Anmerkung: Mein Beitrag stellt zunächst zwei Arten visueller Archive vor -das Archiv von Emil Filla und Josef 5 Svoboda, um den Wandel der Wahrnehmung von Fragment und Ganzheit aufzuzeigen. Desweiteren konzentriert er sich auf die...
moreAnmerkung: Mein Beitrag stellt zunächst zwei Arten visueller Archive vor -das Archiv von Emil Filla und Josef 5 Svoboda, um den Wandel der Wahrnehmung von Fragment und Ganzheit aufzuzeigen. Desweiteren konzentriert er sich auf die polyvisuellen und polymedialen Werke --technische Collagen/Inszenierungen, die für die tschechischen Pavillons auf den Weltausstellungen EXPO` 58 und EXPO`67 entstanden sind (von J. Svoboda und A. Radok -wie zum Beispiel Laterna magika, polyekran, diapolyekran, polyvizion). Diese Überlegungen stehen dabei im Kontext des 10 Konzeptes "losgelöster" Bilder und sich loslösender Bilder, Bilder, die die Fläche, das Fenster, den Rahmen, die Zentralperspektive, streng definierte Stiletappen oder Diskurse der traditionellen Kunstwissenschaft verlassen. Zum einen zeigen sie einen anderen Typus von beweglichem Bild oder dynamischer Architektur (der in seiner fragmentarischen Verfassung immersiv und medial unstabil ist), der uns daher dazu bringt neu und von anderen Standpunkten über das (bewegte) 15 Bild nachzudenken. Sie stellen Fragen nach einer etwaigen Authentizität der Bilder, nach einer sich wandelnden Virtualität und Realität; Sofern wir diese Bilder vom Standpunkt ihrer Prozessualität, ihrer inneren Dynamik, ihrem fragmentarischen Charakter und ihrer Flächigkeit betrachten, so zeigt sich, dass diese Bilder ihre Authentizität auf etwas anderem gründen als auf mimetischen und indexikalischen Eigenschaften des Bildes. In ihrer künstlichen Welt zu sein 20 erlaubt, dass die Realität neutralisiert oder wieder entdeckt wird, und ist verbunden mit dem inneren Erleben der Welt (innere Bilder). Diese Bilder provozieren im gleichen Maße Fragen nach der Totalität der Bilder in einer totalitären Gesellschaft, nach der Rolle des Experiments, des Spiels und der Alternative. Die fliehenden Bilder können dann einige Zugangsweisen und Begriffe problematisieren, die für das traditionelle Bild oder das Filmbild geschaffen wurden. 25 Motto: Seite 2 von 12 "Falls uns also die übersichtliche, systematisch geordnete und optisch gegenständliche Wirklichkeit fremd ist, dann weil wir, indem wir ihre Grenzen markieren, sofort außerhalb stehen -anscheinend ist es eine andere Wirklichkeit, die uns auch eigen sein kann: wir können sie zunächst von ihrem Gegenteil her bestimmen -sie ist eine unübersichtliche, unbegrenzte, 30 zusammenhangslose: Eine ‚bilderlose' Wirklichkeit. ---Mit einem Wort ließe sich diese Wirklichkeit (und wir bemühen uns gerade diese als dem Menschen eigene und eben nicht entfremdete zu beweisen) Chaos (oder auch Verwirrung) nennen. Die Vorstellung von Chaos ruft jedoch Schrecken und Entsetzen in uns hervor! -wenn wir uns außerhalb befinden, wenn wir das Chaos von außen betrachten. Gehen wir jedoch davon aus, dass uns eher die gegenstandslose, 35 unübersichtliche, bilderloso Welt eigen ist, und betrachten sie so aus unserer Position -so bestätigen wir sie kontinuierlich in ihrer Unübersichtlichkeit, Fehlerhaftigkeit und in ihrem Chaosund das Bild, als Ergebnis unseres Umgangs mit der Wirklichkeit, ist keine plötzliche Konstruktion -sondern eine auf Evidenz gegründete Annahme der Wirklichkeit wie sie ist." Věra Linhartová, Skutečnost obrazu /Die Wirklichkeit des Bildes (1962) 40 Die Re--Montage von Fragmenten als Mittel zur historischen Teilnahme Obwohl oder gerade weil sich dieser Beitrag mit der spezifischen Medialität vor allem der polyvisuellen und polymedialen Inszenierungen, die für die tschechischen Pavillons auf den Weltausstellung EXPO'58 und EXPO'67 entstanden sind, auseinandersetzt, muss ich etwas weiter ausholen und bei den visuellen Archiven der tschechischen Künstler, oder anders ausgedrückt, 45 bei ihrer Grundlage, den Fragmenten ansetzen. Eben anhand dieser Archive lässt sich der Paradigmenwechsel vom traditionellen, zweidimensional definierten Bild zu "entfesselten" Bildern des Raumes nachvollziehen, eine Verschiebung vom Denken der Moderne zur Postmoderne, aber auch die unterschiedlichen Zugänge zur Realität und Virtualität, oder zur Darstellung der Wirklichkeit im Bild aufzeigen.