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Abhängigkeit
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*Nachtrag: Während ich die erste Folge von "Dahmer" auf Netflix schaue, überfliege ich das Buch und meine Notizen noch einmal. Ich lande auf Seite 140, wo Tove sagt: "Was für eine Vorstellung", sage ich neidisch, "etwas für jemanden fühlen zu können." Tove, so würde ich schlussfolgern, spürte sich selbst kaum. Schlimm.*
Abschluss einer autobiografischen Reihe, die mit dem letzten Satz alles andere als beendet wirkt. Kann nicht ein Kind oder Enkel mal im Speicher nachschauen, ob irgendwo der vierte Teil rumliegt? Ich würde gerne weiterlesen.
Tove ist hier nicht sympathisch. Als Mutter, Freundin oder Partnerin muss sie zumindest phasenweise furchtbar gewesen sein, desinteressiert und unempathisch. Einen Pethidin-Rausch zieht sie gegenüber Mann und Tochter vor. Um mit Opiaten versorgt zu sein, heiratet sie einen Psychopathen. Hier ist der gegenseitige Missbrauch nicht Thema, er ist die Grundbedingung, die nicht in Frage gestellt wird.
Aber mit welcher stilistischen Leichtigkeit sie ihre Krisen nicht wegmoderiert, sondern im Gegenteil ganz offen die eigenen Verfehlungen bekennt, ohne dass das Buch auch nur auf einer Seite fad oder sentimental oder selbstgerecht wäre, das finde ich schon ganz erstaunlich. Literatur praktisch ohne erkennbare Inszenierung.
Und wenn dann doch einmal Wehmut durch die Zeilen weht, wie im Fall eines Gedichts auf ein abgetriebenes Kind, bumst mich dieser Vierzeiler so zu Tode, dass meine Tränen nasse Zeugen der Emo-Stärke des Augenblicks sind.
Krasse Frau, krasses Leben, krasses Staffel-Finale.
Ditlevsen ist eine Ikone. Ich finde dutzende oder gar hunderte Fotos von ihr, an der Schreibmaschine, auf den Kopenhagener Straßen, mit ihren Kindern, meist eine Zigarette in der Hand. Ein Foto hat es mir besonders angetan: Ditlevsen sitzt in weißem Pulli auf einem Gartenstuhl, gemütlich und entspannt, sie ist schön wie der Frühling, einen Arm hat sie hinter den Kopf geschoben, sodass ihre Pullover-Achsel entblößt ist: Freiheit und Selbstbewusstsein. Das Foto ist von 1948. Ditlevsen zu dem Zeitpunkt 31, und schwer drogenabhängig. Menschen sind die faszinierendsten.
Einen Punkt Abzug für eine Millionen Leerstellen, mit denen sich jetzt das grübelnde Mäxchen herumschlagen muss.
Abschluss einer autobiografischen Reihe, die mit dem letzten Satz alles andere als beendet wirkt. Kann nicht ein Kind oder Enkel mal im Speicher nachschauen, ob irgendwo der vierte Teil rumliegt? Ich würde gerne weiterlesen.
Tove ist hier nicht sympathisch. Als Mutter, Freundin oder Partnerin muss sie zumindest phasenweise furchtbar gewesen sein, desinteressiert und unempathisch. Einen Pethidin-Rausch zieht sie gegenüber Mann und Tochter vor. Um mit Opiaten versorgt zu sein, heiratet sie einen Psychopathen. Hier ist der gegenseitige Missbrauch nicht Thema, er ist die Grundbedingung, die nicht in Frage gestellt wird.
Aber mit welcher stilistischen Leichtigkeit sie ihre Krisen nicht wegmoderiert, sondern im Gegenteil ganz offen die eigenen Verfehlungen bekennt, ohne dass das Buch auch nur auf einer Seite fad oder sentimental oder selbstgerecht wäre, das finde ich schon ganz erstaunlich. Literatur praktisch ohne erkennbare Inszenierung.
Und wenn dann doch einmal Wehmut durch die Zeilen weht, wie im Fall eines Gedichts auf ein abgetriebenes Kind, bumst mich dieser Vierzeiler so zu Tode, dass meine Tränen nasse Zeugen der Emo-Stärke des Augenblicks sind.
Krasse Frau, krasses Leben, krasses Staffel-Finale.
Ditlevsen ist eine Ikone. Ich finde dutzende oder gar hunderte Fotos von ihr, an der Schreibmaschine, auf den Kopenhagener Straßen, mit ihren Kindern, meist eine Zigarette in der Hand. Ein Foto hat es mir besonders angetan: Ditlevsen sitzt in weißem Pulli auf einem Gartenstuhl, gemütlich und entspannt, sie ist schön wie der Frühling, einen Arm hat sie hinter den Kopf geschoben, sodass ihre Pullover-Achsel entblößt ist: Freiheit und Selbstbewusstsein. Das Foto ist von 1948. Ditlevsen zu dem Zeitpunkt 31, und schwer drogenabhängig. Menschen sind die faszinierendsten.
Einen Punkt Abzug für eine Millionen Leerstellen, mit denen sich jetzt das grübelnde Mäxchen herumschlagen muss.
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Abhängigkeit.
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Reading Progress
November 24, 2022
– Shelved as:
to-read
November 24, 2022
– Shelved
January 19, 2023
–
Started Reading
January 21, 2023
–
Finished Reading