Die APO und die 60 er: Themenzusammenfassung
Von Thom Delißen und Peaceway/wiki
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Über dieses E-Book
In der Bundesrepublik Deutschland verstärkte sich ab Mitte der 1960er Jahre
mit der Studentenbewegung, die mit der APO oft synonym gesetzt wird, die
bis dahin bedeutendste außerparlamentarische Opposition in Deutschland (die
sich selbst im Kürzel APO benannte). Ihre besonders von den
Universitätsstädten ausgehenden Aktivitäten erreichten in den Jahren 1967
und 1968 ihren Höhepunkt. Die häufig in Bezugnahme auf diese Zeit ihrer
Hochphase auch 68er-Bewegung genannte studentische APO wurde im
Wesentlichen getragen durch den Sozialistischen Deutschen Studentenbund
(SDS).
Die APO entwickelte sich aus der Opposition gegen die seit 1966 regierende
sog. große Koalition aus CDU und SPD unter Bundeskanzler Kurt Georg
Kiesinger (CDU) und die von dieser Regierung geplante
Notstandsgesetzgebung, die letztlich gegen die Proteste der APO und das
Votum der einzigen kleinen Oppositionspartei FDP durchgesetzt wurde. Die
somit nahezu fehlende Opposition im Deutschen Bundestag und das verbreitete
Gefühl, durch keine der im Bundestag befindlichen Parteien angemessen
vertreten zu werden, begünstigte das Erstarken der außerparlamentarischen
Opposition.
Des Weiteren forderte die APO eine Demokratisierung der Universitätspolitik
(ein Motto der Studentenbewegung, das die Verkrustung der Strukturen an den
Hochschulen aufzeigen sollte, lautete: "Unter den Talaren – Muff von 1000
Jahren"). Man warf der Elterngeneration, die sich nur für wirtschaftlichen
Wiederaufbau interessiere, eine gesellschaftliche Verdrängung der
Verbrechen des Nationalsozialismus vor und insbesondere die Tatsache, dass
immer noch ehemalige Nationalsozialisten in hohen und höchsten Ämtern
saßen. Die APO kritisierte die Notstandgesetzgebung mit ihrer weitgehenden
Entrechtung und Kontrolle der Bürger im Eventualfall, die die Assoziation
an den Faschismus weckten.
Thom Delißen
Thom Delißen Alter Holzgarten 1 85435 Erding Tel. 08122 18553 Mail: [email protected] Jahrgang 63, geboren in Münster, aufgewachsen in Oberbayern. Der Autor verbrachte Jahre in Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Brasilien, Indien. Seine Kurzgeschichten und Lyrik versuchen das Rätsel nach dem Sinn und Sein zu hinterfragen, wollen auf die letzten Ziele – die Liebe und die Heiterkeit hinweisen. Verleger und Chefredakteur der Literaturzeitschrift "Schrieb". Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Literaturzeitschriften (Wienzeile, Maskenball, Bohnenstange, Brücke, Federwelt, Kult u.v.m.) Krimi-Magazinen, Anthologien. Mitautor Chronik Erding, Ex-Chefredakteur der regionalen Literaturzeitschrift "GedankenSprung". Organisator der Initiative "Worte und Taten". Mitglied der internationalen Autorengruppe "ProLyKu". "Question Authority" Kurzgeschichtensammlung von Thom Delißen/ Lyrik und Prosa erschienen im FV-Verlag/Lübeck Hörspiel "Rhéethron" Die Sätze. (u.v.m) "The Vanderbilt Berlin Wall Project" Brockmann "Mordsapfel" Sieben-Verlag "Criminalis" Pushmann "Wir bei C&C" (Hrsg. Metro 2008) "Der Teddybär" 2008 TD Textdesign "Plattform Carpe Diem" (Burger) "Spurenwelt" (Website Verlag) "100 % Worte für Brot" (FV-Verlag) CD "Gedankengischt" (TD Textdesign) CD "Do sei" Bayerische Texte CD Textsammlung "Fetzen" (TD Textdesign) "Die ganze Welt gesehen" (FV-Verlag) "10 X 10" Lyrikprojekt (Edition Thaleia) "Jeder Friedensgedanke ein Gedicht" Edition Octopus, Geest-Verlag Literamus (Trier) "Ene Mene Mu (Spendenedition TD Textdesign) und andere. Zahlreiche Veröffentlichungen im Internet Streitschriften, Kurzgeschichten, Lyrik. Unter dem Namen Th. Om kommt der Autor nunmehr mit seinen Werken der Ur-Bestimmung nach. Der Liebe wieder ihren Platz zu geben. "Ein Buch in Antworten" "Der Wanderer" "Die absolute Schöpfung" "Die lächelnde Unbedingtheit" "Die zärtliche Ewigkeit" "Das oberste Ziel eines jeden freiheits- und verantwortungsbewussten Menschen kann immer nur sein, Manipulation zu unterlaufen, Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen ..." Pages: www.th-om.com www.12Worte.de www.ABIA.th-om.com
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Die APO und die 60 er - Thom Delißen
Woodstock-Festival
Außerparlamentarische Opposition
Außerparlamentarische Opposition (APO) beschreibt eine Opposition
(lateinisch oppositio ‚Entgegensetzung'), die außerhalb des Parlamentes
stattfindet, weil sie entweder in den im Parlament vertretenen oder
sonstigen Parteien (noch) kein Sprachrohr hat oder auch gar nicht haben
will.
Abgrenzung zur parlamentarischen Opposition
Oppositionsparteien in einer Parlamentarischen Demokratie können im
Parlament vertreten sein, gehören aber nicht der Regierung an. Aber auch
Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind, werden im allgemeinen
Sprachgebrauch nicht zur „außerparlamentarischen Opposition" gerechnet,
wenn sie darauf abzielen, ihre politischen Ziele parlamentarisch zu
erreichen. So wird zum Beispiel die FDP nicht zur außerparlamentarischen
Opposition gerechnet, obwohl sie seit 2013 nicht mehr im Bundestag
vertreten ist.
Nicht nur in Staaten ohne demokratisch gewähltes Parlament und ohne frei
organisierte Parteien äußert sich die Opposition häufig im Bereich der
Kunst (Schriftsteller, Theater, Pop-Musik, siehe auch Underground (Kunst)),
der Kirche oder zum Beispiel innerhalb von Umweltschutzgruppen; aber gerade
in diesen Staaten ist dies oft der einzige verbleibende Weg. Im Extremfall
bleibt nur die Möglichkeit illegaler Untergrundarbeit des Widerstandes.
Situation in Deutschland
Eine außerparlamentarische Opposition kann sich in Deutschland vor allem
auf die Grundrechte Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und
Versammlungsfreiheit berufen, um ihre Forderungen öffentlich darzustellen.
Neue politische Strömungen beginnen ihre Arbeit meist erst außerhalb der
Parlamente und kommen etwa über die Länderparlamente unter Umständen bis in
den Deutschen Bundestag oder sogar bis in die Bundesregierung Deutschlands.
Ein Beispiel für diesen Weg ist die Partei Die Grünen, die im Januar 1980
entstand und später als Bündnis '90/Die Grünen in einer Koalition mit der
SPD von 1998 bis 2005 die Bundesregierung stellte.
Die APO in den 1960er Jahren
In der Bundesrepublik Deutschland verstärkte sich ab Mitte der 1960er Jahre
mit der Studentenbewegung, die mit der APO oft synonym gesetzt wird, die
bis dahin bedeutendste außerparlamentarische Opposition in Deutschland (die
sich selbst im Kürzel APO benannte). Ihre besonders von den
Universitätsstädten ausgehenden Aktivitäten erreichten in den Jahren 1967
und 1968 ihren Höhepunkt. Die häufig in Bezugnahme auf diese Zeit ihrer
Hochphase auch 68er-Bewegung genannte studentische APO wurde im
Wesentlichen getragen durch den Sozialistischen Deutschen Studentenbund
(SDS).
Die APO entwickelte sich aus der Opposition gegen die seit 1966 regierende
sog. große Koalition aus CDU und SPD unter Bundeskanzler Kurt Georg
Kiesinger (CDU) und die von dieser Regierung geplante
Notstandsgesetzgebung, die letztlich gegen die Proteste der APO und das
Votum der einzigen kleinen Oppositionspartei FDP durchgesetzt wurde. Die
somit nahezu fehlende Opposition im Deutschen Bundestag und das verbreitete
Gefühl, durch keine der im Bundestag befindlichen Parteien angemessen
vertreten zu werden, begünstigte das Erstarken der außerparlamentarischen
Opposition.
Des Weiteren forderte die APO eine Demokratisierung der Universitätspolitik
(ein Motto der Studentenbewegung, das die Verkrustung der Strukturen an den
Hochschulen aufzeigen sollte, lautete: „Unter den Talaren – Muff von 1000
Jahren"). Man warf der Elterngeneration, die sich nur für wirtschaftlichen
Wiederaufbau interessiere, eine gesellschaftliche Verdrängung der
Verbrechen des Nationalsozialismus vor und insbesondere die Tatsache, dass
immer noch ehemalige Nationalsozialisten in hohen und höchsten Ämtern
saßen. Die APO kritisierte die Notstandgesetzgebung mit ihrer weitgehenden
Entrechtung und Kontrolle der Bürger im Eventualfall, die die Assoziation
an den Faschismus weckten. Außerdem schloss sie sich den weltweiten
Protesten gegen den „westlichen Imperialismus" sowie die wachsende Gefahr
eines Atomkrieges durch die atomare Aufrüstung der reichen
Industrienationen, insbesondere der USA, und dem Protest gegen den
Vietnamkrieg an und solidarisierte sich mit der nordvietnamesischen
Guerilla gegen die USA. Neben anderen Protagonisten der revolutionären
Befreiungsbewegungen der so genannten Dritten Welt, wie zum Beispiel Fidel
Castro und Che Guevara, fungierten auch der Anführer der vietnamesischen
Revolution und Begründer der vietnamesischen kommunistischen Partei, Ho Chi
Minh, sowie Mao Tse-Tung, der in China die Kulturrevolution eingeleitet
hatte, als Galionsfiguren auf Protestmärschen. Jedoch kritisierten
einflussreiche Studentenführer wie beispielsweise Rudi Dutschke und
Hans-Jürgen Krahl nicht nur den mangelhaft vorangetriebenen
Demokratisierungsprozess im Westen, sondern zugleich den durch
Bürokratismus verfälschten Kommunismus im Osten, insbesondere den
Sowjetkommunismus, der sich ohnehin durch die mörderische stalinistische
Ära diskreditiert hatte.
Sehr bald waren es nicht nur einzelne Politikfelder, in denen die
Studentenbewegung in die gesellschaftliche Diskussion eingriff. Sie weitete
ihre Kritik aus und forderte grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen
in einem sozialistisch-revolutionären Sinn. Neue Formen des Zusammenlebens
wurden ausprobiert, ebenso wie neue Formen des Protests und der politischen
Aktion. Hierbei machte besonders die „Kommune I" mit Wortführern wie Fritz
Teufel, Dieter Kunzelmann und Rainer Langhans von sich reden. Ihre
politischen Happenings und Aktionen führten mehrfach zu Gerichtsverfahren,
die ebenfalls als Plattform für spektakuläre Protest-Auftritte genutzt
wurden.
Unterstützung und theoretische Orientierung fand die APO teilweise auch
durch Intellektuelle und Philosophen wie etwa Ernst Bloch, Theodor W.
Adorno, Herbert Marcuse, den Vertreter des französischen Existenzialismus
Jean-Paul Sartre und andere (vgl. auch Frankfurter Schule und Kritische
Theorie).
Insgesamt blieb die westdeutsche APO im Wesentlichen auf eher junge
Menschen wie Studenten und Schüler beschränkt. Sie konnte in der
Arbeiterschaft und im bürgerlichen und kleinbürgerlichen Milieu der
Bundesrepublik Deutschland kaum Fuß fassen. Einige Chronisten der Zeit, wie
z. B. Jutta Ditfurth, widersprechen dieser These jedoch und beziehen die
Arbeiterschaft (Auszubildende, etc.) mit in die politische Bewegung ein.
Dies war in Frankreich anders. Dort kam es zeitweise zu Solidarisierung der
Gewerkschaften mit der Studentenbewegung, was im Mai 1968 zu einer beinahe
revolutionären Situation und im Gefolge von schweren Unruhen,
Straßenkämpfen und Massenstreiks zu einer Staatskrise führte. Einem der
Protagonisten der deutschen und der französischen APO, dem
deutsch-französischen Aktivisten und späteren Grünen-Politiker Daniel
Cohn-Bendit, wurde 1968 auf Initiative von Staatspräsident Charles de
Gaulle zeitweilig die Wiedereinreise nach Frankreich verweigert.
Weitere Mitglieder der APO waren Joseph 'Joschka' Fischer,
Bundesaußenminister von 1998 bis 2005, und Matthias Beltz († 2002), ein in
den späten 70er und 80er Jahren bekannter Kabarettist.
Verschärfung des Konflikts
Ein Wendepunkt in der Geschichte der westdeutschen APO trat ein, als am 2.
Juni 1967 während der Demonstrationen gegen den Staatsbesuch des iranischen
Schahs Mohammad Reza Pahlavi der Student Benno Ohnesorg von einem
Polizisten erschossen wurde. Die Studentenbewegung radikalisierte sich,
wurde zunehmend militanter und wandte sich verstärkt gegen die
Springer-Presse, namentlich die Bild-Zeitung, die für die aufgeheizte
Stimmung gegen die APO in der Bevölkerung verantwortlich gemacht wurde. Ein
knappes Jahr nach dem Tod von Benno Ohnesorg wurde einer der prominentesten
Wortführer des SDS, Rudi Dutschke von dem Arbeiter Josef Bachmann durch
Pistolenschüsse schwer verletzt. Dutschke überlebte das Attentat, starb
aber 1979 an den Spätfolgen der Verletzungen, die eine Epilepsie bei ihm
verursacht hatten.
Nach 1969 spielte die APO in der bisherigen Form keine nennenswerte Rolle
mehr in der Bundesrepublik Deutschland, wenngleich es auch weiterhin
außerparlamentarische Oppositionsaktivitäten gab. Neue soziale Bewegungen
griffen seit den 1970er Jahren zumindest einzelne Politik- und
Gesellschaftsbereiche auf, die teilweise auch schon durch die
Studentenbewegung thematisiert worden waren. Neu hinzu kamen ab den 1970er
Jahren die Themenbereiche und außerparlamentarischen Aktionsfelder
Umweltschutz (Ökologie, Ökobewegung) und Atomenergie (Atomkraftgegner), in
denen sich auch viele ehemalige APO-Aktivisten wiederfanden.
Ende des SDS bis zur Gründung der Grünen, Ende 1960er Jahre bis zur
Gegenwart
Der SDS spaltete sich nach 1968 auf. Es entstanden verschiedene miteinander
konkurrierende linke Zirkel und kleine kommunistische Splitterparteien
(K-Gruppen), die in der politischen Landschaft, zumindest auf
parlamentarischer Ebene, ohne nennenswerten Einfluss blieben.
Der von Rudi Dutschke propagierte „Marsch durch die Institutionen" wurde in
gewisser Weise von jenen umzusetzen versucht, die um 1980 die Partei "Die
Grünen" (heute Bündnis 90/Die Grünen) als eine Organisationsform der
Anti-Atomkraft-, der Friedensbewegung und anderer neuer sozialer Bewegungen
der 70er und 80er Jahre bildeten. Deren Gründer waren teilweise schon in
der APO aktiv. 1983 wurden die Grünen in den Bundestag gewählt, wo sie sich
als parlamentarisches Spielbein der „Bewegung" verstanden, dabei ihre
Wurzeln und ihren Schwerpunkt zunächst weiterhin in den Neuen Sozialen
Bewegungen sahen. Innerhalb weniger Jahre etablierten sich die Grünen
zusehends als parlamentarische Kraft. Schon in der Anfangsphase nach der
Parteigründung spaltete sich ein rechtskonservativer Parteiflügel ab.
Grundlegende Konflikte zwischen so genannten „Fundis" (Fundamentalisten)
und „Realos" (Realpolitikern) führten jedoch bis heute, vor allem Anfang
der 1990er Jahre, zu Austritten prominenter Ökosozialisten aus der Partei.
Die damit einhergehende Anpassung und zunehmende Kompromissbereitschaft der
Grünen gegenüber den herkömmlichen gesellschaftspolitischen Strukturen
brachte den Grünen einerseits einen verstärkten Wählerzuwachs, andererseits
einen bis in die Gegenwart zunehmenden Widerspruch in den
außerparlamentarischen Bewegungen ein, auf die sie sich einst beriefen –
und dies bis heute teilweise noch immer tun. Insbesondere seit sie als
Bündnis 90/Die Grünen ab 1998 in der Koalition mit der SPD an der
Bundesregierung beteiligt waren und in dieser Koalition auch originäre
Themen und Anliegen der ehemaligen APO in den Augen Vieler nicht mehr oder
zu wenig vertraten, richteten sich zunehmend Demonstrationen der neuen
außerparlamentarischen Bewegungen auch gegen die Politik der Grünen, vor
allem nach deren Zustimmung zur Kriegsbeteiligung im Kosovo-Krieg 1999 und
dem Afghanistan-Krieg 2002.
Radikalisierte Splittergruppen
Ein kleiner Teil von APO-Aktivisten um Andreas Baader, Gudrun Ensslin und
anderen, zu denen später auch die Journalistin Ulrike Meinhof stieß, ging
nach einigen Brandanschlägen auf Kaufhäuser unter anderem in den illegalen
Untergrund und organisierte als Rote Armee Fraktion (RAF) den „bewaffneten
Widerstand". Banküberfälle, Entführungen und schließlich auch Mordanschläge
auf Protagonisten der deutschen Wirtschaft, Politik und Justiz gingen bis
in die 1980er Jahre auf das Konto der RAF und anderer ähnlicher
Untergrundgruppen wie etwa der „Bewegung 2. Juni" oder der Revolutionären
Zellen (RZ) und der Roten Zora.
Außerparlamentarische Opposition und Massenbewegungen ab den 1980er Jahren
Als Gegenbewegung zu den GRÜNEN, die einen parlamentarischen Weg wählten,
etablierten sich in den 1980ern die „Autonomen" außerhalb der Parlamente im
u.a. Bereich Anti-Atom, soziale Kämpfe Mieterrechte, internationale
Solidarität. Diese sind im Laufe der Jahrzehnte in alle Bereiche der
außerparlamentarischen Opposition übergegangen. Um den Einfluss einer neuen
Opposition zu verringern und diese zu kontrollieren floss in den letzten
Jahrzehnten viel Geld in „Nichtregierungsorganisationen" in seltenen Fällen
wurden exponierten Personen Posten und Mandate angeboten. Teilweise werden
Aktivitäten der APO gar von staatlichen Einrichtungen gekontert bzw.
adaptiert. Anfang bis Ende der 1990er Jahre entwickelte sich eine starke
antifaschistische Bewegung, siehe „Neue Soziale Bewegungen". Im Falle des
Mitbegründers von Attac Deutschland Sven Giegold gelang es, eine
außerparlamentarische Person der 1990er APO für die Grünen ins EU Parlament
zu holen. Attac verlor daraufhin an Einfluss und wurde z. B. von „Occupy
Germany" beerbt. Inzwischen haben die Grünen kaum noch Einfluss auf
entscheidende Bewegungen außerhalb der Parlamente, dennoch gehörten sie
immer zu den Profiteuren in Form von Wählerstimmen. Ein Missverständnis
zwischen Aktivisten der APO und deren Sympathisanten. Im Spannungsfeld APO
/ Parlament sind zuletzt die Piraten stark geworden, diese brachten es aus
dem Stand auf über 30.000 Mitglieder und in mehrere Parlamente. Wie die
Vorfälle in Stuttgart (oben bleiben!) und z. B. auch Hamburg im Winter
2013/14 (Kloobürstenrevolte) belegen, ist die APO
in der Bevölkerung
inzwischen weit verankert und es kommt z.T. zu wirklichen Volksbewegungen
vor allem in den urbanen Zentren, ohne dass Parteien des Parlaments
Einfluss auf diese Bewegungen hätten. In Wahlergebnissen haben zuletzt noch
Grüne von diesen Bewegungen in Form von Wahlstimmen profitiert, werden aber
längst nicht mehr als parlamentarischer Arm der außerparlamentarischen
Bewegungen begriffen. In Grundpositionen zu Wirtschafts- und
Sicherheitsfragen, so belegen Umfragen und Studien, isolieren sich die
parlamentarischen Parteien immer weiter von wesentlichen Positionen in der
Bevölkerung. Die parlamentarischen Parteien können ihren Grundanspruch, die
politische Willensbildung des Volkes zu bestimmen, immer weniger umsetzen.
Das Parlament nimmt die Belange der Wählerschaft inzwischen nur noch als
ein bestenfalls gleichberechtigtes Interesse z. B. zu den Interessen
militärischer Bündnispartner, Wirtschaftslobbyisten, Judikativlobbyisten,
Exekutivlobbyisten, außenpolitischen Richtlinien, Staatsräson und ähnlich
wahr, dies wird mit zunehmender Entfremdung quittiert. Soweit die Vorwürfe
der außerparlamentarischen Opposition gegenüber den etablierten Parteien.
Um das Parlament zu stärken, bedarf es mitgliedsstarker in der Bevölkerung
verankerter Parteien. Dies hat noch keine APO geschafft ohne
parlamentarisch zu werden, lediglich die verbotene SPD und die verbotene
KPD waren sehr einflussreiche und starke politische außerparlamentarische
Parteien, aufgrund des Verbotes unfreiwillig. Die K- Gruppen der 70er
gingen zum Teil in den Grünen und später in den Linken auf. Die
Kommunistische Partei Deutschlands des kommunistischen Manifestes war 1848
als außerparlamentarische internationalistische politische Kraft gegründet
worden. Die Suffragetten waren ebenfalls notgedrungen außerparlamentarisch,
da es zu deren Zeit kein Frauenwahlrecht gab. In der Türkei z. B. sind
heute auch viele der in der APO aktiven Parteien verbotene Parteien. So
auch die namensgebende APO in Westdeutschland, sie war eine Reaktion auf
die 1956 verbotene KPD.
Die konservativen Protest-Bewegungen von Teilen der Gesellschaft, die sich
in der aktuellen Politik sowohl von der Regierung als auch von der
Opposition nicht mehr vertreten fühlen, werden von einigen Medien als neue
Form der außerparlamentarischen Opposition bezeichnet.¹ ² ³
Die APO und die Staatssicherheit
Die Aufarbeitung der Akten der ostdeutschen Staatssicherheit hat gezeigt,
dass eine Reihe von Mitgliedern der APO Kontakte zur Stasi hatten. Wie die
Kontakte zwischen APO und Stasi zu bewerten sind bzw. inwieweit die
westdeutsche APO durch die Stasi beeinflusst war, ist in der Forschung
umstritten. Hubertus Knabe vertritt die Auffassung, die APO sei von der
Stasi unterwandert und wesentlich beeinflusst worden.⁴ Gruppen wie die DKP
oder die westdeutsche Friedensbewegung wurden zudem finanziell von der DDR
unterstützt.
Literatur
- Otto Wilfert, Gerhard Szcesny: Lästige Linke. Ein Überblick über die
außerparlamentarische Opposition der Intellektuellen, Studenten und
Gewerkschafter. Asche-Verlag für Politische Texte, Mainz 1968
- APO-Adressbuch, Deutschland, Österreich, Schweiz. Pamphlet-Verlag,
München 1969
- APO-Press. Informationsdienst für die Außerparlamentarische Opposition.
Maringer, München 1968-1969
- Danny Walther: Die „Fiedler-Debatte" oder kleiner Versuch, die „Chiffre
1968" von links ein wenig auf-zuschreiben. (Ausgehend von der sog.
„Fiedler-Debatte" des Jahres 1968 wird das Spannungsverhältnis von
(revolutionärer) Politik, Kunst, Literatur und Ästhetik umfassend
untersucht.) 341 S., Leipzig 2007; Abstract und Volltext.
- Die Studentenproteste der 60er Jahre. Archivführer, Chronik.
Bibliographie. Hrsg. von Thomas P. Becker und Ute Schröder. Böhlau
Verlag, Köln, Weimar, Wien 2000. ISBN 978-3-412-07700-6.
- Boris Spernol: Notstand der Demokratie. Der Protest gegen die
Notstandsgesetze und die Frage der NS-Vergangenheit, ISBN
978-3-89861-962-2.
- Guido Viale: Die Träume liegen wieder auf der Strasse. Offene Fragen der
deutschen und italienischen(!) Linken nach 1968. Wagenbach, Berlin 1979
(sehr wichtiges Buch von einem, der wirklich beteiligt war).
- Michael Ruetz: „Ihr müsst diesen Typen nur ins Gesicht sehen" – APO
Berlin 1966—1969. Zweitausendeins Verlag, Frankfurt 1980 (Fotobuch mit
Texten).
- Che, Schah, Shit. Die sechziger Jahre zwischen Cocktail und Molotow.
(Redaktion: E. Siepmann, I. Lusk, J. Holtfreter, M. Schmidt, G. Dietz)
Elefanten Press, BilderLeseBuch, Berlin 1984. ISBN 3-88520-060-0.
- Peter Mosler: Was wir wollten, was wir wurden. Zeugnisse der
Studentenrevolte. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1988.
- Michael Ruetz: 1968 – Ein Zeitalter wird besichtigt. Zweitausendeins
Verlag, Frankfurt 1997. Steidl Verlag, Göttingen, 1998.
- Lutz Schulenburg (Hrsg.): Das Leben ändern, die Welt verändern! 1968 –
Dokumente und Berichte. Edition Nautilus Hamburg, 1998. ISBN
3-89401-289-7. (Hier sind die unterschiedlichen Strömungen, dieser
internationalen Revolte versammelt.)
- Rudolf Sievers (Hrsg.): 1968 – eine Enzyklopädie. Suhrkamp TB, Frankfurt
2004. ISBN 3-518-12241-X. (Dieses Buch stellt einige der wichtigsten
Texte zur Verfügung, die damals prägend waren.)
- Stephan Eisel / Gerd Langguth: Mythos '68: zur APO und ihren Folgen.
Sankt Augustin, 2001.
- Martin Klimke / Joachim Scharloth (Hrsg.): 1968. Ein Handbuch zur Kultur-
und Mediengeschichte der Studentenbewegung. Stuttgart 2007: Metzler. ISBN
3-47602-066-5.
- Jochen Zimmer (Hrsg.): "Lagerfeuer im Atomzeitalter. Gewerkschaftliche
und sozialdemokratische Jugendgruppen unter Einfluß der ApO. Trikont
Verlag Duisburg 2009.
- Jens Benicke: Von Adorno zu Mao. Über die schlechte Aufhebung der
antiautoritären Bewegung. ça ira Verlag 2010. ISBN 978-3-924627-83-6
- Reiner Zilkenat: Historische Forschungen zur Revolution 1918/19 und ihre
Rezeption in der Zeit der außerparlamentarischen Opposition, online auf
workerscontrol.net
Einzelnachweise
[1] Holger Witzel: Pegida ist wie ′68 von rechts, Stern vom 27. Oktober
2015 (abgerufen am 6. Januar 2016)
[2] Deutschlandradio Kultur vom 23. Januar 2015 – Pegida auf der Couch:
Eine konservative APO? (abgerufen am 6. Januar 2016)
[3] Alan Posener: Was Pegida und die 68er gemeinsam haben, Die Welt vom 17.
Januar 2015 (abgerufen am 6. Januar 2016)
[4] Hubertus Knabe:: Die unterwanderte Republik: Stasi im Westen, München,
2001.
68er-Bewegung
Unter dem Schlagwort 68er-Bewegung werden internationale und politisch
linksgerichtete Bürgerrechtsbewegungen zusammengefasst, die Mitte der
1960er Jahre aktiv geworden sind. Sie begannen mit den Protesten
US-amerikanischer Bürgerrechtler. In Deutschland, ebenso wie in anderen
Ländern Europas, gab es intensive zivile Konflikte. Nach dem Mauerbau am
13. August 1961 verlagerte sich der Fokus des Ost-West-Konflikts. Die
sowjetisch-chinesischen Spannungen und die Stellvertreterkriege, wie sie in
Vietnam geführt wurden, gerieten in den Vordergrund. Die kubanische
Revolution, die erste Eskalation des amerikanischen Krieges in Vietnam, die
Klassenkämpfe im Kongo und die Revolution in Algerien gaben dem Denken eine
neue Richtung. 1968 uferten die von diesen Bewegungen thematisierten
Konflikte aus. In den USA kam es zu Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg,
sowie gegen die Folgen der Ermordung des Theologen und Bürgerrechtlers
Martin Luther King. Die Intensivierung des Vietnamkrieges bot der Neuen
Linken einen zentralen Bezugspunkt, der sie zu einem globalen Phänomen
machte.
Transnationale Dimension
Vom Prager Frühling abgesehen wird die 68er-Bewegung häufig als westliches
Phänomen wahrgenommen. 1968 sei sogar „zum Synonym für die kulturelle
Verwestlichung geworden".¹ Dagegen deutet Immanuel Wallerstein die
Bürgerrechtsbewegungen der 1960er-Jahre als ein gegen den Kapitalismus
gerichtetes globales Ereignis. Er verwendet den Begriff der
„Weltrevolution". Wallerstein geht von der Annahme aus, dass der
Kapitalismus als Weltsystem existiere, sodass es auf nationaler Ebene keine
Revolution geben könne. In der Gleichzeitigkeit vieler Aufstände – sowohl
1848 als auch 1968 – erkennt er echte Weltrevolutionen. 1968 sei die
Hegemonie der USA die wichtigste gemeinsame Angriffsfläche gewesen.²
Marcel van der Linden versuchte zu erklären, warum innerhalb eines kurzen
Zeitraums Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre viele verschiedene
Prozesse abliefen. Zum einen nennt er drei strukturelle Faktoren:
- Das starke Wirtschaftswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg, das in der
Krise von 1966/67 stockte.
- Die weltweit stärkere Beteiligung an Bildung, einschließlich der
universitären Ausbildung.
- Die Dekolonisierung, die nach dem Zweiten Weltkrieg begann und sich
Anfang der 1960er Jahre beschleunigte.
Neben diesen strukturellen Einflüssen nennt er mehrere Ereignisse, die zu
anderen Formen der Politik inspirierten: Die kubanische Revolution, die
chinesische Große Proletarische Kulturrevolution und der Prager Frühling
1968. Ebenso wichtig war die Tet-Offensive im Vietnamkrieg. Als weiteres
Argument führt van der Linden wechselseitige Lernprozesse und
internationale Kontakte an. Kontakte sowohl zwischen Arbeitern, die im Zuge
des Aufstiegs multinationaler Unternehmen eine globale Vertretung ihrer
Interessen zu organisieren suchten, als auch zwischen radikalen Studenten
und Arbeitern.³ Damit lenkt van der Linden die Aufmerksamkeit auf
nichtstudentische Bewegungen, insbesondere auf die Arbeiteraufstände in
Frankreich, Italien und Spanien.
Die transnationale Dimension der 68er-Bewegung ist durch Dekolonisierung,
Antiimperialismus und durch den Widerstand gegen verschiedene Formen des
Neokolonialismus gefördert worden. Besonders der Antikolonialismus stellte
eine große Verbundenheit zwischen Akteuren auf der ganzen Welt her. Die
Fokustheorie des Ernesto Che Guevara und die Schriften des algerischen
Befreiungskämpfers Frantz Fanon bildeten einen gemeinsamen
Integrationsrahmen und führten zu konkreten Organisationsformen im Sinne
einer Guerillamentalität. Die kubanische Revolution (1959) und der
Algerienkrieg (1954-1962) können als Wegbereiter der 68er-Bewegung
betrachtet werden.⁴
Im Zeitgeist der 68er begünstigte die transnationale Struktur der
katholischen Kirche die Entstehung der Befreiungstheologie. Das Zweite
Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965 forderte eine umfassende Erneuerung
der Kirche. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der von Armut,
Unterdrückung und Ungerechtigkeit geprägten Lebenssituation in
Lateinamerika akzeptierte 1968 die Bischofskonferenz von Medellín die Idee
von der Theologie der Armen.⁵ Ähnliche Konzepte entwickelten sich in
Südafrika und in Asien. Die aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung
hervorgegangene „schwarze Theologie" verstand sich als eine radikale Form
der Befreiungstheologie.⁶
68er-Generation
Ihrer internationalen Bedeutung ungeachtet, bezeichnet der deutsche
Sprachgebrauch die Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland, die von
der Studentenbewegung der 1960er Jahre ausgingen, als 68er-Bewegung.⁷ ⁸ Sie
hat einer ganzen Generation ihren Namen gegeben. Für diese Menschen waren
die späten 1960er Jahre eine prägende Phase. Wer dieser Generation
angehörte und sich aktiv an den Protesten beteiligte, wurde als 68er oder
Alt-68er bezeichnet. Der Publizist Rainer Böhme definiert die acht
Millionen Deutschen der Jahrgänge 1940 bis 1950 als 68er. Ab 2005 erreichte
diese Generation ihr Renteneintrittsalter.⁹ Aufgrund alltäglicher
Wahrnehmungen kategorisieren einige Länder die Auflehnung der 68er als
Generationenkonflikt oder als Jugendbewegung. Diese Sichtweise lässt
unbeachtet, dass unterschiedliche Generationen an den Konflikten beteiligt
waren. Auf der Basis eines differenzierten theoretischen Konzepts lässt
sich die soziale Bewegung von 1967/68 als generationale Protestbewegung
begreifen, die internationale Bedeutung erlangte.¹⁰ ¹¹
Ausgangssituation und Ursachen der 68er-Bewegung
Bundesrepublik Deutschland
Der 1930 geborene Verleger Klaus Wagenbach beschreibt die Ursachen der
68er-Bewegung aus seiner eigenen Erfahrung: „1954, als sie in Bern
Fußballweltmeister wurden, habe ich in Frankfurt gehört, wie nach der
Deutschlandhymne wie früher das Horst-Wessel-Lied gebrüllt wurde. Das
Gebrüll des Dritten Reichs konnte man in den Wochenschauen hören, und im
Rundfunk wurde wie früher gebellt. Wenn einer laut Gitarre spielte, kam
sofort der Polizeiknüppel. Das waren die Schwabinger Krawalle. Sie machten
sich strafbar, wenn Sie Geschlechtsverkehr hatten, ohne verheiratet zu
sein. Wenn Hildegard Knef eine halbe Brust heraushängen ließ, wurde die
Aktion Saubere Leinwand aktiv."¹²
Das Ende der 1940er Jahre einsetzende Wirtschaftswunder und die
antikommunistisch geprägte Westorientierung der Politik Konrad Adenauers¹³
bewirkte schnelle gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen. Die 1949
erfolgte Gründung des sozialistischen Staates der DDR verstärkte diesen
Wandel. In dieser Zeit entwickelten sich zwischen der Generation, die den
Krieg erlebt hat, und den Nachgeborenen Spannungen. Hinzu kam die
gesellschaftliche Aufgabe der Eingliederung von acht Millionen
Vertriebenen, sowie von eineinhalb Millionen Zuwanderern aus der
sowjetischen Besatzungszone beziehungsweise der DDR.¹⁴
DDR
1945 gab es in der sowjetischen Besatzungszone und ab 1949 in der DDR
Widerstand gegen die SED. Am stärksten lehnten sich die ostdeutschen
Sozialdemokraten auf. Sie sprachen sich zu Tausenden gegen die Vereinigung
ihrer Partei mit der KPD aus. Die sowjetische Militäradministration
inhaftierte 6000 ihrer Mitglieder. 1949 wurde der Student Wolfgang Natonek
wegen seines Engagements für die Meinungsfreiheit zu 25 Jahren Zwangsarbeit
verurteilt. Er verbüßte sieben Jahre. 1950 verurteilten die Gerichte der
DDR 78.000 Angeklagte wegen politischer Delikte. Unter diesen Bedingungen
war politischer Widerstand nur verdeckt möglich.¹⁵ Nach Stalins Tod im März
1953 stand die reformorientierte Kritik am Sozialismus der DDR im
Mittelpunkt der politischen Opposition. Allerdings war klar, dass sich in
der SED kein neuer Kurs durchsetzen würde. Am 17. Juni 1953 eskalierte die
Situation in einem Volksaufstand, den sowjetische Truppen blutig
niederschlugen.¹⁶ Die anschließend einsetzende Abwanderung von DDR-Bürgern,
vor allem in die Bundesrepublik, führte in der DDR zu ökonomischen
Problemen. Zwischen 1949 und dem Bau der Mauer 1961 waren knapp 2,7
Millionen Menschen nach Westdeutschland geflohen.¹⁷
Tschechoslowakei
1946 kam die kommunistische Partei der Tschechoslowakei aus eigener Kraft
an die Regierung.¹⁸ Die Partei genoss wegen ihres aktiven Widerstands gegen
die deutsche Besatzung unter Nichtkommunisten Anerkennung. Sie versprach
einen sozialistischen Weg, der den demokratischen Traditionen des Landes
gerecht werden sollte. Aber nach Stalins Tod 1953 gab es innerhalb der
Partei keine nennenswerten Kräfte, die eine Entstalinisierung unterstützt
hätten. 1954 wurden slowakische Kommunisten wegen „bourgeoisem
Nationalismus" zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwischen 1948 und 1954 soll
es in der Tschechoslowakei bei einer Bevölkerung von 14 Millionen Menschen
150 000 politische Häftlinge gegeben haben. Vor allem Jugendliche und
Intellektuelle protestierten gegen die fehlende Aufarbeitung des
Stalinismus.¹⁹
Polen
Die seit dem Tod Josef Stalins im März 1953 eingetretene Lockerung des
politischen Klimas erreichte im polnischen Oktober 1956 ihren Höhepunkt.
Der Stalinismus galt als überwunden. Die Bevölkerung hoffte, dass die
Regierung von Władysław Gomułka den Kommunismus liberalisieren würde.
Politische und ökonomische Probleme konnten öffentlich thematisiert werden.
Kardinal Wyszyński kehrte aus der Verbannung zurück.²⁰ In den folgenden
Jahren rückte Gomulka von einem demokratisch verfassten Sozialismus ab. Die
Erwartungen der Bevölkerung wurden enttäuscht. Die Regierung schränkte die
Errungenschaften des Oktober 1956 wieder ein. Als Westeuropa ein
Wirtschaftswunder erlebte, ging es in Polen wirtschaftlich bergab.²¹
Frankreich
Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Parti communiste français (PCF)
stärkste Partei. In der Zeit nach dem Krieg waren die französischen
Arbeiter vorwiegend in der PCF organisiert.²² Anschließend zersplitterte
sich die französische Linke, es entstand die Parti Socialiste (PS).
Gleichwohl waren die kommunistischen Parteien, die in der Resistance gegen
den Faschismus kämpften, wichtige Elemente der Demokratie.²³ Die politisch
Rechte war ebenso stark, weil es dem späteren Präsidenten Charles de Gaulle
gelang, die Resistance für sich zu gewinnen. Die 1958 unter de Gaulle
gegründete Fünfte Französische Republik profitierte von einem starken
wirtschaftlichen Aufschwung. Diese Konjunktur veränderte die soziale
Struktur der französischen Gesellschaft. Viele Bauern zog es in die Städte.
Dort erweiterten sie „gemeinsam mit Immigranten die Arbeiterklasse um eine
junge, militante und von der Bürokratie der Gewerkschaft schwer zu
kontrollierende Schicht".²⁴
Italien
Die konservative Democrazia Cristiana regierte das Land seit 1948. Ihr
stand mit Partito Comunista Italiano (PCI) die stärkste kommunistische
Partei Westeuropas gegenüber. Bis Anfang der 1960er Jahre gelang es, die
PCI systematisch von der Macht fernzuhalten.²⁵ Ökonomisch betrachtet
entwickelte Italien sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Agrar-
zum Industrieland. Die heutige Globalisierung erinnert an diese
Umwälzungen. Die Migration von Arbeitern aus Süditalien in den Norden ließ
dort anonyme Trabantenstädte entstehen. Das aufkommende Unbehagen in
Kreisen der Bevölkerung, die vom wirtschaftlichen Aufschwung ausgeschlossen
waren, fing der Staat nicht durch sozialpolitische Maßnahmen auf. Das
italienische Wirtschaftswunder der 1950er Jahre verlief gespalten.
Außerdem war das Bildungssystem zu reformieren. Die Lehrinhalte an den
Universitäten waren noch faschistisch geprägt.²⁶
Für Italiens Intellektuelle ging es um die Fortsetzung der Resistenza von
1940. Es ging um die Frage, warum die Widerstandskämpfer keine Revolution
wagten. Diese Idee des verratenen Widerstands, den die PCI nach 1945 nicht
weitergeführte, spielte 1968 eine große Rolle.²⁷
1960 demonstrierten in Genua Hafenarbeiter, frühere Widerstandskämpfer,
Studenten und Jugendliche gegen einen Kongress des faschistischen Movimento
Sociale Italiano. Das harte Eingreifen der Polizei löste landesweit eine
Welle des Protests aus.²⁷
Vereinigte Staaten
In den 1950er Jahren begannen Afroamerikaner unter der Führung von Martin
Luther King mit Boykotts, Märschen und gewaltfreien Protesten. Sie strebten
ein Ende der Rassendiskriminierung an.²⁸ Als Earl Warren, ein ehemaliger
Gouverneur von Kalifornien, Richter am Obersten Gerichtshof wurde, gelang
es ihm, das Gericht in dem Verfahren Brown vs. Board of Education at Topeka
dazu zu bewegen, gegen die bis dahin geltende Doktrin separate but equal zu
stimmen. Damit war dieser Grundsatz ab dem 17. Mai 1954
verfassungswidrig.²⁹ Diese Entscheidung war der erste Wandel im Leben der
Afroamerikaner seit der Reconstruction.
Martin Luther King beteiligte sich 1955 maßgeblich an dem sogenannten
Busboykott von Montgomery. Im Dezember 1956 entschied das Oberste Gericht
der USA, dass jede Form der Rassentrennung in Bussen verfassungswidrig
ist.³⁰ Trotz allem setzten sich die Schikanen gegen Farbige fort. Diese
Übergriffe werden unter dem Begriff „raffinierter amerikanischer Rassismus"
zusammengefasst. Schwarze tendierten dazu, in die Großstädte des Nordens zu
ziehen. Dort versprachen sie sich Arbeit und eine bessere gesellschaftliche
Position als in den Südstaaten. Im Laufe der Zeit bildeten sich dadurch
Ghettos. Diese wirtschaftlichen, politischen, sozialen und rechtlichen
Probleme bereiteten den Boden für die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung
der 1960er Jahre.³¹
Mexiko
Ab 1929 regierte die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI). Die
PRI schaffte ein politisches Gebilde, das große Teile der erwerbsfähigen
Bevölkerung formell beschäftigte. Als Arbeitgeber fungierten
Gewerkschaften, Bauernorganisationen und städtische Institutionen. Soziale
Leistungen von oben wurden mit politischer Loyalität von unten bezahlt. Die
PRI integrierte systematisch soziale Interessen. Sie wirkte wie eine Brücke
zwischen den lokalen Machtblöcken. „Lange Zeit wurde in ihren Reihen und in
Symbiose mit dem jeweiligen Präsidenten die Machtbalance zwischen einer das
Land modernisierenden metropolitanen Koalition (Unternehmer, städtische
Arbeitnehmer und technokratische Politiker) und peripheren Machtcliquen
(Caudillos und Caciquen) erfolgreich ausgehandelt".³²
Ab 1940 prosperierte die Wirtschaft. Industrialisierung und moderne
Elemente eines Sozialstaats prägten das Land. Zu dieser Zeit entstand eine
wohlhabende urbane Mittelschicht. Aber die soziale und ökonomische
Ungleichheit verschärfte sich, besonders auf dem Lande. Bei größeren
Konflikten ging es um regionale Landkämpfe. 1958/59 wurde ein Streik der
Eisenbahner gewaltsam aufgelöst. Die Behörden verhafteten 6000
Demonstranten. Trotzdem wurde das politische System erst in den 1960er
Jahren hinterfragt.³³
Die 1960er Jahre als politischer Wendepunkt
Roman Rosdolskys 1968 veröffentlichtes Standardwerk Zur
Entstehungsgeschichte des Marxschen Kapital war für die Neue Linke eine
maßgebende Interpretation der Kritik der politischen Ökonomie von Karl
Marx. Es bestärkte die bundesdeutsche 68er-Bewegung in ihrer Forderung nach
einem Ausstieg aus dem kapitalistischen System.³⁴ Dieses Motiv der „großen
Verweigerung" stammt von dem deutsch-amerikanischen Soziologen und
Philosophen Herbert Marcuse. In seinem 1964 veröffentlichten Werk Der
eindimensionale Mensch versuchte er, die befreite Gesellschaft
vernunfttheoretisch und triebtheoretisch zu begründen. 1967 führte Marcuse
in seinem an der Freien Universität Berlin gehaltenen Vortrag Das Ende der
Utopie diesen theoretischen Ansatz aus. Nach Ansicht des US-amerikanischen
Sozialwissenschaftlers Immanuel Wallerstein ist die aufbegehrende
Mittelschicht das Charakteristikum der internationalen 68er-Bewegung. Diese
Mittelschicht und mit ihr das kapitalistische Weltsystem sieht Wallerstein
untergehen.
In den weltweiten Protesten der 1968er Jahre erlebte die von Max Horkheimer
und Theodor W. Adorno entwickelte Kritische Theorie ihre Blütezeit. Sie
will gesellschaftliche Mechanismen der Beherrschung und Unterdrückung
aufdecken. Ihr Ziel ist eine vernünftige Gesellschaft mündiger Bürger.
Bundesrepublik Deutschland
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)
Am 10. Oktober 1962 erschien ein Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel.
Er trug den Titel Bedingt abwehrbereit. Die Autoren zogen den Schluss, dass
die Verteidigung der Bundesrepublik im Falle eines Angriffs der Warschauer
Pakt-Staaten nicht gesichert sei. Außerdem würde das von Franz-Josef Strauß
verfolgte Konzept des vorbeugenden Schlags den Frieden eher gefährden als
sichern. Nach dem Erscheinen dieses kritischen Artikels verhaftete die
Polizei den Herausgeber Rudolf Augstein, den Direktor des Verlags und
mehrere leitende Redakteure. Diese und andere Maßnahmen begründete die
Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf des Landesverrats. Die Verletzung von
Grundrechten durch Strafverfolgungsbehörden führte zu Protesten und
veränderte die politische Streitkultur.³⁵ Auch die 1963 geplanten
Notstandsgesetze, die Einschränkungen der Grundrechte vorsahen, stießen auf
eine außerparlamentarische Opposition. Die große Koalition (1966–1969)
setzte sie gegen diesen Widerstand durch.³⁶ 1965 bis 1969 kämpften die
Studierenden der Freien Universität Berlin für eine bundesweite Studien-
und Hochschulreform.³⁷
Eines der wichtigsten Publikationsorgane der außerparlamentarischen
Opposition war das Kursbuch (Zeitschrift). Es wurde 1965 von Hans Magnus
Enzensberger und Karl Markus Michel gegründet. Das Kursbuch erschien im
Suhrkamp Verlag, ab 1970 im Verlag Klaus Wagenbach.³⁸
Am 1. Januar 1967 gründeten neun Männer und Frauen gemeinsam mit einem Kind
in West-Berlin die politisch motivierte Wohngemeinschaft Kommune I als
Gegenmodell zur bürgerlichen Kleinfamilie. Begründung: Aus der Kleinfamilie
entstehe der Faschismus. Im