Inhalt
Martha gerät durch eine ungewollte Schwangerschaft in eine emotionale Krise, denn ihr Liebhaber Sebastian, verheirateter Familienvater, weigert sich, seine Frau zu verlassen. Von ihrer erfolgreichen Mutter und ihrer scheinbar perfekten Schwester fühlt sich Martha nicht verstanden. Auch in ihrem Arbeitsumfeld, der Musikbranche, wird sie ignoriert und ausgenutzt. In ihrer Verzweiflung beschließt Martha, ihr Kind zur Adoption freizugeben - doch diese Entscheidung stürzt sie in ein Labyrinth widersprüchlicher Gefühle.
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Der durchaus verständnisvolle Sachbearbeiter Lorenz (Uwe Preuss) warnt Martha, dass der Abschied von ihrem Kind um so schmerzhafter ausfällt, je näher sie ihm ist. Weshalb er ins Protokoll für die Geburtsklinik aufnimmt, dass Martha, die „Vater unbekannt“ angegeben hat, bereits unmittelbar nach der Geburt von ihrem Kind getrennt werden soll. Alles scheint seinen Gang zu gehen: Sebastian zeigt sich nur im ersten Schreckmoment sauer über ihre ohne ihn getroffene Entscheidung, schließlich wäre eine Trennung von seiner Familie, um mit Martha eine neue zu bilden, nie in Frage gekommen. Und ihr Chef, der Berliner Musikproduzent Carsten, gibt Martha selbstverständlich Mutterschaftsurlaub.
„Ein Kind ist ein Gottesgeschenk. Ein Kind gehört zur Mama“: Ihre Freundin und Kollegin Fiona dagegen sehnt sich nach einer eigenen Familie, selbstverständlich mit Kindern, und kritisiert die inzwischen im fünften Monat schwangere Martha, welche sich auf der Feier des 55. Geburtstages ihrer beruflich erfolgreichen Mutter Feigheit vor der Verantwortung vorhalten lassen muss: Sie habe als Alleinerzieherin zwei Töchter großgezogen und sei bereit, Großmutterpflichten zu übernehmen. Auch Marthas in scheinbar gesicherten Verhältnissen lebende Schwester Isabel sichert Hilfe zu, übergibt mit ihrem Gatten schon ‘mal eine Tasche voller Babysachen ihres ersten Kindes.
„Ich kann nicht, ich bin keine gute Mutter, ich bin viel zu egoistisch – und es ist mir egal“: Martha schaut sich die nächste Babyklappe an, falls sie es nicht bis in eine Klinik schafft. Aber dann treten in der U-Bahn-Station Rosenthaler Platz plötzlich Wehen auf und mit dem Notarzt geht’s in die Klinik: Weil die Hebamme nicht genau genug in die Unterlagen geschaut hat, kommt das Neugeborene zur Mutter. Und Martha ist plötzlich mit der Adoption nicht mehr einverstanden. Zusammen mit Sebastian gelingt es ihr, Herrn Lorenz davon zu überzeugen, dass die kleine Elsa bei ihr besser aufgehoben ist als bei den gut situierten Adoptiveltern (Stephanie und Till Reiter).
Doch dann bekommt Martha weder den Beruf, ihr Projekt eines Talentwettbewerbs betreut inzwischen die Kollegin Stella (Nadine Ahlig), noch ihr Leben als Mutter in den Griff: Plötzlich sind alle Hilfsversprechungen Makulatur, von ihrem jegliches Interesse vermissen lassenden Vater ganz zu schweigen. Martha irrt wie unter Drogen durch Berlin, mit dem Säugling im Arm: „Du hast ‘was Besseres verdient. Ich bin keine Mutter…!“
„Haltlos“ erzählt gleichermaßen verstörend wie berührend die Geschichte einer nicht mehr ganz so jungen Frau, die mit der Entscheidung, das ungewollte Kind des bis zuletzt heißgeliebten Erzeugers zur Adoption freizugeben, hadert. Die Berliner Extrem-Schauspielerin Lilith Stangenberg (Volksbühne) macht daraus eine ziemlich unter die Haut gehende, ja, auch nervende Geschichte einer abgrundtiefen Überforderung. Jede Szene sei „eine Art Kampfsport“, in der es „immer um Taktik und das Balancieren zwischen Austeilen und Einstecken, zwischen Angriff und Verteidigung geht“, so die von Kida Khodr Ramadan als seine Ko-Regisseurin bezeichnete Protagonistin im Rapid Eyes Presseheft. Welche die Handvoll situationsbedingter Songs von Brezel Göring (alias Hartmut Richard Friedrich Ziegler, aktuelles Album „Friedhof der Moral“) eher leise interpretiert.
Lilith Stangenberg im Presseheft: „Ich begreife Marthas Weg als einen Opfergang: wo sie geschlagen wird, hält sie die andere Wange auch noch hin. Sie schafft es nicht, sich den Wertvorstellungen ihrer Umgebung anzupassen, sie ist auf der Suche nach wirklicher Nähe und in einer Gesellschaft, die mehr von sinnloser Beziehungslosigkeit und Heuchelei geprägt ist, ist ihre Antwort einsame Rebellion gegen die überfordernde, raue Sachlichkeit ihrer Zeit. Marthas Suche, ihr Weg, ist ohne ‚Erlösung‘ oder ‚Ankommen‘ und das Ende ist nicht happy.“
Pitt Herrmann