Inhalt
Die 13-jährige Gritta lebt zusammen mit ihrem etwas schrulligen Vater, einem verarmten König, der an einer merkwürdigen Erfindung, einer Thronrettungsmaschine, bastelt, in einem alten verwitterten Schloss. Das Mädchen vertreibt sich indessen mit dem Hirten Peter bei abenteuerlichen Spielen in Feld und Flur die Zeit. Als die Gräfin Nesselkrautia den König heiratet, ist für Gritta das schöne Leben vorbei. Sie ist ihrer Stiefmutter im Wege und wird in ein Kloster verbannt. Mit ein paar Freundinnen entflieht sie der grauen Klosterwelt und begegnet im Wald einem Prinzen, der ihr hilft, wieder in ihr geliebtes altes Schloss von Rattenzuhausbeiuns heimzukehren.
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In der sich auch die 13-jährige Gritta, Hochgräfin von Rattenzuhausbeiuns, durchaus wohlfühlt. Wenn nur der Speiseplan so abwechslungsreich wäre wie der Erfindungsreichtum des Kochs beim Benennen des alltäglichen Haferschleims: heute steht Haferbrei auf dem Tisch, morgen Haferpudding und übermorgen Haferparfait. Weshalb sich Gritta sehnlichst vom Vater die Erfindung einer Wurst- oder einer Eierlegemaschine wünscht. Stattdessen tüftelt der Hochgraf nun schon seit sieben Jahren an einer Thronrettungsmaschine herum und hofft, vom König viel Ehre und noch mehr Geld dafür zu bekommen. Letzteres vor allem wäre für den heruntergewirtschafteten Besitz auch dringend erforderlich.
Als sich der Hochgraf 'mal wieder auf Expeditionstour durch sein nun in dicken Nebel gehüllten Landbesitz befindet, trifft er auf eine noble Gesellschaft zu Pferde, die auch einen farbenprächtigen und noch dazu sprechenden Papageien mit sich führt. Es ist die reizende und noch ganz junge Adlige Anna Bollena Maria Nesselkrautia mit anmutigstem Gefolge einer munteren blondgelockten Kinderschar, die auf der Flucht vor ihren Vormündern ist, weil diese sie mit dem so windigen wie lüsternen königlichen Gouverneur Pekavus verbandeln wollen: In drei Monaten ist die Prinzessin volljährig und reich.
Der Hochgraf findet so sehr Gefallen an der noch nicht volljährigen Gräfin Nesselkrautia, die ja kaum älter als seine eigene Tochter ist, dass er sie gegen den Willen ihrer Vormünder, die mit einer ganzen Armee vom königlichen Schloss anrücken, heiratet. Nachdem besagte Soldaten mit allem, was der Erfindungsreichtum des Schlossherrn hergibt, in die Flucht geschlagen worden sind. Mit der neuen Hausherrin wird Gritta freilich nicht warm, und das liegt weder an dem sehr geringen Altersunterschied zur neuen Stiefmutter noch etwa an der Eifersucht. Im Gegenteil: Gritta gönnt ihrem seit vielen Jahren verwitweten und dabei noch so kindlich-lebenslustigen Vater das neue Glück. Aber Nesselkrautia stellt alles auf den Kopf: In den noch bewohnbaren Räumen des Schlosses wird aufgeräumt, überall sollen Rattenfallen für eine Ausrottung der kleinen Nager sorgen und mit dem selbständigen Leben Grittas ist es auch vorbei.
Die Lektüre rebellischer Bücher wird ihr ebenso untersagt wie ihr freundschaftlicher Umgang mit dem Hütejungen Peter, den die Müllerin fortgejagt und der Hochgraf als neuen Turmbläser eingestellt hat. Schließlich wird Gritta in eine Klosterschule gesteckt: absoluter Gehorsam im Kollektiv, steter Wechsel von Sünde und Strafe. Zu ersterer gehört bereits, wenn man sich im Fensterglas spiegelt. Hier kann Grittas Bleiben nicht länger sein, zumal sie mitbekommt, dass die Äbtissin gemeinsame Sache mit Pekavus macht: Zahlreiche Novizinnen sind von ihren Eltern an das Kloster verkauft worden – und der königliche Statthalter hat dabei stattlich mitkassiert.
Gritta und die Mädchen fliehen in ein verfallenes Haus, das an einem See liegt. Die Idylle dieser kleinen Kinderkommune wird jäh gestört durch den königlichen Prinzen Bonus, der es gewohnt ist, dass alle vor ihm auf die Knie fallen: „Wir geruhen euch gnädig zu sein.“ Gestelzte Sprache und kostbares Outfit punkten bei den Mädels in Gottes freier Natur allerdings nicht, was andererseits dem verwöhnten Prinzen ganz gut gefällt. Dem wiederum ist Pekavus auf den Fersen, weshalb sich die Mädchen erneut nach einem Versteck umsehen müssen. Gritta aber kehrt aufs Rattenschloss zurück, um mit Hilfe ihres Vaters und seiner Erfindung dem König beizustehen gegen den intriganten Pekavus. Bis ein großes Fest gefeiert werden kann, müssen noch viele Abenteuer bestanden werden. Dabei spielen Grittas langschwänzige Freunde, die Ratten, eine mitentscheidende Rolle...
Jürgen Brauers achtzigminütiger Märchenfilm, das Drehbuch schrieb Christa Kozik nach dem Märchenroman „Das Leben der Hochgräfin von Rattenzuhausbeiuns“ von Bettina und Gisela von Arnim, endet mit einem für DDR-Verhältnisse nicht gleich gewagten, aber doch ungewöhnlichen Bild: Gritta fühlt sich sauwohl zwischen den beiden Jungs Peter und Bonus und es ist längst nicht ausgemacht, wen von beiden sie einst erwählen wird – wenn überhaupt. „Gritta von Rattenzuhausbeiuns“ ist ein einzigartiges Plädoyer für mutige, starke, selbstbewusste Mädchen, die sich weder von zickigen (Stief-) Müttern noch allzu selbstsicheren Prinzen die Butter vom Brot nehmen lassen. Jürgen Brauers hochkarätig besetzter Film weist allerdings auch manche Schwächen auf. Handlungsstränge enden abrupt, Figuren wie Nesselkrautias Kinderschar werden nicht erklärt und was die Darsteller vom Komponisten Stefan Carow vorgesetzt bekommen haben, erreicht noch nicht einmal Defa-Durchschnitt.
Pitt Herrmann