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Die APO und die 60 er: Themenzusammenfassung
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eBook746 Seiten7 Stunden

Die APO und die 60 er: Themenzusammenfassung

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Über dieses E-Book

Die APO in den 1960er Jahren

In der Bundesrepublik Deutschland verstärkte sich ab Mitte der 1960er Jahre
mit der Studentenbewegung, die mit der APO oft synonym gesetzt wird, die
bis dahin bedeutendste außerparlamentarische Opposition in Deutschland (die
sich selbst im Kürzel APO benannte). Ihre besonders von den
Universitätsstädten ausgehenden Aktivitäten erreichten in den Jahren 1967
und 1968 ihren Höhepunkt. Die häufig in Bezugnahme auf diese Zeit ihrer
Hochphase auch 68er-Bewegung genannte studentische APO wurde im
Wesentlichen getragen durch den Sozialistischen Deutschen Studentenbund
(SDS).

Die APO entwickelte sich aus der Opposition gegen die seit 1966 regierende
sog. große Koalition aus CDU und SPD unter Bundeskanzler Kurt Georg
Kiesinger (CDU) und die von dieser Regierung geplante
Notstandsgesetzgebung, die letztlich gegen die Proteste der APO und das
Votum der einzigen kleinen Oppositionspartei FDP durchgesetzt wurde. Die
somit nahezu fehlende Opposition im Deutschen Bundestag und das verbreitete
Gefühl, durch keine der im Bundestag befindlichen Parteien angemessen
vertreten zu werden, begünstigte das Erstarken der außerparlamentarischen
Opposition.

Des Weiteren forderte die APO eine Demokratisierung der Universitätspolitik
(ein Motto der Studentenbewegung, das die Verkrustung der Strukturen an den
Hochschulen aufzeigen sollte, lautete: "Unter den Talaren – Muff von 1000
Jahren"). Man warf der Elterngeneration, die sich nur für wirtschaftlichen
Wiederaufbau interessiere, eine gesellschaftliche Verdrängung der
Verbrechen des Nationalsozialismus vor und insbesondere die Tatsache, dass
immer noch ehemalige Nationalsozialisten in hohen und höchsten Ämtern
saßen. Die APO kritisierte die Notstandgesetzgebung mit ihrer weitgehenden
Entrechtung und Kontrolle der Bürger im Eventualfall, die die Assoziation
an den Faschismus weckten.
SpracheDeutsch
HerausgeberTD Textdesign
Erscheinungsdatum16. Juni 2016
ISBN9783958497528
Die APO und die 60 er: Themenzusammenfassung
Autor

Thom Delißen

Thom Delißen Alter Holzgarten 1 85435 Erding Tel. 08122 18553 Mail: [email protected] Jahrgang 63, geboren in Münster, aufgewachsen in Oberbayern. Der Autor verbrachte Jahre in Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Brasilien, Indien. Seine Kurzgeschichten und Lyrik versuchen das Rätsel nach dem Sinn und Sein zu hinterfragen, wollen auf die letzten Ziele – die Liebe und die Heiterkeit hinweisen. Verleger und Chefredakteur der Literaturzeitschrift "Schrieb". Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Literaturzeitschriften (Wienzeile, Maskenball, Bohnenstange, Brücke, Federwelt, Kult u.v.m.) Krimi-Magazinen, Anthologien. Mitautor Chronik Erding, Ex-Chefredakteur der regionalen Literaturzeitschrift "GedankenSprung". Organisator der Initiative "Worte und Taten". Mitglied der internationalen Autorengruppe "ProLyKu". "Question Authority" Kurzgeschichtensammlung von Thom Delißen/ Lyrik und Prosa erschienen im FV-Verlag/Lübeck Hörspiel "Rhéethron" Die Sätze. (u.v.m) "The Vanderbilt Berlin Wall Project" Brockmann "Mordsapfel" Sieben-Verlag "Criminalis" Pushmann "Wir bei C&C" (Hrsg. Metro 2008) "Der Teddybär" 2008 TD Textdesign "Plattform Carpe Diem" (Burger) "Spurenwelt" (Website Verlag) "100 % Worte für Brot" (FV-Verlag) CD "Gedankengischt" (TD Textdesign) CD "Do sei" Bayerische Texte CD Textsammlung "Fetzen" (TD Textdesign) "Die ganze Welt gesehen" (FV-Verlag) "10 X 10" Lyrikprojekt (Edition Thaleia) "Jeder Friedensgedanke ein Gedicht" Edition Octopus, Geest-Verlag Literamus (Trier) "Ene Mene Mu (Spendenedition TD Textdesign) und andere. Zahlreiche Veröffentlichungen im Internet Streitschriften, Kurzgeschichten, Lyrik. Unter dem Namen Th. Om kommt der Autor nunmehr mit seinen Werken der Ur-Bestimmung nach. Der Liebe wieder ihren Platz zu geben. "Ein Buch in Antworten" "Der Wanderer" "Die absolute Schöpfung" "Die lächelnde Unbedingtheit" "Die zärtliche Ewigkeit" "Das oberste Ziel eines jeden freiheits- und verantwortungsbewussten Menschen kann immer nur sein, Manipulation zu unterlaufen, Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen ..." Pages: www.th-om.com www.12Worte.de www.ABIA.th-om.com

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    Buchvorschau

    Die APO und die 60 er - Thom Delißen

    Woodstock-Festival

    Außerparlamentarische Opposition

    Außerparlamentarische Opposition (APO) beschreibt eine Opposition

    (lateinisch oppositio ‚Entgegensetzung'), die außerhalb des Parlamentes

    stattfindet, weil sie entweder in den im Parlament vertretenen oder

    sonstigen Parteien (noch) kein Sprachrohr hat oder auch gar nicht haben

    will.

    Abgrenzung zur parlamentarischen Opposition

    Oppositionsparteien in einer Parlamentarischen Demokratie können im

    Parlament vertreten sein, gehören aber nicht der Regierung an. Aber auch

    Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind, werden im allgemeinen

    Sprachgebrauch nicht zur „außerparlamentarischen Opposition" gerechnet,

    wenn sie darauf abzielen, ihre politischen Ziele parlamentarisch zu

    erreichen. So wird zum Beispiel die FDP nicht zur außerparlamentarischen

    Opposition gerechnet, obwohl sie seit 2013 nicht mehr im Bundestag

    vertreten ist.

    Nicht nur in Staaten ohne demokratisch gewähltes Parlament und ohne frei

    organisierte Parteien äußert sich die Opposition häufig im Bereich der

    Kunst (Schriftsteller, Theater, Pop-Musik, siehe auch Underground (Kunst)),

    der Kirche oder zum Beispiel innerhalb von Umweltschutzgruppen; aber gerade

    in diesen Staaten ist dies oft der einzige verbleibende Weg. Im Extremfall

    bleibt nur die Möglichkeit illegaler Untergrundarbeit des Widerstandes.

    Situation in Deutschland

    Eine außerparlamentarische Opposition kann sich in Deutschland vor allem

    auf die Grundrechte Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und

    Versammlungsfreiheit berufen, um ihre Forderungen öffentlich darzustellen.

    Neue politische Strömungen beginnen ihre Arbeit meist erst außerhalb der

    Parlamente und kommen etwa über die Länderparlamente unter Umständen bis in

    den Deutschen Bundestag oder sogar bis in die Bundesregierung Deutschlands.

    Ein Beispiel für diesen Weg ist die Partei Die Grünen, die im Januar 1980

    entstand und später als Bündnis '90/Die Grünen in einer Koalition mit der

    SPD von 1998 bis 2005 die Bundesregierung stellte.

    Die APO in den 1960er Jahren

    In der Bundesrepublik Deutschland verstärkte sich ab Mitte der 1960er Jahre

    mit der Studentenbewegung, die mit der APO oft synonym gesetzt wird, die

    bis dahin bedeutendste außerparlamentarische Opposition in Deutschland (die

    sich selbst im Kürzel APO benannte). Ihre besonders von den

    Universitätsstädten ausgehenden Aktivitäten erreichten in den Jahren 1967

    und 1968 ihren Höhepunkt. Die häufig in Bezugnahme auf diese Zeit ihrer

    Hochphase auch 68er-Bewegung genannte studentische APO wurde im

    Wesentlichen getragen durch den Sozialistischen Deutschen Studentenbund

    (SDS).

    Die APO entwickelte sich aus der Opposition gegen die seit 1966 regierende

    sog. große Koalition aus CDU und SPD unter Bundeskanzler Kurt Georg

    Kiesinger (CDU) und die von dieser Regierung geplante

    Notstandsgesetzgebung, die letztlich gegen die Proteste der APO und das

    Votum der einzigen kleinen Oppositionspartei FDP durchgesetzt wurde. Die

    somit nahezu fehlende Opposition im Deutschen Bundestag und das verbreitete

    Gefühl, durch keine der im Bundestag befindlichen Parteien angemessen

    vertreten zu werden, begünstigte das Erstarken der außerparlamentarischen

    Opposition.

    Des Weiteren forderte die APO eine Demokratisierung der Universitätspolitik

    (ein Motto der Studentenbewegung, das die Verkrustung der Strukturen an den

    Hochschulen aufzeigen sollte, lautete: „Unter den Talaren – Muff von 1000

    Jahren"). Man warf der Elterngeneration, die sich nur für wirtschaftlichen

    Wiederaufbau interessiere, eine gesellschaftliche Verdrängung der

    Verbrechen des Nationalsozialismus vor und insbesondere die Tatsache, dass

    immer noch ehemalige Nationalsozialisten in hohen und höchsten Ämtern

    saßen. Die APO kritisierte die Notstandgesetzgebung mit ihrer weitgehenden

    Entrechtung und Kontrolle der Bürger im Eventualfall, die die Assoziation

    an den Faschismus weckten. Außerdem schloss sie sich den weltweiten

    Protesten gegen den „westlichen Imperialismus" sowie die wachsende Gefahr

    eines Atomkrieges durch die atomare Aufrüstung der reichen

    Industrienationen, insbesondere der USA, und dem Protest gegen den

    Vietnamkrieg an und solidarisierte sich mit der nordvietnamesischen

    Guerilla gegen die USA. Neben anderen Protagonisten der revolutionären

    Befreiungsbewegungen der so genannten Dritten Welt, wie zum Beispiel Fidel

    Castro und Che Guevara, fungierten auch der Anführer der vietnamesischen

    Revolution und Begründer der vietnamesischen kommunistischen Partei, Ho Chi

    Minh, sowie Mao Tse-Tung, der in China die Kulturrevolution eingeleitet

    hatte, als Galionsfiguren auf Protestmärschen. Jedoch kritisierten

    einflussreiche Studentenführer wie beispielsweise Rudi Dutschke und

    Hans-Jürgen Krahl nicht nur den mangelhaft vorangetriebenen

    Demokratisierungsprozess im Westen, sondern zugleich den durch

    Bürokratismus verfälschten Kommunismus im Osten, insbesondere den

    Sowjetkommunismus, der sich ohnehin durch die mörderische stalinistische

    Ära diskreditiert hatte.

    Sehr bald waren es nicht nur einzelne Politikfelder, in denen die

    Studentenbewegung in die gesellschaftliche Diskussion eingriff. Sie weitete

    ihre Kritik aus und forderte grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen

    in einem sozialistisch-revolutionären Sinn. Neue Formen des Zusammenlebens

    wurden ausprobiert, ebenso wie neue Formen des Protests und der politischen

    Aktion. Hierbei machte besonders die „Kommune I" mit Wortführern wie Fritz

    Teufel, Dieter Kunzelmann und Rainer Langhans von sich reden. Ihre

    politischen Happenings und Aktionen führten mehrfach zu Gerichtsverfahren,

    die ebenfalls als Plattform für spektakuläre Protest-Auftritte genutzt

    wurden.

    Unterstützung und theoretische Orientierung fand die APO teilweise auch

    durch Intellektuelle und Philosophen wie etwa Ernst Bloch, Theodor W.

    Adorno, Herbert Marcuse, den Vertreter des französischen Existenzialismus

    Jean-Paul Sartre und andere (vgl. auch Frankfurter Schule und Kritische

    Theorie).

    Insgesamt blieb die westdeutsche APO im Wesentlichen auf eher junge

    Menschen wie Studenten und Schüler beschränkt. Sie konnte in der

    Arbeiterschaft und im bürgerlichen und kleinbürgerlichen Milieu der

    Bundesrepublik Deutschland kaum Fuß fassen. Einige Chronisten der Zeit, wie

    z. B. Jutta Ditfurth, widersprechen dieser These jedoch und beziehen die

    Arbeiterschaft (Auszubildende, etc.) mit in die politische Bewegung ein.

    Dies war in Frankreich anders. Dort kam es zeitweise zu Solidarisierung der

    Gewerkschaften mit der Studentenbewegung, was im Mai 1968 zu einer beinahe

    revolutionären Situation und im Gefolge von schweren Unruhen,

    Straßenkämpfen und Massenstreiks zu einer Staatskrise führte. Einem der

    Protagonisten der deutschen und der französischen APO, dem

    deutsch-französischen Aktivisten und späteren Grünen-Politiker Daniel

    Cohn-Bendit, wurde 1968 auf Initiative von Staatspräsident Charles de

    Gaulle zeitweilig die Wiedereinreise nach Frankreich verweigert.

    Weitere Mitglieder der APO waren Joseph 'Joschka' Fischer,

    Bundesaußenminister von 1998 bis 2005, und Matthias Beltz († 2002), ein in

    den späten 70er und 80er Jahren bekannter Kabarettist.

    Verschärfung des Konflikts

    Ein Wendepunkt in der Geschichte der westdeutschen APO trat ein, als am 2.

    Juni 1967 während der Demonstrationen gegen den Staatsbesuch des iranischen

    Schahs Mohammad Reza Pahlavi der Student Benno Ohnesorg von einem

    Polizisten erschossen wurde. Die Studentenbewegung radikalisierte sich,

    wurde zunehmend militanter und wandte sich verstärkt gegen die

    Springer-Presse, namentlich die Bild-Zeitung, die für die aufgeheizte

    Stimmung gegen die APO in der Bevölkerung verantwortlich gemacht wurde. Ein

    knappes Jahr nach dem Tod von Benno Ohnesorg wurde einer der prominentesten

    Wortführer des SDS, Rudi Dutschke von dem Arbeiter Josef Bachmann durch

    Pistolenschüsse schwer verletzt. Dutschke überlebte das Attentat, starb

    aber 1979 an den Spätfolgen der Verletzungen, die eine Epilepsie bei ihm

    verursacht hatten.

    Nach 1969 spielte die APO in der bisherigen Form keine nennenswerte Rolle

    mehr in der Bundesrepublik Deutschland, wenngleich es auch weiterhin

    außerparlamentarische Oppositionsaktivitäten gab. Neue soziale Bewegungen

    griffen seit den 1970er Jahren zumindest einzelne Politik- und

    Gesellschaftsbereiche auf, die teilweise auch schon durch die

    Studentenbewegung thematisiert worden waren. Neu hinzu kamen ab den 1970er

    Jahren die Themenbereiche und außerparlamentarischen Aktionsfelder

    Umweltschutz (Ökologie, Ökobewegung) und Atomenergie (Atomkraftgegner), in

    denen sich auch viele ehemalige APO-Aktivisten wiederfanden.

    Ende des SDS bis zur Gründung der Grünen, Ende 1960er Jahre bis zur

    Gegenwart

    Der SDS spaltete sich nach 1968 auf. Es entstanden verschiedene miteinander

    konkurrierende linke Zirkel und kleine kommunistische Splitterparteien

    (K-Gruppen), die in der politischen Landschaft, zumindest auf

    parlamentarischer Ebene, ohne nennenswerten Einfluss blieben.

    Der von Rudi Dutschke propagierte „Marsch durch die Institutionen" wurde in

    gewisser Weise von jenen umzusetzen versucht, die um 1980 die Partei "Die

    Grünen" (heute Bündnis 90/Die Grünen) als eine Organisationsform der

    Anti-Atomkraft-, der Friedensbewegung und anderer neuer sozialer Bewegungen

    der 70er und 80er Jahre bildeten. Deren Gründer waren teilweise schon in

    der APO aktiv. 1983 wurden die Grünen in den Bundestag gewählt, wo sie sich

    als parlamentarisches Spielbein der „Bewegung" verstanden, dabei ihre

    Wurzeln und ihren Schwerpunkt zunächst weiterhin in den Neuen Sozialen

    Bewegungen sahen. Innerhalb weniger Jahre etablierten sich die Grünen

    zusehends als parlamentarische Kraft. Schon in der Anfangsphase nach der

    Parteigründung spaltete sich ein rechtskonservativer Parteiflügel ab.

    Grundlegende Konflikte zwischen so genannten „Fundis" (Fundamentalisten)

    und „Realos" (Realpolitikern) führten jedoch bis heute, vor allem Anfang

    der 1990er Jahre, zu Austritten prominenter Ökosozialisten aus der Partei.

    Die damit einhergehende Anpassung und zunehmende Kompromissbereitschaft der

    Grünen gegenüber den herkömmlichen gesellschaftspolitischen Strukturen

    brachte den Grünen einerseits einen verstärkten Wählerzuwachs, andererseits

    einen bis in die Gegenwart zunehmenden Widerspruch in den

    außerparlamentarischen Bewegungen ein, auf die sie sich einst beriefen –

    und dies bis heute teilweise noch immer tun. Insbesondere seit sie als

    Bündnis 90/Die Grünen ab 1998 in der Koalition mit der SPD an der

    Bundesregierung beteiligt waren und in dieser Koalition auch originäre

    Themen und Anliegen der ehemaligen APO in den Augen Vieler nicht mehr oder

    zu wenig vertraten, richteten sich zunehmend Demonstrationen der neuen

    außerparlamentarischen Bewegungen auch gegen die Politik der Grünen, vor

    allem nach deren Zustimmung zur Kriegsbeteiligung im Kosovo-Krieg 1999 und

    dem Afghanistan-Krieg 2002.

    Radikalisierte Splittergruppen

    Ein kleiner Teil von APO-Aktivisten um Andreas Baader, Gudrun Ensslin und

    anderen, zu denen später auch die Journalistin Ulrike Meinhof stieß, ging

    nach einigen Brandanschlägen auf Kaufhäuser unter anderem in den illegalen

    Untergrund und organisierte als Rote Armee Fraktion (RAF) den „bewaffneten

    Widerstand". Banküberfälle, Entführungen und schließlich auch Mordanschläge

    auf Protagonisten der deutschen Wirtschaft, Politik und Justiz gingen bis

    in die 1980er Jahre auf das Konto der RAF und anderer ähnlicher

    Untergrundgruppen wie etwa der „Bewegung 2. Juni" oder der Revolutionären

    Zellen (RZ) und der Roten Zora.

    Außerparlamentarische Opposition und Massenbewegungen ab den 1980er Jahren

    Als Gegenbewegung zu den GRÜNEN, die einen parlamentarischen Weg wählten,

    etablierten sich in den 1980ern die „Autonomen" außerhalb der Parlamente im

    u.a. Bereich Anti-Atom, soziale Kämpfe Mieterrechte, internationale

    Solidarität. Diese sind im Laufe der Jahrzehnte in alle Bereiche der

    außerparlamentarischen Opposition übergegangen. Um den Einfluss einer neuen

    Opposition zu verringern und diese zu kontrollieren floss in den letzten

    Jahrzehnten viel Geld in „Nichtregierungsorganisationen" in seltenen Fällen

    wurden exponierten Personen Posten und Mandate angeboten. Teilweise werden

    Aktivitäten der APO gar von staatlichen Einrichtungen gekontert bzw.

    adaptiert. Anfang bis Ende der 1990er Jahre entwickelte sich eine starke

    antifaschistische Bewegung, siehe „Neue Soziale Bewegungen". Im Falle des

    Mitbegründers von Attac Deutschland Sven Giegold gelang es, eine

    außerparlamentarische Person der 1990er APO für die Grünen ins EU Parlament

    zu holen. Attac verlor daraufhin an Einfluss und wurde z. B. von „Occupy

    Germany" beerbt. Inzwischen haben die Grünen kaum noch Einfluss auf

    entscheidende Bewegungen außerhalb der Parlamente, dennoch gehörten sie

    immer zu den Profiteuren in Form von Wählerstimmen. Ein Missverständnis

    zwischen Aktivisten der APO und deren Sympathisanten. Im Spannungsfeld APO

    / Parlament sind zuletzt die Piraten stark geworden, diese brachten es aus

    dem Stand auf über 30.000 Mitglieder und in mehrere Parlamente. Wie die

    Vorfälle in Stuttgart (oben bleiben!) und z. B. auch Hamburg im Winter

    2013/14 (Kloobürstenrevolte) belegen, ist die APO in der Bevölkerung

    inzwischen weit verankert und es kommt z.T. zu wirklichen Volksbewegungen

    vor allem in den urbanen Zentren, ohne dass Parteien des Parlaments

    Einfluss auf diese Bewegungen hätten. In Wahlergebnissen haben zuletzt noch

    Grüne von diesen Bewegungen in Form von Wahlstimmen profitiert, werden aber

    längst nicht mehr als parlamentarischer Arm der außerparlamentarischen

    Bewegungen begriffen. In Grundpositionen zu Wirtschafts- und

    Sicherheitsfragen, so belegen Umfragen und Studien, isolieren sich die

    parlamentarischen Parteien immer weiter von wesentlichen Positionen in der

    Bevölkerung. Die parlamentarischen Parteien können ihren Grundanspruch, die

    politische Willensbildung des Volkes zu bestimmen, immer weniger umsetzen.

    Das Parlament nimmt die Belange der Wählerschaft inzwischen nur noch als

    ein bestenfalls gleichberechtigtes Interesse z. B. zu den Interessen

    militärischer Bündnispartner, Wirtschaftslobbyisten, Judikativlobbyisten,

    Exekutivlobbyisten, außenpolitischen Richtlinien, Staatsräson und ähnlich

    wahr, dies wird mit zunehmender Entfremdung quittiert. Soweit die Vorwürfe

    der außerparlamentarischen Opposition gegenüber den etablierten Parteien.

    Um das Parlament zu stärken, bedarf es mitgliedsstarker in der Bevölkerung

    verankerter Parteien. Dies hat noch keine APO geschafft ohne

    parlamentarisch zu werden, lediglich die verbotene SPD und die verbotene

    KPD waren sehr einflussreiche und starke politische außerparlamentarische

    Parteien, aufgrund des Verbotes unfreiwillig. Die K- Gruppen der 70er

    gingen zum Teil in den Grünen und später in den Linken auf. Die

    Kommunistische Partei Deutschlands des kommunistischen Manifestes war 1848

    als außerparlamentarische internationalistische politische Kraft gegründet

    worden. Die Suffragetten waren ebenfalls notgedrungen außerparlamentarisch,

    da es zu deren Zeit kein Frauenwahlrecht gab. In der Türkei z. B. sind

    heute auch viele der in der APO aktiven Parteien verbotene Parteien. So

    auch die namensgebende APO in Westdeutschland, sie war eine Reaktion auf

    die 1956 verbotene KPD.

    Die konservativen Protest-Bewegungen von Teilen der Gesellschaft, die sich

    in der aktuellen Politik sowohl von der Regierung als auch von der

    Opposition nicht mehr vertreten fühlen, werden von einigen Medien als neue

    Form der außerparlamentarischen Opposition bezeichnet.¹ ² ³

    Die APO und die Staatssicherheit

    Die Aufarbeitung der Akten der ostdeutschen Staatssicherheit hat gezeigt,

    dass eine Reihe von Mitgliedern der APO Kontakte zur Stasi hatten. Wie die

    Kontakte zwischen APO und Stasi zu bewerten sind bzw. inwieweit die

    westdeutsche APO durch die Stasi beeinflusst war, ist in der Forschung

    umstritten. Hubertus Knabe vertritt die Auffassung, die APO sei von der

    Stasi unterwandert und wesentlich beeinflusst worden.⁴ Gruppen wie die DKP

    oder die westdeutsche Friedensbewegung wurden zudem finanziell von der DDR

    unterstützt.

    Literatur

    - Otto Wilfert, Gerhard Szcesny: Lästige Linke. Ein Überblick über die

    außerparlamentarische Opposition der Intellektuellen, Studenten und

    Gewerkschafter. Asche-Verlag für Politische Texte, Mainz 1968

    - APO-Adressbuch, Deutschland, Österreich, Schweiz. Pamphlet-Verlag,

    München 1969

    - APO-Press. Informationsdienst für die Außerparlamentarische Opposition.

    Maringer, München 1968-1969

    - Danny Walther: Die „Fiedler-Debatte" oder kleiner Versuch, die „Chiffre

    1968" von links ein wenig auf-zuschreiben. (Ausgehend von der sog.

      „Fiedler-Debatte" des Jahres 1968 wird das Spannungsverhältnis von

    (revolutionärer) Politik, Kunst, Literatur und Ästhetik umfassend

    untersucht.) 341 S., Leipzig 2007; Abstract und Volltext.

    - Die Studentenproteste der 60er Jahre. Archivführer, Chronik.

    Bibliographie. Hrsg. von Thomas P. Becker und Ute Schröder. Böhlau

    Verlag, Köln, Weimar, Wien 2000. ISBN 978-3-412-07700-6.

    - Boris Spernol: Notstand der Demokratie. Der Protest gegen die

    Notstandsgesetze und die Frage der NS-Vergangenheit, ISBN

    978-3-89861-962-2.

    - Guido Viale: Die Träume liegen wieder auf der Strasse. Offene Fragen der

    deutschen und italienischen(!) Linken nach 1968. Wagenbach, Berlin 1979

    (sehr wichtiges Buch von einem, der wirklich beteiligt war).

    - Michael Ruetz: „Ihr müsst diesen Typen nur ins Gesicht sehen" – APO

    Berlin 1966—1969. Zweitausendeins Verlag, Frankfurt 1980 (Fotobuch mit

    Texten).

    - Che, Schah, Shit. Die sechziger Jahre zwischen Cocktail und Molotow.

    (Redaktion: E. Siepmann, I. Lusk, J. Holtfreter, M. Schmidt, G. Dietz)

    Elefanten Press, BilderLeseBuch, Berlin 1984. ISBN 3-88520-060-0.

    - Peter Mosler: Was wir wollten, was wir wurden. Zeugnisse der

    Studentenrevolte. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1988.

    - Michael Ruetz: 1968 – Ein Zeitalter wird besichtigt. Zweitausendeins

    Verlag, Frankfurt 1997. Steidl Verlag, Göttingen, 1998.

    - Lutz Schulenburg (Hrsg.): Das Leben ändern, die Welt verändern! 1968 –

    Dokumente und Berichte. Edition Nautilus Hamburg, 1998. ISBN

    3-89401-289-7. (Hier sind die unterschiedlichen Strömungen, dieser

    internationalen Revolte versammelt.)

    - Rudolf Sievers (Hrsg.): 1968 – eine Enzyklopädie. Suhrkamp TB, Frankfurt

    2004. ISBN 3-518-12241-X. (Dieses Buch stellt einige der wichtigsten

    Texte zur Verfügung, die damals prägend waren.)

    - Stephan Eisel / Gerd Langguth: Mythos '68: zur APO und ihren Folgen.

    Sankt Augustin, 2001.

    - Martin Klimke / Joachim Scharloth (Hrsg.): 1968. Ein Handbuch zur Kultur-

    und Mediengeschichte der Studentenbewegung. Stuttgart 2007: Metzler. ISBN

    3-47602-066-5.

    - Jochen Zimmer (Hrsg.): "Lagerfeuer im Atomzeitalter. Gewerkschaftliche

    und sozialdemokratische Jugendgruppen unter Einfluß der ApO. Trikont

    Verlag Duisburg 2009.

    - Jens Benicke: Von Adorno zu Mao. Über die schlechte Aufhebung der

    antiautoritären Bewegung. ça ira Verlag 2010. ISBN 978-3-924627-83-6

    - Reiner Zilkenat: Historische Forschungen zur Revolution 1918/19 und ihre

    Rezeption in der Zeit der außerparlamentarischen Opposition, online auf

    workerscontrol.net

    Einzelnachweise

    [1] Holger Witzel: Pegida ist wie ′68 von rechts, Stern vom 27. Oktober

    2015 (abgerufen am 6. Januar 2016)

    [2] Deutschlandradio Kultur vom 23. Januar 2015 – Pegida auf der Couch:

    Eine konservative APO? (abgerufen am 6. Januar 2016)

    [3] Alan Posener: Was Pegida und die 68er gemeinsam haben, Die Welt vom 17.

    Januar 2015 (abgerufen am 6. Januar 2016)

    [4] Hubertus Knabe:: Die unterwanderte Republik: Stasi im Westen, München,

    2001.

    68er-Bewegung

    Unter dem Schlagwort 68er-Bewegung werden internationale und politisch

    linksgerichtete Bürgerrechtsbewegungen zusammengefasst, die Mitte der

    1960er Jahre aktiv geworden sind. Sie begannen mit den Protesten

    US-amerikanischer Bürgerrechtler. In Deutschland, ebenso wie in anderen

    Ländern Europas, gab es intensive zivile Konflikte. Nach dem Mauerbau am

    13. August 1961 verlagerte sich der Fokus des Ost-West-Konflikts. Die

    sowjetisch-chinesischen Spannungen und die Stellvertreterkriege, wie sie in

    Vietnam geführt wurden, gerieten in den Vordergrund. Die kubanische

    Revolution, die erste Eskalation des amerikanischen Krieges in Vietnam, die

    Klassenkämpfe im Kongo und die Revolution in Algerien gaben dem Denken eine

    neue Richtung. 1968 uferten die von diesen Bewegungen thematisierten

    Konflikte aus. In den USA kam es zu Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg,

    sowie gegen die Folgen der Ermordung des Theologen und Bürgerrechtlers

    Martin Luther King. Die Intensivierung des Vietnamkrieges bot der Neuen

    Linken einen zentralen Bezugspunkt, der sie zu einem globalen Phänomen

    machte.

    Transnationale Dimension

    Vom Prager Frühling abgesehen wird die 68er-Bewegung häufig als westliches

    Phänomen wahrgenommen. 1968 sei sogar „zum Synonym für die kulturelle

    Verwestlichung geworden".¹ Dagegen deutet Immanuel Wallerstein die

    Bürgerrechtsbewegungen der 1960er-Jahre als ein gegen den Kapitalismus

    gerichtetes globales Ereignis. Er verwendet den Begriff der

    „Weltrevolution". Wallerstein geht von der Annahme aus, dass der

    Kapitalismus als Weltsystem existiere, sodass es auf nationaler Ebene keine

    Revolution geben könne. In der Gleichzeitigkeit vieler Aufstände – sowohl

    1848 als auch 1968 – erkennt er echte Weltrevolutionen. 1968 sei die

    Hegemonie der USA die wichtigste gemeinsame Angriffsfläche gewesen.²

    Marcel van der Linden versuchte zu erklären, warum innerhalb eines kurzen

    Zeitraums Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre viele verschiedene

    Prozesse abliefen. Zum einen nennt er drei strukturelle Faktoren:

    - Das starke Wirtschaftswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg, das in der

    Krise von 1966/67 stockte.

    - Die weltweit stärkere Beteiligung an Bildung, einschließlich der

    universitären Ausbildung.

    - Die Dekolonisierung, die nach dem Zweiten Weltkrieg begann und sich

    Anfang der 1960er Jahre beschleunigte.

    Neben diesen strukturellen Einflüssen nennt er mehrere Ereignisse, die zu

    anderen Formen der Politik inspirierten: Die kubanische Revolution, die

    chinesische Große Proletarische Kulturrevolution und der Prager Frühling

    1968. Ebenso wichtig war die Tet-Offensive im Vietnamkrieg. Als weiteres

    Argument führt van der Linden wechselseitige Lernprozesse und

    internationale Kontakte an. Kontakte sowohl zwischen Arbeitern, die im Zuge

    des Aufstiegs multinationaler Unternehmen eine globale Vertretung ihrer

    Interessen zu organisieren suchten, als auch zwischen radikalen Studenten

    und Arbeitern.³ Damit lenkt van der Linden die Aufmerksamkeit auf

    nichtstudentische Bewegungen, insbesondere auf die Arbeiteraufstände in

    Frankreich, Italien und Spanien.

    Die transnationale Dimension der 68er-Bewegung ist durch Dekolonisierung,

    Antiimperialismus und durch den Widerstand gegen verschiedene Formen des

    Neokolonialismus gefördert worden. Besonders der Antikolonialismus stellte

    eine große Verbundenheit zwischen Akteuren auf der ganzen Welt her. Die

    Fokustheorie des Ernesto Che Guevara und die Schriften des algerischen

    Befreiungskämpfers Frantz Fanon bildeten einen gemeinsamen

    Integrationsrahmen und führten zu konkreten Organisationsformen im Sinne

    einer Guerillamentalität. Die kubanische Revolution (1959) und der

    Algerienkrieg (1954-1962) können als Wegbereiter der 68er-Bewegung

    betrachtet werden.⁴

    Im Zeitgeist der 68er begünstigte die transnationale Struktur der

    katholischen Kirche die Entstehung der Befreiungstheologie. Das Zweite

    Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965 forderte eine umfassende Erneuerung

    der Kirche. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der von Armut,

    Unterdrückung und Ungerechtigkeit geprägten Lebenssituation in

    Lateinamerika akzeptierte 1968 die Bischofskonferenz von Medellín die Idee

    von der Theologie der Armen.⁵ Ähnliche Konzepte entwickelten sich in

    Südafrika und in Asien. Die aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung

    hervorgegangene „schwarze Theologie" verstand sich als eine radikale Form

    der Befreiungstheologie.⁶

    68er-Generation

    Ihrer internationalen Bedeutung ungeachtet, bezeichnet der deutsche

    Sprachgebrauch die Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland, die von

    der Studentenbewegung der 1960er Jahre ausgingen, als 68er-Bewegung.⁷ ⁸ Sie

    hat einer ganzen Generation ihren Namen gegeben. Für diese Menschen waren

    die späten 1960er Jahre eine prägende Phase. Wer dieser Generation

    angehörte und sich aktiv an den Protesten beteiligte, wurde als 68er oder

    Alt-68er bezeichnet. Der Publizist Rainer Böhme definiert die acht

    Millionen Deutschen der Jahrgänge 1940 bis 1950 als 68er. Ab 2005 erreichte

    diese Generation ihr Renteneintrittsalter.⁹ Aufgrund alltäglicher

    Wahrnehmungen kategorisieren einige Länder die Auflehnung der 68er als

    Generationenkonflikt oder als Jugendbewegung. Diese Sichtweise lässt

    unbeachtet, dass unterschiedliche Generationen an den Konflikten beteiligt

    waren. Auf der Basis eines differenzierten theoretischen Konzepts lässt

    sich die soziale Bewegung von 1967/68 als generationale Protestbewegung

    begreifen, die internationale Bedeutung erlangte.¹⁰ ¹¹

    Ausgangssituation und Ursachen der 68er-Bewegung

    Bundesrepublik Deutschland

    Der 1930 geborene Verleger Klaus Wagenbach beschreibt die Ursachen der

    68er-Bewegung aus seiner eigenen Erfahrung: „1954, als sie in Bern

    Fußballweltmeister wurden, habe ich in Frankfurt gehört, wie nach der

    Deutschlandhymne wie früher das Horst-Wessel-Lied gebrüllt wurde. Das

    Gebrüll des Dritten Reichs konnte man in den Wochenschauen hören, und im

    Rundfunk wurde wie früher gebellt. Wenn einer laut Gitarre spielte, kam

    sofort der Polizeiknüppel. Das waren die Schwabinger Krawalle. Sie machten

    sich strafbar, wenn Sie Geschlechtsverkehr hatten, ohne verheiratet zu

    sein. Wenn Hildegard Knef eine halbe Brust heraushängen ließ, wurde die

    Aktion Saubere Leinwand aktiv."¹²

    Das Ende der 1940er Jahre einsetzende Wirtschaftswunder und die

    antikommunistisch geprägte Westorientierung der Politik Konrad Adenauers¹³

    bewirkte schnelle gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen. Die 1949

    erfolgte Gründung des sozialistischen Staates der DDR verstärkte diesen

    Wandel. In dieser Zeit entwickelten sich zwischen der Generation, die den

    Krieg erlebt hat, und den Nachgeborenen Spannungen. Hinzu kam die

    gesellschaftliche Aufgabe der Eingliederung von acht Millionen

    Vertriebenen, sowie von eineinhalb Millionen Zuwanderern aus der

    sowjetischen Besatzungszone beziehungsweise der DDR.¹⁴

    DDR

    1945 gab es in der sowjetischen Besatzungszone und ab 1949 in der DDR

    Widerstand gegen die SED. Am stärksten lehnten sich die ostdeutschen

    Sozialdemokraten auf. Sie sprachen sich zu Tausenden gegen die Vereinigung

    ihrer Partei mit der KPD aus. Die sowjetische Militäradministration

    inhaftierte 6000 ihrer Mitglieder. 1949 wurde der Student Wolfgang Natonek

    wegen seines Engagements für die Meinungsfreiheit zu 25 Jahren Zwangsarbeit

    verurteilt. Er verbüßte sieben Jahre. 1950 verurteilten die Gerichte der

    DDR 78.000 Angeklagte wegen politischer Delikte. Unter diesen Bedingungen

    war politischer Widerstand nur verdeckt möglich.¹⁵ Nach Stalins Tod im März

    1953 stand die reformorientierte Kritik am Sozialismus der DDR im

    Mittelpunkt der politischen Opposition. Allerdings war klar, dass sich in

    der SED kein neuer Kurs durchsetzen würde. Am 17. Juni 1953 eskalierte die

    Situation in einem Volksaufstand, den sowjetische Truppen blutig

    niederschlugen.¹⁶ Die anschließend einsetzende Abwanderung von DDR-Bürgern,

    vor allem in die Bundesrepublik, führte in der DDR zu ökonomischen

    Problemen. Zwischen 1949 und dem Bau der Mauer 1961 waren knapp 2,7

    Millionen Menschen nach Westdeutschland geflohen.¹⁷

    Tschechoslowakei

    1946 kam die kommunistische Partei der Tschechoslowakei aus eigener Kraft

    an die Regierung.¹⁸ Die Partei genoss wegen ihres aktiven Widerstands gegen

    die deutsche Besatzung unter Nichtkommunisten Anerkennung. Sie versprach

    einen sozialistischen Weg, der den demokratischen Traditionen des Landes

    gerecht werden sollte. Aber nach Stalins Tod 1953 gab es innerhalb der

    Partei keine nennenswerten Kräfte, die eine Entstalinisierung unterstützt

    hätten. 1954 wurden slowakische Kommunisten wegen „bourgeoisem

    Nationalismus" zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwischen 1948 und 1954 soll

    es in der Tschechoslowakei bei einer Bevölkerung von 14 Millionen Menschen

    150 000 politische Häftlinge gegeben haben. Vor allem Jugendliche und

    Intellektuelle protestierten gegen die fehlende Aufarbeitung des

    Stalinismus.¹⁹

    Polen

    Die seit dem Tod Josef Stalins im März 1953 eingetretene Lockerung des

    politischen Klimas erreichte im polnischen Oktober 1956 ihren Höhepunkt.

    Der Stalinismus galt als überwunden. Die Bevölkerung hoffte, dass die

    Regierung von Władysław Gomułka den Kommunismus liberalisieren würde.

    Politische und ökonomische Probleme konnten öffentlich thematisiert werden.

    Kardinal Wyszyński kehrte aus der Verbannung zurück.²⁰ In den folgenden

    Jahren rückte Gomulka von einem demokratisch verfassten Sozialismus ab. Die

    Erwartungen der Bevölkerung wurden enttäuscht. Die Regierung schränkte die

    Errungenschaften des Oktober 1956 wieder ein. Als Westeuropa ein

    Wirtschaftswunder erlebte, ging es in Polen wirtschaftlich bergab.²¹

    Frankreich

    Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Parti communiste français (PCF)

    stärkste Partei. In der Zeit nach dem Krieg waren die französischen

    Arbeiter vorwiegend in der PCF organisiert.²² Anschließend zersplitterte

    sich die französische Linke, es entstand die Parti Socialiste (PS).

    Gleichwohl waren die kommunistischen Parteien, die in der Resistance gegen

    den Faschismus kämpften, wichtige Elemente der Demokratie.²³ Die politisch

    Rechte war ebenso stark, weil es dem späteren Präsidenten Charles de Gaulle

    gelang, die Resistance für sich zu gewinnen. Die 1958 unter de Gaulle

    gegründete Fünfte Französische Republik profitierte von einem starken

    wirtschaftlichen Aufschwung. Diese Konjunktur veränderte die soziale

    Struktur der französischen Gesellschaft. Viele Bauern zog es in die Städte.

    Dort erweiterten sie „gemeinsam mit Immigranten die Arbeiterklasse um eine

    junge, militante und von der Bürokratie der Gewerkschaft schwer zu

    kontrollierende Schicht".²⁴

    Italien

    Die konservative Democrazia Cristiana regierte das Land seit 1948. Ihr

    stand mit Partito Comunista Italiano (PCI) die stärkste kommunistische

    Partei Westeuropas gegenüber. Bis Anfang der 1960er Jahre gelang es, die

    PCI systematisch von der Macht fernzuhalten.²⁵ Ökonomisch betrachtet

    entwickelte Italien sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Agrar-

    zum Industrieland. Die heutige Globalisierung erinnert an diese

    Umwälzungen. Die Migration von Arbeitern aus Süditalien in den Norden ließ

    dort anonyme Trabantenstädte entstehen. Das aufkommende Unbehagen in

    Kreisen der Bevölkerung, die vom wirtschaftlichen Aufschwung ausgeschlossen

    waren, fing der Staat nicht durch sozialpolitische Maßnahmen auf. Das

    italienische Wirtschaftswunder der 1950er Jahre verlief gespalten.

    Außerdem war das Bildungssystem zu reformieren. Die Lehrinhalte an den

    Universitäten waren noch faschistisch geprägt.²⁶

    Für Italiens Intellektuelle ging es um die Fortsetzung der Resistenza von

    1940. Es ging um die Frage, warum die Widerstandskämpfer keine Revolution

    wagten. Diese Idee des verratenen Widerstands, den die PCI nach 1945 nicht

    weitergeführte, spielte 1968 eine große Rolle.²⁷

    1960 demonstrierten in Genua Hafenarbeiter, frühere Widerstandskämpfer,

    Studenten und Jugendliche gegen einen Kongress des faschistischen Movimento

    Sociale Italiano. Das harte Eingreifen der Polizei löste landesweit eine

    Welle des Protests aus.²⁷

    Vereinigte Staaten

    In den 1950er Jahren begannen Afroamerikaner unter der Führung von Martin

    Luther King mit Boykotts, Märschen und gewaltfreien Protesten. Sie strebten

    ein Ende der Rassendiskriminierung an.²⁸ Als Earl Warren, ein ehemaliger

    Gouverneur von Kalifornien, Richter am Obersten Gerichtshof wurde, gelang

    es ihm, das Gericht in dem Verfahren Brown vs. Board of Education at Topeka

    dazu zu bewegen, gegen die bis dahin geltende Doktrin separate but equal zu

    stimmen. Damit war dieser Grundsatz ab dem 17. Mai 1954

    verfassungswidrig.²⁹ Diese Entscheidung war der erste Wandel im Leben der

    Afroamerikaner seit der Reconstruction.

    Martin Luther King beteiligte sich 1955 maßgeblich an dem sogenannten

    Busboykott von Montgomery. Im Dezember 1956 entschied das Oberste Gericht

    der USA, dass jede Form der Rassentrennung in Bussen verfassungswidrig

    ist.³⁰ Trotz allem setzten sich die Schikanen gegen Farbige fort. Diese

    Übergriffe werden unter dem Begriff „raffinierter amerikanischer Rassismus"

    zusammengefasst. Schwarze tendierten dazu, in die Großstädte des Nordens zu

    ziehen. Dort versprachen sie sich Arbeit und eine bessere gesellschaftliche

    Position als in den Südstaaten. Im Laufe der Zeit bildeten sich dadurch

    Ghettos. Diese wirtschaftlichen, politischen, sozialen und rechtlichen

    Probleme bereiteten den Boden für die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung

    der 1960er Jahre.³¹

    Mexiko

    Ab 1929 regierte die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI). Die

    PRI schaffte ein politisches Gebilde, das große Teile der erwerbsfähigen

    Bevölkerung formell beschäftigte. Als Arbeitgeber fungierten

    Gewerkschaften, Bauernorganisationen und städtische Institutionen. Soziale

    Leistungen von oben wurden mit politischer Loyalität von unten bezahlt. Die

    PRI integrierte systematisch soziale Interessen. Sie wirkte wie eine Brücke

    zwischen den lokalen Machtblöcken. „Lange Zeit wurde in ihren Reihen und in

    Symbiose mit dem jeweiligen Präsidenten die Machtbalance zwischen einer das

    Land modernisierenden metropolitanen Koalition (Unternehmer, städtische

    Arbeitnehmer und technokratische Politiker) und peripheren Machtcliquen

    (Caudillos und Caciquen) erfolgreich ausgehandelt".³²

    Ab 1940 prosperierte die Wirtschaft. Industrialisierung und moderne

    Elemente eines Sozialstaats prägten das Land. Zu dieser Zeit entstand eine

    wohlhabende urbane Mittelschicht. Aber die soziale und ökonomische

    Ungleichheit verschärfte sich, besonders auf dem Lande. Bei größeren

    Konflikten ging es um regionale Landkämpfe. 1958/59 wurde ein Streik der

    Eisenbahner gewaltsam aufgelöst. Die Behörden verhafteten 6000

    Demonstranten. Trotzdem wurde das politische System erst in den 1960er

    Jahren hinterfragt.³³

    Die 1960er Jahre als politischer Wendepunkt

    Roman Rosdolskys 1968 veröffentlichtes Standardwerk Zur

    Entstehungsgeschichte des Marxschen Kapital war für die Neue Linke eine

    maßgebende Interpretation der Kritik der politischen Ökonomie von Karl

    Marx. Es bestärkte die bundesdeutsche 68er-Bewegung in ihrer Forderung nach

    einem Ausstieg aus dem kapitalistischen System.³⁴ Dieses Motiv der „großen

    Verweigerung" stammt von dem deutsch-amerikanischen Soziologen und

    Philosophen Herbert Marcuse. In seinem 1964 veröffentlichten Werk Der

    eindimensionale Mensch versuchte er, die befreite Gesellschaft

    vernunfttheoretisch und triebtheoretisch zu begründen. 1967 führte Marcuse

    in seinem an der Freien Universität Berlin gehaltenen Vortrag Das Ende der

    Utopie diesen theoretischen Ansatz aus. Nach Ansicht des US-amerikanischen

    Sozialwissenschaftlers Immanuel Wallerstein ist die aufbegehrende

    Mittelschicht das Charakteristikum der internationalen 68er-Bewegung. Diese

    Mittelschicht und mit ihr das kapitalistische Weltsystem sieht Wallerstein

    untergehen.

    In den weltweiten Protesten der 1968er Jahre erlebte die von Max Horkheimer

    und Theodor W. Adorno entwickelte Kritische Theorie ihre Blütezeit. Sie

    will gesellschaftliche Mechanismen der Beherrschung und Unterdrückung

    aufdecken. Ihr Ziel ist eine vernünftige Gesellschaft mündiger Bürger.

    Bundesrepublik Deutschland

    Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)

    Am 10. Oktober 1962 erschien ein Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

    Er trug den Titel Bedingt abwehrbereit. Die Autoren zogen den Schluss, dass

    die Verteidigung der Bundesrepublik im Falle eines Angriffs der Warschauer

    Pakt-Staaten nicht gesichert sei. Außerdem würde das von Franz-Josef Strauß

    verfolgte Konzept des vorbeugenden Schlags den Frieden eher gefährden als

    sichern. Nach dem Erscheinen dieses kritischen Artikels verhaftete die

    Polizei den Herausgeber Rudolf Augstein, den Direktor des Verlags und

    mehrere leitende Redakteure. Diese und andere Maßnahmen begründete die

    Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf des Landesverrats. Die Verletzung von

    Grundrechten durch Strafverfolgungsbehörden führte zu Protesten und

    veränderte die politische Streitkultur.³⁵ Auch die 1963 geplanten

    Notstandsgesetze, die Einschränkungen der Grundrechte vorsahen, stießen auf

    eine außerparlamentarische Opposition. Die große Koalition (1966–1969)

    setzte sie gegen diesen Widerstand durch.³⁶ 1965 bis 1969 kämpften die

    Studierenden der Freien Universität Berlin für eine bundesweite Studien-

    und Hochschulreform.³⁷

    Eines der wichtigsten Publikationsorgane der außerparlamentarischen

    Opposition war das Kursbuch (Zeitschrift). Es wurde 1965 von Hans Magnus

    Enzensberger und Karl Markus Michel gegründet. Das Kursbuch erschien im

    Suhrkamp Verlag, ab 1970 im Verlag Klaus Wagenbach.³⁸

    Am 1. Januar 1967 gründeten neun Männer und Frauen gemeinsam mit einem Kind

    in West-Berlin die politisch motivierte Wohngemeinschaft Kommune I als

    Gegenmodell zur bürgerlichen Kleinfamilie. Begründung: Aus der Kleinfamilie

    entstehe der Faschismus. Im

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