Short Stories in German For Intermediate Learners (B1-B2)
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Steffi hätte ihren Freund Christian am liebsten unter dem Tisch getreten.
Seinetwegen schauten alle am Tisch sie an. Sie warf ihm einen bösen
Blick zu. Er antwortete mit einem Lächeln. Nadine, Steffis beste Freundin,
sah Steffi mit einem dünnen Lächeln an. Johannes, Nadines Freund und
Christians bester Freund, saß ebenfalls am Tisch. Sein Gesichtsausdruck
zeigte sowohl Schock als auch Neugier. Mark und Verena, die mit allen
befreundet waren, schauten Steffi fragend an.
Warum bloß muss Christian allen Leuten von meinen Träumen erzählen?,
dachte Steffi. Dann hob sie den Kopf und sagte: „Ja, das stimmt.“ Sie warf
Christian noch einen bösen Blick zu und fing an zu erklären: „Ich träume
manchmal von unwichtigen Dingen und diese Träume werden am nächsten
Tag wahr. Es passiert fast genau sechs Stunden, nachdem ich aufgewacht
bin. Aber es geht immer nur um wirklich dumme, kleine Dinge – niemals
um etwas Wichtiges.“
„Wirklich? Was zum Beispiel?“, fragte Mark.
„Na, als ich vier war, habe ich mal davon geträumt, dass ein Löffel vom
Tisch fällt und dabei ein lautes Geräusch macht“, sagte Steffi. „Am
nächsten Tag hielt mein Vater bei einer Party eine Rede. Gerade als er eine
Pause machte, ließ jemand einen Löffel auf den Boden fallen. Das war in
dieser Situation richtig laut und alle haben sich erschrocken. Tja, so wurde
der Traum dann wahr.“
Alle Freunde lachten.
Johannes schaute Steffi kritisch an und sagte dann mit einem Lächeln:
„Aber das scheint eher ein Zufall als alles andere zu sein.“
„Das habe ich zuerst auch gedacht“, sagte Christian daraufhin ganz
aufgeregt. „Aber dann hat mir Steffi von ihren anderen Träumen erzählt und
ich habe angefangen, ihr zu glauben. Außerdem habe ich sie getestet und
habe erlebt, wie es tatsächlich passierte!“
„Du hast sie getestet?“, fragte Johannes. „Wie?“
„Vor ein paar Monaten habe ich gewartet, bis sie aufwachte, und dann
habe ich sie aufgefordert, mir von dem letzten Traum zu erzählen, an den
sie sich erinnern konnte“, sagte Christian. „Sie erzählte mir, dass sie von
jemandem geträumt hatte, der 17 Mal nieste, und alle darüber lachten.
Dann habe ich sechs Stunden abgewartet und, während wir zu Mittag aßen,
fing eine Frau im Restaurant tatsächlich an zu niesen. Wenn sie nur ein paar
Mal geniest hätte, glaube ich nicht, dass es irgendjemand bemerkt hätte.
Aber die Frau nieste und nieste, und ich habe mitgezählt. Sie nieste genau
17 Mal. Als sie fertig war, fing das ganze Restaurant an zu lachen. Es war
so lustig!“
„Ja, und die arme Frau war so verlegen, dass sie aufgestanden ist und das
Restaurant verlassen hat“, sagte Steffi und schlug Christian gegen die
Schulter.
„Ach, hör auf!“, sagte Christian. „Ich finde das einfach unglaublich! Ich
erzähle Leuten gerne davon.“
„Das ist kein Partytrick, Christian“, sagte Steffi. „Du weißt, dass ich
nicht gerne darüber spreche, mit niemandem. Wenn die Leute so etwas
hören, denken sie, dass ich seltsam bin.“
„Ich finde nicht, dass das seltsam ist!“, sagte Verena. „Ich finde, das ist
eigentlich ziemlich cool.“
„Ja, ich auch”, meinte Mark.
„Ich auch“, sagte Nadine schüchtern und lächelte Steffi an. „So etwas
wollte ich schon immer können!“
„Sind deine Träume jemals nicht wahr geworden?“, fragte Verena.
„Na klar, das passiert ständig“, erklärte Steffi. „Die wirklich
unheimlichen Träume werden nie wahr. Das ist genauso, wenn ich von
etwas wirklich Großem träume – wie zum Beispiel von einem Lottogewinn.
Die einzigen Träume, die wahr werden, sind die unwichtigen. Ehrlich
gesagt, es nervt.“
Johannes schaute Steffi mit einem Lächeln an. „Also kannst du nicht
wirklich die Zukunft vorhersagen?“, fragte er.
„Nö“, sagte Steffi. „Manchmal kann etwas eine Erinnerung an einen
Traum auslösen. Das sagt mir, dass der Traum wahr werden wird, meistens
sehr kurz davor. Das früheste Signal, das ich je bekommen habe, war
ungefähr eine Stunde vorher, und das ist nur ein einziges Mal passiert.
Meistens bekomme ich nur ein komisches Gefühl, ungefähr fünf Minuten
bevor es passiert. Dann warte ich einfach nur darauf, dass es passiert. Wie
ich gesagt habe, es nervt ein bisschen. Ich kann es in keiner Weise
kontrollieren.“
Die Stille kehrte zurück und Steffi lächelte über die Gesichtsausdrücke
ihrer Freunde. Sie wusste, dass sie sie von jetzt an beobachten würden, um
zu sehen, ob sich ihre ungewöhnliche Fähigkeit zeigen würde.
Christian meinte es gut, aber er verstand es einfach nicht. Es war ihr
unangenehm, wenn Menschen sie beobachteten und sich über diese Sache
mit ihren Träumen Gedanken machten. Es war beunruhigend.
Das gemeinsame Abendessen war kurz danach vorbei und alle gingen
nach Hause. Christian blieb normalerweise länger, um sich noch mit Steffi
zu unterhalten, aber das konnte er an diesem Abend nicht. Er musste am
nächsten Morgen früh aufstehen, um für die Arbeit zu einem großen
Bürogebäude im Norden der Stadt zu fahren. Er war Elektriker und hatte
erst vor Kurzem eine neue Stelle gefunden.
Steffi verbrachte ihre Zeit gerne mit Christian und freute sich darüber,
wie sich ihre Beziehung entwickelte. Sie waren jetzt seit etwas mehr als
einem Jahr zusammen und sie liebte ihn sehr. Sie war sich sicher, dass auch
er sie sehr liebte.
An diesem Abend, als sie auf dem Weg ins Bett war, dachte sie, wie toll
es wäre, mit Christian verheiratet zu sein. Während sie einschlief, hoffte sie
im Stillen, dass der besondere Moment, wenn Christian ihr einen
Heiratsantrag machte, bald kommen würde.
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Steffi und ihr Freund Christian essen mit ihren Freunden zu Abend.
Christian erzählt ihnen, dass Steffis Träume manchmal wahr werden. Steffi
erklärt, dass nur kleine Dinge wahr werden, zum Beispiel, dass in einer
bestimmten Situation ein Löffel auf den Boden fällt. Die Freunde finden das
sehr interessant. Nach dem Abendessen geht Christian nach Hause. Er ist
Elektriker und muss am nächsten Morgen früh aufstehen. Er arbeitet auf der
anderen Seite der Stadt auf einer Baustelle in einem Bürogebäude. Steffi
wünscht sich beim Einschlafen, dass Christian ihr einen Heiratsantrag
macht.
Vokabeln
Sie warf ihm einen bösen Blick zu. She gave him a dirty look.
der Gesichtsausdruck facial expression, the look on somebody’s face
die Neugier curiosity
erschrecken to startle
der Zufall coincidence
niesen to sneeze
verlegen embarrassed
seltsam odd, strange
nerven to get on somebody’s nerves
die Fähigkeit ability
vorhersagen to predict
das Tagebuch journal
auffallen to notice
auslösen to trigger
beunruhigend disturbing, worrying
einen Heiratsantrag machen to propose
Fragen im Auswahlverfahren
In der Praxis war gerade Grippesaison, es gab so viel zu tun, dass Steffi
an nichts anderes denken konnte. Als um 12 Uhr ihre Mittagspause anfing,
war sie froh, ein bisschen Ruhe zu haben. Sie ging in den Pausenraum. Ein
paar Kolleginnen waren auch dort. Sie genossen alle die Stille, bis Yasmin
einen Löffel fallen ließ, mit dem sie ihre Suppe gegessen hatte. Das
verursachte ein lautes metallisches Geräusch auf dem Tisch.
Dieses Geräusch löste einen der stärksten Reize aus, die Steffi je erlebt
hatte. Es war das gleiche Geräusch, mit dem sie an diesem Morgen
aufgewacht war. Das gleiche Geräusch, das in dem schrecklichen Traum
von Christian in einem Feuer vorgekommen war, als etwas auf ihn gestürzt
war!
Steffi schaute auf die Uhr. Es war 12.07 Uhr. Sie erinnerte sich an die
Zeit, als sie aufgewacht war: 7.05 Uhr. Bisher waren Steffis schlechte
Träume noch nie wahr geworden, aber trotzdem konnte sie das Gefühl, das
sie in diesem Augenblick tief in ihrem Herzen hatte, nicht ignorieren. Und
wenn nun dieses eine Mal ein schlechter Traum doch wahr werden würde?
Und wenn sie nur deshalb ihr ganzes Leben so viele Träume gehabt hatte?
Wenn also alle diese Träume sie auf diesen Augenblick vorbereitet hatten?
Jetzt war es 12.08 Uhr. Steffi fing an zu rechnen und ihr wurde klar, dass
sie nur eine Stunde und 14 Minuten hatte, um etwas zu tun. Sie hielt es
nicht mehr aus. Sie sprang auf, nahm ihre Tasche und rannte aus dem
Pausenraum.
„Steffi?“, rief eine der Kolleginnen hinter ihr her. „Ist alles in Ordnung?“
Steffi ignorierte sie und rannte aus dem Gebäude zum Parkplatz.
Als Steffi im Auto war, wählte sie mit einer Hand Christians Nummer,
während sie mit der anderen den Motor startete. Es klingelte und klingelte
und schließlich meldete sich die Mailbox, als sie die Straße hinunterfuhr.
„Christian, ich bin’s“, sagte Steffi schnell, als sie sich durch den Verkehr
schlängelte. „Ruf mich bitte an, wenn du meine Nachricht bekommst.“ Sie
legte auf, als sie gerade auf die Autobahn fuhr. Es war Mittag, daher gab es
recht viel Verkehr, aber es war nicht so schlimm wie am späten Nachmittag.
Trotzdem würde es wahrscheinlich eine ganze Stunde dauern, um zu
Christian zu kommen.
Steffi schaute auf die Uhr im Auto. Es war 12.16 Uhr. Sie nahm wieder
ihr Handy und wählte dieses Mal die Nummer von Christans Freund
Johannes. Er nahm nach dem dritten Klingeln ab.
„Hallo Johannes, ich bin’s, Steffi“, sagte sie.
„Hallo Steffi!“, antwortete er. „Was gibt’s denn?“
„Hast du heute Morgen mal etwas von Christian gehört?“, fragte sie.
„Nein“, sagte er, „ich habe gestern Abend das letzte Mal mit ihm
gesprochen. Warum? Was ist denn los?“
„Ich hoffe nichts“, sagte sie. „Er hat nur nicht abgenommen, als ich ihn
gerade bei der Arbeit angerufen habe.“
„Ach, deswegen würde ich mir keine Sorgen machen“, sagte Johannes.
„Das Gebäude, in dem er arbeitet, ist aus ziemlich dickem Beton. Er hat
sicher keinen Empfang.“
„Wahrscheinlich hast du recht“, sagte Steffi. „Aber trotzdem, wenn du
von ihm hörst, kannst du mir bitte Bescheid geben?“
„Natürlich“, sagte er. „Ist alles okay, Steffi? Du klingst, als ob etwas
nicht stimmt.“
Steffi konnte sich nicht entscheiden, ob sie Johannes von ihrem Traum
erzählen sollte oder nicht. Nach einer langen Pause entschied sie sich,
ehrlich zu sein. „Ich habe geträumt, dass Christian in diesem Gebäude in
einem Feuer gefangen ist“, sagte Steffi. „Ich weiß, ich habe euch gestern
Abend gesagt, dass meine schlechten Träume nicht wahr werden, aber
dieser lässt mir wirklich keine Ruhe. Und jetzt kann ich ihn nicht erreichen
und drehe ein bisschen durch.“
„Oha!“, sagte Johannes. „Das kann ich gut verstehen. Gut … also … äh
…“
„Äh? Ist das alles, was du dazu zu sagen hast? Hör mal, Johannes, du
wohnst doch da in der Nähe …“
„Ja, na gut“, sagte Johannes. „Okay, ich werde dorthinfahren und
schauen, ob ich ihn finden kann.“
„Danke, Johannes“, sagte Steffi. „Ich hoffe, es ist nichts.“
„Ich auch“, sagte Johannes. „Mach dir keine Sogen. Es ist bestimmt alles
in Ordnung, Steffi.“
Steffi beendete das Gespräch und schaute wieder auf die Uhr. Es war
12.22 Uhr.
Der Verkehr war nicht so schlimm und Steffi kam die erste halbe Stunde
der Fahrt zu Christians Gebäude gut durch. Dann, ungefähr acht Kilometer
vom Gebäude entfernt, kam der Verkehr komplett zum Stehen. Sie
versuchte noch einmal, Christian zu erreichen, aber er nahm immer noch
nicht ab. Sie schrieb Johannes eine SMS, aber er antwortete nicht sofort. Sie
schaute auf die Uhr. Es war 12.54 Uhr. Sie hatte noch 28 Minuten, bis der
Traum vielleicht wahr würde.
Die nächste Autobahnausfahrt vor ihr sah leer aus, aber sie wusste nicht,
ob es eine gute Idee war, die Autobahn zu verlassen. Sie ging das Risiko ein
und fuhr an der Ausfahrt ab. An der nächsten roten Ampel gab sie die
Adresse des Bürogebäudes in ihr Navi ein. Auf dem Bildschirm erschien
eine Karte, die ihr die neue Route anzeigte. Sie schlängelte sich durch
kleine Straßen. Als es grün wurde, gab Steffi Gas. Sie musste einmal an
einer Baustelle anhalten und noch etwas warten, aber dann war sie endlich
am Ziel.
Sie schaute auf die Uhr – 13.12 Uhr. Sie hatte noch zehn Minuten. Sie
rannte durch die Tür in die Eingangshalle. Als sie hereinkam, roch sie es
sofort – Rauch! Ihr Herz blieb fast stehen und sie geriet in Panik. Ganz
klar, da war ein Feuer! Ihr Traum wurde wahr!
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Steffi hat einen sehr schlimmen Traum. In dem Traum ist ihr Freund
Christian in einem Feuer gefangen. Sie versucht, nicht über den Traum
nachzudenken und fährt zur Arbeit. Bei der Arbeit passiert etwas, das sie an
ihren Traum erinnert. Ihr wird klar, dass sie nur noch etwas mehr als eine
Stunde hat, bis der Traum wahr werden könnte. Sie ruft Christian an, aber
er nimmt nicht ab. Sie entscheidet, zu Christian zu fahren, um nach ihm zu
schauen. Es ist viel Verkehr. Unterwegs ruft Steffi Johannes an und bittet
ihn, nach Christian zu schauen. Als sie an dem Bürogebäude ankommt und
hineingeht, kann sie Rauch riechen und sie weiß, dass ihr Traum jeden
Augenblick wahr werden könnte.
Vokabeln
schweißgebadet in a sweat
der Lagerraum storage cupboard
eingeschlossen trapped
einstürzen to collapse
nach Luft ringen to struggle for breath
Steffis Herz machte einen Sprung. Steffi’s heart jumped.
die Autostunde hour’s drive
die Arztpraxis doctor’s surgery
die Grippesaison flu season
der Reiz stimulus, impulse
rechnen to calculate
Sie hielt es nicht mehr aus. She couldn’t bear it any longer.
schlängeln to wriggle
abnehmen to answer the phone
Was gibt’s denn? What’s up?
der Beton concrete
durchdrehen to freak out
das Navi (Navigationssystem) navigation system; sat nav
Gas geben to accelerate
die Baustelle construction site
die Eingangshalle lobby
Ihr Herz blieb fast stehen. Her heart almost stopped.
in Panik geraten to panic
Fragen im Auswahlverfahren
Steffi stand in der Eingangshalle. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Es
gab tatsächlich ein Feuer in diesem Gebäude – Christian war also in
Gefahr! Plötzlich hörte sie, wie jemand ihren Namen rief. Sie drehe sich um
und sah Johannes auf sie zurennen. „Johannes!“, rief sie, erleichtert, dass er
da war. „Es ist wahr! Mein Traum ist wahr! Kannst du den Rauch riechen?“
„Ja, aber beruhige dich“, sagte Johannes und führte Steffi aus dem
Gebäude heraus. „Ich stand im Stau und bin erst vor ein paar Minuten hier
angekommen. Ich bin hinter das Gebäude gelaufen und da kommen
Flammen und Rauch aus den oberen Fenstern. Ich habe die Feuerwehr
angerufen und sie wird gleich hier sein. Mach dir keine Sorgen, ich bin mir
sicher, dass sie ihn retten werden.“
In diesem Augenblick fing der Feueralarm an zu heulen. Warum erst
jetzt, warum dauert das so lange?, dachte Steffi. Die Menschen mussten
sofort das Gebäude verlassen. Und Christian musste raus! Steffi schaute auf
ihre Uhr – 13.13 Uhr. „Die Feuerwehr wird nicht rechtzeitig hier
ankommen“, sagte sie. „Christian bleiben weniger als zehn Minuten!“
„Bitte bleib ruhig, Steffi“, sagte Johannes. „Wir müssen nachdenken.
Woran genau erinnerst du dich in deinem Traum?“
„Ich … ich weiß nicht“, antworte Steffi und fing an zu weinen.
„Komm schon, denk nach!“
„Okay, okay“, sagte sie. „Er war in einem Lagerraum oder etwas
Ähnlichem gefangen.“
„Das ist alles? Sonst nichts?“
Steffi schloss ihre Augen und versuchte, sich zu erinnern, was sie in
ihrem Traum gesehen hatte. Das Bild eines Stromkastens kam zu ihr
zurück. Sie erinnerte sich an die Zahl Drei darauf. „Es gibt einen
Stromkasten in dem Lagerraum. Auf ihm steht die Zahl Drei“, sagte sie und
öffnete ihre Augen. „Das ist alles.“
Steffi schaute Johannes voller Angst in den Augen an.
„Dritter Stock! Na klar, es muss der dritte Stock sein“, sagte Johannes.
„Komm!“
Steffi und Johannes rannten durch die Tür in die Eingangshalle. Genau in
dem Moment kam eine große Gruppe Menschen herausgerannt und
schubste Steffi und Johannes wieder nach draußen. Dann gab es eine
Lücke, der Weg war frei und sie rannten hinein.
Steffi rannte zu den Aufzügen, aber Johannes zog sie zum Treppenhaus.
„Die Aufzüge funktionieren bei einem Feuer nicht“, sagte er, „das
Treppenhaus ist besser.“
Als sie die Tür zum Treppenhaus öffneten, schubste sie eine weitere
Menschengruppe weg. Johannes stolperte und fiel mit einem Schrei hin.
„Johannes? Ist alles in Ordnung?“, rief Steffi.
„Mein Knöchel!“, rief er, „er tut ziemlich weh.“
Als die Menschenmenge, die die Treppe hinunterrannte, kleiner wurde,
versuchte Johannes, die Treppen hochzusteigen, aber auf den ersten Stufen
fiel er wieder hin. „Aahhh!“, schrie er auf. „Es tut so weh! Es geht nicht,
Steffi. Ich werde nie schnell genug da sein. Du musst alleine gehen.“
„Was?“
„Geh! Du schaffst das. Ich hole Hilfe.“
Johannes schob Steffi in Richtung Treppe und humpelte dann zurück in
die Eingangshalle. Dabei rief er „Hilfe!“. Steffi schaute ihn ein letztes Mal
an und rannte dann die Treppe hinauf. Sie sah noch einmal auf ihre Uhr –
13.18 Uhr. Christian blieben vier Minuten.
Als Steffi im dritten Stock ankam, öffnete sie die Tür. Der Gang war voll
dickem, schwarzem Rauch. Sie fiel auf ihre Knie und fing an zu krabbeln.
Sie konnte fast nichts sehen und die Hitze war extrem. Über sich konnte sie
ein Dröhnen hören. Sie krabbelte weiter. Ihre Augen tränten, während sie
verzweifelt nach einem Lagerraum suchte.
Kurze Zeit später fand Steffi den Lagerraum, nach dem sie gesucht hatte.
Er lag fast am anderen Ende des Treppenhauses. Dort war weniger Rauch.
Sie schlug fest gegen die Tür. „Christian!“, schrie sie. „Christian, bist du da
drin?“
„Steffi?“, antwortete Christian. „Was machst du hier? Egal. Hol uns hier
raus! Ich bin hier mit den beiden Hausmeistern. Wir sind eingeschlossen!
Das Sicherheitsschloss ging zu, als der Feueralarm losging.“
„Okay, haltet durch“, sagte Steffi und schaute sich das Schloss an der Tür
an. Es war eines dieser elektrischen Sicherheitsschlösser. Steffi wusste
nicht, wie sie es öffnen sollte. Vielleicht konnte sie die Tür aufbrechen? Sie
sah sich um. Da war eine Axt in einer Box neben dem Feuermelder an der
Wand gegenüber. Sie rannte hin, zerbrach das Glas und zog die Axt heraus.
Der Rauch wurde jetzt auch hier dicker und sie fing an zu husten. Sie fiel
wieder auf ihre Knie.
Steffi krabbelte, so schnell sie konnte, zurück zum Lagerraum. Sie atmete
tief ein, stand auf und schlug mit der Axt einmal, zweimal, dreimal gegen
die Türklinke. Immer wieder schlug sie gegen die Tür, aber nichts
passierte.
Steffi spürte, wie sie in Panik geriet. Sie schlug noch einmal mit der Axt
zu und plötzlich fiel die Türklinke ab. Sie ließ die Axt fallen und stieß mit
der Schulter gegen die Tür. Sie öffnete sich! Sie fiel auf den Boden, aber
einen Augenblick später zog Christian sie wieder hoch.
„Ich habe dich“, sagte er. „Sehr gut gemacht, Steffi. Aber wie…?“
Steffi schaute runter auf ihre Uhr. Das Licht der Uhr schien durch den
Rauch – 13.21 Uhr. „Jetzt nicht, Christian!“, schrie sie. „Wir haben nur
noch eine Minute!“ Sie ließ sich auf den Boden fallen und krabbelte in
Richtung Treppenhaus. Christian und die beiden Hausmeister folgten ihr.
Innerhalb von Sekunden hörten sie ein lautes metallisches Geräusch, gleich
danach einen lauten Krach. Die Decke des Lagerraums war eingestürzt!
Dort wartete Johannes auf sie und eine Gruppe Feuerwehrmänner mit
Sauerstoffmasken, die Menschen aus dem Gebäude führten. Steffi hatte
keine Kraft mehr. Einer der Feuerwehrmänner trug sie durch die
Eingangshalle nach draußen. Sie schaute über ihre Schulter und sah, wie
Christian von einem anderen Feuerwehrmann gestützt wurde.
Steffi und Christian wurden zu einem Krankenwagen gebracht. Sie
bekamen beide eine Sauerstoffmaske, als Johannes zu ihnen humpelte und
sich neben sie setzte, um auf Hilfe für seinen Knöchel zu warten.
Nachdem Christian für ein paar Minuten tief ein- und ausgeatmet hatte,
nahm er seine Maske ab und schaute sich um. „Was habt ihr zwei eigentlich
hier gemacht?“, fragte er.
Johannes schaute Steffi an und lächelte. „Steffi hat mich angerufen, um
mir zu erzählen, dass sie von einem Feuer geträumt hatte und dass du drin
warst“, sagte er. „Und dann haben wir uns entschieden, nach dir zu
schauen.“
Auch Steffi hatte jetzt ihre Maske abgenommen. Christian sah sie an. Sie
streckte mit einem dünnen Lächeln ihre Hand nach ihm aus. Er umarmte sie
und sagte: „Na, da bin ich aber froh, dass du das getan hast!“ Er schaute ihr
tief in die Augen. „Ich liebe dich, Steffi”, sagte er, während er etwas
Schmutz aus seinem Gesicht wischte. „Du hast mein Leben gerettet. Und
jetzt bin ich mir ganz sicher, dass ich dieses Leben für immer und ewig mit
dir teilen möchte. Willst du meine Frau werden?“
Steffi brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, was Christian gerade
gesagt hatte. Als es ihr klar wurde, ging sie einen Schritt zurück und
schaute ihn überrascht an. „WAS?!“, sagte sie. „Du machst mir hier und
jetzt einen Heiratsantrag? Sieh mich an!“, rief sie und zeigte auf ihre
schmutzige Kleidung und ihr schmutziges Gesicht. „Das sollte ein
besonderer Moment sein! Das ist doch etwas ganz Besonderes! Da kannst
du doch nicht … Ich kann das kaum glauben …“
Johannes und Christian fingen an zu lachen. Steffi schaute auf und dann
konnte auch sie ihr Lachen nicht mehr zurückhalten. Plötzlich wurde sie
wieder still und lächelte Christian, die Liebe ihres Lebens, an und küsste
ihn. Aber schon mussten sie wieder husten und griffen nach ihren
Sauerstoffmasken. Bevor sie sie wieder aufsetzten, schaute sie Christian
noch einmal in die Augen und sagte mit einem Lächeln: „Dein Timing ist
wirklich furchtbar, aber ja, ich will deine Frau werden.“
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
„Warum können wir nicht rein?“, fragte ich den muskulösen Mann, der vor
uns stand. Er trug einen dunklen Anzug und war sehr groß. Er versperrte
uns den Zugang zu Ines’ Nachtklub.
Wir konnten laute Musik aus dem Klub kommen hören und wollten ihn
unbedingt ausprobieren. Ich hatte gerade am Tag vorher meinen Job
verloren und brauchte Ablenkung, um meine Probleme zu vergessen. Also
mussten wir einfach einen Weg finden, um reinzukommen! Außerdem hatte
ich keine Lust auf Ärger und dieser Typ machte mich wahnsinnig.
„Entschuldigung, aber ich habe gefragt, warum wir nicht reinkönnen?“,
wiederholte ich. Hartnäckigkeit war eine meiner Stärken.
Der muskulöse Mann war Türsteher. Sein Job war es, die „richtigen“
Leute ins Ines’ zu lassen und alle anderen nicht. Er zeigte auf einen Zettel
und runzelte die Stirn: „Ihr Name ist nicht auf der Gästeliste.“
Ich schaute zu ihm hoch. Er war mindestens 15 Zentimeter größer als ich.
„Wie kommen wir denn auf Ihre ‚Gästeliste‘?“, fragte ich und deutete mit
meinen Fingern Anführungszeichen an. Meine Freunde, Alex und Felix,
und ich hatten uns schick gemacht. Wir waren durch die ganze Stadt
gefahren, um ins Ines’ zu gehen, weil der neue Klub berühmt war und wir
ihn ausprobieren wollten. Aber jetzt versperrte der Türsteher uns den
Zugang und ich wollte wissen warum.
Der Türsteher antwortete nicht. Er schaute einfach über meine Schulter
hinweg. Hinter mir war eine lange Schlange.
„Wie komme ich rein?“, fragte ich noch einmal und schnipste mit
meinen Fingern, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
„Gar nicht“, sagte er. Er winkte der nächsten Person in der Schlange zu,
nach vorne zu kommen. Es war ein hübsches Mädchen.
Als ich es sah, hatte ich eine Idee. „Moment!“, protestierte ich. „Unsere
Freundinnen sind schon drinnen! Sie warten auf uns.“ Es war gelogen, aber
ich hoffte, dass der Türsteher es mir abkaufen würde.
Felix schaute mich an, als ob ich verrückt geworden wäre. „Lukas, was
machst du?“, flüsterte er mir ins Ohr. Er war ein gutaussehender Typ, aber
er war auch sehr schüchtern. Er ging nie ein Risiko ein.
„Ich mach das schon“, flüsterte ich zurück. Ich wollte nicht, dass der
Türsteher uns hörte. Aber er hatte uns gehört. Er verdrehte die Augen und
ignorierte mich weiter.
„Es stimmt aber wirklich“, blieb ich hartnäckig. „Unsere Freundinnen
sind schon drinnen und warten auf uns. Sie müssen uns reinlassen.“
Der muskulöse Mann ließ ein blondes Mädchen durch.
„Danke, Peter“, sagte das Mädchen im Vorbeigehen mit einem Lächeln.
Ich konnte sein Parfüm riechen und ging einfach hinterher, aber Peter, der
Türsteher, hielt mich am Arm fest und schüttelte den Kopf.
„Sind Ihre Freunde wirklich drinnen?“, fragte er.
„Na klar“, antwortete ich. „Unsere FreundINNEN! Wir wollen wirklich
keinen Ärger machen, sondern nur unsere Freunde treffen.“
„Unsere FreundINNEN, meint er“, fügte Alex hinzu. Ich lächelte ihn an.
Gut mitgedacht, Alex!
Der Gesichtsausdruck des Türstehers war skeptisch. Er kratzte sich am
Kopf. Dann schaute er wieder auf seinen Zettel. „Also gut, wie heißen sie?“
„Wie sie … heißen?“, fragte ich.
„Ja, wie sie heißen“, wiederholte der muskulöse Türsteher. „Wie Ihre
‚Freundinnen‘ heißen“, sagte er noch einmal und deutete mit seinen Fingern
Anführungszeichen an. Dabei verdrehte er die Augen.
„Äh, also …“, fing ich an. Ich wusste natürlich nicht, wie sie heißen …
weil sie nicht existierten! „Äh … hmmm …“
Ich schaute Alex verzweifelt an. Er konnte mir auch nicht helfen. Und
Felix? Der schaute auf den Boden, weil ihm die Situation peinlich war. Ich
drehte mich wieder zum Türsteher und hoffte, dass mir etwas einfallen
würde.
„Dann sind wir wohl fertig hier“, sagte der Mann. Er lächelte und schob
mich zur Seite. „Nächster!“
Alex, Felix und ich sahen uns fassungslos an. Was nun? Wir
beschlossen, erst einmal im Café gegenüber einen Kaffee zu trinken.
„Das war richtig dumm von dir, Lukas“, sagte Felix, als er seine Jacke
auszog. Er hatte sich extra für diesen Abend seine Lieblingsklamotten
angezogen. Mit seinem Aussehen hätte er leicht Schauspieler oder Model
sein können, aber er war immer so negativ. Wenn er nur nicht so schüchtern
wäre und nicht immer Angst vor allem hätte!
Ich fühlte mich schlecht, weil es meine Idee gewesen war auszugehen.
Jeder wusste, dass es unmöglich war, ins Ines’ zu kommen, wenn man nicht
auf der Gästeliste stand … Und auf die Gästeliste zu kommen war ein Ding
der Unmöglichkeit. Aber ich hatte es versuchen wollen.
Wir setzten uns an einen Tisch, und ein Kellner kam, um unsere
Bestellung aufzunehmen. Alex bestellte einen schwarzen Kaffee und zwei
Schokoladen- Donuts.
Alex war ganz anders als Felix. Er war abenteuerlustiger und immer
positiv. Er war bereit alles auszuprobieren. Auch mochte er Süßes, wie
Donuts und Schokolade. Daher hatte er etwas Übergewicht, aber es machte
ihm nichts aus.
„Ich nehme das gleiche“, sagte Felix zu dem Kellner. „Aber normale
Donuts, bitte.“
„Und was möchten Sie?“, fragte mich der Kellner.
„Ich würde gerne wissen, wie man in diesen Nachtklub kommt“, sagte
ich und zeigte mit dem Finger auf die andere Seite der Straße.
„Ins Ines’?“, fragte der Kellner. „Da kommen Sie nicht rein. Nur, wenn
sie auf der Gästeliste stehen oder eine weibliche Begleitung haben“, sagte
er. „Es sei denn, Sie sind eine hübsche Frau, natürlich. Für Frauen ist es
einfach reinzukommen. Die wollen da drinnen mehr Frauen haben.“
„Warum?“, fragte Felix.
„Was für eine Frage. Weil dann die Männer, die hingehen, mehr Geld
ausgeben!“
Ich nickte und schaute ihn an. „Aber das ist ungerecht.“
Der Kellner zuckte mit den Schultern. „Das kann sein, aber so ist das
Leben nun einmal. Wenn Sie ins Ines’ möchten, müssen Sie jemanden
finden, der mitkommt. Also, möchten Sie etwas bestellen?”
„Nur einen Kaffee mit Milch. Keine Donuts“, antwortete ich.
Nachdem der Kellner gegangen war, schaute ich meine Freunde an. „Wer
isst auch schon um zehn Uhr abends Donuts?“
Alex und Felix schauten sich gegenseitig an. „Wir“, antworteten sie
gleichzeitig.
Ich seufzte und verschränkte meine Arme. Es sah so aus, als ob ich
meinen Samstagabend nur mit diesen beiden verbringen würde – schon
wieder! Ich konnte es nicht glauben.
Nachdem wir unseren Kaffee getrunken und die Donuts gegessen hatten,
bezahlten wir und gingen zur Tür. In dem Moment sah ich drei Mädchen,
die an einem Tisch am Fenster saßen. Sie unterhielten sich und lachten,
während sie aßen und tranken.
„Guckt mal“, sagte ich zu meinen Freunden und nickte mit dem Kopf in
Richtung der Mädchen. „Wie wäre es denn, wenn …“
„Nein“, unterbrach mich Felix. „Lukas, lass uns einfach nach Hause
gehen.“
„Einen Augenblick, Alex. Was hast du vor, Lukas?“, fragte Felix. „Sollen
wir zu ihnen gehen und mit ihnen sprechen?“
Ich strich mir mit den Händen durch mein schwarzes Haar. „Ja. Warum
nicht? Ich habe gerade meinen Job verloren. Ich will mich amüsieren und
vielleicht ein bisschen tanzen. Versuchen wir einfach, mit ihnen ins
Gespräch zu kommen. Vielleicht kommen sie mit uns in den Klub. Was
kann schon passieren?“
Felix schaute mich fassungslos und sagte: „Sie könnten nein sagen und
uns auslachen. Das könnte passieren!“
Alex schlug Felix auf die Schulter. „Komm schon, Felix! Jetzt sei mal
nicht immer so negativ!“, sagte er. „Lukas hat recht. Wir könnten sie fragen.
Vielleicht haben sie ja Lust, mit uns ins Ines’ zu gehen. Wenn wir
reinkommen, können sie bei uns bleiben oder sie machen etwas ohne uns.
Aber wir sind dann so oder so im Klub und haben Spaß.“
Die Mädchen beobachteten uns. Eines von ihnen, ein Mädchen mit roten
Haaren, flüsterte den anderen etwas zu und nickte. Keines von ihnen
lächelte.
Ich war wirklich nervös, entschied mich aber, unseren Plan
umzusetzen. Ich ging zu ihnen. Meine Freunde blieben zurück. „Hi, ich
heiße Lukas Schweiger. Aber nicht mit Til Schweiger verwandt“, versuchte
ich einen schlechten Witz zu machen.
„Wie man sehen kann“, sagte die Rothaarige und zog die Augenbrauen
hoch. Ihre Freundinnen lachten und ich lachte mit.
„Möchtet ihr vielleicht mit uns ins Ines’ gehen?“, fing ich an. „Der
Türsteher wollte uns nicht reinlassen, aber ich glaube, wir könnten
reinkommen, wenn wir euch als Dates hätten.“
Das kleinste der drei Mädchen sah uns skeptisch an und sagte: „Dates?
Wir kennen euch ja überhaupt nicht.“
„Ich weiß“, sagte ich, „aber es ist ja auch kein richtiges Date. Wir würden
nur zusammen reingehen und, wenn ihr Lust habt, können wir auch etwas
zusammen machen, das wäre super. Wenn ihr das nicht wollt, lassen wir
euch natürlich in Ruhe. Kommt schon, lasst es uns einfach versuchen! Wollt
ihr nicht wissen, wie es im Ines’ ist?“
Die Mädchen sahen durch das Fenster auf die lange Schlange vor dem
Nachtklub. Dann schauten sie sich an. „Also, zuerst einmal brauchen wir
EUCH nicht, um reinzukommen“, sagte die Rothaarige. „Aber … ich
denke, wir können euch helfen. Ich habe eventuell Beziehungen.“ Sie
schaute ihre Freundinnen an; sie lachten und standen auf. Dann nahm die
Rothaarige meine Hand und fügte hinzu: „Ich bin übrigens Michelle.“
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Lukas Schweiger hat seinen Job verloren. Er und seine Freunde, Alex und
Felix, gehen zu einem Nachtklub, der Ines’ heißt, um sich zu amüsieren. Sie
kommen aber nicht hinein, weil sie weder auf der Gästeliste stehen noch
eine weibliche Begleitung haben. Sie gehen ins Café gegenüber, um einen
Kaffee zu trinken und Donuts zu essen. Dort sehen sie eine Gruppe
Mädchen. Sie fragen die Mädchen, ob sie mit ihnen zu dem Klub gehen
wollen, damit sie reinkommen. Die Mädchen lachen zuerst, aber dann
stimmen sie zu, Lukas und seine Freunde zu begleiten.
Vokabeln
die Hartnäckigkeit persistence
sich auszahlen to pay off
muskulös muscular
versperren to block
die Ablenkung distraction
der Türsteher bouncer
die Stirn runzeln to frown
mit den Fingern Anführungszeichen andeuten to make finger quotes in
the air
mit den Fingern schnipsen to snap one’s fingers
(eine Geschichte) abkaufen to believe
flüstern to whisper
schüchtern shy
die Augen verdrehen to roll one’s eyes
der Gesichtsausdruck facial expression
skeptisch doubtful
kratzen to scratch
verzweifelt in desperation
fassungslos in disbelief
die Lieblingsklamotten (pl.) favourite outfit
ein Ding der Unmöglichkeit sein to be quite impossible
abenteuerlustig adventurous
nicken to nod
mit den Schultern zucken to shrug one’s shoulders
seufzen to sigh
die Arme verschränken to cross one’s arms
sich amüsieren to have fun
einen Plan umsetzen to put a plan into action
die Augenbrauen hochziehen to raise one’s eyebrows
Beziehungen haben to have connections
Fragen im Auswahlverfahren
„Lasst mich mit dem Türsteher sprechen“, sagte ich selbstbewusst, als wir
sechs das Café verließen.
„Nein“, sagte Michelle. „Lass mich das machen. Du hast es vorhin schon
nicht geschafft.“
Sie schenkte mir ein süßes Lächeln, als ich protestieren wollte, aber
Alex stupste mich an. „Sie hat recht. Lass sie es versuchen.“
Wir gingen zum Ende der Schlange. Plötzlich nahm Michelle meine
Hand und ging in Richtung Türsteher. Die anderen folgten, obwohl keiner
eine Ahnung hatte, was sie vorhatte.
„Peter?“, rief Michelle, als wir uns näherten, und sie winkte dem
Türsteher zu. Sie hielt kurz vor dem riesigen Türsteher an. „Du bist doch
Peter, oder?“
„Kennen wir uns?“, fragte der Mann überrascht.
„Gab es vorhin ein Problem mit meinem Freund hier?“, fragte sie und
zeigte auf mich. „Was war los?“
„Äh … sein Name stand nicht auf der Gästeliste“, sagte der Mann
nervös.
„Die Gästeliste? Meinst du die Pseudoliste?“, fragte sie und griff nach
seinem Zettel. Er zog ihn zurück und hielt ihn hoch, aber sie war
hartnäckig. „Sei ehrlich! Das ist eine Reihe von Pseudonamen auf einem
Blatt Papier.“
„He, was soll das!“, sagte Peter laut. Dann beugte er sich zu ihr nach
unten. Es sah so aus, als ob er nicht wollte, dass die anderen in der Schlange
hörten, was er sagte. Dann flüsterte er: „Na und? Was wäre denn, wenn es
tatsächlich eine Pseudoliste wäre?“
„Kennst du eine Frau namens Ines Bernhard?“, fragte Michelle lässig.
Peter sah sie skeptisch an. „Die Besitzerin?“, fragte er.
„Ja, die Besitzerin. Die Besitzerin dieses Klubs“, antwortete Michelle
leise. Dann griff sie in ihre Handtasche und nahm ihren Personalausweis
heraus. Sie zeigte ihn dem Türsteher und er bekam ganz große Augen. „Ich
bin Michelle Bernhard“, sagte die Rothaarige selbstbewusst. „Ines ist meine
Mutter.“
„Wir sind drin! Das war echt super, Michelle!“, sagte ich und strich mir
meine schwarzen Haare aus den Augen, als wir in den Klub gingen. „Ich
hatte keine Ahnung, wer du bist!“
„Na ja, wie denn auch“, sagte Michelle und führte mich zur Haupttheke.
„Manchmal hilft das. Okay, was trinkst du?“
Alle Gäste wollten gleichzeitig etwas beim Barkeeper bestellen. Als er
aber Michelle sah, ging er direkt zu ihr. „Schön dich zu sehen!“, schrie er,
damit man ihn bei der lauten Musik verstehen konnte. „Kann ich dir was zu
trinken bringen, Michelle?“
„Eine Cola“, sagte sie, „und …“ Sie schaute mich erwartungsvoll an.
„Für mich auch“, schrie ich.
„Was?“, fragte der Barkeeper. „Entschuldigung, ich kann dich nicht
hören!“
„Ich nehme auch eine Cola!“, rief ich.
Michelle schien von meiner Bestellung überrascht zu sein. „Trinkst du
keinen Alkohol?“
„Nö“, sagte ich lächelnd. „Ich bin nur hier, um zu tanzen und mich zu
amüsieren!“
Der Barkeeper brachte unsere Getränke und wir nahmen sie zu einem
Tisch in der Ecke mit. „Deine Freunde sind verschwunden“, sagte Michelle
und schaute sich um.
„Einen von den Jungs kann ich auf der Tanzfläche sehen“, sagte ich und
zeigte auf Alex. Er tanzte wie ein Verrückter mit der kleinsten von
Michelles Freundinnen. „Sie scheinen sich gut zu verstehen. Schau mal, die
sehen ganz glücklich aus.“
„Was ist mit dem anderen?“, antwortete Michelle, während sie sich
weiter umsah.
„Felix? Der ist …“, fing ich an, als ich mich umsah, „wahrscheinlich
gegangen!“ Denn ich konnte Felix nirgendwo sehen. Ich zog mein Handy
aus der Hosentasche und checkte meine Nachrichten.
Ja, er hatte mir geschrieben:
Auf einmal wurden wir unterbrochen. „Hey“, rief die Freundin von
Michelle, die nicht tanzte. Sie kam zu unserem Tisch. „Was geht ab?“
„Wo warst du?“, fragte Michelle. „Hast du Felix vertrieben?“, witzelte
sie.
„Ich glaube schon“, antwortete ihre Freundin lachend. Dann schaute sie
mich an. „Wie heißt du nochmal?“
„Lukas“, sagte ich. „Sorry, und wie heißt du?“
„Ich bin Julia. Und die, die da tanzt, ist Ayse“, antwortete sie und zeigte
dabei zur Tanzfläche. „Aber egal, dein Freund Felix ist merkwürdig!“, fügte
sie hinzu.
„Er ist nicht merkwürdig, nur schüchtern“, sagte ich. „Wie es im Song
von den ‚Smiths‘ heißt: ‚Schüchternheit ist nett, aber sie kann dich daran
hindern …’”
„‚… die Dinge zu tun, die du gern machen würdest’!”, beendete Michelle
den Satz. „Ich liebe diesen Song!”
„Wirklich? Die ‚Smiths‘ sind eine meiner Lieblingsbands“, antwortete
ich.
„Von mir auch“, sagte Michelle lächelnd.
Ich konnte mein Glück kaum fassen. Sie war nicht nur hübsch, sondern
hatte auch einen tollen Musikgeschmack!
Julia schaute uns an und verdrehte die Augen. Sie war nicht gerade
erfreut über die Schüchternheit von Felix, aber sie lächelte trotzdem. „Gut.
Ich hole mir etwas zu trinken“, sagte sie. Sie drehte sich um und rief uns
über die Schulter zu: „Amüsiert euch bei eurem Date!“
Ich lächelte. Ich freute mich, dass jemand sagte, Michelle und ich hätten
ein „Date“. „Danke noch einmal, dass du uns geholfen hast“, sagte ich zu
Michelle. „Ich hatte eine schlimme Woche. Ich habe gerade meinen Job
verloren.“
„Oh, das ist ja furchtbar!“, sagte Michelle verständnisvoll. „Was für ein
Job war das denn?“, fragte sie besorgt.
Warum hatte ich ihr erzählt, dass ich meinen Job verloren hatte? Sie wird
denken, dass ich ein Loser bin!, dachte ich. „Also eigentlich“, fing ich an,
nachdem ich mich entschieden hatte, ehrlich zu sein. „Ich habe das da
gemacht“, sagte ich und zeigte zur Bar. „Ich war Barkeeper.“
Michelle biss sich auf die Lippe. Sie dachte über etwas nach. Dann
lächelte sie nur und sagte: „Sag mal, ist das Ines’ so, wie du es dir
vorgestellt hast?“
Ich sah mich im Klub um. Er hatte eine teure Sound- und Lichtanlage mit
großen Boxen an den Wänden. Ein professioneller DJ spielte richtig coole
Musik und die Tanzfläche war voll. Aber es gab auch viele Ecken, in denen
man sitzen und sich unterhalten konnte.
„Ich finde es super hier“, sagte ich. „Ich würde jede Woche kommen,
wenn ich könnte.“
„Ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl?“, sagte Michelle lachend.
„Ja“, sagte ich. „Ich meine, wenn du noch einmal mein Date spielen
willst. Ich würde dich gerne anrufen … wenn du mir deine Telefonnummer
gibst.“ Oh je! Ich höre mich schon wieder wie ein Loser an!, dachte ich.
Michelle lächelte nur und streckte ihre Hand aus. Ich streckte meine aus,
um sie in ihre zu legen, aber sie stoppte mich. „Nein, gib mir dein Handy.“
„Oh“, sagte ich und wurde vor Verlegenheit ganz rot. Ich gab ihr mein
Handy. Sie nahm es und fügte ihre Nummer zu meinen Kontakten hinzu.
„Da. Jetzt hast du meine Nummer“, sagte sie mit einem Lächeln und gab
mir mein Handy zurück. Dann ergänzte sie: „Bitte gib sie an niemanden
weiter. Sie ist privat.“
„Niemals“, antwortete ich schnell. Ich wählte sofort ihre Nummer und
sah, wie ihr Handy aufleuchtete. „Jetzt hast du auch meine Nummer“,
sagte ich, „aber du kannst meine gerne weitergeben“, witzelte ich. „Es
macht mir nichts aus. Es ruft sowieso kaum jemand an.“
„Ja“, antwortete Michelle, „aber deine Mutter besitzt auch keinen
Nachtklub. Oder?“, fragte sie.
„Ich glaube nicht“, sagte ich lachend. „Hör mal, ich will, dass du weißt
… Ich wusste wirklich nicht, wer du bist, als ich euch im Café
angesprochen habe.“
„Ich glaube dir“, sagte sie. „Du würdest mich sicher nicht nur
ausnutzen.“
„Naja, irgendwie wollte ich dich ja schon ausnutzen“, gab ich zu. „Ich
wollte euch alle drei ausnutzen, um in den Klub zu kommen. Aber ich war
wenigstens ehrlich.“
Dieses Mal lachte Michelle und schaute weg. Vielleicht sollte ich einfach
meinen Mund halten, dachte ich.
Michelle sah auf ihre Uhr. „Ich muss gleich los“, sagte sie. „Ich habe
meiner Mitbewohnerin gesagt, dass ich vor elf Uhr zu Hause bin.“
„Man sollte sein eigenes Leben leben und nicht das von anderen“, sagte
ich. „Das habe ich mal irgendwo auf einer Karte oder so gelesen.
Michelle schaute mich mit einem Lächeln an. „Dem stimme ich
hundertprozentig zu! Aber meine Mitbewohnerin hat ihre Schlüssel zu
unserer Wohnung verloren. Meinst du wirklich, dass ich sie draußen warten
lassen sollte, während ich hier bei dir bleibe?“
Ich machte ein unschuldiges Gesicht. „Mir macht es nichts aus, wenn
sie eine Weile wartet“, sagte ich lachend.
„Typisch“, sagte sie und stand auf. „Also, du hast meine Nummer.“
„Ja, und du hast meine“, sagte ich und stand ebenfalls auf. Ich wollte sie
zum Ausgang begleiten. „Mal sehen, wer wen zuerst anruft. Wollen wir
wetten?“
Einen Augenblick lang wurde ihr Gesicht ernst. „Wette nie gegen mich
oder meine Familie, Lukas. Wir verlieren nämlich nie.“ Dann lächelte sie
und zwinkerte mir zu, bevor sie schnell zur Tür ging. Sie war irgendwie
cool – richtig cool – und sie schien sich für mich zu interessieren! Ich folgte
ihr kopfschüttelnd. Wie konnte ich so viel Glück haben?, dachte ich.
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Mit der Hilfe von Michelle kommen Lukas und seine Freunde in Ines’
Nachtklub hinein. Michelle ist die Tochter der Klubbesitzerin. Sie nutzt ihre
Beziehungen, um an dem Türsteher vorbeizukommen. Lukas und Michelle
unterhalten und amüsieren sich, während Alex mit Michelles Freundin Ayse
tanzt. Felix geht, weil für seinen Geschmack zu viele Leute im Klub sind.
Michelles Freundin Julia findet Felix merkwürdig. Michelle gibt Lukas ihre
Telefonnummer. Dann geht sie früh, um ihre Mitbewohnerin in die
Wohnung zu lassen. Sie muss pünktlich sein, weil die Mitbewohnerin ihren
Schlüssel verloren hat.
Vokabeln
selbstbewusst confidently
Sie schenkte mir ein süßes Lächeln. She gave me a sweet smile.
anstupsen to nudge
(k)eine Ahnung haben to (not) have a clue
Pseudo- made up
sich beugen to bend down
lässig casually
der Personalausweis ID card
die Haupttheke main bar
erwartungsvoll expectantly
sich auf etwas Neues einlassen to get involved in something new
vertreiben to chase away
witzeln to say jokingly
Ich konnte mein Glück kaum fassen. I could hardly believe my luck.
verständnisvoll sympathetically
besorgt concerned
die Box loudspeaker for music
ein Wink mit dem Zaunpfahl a broad hint
vor Verlegenheit rot werden to blush with embarrassment
aufleuchten to light up
jemanden ausnutzen to take advantage of someone
zugeben to admit
ein unschuldiges Gesicht machen to make an innocent face
wetten to bet
jemandem zuzwinkern to wink at someone
Fragen im Auswahlverfahren
Ich wartete drei Tage, bis ich Michelle anrief. Es waren drei sehr lange
Tage, aber ich schaffte es.
„Du hast verloren“, sagte Michelle, als sie abnahm.
„Hast du vergessen, dass wir nicht gewettet haben?“, antwortete ich
lachend. „Also, ich wollte fragen, … ob du heute Abend schon etwas
vorhast.“
Michelle sagte eine Weile lang nichts. „Also, meine Eltern haben für
heute Abend ein paar Leute eingeladen, zu einem kleinen Abendessen“,
fing sie an. „Das sind Geschäftspartner. Es geht um den Nachtklub. Sie
wollen wissen, wie es läuft.“
„Bist du auch dabei?“, fragte ich.
„Ja. Sie wollen die Meinung von einem jungen Menschen hören“, fuhr
sie fort. Dann sagte sie wieder eine Weile lang nichts, bevor sie fragte:
„Sag mal, willst du nicht dazukommen?“
Ich lachte. „Du machst wohl Witze! Du willst, dass ich deine Eltern
treffe? Und ich soll sagen, was ich über den Klub denke? Ich weiß nicht …“
Michelle lachte nicht. „Ja. Ich möchte, dass du kommst. Warum nicht?
Ich denke, du bist ehrlich und …“
„Aber du kennst mich kaum!“, widersprach ich.
„Ich habe ein gutes Gespür für Menschen, Lukas. Komm schon. Kannst
du um acht Uhr bei mir sein?“
Wir trafen uns vor Michelles Wohnung und dann fuhren wir zum Haus
ihrer Eltern. Sie wohnten in einer riesigen Villa. Sie hatte drei Etagen und
mindestens 20 Zimmer. Ich zählte die Fenster.
„Was machst du?“, fragte sie mich, als wir die lange Einfahrt
hinauffuhren.
„Ich zähle die Fenster“, sagte ich unschuldig.
„Warum?“, fragte Michelle überrascht.
„Ich weiß es nicht. Ich versuche herauszufinden, wo die Toilette ist“,
antwortete ich schnell. Oh Gott! Etwas Dümmeres war mir wohl nicht
eingefallen?, dachte ich. Ich war nie zuvor bei reichen Leuten in einer Villa
gewesen. Jetzt sollte ich mit reichen Menschen, die ich nicht kannte, zu
Abend essen. Und diese Menschen waren die Eltern des Mädchens, das ich
gerne als Freundin hätte. Ich hatte allen Grund nervös zu sein!
Michelle schaute mich an. „Jetzt entspann dich“, sagte sie, als sie aus
dem Auto stieg. „Sei einfach du selbst.“
„Was heißt das eigentlich?“, fragte ich und schaute sie panisch an. „Das
sagen alle! ‚Sei einfach du selbst!‘ Ich werde natürlich ich selbst sein! Aber
das heißt noch lange nicht, dass sie mich mögen werden.“
„Egal! Komm runter, Lukas. Dann sei halt jemand anderes“, sagte sie
kopfschüttelnd. Sie schloss die Autotür und fügte hinzu: „Du verhältst dich
sehr merkwürdig, Lukas.“
„Sorry. Der ganze Abend ist merkwürdig“, antwortete ich. „Ich kenne
dich nicht so gut, deshalb weiß ich nicht, was ich zu dir sagen soll. Und
jetzt habe ich keine Ahnung, was ich zu deinen Eltern sagen soll.“
Michelle lächelte nur und sagte: „Alles nicht so schlimm, ich meine es
ernst, sei einfach du selbst.“
Michelle klingelte. Es dauerte ein bisschen, bis ein Butler die Tür öffnete.
Ein echter Butler!, dachte ich. Wer hat denn einen echten Butler?
„Hallo James“, sagte Michelle und schaute mich an.
Das kann ja wohl nicht ihr Ernst sein! Der Butler kann doch nicht
„James“ heißen!, wollte ich sagen, aber glücklicherweise hielt ich meinen
Mund.
„Sehr witzig, junge Dame“, sagte der Butler lachend. „Kommt rein.
Herzlich willkommen, Herr …?“
„Hallo, ich bin Lukas Schweiger“, sagte ich und streckte meine Hand
aus. Der Butler schien etwas irritiert, schüttelte dann meine Hand und
erklärte, dass sein richtiger Name Thomas sei und nicht James. Dann führte
er uns in ein großes Wohnzimmer. Auf den Sofas saß schon ungefähr ein
Dutzend Menschen. Zwei von ihnen standen auf und gingen auf Michelle
und mich zu.
„Hallo, mein Schatz“, sagte eine hübsche Frau. Sie sah aus wie Michelle,
nur älter. „Ist das dein neuer Freund?“, fragte sie, als sie sich zu mir wandte.
„Hallo, ich bin Ines“, sagte sie mit einem Lächeln.
„Hallo, ich bin Lukas“, sagte ich. Ich streckte meine Hand aus, aber sie
umarmte mich einfach und sagte: „Herzlichen willkommen, Lukas.“
Daneben stand ein gutaussehender Mann mit grauem Haar. „Was soll ich
sagen? Meine Frau umarmt Menschen gerne“, erklärte er, „aber ich werde
dir nur die Hand geben.“ Er hatte einen sehr festen Händedruck. „Ich bin
Michelles Vater. Dagobert“, sagte er mit einem Lächeln.
Ich erinnerte mich sofort an Michelles Spaß mit „James“, dem
Butlernamen. Und jetzt „Dagobert“, wie die superreiche Ente Dagobert
Duck. „Ist schon klar“, sagte ich, „wirklich lustig.“ „Nein, ich heiße
Dagobert“, wiederholte Michelles Vater. „Dann müsste Ihre Frau ja
eigentlich ‚Daisy‘ heißen, oder nicht?“, fragte ich und musste über meinen
eigenen Witz lachen. Aber niemand lachte mit.
Ich sah Michelle an, sie machte ein ernstes Gesicht. „Nein, Lukas, mein
Vater heißt wirklich so, sein Name ist nun mal Dagobert.“ Schon wieder ins
Fettnäpfchen getreten…
Jetzt lachte Ines. „Dein Freund gefällt mir!“, sagte sie zu Michelle. „Er
hat Humor. Setzen wir uns doch, lasst uns reden.“
Ein paar Wochen später hatte sich mein Leben komplett verändert. Ich
hatte einen neuen Job, und zwar in Ines’ Nachtklub! Michelle, meine neue
Freundin, kam mich dort fast jeden Abend besuchen. Ich kam mit allen gut
zurecht, vor allem mit dem zweiten Barkeeper Dennis und sogar mit Peter,
dem Türsteher. Meine Freunde Alex und Felix konnten es kaum glauben.
„Du hast so viel Glück, Lukas“, sagte Felix eines Abends, als ich ihm
von all den Veränderungen der letzten Zeit erzählte. Er schüttelte den Kopf.
„Mir passiert nie so etwas“, fuhr er fort. „Typen wie du haben immer
Glück.“
„Glück?“, fragte ich Felix nachdenklich. Er saß alleine neben Alex und
seiner neuen Freundin Ayse. Ihm gegenüber hielten Michelle und ich
Händchen. Wir saßen alle im VIP Bereich im Ines’.
Ich schaute alle an und sagte: „Das stimmt so nicht, mein Freund. Der
Grund dafür ist nicht Glück. Das hat nichts mit Glück zu tun. Es war
Hartnäckigkeit. Du hast an dem Samstag aufgegeben und bist nach Hause
gegangen. Alex und ich nicht. Wir haben das Beste aus der Situation
gemacht und wurden dafür belohnt. Wir waren hartnäckig, Felix. Und
Hartnäckigkeit zahlt sich im Leben aus.“
„Und glücklicherweise“, sagte Michelle und grinste mich an, „hat Lukas
jede Menge davon!“
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Lukas ruft Michelle drei Tage nach dem Klubbesuch an. Michelle lädt ihn
zu ihren Eltern ein, damit er ihnen sagen kann, wie er Ines’ Nachtklub
findet. Lukas ist von der Villa ihrer Eltern sehr beeindruckt. Er ist aber auch
sehr nervös. Sie essen zu Abend und dann fragt Ines, Michelles Mutter,
nach seiner Meinung über den Klub. Er sagt, dass er den Klub gut findet,
dieser aber einen neuen Barkeeper braucht. Dann erklärt er, er habe selbst
als Barkeeper gearbeitet. Ines bietet ihm den Job an. Ein paar Wochen
später spricht Lukas über all die guten Sachen, die in seinem Leben passiert
sind. Sein Freund Felix sagt, dass er nur Glück gehabt habe. Aber Lukas
erklärt ihm, dass er belohnt wurde, weil er hartnäckig war.
Vokabeln
abnehmen to answer the phone
wie es läuft how it is doing
fortfahren to continue
widersprechen to object
das Gespür intuition
die Villa mansion
panisch in panic
runterkommen to calm down
alles nicht so schlimm nothing too bad
James in German-speaking countries “James” is a classic and popular name
for butlers in movies and stories
Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein! You have got to be kidding!
die Hand ausstrecken to hold out one’s hand
ins Fettnäpfchen treten to put one’s foot in it
der Gemüseauflauf vegetable bake
echt genuine
ertappen to catch
einen Blick zuwerfen to glance
letztendlich at the end of the day
hinterherkommen to keep up
mit jemandem gut zurechtkommen to get on well with somebody
belohnen to reward
Fragen im Auswahlverfahren
„Ihr zwei könnt zu eurem großen Abenteuer aufbrechen“, sagte Ari, „aber
ich bleibe zu Hause!“
„Nein, das tust du nicht. Du kommst mit!“ Denza versuchte ihren Freund
vom Boden hochzuziehen. Ari trat ihr gegen das Knie und sie musste ihn
loslassen. Ari war 80 Jahre alt. Er war ein harter Kerl – aber kein Mensch.
Ari war ein Silwok. Er hatte lange weiße Haare und runzlige Finger.
Eigentlich war Ari aber sehr jung – für einen Silwok. Im Vergleich zu
Menschen war er ein Teenager.
„Nein, ich bleibe zu Hause“, wiederholte Ari. „Ich werde meine Meinung
nicht ändern. Ich will nicht zu einem Abenteuer aufbrechen. Die Welt ist
gefährlich. Ich will nicht nach Schätzen suchen oder gegen andere
kämpfen. Du kannst ohne mich zu deinem ‚großen Abenteuer‘ aufbrechen,
Denza.“
Denza hob ihre haarigen Arme in die Luft. „Ich gebe auf! Ist gut. Du
Langweiler! Kemmp und ich haben Lust auf ein Abenteuer und wir werden
es finden“, sagte sie.
Denza war auch eine Silwok, aber sie war laut und ausgelassen. Die
meisten Silwoks waren nicht so wie sie. Sie liebte Abenteuer und wollte
immer etwas Spannendes unternehmen. Die meisten Silwoks wollten das
nicht. Deshalb verbrachte Denza immer viel Zeit mit Kemmp. Kemmp war
ein Leuchtmann. Leuchtmänner reisten gern, liebten Abenteuer; aber Gold
und Schätze liebten sie besonders. Ein Schatz war für sie sogar das Beste
auf der Welt. Die Vorstellung, mit Denza auf Schatzsuche zu gehen, war für
Kemmp daher besonders reizvoll.
Niemand wusste, wie alt Kemmp wirklich war. Kemmp redete gern und
viel, aber niemand verstand ihn so richtig. Er sprach nämlich nicht die
Sprache der Silwoks. Er konnte sie aber ein bisschen schreiben. Deshalb
hatte er immer ein Notizbuch dabei, in das er Sachen schrieb, damit man
ihn verstand.
Während Denza sprach, schaute Kemmp aus dem Fenster. Auf einmal
fing er an, schnell etwas in sein Notizbuch zu schreiben. Er zeigte Ari, was
er geschrieben hatte: „Ari, du kannst zu Hause bleiben.“
„Danke“, sagte Ari. Dann schaute er Denza an. „Siehst du? Kemmp
stimmt mir zu. Wir brauchen nicht so viele Abenteuer in unserem Leben.“
„Ich stimme dir nicht zu“, schrieb Kemmp. Dann zeigte er aus dem
Fenster. In der Ferne konnte man eine Staubwolke sehen. Da waren Pferde
auf dem Weg in die Stadt. Ari konnte Menschen auf den Pferden sehen.
Menschen!, dachte Ari. Ich traue meinen Augen nicht.
„Aha! Ich verstehe, Kemmp“, sagte Denza mit einem Lächeln. „Wir
müssen nicht zu einem Abenteuer aufbrechen. Das Abenteuer kommt zu
uns.“
Kemmp nickte langsam, während er weiter aus dem Fenster schaute.
Ari, Denza und Kemmp liefen nach draußen. Alle aus der kleinen Stadt
waren schon da. Vogelfeld war ein sehr ruhiger Ort. Die meisten Einwohner
von Vogelfeld waren Silwoks, aber es gab auch ein paar Leuchtmänner. Es
lebten aber keine Menschen dort, und Besucher gab es nur sehr selten. Alle
waren sehr neugierig auf die Fremden, die da kamen.
Als sie näherkamen, konnten die Bürger von Vogelfeld erkennen, dass
die Fremden merkwürdige Kleidung trugen. Einer der Männer trug einen
langen gelben Mantel. Er war sehr groß und hatte eine Krone auf seinem
Kopf. Er führte eine Gruppe von mehreren Männern an.
Als sie die Stadt erreichten, wurden die Pferde langsamer. Das erste Pferd
war groß und schwarz. Sein Reiter war der Mann in dem gelben Mantel.
Die Krone war schmutzig und saß schief auf seinem Kopf. Er sah wie ein
müder und etwas verrückter König aus.
Der große Mann berührte den Hals seines Pferdes und das Pferd stand
sofort still. Der Reiter stieg ab. Er sah wie der Anführer der anderen
Männer aus. „Weiß irgendjemand, wer ich bin?“, fragte er auf Fränkisch.
Die anderen Reiter blieben auf ihren Pferden sitzen. Einschließlich des
Anführers waren es acht Männer.
„Warum sagst du uns nicht einfach, wer du bist?“, fragte ein kleiner
Silwok. Es war Pidor, der Bäcker. Wie die meisten Silwoks sprach er das
alte Fränkisch. „Wir mögen hier keine Geheimnisse, Mensch!“
Denza ging nach vorne. „Bist du ein König aus dem Osten?“, fragte sie.
„Warum denkst du, dass ich ein König bin?“
Sie zeigte auf seine Krone.
Der große Mann nahm seine schmutzige Krone ab. „Vielleicht habe ich
die ja gestohlen“, sagte er und schaute sich um. Er hatte einen langen roten
Bart und helle blaue Augen.
Kemmp war von der Krone beeindruckt. Sie war aus Gold. Sie muss
sehr schwer und viel wert sein, dachte er.
„Wenn du sie gestohlen hast“, sagte Pidor, „dann gib sie wieder zurück.
Diebe mögen wir hier nicht.“
Der Mann lachte. Dann fragte er: „Was mögt ihr denn, kleiner Silwok?
Mögt ihr überhaupt irgendetwas?“
„Wir mögen es, in Ruhe gelassen zu werden“, sagte Pidor wütend.
Sofort kam einer der anderen Reiter auf ihn zu. Der große Mann hob
seine Hand und sagte: „Nein, schon gut. Lass den alten Silwok in Ruhe.“
Der Reiter ging wieder zurück.
Dann schaute der Mann in dem gelben Mantel wieder Denza an. „Du hast
fast recht“, sagte er. „Ich war König, aber jetzt bin ich kein König mehr.“ Er
ließ die Krone auf den Boden fallen.
Kemmp schrieb etwas auf und zeigte es Denza. Er hatte geschrieben:
„Frag ihn, ob ich die Krone haben kann.“
Denza schüttelte ihren Kopf. Sie ignorierte Kemmp und fragte: „Was ist
passiert? Warum seid ihr nach Vogelfeld gekommen?“
Die anderen Reiter stiegen von ihren Pferden. Sie stellten sich neben den
ehemaligen König. „Diese Männer“, begann er und schaute in die Runde,
„sind wahrscheinlich die letzten Menschen, die es noch gibt. Es gab einen
schrecklichen Krieg im Westen. Fast alle wurden getötet. Ich bin kein
König mehr, weil es niemanden mehr gibt, über den ich herrschen kann.
„Warum seid ihr denn hierhergekommen?“, fragte Pidor. Seine Frau stand
hinter ihm und versteckte ihre Töchter hinter ihrem Rücken.
„Mach dir keine Sorgen um deine Töchter“, sagte der Anführer und
kratzte sich an seinem roten Bart. „Ich heiße Yardum“, sagte er und
schaute sich um. „Ich führe diese sieben Männer zu der Hafenstadt
Leemünde, aber wir haben uns verirrt.“
„Ich heiße Denza“, sagte Denza und ging einen Schritt nach vorne. „Du
brauchst eine Führerin.“
„Ja, stimmt, so ist es“, sagte Yardum. „Ich habe zwar kein Geld, aber ich
habe diese goldene Krone. Ich gebe sie der Person, die uns hilft“, fuhr er
fort und schaute Kemmp direkt an.
Ari hatte eine Frage. Deshalb unterbrach er die Unterhaltung. „Warum
müsst ihr nach Leemünde gehen? Was gibt es dort?“
„Meine Freunde sind vielleicht dort. Vielleicht sind wir doch nicht die
letzten Menschen“, erklärte der Mann im gelben Mantel. „Das muss ich
herausfinden und deswegen reiten wir dorthin.“
Kemmp schrieb wieder etwas für Denza auf: „Ich will die Krone haben.“
Denza schaute ihn nur an.
Dann schrieb Kemmp: „Das ist unser Abenteuer! Kannst du das nicht
sehen?“
Denza nickte; sie wollte auch mitgehen. „Wir helfen euch“, sagte sie
schließlich.
Ari schaute überrascht auf. Er konnte es nicht zulassen, dass Denza mit
diesen Fremden mitging. Sie war eine Freundin von ihm. Und dies war eine
dumme und gefährliche Reise. „Nein! Du darfst nicht mitgehen!“, sagte er
leise.
Denza schüttelte ihren Kopf. „Ich werde mitgehen“, sagte sie ihm.
„Wenn du mich beschützen willst, musst du mitkommen.“
Ari sah Denza lange an. Dann schaute er Yardum und seine Männer an.
Sie warteten auf Aris Antwort. „Ich will zu Hause bleiben“, sagte Ari. Dann
schaute er Denza und Kemmp an. „Aber ich werde mitkommen. Ich werde
mitkommen, um meine Freunde zu beschützen.“
Denza lächelte. Dann flüsterte sie: „Endlich! Unser großes Abenteuer!“
Einer der Reiter hob die Krone auf. Er hatte eine große Narbe auf der
Stirn. Er machte die Krone sauber und steckte sie in eine Tasche an seinem
Pferd.
„Abgemacht!“, sagte Yardum. „Du“, sagte er und zeigte auf Kemmp,
„reitest mit Sadida, dem Mann mit der Narbe. Er behält die Krone erst
einmal.“ Dann zeigte er auf Ari und fügte hinzu: „Und du reitest mit dem
fetten Ekin. Denza, du kannst mit mir reiten.“
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Ari ist ein junger Silwok. Er mag keine Abenteuer, aber seine Freunde,
Denza und Kemmp, mögen Abenteuer sehr. Denza ist auch eine Silwok;
Kemmp ist ein Leuchtmann. Eine Gruppe Menschen kommt in ihre kleine,
ruhige Stadt. Die drei Freunde gehen nach draußen, um die Fremden zu
begrüßen. Die Menschen sagen, dass es im Westen einen Krieg gegeben
hat. Sie vermuten, dass sie die letzten Menschen sind. Sie wollen aber in
der Hafenstadt Leemünde nach anderen Menschen suchen. Ari, Denza und
Kemmp sind bereit, ihnen zu helfen und gehen als Führer mit.
Vokabeln
aufbrechen to leave for
hochziehen to pick up, to lift up
ein harter Kerl a tough guy
runzlig wrinkly
der Schatz treasure
ausgelassen playful, exuberant
reizvoll appealing
das Notizbuch notebook
die Staubwolke cloud of dust
Ich traue meinen Augen nicht. I can’t believe my eyes.
nicken to nod
die Krone crown
anführen to lead
berühren to touch
beeindruckt impressed
ehemalig former
über jemanden/etwas herrschen to rule over someone/something
kratzen to scratch
sich verirren to get lost
fortfahren to continue
zulassen to allow
beschützen to keep safe
flüstern to whisper
die Narbe scar
die Stirn forehead
Abgemacht! That’s settled!
Fragen im Auswahlverfahren
Nachdem sie den ganzen Tag geritten waren, kamen Denza, Ari, Kemmp
und die Menschen in Timmenrode an. Timmenrode war eine Stadt in den
Bergen. Sie war voll von Bergarbeitern, die nach Edelsteinen suchten. Es
war aber auch eine Stadt, die voll von Kriminellen war. Daher war es dort
sehr gefährlich.
Fast alle Bergarbeiter hatten Waffen, um sich vor Dieben zu schützen.
Die Diebe hatten auch Waffen, um Edelsteine stehlen zu können. Es gab
ständig Kämpfe auf den Straßen und niemand fühlte sich sicher. Aus
diesem Grund hatten viele Einwohner die Stadt verlassen. Überall gab es
leere Geschäfte, Restaurants und Häuser.
Als die Gruppe ankam, war es schon lange dunkel. „Wir müssen
vorsichtig sein“, sagte Ari. Dann schaute er Yardum wütend an und fügte
hinzu: „Wir hätten nicht über Timmenrode reiten sollen. Es ist gefährlich
hier.“
„Aber so ist es kürzer“, antwortete Yardum. „Und außerdem wird sich
niemand mit acht starken Menschen anlegen.“
„Vielleicht“, antwortete Ari, „aber viele würden sich mit zwei Silwoks
anlegen. Und Leuchtmänner kämpfen nie. Sie rächen sich nur, nachdem sie
angegriffen wurden. Daher ist Kemmp keine Hilfe!“ Ari schaute seine
Freunde an. „Wir müssen immer zusammenbleiben. Nur so können wir uns
gegenseitig beschützen, bis wir hier wieder weg sind.“
Seine Freunde nickten zustimmend.
Sie hielten die Pferde an einer Ecke an. „Wir sind müde“, sagte Yardum.
„Die Pferde brauchen eine Pause. Und ich auch.“
„Was? Du willst hierbleiben?“, fragte Ari. „Das können wir nicht! Wir
müssen weiterreiten. Wir können hinter der Stadt zelten.“
„Wir haben keine Zelte und Decken“, antwortete Yardum. „Willst du
ohne Decke und Zelt auf dem Boden schlafen?“
„Nein, aber … “, fing Ari an.
„Dann werden wir uns Zimmer in einem Hotel nehmen“, sagte Yardum
und ritt zu einem kleinen Hotel. In der ganzen Straße war nur noch dieses
Hotel geöffnet. „Morgen werden wir früh aufbrechen. Ihr werdet nicht
lange Angst haben müssen, kleine Silwoks.“
Denza lachte, aber Ari fand das nicht gut. Yardum und seine Männer
banden die Pferde fest und gingen zum Hotel.
„Ihr habt gesagt, dass ihr kein Geld habt“, rief Ari ihnen hinterher.
Der große bärtige Mann in Gelb drehte sich um. „Was?“, fragte er.
„In Vogelfeld … du hast gesagt, dass ihr kein Geld habt“, wiederholte
Ari.
Yardum starrte den kleinen Silwok an. „Das stimmt. Was willst du
damit sagen?“
„Wie willst du für die Zimmer bezahlen?“, fragte Ari.
Die Menschen schauten ihren Anführer an. Sadida lächelte Kemmp an,
der ein „?“ in sein Notizbuch schrieb. Ekin legte seine schwere Hand auf
Aris Schulter.
„Gute Frage, kleiner Silwok“, sagte Yardum. „Aber macht euch keine
Sorgen, ich werde den Besitzer überreden, uns Zimmer zu geben. Ich kann
sehr überzeugend sein, wenn ich will.“ Er schaute seine Männer an und
lachte. Dann drehte er sich um und ging ins Hotel.
Gerade als die drei endlich eingeschlafen waren, brach jemand in ihr
Zimmer ein.
Zwei dunkle Gestalten rannten in das kleine Zimmer. Ari setzte sich auf,
aber jemand gab ihm einen Schlag gegen den Kopf. Er fiel und landete auf
Kemmp. Sie hörten, wie Denza schrie, und sahen, wie jemand sie
wegtragen wollte. Sie sollte entführt werden!
Ari fasste sich an den verletzten Kopf und sprang auf. Er schaute
vorsichtig zu den dunklen Gestalten. Sie waren kleiner und etwas dicker als
die meisten Menschen. Ihre Haut war sehr blass, als ob sie nicht viel Sonne
bekommen würden. Sie hatten sehr große Augen, die ihnen wahrscheinlich
halfen, besser in der Dunkelheit sehen zu können.
„Bergarbeiter!“, schrie Ari.
Ein Bergarbeiter griff Denza und rannte mit ihr aus dem Zimmer. Er hatte
seine Hand über ihren Mund gelegt und sie gab keinen Ton von sich. Der
andere Bergarbeiter blieb kurz an der Tür stehen. Er sah verwirrt aus. Er
hielt etwas in der Hand. Es war Denzas Decke. Als Ari noch einmal schrie,
rannte auch er in die Dunkelheit.
Ari wusste nicht, was er tun sollte. Schließlich hörte er, dass die
Menschen kamen. „Denza wurde von Bergarbeitern entführt!“, schrie Ari,
als Sadida und Ekin in das Zimmer rannten. Er zeigte in die Richtung, in
die die Bergarbeiter gelaufen waren. „Folgt ihnen!“, rief er. „Sie haben sie!“
Sadida und Ekin schauten sich an. Dann zuckte Sadida mit den
Schultern und sie liefen los. Ari lief, so gut er konnte, hinterher.
Die Bergarbeiter waren sehr schnell. Als sie zu einer Straßenecke kamen,
lief einer nach links und der andere nach rechts. „Wer von ihnen hat
Denza?“ fragte Ekin, der neben Ari lief.
„Ich kann es nicht sagen“, sagte Ari. „Der eine hat sie, der andere hat
eine Decke.“
Ekin runzelte die Stirn. „Komm mit mir mit“, rief er Ari zu. „Wir
verfolgen den linken. Sadida, du den rechten!“
Kemmp war im Zimmer geblieben. Leuchtmänner konnten nur sehr
langsam gehen und sie rannten nie. Als Yardum und die anderen Männer ins
Zimmer kamen, schrieb Kemmp ihnen auf, was passiert war.
„Mach dir keine Sorgen“, sagte der ehemalige König wütend. „Meine
Männer werden diese Bergarbeiter erwischen. Sie haben sich etwas
genommen, das nicht ihnen gehört.“
Kemmp schaute Yardum lange an. Dann schrieb er: „Denza ist nicht
‚etwas‘.“
Kemmp wartete mit Yardum und den anderen. Nach einer Stunde kamen
Ari, Sadida und Ekin zurück. Denza war nicht dabei.
„Ich habe einen der Bergarbeiter erwischt“, sagte Sadida, „aber er hatte
die Silwok-Frau nicht. Er hatte nur eine Decke.“
„Hat er gesagt, wohin der andere Bergarbeiter gegangen ist?‘, fragte
Yardum.
„Ja“, sagte Sadida und rieb sich grinsend die Hände. „Ich habe ihn zum
Reden gebracht. Der Entführer bringt Denza nach Leemünde.“
„Warum?‘, fragte Ari. „Was wollen sie mit Denza in Leemünde?“
Sadida antwortete: „Sie werden sie dort verkaufen.“
Ari traute seinen Ohren nicht. „Was soll das heißen, ‚sie verkaufen‘?
Sie ist eine Person, kein Pferd!“
Sadida schaute Yardum an. Seine blauen Augen sahen ganz kalt aus. „Es
gibt vieles, was du über diese Welt nicht weißt“, sagte Yardum zu dem
kleinen Silwok. „Du bist bisher nie aus Vogelfeld rausgekommen, oder?“
„Es ist gefährlich, Vogelfeld zu verlassen“, sagte Ari.
„Und warum ist das so?“, fragte Yardum.
„Weil in anderen Städten schlechte Dinge passieren“, sagte Ari leise.
Der Anführer schaute auf den Boden. Dann schaute er Ari wütend an.
„Na ja, du darfst nicht vergessen, dass die schlechten Dinge manchmal zu
dir kommen“, knurrte er.
Ari fing an zu weinen. Warum hatte er seine Heimatstadt verlassen? Er
wusste, dass es viel besser gewesen wäre, zu Hause zu bleiben. Das war
alles Denzas Schuld. Und jetzt … jetzt war sie weg!
„Zieht euch an“, sagte Yardum. „Wir reiten nach Leemünde – sofort!“
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Ari, Denza und Kemmp reiten mit den Menschen nach Timmenrode.
Timmenrode ist eine gefährliche Bergarbeiterstadt. Dort gibt es viele
bewaffnete Bergarbeiter und Diebe. Sie kommen spät nachts an. Deshalb
nehmen sie sich in einem Hotel mehrere Zimmer. Sie gehen schlafen, aber
zwei Bergleute brechen in das Zimmer der drei Freunde ein. Sie entführen
Denza und laufen weg. Ari erzählt den Menschen, was passiert ist, und sie
verfolgen die Entführer. Sie können aber nur einen erwischen. Der
Bergmann gibt zu, dass Denza nach Leemünde gebracht werden soll.
Yardum sagt Ari, Kemmp und den anderen Menschen, dass sie sofort nach
Leemünde weiterreiten.
Vokabeln
der Bergarbeiter miner
der Edelstein precious stone, jewel
der Kriminelle criminal
die Waffe weapon
der Dieb thief
sich mit jemandem anlegen to take someone on
sich rächen to get even, to take revenge
angreifen to attack
gegenseitig each other
anhalten to stop
festbinden to tie up
jemanden anstarren to stare at someone
jemandem drohen to threaten someone
die Gestalt figure
entführen to kidnap
keinen Ton von sich geben to not make a sound
verwirrt confused
mit den Schultern zucken to shrug (one’s shoulders)
die Stirn runzeln to frown
verfolgen to chase
erwischen to catch (someone)
reiben to rub
seinen Ohren nicht trauen to not believe one’s ears
knurren to growl
Fragen im Auswahlverfahren
Wählen Sie nur eine Antwort pro Frage aus.
6. Timmenrode ist voll von ___.
a. Bergarbeitern und Kriminellen
b. Silwoks
c. Pferden
d. Geschäften, Restaurants und Marktplätzen
7. Yardum bekommt die Zimmer wahrscheinlich, weil er ___.
a. dem Besitzer Geld gibt
b. dem Besitzer seine goldene Krone gibt
c. dem Besitzer droht
d. dem Besitzer seine Pferde anbietet
8. Wer vertraut Yardum nicht?
a. Denza
b. Kemmp
c. Ekin
d. Ari
9. Wen/Was nehmen die Entführer mit?
a. Kemmp und seine Decke
b. die Krone
c. Denza und ihre Decke
d. Denza und die Krone
10. Laut Sadida hat der Bergarbeiter gesagt, dass er Denza ___.
a. getötet hat
b. verkaufen will
c. verloren hat
d. nach Vogelfeld zurückbringen will
Kapitel 3 – Die Welt ist ein gefährlicher Ort
Yardum ritt voraus, als sie durch die leeren Straßen ritten. Es wirkte so,
als wüsste er, wohin sie mussten.
„Bist du schon einmal hier gewesen?“, fragte Ari Yardum.
„Nein“, antwortete er.
„Wo fangen wir an, nach Denza zu suchen?“, fragte Ari weiter.
Yardum sah verärgert aus. Er ignorierte Aris Frage und winkte Sadida
heran. Sadida kam sofort, Kemmp ritt ruhig neben ihm her.
„Was ist los, Boss?“, fragte Sadida Yardum.
Der große Mensch in Gelb zeigte auf Ari. „Sag diesem Silwok, wohin
wir reiten.“
Sadida schaute Yardum überrascht an. Dann zuckte er mit den Schultern
und drehte sich zu Ari. „Wir reiten zum Sklavenmarkt“, sagte der Mann
mit der Narbe. „Deine Freundin wird wahrscheinlich dort sein.“
„Woher weißt du das?“, fragte Ari.
„Ich weiß es“, sagte Sadida, „weil ich schlau bin.“ Er lachte kurz auf.
Dann drehte er sich plötzlich um und ritt voraus.
Ari bekam Angst. Er hatte ein schlechtes Gefühl. „Erzählst du mir, woher
du weißt, wo der Markt ist?“, fragte er Ekin, als er hinter ihm her ritt. „Ihr
habt gesagt, dass ihr hier noch nie gewesen seid. Seid ihr doch schon hier
gewesen?“
Stille.
„Seid ihr schon hier gewesen?“, wiederholte Ari. „Seid ihr schon einmal
auf dem Sklavenmarkt gewesen?
„Halt den Mund, Silwok!“, sagte Ekin wütend und ritt schneller.
Während sie ritten, schaute Ari sich um. Nach einer Weile bemerkte er,
dass er noch keine einzige Person in Leemünde gesehen hatte. Niemanden.
Dann sah Ari plötzlich jemanden, einen blassen Bergarbeiter. Er ging zu
einem Gebäude. Und in diesem Gebäude stand eine Gruppe Bergarbeiter.
Ari drehte sich um und schaute durch das Fenster eines anderen Gebäudes.
In diesem waren auch Bergarbeiter. In der Ferne sah er einen weiteren
Bergarbeiter. Dieser ritt auf einem kleinen Esel!
Was ist hier denn los?, fragte sich Ari. Warum fragen Yardum und seine
Männer nicht einfach die Bergarbeiter, wo Denza ist?
In diesem Moment ritten Sadida und Kemmp näher an ihn heran. „Nur
noch einmal um die Ecke, dann sind wir da“, sagte Sadida zu Ari, als er
Ekins Pferd festhielt und Ekin abstieg. „Der Ritt ist vorbei.“
Gleich hinter der Ecke zeigte Sadida nach links. Ari und die anderen
sahen einen großen eingezäunten Bereich. Er sah wie ein großer Käfig für
Tiere aus. In dem Käfig waren viele Silwoks und andere Lebewesen. Es sah
so aus, als ob sie alle gefangen wären.
„Diese kleine Stadt ist der größte Sklavenmarkt im Westen“, erklärte
Ekin. „Wir bringen Silwoks hierher. Die Bergarbeiter zahlen viel Geld für
sie. Alle Einwohner – Menschen und andere Lebewesen – sind vor den
Kämpfen geflohen.“ Ekin machte eine Pause, um nach links zu zeigen.
„Schau, du kannst sie dort alle sehen. Und sieh an, da ist ja auch deine
Freundin.“
Ari suchte den ganzen Bereich nach ihr ab, bis er sie endlich sah.
„Denza!“, rief er. Denza schaute traurig auf. Sie war in dem Käfig. Sie lebte
… aber sie war eine Gefangene.
Ari drehte sich wütend zu Yardum um, der neben ihm auf seinem Pferd
saß. „Du arbeitest mit den Bergarbeitern zusammen!“, schrie Ari. „Du hilfst
ihnen!“
„Manchmal“, sagte Yardum. „Wir bringen ihnen einen oder zwei
Silwoks, wenn wir nach Leemünde kommen, um Pistolen zu kaufen. Die
Bergarbeiter stellen sehr gute Pistolen her. Nicht wahr, Ekin?“
„Die besten“, sagte Ekin, lächelte und zielte mit seiner Pistole auf Ari.
„Steig jetzt ab“, sagte er, als sein Lächeln verschwand.
Die Menschen brachten Ari und Kemmp in den Käfig. Einer der
Bergarbeiter schloss ihn ab und ging weg. Denza lief schnell zu ihnen, um
ihre Freunde zu begrüßen. „Ich hatte schon gedacht, ich würde euch nie
wiedersehen!“ sagte sie. „Es tut mir so leid. Das ist alles meine Schuld.“
„Nein, sag das nicht“, sagte Ari, als er sie umarmte. Er schaute sich um.
Es waren mindestens hundert Silwoks in dem Käfig. „Seit wann bist du
hier?“, fragte er einen der Silwoks.
„Noch nicht lange“, antwortete der junge Silwok. „Aber ich habe gehört,
dass sie uns morgen verkaufen.“
„An wen verkaufen sie uns?“, fragte Ari.
„Das wissen wir nicht. Ich heiße übrigens Ked“, fuhr er fort. „Mein
Bruder Hakan steht dort drüben.“ Ked zeigte auf einen kleinen, jungen
Silwok. Hakan sah gar nicht gut aus. „Hakan ist hier sehr krank geworden“,
fügte Ked hinzu. „Er braucht dringend Hilfe.“
„Ja“, stimmte Ari ihm zu, „wir müssen hier ausbrechen.“ Er schien einer
der ältesten Silwoks in dem Käfig zu sein. Also würde ihm keiner helfen
können. „Kemmp, was können wir machen, um hier rauszukommen?“,
fragte er und schaute seinen Freund an. Kemmp runzelte die Stirn. Er war
kein Kämpfer. Er hatte keine Idee und schüttelte daher nur seinen Kopf.
Wenige Minuten später bemerkte Kemmp etwas. Ari sah, dass Kemmp
den Bergarbeiter, der sie eingeschlossen hatte, aufmerksam beobachtete. Er
ging zu seinem Esel und machte etwas, das Ari nicht sehen konnte. Aber
Kemmp hatte es gesehen und fing plötzlich an zu lächeln. Dann nickte er
und nahm sein Notizbuch und schrieb: „Es wird dunkel.“ Dann malte er
einen Esel und lächelte. „Wartet, bis es Nacht ist. Dann wird alles gut
werden. Kemmp kann unser Problem lösen.“
Ari und Denza lasen die Notiz. Sie verstanden nicht, was Kemmp sagen
wollte. Kemmp lächelte nur und zeigte auf den Satz „Kemmp kann unser
Problem lösen.“
Ari und Denza schauten dann zu Yardum und seinen Männern hinüber.
Sie sprachen mit ein paar Bergarbeitern. Die Menschen lachten. Die
Bergarbeiter gaben Yardum Geld. Dann nahm Sadida die Krone aus der
Tasche. Die Bergarbeiter waren von der wertvollen goldenen Krone
beeindruckt. Sie gaben den Menschen auch für sie Geld.
„Er hat von Anfang an gelogen“, sagte Denza. „Er hat diese Krone
gestohlen, so wie sie mich gestohlen haben!“
Yardum schaute in ihre Richtung, als ob er sie gehört hätte. Er lächelte.
Denza sah ihm direkt in die Augen, spuckte auf den Boden und ging weg.
Später am Abend waren die Menschen nicht mehr da. Sie hatten ihr Geld
genommen und waren gegangen. Die Silwoks lagen alle auf dem Boden
und schliefen. Außer einigen Wachen, die an einem Feuer saßen, waren
alle Bergarbeiter in ihren Häusern. Die meisten von ihnen ruhten sich aus
und spielten Karten. Sie hatten nie Probleme mit gefangenen Silwoks
gehabt und dachten auch jetzt nicht, dass sie welche bekommen würden.
Einige ihrer Esel standen in der Nähe des Käfigs. Die Esel waren nicht
festgebunden und konnten frei herumlaufen.
Als alles ruhig war, klopfte Kemmp Ari auf die Schulter. Ari klopfte
dann Denza und Ked auf die Schulter. Keiner von ihnen schlief richtig. Sie
taten nur so als ob. Nach und nach standen auch alle anderen Gefangenen
auf. Kemmp, der Leuchtmann, streckte seine Hand aus. Er fing an, ganz
leise in der Sprache der Leuchtmänner zu sprechen, als in seiner Hand ein
kleines rotes Licht leuchtete. Er winkte den Eseln und sie schauten auf
seine Hand. Sie liefen ganz vorsichtig zu ihm, um zu sehen, was das Licht
war. Wie alle Leuchtmänner konnte Kemmp gut mit Tieren umgehen. Sie
schienen die seltsame Sprache der Leuchtmänner zu verstehen und auf sie
zu reagieren.
Kemmp streckte langsam seinen Arm nach einer Tasche an einem der
Esel aus. Er steckte seine Hand in die Tasche und holte einen Schlüssel
heraus. Er war in der Tasche gewesen!
„Das war es also, was du heute Nachmittag gesehen hast“, sagte Ari
glücklich. „Du hattest recht. Kemmp KANN unser Problem lösen!“
Kemmp nickte stolz und gab Ari den Schlüssel, der damit schnell den
Käfig aufschloss. Es war mittlerweile schon sehr spät. Die Wachen
schliefen und das Feuer brannte kaum noch. Ari und Denza nahmen
vorsichtig und ganz leise die Waffen der Wachen und gaben sie Ked.
Kemmp holte alle Esel von der Straße zusammen und brachte sie zum
Käfig. Ari, Denza und Kemmp nahmen drei der Esel und ritten auf ihnen
aus Leemünde heraus.
Morgen würden sie einen Weg an Timmenrode vorbei nehmen und nach
Vogelfeld zurückkehren. Die drei Freunde würden ihren Familien erzählen,
was passiert war. Sie freuten sich, dass auch die anderen Gefangenen frei
waren und auch sie zu ihren Familien zurückkehren konnten. Aber so etwas
durfte nie wieder passieren. Deshalb wollten sie dafür sorgen, dass sich
alle Silwoks vereinigten und gemeinsam gegen die Bergarbeiter kämpften
… und vielleicht auch gegen die Menschen, wenn es notwendig war. Sie
mussten sich gegenseitig beschützen.
Ari, Denza und Kemmp waren froh, zu Hause und in Sicherheit zu sein.
Die Reise war gefährlich gewesen und sie hatten von ihr gelernt, dass diese
Welt WIRKLICH ein gefährlicher Ort war und dass sie nie – niemals –
einem Menschen vertrauen konnten.
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Ari, Kemmp und die Menschen kommen in Leemünde an. Es gibt dort nur
Bergarbeiter. Yardum will den Bergarbeitern Denza, Ari und Kemmp
verkaufen. Ari und Kemmp werden zu Denza in einen Käfig gesperrt. In
der Nacht können sie mit den anderen Gefangenen fliehen.
Vokabeln
die Gefangene captive
verägert irked
der Sklavenmarkt slave market
Halt den Mund! Be quiet!
der Esel donkey
der eingezäunte Bereich fenced area
der Käfig cage
das Lebewesen creature
die Pistole gun
auf jemanden/etwas zielen to point at someone/something (with a gun)
ausbrechen to escape
beeindruckt impressed
jemandem direkt in die Augen sehen to look somebody straight in the eye
spucken to spit
die Wache guard
so tun als ob to pretend
seine Hand ausstrecken to stretch out one’s hand
leuchten to glow
für etwas sorgen to make sure
sich vereinigen to unite
Fragen im Auswahlverfahren
Ich lag in einem Bett in einem Schweizer Krankenhaus. Außer mir waren
noch drei weitere Personen in dem kleinen Zimmer … und ein riesiger
schwarzer Computer.
Der Computer war noch größer als ein großer Kühlschrank. Es handelte
sich um einen Supercomputer – den schnellsten und intelligentesten
Computer in ganz Europa. Der Computer hieß Titan 2055. Die Zahl 2055
bezog sich auf das Jahr, in dem er gebaut worden war. Und jetzt war ich
mit ihm verbunden.
Das Runterladen der Daten begann etwas später. Die Daten wurden
langsam von Titan 2055 in mein Gehirn übertragen. Zuerst merkte ich
keinen Unterschied, aber dann waren da plötzlich neue Fakten und
Informationen in meinem Kopf. Sie waren in mein Langzeitgedächtnis
übertragen worden. Die Informationen waren neu für mich, aber es fühlte
sich so an, als hätte ich sie schon immer gewusst.
Der Computer übertrug verschiedene Arten von Informationen:
Mathematik, Geschichte, Naturwissenschaften, Technik. Ich wusste nun
außerdem Dinge über Medizin, Polizeiabläufe, Kampfstrategien,
Schauspielerei … es war eine bunte Mischung!
Es vergingen drei Stunden. Dr. Benoit und Professor Heinrichs saßen die
ganze Zeit schweigend neben mir. Es war noch eine dritte Person im Raum,
ein alter Mann. Er sei irgendein Geldgeber, hatten sie gesagt. Er trug einen
teuren silberfarbenen Anzug. Er brauchte einen Stock zum Gehen. Ich
kann nicht sagen, warum ich das wusste, aber er war der Besitzer von
EXCO Corporation. Seiner Schweizer Firma gehörte das Krankenhaus. Sie
hatte sowohl den Supercomputer als auch meine Operation bezahlt.
„Sind sie gleich fertig, Dr. Benoit?“, fragte der Geldgeber leise. „Sie
hatten gesagt, es dauert drei Stunden.“ Er zeigte auf eine Uhr an der Wand.
„Die drei Stunden sind jetzt rum.“
„Ja“, sagte sie. „Ich bin gleich mit dem Runterladen fertig. Dann werden
wir ihn vom Computer trennen.“
„Wann werden Sie die Tests beendet haben?“, fragte der Mann. Der
Geldgeber hatte mehrere Millionen für die Forschung und Entwicklung
ausgegeben. Nun wollte er die Ergebnisse dieses Experiments haben.
„Wir werden Herrn Hofmann heute Abend und morgen testen. Wenn sein
Gehirn die Informationen, die wir in sein Langzeitgedächtnis übertragen
haben, verarbeitet hat, sollte er die Tests bestehen können“, sagte Dr.
Benoit.
„Dann werden wir ihn wieder mit dem Computer verbinden“, sagte
Professor Heinrichs. „Wir werden jeden Tag mehr Daten übertragen.“
„Hervorragend“, sagte der Geldgeber. Er stand auf, um zu gehen. „Gut
gemacht, Sebastian“, sagte er zu mir, aber da war etwas Merkwürdiges in
seinem Blick.
„Danke“, sagte ich.
Aus irgendeinem Grund konnte ich mich nicht an den Namen des
Mannes erinnern. Das fand ich sehr merkwürdig, denn ich kannte den
Namen seiner Firma und wusste, was die Firma machte. Ich wusste sogar
über ihre Bilanzdaten Bescheid. Aber ich wusste nicht, wie ich den Mann
ansprechen sollte. „Es tut mir leid“, sagte ich, „aber ich kenne Ihren Namen
nicht.“
„Das macht nichts“, sagte er und ging aus dem Zimmer. „Das müssen Sie
auch nicht mehr.“
Dr. Benoit schaute dem Geldgeber hinterher. Als er gegangen war, drehte
sie sich zu ihrem Assistenten: „Professor Heinrichs, sind Sie bereit, Herrn
Hofmann vom Computer zu trennen?“, fragte sie ihn, während sie sich
einige Schaubilder ansah.
„Meinen Sie nicht, dass wir noch etwas weitermachen sollten?“, fragte
Professor Heinrichs.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das reicht. Wir dürfen kein Risiko
eingehen. Wir beenden das Runterladen der Daten und trennen Herrn
Hofmann vom Computer.“
Professor Heinrichs drückte auf einen Knopf an einer großen Maschine,
schaute mich an und sagte: „Gute Nacht.“
Ich wurde sehr müde und alles wurde schwarz. Ich weiß nicht, wie lange
ich geschlafen habe. Ich hatte viele furchtbare Träume. Sie handelten von
Krieg und Leid, Tod und Zerstörung.
Schließlich wachte ich auf und öffnete meine Augen. Über mir konnte
ich Wolken am Himmel sehen. Das ist komisch, dachte ich überrascht.
Träume ich noch?, fragte ich mich. Wo ist die Decke?
Dann drehte ich den Kopf und sah mich im Zimmer um. Es war komplett
zerstört worden. Ich setzte mich schnell auf. Dr. Benoit lag auf dem Boden.
Sie war tot. Professor Heinrichs war nicht da. Aber der schwarze
Supercomputer, Titan 2055, war noch da. Er war nicht zerstört worden und
übertrug mir immer noch Daten.
Ich schaute mich weiter um. Das ganze Krankenhaus war zerstört
worden. Eine Bombe oder so etwas musste explodiert sein, während ich
geschlafen hatte. In der Ferne konnte ich jemanden um Hilfe schreien
hören. Noch weiter weg hörte ich die Polizei.
Das muss ein Terrorangriff gewesen sein, dachte ich. Dann dachte ich an
etwas noch Schlimmeres. Oder war das vielleicht wegen mir passiert?
Hatte jemand versucht, mich umzubringen?, fragte ich mich.
Ich stand auf, um mich weiter umzusehen. Arme Frau Dr. Benoit, dachte
ich, als ich zum Computer ging. Sie war doch noch so jung. Sie hätte nicht
sterben dürfen. Niemand hätte sterben dürfen.
„Der, der das getan hat, hat einen großen Fehler gemacht“, sagte ich zu
mir selbst, während ich mich langsam von Titan 2055 trennte. „Noch bin
ich nicht tot und ich werde herausfinden, wer Dr. Benoit und vielleicht noch
mehr Menschen umgebracht hat … und derjenige wird dafür büßen
müssen!“
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
„An welche Details der Explosion können Sie sich erinnern, Herr
Hofmann?“, fragte der blau gekleidete Mann.
„Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich kann mich an gar nichts
erinnern“, sagte ich.
Der Mann und ich saßen in einem kleinen Raum bei der Polizei. An der
Wand gab es einen großen Spiegel und in der Ecke eine Kamera, die mich
filmte. Zwischen mir und dem Polizisten stand ein Metalltisch. Ich legte
meine Unterarme auf den Tisch und wiederholte: „Ich kann mich überhaupt
nicht an eine Explosion erinnern, weil ich geschlafen habe.“
Eine blonde Polizistin nahm unser Gespräch auf. Sie hatte einen Knopf
im Ohr. Jemand sagte ihr, was sie mich fragen sollte. Jemand, der auf der
anderen Seite des Spiegels saß.
„Haben Sie irgendeine Ahnung, wer das Krankenhaus in die Luft
gejagt hat?“, fragte sie. „Wer könnte das gewesen sein?“, fuhr sie fort.
Ich schaute zuerst in die Kamera, dann schaute ich sie an. „Die Polizei
sollte keine Vermutungen anstellen“, sagte ich. „Habe ich eine
Vermutung? Natürlich habe ich eine Vermutung. Es war die Firma selbst.“
„Firma? Welche Firma?“, fragte sie. „Die EXCO Corporation?“
„Na klar! Welche Firma sollte es sonst sein“, fragte ich kopfschüttelnd.
„Ich spreche natürlich von der Firma, die für das Experiment bezahlt hat.“
Die Polizistin starrte mich an. „Das wäre doch vollkommen sinnlos“,
sagte sie streng. „Warum sollte der Besitzer seine eigene Arbeit zerstören?“
Jetzt sah ich sie streng an. „Woher wissen Sie, dass es ein Mann ist, der
die Firma besitzt?“, fragte ich. „Sie haben gerade ‚der Besitzer’ gesagt.“
Sie blinzelte und beantwortete meine Frage nicht. „Machen wir mit
unseren Fragen weiter, Herr Hofmann. Denken Sie, dass es ein Zufall ist,
dass Sie als Einziger überlebt haben?“
„Ich bin mir ganz sicher, dass das kein Zufall war“, sagte ich und stand
auf. „Ich glaube nicht an Zufälle. Eine Bombe hat das ganze Krankenhaus
zerstört, aber ich habe überlebt. Und ich werde herausfinden, warum. Das
war bestimmt Absicht.“
Ich brach das Gespräch ab und stand auf. Die Polizistin forderte mich
auf, mich wieder hinzusetzen. Ich weigerte mich.
„Sie sollen sich setzen, Herr Hofmann“, wiederholte sie.
Ich ging nah an den Spiegel heran. Jetzt konnte ich hinter dem Spiegel
einige Personen erkennen. „Es sitzen drei Leute auf der anderen Seite des
Spiegels“, sagte ich und hielt mein Gesicht direkt vor den Spiegel. „Einer
von ihnen ist der EXCO-Chef. Er ist derjenige, der Ihnen sagt, was sie mich
fragen sollen.“
„Warum denken Sie das?“, fragte sie, aber ihr Blick verriet mir, dass ich
recht hatte.
„Ich gehe“, sagte ich. „Das Gespräch ist beendet. Öffnen Sie die Tür.“
„Herr Hofmann, wir haben noch ein paar Fragen an Sie“, sagte die
blonde Frau nervös.
„Nein, die haben Sie nicht. Und Sie stellen nur Fragen, auf die Sie die
Antworten schon kennen“, sagte ich, als ich versuchte, die Tür zu öffnen.
Die Tür hatte ein elektronisches Schloss. Ohne nachzudenken gab ich den
Code ein und die Tür öffnete sich. „Sie wissen, wer das Gebäude in die Luft
gejagt hat. Und Sie wissen auch, warum er es getan hat“, sagte ich und
drehte mich zu ihr um, als ich in der offenen Tür stand.
Sie versuchte nicht, mich vom Gehen abzuhalten. „Warum denn?“,
fragte sie.
Ich zeigte auf mich. „Um mich zu erschaffen“, erklärte ich und verließ
den Raum.
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Die Polizei stellt Sebastian Hofmann Fragen zu der Explosion. Bei der
Befragung hat eine Polizistin einen Knopf im Ohr. Sebastian sieht hinter
einem Spiegel mehrere Personen, auch den EXCO-Chef. Sebastian verlässt
die Polizeistation und fährt zu einer Nachrichtenagentur, wo er eine
Pressekonferenz organisiert. Er erzählt den Reportern, er wisse, dass der
Besitzer der EXCO Corporation die Explosion im Krankenhaus verursacht
habe. Die Ermittlungen der Polizei verlaufen im Sand. Sie sagt, es sei ein
Unfall gewesen. Der Besitzer von EXCO will sich mit Sebastian in seinem
Büro treffen. Er sagt, Sebastian müsse aufhören, ihn wegen der Explosion
zu beschuldigen. Er droht, Sebastian zu verklagen. Er bietet Sebastian ein
Glas Wasser an. Sebastian ist misstrauisch und zwingt den Mann, das
Wasser selber zu trinken. Der Mann stirbt, Sebastian verlässt das Büro.
Vokabeln
eine Ahnung haben to have an idea, to know
in die Luft jagen to blow up
fortfahren to continue
eine Vermutung anstellen to guess, to speculate
blinzeln to blink
jemanden von etwas abhalten to prevent someone from doing something
die Nachrichtenagentur news agency
die Story story, in German often used in a media context
unterbrechen to interrupt
das Autokennzeichen licence plate number
der Strafzettel traffic ticket
sprachlos speechless
die Krankenakte medical file
Die Ermittlungen verliefen im Sand. The investigation went nowhere.
der Beweis proof, evidence
eine Anschuldigung verbreiten to spread an accusation
argwöhnisch suspicious
verklagen to sue
beschuldigen to blame
seufzen to sigh
die Wasserkanne water jug, pitcher
gießen to pour
unbedingt absolutely, definitely
sich vorlehnen to lean forward
ausspucken to spit out
runterschlucken to swallow
zittern to shake, to tremble
starr glassy (eyes)
Fragen im Auswahlverfahren
Hervorragend. Jetzt ist die Polizei hinter mir her, dachte ich. Ich hatte den
Besitzer der EXCO Corporation nicht töten wollen. Ich wollte nur, dass er
das Wasser selber trinkt. Machte mich das zu einem schlechten Menschen?
Keine Ahnung. Und ich glaube, es ist spielt auch keine Rolle. Jetzt war ich
auf der Flucht. Wenn die Polizei mich nicht fand, dann würde EXCO es
tun.
Ich hatte nur versucht, der Welt zu erzählen, was mir passiert war, aber
ich hatte es nicht geschafft, meine Geschichte zu Ende zu erzählen. Ich
hatte nicht die Gelegenheit gehabt, allen zu erzählen, dass ich kein normaler
Mensch mehr war. Die Übertragung der Daten von Titan 2055 auf mich
hatte mich genau zu dem gemacht, was EXCO gewollt hatte: Ich war jetzt
ein „Supermensch“.
Meine Ärztin war tot, sodass das, was passiert war, nicht mehr
rückgängig gemacht werden konnte. Der einzige, der mir vielleicht helfen
konnte, war Professor Heinrichs, aber er wurde immer noch vermisst. Aber
ich wusste, dass ich ihn finden konnte. Ich war jetzt ziemlich schlau.
Genau genommen war ich das schlauste Lebewesen der Welt. (Titan
zählte nicht – der Computer war ja kein Lebewesen … zumindest noch
nicht.)
„Wie viel hat er Ihnen gezahlt?“, fragte ich Heinrichs, auf seiner Brust
sitzend.
„Gehen Sie von mir runter“, stöhnte er. „Ich bekomme keine Luft.“
„Wenn Sie sprechen können, müssen Sie auch Luft bekommen“, sagte
ich. „Reden Sie!“
„Sie wollen alles über Hugo wissen?“, fragte er.
„Ist das der Besitzer von EXCO? Er heißt Hugo?“, fragte ich.
„Ja, aber Sie werden seinen Namen wieder vergessen. So sind Sie
programmiert. Er will nicht, dass Sie wissen, wer er ist.“
„Ich verstehe. Also haben Sie mit ihm zusammengearbeitet?“, fragte ich.
„Ja“, antwortete Heinrichs leise.
„Gut, ich glaube nicht, dass er sich jetzt noch große Sorgen um Namen
macht“, sagte ich. „Er ist tot.“
Heinrichs sah betroffen aus. „Sie haben ihn umgebracht?“, fragte er
leise.
Ich drückte mit meinen Knien immer fester auf seine Handgelenke. Er
schrie auf.
„Ich habe niemanden umgebracht“, sagte ich laut. „Er hat mir ein Glas
Wasser angeboten, und ich habe ihn gezwungen, es selbst zu trinken. Es
war wohl Gift im Wasser.“
„Dann haben Sie ihn umgebracht“, sagte der Professor und schaute
fassungslos weg. Dann starrte er mich an und sagte wütend: „Erfinden Sie
keine Ausreden. Sie sind ein Mörder!“
„So wie Sie!“, sagte ich und stand auf. „Sie haben EXCO geholfen, das
Krankenhaus in die Luft zu jagen, oder?“
„Nein“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Ich schwöre. Ich wusste nicht,
dass Hugo das tun würde.“
„Aber Sie sind verschwunden. Sie waren nicht da, als das Krankenhaus
explodierte.“
„Hugo war gegangen. Dann rief er mich an, um sich draußen mit mir zu
treffen.“ Heinrichs versuchte sich aufzusetzen. Er atmete schwer. „Und als
ich dann gerade draußen war, wurde das Krankenhaus in die Luft gejagt.
Danach bin ich weggelaufen. Ich hatte Angst.“
„Angst wovor?“, fragte ich.
„Ich hatte Angst, dass die Polizei mich beschuldigen würde. So wie Sie
mich jetzt beschuldigen!“
„Nun ja, denken Sie nicht auch, dass es verdächtig aussieht?“, fragte ich.
„Sie sind von einem Tatort weggelaufen.“
Schließlich schaffte es der alte Professor aufzustehen. Er suchte auf dem
Boden nach seiner Brille. Ich hielt sie in meiner Hand.
„Die brauche ich“, sagte er leise.
„Ach ja? Und ich muss wissen, wie ich das Experiment rückgängig
machen kann“, sagte ich wütend. „Ich will nicht so intelligent sein. Ich kann
nicht mehr selber denken. Es gibt zu viele Informationen in meinem Kopf.
Ich habe keinen Platz mehr für meine eigenen Gedanken. Ich bin kein
richtiger Mensch mehr.“
„Viele würden alles tun, um das zu bekommen, was Sie haben“, sagte er.
„Ich auch.“
„Weil Sie nicht wie ich sind“, sagte ich langsam. Ich versuchte mich zu
beruhigen. „Wenn Sie so wären wie ich, würden Sie es verstehen. Es ist
schrecklich. Dr. Benoit hatte recht. Man hätte nicht alle Daten auf einmal
runterladen sollen. Es sind einfach zu viele Informationen.“
Heinrichs seufzte. „Was wollen Sie von mir, Hofmann?“, fragte er. „Was
geschehen ist, ist geschehen. Das Labor und die Maschinen wurden zerstört.
Die Forschungsdokumentation ist verbrannt. Valerie ist tot. Wir können
die Zeit nicht zurückdrehen.“
Ich dachte kurz nach. Er hatte recht. Wir konnten die Zeit nicht
zurückdrehen und rückgängig machen, was passiert war. Schließlich
schaute ich auf. „Nicht alle Maschinen wurden zerstört“, sagte ich und gab
ihm seine Brille. „Titan 2055 wurde nicht beschädigt.“
„Dann sollten Sie mit ihm reden und nicht mit mir“, antwortete Professor
Heinrichs, während er seine Brille putzte.
„Das ist lustig“, sagte ich, als ich mich umdrehte, um zu gehen. „Genau
das habe ich auch gerade gedacht.“
Der Flug von Guam zurück in die Schweiz dauerte sehr lange; und ich
war froh, wieder da zu sein. Ich reiste unter falschem Namen, damit die
Polizei mich nicht fand. Ich schlief ein paar Stunden und machte mich auf
die Suche nach Titan 2055. Er war natürlich nicht mehr im zerstörten
Krankenhaus, aber ich wusste, wo er zu finden war, nämlich im Gebäude
der EXCO Corporation.
Ich wartete bis spät in die Nacht, dann brach ich in das Gebäude ein.
Titan war in einem Sicherheitsraum eingeschlossen. Aber es war trotzdem
nicht schwierig für mich reinzukommen. Ich hatte Zugang zu den Daten
von fast allen Computern der Welt. Ich startete den Computer und fing an,
mit Titan in seiner Computersprache zu reden.
„Professor Heinrichs hat etwas Interessantes gesagt“, erzählte ich Titan.
„Er sagte, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können.“
„Das stimmt“, sagte Titan. „Zeitreisen sind mit unseren heutigen Mitteln
noch nicht möglich.“
„Also nur um ganz sicher zu sein: Es gibt keine Möglichkeit zu ändern,
was im Krankenhaus passiert ist?“, fragte ich. Ich musste ganz sicher sein.
„Nein. Unmöglich. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Wir können
nur nach vorne schauen“, antwortete Titan.
„Ich verstehe. Dann brauche ich deine Hilfe, Titan“, sagte ich. Es würde
eine lange Nacht werden.
Heute bin ich kein Supermensch mehr. Ich bin mehr als das. Etwas, das
ich euch nicht erklären kann, weil ihr eben nur Menschen seid. Ihr könnt
das, was ich bin, weder verarbeiten noch verstehen. Aber macht euch keine
Sorgen. Titan und ich haben eine Lösung für euer Problem. Wir können
euch helfen. Wir können euch helfen, besser zu werden. Heute seid ihr nur
Menschen, aber wenn wir unsere neuesten Pläne umgesetzt haben, dann
werdet ihr nicht mehr nur Menschen sein.
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Frau Zimmer warf Ulrich einen bösen Blick zu, nachdem sie mit ihm zum
dritten Mal innerhalb einer halben Stunde hatte schimpfen müssen.
„Ulrich“, sagte sie, „ich sage es nicht noch einmal. Bleib bei deinen
Mitschülern! Diese Limonadenfabrik ist sehr groß und wir sind hier auf
unserem Schulausflug nur zu Gast. Wenn dich irgendeiner der Mitarbeiter
an einem Ort findet, der nicht zur Führung gehört, gibt es Ärger. Auch mit
mir!“
Uli schaute Frau Zimmer so unschuldig an, wie er konnte, und er
lächelte. Er war sich sicher, dass sein Lächeln überzeugend war, aber seine
Lehrerin runzelte die Stirn noch mehr als vorher. „Ja, Frau Zimmer“, sagte
er. „Es tut mir leid. Ich bin einfach so aufgeregt, dass wir hier sind. Äh …
übrigens, wann dürfen wir endlich die Limonade probieren?“
Frau Zimmer runzelte immer noch ihre Stirn, dann seufzte sie tief. „Am
Ende der Führung, Ulrich“, sagte sie, „erst am Ende.“
Uli ging schnell zur Seitentür. Er schlich hinaus und langsam den Gang
zu der Tür hinunter, an der er den Mann gesehen hatte. Als er zu der Tür
kam, blieb Uli stehen und schaute vorsichtig um die Ecke.
Die Tür führte zu einem Gang mit weiteren Türen. Der Mann in der
schwarzen Kleidung war noch da und stand vor einer Tür. Aber jetzt war da
noch ein zweiter Mann. Beide versuchten, etwas an der Tür zu machen. Der
erste Mann war irgendwie unzufrieden und flüsterte wütend. Der zweite
Mann schien ihm zu sagen, er solle sich beeilen. Uli brauchte nicht lange,
um zu verstehen, dass die beiden Männer tatsächlich einbrechen wollten!
„Beeil dich, Heinz“, flüsterte der zweite Mann wütend. „Mach endlich
die Tür auf!“
„Das versuche ich ja“, sagte der erste Mann. „Das Schloss ist aber total
schwer zu öffnen.“
Uli versteckte sich hinter der Ecke und lief dann zurück zu seiner Klasse.
Er musste Frau Zimmer und den Führer darüber informieren, dass jemand
versuchte, das geheime Limonadenrezept zu stehlen.
Als Uli aber zu dem Raum zurückkam, war seine Klasse nicht mehr da!
Er rannte zurück auf den Gang und sah Anja und den Rest der Klasse. Sie
gingen in einen Raum am Ende des Ganges hinein. Er lief, so schnell er
konnte, den Gang hinunter und war fast da, als die Tür geschlossen wurde.
Dann machte es laut „klick“ und die Tür war abgeschlossen.
Egal wie fest Uli zog, er konnte die Tür nicht öffnen. Rechts neben der
Tür gab es einen Bildschirm. Er zeigte die Bilder einer Sicherheitskamera
auf der anderen Seite der Tür. Uli konnte sehen, wie seine Klasse in das
Labor ging. Er erinnerte sich daran, wie der Führer irgendetwas darüber
gesagt hatte, dass es im Labor sehr laut sei. Daher wusste er, niemand
würde ihn hören, egal wie laut er auch gegen die Tür klopfen würde.
„Na toll“, sagte Uli. „Was soll ich denn jetzt machen?“ Er stand für einen
Moment da und dachte nach. Ob er nach jemandem suchen sollte, der ihm
helfen konnte? Aber das würde wahrscheinlich zu lange dauern. Bis dahin
hätten die beiden Typen das geheime Limonadenrezept längst geklaut. Aber
er konnte sie doch nicht einfach das Rezept stehlen lassen!
So unheimlich der Gedanke auch war, Uli war sich sicher, dass er der
einzige war, der etwas tun konnte … und er konnte nicht länger warten.
„Ah“, sagte er. „Hoffentlich geht das nicht schief!“ Uli atmete tief durch
und ging zurück zu der Tür, an der er die beiden Männer gesehen hatte.
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Uli ist Schüler. Er ist mit seiner Klasse und seiner Lehrerin auf einem
Schulausflug in der Limonadenfabrik Beste Brause. Während der Führung
bleibt Uli zurück und bemerkt einen merkwürdigen Mann, der versucht, in
einen Raum zu kommen. Uli bekommt deshalb Ärger mit seiner Lehrerin.
Später denkt er, dass der Mann vielleicht versucht, das Rezept für die sehr
beliebte Cola Cola Limonade zu stehlen. Er beschließt, sich wieder von der
Klasse zu trennen und genauer nachzusehen. Uli beobachtet den ersten und
einen weiteren Mann dabei, wie sie versuchen, in einen Raum in der Fabrik
einzubrechen. Uli will zu seiner Klasse zurückrennen, um Hilfe zu holen,
aber diese ist inzwischen durch eine verschlossene Tür von ihm getrennt.
Jetzt muss Uli alleine verhindern, dass die Männer das Rezept stehlen.
Vokabeln
jemandem einen bösen Blick zuwerfen to give someone a dirty look
unschuldig innocent
die Stirn runzeln to frown
seufzen to sigh
die Sorte type
hinterherkommen to keep up
der Sirup syrup
niesen to sneeze
die Kohlensäure carbonate
der Schlauch pipe, tube
erwischen to catch
das Labor laboratory
stöhnen to groan
herumschleichen to sneak
verlegen embarrassed
auf Zehenspitzen gehen to tiptoe
herausfinden to find out
der Wachmann security guard
die Augen verdrehen to roll one’s eyes
aufbewahren to store
klauen to pinch
flüstern to whisper
der Bildschirm monitor
Hoffentlich geht das nicht schief! Let’s hope this doesn’t go wrong!
Fragen im Auswahlverfahren
Uli ging zu dem Gang zurück, auf dem er die beiden Männer gesehen hatte.
Als er um die Ecke schaute, waren die Männer nirgendwo zu sehen. Uli
geriet in Panik. Vielleicht hatten sie das Rezept bereits gestohlen und
waren damit geflohen! Er rannte zu der Tür, wo die Männer gewesen
waren. Nur leicht drückte er mit der Hand dagegen, schon ging die Tür auf.
Es war schwer zu sagen, wer von ihnen in diesem Moment mehr
überrascht war – Uli oder der Mann in der schwarzen Kleidung, der nahe an
der Tür stand. Beide schrien vor Schreck laut auf. Der Mann ließ eine
Schachtel fallen und sie landete direkt vor Ulis Füßen. Ohne nachzudenken
hob Uli die Schachtel auf und steckte sie unter sein T-Shirt. Dann drehte er
sich um und rannte den Gang runter.
„Was war das denn?“, hörte Uli einen der Männer hinter ihm sagen, als er
davonlief.
„Irgendein Kind!“, sagte der andere Mann. Uli konnte hören, dass er
schon an der Tür war. Ein paar Sekunden später schaute er über seine
Schulter und sah, wie der Mann hinter ihm herrannte. „Er hat sich das
geheime Limonadenrezept genommen!“
„Was?”, rief der andere Mann, der inzwischen auch an der Tür stand.
„Na, dann schnapp ihn dir!“
Uli lief so schnell er konnte. Der Gang war nicht lang, aber als er zu der
Tür am Ende kam, stellte er fest, dass er in der Eile in die falsche Richtung
gelaufen war. Er war von seiner Klasse weggerannt. Jetzt konnte er nicht
mehr zurück. Auf der Tür stand in großen Buchstaben „Notausgang“. Ohne
zu zögern öffnete er sie, rannte in den Raum hinein und knallte die Tür
wieder zu.
Ein ohrenbetäubender Lärm empfing ihn und Uli wusste sofort, dass er
im Flaschenraum sein musste. Es gab jede Menge Fließbänder, auf denen
Flaschen transportiert wurden. Manche Maschinen verschlossen die
Flaschen mit Deckeln und machten dabei viel Lärm. Es gab auch
Maschinen, die die Flaschen mit Flüssigkeit füllten. Außerdem waren da
Maschinen, die laute brummende Geräusche machten, was den Lärm
noch vergrößerte.
Uli blieb einen Augenblick stehen, dann rannte er weiter. Er krabbelte
unter das erste Fließband und von da aus zwischen den Metallfüßen der
Maschinen weiter. Er schaute über seine Schulter und sah, wie die beiden
Männer in den Raum kamen. Uli krabbelte schneller. Einer der Männer ging
um die Fließbänder herum, um zu der Tür auf der anderen Seite des
Raumes zu kommen. Sie würden ihm den Weg abschneiden.
Uli schaute noch einmal zurück. Der andere Mann hatte angefangen,
unter den Fließbändern hinter ihm herzukrabbeln. Uli sprang vor und nahm
eine Flasche vom Fließband. Er warf sie, so fest er konnte, in Richtung des
Mannes, der zur Tür rannte. Er wollte den Mann treffen, aber sie flog
vorbei, gegen die Wand und zerbrach. Die Scherben mussten den Mann
getroffen haben, denn er blieb mit einem wütenden Schrei stehen. Als er
sich umdrehte, sah Uli, wie das Blut aus den Wunden in seinem Gesicht
lief. Er kam auf Uli zu …
Uli blieb überrascht stehen. Dann zuckte er vor Schreck zusammen,
weil jemand an seinen Knöchel griff.
„Hab dich!“, sagte der andere Mann in der schwarzen Kleidung
triumphierend.
Uli trat mit seinem freien Fuß nach hinten und traf den Mann am Auge.
Der Mann schrie auf und ließ Ulis Fuß los.
Uli sah sich nicht um, sondern rannte sofort los. Dieses Mal quetschte er
sich unter den Fließbändern hindurch, um zu der anderen Tür zu kommen.
Als er sie erreicht hatte, sah er nach hinten. Der Mann unter dem Fließband
war aufgestanden und verfolgte ihn voller Wut. Der Mann, der die
Scherben ins Gesicht bekommen hatte, war auch nicht weit weg. Blut lief
sein Gesicht hinunter. Uli öffnete schnell die Tür und lief in den nächsten
Raum.
Dort war es etwas leiser, aber auch hier brummten ständig Maschinen
und ab und zu hörte man Geräusche, die von Flüssigkeiten verursacht
wurden. Es klang wie in einem Aquarium. Gegenüber war eine zweite Tür.
Es war der Blasenraum. Der Führer hatte ihnen erzählt, dass das Geräusch
von der Kohlensäure kam, die mit der Limonade gemischt wurde. Überall
an den Wänden gab es Schläuche und Schalter. Als er das erste Mal in
diesem Raum gewesen war, hatte sich Uli gefragt, was wohl passieren
würde, wenn man an diesen Schaltern drehen würde. Das würde er jetzt
einfach einmal ausprobieren. Uli lächelte, als er einen Schalter nach dem
anderen anschaltete. Zu seiner großen Freude öffneten die Schalter die
Ventile an den Schläuchen. Sofort liefen verschiedene Sirups und auch
Wasser mit Kohlensäure aus den Schläuchen. Mit jedem Schalter wurde es
mehr.
Als Uli gerade den fünften Schalter aufdrehte, flog die Tür auf und die
beiden Männer rannten herein. Nach wenigen Schritten traten sie in die
Flüssigkeit auf dem Boden. Der Boden war durch die Mischung aus Sirup
und Wasser sehr rutschig. Die Männer fingen an zu rutschen. Uli
beobachte sie dabei, wie sie versuchten, ihr Gleichgewicht zu halten. Einer
der Männer schwenkte seine Arme verzweifelt hin und her, während der
andere seine Beine vor- und zurückschwenkte. Der erste Mann fiel auf den
Rücken. Die Beine des anderen rutschten in verschiedene Richtungen, als er
in einer schmerzhaft aussehenden Position auf dem Boden landete.
„Haha!“, lachte Uli. Beide Männer konnten als Antwort nur stöhnen. Uli
drehte sich um und ging selbstbewusst zur nächsten Tür. Er wusste, dass er
sie geschlagen hatte. Er musste vorsichtig gehen, er durfte nicht
ausrutschen. Auf jeden Fall hatte er es geschafft, das geheime
Limonadenrezept in Sicherheit zu bringen. Frau Zimmer würde so stolz auf
ihn sein! Er wollte die zweite Tür öffnen, aber sie ging nicht auf. Er
versuchte es ein weiteres Mal, aber es klappte immer noch nicht. Sie war
abgeschlossen! Uli geriet in Panik und schaute über seine Schulter zu den
beiden Männern. Sie waren zwischen ihm und der anderen Tür. Es gab
keinen Weg nach draußen. Er steckte in einer Falle!
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Die beiden Männer versuchten aufzustehen, während Uli den Raum nach
einer anderen Möglichkeit absuchte, um herauszukommen. Als sie standen,
gingen sie Schritt für Schritt ganz vorsichtig auf Uli zu. Da der Boden
rutschig war, konnten sie sich nicht schnell bewegen. Bei fast jedem dritten
Schritt rutschte einer von ihnen aus und musste sich an dem anderen
festhalten, um nicht wieder das Gleichgewicht zu verlieren.
Uli schaute sich weiter um, aber es gab keinen anderen Ausgang. Er
wusste, dass er es nie schaffen würde, an den beiden Männern
vorbeizukommen. Deshalb drehte er sich wieder zu der abgeschlossenen
Tür und fing an, gegen sie zu schlagen. „Hilfe!“, rief er. „Ist da jemand?
Machen Sie die Tür auf!“ Immer schneller und verzweifelter hämmerte er
gegen die Tür, aber niemand kam, um ihm zu helfen.
„Dummer Junge“, hörte er einen der Männer sagen. „Wenn ich dich
erwische, dann …“
Uli schloss kurz die Augen, dann machte er weiter. Wie konnte es sein,
dass da im ganzen Gebäude keiner war? Er schaute über seine Schulter und
sah, dass die beiden Männer fast bei ihm waren. Noch zwei oder drei
Schritte und sie würden ihn haben. Dann auf einmal öffnete sich die Tür.
Uli war davon so überrascht, dass er nach vorne stolperte und fast hinfiel.
Als er sein Gleichgewicht gefunden hatte, konnte er sehen, dass Anja hinter
der Tür stand.
„Uli?“, sagte sie. „Was machst du da drinnen? Warum schlägst du gegen
die Tür? Wir sind dabei zu gehen und sie haben mich geschickt, um nach
dir zu suchen, und …“
Uli hörte ihr nicht zu. Er schob Anja zurück und wollte so schnell es ging
die Tür wieder schließen.
„Lauf, Anja!“, rief er.
Aber die Tür ließ sich nicht schließen. Uli sah auch gleich warum – einer
der Männer hatte es im letzten Moment geschafft, mit einer Hand die Tür
offen zu halten. Uli schrie vor Angst auf. Er drehte sich wieder zu Anja und
schob sie weiter.
„Lauf!“, rief er.
„Uli … was ist hier los?“, fragte Anja, als sie loslief. „Wer sind diese
Männer?“
„Ich hab‘s dir doch gesagt! Sie wollen das Rezept klauen!“, schrie er und
rannte ebenfalls los.
Wenige Sekunden später schaute Uli über seine Schulter und sah einen
der Männer durch die Tür kommen. Auch er fing sofort an zu rennen.
„Was?“, schrie Anja. „Das stimmte? Dann hattest du recht?!“ Es war
offensichtlich, dass sie jetzt Angst hatte.
Uli antwortete ihr nicht. Er hatte gerade bemerkt, in welchem Raum sie
waren – dem Zuckerraum. An den Wänden stapelten sich Säcke mit
Zucker und an den Seiten standen große Fässer mit Sirup. Uli sprang hinter
eines der Fässer und drückte so fest er konnte dagegen. Zunächst kippte das
Fass ganz langsam, dann fiel es schnell um. Ein großer Strahl heißen
Sirups floss auf den Boden, den beiden Männern direkt vor die Füße. Anja
schrie laut auf.
Uli wartete nicht ab, um zu sehen, was passierte. Er lief sofort zur Tür am
Ende des Raumes. Er hatte sie fast erreicht, als er spürte, wie eine Hand
nach seiner Schulter griff. Einer der Männer hatte ihn erwischt. Er musste
durch den heißen Sirup gelaufen sein ohne auszurutschen.
„Hab‘ ich dich endlich!“, sagte der Mann und zog ihn an seinem T-Shirt
zu sich und hob ihn hoch. „Gib mir das Rezept zurück! Sofort!“
Uli versuchte, den Mann zu boxen und zu treten, aber seine Arme und
Beine waren zu kurz, um ihn zu treffen. Er wusste nicht, was er machen
sollte. Es war hoffnungslos. Der Dieb hatte ihn erwischt und Uli wusste
nicht, was er nun mit ihm machen würde.
Auf einmal wurden Uli und der Mann von einer Wolke aus weißem
Pulver umgeben. Vor Überraschung schnappte der Mann nach Luft und
atmete dabei eine große Menge des weißen Pulvers ein. Sofort fing er an zu
husten und zu niesen und ließ Uli los.
Uli lief, so schnell er konnte, weg und sah Anja mit einem leeren Sack,
der mit fein gemahlenem Zucker gefüllt gewesen war. Sie hatte ihn
aufgerissen und dem Mann den Zucker dann ins Gesicht geworfen. Uli
strahlte sie an und schob sie dann sanft Richtung Tür. Zu zweit rannten sie
aus dem Raum und erreichten schnell die Eingangshalle der Fabrik. Dort
standen und warteten Ulis gesamte Klasse und Frau Zimmer, die die beiden
anstarrten.
„Ulrich?“, sagte die Lehrerin. „Was zum Teufel hast du gemacht?“
Uli schaute an sich runter und sah, dass er mit Puderzucker überzogen
war. Er sah wie ein Gespenst aus. Er griff unter sein T-Shirt und holte die
Schachtel mit dem geheimen Limonadenrezept heraus. Ohne ein Wort ging
er zu seiner Lehrerin und dem Führer und gab ihnen das Geheimrezept.
„Im Zuckerraum sind zwei Männer, die versucht haben, das
Geheimrezept für Cola Cola zu stehlen“, sagte Uli zu Frau Zimmer. „Sie
haben mich verfolgt und ich musste vor ihnen weglaufen.“ Er drehte sich
zum Führer und sagte: „Ähm, es tut mir leid, aber ich habe dabei
wahrscheinlich ein paar Dinge kaputtgemacht.“
Frau Zimmer schaute Uli ungläubig an und der Führer runzelte die Stirn.
Aber ehe jemand von ihnen etwas sagen konnte, kamen die beiden Diebe
aus dem Zuckerraum angerannt. Einer von ihnen war mit Puderzucker
überzogen und die Hosen und Schuhe der beiden waren voll mit klebrigem
Sirup. Ulis Mitschüler schrien vor Angst.
„Security!“, rief der Führer. Fast sofort kamen zwei Wachmänner um die
Ecke gerannt. Die Wachmänner hielten die beiden Diebe fest und führten
sie aus dem Gebäude.
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Uli kommt nicht aus dem Blasenraum raus. Er kann die Tür nicht öffnen
und die Diebe kommen auf ihn zu. Er schlägt gegen die Tür und ruft um
Hilfe. Im letzten Moment öffnet Anja die Tür. Sie rennen zusammen in den
Zuckerraum. Die Männer folgen ihnen. Uli gießt Sirup auf den Boden, um
sie aufzuhalten. Trotzdem erwischt einer der Männer Uli. Anja bewirft den
Mann mit Puderzucker, sodass er husten und Uli loslassen muss. Anja und
Uli rennen durch die nächste Tür in die Eingangshalle der Fabrik. Dort
treffen sie ihre Lehrerin, ihre Mitschüler und den Führer. Uli erklärt, was
passiert ist. Auch die beiden Männer laufen in die Eingangshalle. Der
Führer ruft zwei Wachmänner zu Hilfe, die die beiden Männer festhalten
und aus dem Gebäude führen. Dann trinken alle Limonade, um zu feiern.
Vokabeln
absuchen to scan
hämmern to pound
stolpern to stumble
sich stapeln to stack
das Fass vat
kippen to tip over
der Strahl gush
spüren to feel, to sense
das Pulver powder
nach Luft schnappen to gasp
gemahlen ground
aufreißen to tear open
jemanden anstrahlen to beam/smile at someone
sanft gently
die Eingangshalle lobby
anstarren to stare
Was zum Teufel…? What the hell (devil)…?
überziehen to coat, to cover
das Gespenst ghost
ungläubig disbelievingly
klebrig sticky
umringen to surround
jubeln to cheer
davonkommen to get away
die Traube grape
der Schluck sip
Fragen im Auswahlverfahren
Der Alte Westen war für seine lange und feindselige Geschichte berühmt.
Deadwood, South Dakota; San Antonio, Texas; Tombstone, Arizona … es
gab viele gefährliche und gesetzlose Städte. Oft war der Sheriff der Stadt
die mächtigste Person vor Ort. Er war dafür verantwortlich, für Recht und
Ordnung zu sorgen.
Aber nicht jede Stadt hatte einen Sheriff. Skull Tooth, in Oklahoma, war
eine dieser Städte. Es gab weder einen Sheriff noch Gesetze oder Regeln.
Es war alles andere als zivilisiert und jeder machte mehr oder weniger, was
er wollte. Glücksspiel, Straßenkämpfe und andere Laster fanden rund um
die Uhr, sieben Tage die Woche, statt. An den meisten Tagen gab es schon
vor dem Frühstück einen Schwerverletzten!
Trotzdem wurde Skull Tooth jedes Jahr größer. Und jedes Jahr kam ein
neuer Krimineller in die Stadt und versuchte, das Kommando zu
übernehmen. Irgendeiner wollte immer Anführer in Skull Tooth werden
und alle, die dort lebten, kontrollieren.
Aber um das Kommando über Kriminelle zu übernehmen, musste man
härter als die andern sein. Das war wichtig, wenn man Geld verdienen
wollte. Aus diesem Grund blieben die meisten nicht lange Anführer.
Irgendwann wurden sie verprügelt und aus der Stadt gejagt. Das war
zumindest immer so gewesen – bis eines Tages im Herbst ein Fremder in
die Stadt kam.
Die Bürger von Skull Tooth sahen diesen Mann, als er in der Stadt
ankam. Sie glaubten, dass er Unglück mit sich bringen würde, als sie ihn
auf seinem Pferd in die Stadt reiten sahen. Sein Pferd war weißer als weiß.
Das Gesicht des Mannes sah hart wie Leder aus, es war von der Sonne
braun gebrannt. Er hatte einen riesigen schwarzen Schnurrbart, der über
seine Lippen hing. Seine Augenbrauen waren fast genauso buschig wie
sein Schnurrbart.
„Marty, was denkst du, wo kommt der Typ her?“, fragte Marvin, der
Besitzer des einzigen Geschäfts in der Stadt, als sie den Mann vorbeireiten
sahen.
Marty war ein älterer Mann, der den Saloon auf der anderen Straßenseite
besaß. Er hieß The Windy Plains Saloon. „Naja, eines steht fest, er kommt
nicht aus der Gegend“, sagte Marty. „Wahrscheinlich nur so ein Fremder.
Vielleicht ist er gekommen, um hier das Kommando zu übernehmen?“
„Aber woher, denkst du, kommt er, Marty?“, fragte Marvin. „Er ist
irgendwie anders.“
Marty zuckte nur mit den Schultern und sagte: „Ich habe keine
Ahnung.“
Die beiden Männer beobachteten den Fremden, wie er sein weißes Pferd
festband. Die Sonne ging schon unter und der Wind war sehr kalt
geworden. Der Mann winkte einem Jungen zu und gab ihm eine Münze und
sagte: „Pass auf mein Pferd auf, Junge.“ Dann schaute sich der Mann
langsam in der Straße um. Sein großer brauner Cowboyhut hing tief über
seinen Augen, aber es war klar, dass er sich alles ganz genau ansah.
Plötzlich schaute der Fremde Marty direkt an. „Erzähl mir, wer auf deine
Bar aufpasst, während du hier drüben rumsitzt?“, fragte der Mann. Er hatte
eine tiefe Stimme und einen starken Akzent. Er klang so, als käme er aus
einem anderen Land.
„Ich bleibe nach Möglichkeit draußen“, antwortete Marty kühl. „Die
Gäste in meinem Saloon machen, was sie wollen, und zahlen, was sie
wollen. Sonst gibt es Ärger.“
„Was meinst du mit ‚Ärger‘?“, fragte der Fremde.
„Ich meine, dass ich nicht mehr der Jüngste bin und sie die letzten drei
Besitzer des Saloons aus der Stadt gejagt haben“, erklärte Marty. „Und ich
werde nicht der nächste sein.“
„Geh zurück zu deiner Bar“, sagte der Fremde. „Ich werde gleich
reingehen und mag es nicht, wenn ich mich selbst bedienen muss.“
Marty sah den Fremden an. Er war nicht besonders groß, aber er hatte
Muskeln und einen schlanken Körper. Und er hatte auf jeder Seite eine
Pistole.
„Fremder“, sagte Marty, „ich gehe rein, aber lass die anderen in Ruhe.
Ich will keinen Ärger.“
„Ich will auch keinen Ärger“, sagte der Mann. „Daher wird es auch
keinen geben.“
Marty ging über die Straße. Es waren ein Dutzend Männer im Saloon.
Manche von ihnen spielten Karten, andere saßen mit einem Glas oder einer
Flasche an den Tischen. Einige saßen an der langen Theke und unterhielten
sich laut. Als sie den Barbesitzer hereinkommen sahen, hörten sie auf zu
reden und es wurde still im Raum.
„Verschwinde, Marty“, sagte einer der Männer an der Theke. Er war groß
und hatte lockige braune Haare und einen braunen Bart. Seine Kleidung
war zerrissen und er stank. Er stand auf. „Wir legen das Geld auf die
Theke. Wir nehmen uns, was wir wollen, also brauchen wir dich nicht.“
„Das ist in Ordnung“, sagte der Barbesitzer. „Ich bin nur hier, um etwas
nachzusehen.“
Der lockige Mann wurde „Curly“ genannt. Er ging langsam auf Marty zu
und legte ihm eine Hand auf die Brust. „Ich habe doch gesagt“, sagte er
ganz langsam, „dass wir dich hier nicht brauchen. Es gibt hier nichts
‚nachzusehen‘. Verschwinde jetzt!“ Er schubste Marty Richtung Tür.
Curlys Freunde lachten. „Genau, lass uns in Ruhe, alter Mann!”, rief
einer.
Marty wandte sich ab, um wieder zu gehen. Aber in diesem Moment kam
der Fremde durch die Tür. Er schaute den Mann mit den lockigen Haaren an
und sagte mit seiner tiefen Stimme: „Barkeeper! Ich bin heute sehr lange
geritten und habe Durst. Steh hier nicht rum und bring mir etwas zu
trinken.“
Curly spuckte auf den Boden und sagte wütend: „Ich bin nicht der
Barkeeper.“
„Wo ist dann der Barkeeper?“, antwortete der Fremde. „Ich habe keine
Lust, länger zu warten.“
Curly zeigte auf Marty. „Das ist der Barkeeper, aber er ist gerade dabei
zu gehen. Wir wollen ihn hier nicht haben.“
„Das ist in Ordnung“, sagte der Fremde. „Wenn er geht, kannst DU mir
etwas zu trinken geben. Und zwar sofort!“
„Du hast es nicht anders gewollt, Fremder“, sagte Curly, als er nach
seiner Pistole griff. „Fremde sind hier nicht willkommen und keiner macht
sich über mich lustig, wie …“
Aber Curly konnte seinen Satz nicht beenden. Der Fremde stürzte sich
auf ihn. Curlys Hut flog zu Boden, als der Fremde sich seine Pistole griff
und seinen Arm hinter seinem Rücken verdrehte. Curly stand da und schrie
vor Schmerzen auf, als der Fremde ihm etwas ins Ohr flüsterte. Curly
drehte den Kopf, um den unbekannten Mann anzusehen, aber der Fremde
verdrehte seinen Arm noch mehr. Curly schrie vor Schmerzen auf. Der
Fremde flüsterte wieder etwas. Dieses Mal nickte Curly. Als ihn der
Fremde endlich losließ, nahm Curly seinen Hut und rannte, so schnell er
konnte, aus der Bar.
Der Fremde nahm sich Curlys Pistole und schaute sich um. „Ich heiße
Erkek Tex“, sagte er. „Ich bin der neue Anführer in der Stadt. Also sagt mir,
wer mir endlich etwas zu trinken bringt?“, fragte er.
Einige zeigten nervös auf Marty.
Es sah so aus, als ob sich die Dinge in Skull Tooth jetzt ändern würden.
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Skull Tooth in Oklahoma ist eine gefährliche Stadt im Alten Westen. Weil
es keinen Sheriff gibt, sorgt niemand für Recht und Ordnung. Jeder macht,
was er will. Eines Tages kommt ein mysteriöser Fremder in die Stadt.
Marty, der Besitzer des Saloons in der Stadt, steht draußen auf der Straße.
Der Fremde sagt Marty, er soll in seine Bar gehen, weil er etwas zu trinken
haben möchte. Marty antwortet zwar, dass die Kriminellen in der Stadt ihn
dort nicht haben wollen, aber er geht dann doch hinein. Ein Mann, der
Curly genannt wird, sagt, Marty solle wieder verschwinden. Daraufhin
kommt der Fremde in den Saloon und sagt zu Curly, dass er ihm etwas zu
trinken bringen soll. Curly will seine Pistole ziehen, aber der Fremde ist
schneller. Er nimmt ihm die Pistole weg, verdreht ihm den Arm und flüstert
ihm etwas ins Ohr. Daraufhin rennt Curly aus der Bar. Der Fremde sagt,
dass er Erkek Tex heißt und der neue Anführer in Skull Tooth ist.
Vokabeln
feindselig hostile
gesetzlos lawless
mächtig powerful
für Recht und Ordnung sorgen to keep law and order
das Glücksspiel gambling
das Laster vice
der Kriminelle criminal
das Kommando übernehmen to take charge
der Anführer leader
verprügeln to beat up
jemanden aus der Stadt jagen to run someone out of town
der Schnurrbart moustache
die Augenbraue eyebrow
mit den Schultern zucken to shrug one’s shoulders
festbinden to tie up
nicht mehr der Jüngste sein to not be that young any more
die Theke bar
lockig curly
zerreißen to tear
schubsen to push, to nudge
spucken to spit
sich auf jemanden stürzen to lunge at someone
verdrehen to twist
flüstern to whisper
aufschreien to cry out
nicken to nod
Fragen im Auswahlverfahren
„Diese Stadt ist nicht groß genug für uns beide“, sagte Daring Diablo und
schlug mit der Faust auf den Tisch. Daring Diablo, der eigentlich Noel
Cruz hieß, war ein Krimineller aus Texas. Er wurde wegen verschiedenster
Straftaten in mehrere Staaten gesucht. In den meisten Städten im Westen
hingen Fahndungsfotos von ihm. Die meisten versprachen demjenigen
eine hohe Belohnung, der ihn einem Sheriff auslieferte, teilweise bis zu
500 Dollar! Aber auch wenn man mit seiner Auslieferung sehr viel Geld
verdienen konnte, würde das niemals passieren. Denn niemand würde sich
trauen, Daring Diablo festzunehmen.
Er wollte nicht mehr weglaufen. Er hatte keine Lust mehr, ständig
verfolgt zu werden und immer aufpassen zu müssen, wo er hinging.
Deshalb war er nach Skull Tooth gekommen, wo niemand für Recht und
Ordnung sorgte. Hier konnte er leicht seinen Lebensunterhalt verdienen.
Er organisierte Glücksspiele. Er kaufte und verkaufte Gold. Manchmal
brachte er Waffen oder Alkohol aus Mexiko mit. Er hatte ein gutes Leben,
ohne Angst, und er musste sich keine Sorgen darüber machen, dass ein
Sheriff bei ihm vor der Tür stehen würde. Denn hier gab es keinen Sheriff.
Aber manchmal kamen Fremde wie dieser verfluchte Erkek Tex in die
Stadt. Solche Leute wollten immer das Kommando übernehmen. Sie
wollten die großen Anführer sein. Sie wollten Geld verdienen und Ärger
machen. Das gefiel Daring Diablo nicht. Er wollte nicht, dass irgendjemand
ihm oder seinen Männern bei seinen Geschäften ins Handwerk pfuschte.
Und jetzt hatte dieser verfluchte Fremde Curly aus der Stadt verjagt.
Vor allem wollte Diablo ganz sicher nicht, dass jemand anderes in der
Stadt das Sagen hatte. Denn dann würden bestimmte Dinge geregelt
werden. Und wenn bestimmte Dinge geregelt wären, dann würde das
Aufmerksamkeit erregen.
In Oklahoma interessierte sich niemand für Skull Tooth und deshalb
ließen sie die Stadt auch mehr oder weniger in Ruhe. Sie war zu klein, um
für Gesetzeshüter interessant zu sein. Aber wenn es jemanden gab, der hier
viel Geld verdiente oder viel Ärger machte, dann würden mehr Leute in die
Stadt kommen. Und Tex machte jetzt schon mehr Ärger, als es Daring
Diablo lieb war.
„Wir müssen diesen Typen aufhalten“, sagte Diablo zu seiner Frau. Sie
wohnten in einer kleinen Hütte am Rand der Stadt. Keiner besuchte sie dort,
aber manchmal gingen sie in die Stadt, um einzukaufen, was sie zum Leben
brauchten. Sie wussten, dass sich die Stadt verändert hatte, und Diablos
Geschäfte liefen schlecht. Sie hatten auch gemerkt, dass die Stadt schnell
größer wurde, weil man dort viel Geld verdienen konnte. Und sie wussten,
dass Erkek Tex, der Fremde, der Grund dafür war.
„Halt dich von Erkek Tex fern“, sagte Diablos Frau, während sie das
Mittagessen kochte. „Er ist erst seit vier Monaten hier. Er wird schon bald
kein Interesse mehr an dieser Stadt haben und dann wieder gehen.“
„Das glaube ich nicht“, sagte Daring Diablo, während er sein Gewehr
reinigte. Fast alle Kriminellen in der Stadt trugen immer eine Waffe mit
sich. Die meisten hatten Pistolen, weil sie kleiner und leichter waren, aber
Daring Diablo hatte ein Gewehr. Er fand ein großes Gewehr besser und er
konnte sehr gut damit umgehen. Er war mit seinem Gewehr schneller als
die meisten mit ihren Pistolen.
Diablo benutzte sein Gewehr nur, wenn es sein musste, was selten der
Fall war. Er wollte niemanden töten. Wenn du jemanden tötest, gibt es
Ärger, dachte er. Ein Verwandter des Toten wird kommen und versuchen,
auch dich zu töten. Oder der Sheriff wird nach dir suchen. Es war schon
immer besser gewesen, sich unauffällig zu verhalten. Zumindest bis jetzt.
„Tex ist mir ein bisschen ähnlich“, sagte Diablo zu seiner Frau. „Es
gefällt ihm hier draußen. Niemand hier. Keiner, der ihm Ärger macht. Aber
er ist auch wie die anderen Fremden. Er will sich einen Namen machen. Er
will das Kommando in der Stadt.“
Diablos Frau füllte Suppe in eine Schüssel. Die Suppe war noch heiß,
und Diabolos Frau stellte eine Schüssel davon auf den Tisch und sagte leise:
„Iss dein Mittagessen.“
„Ich habe keinen Hunger“, antwortete Diablo.
„Leg dein Gewehr weg“, sagte sie. „Es ist sauber genug. Du wirst es
sowieso nie benutzen. Komm schon. Iss.“
Daring Diablo ließ das Putztuch fallen und legte das Gewehr weg. Er
stand vom Stuhl auf und ging zum Tisch. „Hör mir gut zu, Frau. Ich weiß,
wovon ich spreche. Dieser verfluchte Tex hat große Pläne für diese Stadt.
Er hat Leute, die für ihn arbeiten. Neue Geschäfte haben geöffnet und mein
Geschäft läuft schlechter. Schon bald werden die Gesetzeshüter nach Skull
Tooth kommen. Sie werden feststellen, dass es keinen Sheriff in der Stadt
gibt. Und das wird das Ende für unser schönes Leben hier bedeuten.“
Seine Frau stellte eine Schüssel Suppe für sich selbst auf den Tisch. Dann
holte sie etwas Brot. „Vielleicht könntest du Sheriff werden, Diablo.“
Diablo lachte: „Ich? Nach mir wird gesucht, Frau! Sechs Sheriffs sind
hinter mir her. Man sucht mich wegen schrecklicher Straftaten.“ Er
schüttelte den Kopf. „Nein, für mich gibt es keine Gesetze. Und Skull Tooth
braucht auch keine Gesetze!“
„Dann musst du dich verstecken. Verhalte dich unauffällig. Mach dem
Fremden keinen Ärger“, antwortete seine Frau, „und dann werden wir kein
Problem haben.“
Daring Diablo tunkte ein Stück Brot in seine Suppe. „Dieser Fremde hat
schon genug Ärger gemacht“, sagte er, „aber heute werde ich das ändern.“
Nach dem Mittagessen nahm Daring Diablo sein Gewehr und ritt in die
Stadt. Die meisten Bürger von Skull Tooth waren in ihren Häusern. Es war
ein kalter Nachmittag. Er konnte seinen Atem in der Luft sehen.
„Wo ist Erkek Tex?“, fragte Diablo einen Mann auf der Straße. Der Mann
trug eine teure Jacke und neue Stiefel.
„Wer will das wissen?“, fragte dieser und schaute Daring Diablo an.
Diablo kannte die meisten Einwohner der Stadt, aber diesen kannte er nicht.
Immer mehr neue Leute, dachte Diablo. Immer mehr Dinge, die das
Interesse der Gesetzeshüter erregen könnten. Das muss aufhören!
„Wenn du nicht weißt, wer ich bin“, sagte Diablo langsam, „dann musst
du hier neu sein.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht“, sagte der Mann mit der feinen Jacke,
„aber ich habe dir eine Frage gestellt. Wer bist du?“
Daring Diablo war fassungslos. Nie zuvor hatte jemand so mit ihm
gesprochen. „Ich heiße Noel Cruz“, sagte er langsam und schaute den Mann
böse an. „Es sagen hier aber alle Daring Diablo zu mir.“
„Na, das ist aber ein blöder Name“, antwortete der Mann. „Und wenn du
nicht weißt, wo Tex ist, dann ist es auch nicht wichtig. Hab einen schönen
Tag!“ Der Mann trat mit seinem Fuß einen Stein gegen Diablos Pferd und
ging weg.
Diablo wäre am liebsten von seinem Pferd gesprungen und hätte sich auf
den Mann gestürzt. Aber stattdessen atmete er tief durch und schaute sich
um. Auf der anderen Straßenseite war The Windy Plains Saloon. Er konnte
Stimmen aus der Bar kommen hören. Da er sowieso schon in der Stadt war,
konnte er auch gleich etwas trinken gehen und hören, was los war.
„Schaut mal, wer da ist!“, rief jemand, als Diablo in die Bar kam.
„Komm und setz dich zu uns.“ Der Mann, der gerufen hatte, winkte Diablo
zu. Er saß mit anderen Männern an einem Tisch.
Diablo setzte sich dazu.
„Was machst du in der Stadt“, fragte ihn einer der Männer.
„Ja, genau“, sagte ein anderer. „Wo bist du gewesen? Du wirst nicht
glauben, was hier passiert ist. Es gibt einen Neuen in der Stadt.“
„Ja. Erkek Tex“, fügte der erste Mann hinzu. „Er übernimmt deine
Geschäfte und macht uns allen Ärger … außer denen, die für ihn arbeiten.
Die verdienen viel Geld. Aber, äh, wir sind auf deiner Seite, Boss. Fürs
Erste …“
„Ja“, sagte der zweite Mann, während ein anderer hinzufügte: „Du bist
unser Boss. Wer braucht schon Tex?“
Diablo schaute in die Runde am Tisch. Dann sagte er leise: „Gut. Also,
Männer, ich bin nur hier, um zwei Dinge herauszufinden. Wo ist Erkek
Tex? Und wer will mir helfen, ihn aus der Stadt zu jagen?“
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Noel Cruz wird von allen Daring Diablo genannt. Er ist ein Krimineller, der
in mehreren Staaten gesucht wird. Er versteckt sich in Skull Tooth, weil es
dort keine Gesetzeshüter gibt. Diablo will nicht, dass die Stadt größer und
erfolgreicher wird. Er hat Angst, dass das die Aufmerksamkeit der
Gesetzeshüter erregen könnte. Er mag Erkek Tex nicht, weil die Stadt
wegen ihm größer wird. Er nimmt Diablo außerdem einige seiner Geschäfte
weg. Diablos Frau will, dass er Tex in Ruhe lässt, aber Diablo geht in die
Stadt, um nach Tex zu suchen. Diablo trifft im Saloon einige seiner Männer.
Er fragt sie, wo er Tex finden kann und ob sie ihm helfen wollen, Tex aus
der Stadt zu jagen.
Vokabeln
die Faust fist
die Straftat crime
das Fahndungsfoto photo of a wanted person, mugshot
die Belohnung reward
jemanden ausliefern to turn someone in
sich (nicht) trauen etwas zu tun to (not) have the courage to do something
seinen Lebensunterhalt verdienen to make a living
die Waffe weapon
verflucht blasted, cursed
jemandem ins Handwerk pfuschen to poach on someone’s territory
das Sagen haben to be in charge
geregelt organized
Aufmerksamkeit erregen to attract attention
der Gesetzeshüter person or institution that enforces the law
mehr als (es) jemandem lieb ist more than someone would prefer
schlecht laufen to not do well
sich fernhalten to stay away
das Gewehr rifle
töten to kill
sich unauffällig verhalten to lie low
tunken to dip
fassungslos shocked
blöd stupid
hinzufügen to add
herausfinden to find out
Fragen im Auswahlverfahren
Daring Diablo fand im Saloon zwei Männer, die mit ihm kommen wollten.
Sie rannten durch die staubigen Straßen von Skull Tooth und riefen: „Tex!
Komm raus! Tex! Wo bist du?“ Diablo reichte es. Es wurde Zeit, dass einer
aus Skull Tooth verschwand, und das würde nicht er sein! Es war Zeit für
einen Showdown.
Diablo stürmte in den Salon des Herrenfrisörs. Dort saß Tex und
schaute ein wenig überrascht.
„Diese Stadt ist zu klein für uns zwei“, rief Daring Diablo. „Du musst
verschwinden!“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Und ich werde
dafür sorgen, dass du noch heute verschwindest.“ Diablo hatte sein Gewehr
dabei und schoss damit als Warnung in die Luft. Der Schuss hallte durch
den Raum, während der Staub aus dem Loch in der Decke auf sie
hinunterrieselte.
Erkek Tex saß im Frisierstuhl und ließ sich die Haare und den
Schnurrbart schneiden. Der Frisör, ein dicker Mann mit roten Wangen,
hatte seine Arbeit unterbrochen.
„Habe ich gesagt, du sollst aufhören, mir die Haare zu schneiden?“,
fragte Tex den Frisör. Der Frisör schaute sich nervös um und setzte dann
seine Arbeit fort, aber er schaute aus dem Augenwinkel auf Diablo und
seine Männer.
„He du!“, schrie Daring Diablo. „Hörst du mich?“
„Du bist sehr hartnäckig, Noel“, sagte Tex und benutzte dabei Diablos
richtigen Namen. „Das kann einen Mann in Schwierigkeiten bringen.“
„Ich bin nicht hier, um zu streiten, Tex“, antwortete Diablo. „Ich bin hier,
um dafür zu sorgen, dass du verschwindest.“
Tex gab dem Frisör zu verstehen, dass er aufhören soll. Er flüsterte ihm
etwas zu und der Frisör ging weg. Dann stand Erkek Tex auf. Er kämmte
seinen langen schwarzen Schnurrbart mit einem kleinen Kamm. Er hatte
immer einen Kamm für seinen Schnurrbart dabei. Er wollte immer gut
aussehen – vor allem, wenn ihn seine Feinde sahen.
Diablo war verwirrt. Warum blieb Tex so ruhig? Diablo zielte mit
seinem Gewehr auf Tex, der langsam Richtung Tür ging.
„Du hast recht“, sagte Tex laut, als er nach draußen auf die Straße ging.
„Ich finde, du hast recht, Daring Diablo“, wiederholte er noch lauter. „Skull
Tooth ist zu klein für mich. Also ist es ganz bestimmt zu klein für uns
beide.“
Diablo und seine Männer folgten Tex nach draußen. Auf der Straße hatte
sich bereits eine kleine Menschenmenge versammelt.
Tex ging langsam im Kreis. Während er ging, sprach er zur Menge: „Ja,
diese Stadt ist zu klein. Sie muss größer werden.“
Die Menge jubelte ihm zustimmend zu.
„Sie braucht mehr Geschäfte“, fuhr Tex fort, „und mehr Einwohner.“ Er
machte eine Pause. „Und mehr Geld!“
Die Menge jubelte noch mehr.
Diablo schaute sich um. Was war hier los?, dachte er und geriet in
Panik. Komme ich zu spät? Hat Tex die Bürger schon für sich, sein Geld
und seine großen Pläne gewonnen? Haben sich die Dinge schon so sehr
geändert, dass ich nicht wieder das Kommando übernehmen kann?
Niemals!
„Verschwinde von hier, Tex“, fing Diablo an zu sprechen. „Das ist meine
Stadt und ich lasse sie mir nicht von dir wegnehmen.“
Die Menge buhte. Tex lächelte. „Es hört sich nicht so an, als wäre das
deine Stadt, Noel“, sagte er und musste lachen. „Nee, das hört sich
überhaupt nicht so an.“
Diablo schaute sich um. Die meisten Stadtbewohner hatten sich jetzt auf
der Straße versammelt. Sie schauten Diablo wütend an. Es könnte Ärger
geben, aber glücklicherweise war Diablo ja nicht allein. Seine beiden
Männer versteckten sich auf den Dächern. Falls Erkek Tex eine falsche
Bewegung machen sollte, würden sie von oben auf ihn schießen.
„Ich will, dass du von hier verschwindest, Tex!“, rief Diablo. „Wir alle
wollen, dass du Skull Tooth verlässt. Wir wollen, dass die Dinge wieder so
werden, wie so vor deiner Ankunft waren.“
„Ist das so?“, fragte Tex und schaute in die Menge. „Wenn das so ist, na
gut. Du bleibst hier, Noel Cruz. Bleib hier, damit dich der Sheriff nicht
findet. Bleib hier und mach nichts anderes, als dich vor den Gesetzeshütern
zu verstecken.“
Diablo wurde immer wütender. Er wollte nicht, dass Tex die Einwohner
daran erinnerte, dass nach ihm gefahndet wurde – vor allem, weil es eine
Belohnung für denjenigen gab, der ihn auslieferte. „Ich habe dir doch schon
gesagt, Tex“, sagte Diablo, „dass ich nicht hier bin, um zu streiten.“ Er
zielte mit seinem Gewehr auf Tex‘ Brust. „Zwing mich nicht, dir
wehzutun.“
„Nein, nein, das werde ich nicht tun. Das kann ich dir versprechen. Ich
würde dir oder jemand anderem nie einen Grund geben, mir wehzutun“,
sagte Tex und schaute lächelnd in die Menge. „Das ist nicht mein Stil. Ich
versuche einfach, den Leuten zu helfen. Ich versuche, neue Geschäfte – und
neues Geld – in die Stadt zu holen, aber ich will keinen Streit. Ich hasse
Streit.“
Die Menge jubelte wieder.
Diablo schaute sich um. „Aber du hast Curly an deinem ersten Tag aus
der Stadt gejagt. Jeder weiß das. Und ich bin hier, um das Gleiche mit dir zu
tun“, sagte er wütend.
„Das bist du, Noel. Das bist du in der Tat“, gab Tex zu. „Aber vergiss
nicht“, fügte er hinzu, als er die Menge ansah, „dass ich den Streit mit Curly
nicht angefangen habe. Ich habe mich nur verteidigt. Das Recht muss ein
Mann doch haben, oder?“
Die Menschen in der Menge nickten. Einer rief: „Tex hat recht!“
Diablo wusste, dass Tex log. Er wusste, dass Tex den Streit mit Curly
angefangen und ihn dann aus der Stadt gejagt hatte. Aber er konnte es nicht
ändern, dass die Menschen Tex glaubten.
„Okay, Tex. Ich zähle bis zehn“, fing Diablo an. „Ich rate dir, bei zehn
verschwunden zu sein.“
„Ist gut, Noel. Ich habe doch schon gesagt, dass ich dir zustimme“, sagte
Tex. „Du bleibst hier. Ich packe meine Koffer. Ich hoffe nur, dass du
hierbleiben und die Stadt kontrollieren kannst. Und natürlich will niemand,
dass die Leute dich aus der Stadt jagen, nur weil sie auf diese Belohnung
hoffen.“ Tex schaute in die Menge. Sie hatten ganz genau verstanden, was
er gesagt hatte. „Ich gehe, Leute“, fügte er laut hinzu. „Versucht nicht, mich
aufzuhalten.“
„Nein, geh nicht“, sagte jemand in der Menge. „Du bist ein guter
Anführer.“
„Ja, du bist der beste Anführer“, sagte ein anderer. „Skull Tooth braucht
dich!“
„Ich weiß, ich weiß“, sagte Tex und schaute sich um. „Ich will ja auch
nicht gehen, aber Herr Darling Diablo hier …“
„DARING, nicht ‚Darling‘!“, unterbrach Diablo ihn wütend.
„Entschuldige“, sagte Tex lächelnd. „Herr Diablo will, dass ich gehe. Er
will das Sagen haben. Er ist jetzt an der Reihe. Zumindest bis jemand so
clever ist, an die Belohnung zu denken.“
„Das habe ich so nicht gesagt“, protestierte Diablo und schaute sich
nervös um. „Ich will nicht das Kommando übernehmen … und hör endlich
auf, von der verfluchten Belohnung zu sprechen.“
Daring Diablo wurde immer nervöser. Er hatte nicht erwartet, dass die
Bürger von Skull Tooth so reagieren würden. Er hatte gedacht, sie würden
Tex genauso sehr hassen, wie er das tat. Aber sie verhielten sich so, als ob
Tex ihr bester Freund wäre.
„Kämpf gegen ihn!“, schrie jemand aus der Menge.
Tex nickte, als er Diablo anschaute. „Es stimmt, ich kann in ganz
Oklahoma am besten mit einer Pistole umgehen, aber nicht gegen drei
Männer. Noel Cruz hat seine Freunde mitgebracht.“ Er zeigte auf Diablos
Männer, die auf den Dächern saßen. „Jawohl. Er hat mich ausgetrickst. Er
ist jetzt euer Anführer. Er hat es sich verdient.“
Es ging ein Raunen durch die Menge.
„Leute, das will ich gar nicht“, rief Diablo der Menge zu. „Ich bin nicht
hier, um das Kommando zu übernehmen. Ich will nur nicht, dass Skull
Tooth zu groß wird, denn sonst wird ein Sheriff hierherkommen. Versteht
ihr das nicht? Dann gibt es einen Gesetzeshüter hier.“
Marty, der Barkeeper, kam aus der Menge, um sich neben Erkek Tex zu
stellen. „Wir haben schon einen Gesetzeshüter hier. Und zwar Tex!“ Die
Menge fing an zu jubeln und zu klatschen. Diablo schaute sich nervös um.
Dann fuhr Marty fort, während er Tex ernst ansah: „Tex, was können wir
tun, damit du bleibst?“
Erkek Tex schüttelte seinen Kopf. „Da fällt mir nur eines ein“, fing er an,
als er in die Menge schaute. „Wenn Noel Cruz nicht hier wäre, hätten wir
dieses Problem nicht.“
Wieder ging ein Raunen durch die Menge.
Tex fuhr fort: „Ja, wenn es in der Stadt keine Kriminellen gäbe, dann
bräuchten wir auch keine Angst vor einem Gesetzeshüter zu haben.“
Das Raunen wurde lauter.
„In der Tat“, sagte Tex, als er sich umschaute, „wäre Skull Tooth ein
besserer und sicherer Ort, wenn wir Kriminelle aus der Stadt jagen würden,
indem wir sie zum Beispiel gegen eine Belohnung an den Sheriff ausliefern
würden.“
„Stimmt, du hast recht!“, rief Marty.
„Das ist wahr!“, fügte jemand hinzu.
„Keine Kriminellen mehr!“, rief ein dritter.
Nun war Daring Diablo mehr als nur nervös. Er hatte regelrecht Angst.
Er schaute zu den Dächern hoch. Er wollte sicher sein, dass ihn seine
Männer beschützen konnten. Aber seine Männer waren nicht mehr da. Sie
waren gegangen!
Daring Diablo war alleine.
„Leute! Ich bin hier nicht das Problem“, sagte Diablo zu der Menge. „Tex
ist das Problem. Er ist es, der alles verändert. Er ist es, der Ärger macht.“
„Die Veränderungen sind aber gut“, antwortete Marty. „Er macht die
Stadt sicherer, größer und besser. Nicht so wie du und deine Männer. Ihr
habt die Stadt kaputtgemacht und jetzt reicht‘s!“ Marty schaute in die
wütende Menge, bevor er hinzufügte: „Holt ihn euch, Jungs! 500 Dollar
sind viel Geld.“
Mehrere Männer gingen auf Daring Diablo zu. Er hatte keine andere
Wahl als davonzulaufen. Noel Cruz, der „Daring Diablo“ aus Texas, wurde
wie ein Feigling aus der Stadt gejagt. Tex stand nur da und sah zu, wie
Diablo die Hauptstraße hinunterlief. Dann sah er sich um und sagte zu sich
selbst: „Nee, Kriminelle sind hier nicht willkommen. Nicht in MEINER
Stadt.“
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Daring Diablo und seine Männer finden Erkek Tex beim Frisör. Diablo sagt
zu Tex, er solle aus der Stadt verschwinden. Tex geht nach draußen und
spricht zu einer Gruppe von Einwohnern. Er sagt, Diablo wolle der neue
Anführer sein. Mehrmals erinnert er sie auch an die hohe Belohnung für
Diablo. Diablo sagt den Bürgern, er wolle nicht der Anführer sein, sondern
nur, dass die Dinge so sein sollen, wie sie vorher waren. Die Menschen
hören nicht auf ihn. Diablo bekommt Angst, aber er denkt, dass er von
seinen Männern beschützt wird, denn zwei von ihnen haben sich auf den
Dächern versteckt, um ihm zu helfen. Als er nach oben schaut, muss er aber
feststellen, dass sie gegangen sind und er allein ist. Die Stadtbewohner
sagen, sie wollen, dass Tex bleibt und das Sagen hat. Dann jagen sie Diablo
aus der Stadt.
Vokabeln
stürmen to storm
der Herrenfrisör barber
die Warnung warning
hallen to echo
die Wange cheek
hartnäckig persistent
kämmen to comb
der Feind enemy
verwirrt confused
zielen to aim, to take aim
versammeln to gather, to assemble
jubeln to cheer
fortfahren to continue
in Panik geraten to panic
buhen to boo
eine falsche Bewegung machen to make a wrong move
zugeben to admit
verteidigen to defend
austricksen to outsmart
das Raunen murmur
klatschen to clap
regelrecht downright
der Feigling coward
Fragen im Auswahlverfahren
„Nein, Henry, ich kann nicht mit dir auf ein Date gehen. Ende der
Diskussion!“, sagte Selma am Telefon. Sie war den Sommer über in
Innsbruck, da das Semester an ihrer Uni erst wieder im September anfing.
Sie genoss die langen Semesterferien und jobbte in einem Kaufhaus. Aber
sie vermisste Henry, der ein guter Freund von ihr war. Er machte gerade
einen Sommerkurs an der Universität in Wien.
Selma wusste, dass Henry für sie mehr als nur freundschaftliche Gefühle
hatte. Er war schon lange in sie verliebt. Er hatte jedoch bisher nie den Mut
gehabt, sie nach einem Date zu fragen. Jetzt war es so weit, und sie sagte
nein!
„Doch, klar, wieso denn nicht? Warum sollten wir nicht einmal
miteinander ausgehen?“, fragte Henry. Er saß in einem Park und telefonierte
mit ihr. Eine ältere Dame, die an ihm vorbeiging, schaute ihn verwundert
an, während er verlegen lächelte.
Selma spielte mit ihren langen dunklen Haaren. Sie lag auf dem
Wohnzimmersofa und überlegte, was sie sagen sollte. „Meine Eltern
würden ausrasten, wenn ich mit dir ausgehen würde.“
„Wieso?“, fragte Henry. Er war in Wien, was mehrere Stunden mit dem
Auto von Innsbruck entfernt liegt. Henry hatte Selmas Eltern schon einmal
getroffen und er wusste, dass sie ihn nicht mochten. Er hatte viele Tattoos
und Ohrringe, sein Haar trug er stachelig und er zog sich immer recht wild
an. Selmas Eltern waren sehr konservativ. „Wild“ gefiel ihnen nicht.
Für Henry waren das tolle Neuigkeiten. Nächsten Monat würde sein Kurs
vorbei sein, also würde er Selma bald sehen können. Aber er fragte sich
immer noch, warum sie es ihren Eltern erzählen musste. Er verstand es
einfach nicht. Deshalb fragte er sie: „Ich glaube, ich verstehe immer noch
nicht, warum du es deinen Eltern erzählen musst. Brauchst du etwa ihre
Erlaubnis?“
„Nein, ich brauche ihre Erlaubnis nicht“, erklärte sie. „So ist das nun
einmal bei uns. Ich schätze, es ist Teil unserer Kultur. Du weißt doch, dass
meine Familie auch nicht aus Österreich kommt. Wir haben andere
Traditionen in der Türkei.“
„Das weiß ich. Meine Familie hat auch andere Traditionen“, antwortete
Henry.
„Ja, das hast du schon mal gesagt. Aber wo meine Familie herkommt,
haben Kinder Respekt vor ihren Eltern. Wir beziehen unsere Eltern in
unseren Alltag mit ein.“
„Das ist nicht fair von dir. Ich habe auch Respekt vor meinen Eltern!“,
fuhr Henry fort.
„Ist das wirklich so? Beziehst du sie in deinen Alltag mit ein, Henry?“,
fragte sie ihn.
„Na ja“, sagte Henry, während er nachdachte. Er sah seine Eltern nicht
sehr oft und telefonierte auch kaum mit ihnen. Auch fragte er sie nicht
immer um Rat, aber das wollte er Selma natürlich nicht erzählen.
Schließlich sagte er nur: „Also, ich versuche schon, sie jede Woche
anzurufen.“
„Das ist nicht das Gleiche, aber …“, fing Selma an, machte dann aber
eine Pause. „Schau, es ist egal. Mach dir deswegen keine Gedanken“, sagte
sie schließlich. „Also, erzähl mir, wann du mit deinem Sommerkurs fertig
bist.“
„Nächsten Monat. Er dauert nicht so lang. Ich besuche ihn nur, weil ich
in manchen Fächern nicht so gut war.“
„Ja, das habe ich gehört. Du bist in zwei Fächern durchgefallen, oder?“,
fragte Selma.
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
„Henry, keine Sorge! Ich weiß doch, dass das bei dir keine Frage der
Intelligenz ist. Manchmal ist es schwer, wenn man so weit weg von zu
Hause ist. Aber du schaffst das bestimmt.“
„Danke“, antwortete Henry. „Ich lerne wirklich viel. Meine Dozenten
wissen auch, dass ich ein guter Student bin. Aber Grammatik ist manchmal
sehr schwer für mich und der Unterricht ist auf Deutsch, also habe ich
manchmal Schwierigkeiten, alles zu verstehen.“
Selma nickte verständnisvoll. Sie hatte im letzten Jahr auch in ein paar
Fächern Probleme. Aber dann hatte sie einen Nachhilfelehrer gefunden,
der ihr weiterhelfen konnte. „Wenn du wieder hier bist, helfe ich dir mit
Deutsch“, sagte sie. „Ich werde deine Nachhilfelehrerin sein. Ich bestehe
darauf.“
„Wirklich? Das würde mir sehr helfen“, sagte Henry. „Aber vorher muss
ich noch etwas anderes tun.“
„Und was ist das?“, fragte Selma überrascht.
„Bevor du meine Nachhilfelehrerin sein kannst“, sagte Henry, „muss ich
meine Eltern fragen.“ Henry schmiss sich weg vor Lachen.
„Sehr witzig“, sagte Selma und schüttelte den Kopf. „Dafür werde ich
eine sehr strenge Nachhilfelehrerin sein!“
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Ah, darum geht es also, dachte Selma. „Tja … Ich bin mir noch nicht so
sicher“, fing sie an. „Ich habe ihm gesagt, dass wir grundsätzlich schon mal
ein Date haben können. Also, wenn er zurück nach Innsbruck kommt. Es ist
nur so, dass … na ja, eigentlich sind wir vor allem gute Freunde. Ja gut, wir
hängen gerne zusammen ab und …“
„Jetzt komm schon, sei nicht so schüchtern!“, unterbrach Marie sie. „Ich
bin deine Freundin. Du kannst mir alles erzählen.“ Sie machte eine Pause.
„Du weißt, dass ich früher mit Henry zusammen war“, fuhr sie fort. „Das
war vor zwei Jahren, als wir im ersten Semester waren.“
„Ach ja, richtig, das hatte ich vergessen“, sagte Selma. Sie konnte sich
daran erinnern, aber nicht sehr gut. Marie ging nämlich mit vielen Typen
aus.
„Hast du gedacht, du könntest das vor mir geheimhalten?“, fragte Marie
überrascht.
Selma hatte es eilig und musste gleich los. Sie schaute auf die Uhr. Nur
noch 20 Minuten zum Anziehen und um zur Arbeit zu gehen. Sie hatte
wirklich nicht viel Zeit zu quatschen. „Es ist doch kein Geheimnis, Marie“,
erklärte sie. „Es gibt einfach nicht viel zu erzählen. Und außerdem muss ich
mich wirklich beeilen, um zur Arbeit zu kommen …“
„Warte! Selma! Dann erzähl mir einfach nur die wichtigsten Details“,
sagte Marie.
„Na gut“, seufzte Selma. „Du bist ganz schön hartnäckig! Also, Henry
hat mich gefragt, ob ich auf ein Date mit ihm gehen will, aber er hatte
nichts gesagt, als er noch hier in Innsbruck war. Er hat damit gewartet, bis
er in Wien war. Ich wusste also bis jetzt nicht, dass er in mir mehr als nur
eine gute Freundin sieht.“
„Männer! Die haben echt ein schlechtes Timing, nicht wahr?“, meinte
Marie.
Selma verdrehte die Augen.
„Da fällt mir ein“, fuhr Marie fort, „ich kann mich erinnern, dass Henry
immer spät dran war, als wir zusammen waren. Einmal …“
Selma hätte gerne das Thema gewechselt, aber Marie ließ sie nicht zu
Wort kommen. Im Moment wollte sie wirklich nicht an Henry und Marie
als Paar denken, deshalb konzentrierte sie sich darauf, sich fertig zu
machen, bis Marie aufhörte zu reden.
„Ist das nicht lustig?“, fragte Marie lachend.
„Äh, ja. Das ist es … Dieser Henry!“, antwortete Selma, obwohl sie nicht
viel von dem gehört hatte, was Marie gesagt hatte. „Und was ist mit dir und
Sven?“, fragte sie, um die Gelegenheit zu nutzen, das Thema zu wechseln.
„Sven ist so nett. Und ihr seid schon so lange zusammen. Ihr seid doch
noch zusammen, oder?“
„Nicht wirklich“, sagte Marie. Es entstand eine lange, unangenehme
Pause. „Also, eigentlich haben wir uns getrennt, bevor er nach Wien
gegangen ist. Ich bin bereit für jemand Neues.“
„Ach, echt? Das wusste ich nicht“, sagte Selma überrascht. „Das hast du
mir gar nicht erzählt. Das tut mir leid. Seht ihr euch also gar nicht mehr?“
„Nun, ich wollte nichts sagen, aber …“, fing Marie an. „Naja, wir haben
uns freundschaftlich getrennt und wollen auch Freunde bleiben. Wir
telefonieren manchmal miteinander. Aber – wie soll ich es sagen? – Sven
taugt NICHT zum Freund.“
Selma wusste, dass ihre Freundin sehr hohe Ansprüche hatte, was
Freunde anging. Daher hatte sie auch so viele gehabt. Marie ging
normalerweise mit demselben Typen nur auf ein paar Dates und fand dann
etwas, das sie an ihm störte. Marie liebte das Drama und die Aufregung vor
einem ersten Date. Dann wurde ihr schnell langweilig. So war Marie nun
einfach mal.
Allerdings waren Marie und Sven einige Monate zusammen gewesen und
alle fanden, dass sie gut zusammenpassten, auch Selma. Selma hatte sogar
gedacht, Sven sei „die große Liebe“ für Marie. Daher war sie verwundert,
als sie von Marie etwas Negatives über Sven hörte.
„Er taugt nicht zum Freund?“, fragte sie. „Warum? Was hat er getan?“
Sie schaute noch einmal auf die Uhr. Sie hatte eigentlich keine Zeit mehr,
aber sie wollte wissen, was passiert war. Deshalb schaltete sie den
Lautsprecher an ihrem Handy an und zog sich an, während sie weiter
zuhörte.
Marie sagte: „Also erst einmal flirtet Sven total gerne mit anderen
Frauen.“
„Oh nein! Wie kommst du denn darauf?“, antwortete Selma. „Ist er … ist
er etwa fremdgegangen?“
„Das glaube ich nicht“, antwortete Marie. „Nein, ich bin mir eigentlich
sicher, dass er nicht fremdgegangen ist, aber ich finde es schon mal nicht
gut, wenn mein Freund immer andere Frauen ANSCHAUT. Deshalb war das
Flirten schon ein großes Problem für mich. So etwas kann ich einfach nicht
ertragen. Es wird Zeit, mich nach jemand anderem umzuschauen, Selma.
Ich hatte erst einmal genug Drama!“
Selma zuckte mit den Schultern. „Ich finde, mit anderen Frauen zu flirten
zeigt schon einen Mangel an Respekt, aber er hat sie ja nur angeschaut.
Also, er ist mit ihnen ja nicht auf ein Date gegangen oder so, oder?“
„Ich glaube nicht“, antwortete Marie. „Aber auf jeden Fall bin ich mir
sicher, dass Sven sie nicht nur angeschaut hat. Er hat definitiv auch mit
einigen geflirtet.“
„Wo?“, fragte Selma neugierig.
„Was?“, fragte Marie.
„Wo hat er mit anderen Frauen geflirtet?“, fragte Selma noch einmal.
„Im Café“, antwortete Marie leise.
„Wo er letztes Semester gearbeitet hat?“, fragte Selma überrascht.
„Ja“, antwortete Marie kalt. „Und wo er auch wieder arbeiten wird, wenn
er zurück ist. Im Café Espresso, wo er den ganzen Tag arbeitet und dabei
auch hübsche Frauen bedient.“
Selma lachte, hielt sich dann aber den Mund zu.
„Was ist daran so lustig?“, wollte Marie wissen. Sie wurde etwas wütend.
„Naja, Marie, man muss fairerweise sagen, dass Sven in einem Café
arbeitet. Es gehört nun einmal zu seinem Job, zu den Gästen freundlich zu
sein.“
„Hm, stimmt schon. Da hast du wahrscheinlich recht“, sagte Marie
langsam.
„Wahrscheinlich? Jetzt sei vernünftig, Marie! Sonst bist du nicht fair.
Wenn er bei der Arbeit freundlich zu Leuten ist, dann gibt es wirklich
nichts, was du …“
„Er ist doch nicht nur freundlich, er flirtet mit den Frauen! Das ist ein
großer Unterschied! Sei nicht so naiv, Selma.“
„Ich bin nicht naiv“, sagte Selma, die auch langsam etwas wütend wurde.
„Du hast zu hohe Ansprüche. Vielleicht macht er das auch nur, um
Trinkgeld zu bekommen. Du weißt doch, dass man mehr Geld bekommt,
wenn man besonders freundlich ist. Wahrscheinlich ist er zu den Frauen nur
nett, um seinen Job gut zu machen und ein bisschen mehr zu verdienen.“
„Er muss aber doch nicht so freundlich sein“, sagte Marie verächtlich.
„Außerdem würdest du es auch nicht wollen, wenn Henry sich so benimmt.
Du wärst bestimmt auch eifersüchtig, oder?“
„Nein“, antwortete Selma selbstbewusst. „Ich würde ihm vertrauen.
Darum geht es in Beziehungen doch. Und außerdem ist das im Moment
sowieso egal. Ich bin doch nicht mit Henry zusammen. Wir haben nur über
ein Date gesprochen. Im Moment sind wir einfach nur gute Freunde.“
„Hmmm. Das stimmt“, antwortete Marie mit einem merkwürdigen Ton
in ihrer Stimme. „Du bist theoretisch noch Single und Henry auch. Also,
wenn du zu Sven hältst, dann solltest du vielleicht mit ihm auf ein Date
gehen. Und ich gehe auf eines mit Henry. Schließlich sind Henry und du ja
‚nur gute Freunde‘, nicht wahr?“
„Was? Spinnst du?“, fragte Selma. Sie hatte keine Zeit mehr und hatte
auch genug von Marie. „Schau, ich muss zur Arbeit, Marie. Ich weiß, dass
du nur einen Witz gemacht hast, aber es ist nicht lustig.“
Marie lachte. „Du hast gesagt, dass du nicht eifersüchtig sein würdest,
Selma. Wo ist jetzt das Problem? Bist du jetzt auf einmal doch
eifersüchtig?“, fragte Marie.
Selma seufzte. Sie suchte in der Küche nach etwas zu essen. Da war aber
nichts. Sie musste wohl bei der Arbeit essen. „Wir können gerne später
darüber sprechen. Ich habe auch wirklich keine Zeit und keine Lust, mich
jetzt mit dir zu streiten.“ Sie legte auf ohne sich zu verabschieden und ging
aus dem Haus.
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Marie ruft ihre Freundin Selma an. Marie sagt, sie habe gehört, dass Henry
mit Selma auf ein Date gehen möchte. Selma erklärt die Situation. Marie
teilt ihrer Freundin mit, dass sie sich von ihrem Freund Sven getrennt hat.
Sie sagt, Sven habe zum Beispiel bei der Arbeit als Kellner mit anderen
Frauen geflirtet. Selma sagt, Sven sei wahrscheinlich freundlich zu den
Gästen, weil dies zu seinem Job gehöre. Auch meint sie, Marie habe zu
hohe Ansprüche und sei zu eifersüchtig. Marie schlägt vor, dass Selma mit
Sven auf ein Date gehen könnte und sie auf eines mit Henry. Selma ärgert
sich über diesen Vorschlag und beendet das Telefongespräch, auch weil sie
zur Arbeit muss.
Vokabeln
die Lieblingsbeschäftigung favourite hobby/pastime
quatschen to chat
das Gerücht rumour
keine Ahnung to have no idea
fortfahren to continue
abhängen to hang out
der Ton sound
schüchtern shy
seufzen to sigh
hartnäckig persistent
die Augen verdrehen to roll one’s eyes
hohe Ansprüche haben to expect too much, to be picky
angehen to concern
„die große Liebe” “the one”
fremdgehen to cheat
jemanden/etwas ertragen to put up with someone/something
verächtlich contemptuously, scornfully
eifersüchtig jealous
selbstbewusst confidently
zu jemandem halten to take (someone’s) side
spinnen to be out of one’s mind
auflegen to hang up
Fragen im Auswahlverfahren
Henry war sehr aufgeregt. Sein Sommerkurs an der Universität war fast
vorbei. Es lief gut und er würde gute Noten in allen Fächern bekommen.
Diese guten Noten werden meinem Notendurchschnitt helfen, dachte er.
Wenn ich wieder an der Uni in Innsbruck bin, werde ich vielleicht auf dem
gleichen Level wie Selma sein und wir können die gleichen Kurse besuchen.
Ich habe so hart gearbeitet, da habe ich mir eine Belohnung verdient.
Er freute sich darauf, Wien bald zu verlassen. In zwei Wochen würde er
wieder an der Uni sein und er würde Selma wiedersehen, vielleicht sogar
jeden Tag, wenn sie die gleichen Kurse besuchen würden. Und außerdem
hatte sie ihm versprochen, dass sie mit ihm auf ein Date gehen würde, wenn
er zurück wäre. Er konnte es kaum erwarten, wieder in Innsbruck zu sein!
Henrys Gedanken wurden dadurch unterbrochen, dass sein Telefon
klingelte. Es war sein Kumpel Sven. Sie kannten sich schon lange, aber sie
waren nie eng befreundet gewesen. Jetzt besuchten sie einen Sommerkurs
an derselben Universität und hingen oft gemeinsam ab. Sie gingen
manchmal zusammen mittagessen. Abends schauten sie hin und wieder
zusammen einen Film oder gingen nach dem Unterricht gemeinsam etwas
trinken. Dann sprach Sven auch schon mal eine Frau an, aber Henry hatte
dazu keine Lust. Er dachte immer nur an Selma. Er wollte Sven unbedingt
erzählen, dass Selma endlich ja zu einem Date gesagt hatte!
Sven schien froh, nicht alleine damit zu sein. Bestimmt konnte Henry
ihm helfen. Vielleicht war es für Sven wirklich an der Zeit, nach vorne zu
schauen und sich eine neue Freundin zu suchen. Für Henry war jetzt ein
guter Zeitpunkt, um Sven von Selma zu erzählen. Vielleicht würde es Sven
auch Hoffnung geben, dass auf ihn irgendwo da draußen die richtige Frau
wartete.
„Übrigens, Sven“, fing Henry an. „Ich habe Neuigkeiten.“
„Oh, ja? Erzähl“, antwortete Sven.
„Es geht um Selma. Du erinnerst dich daran, ich wollte immer mit ihr auf
ein Date gehen?“
„Ja. Das wolltest du schon seit einer Ewigkeit, aber du bist immer zu
schüchtern gewesen, sie zu fragen. Und?“
„Stimmt“, antwortete Henry, „aber ich habe es endlich getan!“
„Ist das wahr? Aber sie hat doch nicht ja gesagt, oder?“, fragte Sven
überrascht.
Henry machte eine Pause. Warum stellte Sven so eine Frage? Warum
sollte Selma denn nicht ja sagen? „Doch, hat sie. Sie will aber erst noch mit
ihren Eltern sprechen“, fuhr er fort. „Das hat sie zumindest gesagt. Aber
…“
„Oh“, unterbrach ihn Sven. Da war ein merkwürdiger Ton in seiner
Stimme. „Okay, aber warum will sie mit ihren Eltern sprechen?“
„Ich weiß es nicht. Sie hat gesagt, dass sie ihre Eltern in ihr Leben mit
einbeziehen will“, antworte Henry.
„Meinst du nicht, es könnte an deinem Aussehen liegen?“, fragte Sven.
„Nö, wieso denn …“, fing Henry an, „naja, vielleicht ein bisschen …
Moment! Was willst du damit sagen?“
„Nun ja, Selmas Eltern sind ziemlich konservativ. Du würdest nicht
wirklich in die Familie passen, oder?“, erklärte Sven. „Es würde
wahrscheinlich nicht funktionieren, also mit ihren Eltern, meine ich. Ich an
deiner Stelle würde die Sache vergessen.“
„Mensch! Darüber habe ich nie wirklich nachgedacht, aber …“,
antwortete Henry. Dann machte er eine Pause, bevor er fragte: „Moment
mal! Warum sagst du das alles, Sven? Warum bist du so negativ?“
„Ich sage das nur, weil ich dir helfen will“, sagte Sven. Dann fügte er
hinzu: „Und vielleicht auch, weil Selma …“
„Was ist mit Selma?“, fragte Henry.
„Na ja, du weißt doch, dass sie manchmal nach dem Unterricht ins Café
gekommen ist“, erklärte Sven. „Das wusstest du doch, oder?“
Henry hatte das nicht gewusst, aber es war ihm auch egal. Viele
Menschen gingen in das Café. „Na und? Warum ist das wichtig?“
„Weil, ähm … Ich muss dir was sagen, Henry“, fing Sven an. „Manchmal
haben Selma und ich uns sehr gut unterhalten, wenn sie im Café war. Und,
ähm … naja, ich habe ja schon zugegeben, dass ich manchmal tatsächlich
ein bisschen flirte, wenn ich arbeite. Du weißt schon, nur um nett zu sein.
Und Selma und ich verstehen uns wirklich gut. Ich finde sie wirklich sehr
süß. Deshalb habe ich überlegt, sie zu fragen, ob sie mit mir auf ein Date
gehen möchte.“
„Was?“, fragte Henry. Er konnte es nicht glauben! „Ist das dein Ernst?“
„Reg dich nicht auf! Ich werde sie jetzt wahrscheinlich nicht mehr
fragen, wenn sie dir schon ein Date zugesagt hat, aber ich wollte eben nur
sicher sein, dass das wirklich so ist. Ich habe zurzeit keine Freundin. Marie
hat sich von mir getrennt, weil sie so eifersüchtig ist. Daher habe ich …
naja … an Selma gedacht.“
„Ich hoffe, das soll ein Witz sein! Marie hat sich von dir getrennt, weil du
WIRKLICH mit anderen Frauen flirtest! Das tust du die ganze Zeit. Ich
habe es hier in Wien gesehen und so war‘s auch im Café. Das kann man ja
gar nicht übersehen!“, sagte Henry wütend. „Und ich denke, dass du mit
anderen Frauen flirtest, weil Marie so sensibel darauf reagiert. Ich glaube
sogar, dass es dir Spaß macht, sie zu provozieren! Und außerdem glaube
ich, es gefällt ihr, darauf aufpassen zu müssen, dass du nicht aus der Reihe
tanzt. Ihr seid beide total verrückt!“
Sven schwieg am anderen Ende der Leitung. Henry hatte seinen wunden
Punkt getroffen und das wusste er, aber es reichte ihm. „Also hör mir
genau zu, Sven“, fuhr er fort. „Ich habe Selma zuerst gefragt, also lass die
Finger von ihr! Und was dich und Marie angeht, da empfehle ich euch:
Kommt wieder zusammen! Für euch gibt’s ein altes Sprichwort: Gleich und
Gleich gesellt sich gern …
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Henry und Sven telefonieren miteinander. Sie sind über den Sommer in
Wien engere Freunde geworden. Henry hat sich Sorgen um Sven gemacht,
weil Sven sich von Marie, seiner Freundin, getrennt hat. Sven erklärt, dass
Marie dachte, er würde ständig mit anderen Frauen flirten, zum Beispiel bei
seinem Job im Café. Er wiederum sagt, er sei eigentlich nur freundlich zu
den Gästen. Später erzählt Henry Sven, er habe Selma gefragt, ob sie mit
ihm auf ein Date gehen wolle. Sven ist überrascht und deutet an, das würde
wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren. Dann gibt Sven zu, er habe
tatsächlich manchmal mit anderen Frauen geflirtet – zum Beispiel auch mit
Selma. Außerdem überlegt er, sie um ein Date zu bitten. Henry wird wütend
und sagt zu Sven, er solle zurück zu Marie gehen. Er denkt, die beiden
passen eigentlich gut zueinander, weil sie beide etwas verrückt sind.
Vokabeln
Gleich und Gleich gesellt sich gern. Like will be like.
gut laufen to go well
der Notendurchschnitt GPA (grade point average)
die Belohnung reward
der Kumpel mate
abnehmen to answer the phone
betrüben to sadden
vorwerfen to accuse
Es ist nichts dran. There is nothing to it.
unschuldig innocent
Ich schwöre! I swear!
die Stirn runzeln to raise one’s eyebrows
ein gutes Wort für jemanden einlegen to put in a good word (for
someone)
sich auf etwas stürzen to jump on something
in Gedanken versunken sein to be deep in thought
beiläufig casually
jemanden/etwas übersehen to ignore someone/something
sensibel sensitive
jemanden/etwas provozieren to provoke someone/something
aus der Reihe tanzen to get out of line
einen wunden Punkt treffen to hit a nerve
die Finger von jemandem lassen to keep the hands off someone
Fragen im Auswahlverfahren
„Ach!“, schrie Stüpp wütend. „Es läuft nichts Gutes im Fernsehen“, sagte
er, als er die zerquetschte Limonadendose vor lauter Frust in einen
Abfalleimer warf.
„Da hast du recht“, sagte eine Stimme ohne Körper.
„Wer hat das gesagt?‘, fragte Stüpp. Es war außer dem Licht des
Fernsehers sehr dunkel im Zimmer. Er konnte niemanden sehen. Er
konzentrierte sich also auf seine Nase und er erkannte den Geruch sofort.
„Ach, DU bist es“, sagt der Werwolf überrascht. „Ich wusste nicht, dass DU
heute Abend kommst.“
Doktor Greif, der „Unsichtbare“, nickte, aber das konnte Stüpp nicht
sehen. Der Werwolf konnte den Menschen aber natürlich riechen. Werwölfe
haben sehr gute Nasen und Menschen riechen sehr schlecht.
„Ich kann dich nie täuschen“, sagte Greif lachend. Er hatte sehr gute
Laune. Er setzte sich auf einen Stuhl und nahm sich eine Zeitung. Das
Einzige, was der Werwolf sehen konnte, waren eine kurze Hose und die
Zeitung. Der Unsichtbare trug nicht gerne Kleidung. Sie war an seinem
unsichtbaren Körper immer sichtbar und er schlich lieber so herum, dass
ihn niemand sehen konnte.
Stüpp, der Werwolf, und der Unsichtbare waren in Graf Draculas neuem
Haus in Siebenbürgen. Es war sehr groß und teuer und von einem kleinen
Wald umgeben. In Siebenbürgen gab es viele Wälder und Hügel. Es war ein
guter Ort zum Leben und Jagen für Monster.
Sie warteten darauf, dass Dracula nach Hause kommen würde. Er war ihr
Boss und heute Abend fand ihr monatliches Treffen statt. Alle mussten
kommen. Jedes „klassische“ Monster musste teilnehmen, sogar die aus dem
Ausland.
„Übrigens stimme ich dir in dem zu, was du über das Erschrecken gesagt
hast, Stüpp“, sagte Greif. „Ich weiß nicht, worüber dieser Typ im Fernsehen
gesprochen hat. Aber wenn du ein Monster bist, dann solltest du auch
Menschen erschrecken.“ Er blätterte um, dabei schaute er heimlich zum
Werwolf.
Stüpp runzelte die Stirn und zeigte seine spitzen Zähne. „Aber du bist ja
kein richtiges Monster“, sagte er. „Du bist nur ein Mensch, den niemand
sehen kann. Das macht noch lange kein Monster aus dir.“
„Ich denke, das hängt davon ab, was du unter dem Wort ‚Monster‘
verstehst.“
„Also gut, meiner Definition nach bist du kein Monster“, antwortete
Stüpp und runzelte wieder die Stirn. Dann schaute er sich um und fügte
hinzu: „Wo ist Frankensteins Monster? Schau dir diesen großen hässlichen
Kerl an. DAS ist ein Monster!“
„Sei leise“, flüsterte Greif. „Sprich nicht so laut. Ich glaube, es ist hier
im Haus.“
„Wirklich? Aber es hört ganz schlecht“, sagte Stüpp. „Und außerdem
habe ich nur gesagt, dass es ein richtiges Monster ist.“
„Stimmt, da muss ich dir recht geben. Frankensteins Monster ist eines der
schrecklichsten Monster der Welt“, sagte der Unsichtbare. „Ich kann mich
nicht mit ihm vergleichen. Es ist viel schrecklicher und unheimlicher als
ich. Aber auch ich bin ein ziemlich unheimlicher Kerl und …“
„Du bist überhaupt nicht unheimlich“, unterbrach ihn der Werwolf.
„Ich bin aber auf jeden Fall intelligent“, fuhr Greif fort und ignorierte
dabei Stüpps Beleidigung. „Frankensteins Monster ist so dumm! Es könnte
nie ein guter Anführer sein, nicht einmal ein guter Mitläufer. Verstehst du,
was ich meine? Es hat insgesamt wenig Potenzial.“
„Du kennst das Frankenstein-Monster eben nicht sehr gut. Es ist
intelligenter, als es aussieht“, antwortete Stüpp. „Außerdem: wer sagt denn
eigentlich, dass ein Monster intelligent sein muss?“
„Das weiß ich doch“, sagte Greif, der jetzt etwas frustriert war. „Aber
wer die Welt verändern möchte, muss intelligent sein. Schau mich an, ich
bin Doktor.“
„Oh, ein Doktor. Wie toll!“, sagte Stüpp und verdrehte die Augen. Dann
machte er eine Pause, bevor er fortfuhr: „Aber ja, ich denke auch, dass man
intelligent sein sollte, wenn man Anführer sein will. Die meisten von uns
interessieren sich aber nicht für Macht. Die meisten von uns meiden lieber
die Öffentlichkeit. Ich zum Beispiel brauche nicht viel Aufmerksamkeit. Ich
muss nicht wichtig sein. Ich muss nur einmal im Monat oder so jemanden
erschrecken und ab und zu jemanden auffressen. Aber Macht interessiert
mich nicht. Das solltest du mittlerweile wissen“, sagte Stüpp und schaute zu
Greif, obwohl er ihn nicht sehen konnte.
„Aber ich denke, genau das ist das Problem“, erklärte Greif. „Wir sollten
uns mehr für Macht interessieren. Wir sollten besser organisiert sein. Wir
müssen klüger sein und dann könnten wir Monster die Macht über die Welt
übernehmen!“
Der Werwolf gähnte. Der Unsichtbare hörte ihm einfach nicht zu – zum
ersten Mal. Der Unsichtbare interessierte sich nur dafür, die Macht über die
Welt zu übernehmen. Er war total besessen davon.
Anhang zu Kapitel 1
Zusammenfassung
Es ist Zeit für das monatliche Treffen aller großen Monster. Stüpp, der
Werwolf, und Greif, der Unsichtbare, sind in Draculas Haus in
Siebenbürgen. Sie streiten sich darüber, was es bedeutet, ein Monster zu
sein. Greif ist der Meinung, dass die Monster die Macht über die Welt
übernehmen sollten, auch wenn einige von ihnen ziemlich dumm seien.
Dafür müssten sie aber alle zusammenarbeiten. Der Werwolf Stüpp sagt, die
Macht interessiere ihn überhaupt nicht. Dann kommt Dracula nach Hause
und möchte wissen, worüber Stüpp und Greif sprechen.
Vokabeln
das Wesen creature
zerquetschen to crush
rülpsen to burp
herumzappen to flick between channels
der Frust frustration
der Geruch scent
nicken to nod
herumschleichen to sneak around
jagen to hunt
umblättern to turn the page
die Stirn runzeln to frown
hinzufügen to add
der Kerl guy
flüstern to whisper
fortfahren to continue
der Anführer leader
der Mitläufer follower
die Augen verdrehen to roll one’s eyes
die Macht power
gähnen to yawn
besessen obsessed
jemanden an etwas hindern to prevent someone from doing something
zerreißen to tear
jaulen to howl
wehen to blow (wind)
Fragen im Auswahlverfahren
Plötzlich ging die Tür auf und jemand kam herein. Es war der Moor-
Mann. „Das stimmt!“, sagte der Moor-Mann. Allerdings fanden es die
anderen schwierig, ihn zu verstehen. Der Moor-Mann sprach nicht sehr
deutlich. Er hatte einen großen Mund, wie ein Fisch. Deshalb hatte er
Probleme mit dem Sprechen. Er war auch nicht gerne an Land, er hatte
dann normalerweise schlechte Laune. Die meiste Zeit lebte er alleine in den
tiefen Wassern des Moors, aber heute Abend war er wegen des monatlichen
Treffens zu Dracula gekommen.
„Das stimmt“, wiederholte der Moor-Mann langsam. „Vor vielen tausend
Jahren war die Mumie ein ägyptischer Pharao.“
„Da bin ich mir nicht so sicher“, sagte Dracula lächelnd. „Aber es ist
auch nicht so wichtig. Damals war sie ja kein Monster. Und darum geht es
hier ja. Die Mumie wurde erst später zu einem Monster, nachdem sie
gestorben und zurückgekommen war.“
„Wie hat sie das eigentlich gemacht?“, fragte der Unsichtbare. „Ich
würde auch gerne von den Toten auferstehen.“
„Da kann ich dir helfen“, sagte Dracula und ging näher auf ihn zu.
„Halt! Ich will nicht als Vampir zurückkommen“, schrie Greif in Panik.
„Würdest du denn lieber als dumme Mumie zurückkommen?“, fragte
Dracula überrascht.
„Nein … aber ich will kein Blut trinken“, antwortete Greif.
„Hast du es denn schon mal probiert?“
„Nein! Igitt! Es ist ekelhaft.“
Dracula schaute ihn lange und wütend an.
„Ich meine, ähm … bestimmt ist es gar nicht so schlimm. Aber …“, fuhr
Greif fort, „aber du warst mal ein Mensch, Graf Dracula, oder?“
„Alle Vampire waren früher Menschen, sie werden zu Vampiren“,
antwortete Dracula kühl.
„Indem sie sterben?“, fragte Greif.
„Es ist komplizierter als das, aber im Prinzip ja.“
„Dann bist du streng genommen genauso wie die Mumie“, sagte der
Unsichtbare.
Sofort nachdem Greif das gesagt hatte, wusste er, dass es ein großer
Fehler gewesen war. Dracula flog durch das Zimmer und packte ihn am
Hals. „Vergleiche mich nicht mit ihr!“, brüllte er.
„Warte, warte … halt! Willst du mich töten?“, fragte Greif in Panik.
„Genau das überlege ich mir gerade“, sagte Dracula. Dann zuckte er mit
den Schultern und sagte: „Ja, ich denke schon.“
„Mach mich bitte nicht zum Vampir“, schrie Greif. „Ich will ein Mensch
bleiben.“
„Das ist doch eine gute Idee“, sagte Stüpp und spuckte ein Stück
Popcorn aus. „Du sagst immer, dass du gerne ein richtiges Monster wärst.
Das wäre doch jetzt eine gute Gelegenheit für dich.“
„Halt! Nein! Ich will lieber ein Mensch bleiben“, rief Greif. „Ich bin
vielleicht nicht der schlauste Mensch auf der Welt …“
„Du bist der dümmste!“, sagte Dracula, während er mit seinen spitzen
Zähnen nah an Greifs Gesicht herankam.
„Aber selbst der dümmste Mensch ist schlauer als das schlauste
Monster“, fuhr Greif fort. Jetzt hatte er es endlich gesagt. Er wartete ganz
still, um zu sehen, was als nächstes passieren würde.
Dracula war so wütend, dass er Greif durch den Raum warf. Man konnte
aber nur seine kurze Hose durch die Luft fliegen sehen, genau auf ein
Fenster zu, das dann zerbrach. Dracula hatte Greif durch das Fenster
geworfen und dieser war draußen in einem kleinen Baum gelandet.
Greif stand sofort auf. Er schaute durch das Fenster und rief: „Es geht
mir gut!“ Dann fügte er hinzu: „Übrigens, Dracula, ich fordere dich zu
einem Wettkampf heraus!“
„Das glaube ich jetzt nicht“, sagte der Werwolf und schaute den Moor-
Mann an. „Niemand sollte den König der Vampire zu einem Kampf
herausfordern! Niemals!“
„Ich werde dich fertigmachen!“, rief Dracula, als er auf Greif zuging.
„Kein Kampf!”, sagte der Unsichtbare schnell, als er durch das
zerbrochene Fenster zurückkletterte. „Du sagst, du seist das schlauste
Monster. Und du meinst ja auch, dass ich der dümmste Mensch bin. Lass
uns herausfinden, ob der dümmste Mensch schlauer als das schlauste
Monster ist. Das ist der Wettkampf!“
Die anderen Monster schauten ihren Boss an. Dracula hatte keine Wahl.
Er musste den Wettkampf annehmen.
Anhang zu Kapitel 2
Zusammenfassung
Die Monster sprechen weiter über die Intelligenz von Monstern und
Menschen. Dann vergleicht Greif Dracula mit einem anderen Monster, der
Mumie. Dracula hasst die Mumie und wird deshalb wütend und wirft Greif
aus dem Fenster. Daraufhin fordert Greif Dracula zu einem Wettkampf
heraus. Er will aber nicht mit ihm kämpfen, sondern durch einen
Wettbewerb herausfinden, wer schlauer ist – Monster oder Mensch. Dracula
hat keine Wahl und nimmt den Wettbewerb an.
Vokabeln
geheimnisvoll mysterious
bedrohlich threateningly
streng genommen technically
das Bildungssystem education system
schlau clever
die Daumen nach oben strecken to make the thumbs-up sign
herausfordern to challenge
ablecken to lick off
der Verband bandage
eingewickelt wrapped up
wackeln to shake
glühen to glow
das Gerücht rumour
sich kratzen to scratch
bei etwas ertappen to catch
der Moor-Mann Swamp Man
auferstehen to arise
die Panik panic
igitt ugh, yuk
ekelhaft disgusting
packen to grab
brüllen to roar
mit den Schultern zucken to shrug
ausspucken to spit out
zerbrechen to break
der Wettkampf contest, competition
Fragen im Auswahlverfahren
Greif wollte der nächste Anführer der Monster werden. Würde er das
schaffen, könnte er weitermachen und die Macht über die Welt
übernehmen. Das war seine große Chance! Er musste beweisen, dass er
intelligenter als Dracula war, dann würden die anderen Monster zukünftig
ihm folgen.
Greif erklärte den Monstern beim Monster-Treffen die Regeln des
Wettkampfs. Er stellte sich hin, damit die anderen zumindest seine Hose
sehen konnten. „Wer ist das mächtigste Monster?“, fing er an. „Wir wissen,
dass es Graf Dracula ist, unser Anführer“, rief er. Die anderen Monster
saßen im Wohnzimmer und hörten ihm zu. Inzwischen war auch
Frankensteins Monster angekommen, und ein paar Zombies saßen wie
Kinder auf dem Boden. Mascha war auch da, eine Hexe aus dem Osten,
und Mister Hyde, der aus England angereist war, und natürlich die uralte
Mumie. Die Mumie war zu steif, um sich hinzusetzen. Daher stand sie in
der Ecke, ganz weit weg vom Feuer.
„Und wer ist das klügste Monster?“, fuhr der Unsichtbare fort, ohne die
Antwort auf seine Frage abzuwarten.
„Dracula“, sagte Dracula und sah sich dabei wütend um. „Hör auf, unsere
Zeit zu verschwenden. Was willst du uns sagen, Doktor Greif?“
„Ja, du bist der Klügste“, gab Greif ihm recht. „Dracula ist das klügste
und mächtigste Monster. Richtig. Und was genau hat Graf Dracula, der
König der Vampire, für uns getan?“
Die anderen schauten sich alle an. Dracula verschränkte die Arme und
zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts.
„Also?“, fragte Greif. „Lasst mich die Frage noch einmal stellen. Wenn
er tatsächlich der Beste ist, den wir haben, was hat er dann bisher für uns
erreicht?“ Der Unsichtbare machte eine kleine Pause und rief dann:
„Nichts! Nach all den Jahren verstecken wir uns immer noch im Dunkeln.
Wir verhalten uns so, als ob wir Angst vor den Menschen hätten. Dabei
sollten wir doch das Sagen haben, oder?!“
„Ähm … wir haben unseren eigenen Fernsehsender“, sagte der Moor-
Mann. Die anderen nickten zustimmend.
„Und der ist furchtbar!“, sagte Greif kopfschüttelnd. „Es laufen nur
Wiederholungen von alten Shows und Eishockey. Diese Dinge sind nicht
wichtig.“
„Na ja, ich mag Eishockey“, sagte Stüpp und schaute sich um. Einige
Monster nickten zustimmend.
„Was willst du uns sagen?“, fragte Dracula noch einmal. Er wollte
unbedingt mehr über Greifs Wettkampf wissen.
„Okay“, fuhr Greif fort. „Ihr habt mich alle Teil des Monsterteams
werden lassen. Obwohl ich ein Mensch bin, habt ihr mir erlaubt, dass ich
mich wie ein Monster verhalte. Dafür möchte ich euch danken.“ Der
Unsichtbare machte wieder eine Pause, diesmal lächelte er, obwohl das
niemand sehen konnte. Denn die Monster sahen nur seine kurze Hose, die
sich bewegte.
„Aber jetzt lasst EUCH von mir helfen“, fuhr er fort. „Ihr seid meine
Brüder und Schwestern und ich kann mehr für euch erreichen als das, was
Dracula getan hat. Er war vor vielen, vielen Jahren ein Mensch. Aber er hat
vergessen, wie gierig und ehrgeizig die Menschen sind. Er ist faul
geworden.“
Die anderen Monster fingen an, leise miteinander zu sprechen. Draculas
Augen glühten rot vor Wut. Er biss sich auf die Lippe. Er wollte Greif am
liebsten wieder am Hals packen, aber er wartete. Er musste erst noch mehr
über den Wettkampf erfahren.
Greif merkte, dass die anderen unruhig wurden. Also kündigte er an:
„Ich fordere Dracula zu einem Wettkampf heraus, um einen neuen Anführer
der Monster zu bestimmen“, sagte er laut. Es wurde ganz still im Raum.
Dann fuhr er fort: „Dazu müsst ihr zwei Fallen bauen. Beide Fallen müssen
genau gleich sein. Und sie dürfen nur eine versteckte Öffnung haben, durch
die man entkommen kann. Ich darf nicht wissen, wie man entkommen
kann. Und Dracula auch nicht. Derjenige von uns, der die Öffnung findet
und herauskommt, wird unser neuer Anführer werden.“
„Das ist alles?“, fragte Stüpp. „Das dürfte kein Problem sein.“ Der
Werwolf schaute sich im Zimmer um. „Was denkt ihr? Seid ihr mit dem
Plan einverstanden?“
Jeder weiß, dass Monster Fallen mögen. Einige von ihnen sind sehr gut
im Fallenbauen. Und anderen macht es Spaß, aus einer komplizierten Falle
zu entkommen. Sie lachten und klatschten zustimmend. Auch Stüpp nickte
und drehte sich zu seinem Boss. „Was denkst du, Graf Dracula?“
„Ich bin schlauer als dieser Idiot“, sagte Dracula und zeigte auf den
Unsichtbaren. „Ich werde aus jeder Falle, die ihr baut, in wenigen Sekunden
entkommen. Aber ihr dürft keinen Knoblauch und keine Kreuze benutzen“,
sagte er. „Vampire sind gegen sie machtlos. Das wisst ihr ja. Das wäre also
nicht fair.“
„Und keine Zauberei“, fügte Greif hinzu. „Menschen haben gegen
Zauberei keine Chance.“ Die Monster nickten zustimmend. „Gut, dann sind
wir uns also einig“, sagte Greif. „Hexen, ihr baut die besten Fallen. Wie
lange braucht ihr für die Fallen?“
Mascha, die Hexe aus dem Osten, versammelte ihre Freundinnen in
einem anderen Raum und schloss die Tür. Sie waren bei sehr starkem Wind
nach Siebenbürgen geflogen, deshalb konnten sie nicht gut hören. Mascha
musste sehr laut sprechen. „Wir müssen zwei schwarze Kisten bauen“,
schrie sie. „Man darf aus ihnen nicht entkommen können. Aber vergesst
nicht, keine Zauberei. Und auch kein Knoblauch und keine Kreuze.“ Die
Hexen nickten. Mascha machte eine Pause und fuhr dann fort: „Aber
eigentlich habt ihr ja schon alles gehört, macht es so, wie Greif es erklärt
hat. Denkt daran, dass die Fallen …“, aber in diesem Moment kamen zwei
weitere Hexen herein. Mascha beendete den Satz nicht und ging zu ihnen,
um sie zu begrüßen. Die anderen Hexen standen auf und verließen den
Raum, sie wollten schnell mit dem Bau der Fallen beginnen und gingen
hinaus.
Im Laufe der nächsten Woche bauten die Hexen zwei riesige schwarze
Kisten aus Metall. Sie hatten keine Türen und auch keine Fenster. In jeder
Kiste gab es nur ein kleines Loch. Das Loch war groß genug für eine
Person, um hineinzuklettern. Und wenn die Person einmal drin war, würden
die Hexen das Loch verschließen, indem sie das Metall mit Fackeln zum
Schmelzen brachten. Danach würde der Wettkampf beginnen.
Es war Nacht, als Mascha die zweite Kiste fertigstellte. Sie rief den
anderen Monstern zu: „Sagt Graf Dracula, dass die Fallen fertig sind.“
Dracula schaute sich die Kisten an und war beeindruckt. Die Hexen
waren schnelle Arbeiterinnen. Sie hatten ihre Fallen in nur einer Woche
gebaut. „Gute Arbeit, meine Damen“, sagte er mit einem unheimlichen
Lächeln, als er neben einer Kiste stand.
Die Hexen stellten die Fallen an den Rand des Nebligen Moores. Alle
Monster versammelten sich um die Kisten, um sich den Wettkampf
anzuschauen. Der Mond war voll und schien hell. Der Wettkampf sollte um
Mitternacht beginnen.
„Wo ist Greif?“, fragte Mister Hyde. „Hat er Angst bekommen und ist
weggelaufen?“
Stüpp atmete tief durch die Nase ein und sagte dann. „Nein, er ist hier.
Ich kann seine stinkende Kleidung riechen.“
Greif, der Unsichtbare, kam aus seinem Versteck heraus. Er trug
Kleidung und sein Gesicht war in weiße Verbände eingewickelt. Er trug
auch eine Brille mit dunklen Gläsern. Jeder konnte ihn sehen. „Tut mir leid,
dass ich so spät komme“, sagte er leise. Er ging nach vorne zu den
schwarzen Kisten, und schaute Graf Dracula direkt an. „Also gut, jetzt gibt
es keinen Grund mehr länger zu warten. Lasst uns anfangen!“
Greif kletterte in die erste Kiste. Die anderen beobachteten Dracula.
Dracula zuckte mit den Schultern und kletterte in die zweite Kiste.
„Versiegelt sie“, rief Stüpp. Die Hexen benutzten ihre Fackeln und
brachten das Metall zum Schmelzen. Als die Löcher versiegelt waren,
nickte der Werwolf. „Nun, Moor-Mann, schieb die Kisten ins Moor.“
„Ich wusste nicht, dass das Teil des Plans war“, sagte Mister Hyde.
Stüpp schaute ihn lächelnd an. „Das ist es aber jetzt. Wir müssen sicher
sein, dass es in den Kisten keine Löcher gibt. Jetzt mach schon, Moor-
Mann!“
Der Moor-Mann war unheimlich stark. Es war ganz leicht für ihn, die
schweren Kisten ins Wasser zu schieben. Sie sanken auf den Grund des
Moores. Es stiegen keine Luftblasen auf. Es gab also keine Löcher in den
Kisten.
„Was jetzt?“, fragte Mister Hyde.
„Jetzt warten wir“, sagte Stüpp, als er eine Handvoll Popcorn aus seiner
Tasche holte.
Stüpp lachte auch und klopfte Greif auf die Schulter. „Sehr lustig, Greifi!
Aber Dracula wird sehr wütend sein, wenn er entkommt.“
Die Hexen schauten sich gegenseitig an. „Was meinst du mit ‚wenn er
entkommt‘? Die Kisten sind versiegelt. Man kann aus ihnen nicht
entkommen.“
Mascha schlug sich gegen die Stirn. „Oh nein, ich habe vergessen, ihnen
noch einmal zu sagen, dass es eine Öffnung geben muss, durch die man
entkommen kann. Und als Greif den Wettkampf erklärt hat, haben sie es
wahrscheinlich nicht gehört!“
Stüpps Augen wurden ganz groß. „Ihr solltet Fallen bauen, aus denen
man entkommen kann. Das ist doch einfach unglaublich! Ihr Hexen seid
solche Idiotinnen!“
„Siehst du, ich habe euch ja gesagt, dass Monster dümmer als Menschen
sind“, sagte Greif und lachte wieder.
„Dann hast du recht“, sagte Stüpp und schaute die anderen Monster an.
„Wir haben einen Gewinner! Begrüßt den neuen Anführer der Monster,
Doktor Greif, auch als der Unsichtbare bekannt.“ Dann drehte er sich zu
Greif um und sagte leise: „Ich habe dir unrecht getan, Greif. Du bist ein
Monster. Die schlimmste Sorte Monster!“
„Ja, die menschliche Sorte“, sagte Greif lachend. Dann drehte er sich zu
der Gruppe. „Und jetzt“, fing er an, „lasst uns darüber sprechen, wie wir die
Macht über die Welt übernehmen …“
Anhang zu Kapitel 3
Zusammenfassung
Greif informiert die Monster über seinen Wettkampf. Er bittet die Hexen,
zwei Fallen zu bauen, eine Falle für sich und eine für Dracula. Wer zuerst
seiner Falle entkommt, soll der neue Anführer der Monster werden. Die
Hexen bauen zwei Kisten und Greif und Dracula klettern hinein. Der Moor-
Mann schiebt die Kisten in das Wasser im Moor. Alle warten mehrere
Stunden darauf, dass zumindest einer der beiden herauskommt. Als die
Sonne aufgeht, springt Greif von einem Baum, auf dem er sich versteckt
hatte. Er erklärt, er habe die Mumie ausgetrickst, damit sie für ihn in die
Kiste steigt. Erst da fällt den Hexen auf, dass sie Fallen gebaut haben, aus
denen man gar nicht entkommen kann. Sie hatten nicht gehört, dass die
Fallen einen Ausgang haben müssen. Die Mumie und Dracula stecken für
immer in ihren Fallen fest. Greif hat den Wettkampf gewonnen und wird
der neue Anführer der Monster.
Vokabeln
die Hexe witch
steif stiff
verschwenden to waste
verschränken to cross (one’s arms)
die Augenbraue eyebrow
das Sagen haben to be in charge of
gierig greedy
ehrgeizig ambitious
unruhig restless
die Falle trap
entkommen to escape
der Knoblauch garlic
die Zauberei magic
mit Fackeln zum Schmelzen bringen to melt with torches
beeindruckt impressed
versiegeln to seal
der Grund bottom, ground
die Luftblase bubble of air
das Laken bedsheet
grinsen to grin
austricksen to trick
die Stirn forehead
unglaublich unbelievable
jemandem unrecht tun to do someone wrong
die Sorte kind
Fragen im Auswahlverfahren
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Answer Key
Der Feuer-Traum: Kapitel 1: 1. b, 2. c, 3. d, 4. a, 5. c; Kapitel 2: 6. c, 7. d,
8. a, 9. b, 10. c; Kapitel 3: 11. d, 12. b, 13. a, 14. b, 15. a
Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Kapitel 1: 1. c, 2. a, 3. b, 4. b, 5. c; Kapitel
2: 6. c, 7. d, 8. c, 9. d, 10. d; Kapitel 3: 11. c, 12. a, 13. a, 14. d, 15. c
Eine schreckliche Stadt: Kapitel 1: 1. b, 2. d, 3. a, 4. a, 5. b; Kapitel 2: 6.
a, 7. c, 8. d, 9. c, 10. b; Kapitel 3: 11. a, 12. a, 13. c, 14. a, 15. c
Mein Freund, der Supercomputer: Kapitel 1: 1. d, 2. b, 3. a, 4. c, 5. d;
Kapitel 2: 6. d, 7. a, 8. d, 9. c, 10. d; Kapitel 3: 11. a, 12. b, 13. a, 14. d, 15.
a
Uli Uhlmann und das geheime Limonadenrezept: Kapitel 1: 1. d, 2. c, 3.
d, 4. a, 5. d; Kapitel 2: 6. c, 7. a, 8. d, 9. a, 10. c; Kapitel 3: 11. d, 12. d, 13.
a, 14. c, 15. b
Skull Tooth: Kapitel 1: 1. a, 2. c, 3. a, 4. b, 5. b; Kapitel 2: 6. d, 7. c, 8. a,
9. b, 10. b; Kapitel 3: 11. a, 12. d, 13. c,14. b, 15. d
Gespräche über Beziehungen: Kapitel 1: 1. d, 2. d, 3. c, 4. c, 5. d; Kapitel
2: 6. b, 7. a, 8. d, 9. b, 10. d; Kapitel 3: 11. d, 12. c, 13. b, 14. d, 15. b
Der Monster-Wettkampf: Kapitel 1: 1. c, 2. c, 3. a, 4. d, 5. c; Kapitel 2: 6.
b, 7. c, 8. a, 9. d, 10. a; Kapitel 3: 11. b, 12. c, 13. d, 14. d, 15. a
German–English Glossary
A
abenteuerlustig adventurous
Abgemacht! That’s settled!
abhängen to hang out
abkaufen (eine Geschichte) to believe
der Ablauf procedure
ablecken to lick off
die Ablenkung distraction
abnehmen to answer the phone
absuchen to scan
alles nicht so schlimm nothing too bad
anführen to lead
der Anführer leader
angehen to concern
angreifen to attack
anhalten to stop
anstarren to stare
anstupsen to nudge
argwöhnisch suspicious
die Arztpraxis doctor’s surgery
auf der Flucht on the run
auf etwas bestehen to insist on something
auf jemanden/etwas zielen to point at someone/something (with a gun)
auf Zehenspitzen gehen to tiptoe
aufbewahren to store
aufbrechen to leave for
auferstehen to arise
auffallen to notice
auflegen to hang up
aufleuchten to light up
Aufmerksamkeit erregen to attract attention
aufreißen to tear open
aufschreien to cry out
die Augenbraue eyebrow
aus der Reihe tanzen to get out of line
ausbrechen to escape
ausgelassen playful, exuberant
auslösen to trigger
ausprobieren to check out
ausrasten to freak out
die Ausrede excuse
ausspucken to spit out
austricksen to outsmart
austricksen to trick
das Autokennzeichen licence plate number
die Autostunde hour’s drive
die Axt axe
B
die Baustelle construction site
bedrohlich threateningly
beeindruckt impressed
bei etwas ertappen to catch
beiläufig casually
belohnen to reward
die Belohnung reward
der Bergarbeiter miner
berühren to touch
beschuldigen to blame
beschützen to keep safe
besessen obsessed
besorgt concerned
der Beton concrete
betroffen shocked
betrüben to sadden
beunruhigend disturbing, worrying
der Beweis proof, evidence
das Bewusstsein consciousness
Beziehungen haben to have connections
die Bilanzdaten balance sheet data
der Bildschirm monitor
das Bildungssystem education system
blinzeln to blink
blöd stupid
die Box loudspeaker for music
brüllen to roar
buhen to boo
C
chirurgisch surgically
D
das brummende Geräusch humming sound
das Gleichgewicht halten to keep one’s balance
Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein! You have got to be kidding!
das Kommando übernehmen to take charge
das Sagen haben to be in charge
davonkommen to get away
der Deckel cap, lid
der eingezäunte Bereich fenced area
der ohrenbetäubende Lärm blast of sound
die Arme verschränken to cross one’s arms
die Augen verdrehen to roll one’s eyes
die Augenbrauen hochziehen to raise one’s eyebrows
die Daumen nach oben strecken to make the thumbs-up sign
die Ermittlungen verliefen im Sand. The investigation went nowhere.
die Finger von jemandem lassen to keep your hands off someone
„die große Liebe” “the one”
die Hand ausstrecken to hold out one’s hand
die Lieblingsklamotten favourite outfit
die Stirn runzeln to raise one’s eyebrows, to frown
die Tür zuknallen to slam the door
der Dieb thief
der Dozent lecturer, teacher in higher education
das Dröhnen roaring
durchdrehen to freak out
durchfallen to fail (an exam)
E
echt genuine
der Edelstein precious stone, jewel
ehemalig former
ehrgeizig ambitious
eifersüchtig jealous
ein Ding der Unmöglichkeit sein to be quite impossible
ein gutes Wort für jemanden einlegen to put in a good word for someone
ein harter Kerl a tough guy
ein Risiko eingehen to risk something
ein unschuldiges Gesicht machen to make an innocent face
ein Wink mit dem Zaunpfahl a broad hint
eine Ahnung haben to have an idea, to know
eine Anschuldigung verbreiten to spread an accusation
eine bunte Mischung variety
eine falsche Bewegung machen to make a wrong move
eine Vermutung anstellen to guess, to speculate
einen Blick zuwerfen to glance
einen Heiratsantrag machen to propose
einen Plan umsetzen to put a plan into action, to realize a plan
einen wunden Punkt treffen to hit a nerve
die Eingangshalle lobby
eingeschlossen trapped
eingewickelt wrapped up
einstürzen to collapse
ekelhaft disgusting
entführen to kidnap
entkommen to escape
die Erkenntnis realization
erschrecken to startle
ertappen to catch
erwartungsvoll expectantly
erwischen to catch
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit. It took what felt like an eternity.
Es herrschte Schweigen. There was silence.
Es ist nichts dran. There is nothing to it.
es sich anders überlegen to have a change of heart
der Esel donkey
F
die Fähigkeit ability
das Fahndungsfoto photo of a wanted person
die Falle trap
das Fass vat
fassungslos in disbelief, shocked
die Faust fist
der Feigling coward
der Feind enemy
feindselig hostile
festbinden to tie up
der Feuermelder fire alarm
die Flamme flame
das Fließband conveyor belt
flüstern to whisper
die Forschungsdokumentation research documentation
fortfahren to continue
fremdgehen to cheat
der Frust frustration
frustierend frustrating
für etwas büßen to pay for something
für etwas sorgen to make sure
für Recht und Ordnung sorgen to keep law and order
G
gähnen to yawn
Gas geben to accelerate
der Gefangene captive
gegenseitig each other
geheimnisvoll mysterious
der Geldgeber financier, investor
gemahlen ground
der Gemüseauflauf vegetable bake
genau genommen in fact
geregelt organized
der Geruch scent
das Gerücht rumour
der Gesetzeshüter person or institution that enforces the law
gesetzlos lawless
der Gesichtsausdruck facial expression, the look on somebody’s face
das Gespenst ghost
das Gespür intuition
die Gestalt figure
das Gewehr rifle
gierig greedy
gießen to pour
Gleich und Gleich gesellt sich gern. Like will be like.
das Glücksspiel gambling
glühen to glow
grinsen to grin
die Grippesaison flu season
der Grund bottom, ground
gut laufen to go well
H
hallen to echo
Halt den Mund! Be quiet!
hämmern to pound
das Handgelenk wrist
hartnäckig persistent
die Hartnäckigkeit persistence
die Haupttheke main bar
herausfinden to find out
herausfordern to challenge
der Herrenfrisör barber
herumschleichen to sneak around
herumzappen to flick between channels
heulen to blare
die Hexe witch
hinterherkommen to keep up
hinzufügen to add
hochziehen to pick up, to lift up
Hoffentlich geht das nicht schief! Let’s hope this doesn’t go wrong!
hohe Ansprüche haben to expect too much, to be picky
humpeln to limp
I
Ich konnte mein Glück kaum fassen. I could hardly believe my luck.
Ich schwöre! I swear!
Ich traue meinen Augen nicht. I can’t believe my eyes.
igitt ugh, yuk
Ihr Herz blieb fast stehen. Her heart almost stopped.
in die Luft jagen to blow up
in einer Falle stecken to be trapped
in Gedanken versunken sein to be deep in thought
in Panik geraten to panic
ins Fettnäpfchen treten to put one’s foot in it
J
jagen to hunt
James in German-speaking countries “James” is a classic and popular name
for butlers in movies and stories
jaulen to howl
jemandem den Weg abschneiden to cut someone off
jemandem direkt in die Augen sehen to look somebody straight in the eye
jemandem drohen to threaten someone
jemandem einen bösen Blick zuwerfen to give someone a dirty look
jemandem ins Handwerk pfuschen to poach on someone’s territory
jemandem unrecht tun to do someone wrong
jemandem zuzwinkern to wink at someone
jemanden an etwas hindern to prevent someone from doing something
jemanden anstarren to stare at someone
jemanden anstrahlen to beam/smile at someone
jemanden aufspüren to track someone down
jemanden aus der Stadt jagen to run someone out of town
jemanden ausliefern to turn someone in
jemanden ausnutzen to take advantage of someone
jemanden erwischen to catch someone
jemanden vergöttern to adore someone
jemanden von etwas abhalten to prevent someone from doing something
jemanden/etwas ertragen to put up with someone/something
jemanden/etwas provozieren to provoke someone/something
jemanden/etwas übersehen to ignore someone/something
jubeln to cheer
K
der Käfig cage
kämmen to comb
keine Ahnung haben to not have a clue, to have no idea
keinen Ton von sich geben to not make a sound
der Kerl guy, bloke
kippen to tip over
klatschen to clap
klauen to pinch
klebrig sticky
der Knoblauch garlic
der Knöchel ankle
knurren to growl
die Kohlensäure carbonate
krabbeln to crawl
der Krach loud noise, crash
die Krankenakte medical file
der Kriminelle criminal
die Krone crown
der Kumpel mate
L
das Labor laboratory
der Lagerraum storage cupboard
das Laken bedsheet
das Langzeitgedächtnis long-term memory
lässig casually
das Laster vice
das Lebewesen creature
das Leid suffering
letztendlich at the end of the day, in the end
leuchten to glow
die Lieblingsbeschäftigung favourite hobby/pastime
lockig curly
die Lücke gap
die Luftblase bubble of air
M
die Macht power
mächtig powerful
mehr als (es) jemandem lieb ist more than someone would prefer
mit den Fingern Anführungszeichen andeuten to make finger quotes in
the air
mit den Fingern schnipsen to snap one’s fingers
mit den Schultern zucken to shrug (one’s shoulders)
mit einbeziehen to include, to incorporate
mit Fackeln zum Schmelzen bringen to melt with torches
mit jemandem gut zurechtkommen to get on well with somebody
der Mitläufer follower
das Mittel means
der Moor-Mann Swamp Man
der Mörder murderer
muskulös muscular
N
nach etwas greifen to reach for something
nach Luft ringen to struggle for breath
nach Luft schnappen to gasp
der Nachhilfelehrer private tutor
die Nachrichtenagentur news agency
die Narbe scar
das Navi (Navigationssystem) navigation system; satnav
nerven to get on somebody’s nerves
die Neugier curiosity
nicht mehr der Jüngste sein to not be that young any more
nicken to nod
niesen to sneeze
der Notendurchschnitt GPA (grade point average)
das Notizbuch notebook
P
packen to grab
die Panik panic
panisch in panic
der Personalausweis ID card
die Pistole gun
Pseudo- made up
das Pulver powder
Q
quatschen to chat
quetschen to squeeze
R
das Raunen murmur
rechnen to calculate
regelrecht downright
reiben to rub
der Reiz stimulus, impulse
reizvoll appealing
rückgängig machen to reverse
rülpsen to burp
runterkommen to calm down
runterschlucken to swallow
runzlig wrinkly
rutschen to slip
rutschig slippery
S
sanft gently
die Sauerstoffmaske oxygen mask
der Schatz treasure
das Schaubild chart
die Scherbe shard
schlängeln to wriggle
schlau clever
der Schlauch pipe, tube
schlecht laufen to not do well
der Schluck sip
Schnapp ihn dir! Get him!
der Schnurrbart moustache
schubsen to push, to nudge
schüchtern shy
schweißgebadet in a sweat
schwenken to wave
schwören to swear
seine Hand ausstrecken to stretch out one’s hand
seinen Lebensunterhalt verdienen to make a living
seinen Ohren nicht trauen to not believe one’s ears
selbstbewusst confidently
seltsam odd, strange
sensibel sensitive
seufzen to sigh
sich (nicht) trauen etwas zu tun to (not) have the courage to do something
sich amüsieren to have fun
sich auf die Suche machen nach jemandem/etwas to go looking for
someone/something
sich auf etwas beziehen to refer to something
sich auf etwas Neues einlassen to get involved in something new
sich auf etwas stürzen to jump on something
sich auf jemanden stürzen to lunge at someone
sich auszahlen to pay off
sich beugen to bend down
sich fernhalten to stay away
sich kratzen to scratch
sich mit jemandem anlegen to take someone on
sich rächen to get even, to take revenge
sich stapeln to stack
sich unauffällig verhalten to lie low
sich vereinigen to unite
sich verirren to get lost
sich vorlehnen to lean forward
sich wegschmeißen vor Lachen to crack up (laughing)
das Sicherheitsschloss security lock
Sie hielt es nicht mehr aus. She couldn’t bear it any longer.
Sie schenkte mir ein süßes Lächeln. She gave me a sweet smile.
Sie warf ihm einen bösen Blick zu. She gave him a dirty look.
der Sirup syrup
der Sklavenmarkt slave market
skeptisch doubtful
so tun als ob to pretend
die Sorte kind, type
spinnen to be out of one’s mind
sprachlos speechless
spucken to spit
spüren to feel, to sense
stachelig spiky
starr glassy (eyes)
Staubwolke cloud of dust
Steffis Herz machte einen Sprung. Steffi’s heart jumped.
steif stiff
die Stirn forehead
stöhnen to groan
Stock zum Gehen walking stick
stolpern to stumble
die Story story, in German often used in a media context
die Straftat crime
der Strafzettel traffic ticket
der Strahl gush
die Strategie strategy, tactics
streng genommen technically
streng strictly
der Stromkasten electricity box
stürmen to storm
stützen to support
T
das Tagebuch journal
der Tatort crime scene
tätscheln to pat
der Terrorangriff terrorist attack
die Theke bar
der Ton sound
töten to kill
die Traube grape
trennen to disconnect
das Treppenhaus stairwell
tunken to dip
die Türklinke door handle
der Türsteher bouncer
U
über jemanden/etwas herrschen to rule over someone/something
übertreiben to exaggerate
überziehen to coat, to cover
umblättern to turn the page
umbringen to kill
umringen to surround
unbedingt absolutely, definitely
unerträglich unbearable
ungläubig disbelievingly
unglaublich unbelievable
unruhig restless
unschuldig innocent
unterbrechen to interrupt
V
das Ventil valve
verächtlich contemptuously, scornfully
verägert irked, annoyed
verarbeiten to process
der Verband bandage
verdrehen to twist
verflucht blasted, cursed
verfolgen to chase
verklagen to sue
verlegen embarrassed, in embarrassment
verprügeln to beat up
versammeln to gather, to assemble
verschränken to cross (one’s arms)
verschweigen to withhold, not to say
verschwenden to waste
versiegeln to seal
versperren to block
verständnisvoll sympathetically
verteidigen to defend
vertreiben to chase away
verwirrt confused
verwundert in a puzzled way
verzweifelt desparately, in desparation
die Villa mansion
vor Verlegenheit rot werden to blush with embarrassment
vorhersagen to predict
vorwerfen to accuse
W
die Wache guard
der Wachmann security guard
wackeln to shake
die Waffe weapon
die Wange cheek
die Warnung warning
Was gibt’s denn? What’s up?
Was zum Teufel…? What the hell (devil)…?
die Wasserkanne water jug, pitcher
wehen to blow (wind)
das Wesen creature
wetten to bet
der Wettkampf contest, competition
widersprechen to object
wie es läuft how it is doing
wischen to wipe
witzeln to say jokingly
der Wortschatz vocabulary
Z
die Zauberei magic
zerbrechen to break, to shatter
zerquetschen to crush
zerreißen to tear
die Zerstörung destruction
zielen to aim, to take aim
zittern to shake, to tremble
zu dem Schluss kommen to come to the conclusion
zu jemandem halten to take someone’s side
der Zufall coincidence
zugeben to admit
zulassen to allow
zum Freund taugen to be boyfriend material
zurückhalten to hold back
zusammenzucken to wince
Acknowledgements
If my strength is in the ideas, my weakness is in the execution. I owe a huge
debt of gratitude to the many people who have helped me take these books
past the finish line.
Firstly, I’m grateful to Aitor, Matt, Connie, Angela and Maria for their
contributions to the books in their original incarnation. To Richard and Alex
for their support in expanding the series into new languages.
Secondly, to the thousands of supporters of my website and podcast, I Will
Teach You a Language, who have not only purchased books but who have
also provided helpful feedback and inspired me to continue.
More recently, to Sarah, the Publishing Director for the Teach Yourself
series, for her vision for this collaboration and unwavering positivity in
bringing the project to fruition.
To Rebecca, almost certainly the best editor in the world, for bringing a
staggering level of expertise and good humour to the project, and to Nicola,
for her work in coordinating publication behind the scenes.
My thanks to James, Dave and Sarah for helping I Will Teach You a
Language to continue to grow, even when my attention has been elsewhere.
To my parents, for an education that equipped me for such an endeavour.
Lastly, to JJ and EJ. This is for you.
Olly Richards
First published by John Murray Learning in 2021
An imprint of John Murray Press
A division of Hodder & Stoughton Ltd,
An Hachette UK company
The right of Olly Richards to be identified as the Author of the Work has
been asserted by him in accordance with the Copyright, Designs and
Patents Act 1988.
A CIP catalogue record for this title is available from the British Library
www.johnmurraypress.co.uk