an einer der beiden hohen Flügeltüren zur Parkanlage lehnen, die heute weit geöffnet waren. Sie grinste und machte eine Geste, als würde sie sich mit dem Finger die Kehle durchschneiden. Luca verhinderte im letzten Moment, seiner Großmutter uncharmant ins Ohr zu prusten.
Mit ihren gerade mal sechzehn Jahren war Anne das Nesthäkchen im Haus. Luca mochte seine Schwester, auch wenn sie in letzter Zeit Allüren entwickelte, die ihm nicht gefielen. Es gab Tage, da wich sie kaum von seiner Seite, wollte überall mit dabei sein und einfach alles wissen. Das nervte! Manchmal musste er fast schon Gewalt anwenden um sie aus seinen Zimmern zu bugsieren. Heute hatte sie ihn wieder heimlich belauscht – auch das eine mehr als lästige Marotte, die langsam zur Gewohnheit wurde. Dabei hatte sie, zu seinem großen Ärger, einige Details aus dem Telefonat mit seinen Freunden aufgeschnappt.
„Aber ich werde sterben vor Langeweile!, hatte sie anschließend gestöhnt und ihn flehend angesehen. „Die ganze Verwandtschaft, die hier sein wird ... Ich ertrage das nicht! Du musst mich einfach mitnehmen!
„Nein. Unter keinen Umständen. Schlag dir das aus deinem süßen Köpfchen." So vage sich Thomas und Adrian auch ausgedrückt hatten – es war klar, dass es sich bei der Überraschung um eine Art des Vergnügens handeln würde, bei dem er Anne nicht gebrauchen konnte.
„Du denkst immer nur an dich!, warf sie ihm vor. „Und das Schlimme ist: Du kommst damit durch.
Der eisige Blick, den sie ihm nach seiner unerbittlichen Absage zugeworfen hatte, ließ ihn sogar noch in der Erinnerung frösteln, doch er war hart geblieben.
„Gut, hatte sie schließlich gezischt. „Ganz wie du meinst. Aber das wirst du bereuen. Ich weiß mehr, als du ahnst.
Zum Glück schien sich Anne mittlerweile beruhigt zu haben. Luca zwinkerte zurück und grinste ebenfalls.
Applaus brandete auf. Die Rede war beendet. Luca hakte seine Großmutter galant unter und führte sie durch die Grüppchen der Gäste zu einem der Stühle in der ersten Reihe, die im Nebensalon für den eigentlichen großen Akt der Vertragsunterzeichnung vor einem Podium aufgestellt worden waren.
Die Zeremonie verlief schnell und reibungslos. Luca nahm mit bedeutungsvoller Geste den goldenen Füller der von Bornsteins entgegen – angeblich hatte er seinem Ururgroßvater gehört und wurde von einer Generation zur anderen vererbt – und setzte schwungvoll seinen Namen unter das notariell beurkundete Dokument, das ihn zum Multimillionär machte. Bescheiden lächelnd verbeugte er sich vor den Anwesenden, sprach ein paar Worte des Dankes und lud zum Buffet ein, das im hell erleuchteten Gartenpavillon aufgebaut war.
Während die Gästeschar schwatzend den Raum verließ, nutzte Luca die Gelegenheit zum Rückzug. Sein Geburtstagspräsent hatte er schon heute Mittag erhalten, und er freute sich darauf, es endlich auszuprobieren. Schnell lief er die Treppe hoch. Von dem langen Flur gingen etliche Türen ab. Auch die zu seinen Räumlichkeiten. Ein Salon mit Schreibtisch, ein Schlafzimmer mit angeschlossenem Bad und ein begehbarer Kleiderschrank.
Der Smoking landete samt Hemd und Fliege achtlos auf dem Boden. Flink schlüpfte Luca in Jeans und T-Shirt, die handgefertigten Lederslipper aus Italien ersetzte er durch robuste Sneaker.
Schon früher am Abend hatte er die Taschenlampe aus der Abstellkammer gemopst, jetzt steckte der Bankerbe vorsichtshalber noch einen Wollpullover und eine Packung Kondome zu ihr in den Rucksack; schließlich wusste er nicht, was ihn erwartete. Zumindest nicht im Detail. Aber es würde ein Männerausflug werden, so viel stand fest. Luca spürte ein erwartungsvolles Pochen zwischen den Beinen.
Schnell noch eine Line gezogen, das restliche Kokain in die Hosentasche gestopft, und er war bereit zum Aufbruch. Vorsichtig lauschte Luca an der geöffneten Zimmertür auf Hinweise, dass sein Verschwinden bereits bemerkt worden war. Nichts. Vermutlich drängelten sich alle am Buffet im Garten. Schließlich war das Essen umsonst. Leise kichernd huschte er die Treppe hinunter.
Das Geburtstagsgeschenk seiner Eltern parkte draußen in der Auffahrt. Ein roter Porsche Panamera 4 Platinum Edition, die Alten hatten sich nicht lumpen lassen. Luca warf den Rucksack auf den Beifahrersitz und ließ den Motor aufheulen. „So viel zum unauffälligen Abgang", dachte er und lachte laut, als der Kies beim Beschleunigen zu beiden Seiten spritze. Noch hatte er kein rechtes Gefühl für die dreihundertdreißig Pferdestärken unter der Haube.
Anne, die sich hinter einem Busch versteckt hatte, sah ihrem Bruder mit zusammengekniffenen Augen nach, wie er mit abgeblendeten Scheinwerfern die baumgesäumte Zufahrt entlang jagte. Nur kurz leuchteten die Bremslichter am Ende der Allee auf, bevor das Auto mit hohem Tempo die Kurve schnitt und ihren bohrenden Blicken entschwand.
EINS
Wenn er geahnt hätte, was ihn erwartete, wäre Wilhelm Schachinger, von allen nur Willi genannt, heute wohl lieber mit seiner Schwester an einen See geradelt, als in den Wald zu gehen.
Der Rentner war früh aufgebrochen, nun aber schon seit Stunden unterwegs. Auf einer kleinen Lichtung hielt er inne, um drei Kohlweißlinge zu beobachten, die behäbig zwischen den gefiederten Blättern eines Frauenfarns umher taumelten. Vereinzelte, schräg durch die Kronen der Bäume fallende Sonnenstrahlen wirkten wie Bühnenscheinwerfer, die die kleinen Tänzer gekonnt in Szene setzten.
Willi genoss das friedliche Bild und nutzte die Gelegenheit, sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Im geflochtenen Weidenkorb auf seinem Rücken befanden sich rund fünf Kilogramm Blaubeeren. Keine schlechte Ausbeute. Er wollte Marmelade kochen. Mit einem Schuss Rum und einer Prise Zimt. Sein Geheimrezept. Er verschenkte die süße Leckerei zu Weihnachten gerne an Freunde und Bekannte, und auch das eigene Vorratsregal sollte mit vier neuen Gläsern bestückt werden. Willi stopfte das karierte Stofftuch zurück in die Hosentasche und zog stattdessen eine Flasche aus der dafür vorgesehenen Lasche des Bauchgurts, den er um die Hüfte geschlungen hatte. Frisch lief das Wasser seine Kehle hinunter. Willi war ein wenig unschlüssig, ob die gesammelte Menge Beeren ausreichen würde. Nach einigem Hin und Her beschloss er, den Korb noch um etwa ein weiteres Kilo zu bereichern. Den Parkplatz, auf dem er seinen Wagen abgestellt hatte, konnte er ebenso gut in einem großen Bogen erreichen.
Die Hauptwege des Perlacher Forstes im Südosten Münchens waren in einem Rautenmuster angelegt worden, allerdings nicht analog zur Autobahn, was die Orientierung schwierig machte. Zudem verliefen viele kleinere Pfade kreuz und quer durch den Wald. Immer wieder mal erschienen in der Lokalpresse hämisch anmutende Artikel über Touristen, die sich angeblich in dem knapp dreizehneinhalb Quadratkilometer großen Waldgebiet verirrt hatten, aber Willi kannte sich aus. Um zu den üppigsten Heidelbeergehölzen zu gelangen, musste er die üblichen Pfade verlassen und querfeldein gehen. Seit die Forstwirtschaft damit begonnen hatte, tote Bäume nicht mehr abzutransportieren, sondern einfach im Wald verrotten zu lassen, war das zwar schwieriger geworden, aber nicht unmöglich. Für seine 73 Jahre war er noch recht rüstig. Er musste eben gut aufpassen, wohin er seine Schritte setzte. Und ab und zu ein wenig kraxeln oder sich ducken.
So wie jetzt.
Zwei einstmals beeindruckend mächtige, einander gegenüberstehende Baumstämme waren abgebrochen und hatten sich auf ungefähr eineinhalb Metern Höhe in den Astgabelungen des jeweils anderen verkeilt. Moose und Flechten überzogen die Rinden, machten den Weg frei für Bakterien und Pilze, die das Holz zersetzen würden. Zu beiden Seiten wucherten wilde Brombeerhecken, auch Brennnesseln waren zu sehen. Es war still in diesem Abschnitt des Waldes. Still und einsam. Weit weg vom Publikumsmagnet Perlacher Mugl, wie der Aussichtsberg genannt wurde, oder dem bekannten Hirschbrunnen.
Willi wurde langsamer. Den Sonnenstrahlen gelang es kaum noch, die Kronen der gedrängt stehenden Laub- und Nadelbäume zu durchdringen. Das eigentlich natürliche Hindernis vor ihm wirkte auf ihn wie ein düsteres Tor zur Schattenwelt.
Unvermittelt schauderte er.
„Jetzt mach‘ dich nicht lächerlich!, schimpfte der Rentner mit sich selbst. „Schattenwelt! Soweit kommt's noch!
Trotz der harschen Worte setzte er nur zögernd einen Fuß vor den anderen, bewusst bemüht, das Gefühl einer nahenden Bedrohung ebenso zu ignorieren wie die aufgestellten Härchen an seinen Unterarmen. Er versuchte den Kopf einzuziehen und gleichzeitig nach oben zu schielen, als würden die sterbenden Bäume jeden Moment bersten und ihn unter sich begraben können. Modriger Fäulnisgeruch stieg ihm die Nase.
Nur drei Schritte, dann hätte er es geschafft.
Eins, zwei ... Erleichtert richtete er sich auf.
Zu hastig, zu früh.
Der Deckel des Weidenkorbs prallte hart gegen einen der umgestürzten Stämme und riss Willi unvermittelt nach hinten. Er verlor das Gleichgewicht und knallte, wild mit den Armen rudernd, unsanft auf den Rücken. Zum Glück stieß er sich nicht den Hinterkopf, doch der Sturz aufs robuste Korbgeflecht presste ihm die Atemluft aus den Lungen. Er ächzte laut. Wie ein umgeworfener Käfer blieb er liegen, die Augen geschlossen.
Der weiche Waldboden hatte den Fall abgemildert. Willi war schnell klar, dass er Glück im Unglück gehabt hatte: Es schien nichts gebrochen zu sein. Nur über dem Steißbein und zwischen den Schulterblättern spürte er einen pochenden Schmerz. Dafür war ihm der Schreck in die Glieder gefahren.
Mit zitternden Fingern nestelte er blind an den Riemen. Er wollte zunächst den Korb loswerden, bevor er sich aufzusetzen versuchte. Fünf Kilo mehr oder weniger spielten für Willis Bauchmuskulatur eine durchaus gewichtige Rolle. Sich ungeschickt windend schlüpfte er aus den Trägern und öffnete endlich wieder die Augen.
Er drehte den Kopf nach rechts und links, versuchte einen Blick auf den Waldboden zu erhaschen, ehe er seine Hände hinein grub, um sich hoch zu stemmen. In eine Schnecke oder eine Ameisenstraße zu fassen wäre das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Doch es gelang ihm nicht. Der Winkel war zu ungünstig.
Gerade als er sich seufzend eingestand, dass er das Risiko einer unangenehmen Berührung eben würde eingehen müssen, erregte etwas anderes sein Interesse. Nur wenige Meter von ihm entfernt hoben sich zwei weiße Flecken vom diffusen Grün und Braun des Waldes ab.
Willi runzelte die Stirn. Seine Sehkraft war nicht mehr so gut wie früher. „Schuhsohlen?" Mühsam rappelte er sich in eine sitzende Position auf. Er blinzelte mehrmals und schluckte hart. Dann begann er zu schreien.
ZWEI
Eine knappe Stunde später hielt ein uniformierter Polizist eilfertig das blau-weiße Absperrband in die Höhe, um Kriminalhauptkommissar Franz Branntwein mit seinem laut Hersteller nelkengrünen Mercedes W124, Baujahr 1993, passieren zu lassen.
Das Fahrzeug war ein Erbstück seines Freundes und ehemaligen Vorgesetzten Günter Haller, der viel zu früh eines gewaltsamen Todes gestorben war. Für Branntwein völlig überraschend hatte ihm Hallers geschiedene Frau – und Erbin – nach der Beisetzung den Fahrzeugbrief und die Schlüssel des frisch gewarteten Gerade-So-Oldtimers in die Hand gedrückt. Obwohl mit dem Auto auch Erinnerungen verbunden waren, die er lieber vergessen hätte, hatte der Kommissar das Geschenk dankbar angenommen. Seit der Zwangsverschrottung seines geliebten Golfs war er ohne eigenen fahrbaren Untersatz gewesen.
Ein Umstand, der vor allem seine Assistentin Susanne Nowak manchmal an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte. Niemand wusste besser als ihr Chef, wann sie zu schalten, blinken, bremsen oder Gas zu geben hatte, und es gelang ihm als Beifahrer nicht, dieses Wissen für sich zu behalten.
Jetzt rumpelte Branntwein noch ein paar Meter den unbefestigten Forstweg entlang und stellte den Daimler dann hinter dem weißen Sprinter der Spurensicherung ab. Die promovierten Rechtsmedizinerin Elisabeth Schneider hatte ihr Elektroauto ein Stück weiter im Schatten neben einem Krankenwagen geparkt, dessen Hecktüren weit offenstanden.
„Das wird wohl der Zeuge sein, der da auf der Trage liegt, mutmaßte die Kriminalassistentin und löste den Sicherheitsgurt. „Sollen wir mit ihm anfangen oder zuerst nach der Leiche sehen?
„Am besten bringen wir die Befragung gleich hinter uns, dann kann der Sanka endlich losfahren und Conni hat auch noch ein bisschen mehr Zeit." Gemeint war Conrad Fleischmann, der Leiter der Spurensicherung, der sie sowieso erst in die Nähe der Leiche lassen würde, nachdem dort jede Fichtennadel zweimal umgedreht worden war.
„Wilhelm Schachinger, dreiundsiebzig Jahre alt, Rentner, verwitwet, hier aus München", las Susi auf dem Weg zum Krankenwagen vor. Die Informationen hatte ihr der Kollege Joachim Mayer inzwischen aus dem Kommissariat aufs Smartphone geschickt.
„Vorstrafen?"
„Hat Mausi keine erwähnt." Susi verwendete den Spitznamen des IT-Experten und Mannes für die Recherche. Er verdankte ihn seiner innigen Liebe zum Computer und dessen Zubehör, die er einmal zu oft auf einer Weihnachtsfeier in betrunkenem Zustand lauthals kundgetan hatte.
„Wird auch Zeit, dass ihr aufkreuzt", wurden die Ermittler von einem der beiden Sanitäter empfangen, nachdem sie ihre Ausweise in die Luft gehalten hatten.
„Is' scho recht", antwortete Branntwein, schenkte aber weder dem mürrischen Jüngling noch dessen rotwangigem Pickelgesicht weitere Beachtung. Susi folgte ihrem Chef wortlos in den Rettungswagen. Aus einer Infusion tropfte Kochsalzlösung in die Vene des Witwers, am anderen Arm hing eine Blutdruckmanschette. Es roch nach medizinischem Alkohol und Schweiß. Bei ihrem Eintreten hob der Zeuge den Kopf. Er war ein wenig blass, machte insgesamt aber einen gefassten Eindruck.
„Grüß Gott Herr Schachinger, mein Name ist Franz Branntwein, und das ist Susanne Nowak."
„Grüß Gott. Sind Sie wirklich von der Polizei? Schachingers Blick wanderte kritisch von Branntweins ausgetretenen Turnschuhen nach oben und blieb kurz am Aufdruck des schwarzen T-Shirts hängen, der unter der Jeansjacke hervorblitze. „Optimismus heißt rückwärts Sumsi mit Po
, las er den Text unter der Comicdarstellung einer Biene laut vor. „Also zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben."
„Waren Sie denn auch bei der Truppe?", fragte Susi freundlich, während sie sich bemühte, mit ihrer riesigen, selbstgebatikten Umhängetasche nicht gegen den Infusionsschlauch zu stoßen.
„Nein. Schachinger räusperte sich. „Ich war Zahnarzt.
„Ein Mann der Krone also, spaßte Branntwein, wurde aber gleich wieder ernst. „So, Herr Schachinger, dann erzählen Sie mal. Dieser Bereich liegt ziemlich weit ab vom Schuss. Was haben Sie hier gemacht?
„Ich hab' Blaubeeren gepflückt. – Aber nur für den Eigenbedarf, fügte er schnell hinzu. „Das darf man doch, oder? Ich meine, das ist nicht gegen das Gesetz.
„Äh ... Weißt du das, Susi?"
„Ja, es gibt das sogenannte Recht auf Aneignung von Waldpflanzen. Die Menge ist nicht klar definiert, aber in den meisten Regionen gilt bei Beeren ein Kilogramm pro Kopf, bei Pilzen um die zweihundertfünfzig Gramm."
„Da haben Sie's, wandte sich Branntwein zufrieden an Schachinger. „Aber wir sind ja auch nicht von der Beerenpolizei, sondern von der Mordkommission. Machen Sie sich da mal keine Gedanken.
„Hier im Korb sind mindestens fünf Kilo", mischte sich der Sanitäter von draußen ein.
Schachinger wurde noch ein wenig blasser. „Ich wollte Marmelade kochen", stammelte er.
„Wie gesagt, Herr Schachinger, das interessiert uns nicht. Erzählen Sie doch mal, wie Sie die Leiche gefunden haben."
„Ja, also ... Ich hab‘ mich bücken müssen, weil zwei Bäume umgefallen waren. Außen rum ging nicht, weil da überall Brombeerranken und Brennnesseln wuchsen. Und irgendwie bin ich dann mit dem Korb oben hängengeblieben und gestolpert."
„Sie sind gestürzt?", hakte Susi nach.
„Genau. Auf den Rücken. Und da hab' ich sie gesehen."
„Sie?, fragte Branntwein erstaunt. „Es sind mehrere?
Er wandte den Kopf. Susi schaute ebenso alarmiert wie er.
„Die Schuhsohlen," konkretisierte der Zeuge.
„Ach so."
Schachingers Stimme senkte sich zu einem Flüstern. „Aber ansonsten war er splitterfasernackt. Splitterfaser, sage ich Ihnen!"
„Ja, das haben wir schon gehört, wiegelte Branntwein ab. „Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen? Waren beispielsweise weitere Menschen in der Nähe? Oder haben Sie ein Auto bemerkt, das weggefahren ist?
„Nein. Gar nichts. Wir waren völlig allein, der Tote und ich."
„Haben Sie ihn angefasst? Vielleicht, um den Puls zu fühlen?"
Willi Schachinger keuchte entsetzt. „Gott bewahre!"
„Fotos gemacht?"
„Womit denn?" Er fummelte mühsam ein Handy aus dem Bauchgurt. „Das ist nur zum Telefonieren und für SMS. Weder Internet noch Kamera. Mein Enkel sagt, dass ich es wohl wegwerfen muss, wenn der Akku mal nicht mehr