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Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln: und andere Geschichten
Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln: und andere Geschichten
Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln: und andere Geschichten
eBook64 Seiten45 Minuten

Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln: und andere Geschichten

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Über dieses E-Book

Die Geschichten in diesem Buch handeln von Menschen, ihren Eigenarten, ihren Macken. Zum Beispiel Herr Rusterholz. Er arbeitet seit dreiundzwanzig Jahren beim Bundesamt für Statistik, sammelt Briefmarken und geht Zwiebeln aus dem Weg. Er ist ein Eigenbrötler. Und dann, an einem Freitag im November, geschieht etwas, das noch nie geschehen ist: eine Frau spricht ihn an.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum13. März 2013
ISBN9783842392007
Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln: und andere Geschichten
Autor

Jürg Bolliger

Jürg Bolligers beruflicher Weg führte vom Bankkaufmann über verschiedene Tätigkeiten in einem Handelsunternehmen zum Erwachsenenbildner und Coach. Heute ist er als lehrender und supervidierender Transaktionsanalytiker (TSTA-E) in Erwachsenenbildung, Supervision und Coaching tätig - online und offline. Jürg Bolliger lebt mit seiner Familie in Biel/Bienne CH.

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    Buchvorschau

    Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln - Jürg Bolliger

    müssen

    Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln

    Herr Rusterholz mag keine Zwiebeln. Er hatte sie noch nie gemocht. Auch damals, als er noch ein Kind war, nicht. Seine Mutter hatte die Verordnung erlassen, alles, was auf den Tisch komme, sei zu essen. Und Zwiebeln waren nicht selten auf dem Esstisch der Familie Rusterholz. Meistens klein gehackt und vermischt mit den restlichen Speisen. Mutter versuchte so, ihm Zwiebeln unterzujubeln. Er hatte es immer bemerkt. Er musste sie immer essen. Widerstand war zwecklos. Mutter verfügte über die absolute Souveränität in der Familie. Vater machte keine Anstalten, ihr dies streitig zu machen.

    Seit der Kindheit waren etliche Jahre vergangen. Herr Rusterholz durfte nun selbst über sein Leben bestimmen. Auch darüber, was auf seinen Teller kam und darüber, wieviel er davon zu essen hatte. Noch nie hatte eine Zwiebel den Weg in seine Dreizimmerwohnung gefunden. Ein zwiebelfreies Leben, das war für Herrn Rusterholz gleichbedeutend mit einem glücklichen Leben.

    Schon dreiundzwanzig Jahre arbeitete er beim Bundesamt für Statistik. Die Arbeit begeisterte ihn nicht sonderlich. Seit dreiundzwanzig Jahren half er mit, Statistiken zu erstellen, deren Nutzen er nicht kannte. So verdiente er das Geld, mit dem er sein Leben finanzierte. Er hatte keine Idee, was er sonst arbeiten könnte. Deshalb würde er wohl bis zu seiner Pensionierung mithelfen, Statistiken zu erstellen, deren Nutzen er nicht kannte.

    Am Mittag ging er nie mit seinen Kollegen essen. Im Sommer, bei schönem Wetter aß er draußen auf einer Parkbank ein Sandwich. Sonst wärmte er mitgebrachtes Essen in der Mikrowelle, die das Bundesamt im Pausenraum zur Verfügung stellte, und setzte sich alleine in eine Ecke des Raums, um die aufgewärmte Mahlzeit zu verzehren. Außer von ihm und ein paar Lehrlingen wurde der Pausenraum während der Mittagszeit nicht benutzt. Die Lehrlinge hatten es lustig miteinander und kümmerten sich nicht um den in der Ecke sitzenden Herrn Rusterholz. Und er nicht um sie.

    Die Wochenenden verbrachte er vor dem Fernseher und mit seiner Briefmarkensammlung. Manchmal sah er auch einfach aus dem Fenster und fragte sich, was die Nachbarn in ihren Wohnungen wohl machten, wenn sie keine Briefmarkensammlung besaßen und nicht fernsahen.

    Nun geschah es, dass er an einem Freitag im November eine Frau sah. Er befand sich auf dem Heimweg im Eisenbahnabteil, das er sich ausgesucht hatte. Meist gab es keine leeren Abteile mehr, wenn er den Zug bestieg. Er suchte sich dann Mitreisende aus, bei denen das Risiko, in ein Gespräch verwickelt zu werden, möglichst klein war. Diesmal war es ein schlechtrasierter Mann um die Dreißig, der im Zug Schlaf nach- oder vorholte. Das war ein Glückstreffer, so musste Herr Rusterholz nicht fragen, ob der Platz, auf den er sich setzen wollte, noch frei sei. Schlafende fragt man nicht.

    Beim nächsten Halt stieg sie ein. Die große, schwarzhaarige Frau, deren Gewicht sich, wie sein eigenes, an der oberen Grenze des Ideals befand. Herr Rusterholz hatte noch nie eine Freundin gehabt. In den meisten weiblichen Geschöpfen sah er das Bild seiner Mutter, die ihn genötigt hatte, Zwiebeln zu essen. Und nun saß er dieser Frau gegenüber, die ihn leicht verlegen betrachtete. Erst hatte er seinen Blick diskret abgewendet, so getan, als merke er nicht, dass sie ihn ansah. Sie ließ sich nicht davon abhalten, ihn zu betrachten. Obwohl es ihm unangenehm war, fühlte er sich von ihr angezogen. Er konnte sich nicht erklären, woran es lag, doch er wusste, wenn es eine Frau für ihn geben sollte, dann war es sie. Er hatte nie gelernt, wie man Frauen anspricht. Und es gehörte nicht zu seiner Art, Neues auszuprobieren.

    Der Zug hielt, Herr Rusterholz erhob sich und stellte sich in die Menge, die langsam Richtung Ausgang quoll. Erst draußen auf dem Perron bemerkte er, dass die schwarzhaarige Frau den Zug auch verlassen hatte. Plötzlich stand sie neben ihm. Sie heiße Marlen, meinte sie unvermittelt. Herr Rusterholz erschrak über so viel

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