Zünd an, es kommt die Feuerwehr

DDR 1977/1978 Spielfilm

Inhalt

Eine Moritat aus der Zeit des Sächsischen Königreiches. Die Freiwillige Feuerwehr von Siebenthal hat nichts zu tun. Als sich ihr Stammlokal in einem arg baufälligen Zustand befindet, der Wirt aber kein Geld für die Renovierung hat, will die Feuerwehr etwas nachhelfen, indem sie selbst Feuer legt, was aber nicht so ganz gelingt.

Man sucht sich zum Zündeln ein neues Objekt, das vermeintlich leerstehende Gefängnis. Doch es gibt einen einzigen Gefangenen, der von Hauptmann Kaden heldenhaft gerettet wird. Der Wirt des Stammlokals ist weiter in Nöten und Hauptmann Kaden versucht noch einmal "zu helfen". Er wird dabei unter dem einstürzenden Haus begraben. Die Brandstiftung wird vertuscht und Kaden feierlich beerdigt (ohne Leiche). Denn Kaden ist in das darunter liegende alte Silberbergwerk gestürzt und verlässt mit seiner Geliebten unbemerkt den Ort.

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Heinz17herne
Heinz17herne
Vollmond-Nacht im sächsischen Kleinstädtchen Siebenthal. Ein Kind besteigt das Dach eines Hauses und wandelt traumverloren auf dem First hin und her. Es ist höchste Zeit, dass die Feuerwehr einschreitet – in Person des Franz Kaden, im Hauptberuf Schornsteinfeger und vertraut mit den Dächern des Ortes. Doch auch er bricht durch einige Ziegel, bis er sich endlich der Kleinen versichert – und ihr eine Paulinchen-Geschichte vorliest...

So aufregend beginnt die Dienstzeit von Franz, dem neuen Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr von Siebenthal, der wenig später im Rahmen eines großen Festes ist sein Amt eingeführt wird. Er muss im wahren Wortsinn eine Feuerprobe bestehen, jedoch im feuerfesten Anzug, in dem der arme Kerl so aussieht, als wolle Kapitän Nemo ins tiefe Meer abtauchen. Bewundernde Blicke ruhen dennoch allseits auf der schlanken, geraden Gestalt, auch herausfordernde welche von der Dorfhure Lene stammen.

Die Feuerwehrmänner können sich in aller Ruhe von Sternickel (einmal mehr in einer bemerkenswerten Nebenrolle: der altgediente Schauspieler und zeitweilige Intendant des Berliner Ensembles Fritz Marquardt) die „Blechkameraden“ drehen lassen am Schieß-Übungsstand, hier in der sächsischen Provinz will einfach kein Feuer ausbrechen, an dem sich die Männer hätten bewähren können. Und werden sie einmal mit der Feuerglocke zu einem Hof gerufen, kehren sie total verbeult und zerstochen vom Einsatz zurück und müssen die eigenen Gliedmaßen löschen, nachdem der Bienenschwarm eingefangen ist.

Mit zur Gruppe der wackeren Männer, die sich zur regelmäßigen Feuerwehr-Sitzung beim Gastwirt und Kameraden Zetsche trifft, gehört auch der Lehrer Müller, der mit der „eisernen Faust“. Die Hand ist ihm aber nicht im Krieg, sondern bei einem eher peinlichen Unfall abhanden gekommen, weshalb Müller nur noch kräftiger auf den Stamm-Tisch des Wirtshauses schlägt. Was diesem gar nicht gut bekommt: Es rumort plötzlich kräftig unter demselben – und dann tut sich ein Abgrund auf. Der alte Schacht der längst stillgelegten Silbermine verläuft unmittelbar unter dem Wirtshaus, welches nun einzustürzen droht.

Gegen eine solche Bergsenkung ist Zetsche nicht versichert, wohl aber gegen Feuer. Und da es schon seit Urzeiten nicht mehr gebrannt hat in Siebenthal, wissen seine Kameraden Rat: Sie wollen das Gasthaus anzünden – und sich mit dem Löschen viel Zeit, zu viel Zeit nehmen. Doch der ausgeklügelte Plan mit der Kuckucksuhr Zetsches klappt nicht, weil die Männer die Rechnung ohne dessen Katze gemacht haben.

Was tun? Erst einmal einen anderen Brand legen, als Ablenkungsmanöver. Das Gefängnis wird auserkoren. Erstens ist es schon seit längerem abbruchreif, und zweitens steht es leer. Bis auf die Tauben im Schlag auf dem Dach, die Franz Kaden in heldenhaftem Einsatz ebenso rettet wie einen Dieb, der sich überraschend in einer der Zellen gefunden hat. So mutieren die Feuerwehrmänner zu Helden, werden sogar von der Königlichen Majestät am Hof zu Dresden empfangen. An eine weitere Brandstiftung ist nun nicht mehr zu denken, Zetsche und seine Gattin müssen ihre Sachen packen, während der ganze Ort die Helden feiert.

Sogar der berühmte Schriftsteller Karl May gratuliert und inszeniert lebende Bilder. Siebenthals Bürgermeister hat nun auch nichts mehr dagegen, dass sein hübsches Töchterchen Marie den Schornsteinfeger Franz heiratet. Ausgerechnet in der Hochzeitsnacht will Franz noch einmal den Versuch unternehmen, Zetsche zu seiner Versicherungssumme zu verhelfen. Was gründlich danebengeht: Das ganze Wirtshaus rutscht in den Stollen und begräbt Franz unter sich...

So ist die blutjunge Marie schon in der Nacht der Nächte zur Witwe geworden und obwohl der Anschlag ruchbar wird, gibt’s eine schöne Leich: dem Hauptmann wird die Ehre eines Staatsbegräbnisses zuteil, schon um den verhassten Pickelhauben-Preußen nicht die Genugtuung eines solchen Skandals zu verschaffen. Die durch einen von Potsdam nach Siebenthal zwangsversetzen Polizeibeamten schon für genug Unruhe sorgen in der sächsischen Provinz. Die Beerdigung findet allerdings ohne Leiche statt, denn Franz konnte sich durch den alten Stollen retten – zu Lene, mit der er sich flugs aus dem Staub macht...

Rainer Simons historische Komödie ist nur auf den ersten Blick ein harmloser Kostümschinken mit märchenhaften Zügen. Und ironischen Seitenhieben auf masochistische preußische Polizisten und outrierende sächsische Schauspieler. Auf den zweiten greift der Film die uralte und durchaus auch während der DDR-Jahrzehnte brisante Fehde zwischen den katholisch-lebenslustigen, stets um die eigene Souveränität kämpfenden und daher mit Habsburg verbündeten Sachsen und der Vorherrschaft der protestantisch-nüchternen Preußen auf.

Dabei geht es, wie die herzerfrischend realsatirische Episode um den Blattschuss des sächsischen Königs im Forstrevier Siebenthals belegt, nicht um Monarchie und Republik, sondern um SED-Macht und Tradition. Soviel Sachsen wie in diesem Film war nie zu DDR-Zeiten: Der Arbeiter- und Bauernstaat hatte sich jeglicher feudaler Tradition entledigt und Länder wie Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt in neue (Partei-) Bezirke unterteilt.

Wer zwischen den Zeilen zu sehen verstand, ordnete das Jubiläum des Indianervereins von Siebenthal mit der Visite Karl Mays als sächsisches Löcken wider den preußischen Stachel ein: Bis auf die letzten Jahre der DDR, in denen das nicht nur ökonomisch abgewirtschaftete SED-Regime auf jede Deviseneinnahme angewiesen war, waren Person und Werk des Radebeuler Schriftstellers tabu.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Szenarium

Dramaturgie

Kamera-Assistenz

Standfotos

Bauten

Kostüme

Schnitt

Mischung

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
2583 m, 95 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 08.02.1979, Berlin, International

Titel

  • Originaltitel (DD) Zünd an, es kommt die Feuerwehr
  • Arbeitstitel (DD) Die Feuerwehr von Siebenlehn

Fassungen

Original

Länge:
2583 m, 95 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 08.02.1979, Berlin, International