AfD: Alternative für Deutschland
Von Thom Delißen und Peaceway/wiki
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Über dieses E-Book
Thom Delißen
Thom Delißen Alter Holzgarten 1 85435 Erding Tel. 08122 18553 Mail: [email protected] Jahrgang 63, geboren in Münster, aufgewachsen in Oberbayern. Der Autor verbrachte Jahre in Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Brasilien, Indien. Seine Kurzgeschichten und Lyrik versuchen das Rätsel nach dem Sinn und Sein zu hinterfragen, wollen auf die letzten Ziele – die Liebe und die Heiterkeit hinweisen. Verleger und Chefredakteur der Literaturzeitschrift "Schrieb". Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Literaturzeitschriften (Wienzeile, Maskenball, Bohnenstange, Brücke, Federwelt, Kult u.v.m.) Krimi-Magazinen, Anthologien. Mitautor Chronik Erding, Ex-Chefredakteur der regionalen Literaturzeitschrift "GedankenSprung". Organisator der Initiative "Worte und Taten". Mitglied der internationalen Autorengruppe "ProLyKu". "Question Authority" Kurzgeschichtensammlung von Thom Delißen/ Lyrik und Prosa erschienen im FV-Verlag/Lübeck Hörspiel "Rhéethron" Die Sätze. (u.v.m) "The Vanderbilt Berlin Wall Project" Brockmann "Mordsapfel" Sieben-Verlag "Criminalis" Pushmann "Wir bei C&C" (Hrsg. Metro 2008) "Der Teddybär" 2008 TD Textdesign "Plattform Carpe Diem" (Burger) "Spurenwelt" (Website Verlag) "100 % Worte für Brot" (FV-Verlag) CD "Gedankengischt" (TD Textdesign) CD "Do sei" Bayerische Texte CD Textsammlung "Fetzen" (TD Textdesign) "Die ganze Welt gesehen" (FV-Verlag) "10 X 10" Lyrikprojekt (Edition Thaleia) "Jeder Friedensgedanke ein Gedicht" Edition Octopus, Geest-Verlag Literamus (Trier) "Ene Mene Mu (Spendenedition TD Textdesign) und andere. Zahlreiche Veröffentlichungen im Internet Streitschriften, Kurzgeschichten, Lyrik. Unter dem Namen Th. Om kommt der Autor nunmehr mit seinen Werken der Ur-Bestimmung nach. Der Liebe wieder ihren Platz zu geben. "Ein Buch in Antworten" "Der Wanderer" "Die absolute Schöpfung" "Die lächelnde Unbedingtheit" "Die zärtliche Ewigkeit" "Das oberste Ziel eines jeden freiheits- und verantwortungsbewussten Menschen kann immer nur sein, Manipulation zu unterlaufen, Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen ..." Pages: www.th-om.com www.12Worte.de www.ABIA.th-om.com
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Buchvorschau
AfD - Thom Delißen
Afd
Themen-Zusammenfassung
Peaceway/Wiki
1. Auflage 06/2016
Verlag TD Textdesign
Inhaltsverzeichnis
1. AfD
2. Alternative für Deutschland
3. Gesellschaft zum Studium des Faschismus
4. Verfassungsschutz
5. NPD
6. Politische Rechte (Politik)
7. Politische Linke
8. Rechtsextremismus
9. Nazi
10.Ideologie
11.Faschismus
12.Antifaschismus
13.Antifa
14.SPD
15.Konservatismus
16.Nationalismus
17.Demokratie
18.Sozialismus
19.Deutschland
20.NS-Zeit
21.Weimarer Republik
22.Deutsche Staatssysteme
23.Antisemitismus(bis 1945)
24.Rassismus
25.Frankreich
26.Initiativen
27.Rechtsextreme Gewalt
28.Mach meinen Kumpel nicht an!
29.Bundeszentrale für politische Bildung
30.Rechtsextremismus in Deutschland
31.Neue Rechte
32.Redok
33.Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Alternative für Deutschland
AfD
Aus dem Programm:
„Wir wollen Deutschland reformieren und an die Prinzipien und Wurzeln anknüpfen, die erst zu seinem Wirtschaftswunder und dann zu seinem jahrzehntelangen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg geführt haben."
20.10.2015
Nach ihrer Gründung im April 2013 gelang der AfD ein rascher Aufstieg. Zwar missglückte der Einzug in den Bundestag, aber bei der Europawahl und allen Landtagswahlen 2014 und 2015 erreichte sie Parlamentsmandate. Die Folgen der Eurokrise waren der zentrale Gründungsimpuls und nehmen im Programm breiten Raum ein. Daneben ist es von liberal-konservativen und national-konservativen Inhalten geprägt.
Entstehung und Entwicklung
Am 14. April 2013 - nur fünf Monate vor der nächsten Bundestagswahl - fand der Gründungsparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin statt. Dort wählten die Mitglieder einen Vorstand, verabschiedeten eine Satzung und ein vorläufiges Programm. Innerhalb weniger Wochen wurde eine komplette Parteistruktur mit Landesverbänden geschaffen und Landeslisten für die Bundestagswahl aufgestellt. Ebenso gelang es der neuen Partei, die für die Zulassung zur Wahl erforderlichen Unterschriften zu sammeln, so dass einer Wahlteilnahme nichts im Wege stand. Am Ende konnte sich die AfD in allen Bundesländern und in 158 der 299 Wahlkreise mit Kandidaten an der Bundestagswahl beteiligen, bei der sie mit 4,7 Prozent der Zweitstimmen nur knapp an der Fünfprozenthürde scheiterte und den Einzug in den Bundestag verpasste. An Landtagswahlen beteiligte sie sich 2013 noch nicht.
Um eine solche organisatorische Leistung zu vollbringen, waren langfristige Vorarbeiten erforderlich. Tatsächlich ging der eigentlichen Gründungsversammlung im April 2013 ein gut drei Jahre währender Gründungsprozess voraus. Der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer datiert den Beginn der direkten Vorgeschichte der AfD-Gründung auf den 25. März 2010 (2014: 177). Dies war der Tag, an dem die Bundeskanzlerin vormittags im Bundestag erklärte, die Bundesregierung werde gemeinschaftliche Finanzhilfen für Griechenland nur als letzten Ausweg sehen, und am Abend auf dem EU-Gipfel dem ersten Rettungspaket für das Krisenland zustimmte. In der Rechtfertigung für diese Diskrepanz begann das Wort von der Alternativlosigkeit
die Runde zu machen, das später von einer Jury aus Sprachwissenschaftlern, Journalisten und Medienschaffenden zum Unwort des Jahres 2010 gewählt wurde. Damit erklärt sich auch bereits der Name für die spätere Partei Alternative für Deutschland
, denn zahlreiche Ökonomen waren der Meinung, dass die praktizierte europäische Finanz- bzw. Rettungspolitik keineswegs alternativlos sei. Dabei spielte nahezu von Anfang an der Hamburger Professor für Volkswirtschaftslehre Bernd Lucke eine wichtige Rolle. Er initiierte im Herbst 2010 das Plenum der Ökonomen
, in dem sich Wirtschaftswissenschaftler aus grundsätzlichen ordnungspolitischen Erwägungen auf einer sachlich-unpolitischen Grundlage gegen die Euro-Rettungspolitik aussprachen. Spätestens die Zustimmung des Bundestags zum europäischen Beschluss, die in der Krise geschaffenen Euro-Rettungsschirme zu verstetigen und den Europäischen Stabilitätsmechanismus als dauerhafte Maßnahme einzurichten, bestärkte Lucke und seine Mitstreiter in der Annahme, dass der politische Einfluss der Ökonomen zu gering war, um die Politik beeinflussen zu können. Insofern gab jener Beschluss von Mitte 2012 den Euro-Kritikern einen Politisierungsschub, der in der Gründung des Bündnis Bürgerwille
Gestalt annahm. Diese Sammlungsbewegung
verstand sich noch nicht als Partei, sondern als überparteilich. Sie kritisierte die Euro-Rettungspolitik und forderte, Entscheidungen über gesellschaftliche Grundfragen wie Währungsfragen und die Abtretung von Souveränitätsfragen von der unmittelbaren Zustimmung durch die Bürgerinnen und Bürger
abhängig zu machen.[1] Dass die ordnungspolitische Kritik dieser beiden Organisationen an der Euro-Rettungspolitik nicht nur in Verbänden des Mittelstands, sondern auch in den etablierten Parteien auf Resonanz gestoßen war, verhalf den späteren AfD-Gründern zu einer breiten gesellschaftlichen Vernetzung und damit auch zu den finanziellen Ressourcen, die für eine Parteigründung notwendig waren.
Der nächste Schritt auf dem Weg zur AfD war im Herbst 2012 die Gründung der Wahlalternative 2013
als Verein, der selbst noch nicht an Wahlen teilnehmen wollte. Deshalb kooperierte man mit den Freien Wählern: Bei der niedersächsischen Landtagswahl Anfang 2013 kandidierten auf der Liste der Freien Wähler Lucke und der Publizist Konrad Adam, die zusammen Sprecher der Wahlalternative waren. Das Wahlergebnis von 1,1 Prozent war jedoch für alle Beteiligten eine Enttäuschung, die letztlich zu der Entscheidung führte, den Verein Wahlalternative 2013
in eine Partei fortzuentwickeln.
Mit dem bereits erwähnten Gründungsparteitag im April 2013 begann für die AfD eine Phase, in der die junge Partei in Umfragewerten aber auch Wahlergebnissen einen nahezu beispiellos raschen Aufstieg nahm - zumindest auf der bundespolitischen Ebene. In den Medien fand die Kritik der jungen Partei viel Aufmerksamkeit, was der AfD in den anstehenden Wahlkämpfen zugutekam. Bei der Bundestagswahl im September 2013 und der gleichzeitigen Landtagswahl in Hessen scheiterte sie noch knapp an der Fünfprozenthürde, aber schon bei der Wahl des Europäischen Parlaments im Mai 2014 gelang ihr mit 7,1 Prozent der abgegebenen Zweitstimmen ein beachtlicher Erfolg, der ihr sieben Abgeordnete im Europäischen Parlament bescherte. Die folgenden Landtagswahlen im Spätsommer 2014 fanden alle drei in ostdeutschen Bundesländern statt, in denen die AfD bereits bei der Bundestagswahl und der Europawahl Ergebnisse klar über fünf Prozent erzielt hatte. Aus dieser guten Ausgangslage heraus konnte die AfD den Erfolg der Europawahl noch überbieten: In Brandenburg und Thüringen erzielte sie Ergebnisse über 10 Prozent, in Sachsen lag sie nur knapp darunter.
Hatte vor allem im Wahlkampf zum Bundestag, aber auch zum Europäischen Parlament noch das Thema Eurokrise dominiert, so wurden die Schwerpunkte in den folgenden Landtagswahlkämpfen anders gesetzt. Familien-, Bildungs-, Energie- und Zuwanderungspolitik wurden von der AfD ebenso angesprochen wie - besonders in Sachsen - das Problem der Grenzkriminalität.
Von Beginn an begleitete die Partei der Vorwurf, eine rechtspopulistische Partei zu sein, was die Verantwortlichen, die schon zu Zeiten des Bündnisses Bürgerwillen
darauf Wert gelegt hatten, sich von allen extremistischen oder radikalen politischen Strömungen zu distanzieren, stets bestritten. Aber schon der Parteislogan Mut zur Wahrheit
suggeriert in populistischer Manier, dass die Altparteien
, wie die im Bundestag vertretenen Parteien von AfD-Rednern gerne tituliert werden, das Volk belügen. Auch Wahlplakate, in denen man sich gegen eine Zuwanderung in die Sozialsysteme aussprach, zielten - auch wenn die Position im Kern von den anderen bürgerlichen Parteien geteilt wird - unterschwellig auf Wählerstimmen von Menschen mit rechten Einstellungsmustern.
Die Phase der Wahlerfolge wurde nach den Landtagswahlen 2014 jedoch sehr abrupt durch eine Phase schwerer innerparteilicher Konflikte und Führungsstreitigkeiten abgelöst, die letztlich zur Spaltung der Partei führten. Bei solchen innerparteilichen Problemen ist es auch in anderen Parteien oft so, dass sich personelle und inhaltliche Faktoren konfliktverschärfend verbinden. Bei der AfD kamen zwei Dinge zusammen: Erstens hatte die Partei zwar seit dem Gründungsparteitag drei gleichberechtigte Vorsitzende, aber Lucke, der bei der Parteigründung die treibende Kraft gewesen war, war eindeutig das Gesicht der Partei. Die Wahlerfolge der ostdeutschen Landesverbände führten jedoch dazu, dass deren Landesvorsitzende immer weniger bereit waren, Luckes dominante Führungsposition zu akzeptieren. Insbesondere zwischen der sächsischen Landesvorsitzenden Frauke Petry, die auf dem Berliner Gründungsparteitag neben Lucke und Adam zu einer von drei Parteisprechern gewählt worden war, und Lucke kam es zu einer wachsenden Rivalität um die Führung und die Ausrichtung der Partei. Zweitens wirkte die von Dresden ausgehende Protestbewegung Pegida als eine Art Katalysator der Konflikte in der AfD. Während Lucke und seine Anhänger in der Partei diese Bewegung für ausländerfeindlich, islamophob und nicht mehr bürgerlich
hielten und auf Distanz bedacht waren, waren insbesondere die ostdeutschen Landesvorsitzenden der Meinung, die AfD müsse die politische Unzufriedenheit der Pegida-Anhänger ernst nehmen und aufgreifen.
Um die zeitnahe Eskalation der Konflikte in der Partei zu vermeiden, wurde auf dem Bremer Parteitag im Januar 2015 beschlossen, die Zahl der Parteivorsitzenden erst auf zwei zu reduzieren, dann aber bei einem zukünftigen Parteitag nur noch einen Vorsitzenden und mehrere Stellvertreter zu wählen. Zu diesem Zeitpunkt hatte es noch so ausgesehen, als sei es möglich, die inhaltlichen Differenzen und die persönliche Rivalität zwischen Lucke und Petry durch diesen Kompromiss zu entschärfen.
Doch die folgenden Monate zeigten, dass es nicht möglich war, zu einem Gleichgewicht der liberal- und nationalkonservativen Flügel zu gelangen. Im März bündelte die vom Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke initiierte Erfurter Resolution die Vorwürfe gegen die aktuelle, von Lucke geprägte Parteilinie. Die Partei habe sich von bürgerlichen Protestbewegungen ferngehalten [...], obwohl sich tausende AfD-Mitglieder als Mitdemonstranten oder Sympathisanten an diesen Aufbrüchen beteiligen.
Sie passe sich ohne Not mehr und mehr dem etablierten Politikbetrieb an
.[2] Als Lucke und mehrere andere Gründer der AfD daraufhin im Mai 2015 im Gründungsaufruf des Weckrufs 2015
ungenannten Führungspersonen der AfD vorwarfen, zu versuchen, die politischen Ränder aufzuweichen und auch radikale Kräfte integrieren [zu] wollen, die grundsätzlich systemkritisch, fundamental-oppositionell und nationalistisch daherkommen
,[3]waren die Weichen für die Parteispaltung fast schon gestellt.
Trotz der innerparteilichen Auseinandersetzungen gelang es der AfD, bei den Wahlen im Februar und Mai 2015 in weitere Landesparlamente einzuziehen. Sowohl in Hamburg als auch in Bremen übersprang die Partei die Fünfprozenthürde, konnte jedoch an ihre zweistelligen Werte aus den Wahlen im vorangegangenen Spätsommer nicht anknüpfen.
Auf dem Essener Parteitag (4./5. Juli 2015) kandidierten sowohl Lucke als auch Petry um das Amt des Ersten Sprechers
bzw. der Ersten Sprecherin
. Schon vor der eigentlichen Wahl wurde jedoch deutlich, dass Lucke in der Partei keine Mehrheit mehr hinter sich hatte. Folgerichtig entschied seine Rivalin Petry mit rund 60 Prozent der Stimmen die Abstimmung für sich. Damit sollte sie entsprechend den Beschlüssen des Bremer Parteitags ab Jahresende 2015 alleinige Vorsitzende der AfD werden. Bereits im Vorfeld des Essener Parteitages hatte eine Austrittswelle von zum Teil führenden AfD-Mitgliedern begonnen, die sich nach Luckes Niederlage beschleunigte. So traten in den Tagen nach dem Parteitag auch fünf der sieben AfD-Abgeordneten im EU-Parlament, darunter zwei Landesvorsitzende und Lucke selbst, aus der Partei aus. Die Begründung der Ausgetretenen, es habe in der AfD einen Rechtsruck gegeben, wird vom neuen Vorstand unter der Führung von Petry mit Verweis auf die unveränderte Programmatik der Partei bestritten.
Welches Ausmaß der Exodus annehmen wird, ob die von Lucke neugegründete Partei Alfa
(Allianz für Fortschritt und Aufbruch
) erfolgreich sein wird und was das für die AfD bedeutet, lässt sich aktuell noch nicht abschätzen. Die aktuelle politische Auseinandersetzung um die hohen Flüchtlingszahlen hat der AfD jedoch erneut ein politisches Großthema beschert, bei dem sie die Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung mit der Politik aller Bundestagsparteien aufgreifen und zur eigenen Profilierung nutzen kann.
Aktuelle Wahlergebnisse
Wahlergebnisse bei den letzten Wahlen zu Landesparlamenten, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament
Bei nichtaufgeführten Wahlen ist die Partei nicht mit einer Landesliste o.ä. angetreten.
1Hamburg: Landesstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)
2Bremen: Personen- und Listenstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)
Wählerschaft und Mitglieder
Schon kurz nach ihrer Gründung hatte die AfD nach eigenen Angaben über 10.000 Mitglieder, am Ende des Gründungsjahres waren es über 17.000 und zum Zeitpunkt des Essener Bundesparteitages, als die Austrittswelle begann, wurde die Zahl mit rund 22.000 beziffert. Auch wenn sich das Wachstum nach 2013 deutlich abgeschwächt hat, zeugt die Mitgliederentwicklung von einem sehr dynamischen Aufbau der Partei. Bei diesem schnellen Anstieg war es allerdings kaum zu vermeiden, dass die neuen Mitglieder eine enorme Bandbreite politischer Einstellungen in die Partei einbrachten und sich ihr so vereinzelt auch frühere Mitglieder rechtsextremer oder rechtspopulistischer Parteien anschlossen, was sich im Hinblick auf die Abgrenzung nach rechts als problematisch erwies. Auffällig an der Mitgliedsstruktur der AfD ist ansonsten nur der extrem niedrige Anteil von Frauen (ca. 15 Prozent).
Hinsichtlich der AfD-Wähler sind die Daten zur Wählerwanderung aufschlussreich, denn sowohl nach Alter, Geschlecht und Berufsgruppen ist die Wählerschaft der Partei relativ homogen bei einer leichten Überrepräsentanz von jüngeren Wählern und Arbeitern. Die Partei hat von allen Parteien - mit Ausnahme der Grünen - Wähler gewinnen können, am meisten von den Unionsparteien und der FDP, aber bei den ostdeutschen Landtagswahlen auch in hohem Maße von der Linken. In Brandenburg etwa, wo die AfD ihr bislang bestes Ergebnis erzielen konnte, hatten etwa 20.000 ihrer Wähler bei der vorherigen Wahl Die Linke gewählt, aber nur 18.000 die CDU. Insbesondere bei diesen Landtagswahlen konnte die AfD auch von anderen kleinen Parteien, etwa den Freien Wählern, in beträchtlichen Ausmaß Wähler gewinnen. Nicht nur die weltanschaulich unterschiedliche Herkunft der AfD-Wähler deutet darauf hin, dass es der Partei gelungen ist, die unzufriedenen Wähler der anderen Parteien aufzusaugen, sondern auch Umfragen verdeutlichen dies: So stimmte ein hoher Anteil von AfD-Wählern der Aussage zu, die Partei aus Enttäuschung über die anderen Parteien gewählt zu haben. Offenbar stellte die Alternative
in ihrem Parteinamen eine diffuse Projektionsfläche für diese verschiedenen Unzufriedenen dar. Auffällig ist, dass bei Landtagswahlen, bei denen das Euro-Rettungspolitik thematisch nicht im Vordergrund stehen konnte, das Thema Flüchtlingspolitik für die AfD-Wähler eine sehr viel höhere Bedeutung hatte als für die Wählerschaft insgesamt. Das gilt auch für westdeutsche Bundesländer und deutet darauf hin, dass die Kritik der Nationalkonservativen in der AfD, die Partei dürfe dieses Thema nicht vernachlässigen, zumindest wahlstrategisch nicht unberechtigt ist.
Organisationsstruktur
Der schnelle Aufbau von Parteistrukturen hat immer wieder Probleme für die AfD nach sich gezogen. Zwar ist es in sehr kurzer Zeit gelungen, den im Parteiengesetz vorgeschriebenen vertikalen Parteiaufbau mit Orts-, Kreis- und Landesverbänden, einem Jugendverband (Junge Alternative
) und anderen Untergliederungen zu schaffen. Aber dabei wurden immer wieder Personen in Führungspositionen gewählt, die sich schon bald als ungeeignet für Führungsaufgaben herausgestellt haben oder wegen früherer politischer Tätigkeiten belastet waren. In Thüringen beispielsweise, einem Bundesland, in dem die überwiegende Bevölkerungsmehrheit konfessionslos ist, gehörte der erste Landesvorsitzende einer kleinen evangelikalen Glaubensgemeinschaft an, so dass bald Vorwürfe laut wurden, er nutze das Parteiamt, um zu missionieren. Wenige Monate vor der Landtagswahl 2014 wurde er abgewählt. In Hessen wurde ein Landesvorsitzender abgelöst, weil er verschwiegen hatte, zuvor bei der Partei Die Republikaner
zu einer Zeit Parteiämter innegehabt zu haben, als die Partei vom Verfassungsschutz noch als rechtsextrem eingestuft worden war. Der letztgenannte Fall ist typisch für ein generelles Organisationsproblem der AfD. Sie ist bestrebt, sich von extremistischen Parteien zu distanzieren und hat in ihrer Satzung festgeschrieben, dass Personen, die Mitglieder extremistischer Organisationen waren, nur dann in die AfD aufgenommen werden können, wenn sie darüber Auskunft geben und sich der zuständige Landesvorstand mit Zweidrittelmehrheit für die Aufnahme ausspricht. Eine Partei, die sich mit liberal- und nationalkonservativen Inhalten rechts der Unionsparteien positioniert, bleibt trotz aller Abgrenzungsbemühungen für Menschen mit rechten Einstellungsmustern attraktiv. Daher ist es verständlich, dass die Auswahl der Parteien, bei denen auch eine frühere Mitgliedschaft eine Unvereinbarkeit darstellen würde, immer wieder Anlass für parteiinterne Konflikte gibt.
Eine dem direkt-demokratischen Anspruch geschuldete Besonderheit der AfD ist, dass Parteitage sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene entweder als Delegierten- oder als Mitgliederparteitage durchgeführt werden können. Das hat dazu geführt, dass Ablauf und Willensbildung von Parteitagen zuweilen wenig vorhersehbar waren - ähnlich wie bei der weltanschaulich ganz anders verorteten Piratenpartei.
Eine weitere Besonderheit ist, dass die AfD in der Gründungsphase noch nicht auf Mittel der staatlichen Parteienfinanzierung zugreifen konnte und deshalb zu ihrer Finanzierung auf ihre Mitglieder und auf einzelne Großspender bzw. Kreditgeber angewiesen war. Insbesondere der zur Finanzierung des Europawahlkampfs dienende Millionen-Kredit des späteren Europa-Abgeordneten Hans-Olaf Henkel erregte 2014 ein gewisses Aufsehen. Darüber hinaus versucht die AfD durch den Verkauf von Goldmünzen und -barren Einnahmen im Sinne des Parteiengesetzes zu erwirtschaften und zugleich darauf anzuspielen, dass Gold in Zeiten der Eurokrise wertbeständig sei.[4]
Programm und inhaltliche Positionen
Die Eurokrise als der zentrale Gründungsimpuls der AfD nimmt in den Politischen Leitlinien
der AfD (2014) breiten Raum ein. Sie wird von der Partei als Ursache einer Beschädigung der Demokratie, des Rechtsstaats, der Gewaltenteilung, der sozialen Marktwirtschaft und der europäischen Idee selbst wahrgenommen. Vor allem der letzte Punkt betont, dass die AfD keineswegs anti-europäisch ist, sondern beispielsweise den europäischen Binnenmarkt befürwortet. Der Gegenstand der Kritik ist in erster Linie die Währungsunion in ihrer heutigen Form, die die AfD für wirtschaftlich falsch hält und aus der sie Deutschland herausführen will. Höchstens ein Nord-Euro
als Währungsunion von ähnlich leistungsfähigen Ökonomien Nord- und Mitteleuropas hält man für akzeptabel. Eng verbunden mit der Forderung, den Euro abzuschaffen bzw. aus dem Euro auszusteigen, ist der Appell, das Volk selbst entscheiden zu lassen. Denn die Euro-Rettungspolitik wird als undemokratische Politik einer Elite betrachtet, die mehr den Tabus einer political correctness
als dem Volkswillen verpflichtet sei. Neben den programmatischen Punkten, die sich im engeren Sinne mit der Eurokrise beschäftigen, entwickelte die AfD rasch eine breite Programmatik und kann nicht als eine Ein-Themen-Partei bezeichnet werden. So findet sich in der AfD-Programmatik eine Reihe von Forderungen, die eher an wirtschaftsliberale Parteien erinnern, etwa ein Bürokratie- und Subventionsabbau sowie die Vereinfachung des Steuer- und Krankenversicherungssystems. Auch die Forderung, die Einwanderungsgesetze an den Bedürfnissen der Wirtschaft nach Fachkräften zu orientieren, ist eher wirtschaftsliberaler Natur. Dass es der AfD dabei nicht um eine nationalstaatliche Abschottung geht, zeigt auch, dass sie selbst das in der deutschen Öffentlichkeit umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) nicht in Gänze ablehnt.
Dagegen drücken sich in der Familienpolitik, die am traditionellen Leitbild der Eltern-Kinder-Familie orientiert ist und die demographische Nachhaltigkeit
zum Ziel hat, in der scharfen Ablehnung des Gender Mainstreamings
, das angeblich auf die Aufhebung der Geschlechteridentitäten ziele, sowie in dem wiederholten Bekenntnis zur abendländischen Kultur - lange vor der Entstehung von Pegida - eher konservative Werte aus. Die AfD bekennt sich in ihren Politischen Leitlinien zum Asylrecht und zu einer menschenwürdigen Behandlung von Flüchtlingen, wozu auch das Recht gehöre, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Abgelehnt wird dagegen die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme - auch aus Ländern der EU
.
In den Politischen Leitlinien, die 2014 in einer Mitgliederabstimmung mit großer Mehrheit angenommen wurden, finden sich Ansichten des liberal-konservativen und des national-konservativen Parteiflügels in gleicher Weise wieder. Die bis zur Parteispaltung führenden, aktuellen Konflikte zwischen den beiden Gruppierungen haben mehr mit unterschiedlichen Prioritäten, Politikstilen und Machtinteressen zu tun als mit programmatischen Differenzen.
Literatur
Bebnowski, David, Die Alternative für Deutschland. Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei, Wiesbaden 2015.
ders./Kumkar, Nils, 'Jeder hat Angst, seinen Besitzstatus zu verlieren'. Die Anti-Euro-Proteste, in: Stine Marg/Lars Geiges/Felix Butzlaff/Franz Walter (Hrsg.), Die neue Macht der Bürger. Was motiviert die Protestbewegungen?, Bonn 2013, S. 217-247.
Häusler, Alexander, Die rechten Mut
-Bürger : Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der Alternative für Deutschland
, Hamburg 2015.
Kemper, Andreas, Keimzelle der Nation? Familien- und geschlechterpolitische Positionen der AfD - eine Expertise, Berlin 2014.
ders., Keimzelle Teil 2: Wie sich in Europa Parteien und Bewegungen für konservative Familienwerte, gegen Toleranz und Vielfalt und gegen eine progressive Geschlechterpolitik radikalisieren, Berlin 2014.
Niedermayer, Oskar, Eine neue Konkurrentin im Parteiensystem? Die Alternative für Deutschland, in: ders. (Hrsg.), Die Parteien nach der Bundestagswahl 2013, Wiesbaden 2014, S. 175-207.
Plehwe, Dieter/ Schlögl, Matthias, Europäische und zivilgesellschaftliche Hintergründe der euro(pa)skeptischen Partei Alternative für Deutschland (AfD), Berlin 2014 (WZB Discussion Paper).
Webseite (Programmatischen Leitlinien und Satzung): www.alternativefuer.de
Fußnoten
1.
Gründungsaufruf Bündnis Bürgerwille
, http://www.buendnis-buergerwille.de/index.php?id=190 (aufgerufen am 7. Juli 2015).
2.
Erfurter Resolution (http://derfluegel.de/erfurterresolution.pdf, abgerufen am 26. April 2015).
3.
Gründungsaufruf Weckruf 2015
(http://www.weckruf2015.de/gruendungsaufruf, abgerufen am 7. Juli 2015).
https://www.afd-gold.de/aktion.html (abgerufen am 5. Juli 2015).
Alternative für Deutschland
Die Alternative für Deutschland (abgekürzt AfD) ist eine politische Partei
in Deutschland. Sie wurde als Reaktion auf die Euro-Rettungspolitik am 6.
Februar 2013 in Berlin gegründet. Sie gewann bei der Europawahl 2014
erstmals überregionale Mandate und zog 2014 in die Landesparlamente von
Sachsen, Brandenburg, Thüringen, 2015 in jene von Hamburg und Bremen sowie
2016 in jene von Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein.
Parteisprecher waren bis Juli 2015 die Bundesvorstandsmitglieder Bernd
Lucke, Frauke Petry und Konrad Adam. Nach einem monatelangen
innerparteilichen Machtkampf wurden Frauke Petry und Jörg Meuthen als
gleichberechtigte Parteivorsitzende gewählt. Daraufhin spaltete sich der
bereits zuvor auf Initiative von Lucke gegründete Weckruf 2015 ab und es
entstand die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch.
Politikwissenschaftler verorten die AfD seit 2014 im politischen Spektrum
rechts von den Unionsparteien und bezeichnen sie überwiegend als
rechtspopulistisch oder rechtspopulistisch beeinflusst. Der Führungswechsel
der Partei im Juli 2015 wurde als Rechtsruck und Sieg des
nationalkonservativen über den wirtschaftsliberalen Parteiflügel
eingestuft. Einige Wissenschaftler erkennen seither bei Teilen oder
bestimmten Führungspersonen der AfD auch rechtsextreme beziehungsweise
völkische Tendenzen.
Inhaltliches Profil
Auf ihrem Gründungsparteitag am 14. April 2013 beschloss die AfD ein
Wahlprogramm, das vor allem die Auflösung des Euroraums behandelte. Der
Euro sei gescheitert und gefährde die europäische Integration wie den
Völkerfrieden durch Verarmung der Länder mit nicht wettbewerbsfähigen
Volkswirtschaften und belaste künftige Generationen. Es wurde die
Rückverlagerung von Kompetenzen der EU an die Mitgliedstaaten und mehr
direkte Demokratie gefordert. Weitere Themen waren im Gründungsjahr eine
Steuerreform nach dem Vorbild Paul Kirchhofs sowie eine großzügigere
Asylpolitik auf Kosten einer restriktiveren Einwanderungspolitik.¹⁰ ¹¹ Auf
einem Parteitag im März 2014 beschloss die Partei ein ausführliches
Europawahlprogramm.¹²
In einer Mitgliederabstimmung wurden 2014 mit großer Mehrheit politische
Leitlinien¹³ angenommen. Darin wird die Euro-Krise als schädlich für
Demokratie, Rechtsstaat und soziale Marktwirtschaft sowie für die
europäische Idee selbst beschrieben.¹⁴ Ein Strategiepapier des
Bundesvorstandes zur Programmarbeit stellte auch Themen wie Asyl- und
Ausländerpolitik, sowie Islamismus in den Vordergrund der politischen
Arbeit.¹⁵ Auf dem Bundesparteitag in Hannover im November 2015 wurden
weitere Resolutionen zur Asyl-, Euro- und Außenpolitik, zum Waffenrecht und
zur Syrienfrage verabschiedet.¹⁶
Auf einem Mitgliederparteitag am 30. April und 1. Mai 2016 in Stuttgart
verabschiedeten etwa 2000 Mitglieder der Partei ein Grundsatzprogramm.¹⁷
Europapolitik
Europäische Finanzpolitik
Kernforderung ist „eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes" und
„die Wiedereinführung nationaler Währungen oder die Schaffung kleinerer und
stabilerer Währungsverbünde". Dazu solle durch Änderung der europäischen
Verträge jedem Euro-Mitgliedstaat das freiwillige Ausscheiden aus dem
Währungsverbund ermöglicht werden. Druck könne dabei durch eine Blockade
der Hilfskredite aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) über den
Deutschen Bundestag ausgeübt werden. Viel mehr als bisher sollen die
Gläubiger der Staaten über einen Schuldenschnitt haften, wobei die
Gläubiger selbst wiederum nicht in den Genuss von Hilfszahlungen kommen.¹⁸
¹⁹
In ihrer Resolution zur Europolitik forderte die AfD im November 2015
erneut eine „geordnete Auflösung der Eurozone". Eine gemeinsame Währung
Deutschlands sei nur mit denjenigen Mitgliedstaaten der EU denkbar, die
eine „gleiche Stabilitätskultur und währungspolitische Grundhaltung"
aufwiesen.²⁰
Allgemeine Europapolitik
Die AfD sieht sich nicht als „eine Anti-EU-Partei" und richtet sich laut
eigenen Aussagen nicht grundsätzlich gegen die Europäische Union.²¹ Sie
befürwortet den gemeinsamen Binnenmarkt und will das Budgetrecht der
nationalen Parlamente erhalten. Eine „Transferunion" und einen
„zentralisierten Europastaat" lehnt sie ab. Die Rechtsetzungskompetenz in
einigen Bereichen soll zurück zu den nationalen Parlamenten verlagert
werden. Darüber hinaus möchte die Partei im Einklang mit dem britischen
Premierminister David Cameron die EU durch mehr Eigenverantwortung
wettbewerbsfähiger machen.¹⁸ ²² Dazu wurde im April 2013 eine mögliche
europapolitische Zusammenarbeit mit der Conservative Party besprochen.²³
Für den Fall, dass Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland an die EU
abgegeben werden sollen, fordert die Partei Volksabstimmungen nach
Schweizer Vorbild.¹⁸ ²²
Innenpolitik
Energiepolitik
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll abgeschafft werden. Subventionen
für alternative Energien sollten klar kenntlich gemacht aus dem allgemeinen
Steueraufkommen finanziert werden. Eine dauerhafte Subventionierung der
Energieerzeugung jeglicher Art dürfe es nicht geben.¹⁸ ¹⁹ ²⁴
Die Energiepolitik sei primär eine Angelegenheit der Nationalstaaten. Eine
europäische Zusammenarbeit sei jedoch in einigen Energiebereichen wie
Leitungsnetze und Energiespeicher sinnvoll und notwendig. Die Forschung an
innovativen Technologien, die fossile Energieträger ablösen können, solle
gefördert werden. Auch Speichertechnologien sollen unterstützt werden.
Einseitige Zielvorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energien und der
Energieeffizienz nach 2020 ohne Einbezug anderer hochindustrialisierter
Länder lehnt die Partei ab.¹²
Arbeits-, Sozial-, Finanz- und Steuerpolitik
Die AfD befürwortet den Europäischen Binnenmarkt. Sie setzt sich für eine
nachhaltige Wirtschafts- und Sozialpolitik ein, die sich an den Leitlinien
der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards orientiert.²⁵ Die Arbeits- und
Sozialpolitik solle zu den nationalen Aufgaben der Mitgliedstaaten gehören.
Die Partei befürwortet eine soziale Absicherung für Geringverdiener. Ein
gesetzlich festgelegter, flächendeckender Mindestlohn könne diese
Absicherung jedoch nicht leisten und gefährde zudem Arbeitsplätze. Die
Partei fordert, dass der Staat die soziale Unterstützung in Form von
Einkommensbeihilfen bereitstellt.¹²
Finanzpolitisch strebt die Partei den Abbau der Staatsverschuldung
Deutschlands an. Haftungsrisiken aus Bürgschaften wie bei den Euro- und
Bankenrettungsmaßnahmen sollen in der Finanzplanung ausgewiesen werden. Das
Steuerrecht soll, etwa nach dem Vorbild des Kirchhof-Modells, vereinfacht
werden.¹⁸ ¹⁹ Die Höhe der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung
soll langfristig garantiert werden.
Gesundheitspolitik
Harmonisierungen auf EU-Ebene im Gesundheitswesen sollen weitgehend
abgelehnt und auf Maßnahmen bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren
sowie eine gemeinsame Arzneimittelzulassung beschränkt werden. Auch soll
ein einheitliches Preisreferenzsystem eingeführt werden, um Kosten zu
senken. Die Effektivität und Attraktivität der Gesundheitsberufe durch
Maßnahmen wie Bürokratieabbau, Netzwerkbildungen und die Einführung
leistungsgerechter Bezahlung sei in jedem Land eigenverantwortlich
anzuheben.¹²
Familien- und Geschlechterpolitik
Die AfD vertrete (erz-)konservativ-antifeministische Positionen in der
Geschlechterpolitik, wie Jasmin Siri (2016) und in anderen Arbeiten Andreas
Kemper herausarbeiteten. Man lehne Gleichstellungspolitik ab und stütze
sich dabei u. a. auf christlich-fundamentalistische und völkische
Vorstellungen. In diesem Kontext gebe es Anschlussfähigkeit an die extreme
Rechte.²⁶ In der Familien- und Geschlechterpolitik gebe es ein
Auseinanderfallen von moderaterer Programmatik und radikalerer Agitation.²⁷
Fragen der Demographie erachte die AfD als relevant.²⁸ Sie trete für die
traditionelle Familie von Mann und Frau ein, wende sich gegen die
Frauenquote und eine Art Aufhebung der Geschlechtsidentität.²⁸ Ein
ambivalentes Bild zeichne die Partei hinsichtlich der Gleichstellung und
der Wahlfreiheit von Lebensmodellen. Das Gender Mainstreaming werde
abgelehnt²⁹ und man unterscheide zwischen Gleichberechtigung und
Gleichstellung, wobei Letzteres abgelehnt wird.³⁰ Die AfD falle durch
Kampagnen wie „Stoppt den Gender-Wahn" in den Sozialen Medien auf.³¹
Andreas Kemper (2016) unterscheidet in diesem Kontext drei Flügel:
„neoliberale, christlich-fundamentalistische und nationalkonservative".³²
Gender-Mainstreaming werde also entsprechend aus finanziellen,
bevölkerungsbiologischen (wobei es Überschneidungen mit der NPD gebe) und
antifeministischen Motiven heraus von der Gesamtpartei abgelehnt. In der
Praxis sei die Zivile Koalition von Beatrix von Storch am „politisch
wirksamsten".³³ Daneben gebe es den dezidiert
christlich-fundamentalistischen Arbeitskreis Christen in der AfD bzw.
Pforzheimer Kreis.³⁴ Anknüpfungspunkte finden auch Teile der
„Lebensschutz"-Bewegung, deren Einfluss auf die Partei vor allem in den
südöstlichen Landesverbänden und in Baden-Württemberg spürbar sei.³⁵ Das
Grundsatzprogramm der AfD fordert ein Ende der Aussetzung der
Wehrpflicht.³⁶
Bildungspolitik
Die Bildungspolitik für Schulen, für die Berufsausbildung und für die
Hochschulen müsse in nationaler Kompetenz verbleiben und auf lokale
Traditionen und Bedürfnisse ausgelegt sein. Die Partei fordert jedoch
bundesweit einheitliche Bildungsstandards, die sich an den Leistungen der
besten Schulsysteme orientieren.³⁷ Die Rückkehr zu Diplom- und
Staatsexamensstudiengängen solle möglich sein. Es sei Aufgabe des Staates,
Eltern bei Bildung und Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen. Die
Verfügbarkeit von Kindertagesstätten und Schulen müsse dies sinnvoll
ergänzen.¹⁸
Migrations- und Asylpolitik
Die Positionen in der Migrationspolitik seien ambivalent, es läge ein
konservatives und ein neoliberales Verständnis³⁸ zugrunde: Einerseits werde
betont, wie wichtig die Niederlassungsfreiheit, aber auch
Arbeitnehmerfreizügigkeit³⁹ in Europa sei; „qualifizierte" und
„integrationswillige" Zuwanderung nach kanadischem Vorbild³⁹ werde bejaht.
Andererseits knüpfe man an „rassistisch konnotierte Diskurse" an, wie Jonas
Fedders (2016) herausarbeitete.⁴⁰ Die AfD fordere „klare Kriterien" für
Einwanderung, eine „Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme" lehne man
ab.³⁹ Nur wer Sozialversicherungsbeiträge bezahle, könne auch Nutznießer
von Arbeitslosen- und Kindergeld sein.³⁹ Jedoch sollte Asylsuchenden in
Deutschland ein Arbeitsrecht gewährt werden.³⁹
Als Reaktion auf die stark steigenden Flüchtlingszahlen legte der
Bundesvorstand Anfang September 2015 ein Strategiepapier zur Migrations-
und Asylpolitik vor. Darin fordert die Partei die Wiedereinführung von
Kontrollen an den deutschen Grenzen, ein 48-Stunden-Asylverfahren in
Grenznähe und die Abschaffung des sogenannten „Taschengelds" für
Asylbewerber. Zudem sollen Menschen aus Staaten, die als sichere
Herkunftsländer eingestuft werden, keinen Asylantrag mehr stellen dürfen.⁴¹
Im November 2015 verabschiedete der Bundesparteitag eine Resolution, in der
die Partei eine Unterordnung des Asylrechts unter die Sicherheit des
Staates und seiner Bevölkerung forderte, sowie Obergrenzen bei der Aufnahme
von Flüchtlingen und eine Abschaffung des Familiennachzugs.⁴²
Infrastruktur
Die EU-Mitgliedstaaten sollen für ihre Infrastruktur selbst zuständig sein.
Die Entscheidung, ob Güter der sogenannten Daseinsvorsorge (z. B.
Wasserversorgung) in öffentlicher oder privater Verantwortung anzubieten
sind, solle vor Ort entschieden werden. Das Gemeinwohl solle bei der
Infrastruktur Vorrang vor Privatinteressen haben.
Die abgeschafften Grenzkontrollen sollen nicht durch neue
zwischenstaatliche Barrieren ersetzt werden. Mautgebühren werden abgelehnt.
Die Kosten von Straßen und Autobahnen würden in den meisten Ländern bereits
über Mineralöl‐ und Kfz-Steuern abgedeckt werden.¹²
Islam
Laut dem Grundsatzprogramm der AfD gehört der Islam nicht zu Deutschland.
Die Partei fordert insbesondere ein Verbot von Minaretten, des Muezzinrufs
und der Vollverschleierung. Ähnlich dem französischen Modell sollen im
öffentlichen Dienst keine Kopfbedeckungen, in der Öffentlichkeit keine
Burkas oder Niqabs erlaubt sein. Die AfD bekennt sich zur absoluten
Glaubensfreiheit, diese müsse jedoch gesetzes- und menschenrechtskonform
ausgelebt werden. Muslime, welche rechtstreu und integriert sind, seien als
akzeptierte Mitglieder der Gesellschaft anzusehen. Verfassungsfeindlichen
Vereinen soll der Bau und der Betrieb von Moscheen untersagt werden, ebenso
wie die Auslandsfinanzierung durch islamische Staaten oder private
Geldgeber. Zudem müssten Imame in Deutschland an Universitäten in deutscher
Sprache ausgebildet werden.⁴³ ⁴⁴
Direkte Demokratie
Nach Ansicht der Partei sind die „etablierten Parteien" zu mächtig
geworden. Die AfD setze sich für mehr direkte Demokratie und eine stärkere
Beteiligung der Bürger an wichtigen Entscheidungen ein und fordert
Volksabstimmungen und -initiativen nach Schweizer Vorbild. Europa stünde
heute besser da, wenn die Einführung des Euros auch den deutschen Wählern
zur Entscheidung hätte vorgelegt werden müssen.¹² ³⁷
Umwelt- und Landwirtschaftspolitik
In der Umweltpolitik sieht die Partei wissenschaftliche Untersuchungen zur
langfristigen Klimaentwicklung durch CO₂-Emissionen als
„unsicherheitsbehaftet" an. Dieses globale Problem könne nur durch ein
koordiniertes Vorgehen aller großen Wirtschaftsnationen gelöst werden,
weshalb sie in dieser Frage nationale und europäische Alleingänge ablehnt.
Aus Gründen der Vorsorge könne durch internationale Abkommen eine graduelle
Reduktion von CO₂-Emissionen vereinbart werden.¹² ²⁴ Diese müssten jedoch
ausschließlich durch marktwirtschaftliche und technologieneutrale
Instrumente wie z. B. CO₂-Zertifikate erfolgen. Ein solches
Zertifikatesystem müsse sich daran orientieren, was für Haushalte und
Unternehmen finanziell tragbar sei. Aufgabe der EU sei es zudem,
Umweltdumping zu verhindern.¹²
Die Partei will der bäuerlichen Landwirtschaft die Möglichkeit eröffnen,
sich ohne Produktionsbeihilfen ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Sie
fordert u. a. eine umfassende Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik mit
dem Ziel, Subventionen deutlich zu reduzieren. Die Entscheidung über den
Anbau genmanipulierter Landwirtschaftsprodukte (z. B. Genmais) solle in der
Verantwortung der Mitgliedstaaten bleiben.¹²
Datenschutz
Jeder Bürger solle das Recht haben, über seine personenbezogenen Daten –
insbesondere deren Preisgabe, Speicherung, Verwendung und Löschung – selbst
zu bestimmen. Die Partei fordert zudem eine hochwertige
Verschlüsselungstechnik, um die Speicherung und Übertragung digitaler Daten
von Bürgern und Unternehmen zu schützen. Die Partei widersetzt sich
Bestrebungen, den Bargeldverkehr abzuschaffen und durch ausschließlich
elektronische Bezahlsysteme zu ersetzen.¹²
Der Transfer von großen Mengen Daten europäischer Bürger an die
Sicherheitsbehörden der Vereinigten Staaten und anderer nichteuropäischer
Staaten sei zu beenden. Dies gelte insbesondere für Fluggastdaten und
Auslandsüberweisungen aufgrund des SWIFT-Abkommens.¹²
Außen- und Europapolitik
Nach Dieter Plehwe (2016) vertrete die Partei eine „neue rechtsliberale"
Politik, die auf die Kritik der Verträge von Maastricht zurückgehe.⁴⁵
Ein vollumfängliches und aussagekräftiges außenpolitisches Programm der AfD
liegt bisher nicht vor. Mit Ausnahme des Bekenntnisses zur NATO erschöpfe
man sich in europapolitischer Programmatik. Schwerpunkt der AfD liege auf
dem Nationalstaat.⁴⁶ Anfangs sei die Partei vor allem durch Euro- und
Europakritik aufgefallen.⁴⁷ Es lassen sich die Forderung nach einem
Euro-Austritt Deutschlands festmachen⁴⁸ Weiterhin lehne die Partei eine
gemeinsame Haftung der Eurozone ab und stehe für eine Renationalisierung.⁴⁹
Die „euroskeptische Partei" zeichne eine Bild der Europäischen Union von
„mangelnder Legitimation".⁵⁰ Marcel Lewandowsky (2016) fasst vier zentrale
Dichotomien der Europa- und Außenpolitik der Partei zusammen:⁵¹ ⁵²
- „Souveräne Nation versus europäischer Überstaat"
- „Subsidiarität versus Brüsseler Zentralismus"
- „Bürger versus Eliten"
- „Deutsche Zahler – Ausländische Nehmer"
Das sogenannte „Bismarck-Papier" zeige, welche Positionen in der AfD „sag-
und verhandelbar" sind. Die außenpolitische Konzeption der Partei sei im
Ergebnis populistisch zu nennen, weil sie sich gegen Eliten wende und „die
Krise der eigenen, nationalen Identität und Souveränität" postuliert
werde.⁵³
Das Grundsatzprogramm fordert einen Abzug ausländischer Truppen aus
Deutschland und eine NATO-Strategie, die sich vermehrt nach deutschen
Interessen richtet.³⁶
Parteistruktur
Die Organisationsstruktur der Alternative für Deutschland ist gegliedert in
Bundesverband, Landesverbände und Unterverbände.
Bundesvorstand
Landesverbände
Die AfD hat Landesverbände in 16 deutschen Ländern. Die Vorsitzenden der
AfD-Landesverbände werden in einigen Ländern Landessprecher genannt.
Unterverbände
Neben den Landesverbänden existieren Bezirksverbände, Kreisverbände und
Stadtverbände. Wenn ein Landesverband keine Bezirksverbände besitzt, gibt
es dort statt Bezirksverbänden nur Kreisverbände und gegebenenfalls
Stadtverbände. Des Weiteren gibt es innerparteiliche Vereinigungen.
Mitglieder
Die Partei verzeichnete nach ihrer Gründung einen regen Zulauf von
Mitgliedern. Schon 18 Tage nach der Freischaltung ihrer Webseite hatte die
Partei nach eigenen Angaben über 5.000 Mitglieder. Nach sieben Wochen waren
es bereits 10.000 Mitglieder.⁵⁸ Nach Eigenangaben waren von den damals
10.476 registrierten Mitgliedern zuvor 2.795 in anderen Parteien Mitglied:
1.008 in der CDU, 587 in der FDP, 558 in der SPD, 220 in der CSU, 143 in
der Piratenpartei und 106 bei Bündnis 90/Die Grünen.⁵⁹ Es gab zudem
Übertritte aus den Freien Wählern. So traten große Teile des Berliner
Landesverbandes einschließlich des Landesvorsitzenden der neuen Partei bei.
Später kamen auch einige Hamburger Parteimitglieder dazu, darunter der
spätere Landesvorsitzende Jörn Kruse.⁵⁸ Bis September 2013 traten nach
Schätzungen von René Stadtkewitz zudem etwa 350 Mitglieder aus der Partei
Die Freiheit zur AfD über.⁶⁰ Von diesen nahmen einige Spitzenpositionen in
der AfD ein; darunter der bereits 2012 aus der Partei ausgetretene
zeitweilige AfD-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern.⁶¹ Durch
Übertritte erhielt die AfD kurzzeitig einen fraktionslosen Mandatsträger im
hessischen Landtag⁶² und einige Mandate in Stadträten. Mit Stand vom Mai
2013 waren etwa 14 Prozent der Mitglieder Frauen; das Durchschnittsalter
der AfD-Mitglieder lag bei 51 Jahren.⁶³
Seit Sommer 2014 berichteten Medien häufiger über Austritte von
Parteimitgliedern, vor allem Angehörigen des liberalen Flügels, die wegen
eines angeblichen Rechtsrucks in der AfD austraten.⁶⁴ Zum Beispiel nannte
Martina Tigges-Friedrichs, die 2013 für fünf Wochen stellvertretende
Vorsitzende der AfD Niedersachsen gewesen war, zunehmende Islamophobie als
Austrittsgrund.⁶⁵ ⁶⁶ Michaela Merz, bis Anfang Februar 2014
Vorstandssprecherin der AfD Thüringen,⁶⁷ trat im September,⁶⁸ Sebastian
Moll im Oktober 2014 aus der AfD aus.⁶⁹
Der Parteigründer Bernd Lucke trat nach dem Essener Parteitag im Juli 2015
aus der AfD aus. Als Begründung nannte er eine Zunahme islam- und
ausländerfeindlicher Ansichten in der AfD, eine „antiwestliche, dezidiert
prorussische außen- und sicherheitspolitische Orientierung" sowie
verstärkte Tendenzen, „bezüglich unserer parlamentarischen Demokratie die
‚Systemfrage' zu stellen".⁷⁰ Lucke erklärte, er habe die Menge der
Mitglieder zu spät erkannt, „die die AfD zu einer Protest- und
Wutbürgerpartei umgestalten wollen".⁷¹ Kritische Kommentatoren erinnerten
demgegenüber an Luckes bisherigen Kurs, auch um Wähler am rechten Rand zu
werben, Thilo Sarrazin für die AfD zu vereinnahmen, um mit diesem
„Tabubruch" Medienbeachtung und Zustimmung in der Bevölkerung zu erhalten,
und mit Rechtspopulisten zusammenzuarbeiten.⁷²
Nach Luckes Abwahl kam es zu einer Austrittswelle: Bis zum 10. Juli 2015
traten über 2.000 Mitglieder aus der AfD aus.⁷³ Darunter waren die
ehemaligen Bundesvorstandsmitglieder Hans-Olaf Henkel, der „einen scharfen
Rechtskurs sowie „Pöbelei, Protest und das Verbreiten von Vorurteilen
bei
der AfD-Mehrheit beklagte,⁷⁴ Joachim Starbatty,⁷⁵ Ulrike Trebesius und
Bernd Kölmel.⁷⁶ Ferner verließen weitere Funktionsträger die AfD, darunter
Alexander Dilger,⁷⁷ Piet Leidreiter,⁷⁸ Klaus Remkes,⁷⁸ Christian Schäfer,⁷⁹
Uwe Zimmermann.⁸⁰ Laut Parteiangaben traten bis Ende August etwa 20 % der
AfD-Mitglieder aus der Partei aus.⁸¹
Mitte Oktober hatte die AfD wieder 19.000 Mitglieder, wobei es täglich etwa
40 Neueintritte gab.⁸² Vor dem Parteitag in Hannover Ende November 2015
hatte die AfD knapp 20.000 Mitglieder, was in etwa dem Stand vor dem Auszug
der Lucke-Anhänger entsprach.⁸³
Laut Satzung ist die Aufnahme von ehemaligen Mitgliedern extremistischer
Organisationen grundsätzlich ausgeschlossen.⁸⁴ Eine entsprechende
Unvereinbarkeitsliste orientiert sich an den Berichten der
Verfassungsschutzbehörden.⁸⁵ Ehemalige Mitglieder solcher Organisationen
können grundsätzlich nur mit Zustimmung des Bundesvorstandes aufgenommen
werden.⁸⁶
Laut Dietmar Neuerer vom Handelsblatt will sich die AfD klar gegen rechts
abgrenzen, öffnet sich jedoch gegenüber ehemals rechten Parteigängern.⁶¹
Einige Funktionäre der AfD sind laut Medienberichten Burschenschafter in
der Deutschen Burschenschaft, zum Beispiel der bei der
Bundesgeschäftsstelle der AfD für Organisation und Planung zuständige
Mitarbeiter, der zuvor Pressesprecher der Wochenzeitung Junge Freiheit
war.⁸⁷ ⁸⁸ Nachdem Die Freiheit nach der Bundestagswahl 2013 bekannt gegeben
hatte, sie werde zu Gunsten der AfD auf eine Teilnahme an weiteren Wahlen
verzichten, forderte Parteisprecher Lucke einen bundesweiten Aufnahmestopp
für Mitglieder rechter Splitterparteien. Eine Mitgliedschaft in der AfD sei
unvereinbar mit ausländerfeindlichen, rassistischen, antisemitischen,
islamfeindlichen, rechtsextremen und linksextremen Gesinnungen.⁸⁹ Mehrere
ostdeutsche Landesverbände wollen Aufnahmeanträge von
„Freiheit"-Überläufern jedoch weiterhin prüfen.⁹⁰
Finanzen
2013
Da die Alternative für Deutschland bis zur Bundestagswahl 2013 keinen
Anspruch auf staatliche Finanzierung hatte, finanzierte sie ihren Wahlkampf
mehrheitlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Bis August 2013 erhielt
die AfD laut Aussagen von Joachim Starbatty insgesamt 2,3 Millionen Euro
von Parteimitgliedern.⁹¹ Sie erhielt zudem zwei Darlehen des Hamburger
Reeders Folkard Edler in Höhe von jeweils 500.000 Euro. Das erste Darlehen
wurde für eine Dauer von sechs Monaten gegeben und war mit 40 Prozent der
staatlichen Wahlkampfkostenerstattung besichert. Das zweite Darlehen sah
eine jährliche Tilgung von 100.000 Euro vor, sofern die Partei die
finanziellen Mittel dazu habe. Andernfalls würden ihr die restlichen
Schulden nach fünf oder acht Jahren erlassen.⁹² Die Darlehen wurden durch
die Internetplattform „Alternativer Newsletter" erstmals publik.⁹³ Laut
Ansicht des Staatsrechtlers Jörn Ipsen sei die in Aussicht gestellte
Umwandlung der Darlehen in eine Spende parteirechtlich problematisch, da
dadurch das Transparenzgebot der Parteienfinanzierung tangiert werde.⁹⁴ In
einer Stellungnahme widersprach Bernd Lucke der Darstellung des
Sachverhaltes durch die Medien.⁹⁵ Ein Spendenaufruf am Wochenende vor der
Wahl erbrachte nach Parteiangaben zusätzlich über 430.000 Euro.⁹⁶
Aufgrund der Wahlergebnisse der Bundestagswahl und der Landtagswahl in
Hessen erfüllte die AfD die Voraussetzungen für den Erhalt staatlicher
Zuwendungen für das Jahr 2013. Gestützt auf den Wählerstimmenanteil wurde
ein Höchstsatz von etwa 1,9 Millionen Euro festgesetzt. Da die Partei erst
2013 gegründet worden war, konnte sie keinen Rechenschaftsbericht für das
Jahr 2012 einreichen. Den laut Parteiengesetz notwendigen Nachweis eigener
finanzieller Mittel erbrachte die Partei stattdessen durch testierte
Angaben über die von ihr im Jahr 2013 erzielten Einnahmen. Damit hat die
Partei Anspruch auf die staatlichen Zuwendungen in voller Höhe.⁹⁷
Die AfD erzielte im Jahr 2013 laut ihrem ersten Rechenschaftsbericht
Einnahmen in Höhe von 7,72 Millionen Euro und Ausgaben in Höhe von 5,39
Millionen Euro und damit einen Überschuss in Höhe von 2,34 Millionen Euro.
Sie erhielt neben staatlichen Mitteln in Höhe von 1,86 Millionen Euro
Spenden von natürlichen Personen in Höhe von 4,14 Millionen Euro und
Spenden von juristischen Personen in Höhe von 170.000 Euro. Die
Mitgliederzahl der Partei lag dem Bericht zufolge Ende 2013 bei 16.134.⁹⁸
2014
Im April 2014 gewährte der stellvertretende Parteisprecher Hans-Olaf Henkel
der Partei einen Kredit von 640.000 Euro, da sie gegenüber anderen Parteien
finanziell stark benachteiligt sei. In der Folge erhöhte er das
Kreditangebot auf eine Million Euro, „um Schäden durch ‚gewalttätige
Übergriffe' auf die AfD im Europawahlkampf auszugleichen."⁹⁹ ¹⁰⁰
Insgesamt rechnete die AfD für das Jahr 2014 zunächst mit Einnahmen durch
Mitgliedsbeiträge und Spenden in einer Höhe von drei Millionen Euro. Um die
volle staatliche Wahlkampfkostenerstattung von fünf Millionen Euro durch
die Bundestagsverwaltung ausgezahlt zu bekommen, entschloss sich die AfD,
weitere mindestens zwei Millionen Euro durch den Verkauf von Goldbarren und
Goldmünzen einzunehmen, da ansonsten nur drei Millionen Euro ausgezahlt
worden wären. Die Bundestagsverwaltung prüfte und stellte fest, dass der
Umsatz des Goldverkaufs als Einnahme im Sinne des Parteiengesetzes zu
werten sei. Im Anschluss daran gab es Kritik an der Regelung des
Parteiengesetzes, das den Umsatz aus Unternehmenstätigkeit von Parteien als
Einnahme ansieht, und es wurde im Deutschen Bundestag eine Reform des
Gesetzes erwogen.¹⁰¹
2015
Anfang Dezember 2015 beschloss der Deutsche Bundestag eine Änderung des
Parteiengesetzes zum 1. Januar 2016, durch welche – rückwirkend für 2015 –
bei den unternehmerischen Tätigkeiten der Parteien nur noch der Gewinn
berücksichtigt wird. Daraufhin veröffentlichte die AfD einen Spendenaufruf,
und nahm in gut drei Wochen 3,1 Millionen Euro durch Spenden ein. Der AfD
gelang es somit, die drohende Finanzierungslücke von zwei Millionen Euro zu
schließen.¹⁰² ¹⁰³
Parteizeitung
Die Parteizeitung der Alternative für Deutschland heißt AfD Kompakt. Die
Zeitung wird vom Bundesvorstand herausgegeben und erscheint monatlich.
Jugendorganisation
Im November 2015 wurde die Junge Alternative (JA) durch den Bundesparteitag
der AfD als Jugendorganisation der AfD anerkannt.¹⁰⁴ Die Positionen seien
grundsätzlich mit denen des rechtskonservativen Flügels der AfD
vergleichbar.¹⁰⁵ Es gebe zugleich „Verbindungen zu Kreise[n] der extremen
Rechte[n]".¹⁰⁶
Geschichte
Vorgeschichte
Als liberale, konservative und nationale „Vorläufer und Sammlungsbewegungen
im Vorfeld" gelten nach Frank Decker (2015) der Bund freier Bürger, die
Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, die Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft, das Bündnis Bürgerwille, die Wahlalternative 2013 und die
Zivile Koalition. Parteipolitisch kamen die nachmaligen Funktionäre vor
allem aus der „zweiten Reihe" von CDU und FDP. Damit wurde ein
„diskursive[r] Raum für den Rechtspopulismus" geöffnet. Als „spiritus
rector" der Partei gilt – wenn auch nicht Mitglied – der ehemalige
SPD-Politiker und Bundesbankvorstand sowie Erfolgsbuchautor Thilo
Sarrazin.¹⁰⁸ Im September 2012 gründeten Konrad Adam, Bernd Lucke,
Alexander Gauland, Gerd Robanus und andere den „Verein zur Unterstützung
der Wahlalternative 2013", der sich zur Bundestagswahl 2013 den Freien
Wählern anschließen wollte.¹⁰⁹ Im Gründungsaufruf hieß es: „Das
Euro-Währungsgebiet hat sich als ungeeignet erwiesen. Südeuropäische
Staaten verarmen unter dem Wettbewerbsdruck des Euro. Ganze Staaten stehen
am Rande der Zahlungsunfähigkeit." Die Bundesregierung habe schon hunderte
Milliarden Euro verpfändet und setze diese Politik auf unabsehbare Dauer
fort.¹¹⁰
2013
Bei der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013 kandidierte Lucke auf
einer mit den Freien Wählern gemeinsam beschlossenen Landesliste,¹¹¹ die
1,1 Prozent der Zweitstimmen erhielt. Nach der Wahl beendeten beide Partner
infolge eines Konflikts um den organisatorischen und inhaltlichen
Führungsanspruch ihre Zusammenarbeit. Besonders die Freien Wähler in Bayern
sind in den Kommunen stark verankert und lehnten die Rückkehr zur D-Mark
ab, die die Wahlalternative bundes- und europapolitisch anstrebte.¹¹² Der
Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sah ein geringes Interesse
der Wahlalternative an den Kommunen, während Lucke die Freien Wähler
außerhalb Bayerns nicht für kampagnenfähig hielt.¹¹³
Gründung
Am 6. Februar 2013 gründete eine Gruppe aus der Wahlalternative um deren
Sprecherrat in Berlin die AfD.¹¹⁴ ¹¹⁵ Zur ersten öffentlichen Versammlung
am 11. März 2013 in Oberursel (Taunus) kamen mehr als 1.200
Interessierte.¹¹⁶ Beim ersten AfD-Parteitag am 14. April 2013 in Berlin
wurden Lucke (96 Prozent der Stimmen), Petry (81 Prozent) und Adam (80
Prozent) zu den Parteisprechern gewählt.¹¹⁷ Parteisprecher Lucke
bezeichnete die AfD als „Partei neuen Typs, die „weder links noch rechts
sei und keinen „ideologischen Wegweiser" brauche.¹¹⁸ Auch sei die
Einbindung rechter Protestwähler eine der Funktionen der AfD. Es bestehe
sonst die Gefahr, dass enttäuschte Wähler nur aus Protest extremistische
Parteien wählten.¹¹⁹
In der AfD entstanden Flügelstrukturen. Nachdem in den Landesverbänden
schon 2013 Arbeitskreise verschiedener Ausrichtung etabliert worden waren,
gründete sich Anfang 2014 in Abgrenzung zu christlich-nationalen Positionen
um Beatrix von Storch die Plattform KOLIBRI – Konservative und Liberale in
der AfD.¹²⁰ Daneben existieren ein Arbeitskreis Christen in der Alternative
für Deutschland, der in seiner Grundsatzerklärung Schwangerschaftsabbrüche,
Sterbehilfe sowie die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher
Lebenspartnerschaften mit der Ehe ablehnt, und ein Bundesarbeitskreis
Homosexuelle in der AfD, der sich für die völlige Gleichstellung
Homosexueller einsetzt.¹²¹ ¹²² ¹²³
Bundestagswahl und Landtagswahl in Hessen
Bei der Bundestagswahl 2013 am 22. September 2013 und der gleichzeitig
stattfindenden Landtagswahl in Hessen trat die AfD erstmals bei Wahlen
an.¹²⁴ Mit 4,7 % erzielte sie das stärkste Ergebnis einer neuen Partei auf
Bundesebene seit der Bundestagswahl 1953.¹²⁵ , verfehlte jedoch den Einzug
in den Bundestag ebenso wie jenen in den hessischen Landtag.
Laut Darstellung des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes war es
während des Wahlkampfes bundesweit vielfach zu Sachbeschädigungen,
Beleidigungen und körperlichen Angriffen von Linksextremisten gegen
Wahlhelfer, Funktionäre und Einrichtungen der AfD gekommen.¹²⁶
2014
Europa- und Kommunalwahlen
Im Januar 2014 wählte die Partei auf einem Parteitag in Aschaffenburg Bernd
Lucke zu ihrem Spitzenkandidaten für die Europawahl im Mai 2014. Auf die
nachfolgenden Listenplätze wurden Hans-Olaf Henkel, Bernd Kölmel, Beatrix
von Storch, Joachim Starbatty und Ulrike Trebesius gewählt.¹²⁷ ¹²⁸ Auf
einem weiteren Parteitag in Berlin wurden die restlichen Listenplätze von
sieben bis 28 gewählt.¹⁰⁷
Vor der Europawahl 2014 wurde der AfD-Wahlkampf bundesweit vom
linkspolitischen Netzwerk Blockupy und von antifaschistischen Gruppen
massiv gestört.¹²⁹ ¹³⁰ ¹³¹ ¹³² Die AfD erreichte 7,1 % der Stimmen und zog
mit sieben Abgeordneten in das Europäische Parlament ein.¹³³
Ebenfalls schaffte sie am Tag der Europawahl bei den Kommunalwahlen in zehn
deutschen Ländern den Einzug in verschiedene Kommunalparlamente. Ihr bestes
landesweites Kommunalergebnis erzielte die Partei in Sachsen.¹³⁴ Nach
eigenen Angaben wurden bei den Kommunalwahlen in den zehn Ländern 485
Mandatsträger gewählt, die in Gemeindevertretungen, Kreistagen,
Vertretungen in den jeweiligen kreisfreien Städten sowie im Bezirkstag
Pfalz einzogen.¹³⁵
Nach der Europawahl wurde die AfD mit 29 zu 26 Stimmen in die Fraktion der
Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im Europaparlament
aufgenommen.¹³⁶ Der britische Premierminister David Cameron hatte die
Europaabgeordneten seiner Partei aufgefordert, den Antrag der AfD
abzulehnen, da Bundeskanzlerin Angela Merkel die Aufnahme einer
konkurrierenden Partei als „feindlich" auffassen und sich die Aufnahme
negativ auf das Verhältnis zwischen Großbritannien und Deutschland
auswirken würde.¹³⁷ ¹³⁸ Laut einem Bericht des Spiegels hatte
Bundeskanzlerin Merkel vergeblich versucht, die Aufnahme zu verhindern, um
die AfD politisch nicht weiter aufzuwerten.¹³⁹
Erfurter Parteitag
Ein Satzungsentwurf des Bundesvorstandes, der auf dem Bundesparteitag 2014
in Erfurt beschlossen werden sollte, führte vor dem Parteitag zu öffentlich
geäußerter Kritik, unter anderem von Markus E. Wegner und dem ehemaligen
NRW-Landesvorsitzenden Alexander Dilger.¹⁴⁰ ¹⁴¹ Der Entwurf sah vor, die
Befugnisse des Bundesvorstandes zu erweitern und die Rechte der
Landesverbände und Mitglieder einzuschränken.¹⁴² Der Satzungsentwurf wurde
auf dem Parteitag nach kontroverser Diskussion von der Tagesordnung
gestrichen.¹⁴³
Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg
Bei allen drei Landtagswahlen des Jahres 2014 zog die Alternative für
Deutschland erstmals in die Landesparlamente ein. Bei der Landtagswahl in
Sachsen erreichte die AfD 9,7 % der Listenstimmen und 14
Landtagsmandate.¹⁴⁴ ¹⁴⁵ Bei den zwei Wochen später stattfindenden
Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen erreichte die AfD 12,2 % bzw.
10,6 % der Stimmen.
2015
Uneinigkeit über das Verhältnis zu Pegida
Das Verhältnis gegenüber Pegida entwickelte sich nach Felix Korsch (2016)
in vier Phasen von „Anziehung und Ablehnung".¹⁴⁶ AfD-Anhänger hätten zwar
laut einer Erhebung vom Dezember 2014 Verständnis für die
Pegida-Demonstrationen, eine „tatsächliche Kooperation" gab es aber bisher
nicht.¹⁴⁷ Es gehörte ein AfD-Mitglied zum Vorstand des Pegida-Vereins in
Dresden, und die Dresdner AfD begrüßte die Pegida-Kundgebungen seit
November 2014. Auch die ultrarechte „Patriotische Plattform" unter dem
damaligen sächsischen AfD-Vorstandsmitglied Hans-Thomas Tillschneider
unterstützte Pegida von Anfang an. Während im Bundesvorstand vor allem
Lucke und Henkel demgegenüber eine distanzierte Haltung vertraten, besuchte
Gauland mit mehreren Fraktionskollegen im Dezember 2014 eine
Pegida-Kundgebung, deren Anhänger er als „natürliche Verbündete" der AfD
bezeichnete. Frauke Petry traf sich mit Pegidas Vereinsvorstand im Landtag
von Sachsen und sah inhaltliche „Schnittmengen". Auch in den
Landesverbänden blieb die Haltung ambivalent: Die hessische AfD kritisierte
die Teilnahme bei „Fragida", weil dieser Frankfurter Pegida-Ableger von der
NPD mitorganisiert wurde, nicht aber an „Kagida" (Kassel), die ein
AfD-Mitglied führte.¹⁴⁸ Es seien letztlich mehrere „verhalten-zustimmende
Äußerungen" zu verzeichnen.¹⁴⁹ Die AfD stand jedenfalls von allen Parteien
Pegida am nächsten.¹⁵⁰ Da sich allerdings 2015 die „Rahmenbedingungen" bei
Pegida änderten, und sich eine Gruppe um Kathrin Oertel abgesetzt hatte,
kam es rückblickend zu einem auseinander bewegen der beteiligten
Akteure.¹⁴⁹ Korsch sprach von einer „Dethematisierung".¹⁵¹ Später wurde das
Thema insofern wieder aktuell, als Marcus Pretzell in seinem Grußwort zum
Essener Parteitag im Juli 2015 die AfD als „Pegida-Partei" bezeichnete.¹⁵²
Häusler (2016) sieht in der AfD einen „parteipolitischen Anker" für „gegen
Einwanderer und Flüchtlinge gerichtete[] Initiativen" wie PEGIDA. Die bei
den Demonstrationen in Dresden „artikulierten Forderungen [seien] in vielen
Fragen deckungsgleich mit Positionen der AfD".¹⁵³
„Erfurter Resolution und „Weckruf 2015
Im März 2015 initiierten Björn Höcke (Thüringen) und André Poggenburg
(Sachsen-Anhalt) gegen den Kurs des Parteivorstands die Erfurter
Resolution, in der sie eine konservativere Ausrichtung der Partei
fordern.¹⁵⁴ Viele Unterstützer verstünden die Partei „als Bewegung unseres
Volkes gegen die Gesellschaftsexperimente der letzten Jahrzehnte
(Gender-Mainstreaming, Multikulturalismus, Erziehungsbeliebigkeit usf.)"
sowie als „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der
Souveränität und der Identität Deutschlands". Die Resolution kritisierte
unter anderem mit Bezügen zu PEGIDA, die Partei habe „sich von bürgerlichen
Protestbewegungen ferngehalten und in vorauseilendem Gehorsam sogar
distanziert, obwohl sich tausende AfD-Mitglieder als Mitdemonstranten oder
Sympathisanten an diesen Aufbrüchen beteiligen".¹⁵⁵ Wenig später
veröffentlichte Hans-Olaf Henkel gemeinsam mit drei weiteren
Europaabgeordneten eine als Deutschland-Resolution bezeichnete
Gegenerklärung und warf den Initiatoren zudem vor, die Partei spalten zu
wollen.¹⁵⁴ Bis zum 25. März 2015 hatten laut Initiatoren über 1600
Parteimitglieder die Erfurter Resolution unterzeichnet,¹⁵⁶ darunter
Vorstandsmitglied Alexander Gauland (Brandenburg).
Im Mai 2015 veranlasste Bernd Lucke die Gründung des Vereins Weckruf 2015,
dem sich außer ihm mehrere Europaabgeordnete und etliche Landesvorsitzende
und andere Spitzenfunktionäre aus dem „gemäßigten Lager" der AfD
anschlossen.¹⁵⁷ Die Mitglieder sahen die „Existenz und Einheit" der AfD
durch eine Machtübernahme von Vertretern der „Neuen Rechten" als gefährdet
an. Man wolle keine neue Partei gründen, sondern Parteiaustritte von
gemäßigten Mitgliedern verhindern und den gemäßigten Flügel stärken.¹⁵⁸
Ende Mai 2015 lief bereits die Gründung von Landesverbänden an; intern
wurde der Verein als mögliche Parteigründung bezeichnet.¹⁵⁹ Die
Vereinsgründung wurde als Spaltversuch und Vorbereitung eines möglichen
Massenaustritts von Lucke-Anhängern gedeutet.¹⁶⁰ Die
AfD-Vorstandsmitglieder Alexander Gauland und Frauke Petry kritisierten sie
als parteischädigend und satzungswidrig.¹⁶¹ Im Verein waren etwa 4.000
Anhänger von Lucke organisiert,¹⁶² von denen etwa 2.600 nach Luckes
Austritt aus der AfD im Juli 2015 die Gründung einer neuen euro-kritischen
Partei befürworteten.¹⁶³
Im April 2015 traten Hans-Olaf Henkel und Patricia Casale aus dem
Bundesvorstand aus. Der Europaabgeordnete Marcus Pretzell wurde von den
gemeinsamen Delegationssitzungen ausgeschlossen.¹⁶⁴
Bürgerschaftswahlen in Hamburg und Bremen
In diese Phase des innerparteilichen Machtkampfes fielen die
Bürgerschaftswahlen in Hamburg und Bremen, bei denen die AfD jeweils knapp
die Fünfprozenthürde übersprang und in die Parlamente einzog.
Essener Parteitag und Abspaltung der ALFA
Nach einem monatelangen innerparteilichen Machtkampf wählte der
Mitgliederparteitag in Essen Frauke Petry am 4. Juli 2015 in einer
Kampfabstimmung anstelle von Bernd Lucke zur ersten Parteisprecherin.¹⁶⁵
Petry erhielt 60 Prozent, Lucke 38,1 Prozent der Stimmen.¹⁶⁶ Jörg Meuthen
wurde als zweiter Parteisprecher gewählt.¹⁶⁷ Die Ablösung Luckes wurde von
Politikwissenschaftlern als Rechtsruck und Sieg des nationalkonservativen
über den wirtschaftsliberalen Parteiflügel eingestuft.¹⁶⁸ ¹⁶⁹
Laut Petry war der Parteitag ein Befreiungsschlag, der die Partei von einem
selbstzerstörerischen Machtkampf erlöste. Die Partei werde jetzt wieder
befriedet. Am Kurs der Partei werde sich jedoch unter dem neuen Vorstand
nichts ändern. Wichtigstes Thema bleibe die Kritik an der
Euro-Rettungspolitik und nicht die Flüchtlings- und Asylpolitik.
Unverändert wichtige Themen blieben der Einsatz für mehr direkte
Demokratie, die Förderung von Mittelstand und Familien und die Sozial- und
Wirtschaftspolitik. Lediglich in Bezug auf die Reform der Europäischen
Union könne es Veränderungen geben. Der neue Vorstand sehe sich näher bei
der britischen Regierung als bei der Bundesregierung.¹⁷⁰
In der Folge trat Lucke aus der Partei aus und gründete am 19. Juli 2015
die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA),¹⁷¹ der sich viele
ehemalige AfD-Mitglieder anschlossen, darunter fünf Abgeordnete des
EU-Parlaments, drei der Bremischen Bürgerschaft und einer des Thüringischen
Landtags.¹⁷² ¹⁷³ Nachdem AfD-Mitglieder nach Angaben der Parteispitze viele
Fragen zum Umgang mit der neu gegründeten ALFA gestellt hatten, wurden sie
Ende Juli 2015 aufgefordert, die neue Partei zu ignorieren, um sie nicht
aufzuwerten.¹⁷⁴
2016
Kooperation mit der FPÖ
Anfang 2016 trafen sich Frauke Petry und Marcus Pretzell mit dem
FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache und dem FPÖ-Generalsekretär Harald
Vilimsky in Düsseldorf zu einem Kongress „Europäische Visionen – Visionen
für Europa".¹⁷⁵ ¹⁷⁶ Anschließend vereinbarte der bayerische
AfD-Landesverband eine Kooperation („Blaue Allianz") mit der FPÖ.¹⁷⁷ Es kam
in der Folge zu einem gemeinsamen Auftritt von Harald Vilimsky mit
Alexander Gauland und Andreas Kalbitz bei einer Wahlveranstaltung in
Nauen.¹⁷⁸ Beim Bundesparteitag in Stuttgart Anfang Mai gab Marcus Pretzell
bekannt, in die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit einzutreten,
der die FPÖ angehört.¹⁷⁹ Zudem verlas er vor dem Bundesparteitag ein
Grußschreiben der FPÖ.¹⁸⁰
Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt
Am 6. März 2016 erhielt die AfD bei den Kommunalwahlen in Hessen 11,9
Prozent der landesweit abgegebenen Stimmen.¹⁸¹ Bei den drei Landtagswahlen
eine Woche später trat die AfD erstmals an. Bei der Landtagswahl in
Baden-Württemberg erreichte sie 15,1 Prozent der Stimmen,¹⁸² bei der
Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 2016 12,6 Prozent¹⁸³ und bei der
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 24,3 Prozent.¹⁸⁴ ¹⁸⁵ Sie wurde damit in
Sachsen-Anhalt zur zweitstärksten (nach der CDU) und in den beiden anderen
Ländern zur drittstärksten Fraktion. Sie gewann 15 Direktmandate in
Sachsen-Anhalt und zwei Direktmandate in Baden-Württemberg.¹⁸⁶ In
Sachsen-Anhalt zog die AfD mit dem bisher besten Ergebnis einer neuen
Partei in ein Landesparlament ein.¹⁸⁷
Ausschluss der Europaabgeordneten aus der Fraktion der EKR
Nach den Äußerungen der Europaabgeordneten Beatrix von Storch zum
Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge im Januar 2016 wurden die
AfD-Abgeordneten im Europaparlament im März 2016 aufgefordert, die Fraktion
der EKR zum 31. März 2016 zu verlassen. Sollte sie dies nicht tun, werde
die Fraktion einen formalen Ausschluss beantragen. Die
Austrittsaufforderung geht auf die Initiative des niederländischen
Christdemokraten Peter van Dalen zurück.¹⁸⁸ Am 8. April 2016 verließ
Beatrix von Storch daraufhin die Fraktion der EKR und trat in die Fraktion
Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD) ein.¹⁸⁹ Drei Tage
später wurde Marcus Pretzell aus der Fraktion ausgeschlossen.¹⁹⁰ Am 1. Mai
2016 trat er in die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit ein.¹⁷⁹
Auflösung des Landesverbandes Saarland
Ende März 2016 gab der Bundesvorstand den Beschluss zur Auflösung des
Landesverbandes Saarland bekannt, da er Verstöße gegen die politischen
Ziele und die innere Ordnung der Partei sah.¹⁹¹ Grund dafür waren
Recherchen des Stern, die eine Zusammenarbeit zwischen der AfD Saarland und
NPD-Funktionären sowie von Verfassungsschutzbehörden beobachteten
Organisationen aus dem NPD-Umfeld belegen sollen.¹⁹² Mitte April nahm das
Bundesschiedsgericht der Partei die Auflösung des Landesverbandes vorerst
zurück.¹⁹³ Der Bundesparteitag bestätigte Ende April die Ordnungsmaßnahme
gegen den Landesverband Saarland mit 51,9 gegen 42,0 Prozent der
abgegebenen Stimmen. Die endgültige Entscheidung fällt damit im
Hauptverfahren vor dem Bundeschiedsgericht.¹⁹⁴
Verabschiedung des Grundsatzprogramms
Die AfD verabschiedete auf dem Mitgliederparteitag in Stuttgart Anfang Mai
ein Grundsatzprogramm basierend auf einem Programmentwurf, der in mehreren
Arbeitsgruppen und unter Beteiligung von etwa 1000 Mitgliedern entstanden
war.¹⁹⁵ Darin heißt es, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Minarette,
Muezzinrufe und Vollverschleierung werden abgelehnt. Über Asylanträge soll
bereits in den Herkunftsregionen entschieden werden. Qualifizierte
Einwanderer mit hoher Integrationsbereitschaft seien willkommen. Die EU
soll nur als Wirtschaftsgemeinschaft erhalten bleiben und der Euro
abgeschafft werden. Über den Verbleib Deutschlands in der Eurozone soll
eine Volksabstimmung entscheiden. Plebiszitäre Elemente nach Schweizer
Vorbild sollen gestärkt und der Bundespräsident direkt gewählt werden.
Mandatszeiten von Abgeordneten sollen beschränkt werden. Krippenbetreuung
und häusliche Erziehung sollen gleichberechtigt nebeneinanderstehen.
Kritisiert werden Gleichstellungspolitik, Geschlechterquoten und "falsch
verstandener Feminismus". Mehrkindfamilien sollen gefördert werden,
Abtreibungen nicht. Das Steuerrecht soll vereinfacht und Mittel- und
Geringverdiener, insbesondere Familien, finanziell entlastet werden. Die
Laufzeit von Kernkraftwerken soll verlängert und Fracking weiter erforscht
werden. Die allgemeine Wehrpflicht für Männer soll wieder eingeführt
werden. Die NATO-Mitgliedschaft wird nicht infrage gestellt, die NATO soll
aber deutschen Interessen angepasst werden.³⁶
Wählerschaft
Bei der Bundestagswahl 2013 wurde die AfD nach den Ergebnissen einer
repräsentativen Wahlstatistik deutlich öfter von Männern als von Frauen
gewählt.¹⁹⁶ Den größten Zuspruch hatte die Partei in der Berufsgruppe der
Arbeiter erfahren. Zudem wählten viele ehemalige Anhänger von FDP und Linke
die AfD. 60 % der AfD-Wähler gaben an, nicht aus Überzeugung, sondern aus
Enttäuschung über die anderen Parteien die AfD gewählt zu haben.¹⁹⁷
Die im Juni 2014 veröffentlichte achte Mitte-Studie der Universität Leipzig
zu rechtsextremen Einstellungen in Deutschland befragte 2432 Personen, von
denen 52 Personen angaben, sie würden bei einer anstehenden Bundestagswahl
AfD wählen. Davon vertraten 26 (50 %) gemäß Einstufungsmuster der
Mitte-Studie ausländerfeindliche, 15 (29 %) chauvinistische (überheblich
nationalistische) und 7 (13 %) antisemitische Ansichten. Sie lagen bei
diesen Einzelpositionen jeweils an zweiter Stelle hinter den Anhängern
rechtsextremer Parteien.¹⁹⁸ ¹⁹⁹ ²⁰⁰ ²⁰¹ In einer von der SPD-nahen
Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen und im November 2014
veröffentlichten Umfrage gaben 68 von 1915 Personen an, bei einer
anstehenden Bundestagswahl AfD wählen zu wollen. Davon stimmten gemäß
Einstufungsmuster der Umfrage überdurchschnittlich viele chauvinistischen
(41 %), ausländerfeindlichen (16 %) und den Nationalsozialismus
verharmlosenden (14 %) Aussagen zu.²⁰²
Laut einer im Juni 2014 veröffentlichten Erhebung des
Meinungsforschungsinstituts Forsa unterscheidet sich die Anhängerschaft der
AfD deutlich von der rechtsextremer Parteien. So stammen AfD-Anhänger eher
aus der Ober- und Mittelschicht mit relativ hohem Einkommen und
entsprechend hoher Schulbildung. Gemeinsam sei beiden Gruppen ein geringes
Vertrauen in die Kompetenz der im Bundestag vertretenen Parteien, eine
pessimistische Wirtschaftserwartung und ein überdurchschnittlicher Anteil
an Konfessionslosen und Männern. Insbesondere Angestellte und Rentner
fänden Gefallen am Kurs der AfD, Selbständige, Beamte und Arbeiter in der
Wählerschaft eher weniger. In ihrer Selbsteinschätzung verorten sich 55 %
der AfD-Sympathisanten in der politischen Mitte, 28 % rechts und 17 %
links.²⁰³
Basierend auf einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach
beschrieb Renate Köcher die AfD im Oktober 2014 als eine Partei, in der
sich Wähler sammelten, denen die europäische Integration zu weit gehe und
die Zuwanderung teilweise Unbehagen bereite. Die Gemeinschaftswährung und
die europäische Ebene würden von AfD-Anhängern kritischer als vom
Bevölkerungsdurchschnitt gesehen. Die Anhänger sähen in der EU ein Risiko
für den Wohlstand Deutschlands, empfänden sie als schwerfällig und
befürchteten, nationale Charakteristika gingen in ihr verloren. Dagegen
spielten das Friedensthema und der große gemeinsame Wirtschaftsraum eine
geringere Rolle als im Bevölkerungsdurchschnitt. Für AfD-Anhänger sei zudem
wichtig, dass die AfD den Konsens der übrigen Parteien durchbreche. Viele
sähen eine Partei, die sich deutlich von anderen Parteien unterscheide,
Positionen vertrete, die in der Bevölkerung weit verbreitet seien, eine
Lücke im Parteienspektrum einnehme und frischen Wind in die Politik bringe.
Als Parteiziele sähen die Anhänger, die Zuwanderung zu begrenzen, härtere
Asylgesetze anzustreben, den Euro abzuschaffen, die Bedeutung der
europäischen Ebene zurückzudrängen und die nationalen Interessen
entschiedener zu vertreten. Gleichzeitig sähen sie die AfD aber auch als
Anwalt für mehr Bürgerbeteiligung, innere Sicherheit, Reformen, soziale
Gerechtigkeit und die Interessen der Wirtschaft und des Mittelstandes. Fast
drei Viertel der Anhänger glaubten, die AfD habe die besten
Zukunftskonzepte aller Parteien. Nur bei den Unionsparteien sei das
Vertrauen der Anhänger in ihre Partei ähnlich groß.²⁰⁴
In einer im Oktober 2015 veröffentlichten repräsentativen Umfrage des
Institutes Infratest dimap im Auftrag der ARD gaben 6 % der Befragten an,
die AfD wählen zu wollen (vgl. Sonntagsumfrage). 95 % der AfD-Anhänger
waren unzufrieden mit der Regierung (zufrieden: 5 %); der schlechteste Wert
aller abgefragten Parteien. Die Folgen der Zuwanderung wurde von 93 % der
AfD-Anhänger als eher nachteilig bewertet (eher Vorteile: 1 %) und 79 %
sprachen sich für eine Lockerung der Russland-Sanktionen aus (Sanktionen
beibehalten: 21 %).²⁰⁵ In einer weiteren Umfrage desselben Institutes vom
November 2015 sprach sich eine Mehrheit von 93 % für die „Einrichtung von
Transitzonen an den Grenzen aus" (dagegen: 5 %) und 83 % zeigten sehr
großes bzw. großes Verständnis für Pegida (wenig/gar kein Verständnis: 12
%). In der Sonntagsfrage gaben 8 % an, die AfD wählen zu wollen (davon:
Westdeutschland 7 %, Ostdeutschland 12 %).²⁰⁶ Die Zuwächse der AfD
gegenüber der Bundestagswahl 2013 speisen sich insbesondere aus ehemaligen
Wählern der Union (950.000 Wähler), der SPD (250.000 Wähler) und der
Linkspartei (250.000 Wähler).²⁰⁷
Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft waren die
AfD-Wähler bei der Europawahl 2014 überdurchschnittlich gebildet und
einkommensstark. So gehörten 33,9 % der Wähler zum reichsten Fünftel der
Bevölkerung und weniger als 10 % machten sich große Sorgen um die eigene
wirtschaftliche Situation. Der Anteil der Gutverdienenden sei nur bei
FDP-Wählern höher gewesen. Auch das Bildungsniveau der AfD-Wähler sei
überdurchschnittlich. Laut den Autoren der Studie hat sich die
Zusammensetzung der Wählerschaft (Stand: April 2016) wahrscheinlich wenig
verändert.²⁰⁸ Bei den Landtagswahlen im März 2016 gaben
überdurchschnittlich viele Arbeiter und Arbeitslose der AfD ihre Stimme, in
Baden-Württemberg knapp 30 %, in Sachsen-Anhalt mehr als ein Drittel. Laut
Robert Rausch, Studentische Hilfskraft am Göttinger Institut für
Demokratieforschung, hatten die meisten AfD-Wähler einen niedrigen bis
mittleren Bildungsabschluss und gehörten der „sozialdemokratischen
Kernklientel" an. Typisch für die AfD-Wähler sei eine Skepsis gegenüber
gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen, überdurchschnittlich viele
ihrer Wähler machten sich Sorgen über ihre eigene wirtschaftliche Lage (35
%) und seien unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie. ²⁰⁹
Verhältnis zu den Medien
Deutsche Journalistenverbände kritisierten mehrfach, dass Journalisten von
AfD-Mitgliedern oder -Sympathisanten angegriffen und bedroht und aus
Veranstaltungen herausgedrängt worden seien.²¹⁰ ²¹¹ ²¹²
Laut Helmut Kellershohn erhält die AfD seit Beginn Unterstützung durch die
Junge Freiheit (JF). Die JF sei mittlerweile das inoffizielle Sprachrohr
der Partei und begleite auch innerparteiliche Auseinandersetzungen zwischen
den verschiedenen Flügeln.²¹³ Der JF-Chefredakteur Dieter Stein habe
zunächst Lucke, später dann Petry unterstützt.²¹⁴ Götz Kubitschek von der
Sezession versuche nach anfänglicher Skepsis mit Höcke eine „Alternative in
der Alternative" zu etablieren. Für seine Ziele öffne auch er seine
Zeitschrift.²¹⁵ Mit der Erfurter Resolution habe Kubitschek eine „neurechte
Sammlungsbewegung" innerhalb der Partei empfohlen.²¹⁶
Laut Kai Arzheimer gab es bis zur Parteispaltung ab und zu wohlwollende
Leitartikel über die Partei in konservativen Zeitungen wie der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung, dem Handelsblatt oder der Welt. Seither sei die
Berichterstattung in Mainstreammedien jedoch durchwegs negativ.²¹⁷
Politische Einordnung
Im Gründungsjahr 2013
Vor der Bundestagswahl 2013 stuften Sozialwissenschaftler die AfD meist als
eher konservative oder wirtschaftsliberale Partei mit einigen
rechtspopulistischen Programmpunkten ein.
Frank Decker sah die AfD 2013/14 als Protestpartei, die von den
Unionsparteien geräumte Positionen nutzen und trotz ihres
konservativ-bürgerlichen Profils mit dem Euro-Thema auch linksgerichtete
Wähler gewinnen könne.²¹⁸ Sie besetze mit anti-europäischen Positionen
„eine Nische in der Parteienlandschaft" in Deutschland.²¹⁹ Einige ihrer
Forderungen knüpften an die Programmatik des Rechtspopulismus in Westeuropa
an,