Fachbereich 1: Kultur- und Sozialwissenschaften

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»Heimat«1 ist in aller Munde. Als Begriff und als soziales, historisches, politisches oder auch ökonomisches Konstrukt hat Heimat Konjunktur. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht etwas zu Heimat in der Tagespresse steht, und kaum eine Woche, in der nicht ein nostalgisches oder diesbezügliches ideologiekritisches Buch erscheint.2 Heimat ist vor zwei Jahren gar im Ministerium des Innern, für Bau und Heimat zu einer staatlich administrativen Angelegenheit geworden. Damit ist Heimat nicht nur ein »Assoziations-und Emotionsgenerator«,3 sondern auch gesellschaftlicher Diskussionsraum und Gegenstand politischen Handelns. Der Gebrauch des Begriffs Heimat ähnelt einer »Fieberkurve«, mit deutlichem Anstieg in den letzten Jahren. Dies bildet sich auch in der Wortverlaufskurve ab, die sich im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache abrufen lässt. Den Grund für die Heimat-Konjunktur sieht der Historiker Jens Jäger »in der Unbestimmtheit des Begriffs«: Darin zeige sich »seine prominente emotionale Seite, die ihn für Marketingzwecke jeder Art-und damit sind auch politische Absichten eingeschlossen-attraktiv mache«.4 1 Im Folgenden wird »Heimat« in Anführungszeichen gedacht, um zu verdeutlichen, dass es sich hierbei um ein Konzept und Analysebegriff handelt, welches einer Problematisierung in der fachspezifischen Diskussion unterzogen wird. Zur besseren Lesbarkeit wird jedoch im Text auf die Anführungszeichen verzichtet.

Podiumsdiskussion 

Digital Public History – Chance zur kritischen Partizipation an Geschichtskultur in der pluralen Gesellschaft?

Das HISTORY FORUM OSNABRÜCK ist eine Veranstaltungsreihe, die die Didaktik der Geschichte der Universität Osnabrück 2022 erfolgreich ins Leben gerufen hat. Das jährlich stattfindende HISTORY FORUM OSNABRÜCK widmet sich in diesem Jahr einem weiteren aktuellen und zentralen Thema der Geschichts- und Erinnerungskultur und der historischen Bildung in der pluralen Gesellschaft: Vier historisch arbeitende Wissenschaftlerinnen unterschiedlicher Arbeits- und Forschungsschwerpunkte diskutieren die Frage, ob und inwiefern Digital Public History eine Chance zur kritischen Partizipation an Geschichtskultur in der pluralen Gesellschaft bietet. 

Mit dem HISTORY FORUM OSNABRÜCK öffnen sich die Didaktik der Geschichte mit dem Historischen Seminar und der Universität Osnabrück allen Geschichtsinteressierten und in der historischen Bildung und Geschichtskultur Tätigen in Osnabrück und Umgebung. 

Die Diskussionsreihe bietet ein Forum zum Dialog und darüber hinaus historisch arbeitenden Wissenschaftlerinnen der Universität Osnabrück und Gästinnen anderer Forschungseinrichtungen eine Plattform zur Präsentation ihrer Expertisen und ihrer Forschung. Das HISTORY FORUM OSNABRÜCK stärkt damit Wissenschaftlerinnen unterschiedlicher Karrierephasen und ihre Gleichstellung im Wissenschaftsbetrieb. 

Digital Public History

Geschichte ist immer öffentlich und äußert sich in verschiedenen Spielarten historischen Erzählens. Diese Narrative sind immer an das Medium der Erinnerung gebunden und finden nicht erst seit der Pandemie auch digital statt. Digital Story Telling, Digitalität und Social Media sind auch Medien und Orte geschichts- und erinnerungskultureller Aushandlungen.

Kritiker*innen mahnen jedoch vor dem Überwältigungspotenzial und den Fake News der digital zugänglichen und öffentlichen Geschichte – der Digital Public History. Oft wird mit Blick auf Herausforderungen eines digitalen Umgangs mit Geschichte und der Gefahr der Instrumentalisierung und Überforderung hingewiesen. Hierbei wird besonders ein Mangel an Medien- und Dekonstruktionskompetenz attestiert. 

Digital Public History kann jedoch auch als Inklusionsförderer und barrierefreier Zugang betrachtet werden. So können partizipativ-kritische Erzählungen einer pluralen und demokratischen Gesellschaft in Geschichts- und Erinnerungskultur sichtbar und handlungsmächtig werden. Digital Public History kann als innovativer Ansatz und als Sprachrohr Zugangschancen eröffnen, die an unsere digitale Lebensrealität anknüpfen und neue Möglichkeiten begründen. Multiperspektivisches Erinnern im Wandel einer krisenhaft wahrgenommenen Gegenwart wird gefördert, indem shared und conflicted memories demokratisch und öffentlich in Aushandlung treten können.

Das HISTORY FORUM OSNABRÜCK lädt mit der thematischen Zentrierung auf Digital Public History zum Mitdenken an und Mitdiskutieren über Geschichts- und Erinnerungskultur ein. So können wissenschaftliche Forschung und außeruniversitäre Praxis des Umgangs mit Geschichte beispielsweise auch in Schule vereint werden. 

Welche Potenziale der Digital Public History können in einer pluralen, demokratischen Gesellschaft entwickelt werden? Wie kann digital literacy gefördert werden und wie kann den Herausforderungen begegnet werden? Diese und weitere Fragen werden auf dem Podium und mit dem Publikum diskutiert. 

HISTORY FORUM OSNABRÜCK 2024 

Das dritte HISTORY FORUM OSNABRÜCK im Juni 2024 wird sich dem Themenkomplex „Gender und Geschichte“ widmen.

1 Die mittelalterliche Kunst Osnabrücks ist im allgemeinen Bewusstsein kaum sehr tief verankert, im nationalen schon gar nicht, vom internationalen ganz zu schweigen. Aber auch für die moderne Forschung -von lokalen Studien vielleicht abgesehenspielen Osnabrücker Architektur und Bildkünste älterer Zeit kaum eine Rolle. 2 Dies gilt selbstredend, ja vielleicht in besonderer Weise für Arbeiten aus Edelmetall. Zumindest hier jedoch lässt sich der Grund für die Askese der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Material benennen: die nur in vergleichsweise wenigen Exemplaren erhalten gebliebenen Artefakte, welche -von wenigen Spitzenstücken abgesehen -eine durchschnittliche Qualität oftmals kaum überschreiten. Diese prekäre Sachlage erlaubt es für viele erhaltene Teile nicht einmal, Werkstätten zu lokalisieren und Herstellungsorte sicher zu bestimmen. 3 1 Bei diesem Aufsatz handelt es sich um die durch ausführliche Nachweise und ergänzende Beobachtungen erweiterte Version eines Vortrags, der in der Festschrift zur Tausendjahrfeier des Stiftes St. Johann 2011 zum Abdruck gekommen ist. Detaillierte Analysen zu einzelnen Stücken und daraus sich ergebende Schlussfolgerungen für Osnabrücker Goldschmiedekunst des Mittelalters werden Gegenstand weiterer Studien sein, die an anderen Orten erscheinen. -Für Hinweise auf das im Folgenden ausgewertete unpublizierte Quellenmaterial und dessen Bereitstellung danke ich Jutta Gladen, Birgit Kehne und Hermann Queckenstedt, alle Osnabrück. Bei den Recherchen im Kestner-Museum Hannover half Sieke Ehlers, Hannover. Auch ihr sei herzlich gedankt.