Die Brüder Schellenberg

Deutschland 1925/1926 Spielfilm

Die Gebrüder Schellenberg


H. W. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 69, 23.3.1926


Grune hat einen Film geschaffen, der alle Qualitäten der großen deutschen Klasse hat: ernst, spannend und mit ergreifender Hingabe an die seelische Gestaltung. Diese Gestalten leben und es war ein Hauch jenes inneren, seelischen Lebens, das auf die Zuschauer überging und sie in den Bann des Films zwang. Ein großes Zeitbild stellte sich dar, mit grellen Lichtern und schroffen Kontrasten, mit Schicksalen, wie wir sie alle erlebt haben und Figuren, die aus pulsendem, rastlosem Strom des Lebens mit Künstlerhand herausgeholt sind. (...)

Grune hat seinen besten Film gemacht. Man ist gespannt von Anfang bis zu Ende. Die Menschen leben mit einer solch vehementen Frische, daß man sich ihrer aus dem Leben zu erinnern glaubt. Der Aufbau der Handlung (von Willy Haas geschickt und künstlerisch besorgt) vereinfacht sich in Grunes Regieführung. Nichts bleibt unklar, wir marschieren von Anfang bis Ende mit und der Zuschauer geht aus dem Kino mit dem Gefühl, wirklich ein Erlebnis gehabt zu haben.

Von den Darstellern ist, zunächst Conrad Veidt zu nennen, der die Doppelrolle der beiden Brüder spielt. Mit ungemeiner Feinheit sind diese verschiedenen Charaktere studiert, immer neue Nuancen prägen sie plastisch aus. Als eleganter Abenteurer hat er all den Charme und die bezaubernde Liebenswürdigkeit, die so stark auf Frauen wirkt und als idealistischer Städtegründer hat Veidt die tiefe Innerlichkeit des alles verstehenden leidenden Menschen. Lil Dagover als Tochter des Magnaten Raucheisen ist von jener kalten, fast dämonischen Erotik, die nicht weiter beschreibbar ist, die aber in allen Fingerspitzen gefühlt ist. Sie sieht bezaubernd aus und ihr schlanker Körper, ihr beherrschtes sicheres Spiel findet immer noch einen klaren Ausdruck, selbst für schwierige seelische Situationen. Liane Haid bringt die sanfte Liebenswürdigkeit des süßen Mädels mit und ihre schönen Augen werden keinen Zuschauer vergebens anblicken.

Die schönen und manchmal monumentalen Bauten stammen von Karl Görge.

Ein besonderes Lob verdient der Kameramann Hasselmann, der technisch Erstklassiges geleistet hat. Die Aufnahme eines abfahrenden Flugzeuges, um nur eine Szene zu nennen, war eine Leistung im Arrangement der wandernden Lichteffekte allererster Ordnung.

Der Beifall des Publikums war stark und kam aus einem ergriffenen Herzen. Hier ist ein Beispiel des deutschen Films, der sich – früher oder später – seinen Platz an der Sonne schaffen wird!

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